Mein Recht zu funkeln - Riccardo Simonetti - E-Book

Mein Recht zu funkeln E-Book

Riccardo Simonetti

0,0
14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Riccardo lebt seinen Traum. Vom Außenseiter wurde er zum Superstar. Davon hat er jahrelang geträumt. In Klatschmagazinen bewunderte er die Stars und Sternchen, denen er sich so viel verbundener fühlte als seinem persönlichen Umfeld. Er wollte so sein wie sie und vor allem: Er wollte dabei ganz er selbst sein. Doch der Weg dahin war steinig. Riccardo schreibt über schwere Zeiten, in denen er viel Kritik, Hohn und Spott erntete. Er erzählt von den Anfängen als Blogger und Modemagazin-Praktikant, von seiner großen Liebe zu Hollywood, wo er sich Zuhause fühlt, und dem schillernden Leben, das er heute führt.
Riccardo möchte den Lesern seines Buches Mut machen, sie selbst zu sein und ihre Träume zu verwirklichen. Hierzu gewährt er Einblick hinter die Kulissen seiner Welt, die von Außen nur so vor Glitzer und Glamour strotzt. Riccardo ist sich sicher: "Du kannst alles schaffen” ist viel mehr als nur eine Floskel. Wir sind für unser Glück selbst verantwortlich und jeder ist der Regisseur seines eigenen Lebens!
Die exklusiven Fotos für das Buch wurden in Los Angeles geshootet. Sie sollen genau die Freiheit und Lebensfreude ausdrücken, die Riccardo mit diesem Buch verbreiten will.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 204

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mein Recht zu
RiccaRdo Simonetti
mein Recht
zu Funkeln
ich widme dieSeS Buch all jenen menSchen,
die eS wagen, ihRe tRäume üBeR die meinung
andeReR zu Stellen.
Mein Recht zu
VORWORT
Schlägt man im Wörterbuch das Wort »an-
ders« nach, steht da »auf abweichende Art und
Weise verschieden« – unter Verwendung im
allgemeinen Wortgebrauch ist »häufig« ver-
merkt. Wir benutzen das Wort »anders« also
ziemlich oft – wahrscheinlich sogar mehr-
mals am Tag. Aber sind wir uns dessen Be-
deutung auch wirklich bewusst? Was heißt
es, anders zu sein als andere Menschen? Und
wie »fühlt« es sich an?
Jeden Tag, wenn wir in der U-Bahn jeman-
den beobachten, weil er merkwürdig aus-
sieht, ist sich dieser dessen bewusst. Genauso
wie derjenige, der uns dazu veranlasst, die
Person neben uns mit dem Ellenbogen un-
auff ällig in die Seite zu stupsen, um sie auf
den anderen aufmerksam zu machen. Unter-
scheidet man sich in irgendeiner Form von
der vorherrschenden Norm – sei es durch
das Gewicht, die Kleidung, die Hautfarbe
oder die Art –, entwickelt man einen siebten
Sinn, der einen für jeden Kommentar, jeden
abf älligen Blick und jedes Tuscheln sensibi-
lisiert. Selbst wenn man es gar nicht möchte,
nimmt man die besondere Aufmerksamkeit
anderer, die man auf sich zieht, wahr.
Als ich anfing, dieses Buch und damit mei-
ne Geschichten aufzuschreiben, wollte ich
allen Menschen, die sich schon mal anders
gefühlt haben, Gehör verschaffen. Wird
5
einem bewusst, dass man anders
ist,
fühlt
man sich mehr als unwohl in seiner eigenen
Haut. Man möchte dieses Anderssein nicht,
empfindet es als Bürde und wünscht sich
oft, jemand anderes zu sein. Doch begreift
man erst mal, dass das Anderssein auch un-
ser Vorteil sein kann – uns stärker macht als
andere und vielleicht sogar zu Führungsper-
sonen –, kann man damit leben lernen und
findet es sogar gut, nicht so zu sein, wie alle
es von einem erwarten. In meinem Leben
hat
sich schnell durch meine Träume und
das damit verbundene Auftreten heraus-
gestellt, dass ich anders bin als die meisten
Menschen. Am Ende des Tages unterschei-
det mich aber am meisten von anderen, wie
ich seit jeher damit umgegangen bin.
Alles, was man braucht, um an diesen Punkt
zu gelangen, ist der eine Fan, den es zu
gewinnen gilt und der wir meistens selbst
sind. Haben wir uns selbst auf unserer Seite,
können wir alles schaffen, von dem uns ge-
sagt wurde, dass es nicht geht. Solange man
noch nicht an diesem Punkt ist, möchte ich
für dich dieser Fan sein und an jeden glau-
ben, der den Mut auf bringt, sein Anderssein
nicht als Schwäche anzusehen, und sich
traut, sein wahres Ich der Welt zu zeigen.
Vorwort
5
Vom SchuBladendenken und Von
leBenSgRoSSen meeRjung FRauenFloSSen
Boy, i’m a BaRBie giRl
10
18
SelFmade SupeRStaR
the ameRican dReam
it’S BRitney, Bitch!
24
30
36
42
mama
like mich doch am aRSch!
50
56
62
hollywood
BeRühmteR alS daS Salz zu weRden
Von BlumenkRänzen und
FauStSchlägen inS geSicht
68
74
die macht deR weiSSen FRanSenledeRjacke
nie mehR u-Bahn FahRen
82
88
deR teuFel tRägt pRada
94
BeRlin BeRlin
weR Schön Sein will, muSS denken
Von einem leBen in zwei hälFten
FalSche entScheidungen
deR SoundtRack meineS leBenS
100
106
112
120
128
134
one-man-Show
manieRen machen den mann!
und waS iSt mit moRgen?
echo deS Schlechten geSchmackS
lieBe deinen nächSten, wie dich SelBSt
mein Recht zu Funkeln
140
148
156
164
170
176
pRimetime
Ruhm
180 182
Nachwort
Danke
VOm Schubladendenken
und VOn lebenSgROSSen
meeRjungfRauenflOSSen
Um auch ja alle Erwartungen zu erfüllen,
die man an einen Modeblogger haben kann,
würde ich mein Buch gerne mit einem
Kapitel über meinen Kleiderschrank begin-
nen, besser noch über das Sortieren meines
Kleiderschranks. Egal, wie ordentlich man
sein mag – wenn man ständig auf Reisen
ist, hat man das Gefühl, abends nicht mehr
derselbe Mensch zu sein, der man noch am
Morgen war. Oder bin ich der Einzige, der
sich so fühlt? Mein Kleiderschrank sieht
dementsprechend chaotisch aus. Und jedes
Mal, wenn ich ihn aufräumen möchte in
der Hoffnung, dass die dadurch entstehende
Ordnung sich auch auf den Rest meines
chaotischen Lebens überträgt, ertappe ich
mich dabei, wie ich einen Nervenzusam-
menbruch bekomme, weil nichts einen
Platz zu haben scheint. In diesem Moment
rufe ich für gewöhnlich meine Mutter an,
die nur darauf wartet, mir eine Lektion in
Sachen Ordnung zu erteilen. Meine Mama
und ich stehen uns sehr nahe: Wenn es so
etwas wie Interessenvererbung gibt, dann
habe ich das Interesse für Mode definitiv
von ihr geerbt.
10
oRdnung FüR den kleideRSchRank
VeRzweiFelt geSucht!
»Gib jedem Teil seinen Platz. Richte
eine Schublade ausschließlich für weiße
T-Shirts, eine nur für schwarze ein. Eine
für Jeans und eine für Pullover« – so
lautet ihr Ratschlag in meiner mir aus-
weglos erscheinenden Misere. Ich lege
auf und versuche, ihren Rat zu befolgen.
Es klappt ganz gut, bis ich an dem Punkt
bin, an dem ich etwas finde, von dem ich
nicht weiß, in welche Schublade ich es
einsor tieren soll. Wie beispielsweise einen
boden langen Marabufedermantel, der
schon mal in Flammen stand, weil ich zu
nahe an einer Kerze stand, den zu ent-
sorgen ich aber nicht übers Herz brachte.
Oder meine lebensgroße Meerjungfrauen-
flosse, die mir in der Vergangenheit schon
mehr als einmal einen extravaganten Auf-
tritt im Nichtschwimmerbecken beschert
hat. Ich rufe meine Mama also wieder an
und schildere ihr die Situation.
»Du musst eine Schublade für Sonstiges,
also für alle anderen Teile, festlegen!« –
11
Beverly Hills Hotel im Februar 2018.
Frage, dass ich weder ein weißes T-Shirt
noch eine einfache Jeans wäre. Ich weiß
nicht, was ich wäre, aber ich weiß definitiv,
dass ich ein Fall für die »Sonstiges«-
Schublade bin. Ich vertiefe diesen Ge-
danken und fange an, die Gesellschaft, in
der wir leben, mit dem Schubladensystem
meines Kleiderschranks zu vergleichen,
den meine Mutter für mich bestellt hat.
giB jedem teil Seinen platz.
gibt sie mir mit auf den Weg. Während ich
also versuche, diese sogenannte »Sonsti-
ges«-Schublade für alles andere einzurich-
ten, stelle ich fest, dass die Dinge, die hier
einsortiert werden sollen, überhaupt nicht
zusammenpassen. Es würde überhaupt
keinen Sinn machen, sie zusammen in eine
Schublade zu stecken. Oder was haben
so eine Meerjungfrauenflosse und ein
Couture-Federmantel miteinander zu tun?
Eben – verstehe ich auch nicht.
die welt alS kleideRSchRank
Während ich mich davor drücke weiterzu-
machen, tue ich das, was jeder »Millennial«,
also jeder in den 2000ern sozialisierte
Mensch, unter solchen Umständen tun
würde: Ich denke über mich selbst nach
und fange an, mich zu fragen, was ich
wohl in der Modewelt für ein Kleidungs-
stück wäre. Ich meine, es steht wohl außer
12
Unser ganzes Leben wird uns vermittelt,
wir sollen nach der Schublade suchen, in
die wir gehören. Ist sie einmal gefunden,
wird es schwer, ihr wieder zu entkommen.
Das ist für die meisten Menschen auch
okay, denn sie fühlen sich wohl in ihrer
Schublade. Was aber ist mit den Menschen,
die nicht in die üblichen Schubladen
passen? Was ist mit den Marabufeder-
mänteln- und den Meerjungfrauenflossen-
Menschen unter uns? Die landen allesamt
im gesellschaftlichen Äquivalent der
»Sonstiges«-Schublade – völlig ungeachtet
dessen, ob sie sich untereinander verstehen
und miteinander identifizieren können oder
nicht, sind sie von nun an gezwungen zu
koexistieren. So wie es meine Mutter mit
dieser Sorte Schublade in meinem Kleider-
schrank handhabt, geht es der Gesellschaft
mit dieser Sorte Mensch. Sie würde sie ger-
ne »wegsortieren«, weil sie mit dem Inhalt
nicht wirklich etwas anzufangen weiß.
wie eS Begann
Als Junge, der in Bad Reichenhall auf dem
Land aufgewachsen ist und schon immer
– gelinde gesagt – die Persönlichkeit eines
echten Showgirls in sich getragen hat, mit
einem Faible für Pailletten und allem,
was dazugehört, kenne ich das Gefühl, in
diese Art von Schublade gesteckt zu wer-
den, besser als jeder andere. Würde man
mein Leben als Highschool-Teenie-Film
inszenieren, wäre ich der geborene Freak
gewesen. Ich war unglaublich theatralisch
und fast schon besessen vom Theaterclub.
Ich saß immer in der ersten Reihe – sogar
im Schulbus – und fand bereits mit 15, dass
Pailletten ein angemessenes Outfit für die
neunte Klasse wären. Ich selber habe mich
aber nie wirklich als Außenseiter gesehen.
Mit Sicherheit hatte ich eine gesonderte
Rolle, die auch viele von mir erwartet
haben. Zum Glück habe ich auch immer
Leute getroffen, die zu Weggef ährten
wurden und an mich geglaubt haben.
Jahrelang konnte ich nur davon träumen,
die Hindernisse, die dieser mehr als
begrenzte Bereich mit sich brachte, zu
überwinden und mir selbst das zu geben,
was niemand in mir als jemanden aus der
gesellschaftlichen »Sonstiges«-Schublade
sah – nämlich eine Funktion.
ich wollte mehR …
Natürlich hat jeder, der in dieser Schub-
lade steckt, noch die Option, sich selbst
zu einem weißen Shirt oder einer Jeans
zu machen und dadurch eine der üblichen
Funktionen zu bekommen. Aber das
13
würde ja nur bedeuten, dass man von der
einen in die andere Schublade springt. Und
das war auch nicht das, wonach sich der
Junge sehnte, der seine Eltern die gesam-
te Grundschulzeit über bat, ihn mit dem
Namen Phoebe Halliwell, einem Hexen-
charakter aus der TV-Serie Charmed,
gespielt von Alyssa Milano, anzusprechen.
Ich wollte mehr, ich wollte einen Status,
der es mir ermöglichte, all das auszuleben,
was mich überhaupt erst in diese Schublade
gebracht hatte, aber mich trotzdem irgend-
wie über diesem System stehen ließ.
waS ich im tieFSten inneRn Sein
wollte?
Also überlegte ich, was ich sein wollte:
ein Pokal! Das war es! Ich wollte ein glän-
zender Pokal sein. Pokale haben, ähnlich
wie auch Marabufedermäntel, einen eher
dekorativen Zweck und stehen für einen
bestimmten Status, eine Bereicherung, das
Gewinnen. Man ist stolz auf einen Pokal –
und das, obwohl er nicht wirklich zu den
anderen Dingen in unserem überaus funkti-
onalen Leben passt. Einen Pokal steckt man
in keine Schublade, man stellt ihn darüber
– auf ein Regal, wo ihn jeder sehen und be-
wundern kann und wo er einen selbst sowie
andere zur Höchstleistung motiviert. Genau
das war es, was ich wollte. Im Grunde will
das doch eigentlich jeder von uns, oder?
Jeder möchte doch an einen Ort kommen,
an dem er der Mensch sein kann, der er nun
mal ist – und sich dafür nicht rechtfertigen
müssen. Für die einen Menschen mag es
leichter sein, an diesen Ort zu kommen,
weil es nicht notwendig ist, ein gesellschaft-
licher Pokal zu werden, für andere wieder-
um ist es etwas schwieriger.
mein kleideRSchRank, meine Regeln
Am Ende des Tages jedoch muss jedem
von uns klar sein, dass es niemandem hilft,
14
in Schubladen zu denken, selbst denen
unter uns, denen es gar nicht schwerf ällt,
sich in das System einzuordnen. Es betrifft
jeden von uns – egal, ob uns persönlich
oder das Urteil, das wir über andere fällen.
Je eher wir uns davon verabschieden, allem
und jedem ein gesellschaftliches Etikett
aufzudrücken, desto eher können wir uns
die Freiheit nehmen, die wahre Persön-
lichkeit auszuleben, die unter diesem Sys-
tem gelitten hat. Was aber das Allerwich-
tigste ist: Selbst wenn wir von jemandem
in eine Schublade gesteckt werden, ist
eines entscheidend: dass wir selbst zu uns
stehen und uns selbst lieben. Immer. Was
das meint? In jedem Jahr, in jedem Monat,
in jeder Woche, an jedem Tag, in jeder
Stunde, in jeder Minute, in jeder Sekunde.
Also wirklich immer und ewig.
entScheidend iSt, daSS wiR unS
SelBSt lieBen. immeR.
Und was dann? Dann ist es uns nämlich
egal, was andere über uns denken. Meinen
Kleiderschrank habe ich übrigens entsorgt,
sehr zum Bedauern meiner Mama. Hat
einfach nicht zu mir gepasst. Meine Klei-
dung hängt jetzt an offenen Kleiderstangen,
wo die Meerjungfrauenflosse – jetzt für
jeden sichtbar – neben der Jacke hängt, die
ich jedes Mal anziehe, wenn ich nur kurz
das Haus verlasse. Und soll ich euch etwas
sagen? Es funktioniert wunderbar.
15
16
17
bOy, I’m a
baRbIe gIRl
»I’m a Barbie Girl in a Barbie World«, sang
Aqua Ende der 90er in meinem Kinderzim-
mer rauf und runter. Was damals quasi zur
Nationalhymne meines Lieblingsspielzeugs
wurde, lässt mich heute über ein Fach in der
Schule nachdenken.
Von noRmen und weRten im leBen
Unser ganzes Leben scheint geprägt zu sein
von den Inhalten eines Seminars, das ich in
der zwölften Klasse im Religionsunterricht
belegt habe. Es hieß »Normen und Werte«.
In diesem Seminar hat man nicht nur einen
Überblick über die vorherrschenden Werte
bekommen, welche die Gesellschaft in
Ordnung halten, sondern auch gelernt,
wieso Normen wichtig für Menschen sind.
Normen geben Orientierung und leiten
einen durch Situationen, die man ohne
diese nur schwer bewältigen könnte. Jede
Generation hat dabei ihre eigenen, nur
Kinder sind darauf angewiesen, diese von
den Eltern zu übernehmen, bis sie alt genug
sind, ihre eigenen zu entwickeln.
In welchem Alter ist aber der Moment
gekommen, die uns weitergegebenen
Normen infrage zu stellen und unsere
eigenen zu entwickeln?
18
mein eRkläRteS lieBlingSSpielzeug
Wie nicht anders zu erwarten, gehörte
ich als kleiner Junge zu der Sorte Kind,
die sowohl mit Autos als auch mit Puppen
spielen wollte. Letzteres schien ein viel
prägenderes Problem für meine Mit-
menschen zu sein, als ich es damals hätte
einordnen können. Ein Mädchen, das mit
Autos spielt, ist für niemanden ein Grund,
sich Gedanken zu machen – ein Junge, der
mit Puppen spielt, sorgt hingegen schon
im Kindergarten für Aufregung. Zu Hause
in meinem Kinderzimmer konnte ich un-
gehemmt mit meinem Lieblingsspielzeug
spielen, was bei meinen Freunden leider
nicht immer der Fall war. Im Kindergarten
sollte ich auch eher darauf verzichten, da
die meisten Kinder sich über mich lustig
gemacht hätten.
die welt deR BaRBieS
Ich erinnere mich noch genau daran, was
für einen Stellenwert Barbies in meinem
Leben hatten. Meine Barbies haben für
mich das Leben geführt, welches selbst zu
führen ich noch nicht imstande war. Die
Probleme, die sie hatten, veränderten sich
je nach Situation, in der ich mich gerade
befand, und auf sie zu verzichten war für
mich selbst im Kindergarten keine mög-
liche Option.
Nachdem ich begriffen hatte, dass ein
Junge, der mit Puppen spielt, wohl zu viel
für meine Mitmenschen war, musste ich
einen Weg finden, der es mir möglich
machte, weiterhin mit Barbies zu spie-
len und trotzdem dem gesellschaftlichen
Ideal zu entsprechen, das ein Vierjähriger
im Jahr 1997 an den Tag legen sollte. Ich
erfand ein kleines Spiel, bei dem jeder der
Mitspielenden sein Lieblingsspielzeug als
Einsatz geben sollte. Die einen gaben ein
Brettspiel oder eine Actionf igur, andere
einen Teddybären – ei-
gentlich war es völlig egal,
um was für einen Gegen-
stand es sich handelte. Das
Spiel sah jedes Mal anders
aus – je nachdem, mit wem
ich spielte. Mal war es ein
Wettrennen, mal war es ein
Versteckspiel. Gemeinsam
hatten die Spiele eigentlich
nur, dass der Verlierer des
Spiels mit einer Barbie spielen musste. Das
wollte von meinen männlichen Mitspie-
lern natürlich niemand, weswegen jeder
auch das Spiel gewinnen wollte. Was mich
anging, verlor ich natürlich jede einzelne
Runde. Das freute alle anderen natürlich
sehr: Denn so konnten sie nicht nur mit
ihrem Lieblingsspielzeug spielen, sondern
durften sich auch noch als Gewinner
fühlen. Ich hingegen nahm die Rolle des
Verlierers gerne ein. Denn diese ermög-
lichte es mir, auch weiterhin mit meinem
Lieblingsspielzeug, der Barbie, zu spielen,
ohne dabei ausgelacht zu werden. Das war
es mir wert.
Ein Vierjähriger, der seine Mitmenschen
manipuliert, nur um dadurch die »Erlaub-
nis« zu bekommen, mit dem Lieblings-
spielzeug zu spielen, war eigenartigerweise
nie Thema im Seminar »Normen und
Werte«. Dabei wird genau dieses Verhalten
durch Normen ausgelöst – und dieses
Phänomen hält bis ins Erwachsenenalter an.
»Sollten wiR
nicht alle VeR-
Suchen, deR
weiSSe Schnee
zu Sein?«
waS iSt eigentlich »noRmal«?
Normal – was genau bedeutet es eigent-
lich, normal zu sein, und
warum sollte das jeder
anstreben? Ich meine, als
Norm bezeichnet man doch
den Durchschnitt von allem
Guten, aber auch von allem
Schlechten. Das ist wie
grauer Schnee, den man im
Winter überall am Rand
der Straße liegen sieht und
der durch die Mischung aus
dreckigem Schnee und reinem, frischem
weißen Schnee seine graue Farbe erhält. So
fühlt sich der Begriff für mich an. Warum
sollte man also normal sein wollen? Sollten
wir nicht alle anstreben, so gut zu sein, wie
wir es nur eben können? Sollten wir nicht
alle versuchen, der weiße Schnee zu sein?
eine eRFahRung, die mich
gepRägt hat
Anders als man denken mag, war nicht
die Tatsache, dass ich mit Barbies spielen
19
wollte und dafür ausgelacht wurde, der
Moment, in dem ich begriff, anders und
eben nicht normal zu sein, sondern der
Zeitpunkt, als ich mir ebenjenes Spiel
ausdachte. Etwas so sehr zu wollen und
nicht verstecken zu müssen und so lange
einen Weg zu suchen, bis man es auch
darf, ist eine Erfahrung, die viele Men-
schen gar nicht erleben – vor allem nicht
im Kindesalter. Schließlich wollen die
meisten von uns Dinge, die normal sind
und folglich auch nicht verheimlicht wer-
den müssen.
die täglich wiedeRkehRende FRage
Ich war vier Jahre alt, als ich verstanden
habe, dass ich anders war, und von dem
Tag an musste ich mich täglich der Frage
stellen, was mir wichtiger war: Will ich
von anderen gemocht werden oder will ich
das, was ich tun möchte, so sehr, dass ich
deshalb auch bereit bin, nicht gemocht zu
werden? Ich glaube, wenn man sich schon
im Kindesalter diese Frage stellen muss,
gibt es nur zwei Möglichkeiten, sich zu
entwickeln. Entweder man wird jemand,
der es anderen recht machen möchte, oder
man wird jemand, der es sich selbst recht
machen möchte. Auch heute – über 20
Jahre später – bin ich dazu gezwungen,
mir diese Frage jeden Tag aufs Neue zu
stellen.
Stehe zu deinen tRäumen!
Ein Spiel zu erf inden und vorzuschieben,
um die Dinge zu bekommen, die wir
wollen, funktioniert ab einem bestimmten
Alter nicht mehr. Dann heißt es, Verant-
20
wortung übernehmen für die Träume, die
man hat. Auch wenn es zuweilen schwer
erscheint, zu den Träumen zu stehen, die
man hat, habe ich folgende Erfahrung
gemacht: Derjenige, der sich traut, wird
immer belohnt. Selbst wenn es nicht
sofort so scheinen mag, ist das nämlich
der Moment, in dem wir auf hören, uns an
Normen zu orientieren, und unsere eigene
Geschichte schreiben. Wie diese weiter-
geht, liegt von diesem Zeitpunkt an mit in
unserer Hand.
will ich Von andeRen gemocht
weRden odeR will ich daS, waS
ich tun möchte, So SehR, daSS ich
deShalB auch BeReit Bin, nicht
gemocht zu weRden?
Wenn ich mein Leben heute betrachte,
dann darf ich feststellen, dass mein Zuhause
immer noch voller Barbiepuppen und
Spielzeug ist, was für einen jungen Mann
Mitte 20 wahrscheinlich noch viel unge-
wöhnlicher ist als für den kleinen Jungen,
der ich früher war. Wenn man es genau
nimmt. Aber eigentlich abzusehen, oder?
Normal ist das für andere sicher nicht, aber
das tut nichts zur Sache. Denn: Für mich
ist es normal – mehr noch: Diese Puppen
und Spielzeuge erfüllen mich immer noch
mit Freude – und das ist doch am Ende des
Tages das einzig Wichtige.
21
»SchOn fRüheR bIn Ich
nIe Ohne kOpfhöReR auS dem
hauS gegangen, damIT Ich dIe
muSIk ImmeR ganz lauT aufdRehen
kOnnTe, um böSe kOmmenTaRe
andeReR menSchen nIchT zu höRen.
daS mache Ich bIS heuTe SO.«
22
23
Selfmade
SupeRSTaR
Wenn es etwas gibt, wofür ich wirklich
dankbar sein sollte im Leben, dann sind es
höchstwahrscheinlich Klatschmagazine.
Wenn man so will, waren Klatschmaga-
zine für mich die Vorreiter von Snapchat
und Instagram, weil das die einzige Mög-
lichkeit war, um meinem eigenen Leben
zu entfliehen und abzutauchen in eine
andere Welt. Ob alles, was darin stand und
steht, immer der Wahrheit entsprochen hat
und entspricht, sei mal dahingestellt, aber
das ist bei Instagram und Co. ja auch nicht
immer der Fall.
Ich glaube, ich war früher besessen von
Klatschmagazinen, weil ich das Gefühl
hatte, dass die Menschen, die dort abge-
bildet waren, mehr mit mir gemeinsam
hatten als die Menschen, die ich kannte.
Ich sah Bilder von Lady Gaga am Flug-
hafen, in Netzstrumpf hose und Muschel-
bikini. Natürlich waren um sie herum
auch Hunderte Menschen zu sehen, die ihr
mit irritiertem Blick hinterherschauten,
aber niemand schien sie infrage zu stellen
oder ihr zu verbieten, so zu sein, wie sie
es sein wollte. Denn sie war Lady Gaga
und das war Erlaubnis. Genau das wollte
ich auch.
24
ich wollte einFach nuR ein StaR Sein
Solange ich denken kann, sagte man mir,
es wäre falsch, ein Star sein zu wollen. Es
wäre oberflächlich, sich nach Ruhm zu
sehnen, und es würde einzig und allein
vom Glück abhängen, ob man berühmt
wird. Ich frage mich, ob ich dieselbe
Reaktion auf diesen Wunsch auch geern-
tet hätte, wenn ich ein Mädchen gewesen
wäre. Denn ich habe das Gefühl, Mädchen
wird ein solcher Wunsch ohne Weiteres
zugestanden. Entweder weil sie nicht ernst
genug genommen werden (was schlimm
genug ist) oder weil dies bei Mädchen ge-
sellschaftlich akzeptierter ist als bei Jungs.
Nehmen wir beispielsweise eine schil-
lernde weibliche Persönlichkeit wie Lady
Gaga, die ausgefallener und extravaganter
kaum sein könnte. Ihr perfekt inszeniertes
Aus-der-Reihe-Tanzen wird bewundert
und akzeptiert. Aufstrebende männliche
Paradiesvögel haben es weitaus schwerer,
wie ich am eigenen Leib erfahren habe.
Niemals habe ich mich mit dem Gedan-
ken anfreunden können, dass es falsch
sein sollte, wenn ich – ambitioniert und
voller Ehrgeiz – ein Star sein wollte. Vor
allem nicht, weil alle anderen Jungs davon
träumen durften, Fußballprofi zu werden,
ohne auch nur einmal zum Fußballtrai-
ning zu gehen. Sie durften unkommentiert
ihren mindestens genauso unrealistischen
Traum einfach so äußern und weiterträu-
men, obwohl sie nichts dafür taten, wäh-
rend ich nur auf Kritik zu stoßen schien.
SpRich auS, waS du denkSt
Ich erinnere mich an ein Zitat von Madon-
na, das ich irgendwo mal aufgeschnappt
habe. Sinngemäß besagt dies Folgendes:
Manche Menschen würden im Leben
niemals bekommen, was sie wollen, weil
sie nicht aussprechen, was sie wollen. Aus
diesem Grund wollte ich meine Träume
auch nicht zurückhalten. Im
Gegenteil: Ich schrieb sie
auf und stellte sie öffentlich
zugänglich ins Netz.
Ein Star sein zu wollen
bedeutete für mich weit-
aus mehr, als nur in tollen
Klamotten bewundert
zu werden. Es bedeutete für mich, sich
endlich nicht mehr rechtfertigen zu müs-
sen – für die Person, die man ist. Ich hatte
das Glück, bereits in meiner Schulzeit die
besten Freunde überhaupt zu finden. Den-
noch hatte ich das Gefühl, dass die Welt,
die ich in den bunten Blättern sah, die ein-
zige Welt war, die einem Jungen wie mir
ein wirkliches Zuhause gibt und mich für
die Eigenschaften schätzt, für die ich auf
der Straße jeden Tag kritisiert wurde. Ich
musste für meine Art und Weise des Auf-
tretens mehr einstecken, als die meisten
Menschen sich vorstellen können. Belei-
»ich wollte meine
tRäume nicht
zuRückhalten.«
digungen zähle ich hierbei schon gar nicht
mehr mit, täglich bespuckt zu werden auch
nicht. Wovon ich spreche, ist öffentliche
Demütigung, die über die Grenzen des
Schulhofs hinausgeht: im Bus angezündet
zu werden und sich jeden Tag für seine
Existenz rechtfertigen zu müssen. Manch-
mal habe ich das Gefühl, all das wäre nur
halb so schlimm verlaufen, wenn ich nicht
jedermann gezeigt hätte, was ich werden
wollte. Hätte ich mich ab und an zurück-
genommen und meine Träume für mich
behalten, wäre das vielleicht nicht so aus-
geartet, aber das konnte ich einfach nicht.
Die Tatsache, dass man für seine Träume
in Kauf nimmt, nicht nur
täglich beschimpft, sondern
auch bespuckt, geschlagen
und gedemütigt zu werden,
jeden Tag aufs Neue, war
für mich Beweis genug,
dass dahinter mehr steckt.
Das konnte einfach nichts
Oberflächliches sein. Für
meine Träume nahm ich es in Kauf, diese
Erfahrungen alleine durchzustehen. Auch
wenn ich mit meiner Mama bis heute über
alles sprechen kann, wollte ich sie damit
nicht belasten. Mir war es peinlich und
ich dachte, ich könnte es so ungeschehen
machen.
Sei ein StaR
Durch die Pubertät zu gehen ist schwer
genug – für jeden von uns. Lebt man dabei
in einer kleinen Stadt unentdeckt gerade
als Junge seine innere Lady Gaga, ist es
umso schwieriger. Daher musste ich einen
25
licht der Paparazzi zu verstecken. Diese
Fotos führten dazu, dass ich von nun an
jeden Morgen mit der Hand mein Gesicht
schützend auf dem Weg zur Schule aus
dem Haus ging.
Weg finden, das Ganze für mich irgendwie
erträglicher zu machen. Also kaufte ich
Klatschmagazine: vorzugsweise InTouch
und Bunte. Ich schlug hinten die Society-
Seiten auf und klebte Fotos von mir