Meine Mutter, das Alter und ich - Katja Jungwirth - E-Book

Meine Mutter, das Alter und ich E-Book

Katja Jungwirth

0,0

Beschreibung

Du spürst wieder mal nichts, oder?" Es sind Sätze wie diese, die die Luft zer- und direkt ins Herz schneiden. Die Mutter ist schwer erkrankt – und wird dadurch ihrer Unabhängigkeit beraubt; die Krankheit macht sie müde, depressiv, manchmal aber auch erstaunlich gelassen. Die Tochter sorgt sich, steht mal staunend, mal traurig, mal lachend vor den oft abrupten Stimmungsumschwüngen ihrer Mutter, mit der sie nun mehr und mehr die Rollen tauscht. Katja Jungwirth protokolliert in kurzen, präzisen Szenen, wie Alter und Krankheit nicht nur eine einzelne Person betreffen, sondern wie sich ein Familiengefüge dadurch neu zusammensetzt und der Alltag sich verändert. Einkäufe werden zum Spießrutenlauf, was heute richtig ist, ist morgen falsch, und umgekehrt. Hochkomische wechseln sich mit berührenden, zärtlichen Momenten ab. Ein Buch voller aufrichtiger Geschichten, in denen sich viele wiedererkennen werden.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 121

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Katja Jungwirth

Meine Mutter,das Alterund ich

Wahre Geschichten

Mit Illustrationen von Melanie Haas

www.kremayr-scheriau.at

ISBN 978-3-218-01211-9

eISBN 978-3-218-01219-5

Copyright © 2020 by Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & Co. KG, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Schutzumschlaggestaltung, typografische Gestaltung und Satz: Sophie Gudenus, Wien

Alle Illustrationen: Melanie Haas

Lektorat: Marilies Jagsch

Druck und Bindung: Christian Theiss GmbH, St. Stefan im Lavanttal

Für meine KinderTimna, Timotheus, Marie und Stanislaus

Inhalt

Jeder Tag ist Muttertag

Das Grab

Das Medikament

Frau Troll

Das Backrohr

Das Bett

Das Herz

Das Wetter

Der Besuch

Die Mahlzeit

Das Spiel

Der Arzt

Das Telefon

Die Sorge

Das Weh

Die Kränkung

Der Rollstuhl

Das Alter

Der Therapeut

Die Uhr

Die Trainerin

Die Termine

Die Scham

Der Heilige Abend

Die Bergtour

Die Erholung

Der Kalenderspruch

Das Krankenhaus

Die Gurke

Die Entscheidung

Die Hundertjährige

Die Terrasse

Die Sitzung

Das Dreiviertel

Der Plan

Der Widerspruch

Die Schwestern

Das Fahrrad

Die Königin

Der Schnaps

Die Partnerin

Die Sommerfrische

Das Bemühen

Der Notfallknopf

Der Notfallknopf 2

Das Gewissen

Die Nachbarin

Die Motivation

Die Symbiose

Der Feind

Jeder Tag ist Muttertag

Mutter, ich habe dich wirklich sehr lieb, aber …“

Es ist dieses „Aber“, das die Geschichten schreibt.

„Ich habe dich wirklich sehr lieb, aber jetzt reiß dich einmal zusammen.“ Wer traut sich das schon zu seiner Mutter sagen? Vor allem nach einem täglichen „So schlecht wie heute ist es mir noch nie gegangen“. Mutter ist krank. Sehr krank.

Niemand wird plötzlich alt. Aber eine Krankheit bricht oft unerwartet in eine Familie ein und schüttelt alle Rollenbilder durcheinander. Ich soll ahnen, wie es ihr heute geht, darf mir meine eigenen Gefühle nicht anmerken lassen und muss doch den richtigen Ton finden, um sie zu bedauern. Ein ständiger Spagat und ein immer wiederkehrender Widerspruch.

An einem Tag möchte sie nicht mehr weiterleben und sich in ihr vorbereitetes Grab legen und am nächsten Tag einen Einkaufsbummel durch die Stadt machen.

Ich muss Entscheidungen treffen, Hindernisse aus dem Weg räumen und Hürden für sie bewältigen. Aber letztlich ist meine Mutter eine eigenständige Person mit einem starken Willen. Sie ist nur körperlich auf einmal stark eingeschränkt. Ich kann nicht mehr tun, als sie zu begleiten und ihr dabei helfen, möglichst lange das Gefühl zu erhalten, doch irgendwie noch unabhängig zu sein.

Nicht mehr mit der Welt „da draußen“ mithalten zu können und als krank und alt wahrgenommen zu werden, ist schmerzhaft. Sie trauert und bedauert die hilflose Frau, die sie geworden ist. Sie möchte allein in ihrer Wohnung leben, fühlt sich aber von allen verlassen und einsam.

Ich bin, wie in Kindertagen, nach Jahrzehnten wieder eng mit ihr verbunden. Nur haben sich unsere Rollen vertauscht. Könnte man meinen. Denn im Alltag lassen sich festgefahrene Muster schwer abstreifen. Ich bleibe das Kind, das immer ein wenig Angst vor der strengen Mutter hatte. Und sie bleibt die Frau, die gewohnt ist, Befehle zu erteilen.

„Du spürst mal wieder gar nichts“, ist ein schnell hingeworfener Satz, der einem als Tochter den Boden unter den Füßen wegzieht. Ich habe vier Kinder, einen alten Hund, ein eigenes Leben, doch plötzlich ist jeder Tag ein Muttertag.

Das Grab

Mutter will ein Grab. Warum also nicht mit dem Ende anfangen?

Sie will in der Stadt begraben werden, in der wir alle leben. Ich fahre mit zwei meiner Kinder zum größten Friedhof. In der Friedhofsverwaltung wird uns ein Lageplan ausgehändigt, auf dem die freien Gräber markiert sind. Wir versuchen, unsere Beklemmung zu ignorieren und kreisen ungefähr zehn in Frage kommende Stellen rot ein. Dann marschieren wir los.

Bäume … Bäume hat sie doch immer schon gemocht, und ein Grab unter der mächtigen Eiche, das wäre doch was. Oder hier am Waldrand. Vorne duftende Wiese und dahinter der beschützende Wald …

Wir steigern uns richtig hinein, jeder hat Ideen und findet ein noch schöneres, freies Platzerl. Für das Grab. Meiner Mutter. Die daheim sitzt und auf uns wartet.

Drei Favoriten zeigen wir ihr, festgehalten auf dem Plan und auf Fotos. Sie schwankt zwischen Wald und Wiese und einer schmalen Grabstätte in der Nähe des Ehrenhains, also dort, wo viele Ehrengräber liegen. Das muss sie nun doch vor Ort selbst entscheiden.

Mit dem Rollator fährt es sich zwar schwer am Kies zwischen den Grabreihen, aber wir schaffen es. Rechts hinein, beim Philosophen Ludwig Wittgenstein vorbei … und … jö, schau! Da drüben ist der Erwin Ringel, den hat sie immer schon sehr geschätzt. Sie fühlt sich hier sofort wohl. Nicht unter der einsamen Eiche, sondern inmitten der vielen, engen Grabreihen möchte sie liegen. Weil allein, sagt sie, das ist sie jetzt eh die ganze Zeit schon. Wir entscheiden uns also für 33 E, Reihe 6, Nummer 14.

Der Friedhofsverwalter sieht es sehr nüchtern. Zu den üblichen Kosten kommt ein Lebenszeitzuschlag, und außerdem empfehle er der gnädigen Frau, doch das Grab gleich auf die Tochter schreiben zu lassen, dann braucht man es später nicht übertragen.

Die Nummer 14 ist knapp 180 × 80 cm klein, mit Gras bedeckt, das ich nun regelmäßig mähen müsste, sollten wir uns nicht gleich für eine Steineinfassung und einen Grabstein entscheiden.

Das geht mir jetzt doch zu weit. Mutter überlegt kurz, einen Rosenstock auf das noch leere Grab pflanzen zu lassen oder Vergissmeinnicht („meine Lieblingsblumen“). Aber das hat doch wirklich noch Zeit. Ein leeres Grab herzurichten, käme mir wie ein Aufbetten, ein Bereitmachen vor. Mutter ist zufrieden. Der Ausflug hat sich für sie ausgezahlt.

„Weißt du“, sagt sie dann in der Friedhofskonditorei bei Kaffee und Torte, „dieses Grab ist ideal für mich.“

Gut erreichbar, weil es nicht weit vom Eingangstor entfernt ist – wo sie doch ohnehin so schlecht zu Fuß sei …

Das Medikament

Da sitzt ein großer, schwarzer Vogel auf den Schultern meiner Mutter und verdeckt mit schweren, dunklen Flügeln jede Realität.

Sie liegt im Bett, mag nicht aufstehen, mag nicht essen, mag nicht leben. Aber da ist noch ein Funken schlechten Gewissens in ihr und ich ahne es längst: Sie hat, wieder einmal, ihr Psychopharmakon selbstständig abgesetzt.

Medikamente werden von meiner Mutter grundsätzlich nur nach ihren Nebenwirkungen beurteilt. Und die fangen meist schon beim Durchlesen des Beipacktextes an: Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit.

Aufgrund ihrer chronischen Erkrankung muss sie alle drei Stunden ein Präparat einnehmen, das die Beschwerden lindert und den Alltag erträglicher macht. Dieses schluckt sie mit der Sorgfalt und der Präzision der Pharmazeutin, die sie einmal war. Aber leider hat ihre Erkrankung auch einen ständigen Begleiter: die Depression.

Und keines der von den Ärzten empfohlenen Psychopharmaka entspricht ihren Vorstellungen. Es sind nur die Nebenwirkungen, die für sie zählen. Zwar ist sie gelassener, hat aber Kopfschmerzen, die Panik ist weg, doch stattdessen stellt sich Schwindel ein.

Es ist ein immer wiederkehrender, fast monatlicher Rhythmus: Sie denkt an ihr durch Krankheit eingeschränktes Leben, hadert mit dem Schicksal, beugt sich immer weiter dem Abgrund entgegen und würde sich am liebsten sofort fallen lassen.

Der in meiner Panik gerufene Neurologe verschreibt ein Antidepressivum, das sie mindestens acht Tage lang schlucken muss, bis eine Wirkung eintritt. Nach zwei Tagen hat sie das Gefühl, ihr Dasein besteht nur aus einer Woge von Übelkeit und Schmerzen. Nach einer Woche tritt merkliche Besserung ein. Ich bin erleichtert. Wir plaudern, gehen spazieren. Doch nach drei Wochen wirkt die Stimme am Telefon dunkler, leiser. Besuch will sie nicht. Die ersten paar Male habe ich mich vertrösten lassen.

Es ist schwer, alte Muster zu durchbrechen. Da ist die Mutter, die sagt: „Das passt schon.“ Und da ist das Kind, das vertraut.

Aber auf einmal merkt man, da passt gar nichts. Die starke Mutter gibt es nicht mehr. Da liegt ein kleiner, hilfloser Mensch im Bett und man steht genauso hilflos davor. „Hast du alle deine Medikamente genommen?“ Die Frage kommt mir schrecklich intim vor, fast ungehörig. Dann, mit der Zeit, wird mir klar: Sie durchleidet die erste Woche mit dem Psychopharmakon, und sobald sich eine geringe Besserung einstellt, setzt sie es ab. Glücklich, ohne die üblichen Nebenwirkungen, geht es noch ein paar Tage dahin – bis sich der große, schwarze Vogel wieder festkrallt.

Wieder wird der Arzt gerufen, wieder wird ein Mittel verschrieben, andere Marke, geringere Dosis. Aber ihr Verhalten ändert sich nicht. Es bleibt alles beim Alten: Sobald der Wirkstoff greift, sich ein wenig Lebensfreude einstellt, hört sie auf, die Tabletten zu schlucken.

Wir haben lange Gespräche über den Sinn des Lebens und den Tod. Ich kann als ihr Kind nicht verstehen, dass ich allein nicht genug Lebenssinn für sie bin. Ich bin gekränkt. Andererseits habe ich meine Mutter doch immer bewundert für ihre Selbstständigkeit zu einer Zeit, als es für eine Frau noch nicht üblich war, voll berufstätig zu sein und Kinder zu haben. Sie hatte immer ein Leben neben der Familie. Ein Leben, das sie nun eben vermisst.

Wir bekommen das von ihr abgelehnte Medikament irgendwie in den Griff: Sie schluckt eine mikroskopisch kleine Dosis, und wenn sich der Abgrund trotzdem auftut, Panik sich breitmacht, das Herzklopfen nicht aufhört, greift sie zu pflanzlichen Tropfen, die ihr das Gefühl geben, ihr Leben wieder zurückzubekommen – zumindest für den Moment.

Frau Troll

Stell dir vor“, sagt meine Mutter, „du wachst in der Früh auf, und vor deinem Bett steht eine wildfremde Person.“

Erschreckende Vorstellung. Da stimme ich ihr zu.

Nach einem Sturz und einem längeren Krankenhausaufenthalt soll nun regelmäßig in der Früh jemand vorbeikommen, um ihr beim Waschen, Ankleiden und Frühstückmachen zu helfen. „Und um zu sehen, ob ich die Nacht überhaupt überlebt habe“, sagt Mutter.

In der Stadt gibt es etliche Hilfsorganisationen und wir entscheiden uns für die Heimhilfe einer großen, bekannten Organisation. Beim Evaluierungsgespräch, bei dem festgestellt werden soll, wie viel Hilfe sie wirklich benötigt, wirkt meine Mutter eloquent, wach und sehr selbstbewusst. Das ist mir fast peinlich. Sollte sie nicht irgendwie hilfsbedürftiger, abhängiger wirken?

Sie diktiert dem zuständigen Herrn ihre Vorstellungen: nicht zu früh, gegen neun Uhr, mit Frühstücksgebäck, fünfmal die Woche.

An der Wohnungstür wird ein Schlüsselsafe montiert. Grundsätzlich eine gute Idee, auch für Familienmitglieder. So muss sie nicht jedes Mal aufstehen, wenn es an der Türe klingelt. Die meisten Heimhelfer holen mit dem Nummerncode den Schlüssel aus dem Safe, sperren die Wohnungstüre auf, tasten sich durch die fremde, dunkle Wohnung zum Schlafzimmer vor und bleiben abwartend vor dem Bett stehen. „Kennst du das“, fragt Mutter, „wenn du spürst, dass da wer steht und dich anschaut?“

Nicht so bei Frau Troll. Bei Frau Troll ist alles anders. Frau Troll schreit schon, während sie die Türe öffnet, laut und kräftig „Guten Morgen, Frau Magistaaaaa!“ in die stillen Zimmer hinein.

„Zum Tote Aufwecken“, kommentiert Mutter trocken.

Frau Troll hat große Erfahrung in der Altenpflege. Mit geübten Handgriffen zieht sie meine zarte, kleine Mutter aus dem Bett, aus dem Nachthemd, ins Bad und in die Dusche, in scheinbar einer einzigen, fließenden Bewegung.

Und dann bleibt sie neben der Dusche im engen Bad stehen. Auf die Bitte meiner Mutter, ihr entweder beim Duschen zu helfen oder das kleine Bad zu verlassen, reagiert sie ungehalten. Helfen darf sie nicht, sie darf nur aufpassen. Und um die Zeit nicht unnütz vergehen zu lassen, wischt sie mit einem Putzfetzen am Waschbecken und an den Armaturen herum, während Mutter versucht, mit dem Rücken zu ihr in der schmalen Duschkabine mit Waschlappen und Seife zurechtzukommen. Das passt gar nicht. Nach drei Troll-Tagen ruft Mutter bei der Organisation an und verringert die Heimhilfe auf zweimal die Woche.

Ab und zu kommen Aushilfen. Das heißt, in den Augen meiner Mutter schleicht eine „wildfremde“ Person an ihr Bett heran und schaut sie abwartend an. Erst, wenn sie sich vom Schreck erholt hat, kann mit der Körperpflege begonnen werden. Meist aber wird sie von Frau Trolls Kasernenton geweckt.

Die Nerven liegen blank. Sie braucht oft den ganzen Tag, um sich von einem Troll-Morgen zu erholen. Das kann so nicht weitergehen.

Sie möchte anrufen und um eine Ablöse bitten. Jemand Netten möchte sie, jemanden, der leise und zart mit ihr umgeht, der sich langsam bewegt und der vor allem nicht immer so schreit. Nach langem Zögern greift sie zum Telefon.

„Das wird schwierig“, heißt es bei der Zentrale, „weil aussuchen kann man sich die Heimhilfen nicht.“ Aber man wird versuchen, jemand anderen als die wirklich sehr erfahrene Frau Troll zu finden, sagen sie. Zwischen den Zeilen aber kommt klar hervor: Das werden Sie bitter bereuen.

Zumindest nimmt es meine Mutter so wahr, denn augenblicklich stellt sich Panik ein. Was ist, wenn jemand kommt, der noch weniger passt?

„Ich schmeiße die Scheiter weg und bekomme einen Prügel zurück.“

Und was ist das Ende dieser Geschichte? Sie will gar keine „wildfremde“ Person mehr in ihrer Wohnung haben. Keine Heimhilfe, keine Duschhilfe, kein frisches Frühstückskipferl. Und der Schlüsselsafe vor der Wohnungstüre macht ihr auch Angst. Der Nummerncode wäre jetzt so vielen Leuten bekannt, befürchtet Mutter. Jeder könnte sich da in die Wohnung schleichen.

Also wird alles abbestellt und der Schlüssel aus dem Kästchen neben der Wohnungstür entfernt. Trotzdem wacht sie oft noch mit einem mulmigen Gefühl auf: Da ist jemand, da steht wer vor ihrem Bett und wartet …

Das Backrohr

Das Backrohr ist kaputt. Das ist ein kleines Gerät, separat aufzustellen und sehr praktisch zum Aufbacken oder Wärmen von Speisen, wenn man eine Mikrowelle aus Prinzip ablehnt.

Nun ist es kaputt.

Ich fahre in einen Elektromarkt, auf dem Handy ein Foto vom alten Ofen. Mein Auftrag ist ganz klar: ein neues Gerät, wenn möglich das ganz gleiche Modell, zu erstehen.

Gibt es natürlich nicht.

Ich bin mutig und nehme ein ähnliches, zahle, stemme ungefähr elf Kilo hoch und zerre das Teil in die nächste U-Bahn. Unhandlich, schwer, der Karton kurz vorm Aufplatzen. In der knallvollen U-Bahn ist kein Sitzplatz frei. Während ich, die Schachtel zwischen die Beine geklemmt, an der geschlossenen Tür lehne, frage ich mich, was meine Mutter wohl zu diesem Einkauf sagen wird.

Grundsätzlich ist es sehr schwer, für sie das Passende zu finden. Sie hat immer eine bestimmte Vorstellung. Und es ist fast nie möglich, dieser zu entsprechen.

Ich stell mir vor, wie ich mit dem schweren Karton aus dem Lift steige und vor ihrer Wohnungstüre stehe. Ich sehe, wie sie die Türe öffnet, das Gesicht vor Enttäuschung verzerrt. Ich höre das gezogene „Na geeeh … soo groß, ich wollte ein kleines Backrohr“.

Ich sehe mich die große Schachtel in den Vorraum schieben, innerlich bereit für das Wortgefecht. Ich stelle mir vor, das Elektrogerät aus dem Karton zu heben. Plötzlich ist es gar nicht mehr viel zu groß, aber es hat die falsche Farbe. „Weiß? Oje, ich wollte gerne grau.“