Meine Reise vom Überlebenskampf zum SEIN - Kathrin Wolf - E-Book

Meine Reise vom Überlebenskampf zum SEIN E-Book

Kathrin Wolf

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Beschreibung

In diesem Buch nehme ich Dich mit auf meine Reise vom Überlebenskampf zum SEIN. Jedes einzelne Wort beruht auf Erfahrungen, die ich in diesem Leben als Mensch hier auf dieser Erde erlebt habe. Sie haben mich in meinem Leben sehr viel gelehrt. Ohne sie wäre ich heute vielleicht noch immer nicht am Leben. Ich würde wahrscheinlich noch immer einen unbewussten Kampf ums Überleben nachgehen. Sei gesegnet auf Deiner Reise!

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Seitenzahl: 375

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Kathrin Wolf

Meine Reise vom Überlebenskampf zum SEIN

Kathrin Wolf

Meine Reise

vom Überlebenskampf

zum SEIN

Impressum

Texte: © 2023 Copyright by Kathrin Wolf

Umschlag/Cover: © 2023 Copyright by Julia Wirnsberger

Verantwortlich für den Inhalt: Kathrin Wolf, Bokeler Weg 4, 24802 Groß Vollstedt, [email protected]

Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Inhalt

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

Danksagung

Dieses Buch widme ich

in erster Linie mir selbst,

aber auch meinen wundervollen Kindern

Elena, Anna, Oliver und Nils!

Ich möchte euch von Herzen Danke sagen!

Danke für jeden einzelnen Moment in diesem Leben, den wir zusammen erleben!

Es ist mir eine große Ehre, hier in diesem Leben eure Mama zu sein!

Ich wertschätze und liebe euch von Herzen! Ihr seid eine große Inspiration für mich.

Danke, dass ihr mich auf meinem Weg zu „meinem wahren SELBST“ Schritt für Schritt begleitet habt!

Danke, dass ihr SEID wie ihr SEID!

ICH LIEBE EUCH!

SEID GESEGNET in eurem Leben!

Keines meiner niedergeschriebenen Worte hat eine Bedeutung.

Erst dann, wenn sie in Dir etwas auslösen, werden sie bedeutsam.

Bis zu diesem Moment sind all meine Worte einfach nur aneinandergereihte Buchstaben,

die viele Seiten in diesem wundervollen Buch füllen.

Worte, durch die ich etwas zu beschreiben versuche, was ich nicht im Geringsten so beschreiben kann,

wie ich es innerlich wahrnehme.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Vorwort

Als ich selbst noch ein Kind war, habe ich mir oft andere Eltern, ja sogar teilweise andere Geschwister gewünscht. Ich habe mir gewünscht eine andere, bessere Familie zu haben als die, in der ich „gelandet“ bin. Damals wusste ich noch nicht, wie wundervoll und wertvoll jeder Einzelne in dieser Familie ist. Heute darf ich von ganzem Herzen sagen, dass ich für jeden einzelnen Moment, den ich mit meiner Familie in diesem Leben erleben durfte und auch noch darf, sehr dankbar bin.

Dieses Buch schreibe ich in diesem Moment, um eine so wundervolle Erkenntnis, wie ich sie hatte, all denjenigen zur Verfügung zu stellen, die ebenfalls dafür bereit sind, der wahren Bedeutung des ICH BIN zu begegnen. Es ist als Inspiration für alle, die nach innen „schauen“ möchten gedacht und basiert auf meinen Erfahrungen.

Ich freue mich, wenn es Menschen erreicht, für die meine Zeilen eine Bereicherung darstellen und sich dadurch Wunder vor ihnen ausbreiten können. Ebenfalls freue ich mich aber auch für all diejenigen, die mit den Zeilen nicht im Geringsten etwas anfangen können, da wir trotz alledem diesen einen Moment miteinander teilten. Alles ist gleich gültig und darf so sein, wie es ist.

Herzlichen Dank für Dein SEIN. Es ist mir eine Ehre, meine Erfahrungen an Dich weiterzugeben, damit auch Du erkennen kannst, dass es möglich ist, in jedem Einzelnen ein Wunder zu sehen.

Sei gesegnet!

1.

Es war ein Sonntagmorgen, an dem ich in diesem Leben hier auf der Erde geboren wurde. Ich danke meiner Mama aus tiefstem Herzen für die Möglichkeit, hier sein zu können, da nur so alle darauffolgenden Schritte in Gang gesetzt werden konnten. Eine gigantische und bezaubernde Reihe von Abläufen in meinem Leben, die mich heute hier sitzen lassen, um die Zeilen, die ich gerade verfasse, niederschreiben zu können. Ich liebe Dich Mama. Danke, dass DU BIST. Auch danke ich meinem Papa, der an meiner Entstehung ja nicht ganz unbeteiligt gewesen ist. Ich liebe Dich Papa! Danke, dass auch DU BIST!

Ich kannte bis vor einem Jahr keine Details meiner Geburt. Doch als kleines Kind habe ich bereits sehr früh Gefühle wie Angst, Kälte, Einsamkeit und vieles mehr erfahren dürfen. Jeder einzelne Augenblick, den ich hier erlebte, wurde von mir erfahren, damit ich mich, wie ich heute weiß, in Sicherheit wissen darf. Wir haben hier auf der Erde ein so großartiges Sicherheitssystem mit auf den Weg gegeben bekommen, dass ich dafür sehr dankbar bin. Mein Verstand erweist mir seinen größten Dienst. Er hat mich immer wieder vor meinen Gefühlen, die ich als Kind nicht einsortieren konnte, „beschützt“. Auch wenn das zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch etwas merkwürdig klingt, wird es im Laufe des Buches immer mehr Sinn ergeben.

Meine Kindheit war nicht immer einfach und ich glaube, dass es sehr vielen anderen hier auf der Welt genauso geht. Schon sehr früh sagte ich der Welt den Kampf an. Heute weiß ich, dass ich die ganze Zeit einzig und allein gegen mich selbst gekämpft habe. Das ist im Nachhinein so witzig, dass ich gerade herzhaft darüber lache. Der Kampf, den ich geführt habe, der war mit der Zeit immer ermüdender. Doch am Ende bin ich es, die die „Waffen“ gegen sich und alle anderen hat fallen lassen. Der Weg bis dahin war steinig und schwer. Er war mit Leid, Traurigkeit, Erschöpfung, Schmerz, Wut, Angst und vielem mehr gepflastert. Doch ist es möglich, diese, ich nenne es mal Pflastersteine, als großartige Geschenke im Leben erkennen zu können.

Kinder werden bereits im Bauch ihrer Mama mit aller Art von Gefühlen konfrontiert. Alle Emotionen, aber auch alle Sorgen, die meine Mama hatte, prasselten auch auf mich ein. Ich war mir nicht sicher, ob ich da überhaupt herausschlüpfen möchte. Letztendlich bin ich dieses Wagnis eingegangen und ich habe es, wie nun viele sagen würden, überlebt. Ja, das habe ich. Doch habe ich auf der anderen Seite gleich am eigenen Leib erfahren dürfen, was es bedeutet, Angst zu haben.

Meine Mama kämpfte aufgrund einer geplatzten Plazenta kurz nach meiner Geburt um ihr eigenes Überleben. Ich als Neuankömmling bin von ihr getrennt worden und habe mit anhören und anfühlen dürfen, wie laut es auf einmal um mich herum wurde. Mir fehlte Wärme, Geborgenheit, Nähe, Liebe und vieles mehr. Mein Papa wurde aus dem Zimmer geschickt. Da er nicht wusste, was er machen sollte, entfernte er sich, getrieben von Angst, vom Krankenhaus. Ich war alleine und so fühlte ich mich auch mein ganzes Leben lang. Meine Mama überlebte diesen Tag und gebar mir in den folgenden Jahren noch zwei weitere Geschwister. Da ich die Zweitgeborene bin, kann ich mit großer Dankbarkeit sagen, dass ich drei wundervolle Geschwister habe.

Im Alter von ca. drei Monaten bekam ich eine sehr ernstzunehmende Lungenentzündung. Die Ärzte im Krankenhaus erzählten meinen Eltern, dass ich die folgende Nacht wohl nicht überleben würde. Es war ein sehr kritischer Zustand und sie sollten sich besser von mir verabschieden. Die Ärzte gaben mich auf, ohne auch nur zu erahnen, welch eiserner Lebenswille in mir steckte. In dieser Nacht geschah ein Wunder. In dieser Nacht, in der ich überlebte, bewies ich allen, dass ich es würdig bin, hier auf der Erde bleiben zu können. In genau diesem Leben. Dieses Leben ist dazu „auserkoren“ worden, um mir selbst, aber auch Dir, sofern Du es möchtest, mit auf den Weg geben zu können, dass die Stärke in jedem Einzelnen ruht, um der Erkenntnis des „wahren“ Selbst begegnen zu können. ICH BIN ein Wunder, wie auch DU eines BIST. Genau genommen ist alles ein Wunder auf dieser Welt.

Meine Eltern hatten nach dieser Erfahrung unterschwellig immer wieder die Angst, dass sie mich verlieren könnten. Schon von klein auf lernte ich durch meinen Papa, dass alles für mich gefährlich sei und mich mein Leben kosten könne. Das war für mich ziemlich erdrückend. Auf der einen Seite fühlte ich mich mit Sätzen, wie z. B.: „Kind, wenn Du anfängst zu rauchen oder Drogen zu nehmen, dann kannst Du dabei schnell sterben, wenn Du mit dem Trinken von Alkohol beginnst, ist das gefährlich“ sehr eingeschränkt. Ehrlich gesagt haben sie mich immer verwirrt. Ich habe als Kind den Sinn dahinter nicht verstanden. Aber ich bin mit den Worten auf eine gewisse Art und Weise im Einklang gewesen, da ich als Kind mit dieser Familie nichts anfangen und auch nichts gemeinsam haben wollte.

Mir wurde bereits von klein auf „mitgeteilt“, dass ich irgendwie anders bin und in die Familie nicht wirklich passe. Aber was bedeutet schon anders sein? Ich war, wie ich war, und wollte einfach nur ICH SEIN dürfen. Ich SEIN ohne Begrenzungen im Außen, ohne Gewalt, Missbrauch, Regeln und irgendwelchen Pflichten, die ich dachte, erfüllen zu müssen. Ja, Du hast richtig gelesen: Die ich dachte, erfüllen zu müssen. Heute weiß ich, dass ich all diese Erfahrungen genauso, wie sie waren, durchlebt habe, um erkennen zu können, dass ICH BIN. Ich kam hierher, in die Welt der Dualität, um erkennen zu können, dass ich nichts mehr im Außen sein oder werden muss, weil ICH bereits BIN.

Ich habe irgendwann für mich beschlossen, dass ich immer das Gegenteil von dem machen werde, was meine Familie mir vorlebt. Ich wollte das ganze Leid, das meine Eltern und auch Großeltern an sich haften hatten, nicht auch an mir haften haben. Für mich war das meine Strategie, um in diesem Irrenhaus zu überleben. Meine Eltern rauchten beide. Mein Opa war Raucher und Alkoholiker. Später, als ich schon älter war, probierten mein Vater und auch zwei meiner Geschwister auch mal leichte Drogen aus. Sie rauchten etwas Leichteres. Ich habe mich immer gefragt, wie Eltern ihren Kindern so etwas zumuten können, wenn sie sie lieben. Der Zigarettengestank im Haus war unerträglich. Ihr Verhalten stieß bei mir auf Unverständnis. Meine Geschwister rauchten auch alle mit den Jahren. Nur ich nicht. Ich rauchte nie, nahm niemals Drogen, besuchte nie eine Diskothek und habe auch schnell erkannt, dass Alkohol nicht meine Welt ist.

Heute bin ich meinem Papa sehr dankbar für all die Verbote, die ich als Kind auferlegt bekommen habe. Auch danke ich mir selbst für die daraus entstandene Strategie, immer das Gegenteil von all dem zu machen, was die anderen machten. All das ist mir auf meinem Weg zum ICH BIN nützlich gewesen. Doch nun brauche ich weder Strategien noch Überlebenstechniken. Sie haben einfach nur mein „Überleben“ gesichert, als ich mir meiner Selbst noch nicht bewusst war.

2.

Ich möchte nun von einem Tag, an dem ich im Krankenhaus aufgrund einer beidseitigen Leistenbruchoperation war, erzählen. Nach der Operation kam meine Oma zu Besuch, um mir mit einem Geschenk eine Freude zu bereiten. Das ist einer von vielen Tagen, die ich nicht vergessen werde. Ich war es leid, gefragt zu werden, wie es mir geht. Jeder konnte doch sehen, dachte ich zumindest, dass ich keine Geschenke, sondern andere Werte entgegengebracht haben wollte. Ich sagte meiner Oma im Alter von ca. 3-4 Jahren, dass sie gehen soll und dass ich auch keinen weiteren Besuch möchte. Sie wurde aufgrund meiner Traurigkeit von mir einfach vor die Tür gesetzt. Es machte mich damals traurig, dass meine Eltern selten kamen und ich nachts allein in so einem großen, kalten Krankenhausbett sein musste. Meine Mama konnte meine Geschwister nicht allein lassen und mein Papa arbeitete. Ich aber dachte mir: „Was ist mit mir?“ Damals konnte ich noch nicht erkennen, was ich heute darin Wertvolles erkennen kann. Damals bekam ich von allen Seiten gesagt, dass man das nicht macht und Oma sehr traurig deswegen sei. Ja, dachte ich mir, Oma ist traurig und ich? Ich bin es auch. Aber danach fragte ja keiner! Ein gigantisch schlechtes Gewissen machte sich in mir breit. In bestimmten Situationen, in denen mir die Situation hin und wieder vorgehalten wurde, fühlte ich mich innerlich sehr unwohl. Äußerlich allerdings konntest du mir das nicht ansehen. Ich habe weiterhin stets das gemacht, was ich für richtig hielt, weil ich bereits als Kind schon ganz genau wusste, was ich wollte.

Eine Geschichte, durch die ich sehr viel erkennen durfte, ereignete sich in meiner Kindergartenzeit. Damals gab es noch die Deutsche Mark und ich sollte vielleicht noch dazu sagen, dass das Geld in der Familie immer irgendwie knapp gewesen ist. Knapp ist relativ gesehen, da ich mich als Kind immer wieder gefragt habe, wie es möglich ist, an wichtigen Dingen sparen und knapsen zu müssen, wenn beide Elternteile rauchten und dafür immer genug Geld hatten.

Heute weiß ich, dass die Erfahrungen rund ums Geld genauso dazu dienten, mich erkennen zu können, wie auch alles andere. Als Kind allerdings in solch einer Situation zu sein, in der man nicht genau weiß, was der nächste Monat mit sich bringt, ist alles andere als einfach.

Nun aber zur Kindergartenerfahrung. Die Erzieherin des katholischen Kindergartens war wundervoll. Obwohl ich evangelisch getauft wurde, besuchte ich einen katholischen Kindergarten. Das Witzige daran ist, dass mir und meinen Geschwistern, als wir klein waren, immer wieder gesagt wurde, dass wir da eigentlich gar nicht hingehören. Was bedeutet es für ein Kind, wenn ihm gesagt wird, dass es irgendwo nicht hingehört? Ich auf jeden Fall habe mich immer gefragt, warum ich jeden Tag irgendwo hingebracht werde, wo ich nicht hingehöre. Ich konnte das nicht verstehen. Das war einer von vielen Momenten in meinem Leben, die mich total verwirrten. Da gab es diesen herzlichen Ort, und irgendwie sollte ich dort nicht sein dürfen? Ich liebte es dort zu malen. In der Welt der Farben war ich zu Hause. Außerdem liebte ich die Zeit, die wir Kinder draußen auf dem Spielplatz und im Wald verbringen durften. Das war meine Welt. Dort war ich in meinem Element. Eines Tages wurde diese Welt allerdings etwas zerrüttet. Wir besaßen immer dicke Malstifte in den Grundfarben. Jedes Kind hatte seine eigenen Stifte und konnte damit malen, wie es wollte. Ich war immer mit Freude und Eifer bei der Sache. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt, bis eine der beiden Erzieherinnen eines Tages sagte, dass es nun möglich sei, für je zwei deutsche Mark weitere Malstifte dazu zu kaufen. Plötzlich gab es alle nur erdenklichen Farben. Diese bunte Farbpalette war ein Traum. Ich ging an diesem Tag mit so viel Freude, wie noch nie zuvor, nach Hause, weil ich es gar nicht mehr erwarten konnte, aus dem Kindergartenbus zu steigen, um meiner Mama, davon zu erzählen. „Ein Malstift, zwei deutsche Mark“, sagte ich zu Mama mit „Sternenglitzer“ in den Augen. Auch sagte ich: „Sogar Gold und Silber sind dabei.“ Ich war so voller Hoffnung und wurde bitter enttäuscht, da mir nicht erlaubt wurde, sie zu kaufen. Obwohl sich tiefe Traurigkeit breit machte, redete ich mir ein, dass es in Ordnung sei, diese Farbenpracht nicht haben zu können. Die darauffolgenden Tage füllten immer mehr Kinder nach und nach ihre Federmappen mit diesen „Wunderstiften“, was dazu führte, dass die Bilder, die sie malten, immer bunter wurden. Ich malte zwar noch weiter, doch war es ein anderes Malen als zuvor. Betrübtheit machte sich in mir breit. Die anderen zeigten ihre Stifte mit großem Stolz und ich saß da und schämte mich. Ich konnte doch niemandem sagen, dass das Geld bei uns für die Stifte nicht ausreicht oder dass es mir nicht erlaubt war, diese Malstifte einfach nur mal so zu kaufen.

In den nächsten Tagen stellte ich mir immer wieder vor, dass auch ich in den Besitz der Stifte kommen würde. So war es dann auch nach kurzer Zeit. Ich fand für mich eine großartige Lösung. Eine Lösung, die mich am Ende meiner Kindergartenzeit jedoch vor ein riesiges Problem stellte. Warum? Na ja, weil ich an die Spardose meines kleinen Bruders ging. Er hatte in seiner Spardose genug Geld, das für sehr viele, bunte Malstifte reichte. Außerdem bekam er als jüngster und einziger Sohn sowieso immer alles, was er wollte. Noch dazu war ich diejenige, die immer auf ihn aufpasste, wenn von den Erwachsenen keiner zur Stelle war. Ich dachte mir, dass das eine wundervolle Lösung ist, und begann daraufhin meine Federtasche mit all den Farben, die ich gerne haben wollte, zu füllen, um mit deren Inhalt die schönsten und prächtigsten Bilder malen zu können. Meiner Kreativität waren keine Grenzen mehr gesetzt. Keine Grenzen mehr gesetzt, da ich damals noch dachte, dass Dinge im Außen meine Kreativität beeinflussen können.

Eine Weile war alles gut. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem mein Bruder sich ein Spielzeugauto kaufen wollte. Das Geld, um es bezahlen zu können, sollte aus seiner Spardose kommen. Das war der Zeitpunkt, an dem entdeckt wurde, dass Geld fehlte. Mein Papa rief alle zusammen und fragte uns Mädchen, ob jemand das Geld genommen hat. Ich stand da, neben meinen Geschwistern und hatte Angst. Große Angst, vor dem, was nun kommen würde. Wir wurden alle wie in einem Verhör befragt. Derjenige, der an der Spardose gewesen sei, sollte sich „stellen“. Ich sagte damals nichts, da meine Angst vor Bestrafung und Gewalt zu groß gewesen ist. Da Papa zu der Zeit nicht zuordnen konnte, wer das Geld genommen haben könnte, wurden alle Mädchen auf Taschengeldentzug gesetzt, bis das Geld wieder vollständig an seinem Platz in der Spardose vorzufinden war. Damals sah ich im Schweigen Vorteile, da ich sonst viel länger auf mein Taschengeld hätte warten müssen. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob es, wenn ich etwas gesagt hätte, nur bei dem Taschengeldentzug geblieben wäre. Papa war in solchen Dingen schwer einzuschätzen. Seine Hand war manchmal schneller als gedacht.

Kennt ihr das auch, dass eine ausgesprochene Lüge immer länger wird? So war es jedenfalls bei mir. Die Bilder, die ich malte, konnte ich nicht mehr so malen, wie zuvor. Mich plagte das schlechte Gewissen. Auch nach Hause konnte ich keine Bilder mehr bringen, da ich ja eigentlich nur mit den Grundfarben ausgestattet gewesen bin. Die Freude am kreativen Malen nahm ab. Kurz vor Ende der Kindergartenzeit sagte die Kindergärtnerin, dass wir bald all unsere Sachen, auch unsere Malstifte, mit nach Hause nehmen könnten. Das war ein Moment, in dem ich mich am liebsten verkrochen hätte. Wie sollte ich denn all diese zauberhaften Malstifte mitnehmen, wenn ich sie offiziell gar nicht besaß? Je näher der Tag rückte und der Kindergartenbus mich mit den Malstiften nach Hause fahren sollte, desto unruhiger wurde ich einerseits. Andererseits jedoch war mir bewusst, dass es eine Lösung geben wird. Wenn es möglich war, die Stifte zu beschaffen, so musste es auch möglich sein, diese weiterhin behalten zu können. Kurz bevor ich am besagten Tag meine Bushaltestelle erreichte, fiel mein Blick auf ein Fenster. Das war die Lösung. Ich öffnete es und schmiss all meine Malstifte auf ein großes Getreidefeld, das vom Hügel bis hinunter zu meinem damaligen Zuhause verlief.

Zu Hause angekommen spann ich mir am Mittagstisch eine großartige Geschichte zusammen. Alle wurden von meiner Idee, auf abenteuerliche Stiftejagd zu gehen, informiert. Ich habe so fantasievoll erzählt, dass ich sogar meiner großen Schwester das Abenteuer schmackhaft machen konnte. Als ich mich auf den Weg machte, folgte sie mir. Der Fund des ersten Malstifts brachte Begeisterung mit sich. Auf diesem Wege sammelten wir alle Stifte wieder ein. Meine Eltern waren verwundert und suchten den Haken. Ich erzählte Ihnen, dass ein Mädchen aus dem Bus ihre Stifte nicht mehr haben wollte und diese einfach aus dem Fenster geworfen hatte. Deswegen wusste ich, dass sie dort waren. Da wo die anderen beruhigt waren, nahm in mir das „schlechte Gewissen“ zu. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und erzählte allen, dass ich die Spardose einst plünderte.

Wenn ich nun manchmal an diese Geschichte zurückdenke, dann muss ich wahrlich darüber lachen. Ja, ich lache, weil ich erkennen durfte, wie erfinderisch mein Verstand ist, wenn es darum geht, mich um meinen „Trennungsschmerz“ herum zu navigieren. Es mussten erst viele Jahre ins Land streichen, um erkennen zu können, dass ich damals große Angst hatte.

3.

Mit meiner nächsten Geschichte möchte ich gerne die Zusammenhänge erlebter Erfahrungen etwas verdeutlichen, da es dann eventuell nachvollziehbarer ist, warum sie im Leben aufgetaucht sind. Vielleicht wird es für Dich dadurch möglich sein, die ein oder andere Situation aus Deiner Kindheit, aber auch darüber hinaus, noch einmal von einem anderen Blickwinkel betrachten zu können. Ich bin dankbar für meine Erfahrungen, auch wenn viele davon mit Schmerz und Enttäuschung zu tun hatten. Sie alle gehörten dazu, damit ich zu meiner Erkenntnis kommen konnte, dass ICH BIN. Es war nicht immer einfach hinzuschauen. Doch als ich den Weg dann „einschlug“, trat Dankbarkeit in mein Leben. Dankbarkeit für ALLES, was IST!

Auch diese Erfahrung stammt aus meiner Kindergartenzeit. Es war ein sechster Dezember und ich öffnete voller Freude das Türchen meines Schokoladen-Adventskalenders. Ich konnte vor Aufregung gar nicht stillhalten und freute mich so sehr darauf, dass uns der Nikolaus im Kindergarten besuchen kommen würde. Die Kindergärtnerin hatte uns bereits einige Tage zuvor davon erzählt. Und nun war es endlich so weit. Ich dachte, dass das einer der schönsten Tage im ganzen Jahr sein würde. Doch da wusste ich noch nicht, was alles passieren würde. Der Tag im Kindergarten war wunderschön. Es war für mich wie in einem Märchen. Der Nikolaus war da und hatte allen etwas mitgebracht. Dieser „Zauber“ wurde jedoch am gleichen Abend zu einem großen Albtraum, der mich sehr sehr lange begleitete.

Der Nikolaus sollte an diesem Abend noch einmal extra zu uns kommen. Es war mir und meinen Geschwistern von meinen Eltern so erzählt worden. Jedes Kind der Familie sollte die Kleinigkeiten, die eigentlich in einem „geputzten Stiefelchen“ am Morgen des sechsten Dezembers vorzufinden sind, persönlich erhalten. Ich war auch hier voller Vorfreude, da ich den Nikolaus ja bereits im Kindergarten erleben durfte. Als es an unserer Haustür pochte, überschlug sich mein Herz schon fast. Es war, als würde es vor lauter Spannung in der Luft knistern. Als die Tür von einem meiner Eltern geöffnet wurde, stand er da: Der Nikolaus. Seine Robe war so schön, dass ich mich von ihr mit meinen Augen nicht abwenden konnte. Er sah für mich richtig majestätisch aus. Der Nikolaus trat in unser Haus ein und begrüßte uns alle mit unseren Namen. Ich war sehr erstaunt, dass er jeden kannte, wunderte mich aber nicht wirklich. Er war halt der Nikolaus. Und genauso wie der Weihnachtsmann, der Osterhase oder die Zahnfee wusste er eben, wer jeder Einzelne war. Das stand für mich felsenfest.

Wir gingen alle zusammen mit ihm ins Wohnzimmer. Es kribbelte immer mehr in meinem Bauch. Der Nikolaus holte aus seinem Sack ein großes Buch hervor. Er erzählte uns, dass darin alles über uns aufgeschrieben sei. Das „Gute“ sowie das „Schlechte“ eines ganzen Jahres. Ich weiß nicht mehr, was bei meinen Geschwistern gesagt wurde, allerdings weiß ich noch ganz genau, dass bei mir nur die wenigen „schlechten“ Dinge vorgetragen wurden. Aber wo waren all die guten Taten geblieben. Anscheinend wurde ich gar nicht richtig gesehen in all dem, was ich für Mama, Papa, Oma, Opa und meine Geschwister tat. Ich habe immer geholfen und wurde zum Schluss mit einem Albtraum konfrontiert, der mich unbewusst Jahrzehnte lang begleitete. Der Nikolaus sagte, dass ich mich im nächsten Jahr sehr anstrengen solle, damit ich ein „liebes Kind“ auf seiner Liste in seinem Buch sein werde. Ich war verwirrt und verstand das alles nicht. Doch als wäre das noch nicht schlimm genug, wurde mir dann noch mit auf den Weg gegeben, dass, wenn ich mich nicht bessere, mich im nächsten Jahr Knecht Ruprecht abholen würde. Er würde mich dann in seinen Sack stecken und mitnehmen. Unartige Kinder verdienen es nicht, beschenkt zu werden? Sie werden abgeholt? Ich verstand die Welt nicht mehr, war total geschockt und gleichzeitig wie gelähmt. An diesem Tag nahm ich mir vor, immer alles richtig und keine Fehler mehr zu machen. Fehler bedeuteten für mich in diesem Moment Trennung von meiner Familie. Fehler bedeuteten für mich in diesem Moment Angst vor der Dunkelheit im Sack von Knecht Ruprecht.

Heute kann ich sagen, dass dieses Ereignis der Tag war, an dem ich das „Kindsein“ in gewissem Maße an den Nagel gehängt habe. Um den Nikolaus nicht zu enttäuschen, aber eher noch, um Knecht Ruprecht zu entkommen, habe ich seit diesem Tag immer versucht perfekt zu sein. Ein perfektes Kind, mit perfektem Benehmen. Alles, was ich von da an machte, wurde von mir erst einmal überdacht, um sicher zu gehen, dass ich keine Fehler machte und auch niemanden enttäuschen kann. Damit ich fehlerfrei bleiben konnte, übernahm ich gedanklich einfach mal so die Verantwortung für alles. Ich wollte dem Nikolaus beweisen, dass ich es würdig bin zu leben.

Das Jahr zog ins Land und der nächste Nikolaustag nahte. Als es soweit war, hatte ich große Angst vor dem bevorstehenden Abend. „Was ist, wenn ich nicht gut genug gewesen bin?“, spukte es in meinem Kopf herum. Der Tag wurde immer angsterfüllter. Meine Gedanken rasten wie wild hin und her und mein Bauch tat mir weh. Mit meinen Eltern, Großeltern und Geschwistern wollte ich nicht darüber sprechen. Sie freuten sich alle auf den Nikolaus. Ich dachte mir, dass es besser sei, die Freude mitzuspielen, und tat vor den anderen so, als würde auch ich mich sehr über seinen Besuch freuen. Neben dieser vorgespielten Freude entstand in meinem Kopf zeitgleich ein Plan, um dem bevorstehenden Ereignis entkommen zu können. Ich beschloss, mich kurz vor dem Besuch des Nikolaus unsichtbar zu machen, damit er mich nicht finden konnte, falls Knecht Ruprecht mit von der Partie sein würde. Wo wäre also das beste Versteck? Es musste ein Versteck sein, an dem mich niemand vermuten und finden konnte. Viele Möglichkeiten gab es nicht. Doch da war ein Ort, der in Frage kam. Ein Ort, den ich erreichen konnte, ohne dass mich andere dabei sehen würden. Dieser Ort hat mir immer schon Angst gemacht. Doch die Angst vor dem Ort war nichts im Vergleich zu der Angst vor einer eventuellen Begegnung mit Knecht Ruprecht und seinem Sack. Abwägend entschied ich mich für das Unsichtbar machen. Kurz bevor es an der Tür klopfte, kroch ich unter mein Bett. Du wirst jetzt vielleicht schmunzeln und denken, dass ein „unter das Bett kriechen“ völlig harmlos ist. Doch war es das nicht für mich. Du kannst ja nicht wissen, dass es in dem Haus, in dem ich sogar bis zu meinem achtzehnten Lebensjahr lebte, Mäuse gab. Eine Maus, die sich dort einmal verirrt hätte, wäre ja noch in Ordnung gewesen. Aber es war nicht eine, es waren auch nicht zwei oder drei Mäuse. Es waren sehr viele Mäuse, die uns immer wieder in all den Jahren besuchten. Sie fanden stets neue Wege ins Haus und liebten es vor allem, sich unter den Betten zu verstecken. Ja, Du hast richtig gelesen: Unter den Betten. Hinter sowie unter den Schränken und unter den Betten versteckten sie sich, um nicht gefangen werden zu können. Sie waren jede Nacht durch das Rascheln, das sie verursachten, zu hören, und sie liefen überall und nirgendwo. Unzählige Male sprangen meine Geschwister und ich, aus purer Angst, schreiend auf Möbel, Betten, Stühle und desgleichen, wenn sich die Mäuse zeigten. Ich hatte große Angst vor ihnen und vor den „Krankheiten“, die sie, laut meiner Eltern und Großeltern, mit sich trugen. In diesem Moment jedoch liegt ein Lächeln auf meinem Gesicht, da ich gerade bewusst erkenne, wie witzig es ist, solch eine große Angst vor einer so kleinen Maus gehabt zu haben. Aber als Kind war es ein Albtraum, der lange nicht endete.

Nun aber zurück zum Versteck. Ich kroch also, ohne dass es irgendjemand auch nur erahnen konnte, unter das Bett und lag da ironischerweise mucksmäuschenstill. Ich bewegte mich keinen Millimeter und traute mir fast nicht einmal zu atmen. Jetzt hatte ich sogar doppelte Angst. Einmal die Angst vor Knecht Ruprecht und einmal die Angst vor den Mäusen. Doch die Mäuse waren das kleinere Übel. Ich lag also da, ganz zusammengekauert, steif und still mit einem Pulsschlag, der an diesem Abend Rekorde schlug.

Ein wenig später klopfte der Nikolaus an die Tür. Ihm wurde geöffnet, um eintreten zu können. Als alle bemerkten, dass ich fehlte, begann eine kleine jedoch erfolglose Suche nach mir. Dies entsprach genau meinen Vorstellungen, weil es mir ermöglichte, mich weiterhin unter dem Bett verstecken zu können. Nach der kleinen „Suchaktion“ kehrte im Haus schnell Ruhe ein. Alle konzentrierten sich auf die Worte des Nikolaus, um zu hören, was er zu erzählen hatte. Ich kann heute nicht mehr sagen, wie lange ich dort unter dem Bett verweilte, doch es hat gedauert, bis ich dort wieder ungesehen hervorkroch.

Es ist so witzig, dass ich diese Geschichte gerade erzähle. Sogar in dem Moment, in dem ich sie aufschreibe, erinnere ich mich noch so klar an den „Besuch“ unter dem Bett. Ich kann nicht genau sagen, wie lange ich dort in einer „zusammengekauerten Position“ lag. Doch was ich noch weiß ist, dass ich anfangs unter großer Anspannung gewesen bin und mein Puls, der extrem laut in meinen Ohren zu „hören“ war, mich daran hinderte, das Geschehen im Außen weiter verfolgen zu können. Alles um mich herum wurde leiser und in mir wurde alles lauter. Da ich mich damit nicht abfinden konnte, beschloss ich in dem Moment, die Geräusche im Inneren leiser zu stellen. So leise, dass sie das Außen niemals überlagern konnten. Mein „Sicherheitssystem“ funktionierte damals einwandfrei. Ich hatte es geschafft, alles in mir so zu unterdrücken, dass das Außen wieder hörbar war. Dieser Augenblick veränderte in meinem Leben sehr viel. Mein Sicherheitssystem hat diese Erfahrung gespeichert, um dann im Laufe meines Lebens bei ähnlichen Begebenheiten immer wieder den Alarm auslösen zu können. An dem Abend ist das Außen für mich noch intensiver in eine sehr wichtige Position gerückt. Ich war immer auf Alarmbereitschaft ausgerichtet und mein Körper reagierte in Momenten der Angst immer mit Kälteausbrüchen, Zittern und gleichzeitig innerer Starre. Für mein Sicherheitssystem war das normal, da es ja dachte, dass es mich so am besten schützen könnte. Doch durfte ich sehr viel später erkennen, dass es mir das Leben mehr und mehr erschwerte und ich zunehmend meinen Überlebenskampf ausfocht. Dieses Versteck, wenn auch nicht das Schönste, war im Übrigen für längere Zeit meine Notlösung für Momente, in denen ich dachte, unsichtbar werden zu müssen.

Manchmal kroch ich in die Dunkelheit, um mich unsichtbar zu machen, und dann gab es wiederum sehr viele Momente, in denen ich mich genau vor dieser Dunkelheit fürchtete. Ich glaube, das Gefühl und die Angst vor dem Dunkeln, wenn man allein in einem Bett liegt, das sehr viel größer ist als man selbst, kennen viele. Auch ich gehörte zu den Kandidaten, die schon früh in ein eigenes Bett ziehen sollten. Ein Bett, das, wenn man dort allein lag, so „angsteinflößend“ war. Ich wollte da gar nicht sein. Die Entscheidung wurde von meinen Eltern getroffen. Sie hatten wohl ihre Gründe dafür.

Früher habe ich meine Mama und meinen Papa dafür gehasst, dass sie über meinen Kopf hinweg Entscheidungen über mich getroffen haben. Ich habe sogar mich dafür gehasst, überhaupt auf der Welt zu sein. Heute allerdings bin ich stolz darauf geboren zu sein. Da ist kein hätte, wäre und wenn mehr. Heute hat sich dieser Hass, den ich auf mich und meine Eltern hatte, in reine Dankbarkeit verwandelt. Dankbarkeit, gepaart mit Liebe und Wertschätzung, für all die Momente mit ihnen, aber auch mit meinen Geschwistern und Großeltern, die mich unbewusst lehrten, dass ich niemand sein muss, der es anderen recht zu machen hat. All diese Momente mit ihnen, aber auch jedem weiteren Menschen in meinem Leben, waren für mich eine Art „Grundpfeiler“, die mich immer näher an die Erkenntnis meines „wahren“ Selbst führten.

4.

Mir fällt gerade ein, dass es eine Zeit in meiner Kindheit gab, in der ich nachts nicht einschlafen konnte. Ich lag da im Bett und hatte Angst einzuschlafen. Je mehr ich versuchte, mich zum Einschlafen zu zwingen, desto unruhiger wurde ich. Ich dachte, dass es unter meinem Bett außer der bereits erwähnten Mäuse noch andere, nenne ich es mal „Kreaturen“ gab, die mich in der Nacht, wenn ich einschlafen würde, heimsuchen könnten. Es fühlte sich immer so an, als ob es da etwas „Unsichtbares“ geben würde, dass ich nicht orten, geschweige denn benennen konnte. Dieses Gefühl dessen, dass es da etwas gab, das ich nicht sehen konnte, bescherte mir ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Nach einer gewissen Zeit, in der ich gegen all das in und um mich herum versuchte, selbst irgendwie anzukämpfen, um endlich einschlafen zu können, beschloss ich für mich, den Weg ins Schlafzimmer meiner Eltern in Kauf zu nehmen. Ja, dort steht bewusst „in Kauf nehmen“, da ich annahm, dass es, obwohl ich den Wunsch hatte, in dieser Situation Unterstützung zu bekommen, zu der Zeit nicht gerne gesehen ist. Ich tapste also los und stand im Schlafzimmer vor dem Bett meiner Eltern. Damals wählte ich bewusst die Seite, an der meine Mama lag. Auch wenn es sich für mich immer so anfühlte, als würde sie mich abweisen, so brauchte ich in diesem Moment einen gewissen Halt im Außen.

Jetzt, wo ich das gerade aufschreibe, erkenne ich wieder so vieles, was mich dazu veranlasst zu schmunzeln. Als Kind wurde ich wirklich sehr gut darin „geschult“, alle Dinge im Außen benennen zu können. Ich schreibe, dass es sich so anfühlte, dass meine Mama abweisend zu mir war. Doch erkenne ich gerade in diesem großartigen Moment, dass es nicht meine Mama war, sondern ich selbst. Ich habe in meiner Mama nur das gesehen, was in mir selbst schon damals schlummerte. Wir werden bereits mit dem Eintreten in dieses Leben durch die Familie und auch viele andere Menschen, denen wir begegnen, darauf aufmerksam gemacht, dass es ein Gefühl in uns ist, das „gesehen“ werden möchte, um uns als „vollkommen“ erfahren zu können. Meine Mama hat mir im Grunde nur gezeigt, dass ich selbst diejenige bin, die Abweisung ausstrahlt. Abweisung gegen mich selbst, so komisch, wie das jetzt gerade vielleicht klingen mag. Doch konnte ich das als kleines Kind nicht einordnen.

Dieser Moment ist gerade so erleichternd, dass ich wahrlich gerade hier sitze und vor mich hin lache. Solch eine wundervolle Erkenntnis ist für mich von unendlichem Wert. Es ist so schön, dass ich das gerade mit Dir teilen kann, da Du anhand solcher Zeilen vielleicht einige, für Dich selbst wertvolle Erkenntnisse haben wirst. Und genau darum geht es. Genau das ist mein Wunsch. Jeder Einzelne auf der Welt, auch DU, der sich auf dieses Spiel hier auf der Erde eingelassen hat, hat das Recht, zu erkennen, welches Wunder er ist und das das Außen für uns ein „großartiger Spiegel“ ist, den wir mit Dankbarkeit und Wertschätzung annehmen dürfen. Das Außen gibt jedem Einzelnen, auch Dir, jeden einzelnen, heiligen, kostbaren und einzigartigen Moment in Deinem Leben die Möglichkeit, sich SELBST erkennen zu können. Jetzt, in diesem Moment, möchte ich Dir sagen, dass DU ein Segen für die Welt BIST! Jeder Einzelne ist hier auf dieser Erde durch die Vereinigung von Vater und Mutter „entstanden“. Jeder Einzelne ist aus einem einzigen „Samenkorn“ entstanden. Dein Vater ist es gewesen, der es mit nur einem einzigen Samen ermöglicht hat, dass Du in der Gebärmutter Deiner Mutter für die für Dich vorgesehene Zeit einen Platz bekommen hast, um zu wachsen und zu gedeihen, genau wie ich. Das heilige Zusammenspiel von Frau und Mann, also von Deinem Vater und Deiner Mutter, hat dazu geführt, dass Du lebst. Ich würde sagen, das ist ein perfektes Zusammenspiel, das etwas so Wundervolles zum Vorschein bringt.

Jeder einzelne Moment in diesem Leben ist wertvoll. Jeder einzelne Moment, wie auch immer der gerade erlebt wird, ist ein Segen. Es ist genau dieser Moment, in dem ich mit so unendlicher Dankbarkeit erfüllt bin, Dir genau diese Worte als Geschenk mit in Dein Leben zu geben. Es ist genau dieser Moment, der von mir als segensreich und kostbar angesehen wird, da ich ihn gerade JETZT bewusst erlebe. Es ist auch genau dieser Moment, der, währenddessen ich ihn aufschreibe, bereits schon wieder in der Vergangenheit liegt. Er wurde bereits gelebt und wird in dieser Art und Weise nie wieder so zu mir kommen. Es wird viele ähnliche Momente in meinem Leben geben, aber es wird nie wieder genau diesen erlebten Moment geben. Alles IST. Es ist heilig, und genau deswegen sollten wir auch jeden einzelnen Moment unseres SEINS genauso für uns annehmen: Als heiligen und wertvollen Moment, der, wie auch immer er erlebt wird, eine große Bereicherung fürs Leben ist, um sich erfahren zu können.

Viele von uns, auch ich, haben erlebt, dass eine Kindheit etwas ist, was man lieber schnell hinter sich lassen sollte. In mir kam als Kind bereits sehr früh der Gedanke auf, dass es besser sei, so schnell wie möglich erwachsen zu werden. Doch was bedeutet das schon? Wir können nichts mehr werden, da wir bereits sind. ICH BIN bereits genauso wie auch DU BIST. Es gibt nichts, was man noch werden muss, und es gibt auch nichts, was man noch verändern müsste.

Also, ich stand vor meiner Mama, die bereits schlief, und versuchte so leise wie möglich auf mich aufmerksam zu machen. Ein Flüstern hat in dieser Nacht nicht ausgereicht. Deswegen versuchte ich es etwas lauter. Noch dazu rüttelte ich etwas an ihr. Das half. Mama reagierte und fragte mich, was los sei. Ich antwortete mit einem Kloß im Hals, dass ich nicht einschlafen könne. Es war eine sehr unangenehme Situation für mich, da ich mich aus damals unerklärlichen Gründen nicht in die Position versetzen wollte, um etwas zu bitten, das ich selbst mir zu geben nicht im Stande war. Mama sagte zuerst, dass ich es ja noch einmal versuchen könnte. Doch ich blieb dort stehen und sagte ihr, dass ich das schon versucht hatte und es nicht funktionierte. Irgendetwas führte in dieser Nacht so ruckartig zu einer Veränderung, dass es mir auf einmal nicht mehr gelang, allein einschlafen zu können. Nach einem Gespräch mit Papa klappte Mama die Bettdecke hoch und sagte leise, dass es mir ausnahmsweise gestattet sei bei ihr zu übernachten. Das Wort ausnahmsweise hatte sich in der Nacht eingeprägt. „Ausnahmsweise bin ich geduldet“, dachte ich mir. Es gesellte sich in meinem Kopf der Gedanke: „Was mache ich nur, wenn das noch einmal passiert?“ dazu. Irgendwie mochte ich diesen Gedanken nicht, da Mama ja das Wort ausnahmsweise benutzt hatte. Unruhe machte sich damals bemerkbar. Doch anstatt mich zu beruhigen, hörte ich nur, dass ich still zu halten habe, damit sie wieder schlafen könne. Ich „gehorchte“ diesen Worten und unterdrückte all das, was sich in meinem Inneren zeigte. Ich konnte Mama weder sagen, was sich in mir abspielte, noch dass das Wort „ausnahmsweise“ mir Angst vor dem Morgen machte.

Am nächsten Tag wollte Mama wissen, was eigentlich in der letzten Nacht mit mir los gewesen sei. Ich jedoch hatte immer noch diesen merkwürdigen Kloß im Hals, durch den ich nicht wirklich mein Inneres zum Ausdruck bringen konnte. Ich wollte nicht, dass irgendjemand mich auslachte. In dieser Familie hat der eine immer über den anderen gelacht. Noch dazu wurde immer und immer wieder hinter dem Rücken des anderen getuschelt. Papa, aber vor allem Mama, liebte es, über die anderen zu tratschen. Ich schämte mich dafür. Mir war es immer sehr unangenehm, wenn Mama über andere Menschen sprach, die in ihren Augen etwas falsch machten. Ich wollte nicht auch zu diesen Menschen gehören, über die gesprochen wurde, wenn sie in den Augen eines anderen etwas nicht richtig machten. Da mir mein Kopf damals riet, nichts zu sagen, habe ich die Variante des Schweigens gewählt und sagte nur: „Ich weiß es nicht.“ So war diese erste Nacht, die erste Nacht von vielen sich aneinanderreihenden Nächten, in der ich mit dem Gedanken, besser noch mit der Frage ins Bett ging: „Was passiert, wenn ich wieder nicht einschlafen kann?“ Das Lustige, aus heutiger Sicht ist, dass genau das eingetroffen ist. Nacht für Nacht. Ich versuchte jede einzelne Nacht mich zum Einschlafen zu zwingen, doch genau das Gegenteil von dem geschah.

Jetzt ist mir sehr bewusst, warum dass damals so abgelaufen ist. Gedanken sind Energie in Bewegung und all das, was ich aussende, das kommt auch zu mir zurück. Wenn mich also eine Angst des Nichteinschlafen Könnens begleitet, dann wird genau das geschehen. Es ist wirklich erstaunlich und bewundernswert, wie alles mit allem verbunden ist. Jeder einzelne Gedanke, auch wenn er „nur“ im Leisen in mir gedacht wird, IST.

Die Nächte, in denen ich nicht einschlafen konnte, summierten sich und meine Eltern fanden das irgendwie nicht so toll. Obwohl hier und da nur ein paar Bemerkungen am Rande, manchmal aber auch ein paar direkte Worte an mich ausgesprochen wurden, bemerkte ich, dass sich ein Gefühl in mir breit machte, dass sich „unerwünscht“ nennt. Es durchzog meinen ganzen Körper und schlich sich immer tiefer ein. Ich wollte es nicht haben, doch ließ es sich nicht „abschütteln“. Dies führte dazu, dass es durch mich in eine Ecke in mir selbst „verfrachtet“ wurde, um es nicht ständig spüren zu müssen. Es folgten Gedanken wie: „Du bist nicht geliebt“ und „Es wäre besser, wenn es Dich nicht gibt“. Das waren nur zwei von vielen Sätzen, die mich in dieser Art und Weise durch mein Leben begleiteten. Ich traute mich des Nachts immer weniger zu meiner Mama ins Schlafzimmer. Das schlechte Gewissen, das mich fast schon zerfraß, wenn ich den ersten Fuß aus dem Bett setzte, hatte ziemlich großen Einfluss auf mich. Ich fühlte mich schuldig, da ich meinen Eltern, vor allem meiner Mama den Platz in ihrem Bett nahm. Doch siegte jede einzelne Nacht die Angst. Die Angst, die in mir wütete, war wie ein Tornado, dem ich nicht entkommen konnte. Nacht für Nacht tapste ich ins Elternschlafzimmer und Nacht für Nacht öffnete Mama mir die Bettdecke. Ich kauerte mich irgendwie neben Mama und versuchte mich wirklich so klein wie möglich zu machen. Das ging eine Weile so weiter, bis meine Eltern darauf keine Lust mehr hatten.

Wieder einmal lache ich herzlich über mich selbst. Es ist schon interessant, was ich mir in meinem Leben so alles kreierte. Ich weiß noch ganz genau, wie Mama eines Tages zu mir kam und mir sagte, dass sie etwas für mich hätte, was mir beim Einschlafen helfen würde. Sie sagte, dass sie aus der Apotheke etwas geholt hätte, das mir nun dabei helfen würde, wieder allein einschlafen zu können. Anstatt mich zu fragen, ob es überhaupt sinnvoll ist, nahm ich die „Lösung“, die Mama homöopathische Kügelchen nannte, erleichternd an, um sie des Nachts nicht mehr mit meiner Anwesenheit zu belästigen.

Mit der ersten Gabe der Kügelchen veränderte sich etwas. Ich war voller Hoffnung und ging daraufhin zufrieden ins Bett. Dort lag ich in völliger Ruhe. Meine Gedanken waren so leise wie schon lange nicht mehr. Kein was wäre wenn, oder wird das wirklich funktionieren. Ich konnte ab diesem Tag wieder wundervoll einschlafen. Wie sagt man doch so schön, der Glaube versetzt Berge. Dieser Spruch ist ja so wahr.

Es wäre nun großartig, wenn ich hier einen Punkt hinter diese Geschichte setzen könnte, doch dem ist noch nicht so. Eine Kleinigkeit möchte ich noch erzählen. Ich weiß noch ganz genau, wie meine Mama mir ein paar Wochen später erzählte, wie erstaunlich es sei, was ein Placebo bewirken könne. Placebo? Was ist das denn, schwirrte in meinem Kopf herum. Ich hakte nach und bekam erläutert, dass es zwar homöopathische Kügelchen waren, sich jedoch kein Wirkstoff darin befand. Mama hat mir in dem Moment, als sie das sagte, ein ganz neues Feld eröffnet. Das ist mir erst viel später bewusst geworden. Ich bin ihr sehr dankbar dafür. Auch wenn sie mich als Kind komplett an der Nase herumgeführt hat, so gab sie mir mit auf den Weg, dass es im Leben immer Alternativen gibt.

Ja, ich habe damals etwas bekommen, um besser einschlafen zu können, weil Mama und Papa aufgrund meiner nächtlichen Besuche genervt waren. Es war halt ein Problem, das beseitigt werden musste. Probleme sind lästige Übel, die zu nichts führen und nur noch mehr Probleme machen. So bin ich groß geworden. Hier und heute weiß ich, dass Probleme genauso zu mir gehören wie deren Lösungen. Als Kind jedoch habe ich gesehen, dass Probleme „schlecht“ sind. Jedes Mal, wenn ich im Außen mit einem „Problem“, das es in Wirklichkeit ja gar nicht gab, konfrontiert worden bin, dann ist mein Sicherheitssystem angesprungen und hat mir signalisiert, dass es besser wäre, sich „klein“ zu machen, um im besten Fall sogar nicht gesehen zu werden.

Ich habe mir im Außen immer wieder „Probleme“ erschaffen, um dann am Ende erkennen zu können, dass diese in Wirklichkeit gar nicht existieren. Wir brauchen einfach in unserem Leben all diese sich in der Dualität abspielenden Erfahrungen, um dann am Ende erkennen zu können, dass ALLES IST. Und wenn jeder ALLES IST, dann ist er auch das, was er nicht mag, wie in diesem Fall ein Problem. Wir können ja nicht nur den Teil in uns akzeptieren, der mit allem „Positiven“ verknüpft ist, wie Liebe, Freude oder Dankbarkeit, um einige zu nennen. Wir dürfen durch all unsere Erfahrungen erkennen, dass auch die „negativen“ Dinge dazugehören. Solange immer wieder in positiv und negativ unterteilt wird, dass es ja in Wirklichkeit auch gar nicht gibt, geht jeder, der das macht, in eine