Mein Mietnomade und ich - Matthias Kreck - E-Book

Mein Mietnomade und ich E-Book

Matthias Kreck

4,9

Beschreibung

Seine Welt ist die Logik - Martin Beck ist Professor für Mathematik. Dann aber vermietet er seine Mainzer Wohnung an Jörg Kaiser und nichts ist mehr logisch. Dabei war ihm Kaiser zunächst sehr sympathisch: weil er intelligent ist und so schöne altmodische Redewendungen gebraucht. Dann aber zahlt Kaiser monatelang keine Miete. Und auch keinen Strom - er zahlt überhaupt nichts. Die rechtlichen Mittel sind schnell ausgeschöpft und der Mieter ist immer noch in der Beckschen Wohnung. Wie Professor Dr. Martin Beck (d.i. der Autor, Professor Dr. Matthias Kreck) es schafft, seinen Mietnomaden mit Beharrlichkeit, Witz und - jawoll! - Logik aus seiner Wohnung zu bekommen. Wobei er auch vor unkonventionellen Methoden nicht zurückschreckt ...

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Matthias Kreck

MEIN MIETNOMADE UND ICH

© Leinpfad Verlag

Herbst 2012

Alle Rechte, auch diejenigen der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne die schriftliche Genehmigung des Leinpfad Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag: kosa-design, Ingelheim

Leinpfad Verlag, Leinpfad 5, 55218 Ingelheim,

Tel. 06132/8369, Fax: 896951

E-Mail: [email protected]

www.leinpfadverlag.com

ISBN E-Book: 978-3-942291-50-7

ePub Produktion durch INTEC/ANSENSO

www.inteconline.com

INHALT

Ein glücklicher Zufall

Wunder werden Wirklichkeit

Das ehrenwerte Haus

Sommer und erste Verstimmung

Die Gewissheit

Der Gang der Dinge

Ich über mich

Mietnomade, Dieb und Hochstapler

Einschüchterungsversuche

Die Hausverwaltung

Hoffnungen

Unerwartete Einblicke

Herr Diez

Sie sind eigentlich ganz nett

Der organisierte Schwachsinn

Über die Logik des Rechts

Das dramatische Ende I

Das dramatische Ende II

Jörg Kaiser

Das Urteil

Zehn Tipps für Vermieter

Der Autor

EIN GLÜCKLICHER ZUFALL

Liebe auf den ersten Blick war es nicht, aber doch fast. Wir alle haben davon gehört, dass sich in Bruchteilen einer Sekunde Zuneigung oder Ablehnung entscheidet. Die meisten Ehen entstehen so. Allerdings enden viele in der Weise, dass die einmal voneinander so Begeisterten feststellen: Ich wusste es eigentlich schon immer, ich habe ihn/sie nie geliebt.

Heute sind diese ersten Kontakte häufig Resultat einer Anzeige, die gute alte Zeitung hat dabei mehr und mehr ausgedient, stattdessen boomt die Börse Internet. Auch ich habe Jörg Kaiser auf Grund einer Internetanzeige kennengelernt:

Innenstadtwohnung mit tollem Blick

Es handelt sich um eine stadtnahe Eigentumswohnung mit 2 Zimmern (rund 59 qm). Die Wohnung ist in der 13. Etage eines hässlichen Hochhauses, deshalb würde ich nie gegenüber einziehen. Aber von innen ist die Wohnung sehr schön und man hat einen tollen Blick in drei Richtungen.

Sie hat zwei große Zimmer (circa 24 qm und circa 20 qm), eine kleine Einbauküche und ein Bad mit Badewanne, das dem Geschmack der 70-er Jahre entspricht. Es stehen ein paar Möbel in der Wohnung (siehe Fotos), die man benutzen kann oder die von mir weggeräumt werden. Leider sind die Nebenkosten sehr hoch (wie häufig bei Hochhäusern), nämlich für 2010 sind laut Einzelwirtschaftsplan rund 166 Euro vorgesehen, ohne Heizung und Warmwasser. Die Heizkosten hängen stark vom Verbrauch ab. Bisher wohnte ein sehr wärmebedürftiges japanisches Paar in der Wohnung, da betrugen die Heizkosten rund 86 Euro.

Ich lege großen Wert auf eine pflegliche Behandlung der Wohnung, da ich, wenn ich mal zu alt fürs Wohnen in einem Einfamilienhaus bin, selber einziehen möchte. Ich suche als Mieter ein Paar, das die Attraktion des Innenstadtwohnens zu schätzen weiß. Nur Nichtraucher.

Ausstattung:

Laminatböden in den Wohnräumen und im Flur, Raufasertapeten an den Wänden, Bad und Küche gekachelt, Teilmöblierung möglich.

Lage:

Innenstadt, 5 min zur Bahn, 5 min zum Dom, 10 min zum Rhein.

Ich muss vorwegschicken, dass mir das Vermieten einer Wohnung (wie das Feilbieten überhaupt) unangenehm ist. Zum Glück ist mir das bis auf wenige Momente erspart geblieben, zum Beispiel, wenn ich mich kurz für meine Partnerin Laura auf einem Handwerkermarkt oder genauer Ostereiermarkt hinter den kunstvoll geschmückten Verkaufstisch setzen musste. Ohne Erfahrung mit dem Vermieten – das japanische Paar hatte ich über die Universität bekommen – war ich gespannt, ob und wie schnell eine Reaktion kommen würde.

Ich musste nicht lange warten. Bereits kurz nach Einstellen der Anzeige meldete sich der erste Interessent:

Thu, 4 Mar 2010 16:49:16

Besichtigungstermin erwünscht. Ich interessiere mich für das Angebot. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf.

J. Kaiser

Und wenige Minuten später kam eine weitere Mail derselben Person:

Thu, 4 Mar 2010 17:01:16

Besichtigungstermin erwünscht. Schon immer wollte ich in einem stadtnahen Hochhaus wohnen! Ich würde mich freuen die Wohnung besichtigen zu dürfen.

Herzlichen Dank

Die mich insofern freute, als jemand die Vorzüge eines stadtnahen Hochhauses über die von mir mitgeteilte Hässlichkeit stellte und die Vorstellung attraktiv fand, darin zu wohnen, also meine eigene Vorstellung teilte. Für mich war dieses Interesse Grund genug, zu antworten und einige mir wichtige Fragen zu stellen:

Thu, 04 Mar 2010 17:49:02

Sehr geehrter Interessent,

Vielen Dank für Ihre Mail. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir etwas mehr Informationen geben würden. Können Sie mir bitte

a) etwas über sich sagen,

b) mitteilen, ob Sie allein oder als Paar einziehen wollen,

c) und ob Sie die Wohnung von vorneherein für einen kürzeren Zeitraum oder länger suchen.

Wir könnten gegebenenfalls bald einen Besichtigungstermin ausmachen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Beck

Die Antwort befriedigte mich voll:

Thu, 4 Mar 2010 18:07:36

Sehr geehrter Herr Beck,

danke für Ihre zügige Rückantwort auf meine heutige Anfrage. Selbstverständlich gebe ich Ihnen gerne Auskunft über meine Person sowie über mein Interesse an einer möglichen Anmietung Ihrer Wohnung.

1. 41 Jahre alt – habe ich in Berlin Germanistik studiert und leite derzeit in ungekündigter Stellung die Marketingabteilung eines mittelständigen Unternehmens mit Sitz in Mainz/Wiesbaden und Mannheim. Mein Jahreseinkommen liegt bei über 70.000,00 Euro

2. nach 12 jähriger Beziehung bin ich derzeit Single und würde somit die Wohnung alleine beziehen

3. da ich für mindestens 5 weitere Jahre hier im Rhein-Main-Gebiet sein werde sollte die Möglichkeit von mindestens 5 Jahren der Anmietung bestehen!

Ich könnte mir vorstellen, das meine Möbel in Ihrer Wohnung super hineinpassen würden - und ich mich dort in der 13. Etage sehr wohl fühlen könnte. Auch die gute Anbindung an die Innenstadt machen die Lage für mich Ideal.

Gerne würde ich die Wohnung einmal sehen!

Schöne Grüße – und bis bald

J.Kaiser

Hier spricht ein solventer und vertrauenerweckender Zeitgenosse, jemand, der Schicksalsschläge kennt, der Kontinuität verspricht. Was will ich als Vermieter mehr, dem das Ganze einfach nur lästig ist. Gut, es gibt den einen oder anderen Rechtschreibfehler, aber: Nobody is perfect. Auch Germanisten anscheinend nicht.

Nun wird sich der Leser vielleicht fragen, warum ich mir überhaupt eine Wohnung zugelegt habe. Ist es die Hoffnung, das Gehalt ein wenig aufzubessern? Davon kann überhaupt keine Rede sein, denn die Finanzierung der Wohnung erfolgt vollständig über eine Bank, was bedeutet, dass für viele Jahre an Gewinn gar nicht zu denken ist. Klar, die Kinder würden irgendwann mal davon profitieren, aber angesichts deren Aussicht, selber mal gut zu verdienen, ein unnötiges Unterfangen. Der Grund ist ein ganz anderer. Die Wohnung soll unser Alterssitz werden. Mit Aufzug barrierefrei zu erreichen und nahe bei der Stadt. Dabei relativ ruhig gelegen und mit spektakulären Ausblicken in drei Richtungen: auf den Rheingau, dann über die Stadt mit den zahlreichen Kirchen zur Rheinbrücke. Und schließlich auf der dritten Seite, fast wie auf einer Postkarte, die Aussicht zum Dom und zur Stephanskirche mit den berühmten Chagallfenstern. Als ich die Wohnung angeboten bekam, habe ich mir vorgestellt, wie Laura und ich mit dem Aufzug aus der 13. Etage hinunterschweben und in Kürze die schönsten Plätze und Straßen in Mainz erreichen würden, schnell am Rhein wären, abends neben unserem eigenen zwischen zehn weiteren Wohnzimmern, sprich: Restaurants und Gaststätten, wählen könnten, wo uns leckeres Essen oder ein gutes Glas Wein serviert wird.

Und sollte das einen gebildeten und seriösen Mieter nicht auch verlocken? Mit solchen Gedanken trug ich mich, als ich zur Verabredung mit Herrn Kaiser zum Hochhaus eilte. Würde er pünktlich sein, würde ich ihn gleich erkennen? Völlig grundlose Sorgen. Jörg Kaiser stand, mit einer schwarzen Umhängetasche, bereits vor der Haustür und die Art, wie er sich umsah, machte mir sofort klar: das ist er. Er war klein, fast gedrungen, das saubere T-Shirt spannte über einem nicht unbeträchtlichen Bauch, das freundliche Gesicht in einem etwas grobschlächtigen Kopf war sympathisch, die dunklen großen Augen vermittelten einen Anflug von Trauer und Weltschmerz. Unwillkürlich kam Mitleid auf, Erinnerung an eigene Trennungsschmerzen. Zwölf Jahre sind ja auch eine lange Zeit.

Er kam auf mich zu und erkundigte sich höflich, ob ich Herr Beck sei und stellte sich als Jörg Kaiser vor. Die Stimme war klar und fest. Wir fuhren plaudernd mit dem Aufzug hoch, ich schloss die Tür auf und sagte: „Lassen Sie sich Zeit, Herr Kaiser, schauen Sie sich in Ruhe um. Schließlich wollen wir beide, dass Sie die Wohnung nur nehmen, wenn Sie sich hier richtig wohlfühlen werden.“ Er nahm sich die Zeit, äußerte dabei spontane Begeisterung über den Ausblick. Er kommentierte laut den Blick aus dem Wohnzimmer auf die grünen Hügel des Rheingaus und die dahinter etwas verschwommen aufragenden Berge des Taunus. Dann im Schlafzimmer den Blick auf die beiden großen Mainzer Kirchen. Er äußerte seine Befriedigung über die erstaunliche Ruhe im Schlafzimmer, obwohl man so nahe bei der Stadt sei. Und schließlich der Blick aus der Küche direkt auf die Stadt mit der Kuppel der Christuskirche und der Theodor-Heuss-Brücke in der Ferne, wo man einen kleinen Blick auf den ruhigen und in Mainz besonders breiten Rheinstrom erhaschen kann. Aber auch die Wohnung selbst hatte es Herrn Kaiser angetan. Er äußerte sich sehr befriedigt über die Helligkeit in beiden Zimmern mit einer über die ganze Wand gehenden Fensterfront. Der Schnitt der beiden Räume gefiel ihm gut, besonders im Schlafzimmer die etwas abgetrennte Ecke, wo er sein Bett hinstellen wollte. Ja, er begann bereits im Geiste die Wohnung einzurichten und meinte, seine schönen Möbel würden da sehr gut hinpassen. Die kleine Küche störte ihn nicht; er bekannte, nur wenig und einfach zu kochen – ganz so, wie ich es selber halte.

Er ging noch mal zum Wohnzimmerfenster, schaute versonnen hinaus: „Da kommen mir viele Erinnerungen, ich kann ja von Ferne sogar das Elternhaus in Wiesbaden ahnen.” Wir sprachen dann über die Vorteile des stadtnahen Wohnens, von den vielen schönen Lokalen, die man leicht erreichen kann. Ich fragte ihn, ob er das LOMO kenne, eine Buchbar und Lounge, mit dessen Besitzer ich befreundet bin, wo man sehr günstig und lecker essen kann. LOMO, LOMO meinte er, ja doch, natürlich kenne ich das. Da war ich bis vor einiger Zeit ab und zu dienstags, weil dort – ganz ungewöhnlich für ein solches Lokal – eine Viertelstunde klassische Musik live gespielt wurde. Leider sei das vorbei. Mit Stolz in der Stimme sagte ich ihm, dann habe er mich ja sicher auf dem Cello gehört, ich sei der Initiator und häufigste Akteur bei dieser Veranstaltung. „Ja natürlich“, sagte er, „mir kam Ihr Gesicht gleich bekannt vor, das ist aber schön.“ Und auch ich meinte nun, mich dunkel an ihn zu erinnern. Er fragte nach der Miete: „Wirklich nur 390 Euro, das ist sehr fair.” Meinem Hinweis auf die hohen Nebenkosten begegnete er mit großem Verständnis: „Dafür muss man sich aber auch um nichts kümmern, keine Treppenputzdienste, kein Schneeräumen im Winter, der Fahrstuhl funktioniert und, und, und.” Er erkundigte sich, ab wann ich die Wohnung vermieten wolle. 1. März. Das ginge natürlich, obwohl er Schwierigkeiten hätte, so schnell aus seinem alten Vertrag zu kommen. Er fand mein Angebot ausgesprochen generös, die Wohnung erst ab dem 15. April zu vermieten.

Wir mussten uns förmlich voneinander losreißen, ich hatte noch anderes vor, und auch Herr Kaiser deutete an, dass er vielbeschäftigt sei. Im Fahrstuhl erkundigte er sich nach dem Platz in der Tiefgarage. So kamen wir auf Autos zu sprechen und ich erzählte ihm, wie sehr ich mich auf die neue Cabrio-Saison freue, und schwärmte von meinem fast 20 Jahre alten Auto. Das wird einmal ein richtiger Oldtimer. Das könne er völlig nachvollziehen, meinte Herr Kaiser, er habe einen etwa genauso alten Saab, von dem er sich nie trennen würde. „Ach, ist das der mit dem gebogenen Rücken“, meinte ich, „so einen hatte ein guter Freund von mir auch mal und träumt noch heute davon.“

Er werde sich bestimmt bald melden, sagte er beim Abschied und beschwingt ging ich des Weges. Hoffentlich nimmt der nette Herr Kaiser die Wohnung, was Besseres kann mir nicht passieren. Aber manchmal kommt einem halt ein glücklicher Zufall zu Hilfe, vielleicht (hoffentlich!) auch diesmal. Laura war etwas skeptischer: „War er wirklich so zufrieden? Denk doch nur mal an das hässliche Bad, hat er dazu gar nichts gesagt?”

„Nein”, berichtete ich, „er ist ganz ähnlich wie ich und legt auf andere Dinge Wert.”

WUNDER WERDEN WIRKLICHKEIT

Jörg Kaiser war der Erste, der auf meine Anzeige reagierte, danach quoll meine Mailbox gleichsam von Anfragen über. Viele bedienten sich des automatisch erstellten Textes: Ich interessiere mich für das Angebot. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Der immerhin den Vorteil hat, grammatikalisch korrekt zu sein. Andere schreiben wenigstens noch dazu: Besichtigungstermin erwünscht. Andere zeigen ein ernsthafteres Interesse und geben etwas über sich preis. In der Rückschau wäre wohl ein Beamter des BKA, der sich sehr für die Wohnung interessierte, der ideale Mieter gewesen.

Eine Zuschrift hat mir besonders gefallen:

Ziehe mich in Mai nach Mainz um, deshalb bin ich zurzeit nur ein Schaufensterbummel. Aber ich moechte sagen, dass ich Ihre Angebot urkomisch fand.

Viel Glueck auf Ihre Suche!

Danke, habe ich gedacht und geschmunzelt, das Glückwünschen hat bereits funktioniert. Und in diesem Sinne schrieb ich eine Mail an Kaiser:

Fri, 05 Mar 2010 12:35:01

Sehr geehrter Herr Kaiser,

es war sehr angenehm, Sie kennenzulernen. Ich werde weitere Interessenten, die grundsätzlich auch in Frage kämen, nun erstmal bis morgen früh vertrösten. Sollten Sie sich bis dahin nicht entscheiden, so wäre ich für eine „Wasserstandsmeldung” dankbar, so dass ich weitere Besichtigungen in diesem Lichte festmachen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Beck

Schon nach wenigen Stunden kam die erhoffte Antwort:

Fri, 05 Mar 2010 15:11:05

Hallo Herr Beck,

auch ich habe unseren gemeinsamen Besichtigungstermin sehr genossen. Meist sind die zufälligen Begebenheiten auch die Besten. Ich hatte im Zug nunmehr genügend Zeit über die Wohnung nachzudenken. Gleichfalls habe ich mit meiner ehemals „besseren Hälfte” bezüglich der Haushaltsteilung gesprochen und bin zum Schuß gekommen das ich Ihre schöne Wohnung mit dem Superblick gerne mieten möchte!

Vom zeitlichen Ablauf her wäre für mich der 15.04. das ideale Datum! Ist das für Sie machbar?

Ich freue mich auf eine schöne Zeit in meiner neuen „Ideal-Wohnung

Bis bald – sschöne Grüße

J. Kaiser

Daraufhin griff ich sofort zum Telefon und sagte Herrn Kaiser, wie glücklich ich über seine Zusage war. Zwar entsprach die Bestätigung der Bedingungen durch Herrn Kaiser nicht den Vorgaben, denn er schrieb:

Fri, 5 Mar 2010 20:30:00

Sehr geehrter Herr Beck,

wie telefonisch besprochen möchte ich Ihnen hiermit die verbindliche Anmietung Ihrer Wohnung zum 15.04.2010 zu den besprochenen Konditionen.

Mietbeginn: 15.04.2010

Mietpreis: 390,00 Euro

Nebenkosten: 160,00 Euro

Mietkaution: zwei Monatskaltmieten

Ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten Tagen den entsprechenden Vertrag unterschreiben. Nochmals verbindlichen Dank - und auf eine gute Zukunft

Schöne Grüße

J. Kaiser

Aber mein Gott, wem kann das nicht passieren? Das stellt man einfach kurz klar:

Fri, 05 Mar 2010 21:20:46

Sehr geehrter Herr Kaiser,

vielen Dank für die Bestätigung. Es gibt ein paar Punkte, die Sie nicht aufgeführt haben, und ein paar kleine Änderungen. Die Nebenkosten für 2010 sind laut Einzelwirtschaftsplan: 2036,12 Euro, also pro Monat: 169,70 Euro

Die Heizkostenvorauszahlung beträgt monatlich: 86,72 Euro. Die Heizkosten werden zum Jahresende abgerechnet. Da ich das direkt an die Hausverwaltung zahle, müssten Sie mir den Betrag zusammen mit der Miete überweisen, also 256 Euro.

Sie wollten auch den Tiefgaragenstellplatz für 50 Euro mieten. Ich hoffe, das ist für Sie nun nicht überraschend, aber so stand es in der Anzeige und so hatten wir es auch in der Wohnung besprochen. Für eine kurze Rückmeldung, dass das so in Ordnung ist, wäre ich dankbar.

Bitte schreiben Sie mir Ihre Adresse, dann schicke ich Ihnen den Mietvertrag zu, wir können uns aber auch am Wochenende kurz treffen und die Unterschriften austauschen. (Ich komme gerne bei Ihnen vorbei.)

Herzliche Grüße

Martin Beck

Und der Gentleman bestätigte seinen Irrtum sofort:

Sat, 6 Mar 2010 11:38:29

Guten Morgen Herr Beck,

Sie haben völlig recht mit den Nebenkosten! Selbstverständich werde ich die Gesamtnebenkosten von 256,00 Euro an Sie zahlen! Die Garage möchte ich natürlich auch!! Am Wochenende werde ich nicht in Mainz sein – ich fahr nun in Kürze zu einer Familienfeier nach Köln! Wenn ich darf würde ich gerne versuchen Sie telefonisch zu erreichen! Schöne Grüße

J. Kaiser

Man beachte das wachsende Vertrauen. Aus dem „Sehr geehrter Herr Beck“ wird das mir allerdings fremde „Hallo Herr Beck” oder „Guten Morgen Herr Beck” – ich gehöre einer anderen Generation an, weiß aber, wie es gemeint ist. Die Grußformeln gehen von freundlichen Grüßen in schöne bzw. herzliche Grüße gleichsam selbstverständlich über. Die Erwähnung der Familienfeier deutet zart eine gewisse Nähe an, dabei alles andere als aufdringlich. Ohne das explizit zu denken, hatte ich unbewusst das Gefühl: Das ist ein Mensch, der mit mir nicht nur über die Wohnung verbunden ist, hier ist eine Vertrautheit, aus der mal mehr erwachsen könnte. Vielleicht würde er uns Silvester zu sich einladen und wir könnten zusammen den spektakulären Blick auf das Feuerwerk genießen. Und natürlich würde ich ihn zu eventuellen musikalischen Aktivitäten einladen.