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"Mensch sein – eine Bewusstseinserweiterung" bietet eine tiefgründige Betrachtung der menschlichen Existenz aus verschiedenen Perspektiven, darunter Selbstliebe, Familie, Partnerschaft, Beruf, Finanzen, Sinnsuche und Freiheit. Es führt dich durch einen strukturierten Prozess der Selbstreflexion und lädt dich dazu ein, konventionelle Vorstellungen in wichtigen Lebensbereichen zu überdenken. Was dich erwartet: Praktische Erkenntnisse: Anhand anschaulicher Fallbeispiele lernst du, wie du die gewonnenen Erkenntnisse in deinem täglichen Leben umsetzen kannst. Theorie trifft auf Erfahrung: Die Verbindung von theoretischem Wissen mit realen Lebenserfahrungen ermöglicht dir, das Gelernte direkt anzuwenden. Eine neue Perspektive: Dieses Buch öffnet die Tür zu einem tiefgreifenden Perspektivwechsel in Bezug auf dein eigenes Leben. Es kann sogar deine Selbstwahrnehmung und Sichtweise auf die Welt um dich herum grundlegend verändern. "Mensch sein" bietet dir Einblicke, die dein Leben nachhaltig beeinflussen können und dich die Magie der menschlichen Existenz erleben lassen. Entfalte dein volles Potenzial und begleite uns auf diesem erhellenden Weg zu einem neuen Selbstverständnis. Starte noch heute mit dieser Reise zu einer tieferen Verbindung mit dir selbst und der Welt um dich herum.
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Seitenzahl: 164
Veröffentlichungsjahr: 2024
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"Mensch sein – eine Bewusstseinserweiterung" bietet eine tiefgründige Betrachtung der menschlichen Existenz aus verschiedenen Perspektiven, darunter Selbstliebe, Familie, Partnerschaft, Beruf, Finanzen, Sinnsuche und Freiheit. Es führt dich durch einen strukturierten Prozess der Selbstreflexion und lädt dich dazu ein, konventionelle Vorstellungen in wichtigen Lebensbereichen zu überdenken.
Was dich erwartet:
Praktische Erkenntnisse: Anhand anschaulicher Fallbeispiele lernst du, wie du die gewonnenen Erkenntnisse in deinem täglichen Leben umsetzen kannst.
Theorie trifft auf Erfahrung: Die Verbindung von theoretischem Wissen mit realen Lebenserfahrungen ermöglicht dir, das Gelernte direkt anzuwenden.
Eine neue Perspektive: Dieses Buch öffnet die Tür zu einem tiefgreifenden Perspektivwechsel in Bezug auf dein eigenes Leben. Es kann sogar deine Selbstwahrnehmung und Sichtweise auf die Welt um dich herum grundlegend verändern.
"Mensch sein" bietet dir Einblicke, die dein Leben nachhaltig beeinflussen können und dich die Magie der menschlichen Existenz erleben lassen. Entfalte dein volles Potenzial und begleite uns auf diesem erhellenden Weg zu einem neuen Selbstverständnis.
Starte noch heute mit dieser Reise zu einer tieferen Verbindung mit dir selbst und der Welt um dich herum.
Vorwort
Selbstliebe
So schwierig zu leben und zu verstehen und doch ist die Wahrheit am Ende einfach.
Partnerschaft
Die romantische Partnerschaft ist so schön und doch das Schwierigste, was wir kennen. Andere Partnerschaften haben aber auch ihre Herausforderungen.
Elternschaft
Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr…
Familie
Eine Familie ist ein soziales System und schon wird es dynamisch und komplex.
Mann/Frau/Divers
In diesem Kapitel geht es um Identifikationen und Rollen zum Thema Sexualität. Es lebe die Vielfalt.
Beruf und Berufung
Der Unterschied ist größer, als die drei Buchstaben vermuten lassen.
Sinnsuche/Purpose
Ist es Luxus oder Notwendigkeit, sich mit der Sinnsuche zu befassen? Wohin kann sie führen? Diese Fragen werden in diesem Kapitel erörtert.
Durchlässigkeit
Von der Philosophie zur täglichen Praxis: Der Nutzen, wenn wir verstehen, wie “nicht anhaften” geht.
Geld
Wie gehen wir mit Geld um und welche Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen? Ungeahnte Bezüge werden deutlich.
Ernährung
Es geht um die vielen verschiedenen Arten der Nahrung, die beileibe nicht alle mit Essen zu tun haben.
Tiere
Mit welchen Tieren pflegen wir Kontakt und bauen Beziehungen auf? Wie erleben wir Begegnungen mit anderen Spezies?
Pflanzen
Pflanzen leisten einen essentiellen Beitrag zu unserer Gesundheit auf vielen Ebenen.
Schuld und Opfertum
Soviel unerwünschte Gefühle! Aber besser, sie zu verstehen, damit die Befreiung folgen kann.
Vergebung
Was ist Vergebung (versus Verzeihung)? Und wie wirkt sie auf uns selbst? Hier sind wichtige Erkenntnisse möglich.
Mitgefühl und Freiheit
Diese beiden Werte gehören zu den wichtigsten für die Menschheit, warum es auch grundlegende Prinzipien sind, beschreibt dieses Kapitel.
Zugehörigkeit und Erforschung
Diese sind die beiden essentiellsten Bedürfnisse eines Menschen. Wenn sie erfüllt werden, wird das Leben richtig bunt!
Impressum
Vorwort
Mensch Sein.
Dieses Buch befasst sich mit vielen wichtigen Aspekten des menschlichen Lebens. Ein reichhaltiges Spektrum an Themen beleuchtet unser Dasein in all seinen Facetten. Dieses Buch ist eine Einladung, durch Selbstreflexion zu persönlichem Wachstum zu finden.
Gemeinsam gehen wir auf eine Entdeckungsreise durch die Bereiche Selbstliebe, Partnerschaft, Elternschaft, Familie und die Vielfalt der Geschlechter. Danach gibt es Impulse, die dich anregen, über Beruf und Berufung, Sinnsuche und Durchlässigkeit, deinen Umgang mit Geld, Ernährung und deine Beziehung zu Tieren und Pflanzen nachzudenken.
Auch setzen wir uns mit Leid, Opfertum und Schuld auseinander und erforschen die Kraft der Vergebung. Zudem denken wir darüber nach, was Freiheit und Mitgefühl in unserem Leben bedeuten. Abschließend widmen wir uns dem Gefühl der Zugehörigkeit und dem Erkunden neuer Horizonte.
Die Reihenfolge der Themen ist nicht zufällig gewählt. Die Selbstliebe steht zu Beginn, da sie den Anfang und das Ende jeder persönlichen Transformation darstellt. Wenn wir uns zu hundert Prozent selbst lieben könnten, wären wir im buddhistischen Sinne erleuchtet. Mit dem Verständnis, was sich selbst zu lieben bedeutet und was dazu gehört, schauen wir dann in die Partnerschaft, das erste “Wir” nach dem “Ich”. Weiter geht es mit der Elternschaft als Voraussetzung für die daraus erwachsende Familie.
Dennoch sind die verschiedenen Kapitel dieses Buches wie Puzzleteile, die zusammen ein vollständiges Bild des menschlichen Lebens zeichnen und in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können. Sie sind dazu gedacht, deine Gedanken und dein Herz zu berühren, vielleicht neue Perspektiven zu eröffnen und Raum für Reflexion und Veränderung zu schaffen.
Du findest unter jeder Überschrift zunächst eine ausführliche Beschreibung des Themas. Das ist sozusagen die Theorie, der ideale Zustand und viele verschiedene Aspekte, die wir nicht unbedingt alle präsent haben, wenn wir einen Begriff hören. Danach erfährst du an Fallbeispielen aus meiner Praxis, wie andere Menschen in ihrem Leben mit entsprechenden Fragestellungen zu tun hatten. Und wie sie durch die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Lebensgeschichte ihr eigenes Trauma darin erkannten, wodurch sie ein tieferes Verständnis für sich und die aktuelle Situation gewannen. Ich sage bewusst Trauma, denn selbst wenn es keine größeren Ereignisse gegeben hat, die dem Begriff entsprechen, so haben doch im Prinzip alle Menschen ein gewisses Maß an dysfunktionalen Strukturen in ihren Familien erlebt. Das ist ausreichend, um den heutigen Standards der Definition von traumatischen Umständen und Erlebnissen zu genügen.
Ich hoffe, dass dieses Buch dir dabei hilft, dich selbst, deine Beziehungen und deine Welt auf tiefere und bedeutsamere Weise zu verstehen. Denn eigentlich geht es nur um das Streben nach einem erfüllten und sinnvollen Leben, nach Glück.
Möge dieses Buch dich inspirieren, anregen und begleiten, während du die verschiedenen Aspekte des Lebens erkundest. Ich wünsche dir eine bereichernde Erfahrung und hoffe, dass du am Ende dieser Reise mit einem erweiterten Bewusstsein und einem offenen Herzen zurückkehrst.
Nicole Ehrenberg
Selbstliebe, was ist das?
Am einfachsten ist es, wenn wir mit dem anfangen, wo wir identifizieren können, dass etwas unwichtig oder nicht in Ordnung ist, weil wir darin immer besonders klar sehen.
Das heißt, wir wissen ganz genau, wo wir uns selbst nicht lieben. Das merken wir dann, wenn wir uns nicht gut versorgen, wenn wir nicht gut essen, bei der persönlichen Pflege nicht mehr in den Wohlfühlbereich kommen, sondern nur noch funktionieren. Oder wenn wir Arzttermine nach hinten schieben, weil es nicht so wild ist, noch ist es nicht so schlimm, wir fragen uns, was soll ich beim Arzt, der sagt mir auch nur das, was ich schon weiß. Auch wenn ich mir keine Auszeiten nehme, wenn ich nicht darauf achte, dass ich auf der emotionalen Ebene in die Entspannung kommen kann und nur beschäftigt bin und Dinge zu tun habe bis zur Erschöpfung.
Wir lieben uns dann, wenn wir tatsächlich mit uns selbst in Kontakt sind und es genießen können.
Zudem haben wir auch noch diesen, allen bekannten inneren Kritiker, der ständig alles bewertet, was wir tun. Ich hätte das hier und da besser machen können, ob das reicht, ob das wohl in Ordnung ist, was XY wohl darüber denkt, wenn ich das mache. Andere können das besser, so wie XY werde ich das ja nie können oder schaffen: All das sind Gedanken, die den meisten Menschen sehr vertraut sind. Die anderen Personen kann man gut anerkennen, die respektiert man für ihre Leistung, für ihren Beitrag, nur sich selbst nicht.
Akzeptiert zu werden oder Aufmerksamkeit zu bekommen, unterstützt uns dabei, uns selbst in Ordnung zu finden. Wir sind uns nicht sicher und suchen den Beweis, OK zu sein, erstmal im Außen. Ich sage OK, weil das die neutralste Form ist und sich fast jeder schwer damit tut, ein besonders positives Wort zu benutzen. Zum Beispiel: dass ich super bin, dass ich das klasse kann, dass ich hervorragend dieses und jenes mache. Um sich so auszudrücken, benötigt man schon einiges an Selbstwertgefühl. Wenn es denn erstmal in diesem OK-Bereich liegt, dass es nichts auszusetzen gibt, es nichts zu ändern gibt, dass man nichts tun muss, um zu… dann ist das erstmal OK und eine gute Grundlage für mehr.
Wertschätzung für sich selbst zu entwickeln, ist eine Möglichkeit auf dem Weg zur Selbstliebe. Aber auch Dankbarkeit für sich selbst kann sehr dabei helfen. Sich dafür zu entscheiden, ist ebenfalls ein Akt der Selbstliebe. Man sollte sich selbst gegenüber dankbar sein dafür, dass man bestimmte Dinge tut, sich versorgt, in der Lage ist, seine Beziehungen zu pflegen, neue zu knüpfen oder alte wieder aufzunehmen.
Auch das ist eine schwierige Übung für die meisten. Denn wenn man jemanden fragt, wofür er sich denn dankbar ist, dann kommt meist ein überraschter Gesichtsausdruck, dann ein sehr nachdenklicher oder eine längere Pause. Warum? Weil es überhaupt nicht in unserem alltäglichen Bewusstsein verankert ist. Aber die Dankbarkeit sich selbst gegenüber ist eine unglaublich starke Maßnahme und ein guter Weg, die Selbstliebe zu verankern.
Wenn wir einem anderen gegenüber dankbar sind, dann sind wir demjenigen auch dankbar dafür, dass es ihn oder sie überhaupt gibt. Warum sind wir nicht dankbar dafür, dass es uns selbst gibt? Das würde doch für den Anfang schon mal reichen.
Stell dir vor, du bist dankbar für dein Leben, dafür, dass du da bist, dafür, dass du gar nichts musst und einfach hier bist, nichts weiter. Entspann dich mal einen Moment in diesen Gedanken, dann fühl mal nach, wie sich viele Muskelpartien anfangen zu lösen und locker zu lassen. All das, was euren Körper anspannt, wo Stress ist, ist definitiv keine Selbstliebe.
Selbstliebe ist ein Selbstgefühl, ein Selbstverständnis, aus dem heraus wir einem anderen Menschen begegnen können. Wenn wir von dort aus jemandem begegnen, dann sind wir bereit, dass dieser Mensch uns erfahren kann, dass wir uns mitteilen, zeigen, wer wir wirklich sind. Und das bedeutet, sich verletzlich zu zeigen, sich nicht hinter irgendwelchen Verhaltensmustern, die beweisen sollen, dass wir gut sind, zu verstecken.
Wenn wir diese Schutzmechanismen überwiegend nicht brauchen, dann haben wir eine recht starke Präsenz und das merkt der andere Mensch. Dann kann er sich auch öffnen, um sich ebenfalls zu zeigen. Wenn wir in die Gegenwart eines solchen Menschen kommen, haben wir natürlich selbst auch die Chance, uns in seinen Raum und in seine Präsenz hinein zu entspannen. Das können wir nur, wenn wir soweit unsere Selbstliebe entfaltet haben, dass wir uns wahrnehmen und wirklich sicher fühlen. Solange wir Traumamuster in uns tragen, verhindern diese, uns auf einen anderen Menschen einzulassen.
Trauma ist der Gegenspieler zu Selbstliebe, weil wir uns in dem Moment, wo wir in Kontakt gehen könnten, aus traumatischen Erfahrungen heraus verschließen. Sei es ein Strukturtrauma oder ein Eventtrauma, das Ergebnis ist, dass wir im Umgang mit anderen Menschen verunsichert sind. Verunsicherung ist ein eindeutiger Indikator für den Mangel an Selbstliebe.
Strukturtrauma entsteht durch Doppelbindungs-Kommunikation, wir werden im Denken, Fühlen und Handeln in Frage gestellt und sind deshalb sehr unsicher, weil wir nie wissen, ob und was richtig ist.
Diese Verunsicherung ist ein Trauma-Zustand. Dieser ist dauerhaft, wenn das die Haltung in der Familie und der Umgang miteinander ist. Zu dem Strukturtrauma kommen weitere Traumata, die auf Ereignissen beruhen, die uns in unserem Selbstwert und unserem Selbstvertrauen beschädigt haben. All dies mündet auch in Gefühle von Schuld und Scham, die meistens als Verhinderer für Selbstliebe verstanden werden. Allerdings ist das etwas anders und komplexer und wird in dem Kapitel Vergebung eingehender behandelt. Wir bleiben in diesem Kapitel bei dem Spannungsfeld, welches durch entstandene Traumata und dem Wunsch nach Selbstliebe entsteht.
Solange diese Traumata nicht erkannt und gewürdigt werden als das, was sie sind, nämlich eine Beschädigung, eine Verletzung aus der frühen Kindheit, sind wir nicht in der Lage, sie zu heilen. Heilung entsteht durch das Verstehen der damaligen Situation und dem vollständigen Akzeptieren, wonach erst sich neue Referenzen in der Gegenwart herstellen lassen. Dies passiert, wenn wir uns bewusst trauen, uns unserem Potential gemäß zu verhalten und nicht in den gewohnten Schutzmechanismen zu verharren.
Überall da, wo wir Trennung vollziehen, leben wir nicht aus dem Herzen heraus. Das ist eigentlich sehr simpel: Liebe kann nur da fließen, wo wir verbunden sind. Mit uns selbst und den anderen. Liebe ist unlimitiert vorhanden, sie hört nur dort vermeintlich auf, wo eine Trennung vollzogen wird.
Trennung kann gedanklich, emotional, im Kontakt mit jemandem entstehen, wie auch immer wir sie gestalten, aber es reicht schon im Denken: Wenn wir einfach nur glauben, dass Trennung sein kann, ist das der Moment, in dem unsere Selbstliebe schon aufhört.
Das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann, ist es, ignoriert zu werden. Das ist der wahre Tod. Es ist so, als würde man nicht existieren, das ist die tiefste Angst eines Menschen, nicht zu sein, gefolgt von Leere und von allen verlassen zu sein und Langeweile, das sind die Qualitäten, die den absoluten Trennungszustand beschreiben. Selbstliebe ist genau der Konterpart dazu, das bewusste Erleben, dass man existiert und mit allen und allem natürlicherweise verbunden ist, ohne etwas dafür tun zu müssen – und sich darüber freut.
Selbstliebe
Seit Wochen gehe ich mit diesem größten und profundesten Thema als erstes Kapitel nun schwanger. Oft habe ich überlegt, erst alle anderen Themen zu schreiben, um dies als krönenden Abschluss zu nehmen. Aber dann realisierte ich, selbst wenn ich alles andere schon geschrieben habe, bleibt das Gefühl, dieses überwältigende Thema nicht angemessen in Worte fassen zu können.
Warum ist das so? Weil jeder Mensch, der zu mir kommt und mir erzählt, was ihn belastet, sich in irgendeiner Weise im Schuldthema aufhält. Sei es, dass die anderen, die Welt an sich, oder man selbst schuld an der Misere sind. Irgendeiner oder irgendetwas ist es immer.
Da ist zum Beispiel die Mutter von drei kleinen Kindern, nennen wir sie Lilly, die verheiratet ist und auch durch ihre Arbeit als Führungskraft (als Mitglied der Geschäftsleitung) in einem mittelständischen Unternehmen die Familie ernährt. Lilly hat und trägt viel Verantwortung, im Unternehmen genauso wie privat. Sie fühlt sich ständig schuldig, in allen möglichen Situationen, und fragt sich nun, warum das so ist.
Ihr Mann ist arbeitslos und kümmert sich um die Kinder.
Er versucht aber gar nicht, einen neuen Job zu finden. Das ärgert Lilly natürlich. Sie ist diejenige, die die finanziellen Mittel für alle bereitstellt. Die Ehe ist schon länger ein Nebeneinander-her-Leben, jeder hat ein eigenes Zimmer. Lilly würde gerne auch eine erfüllende Partnerschaft leben. Sie fühlt sich aber für ihren Mann verantwortlich. Schließlich hält er ihr den Rücken frei, dafür bezahlt sie ihm einen monatlichen Betrag, denn er bekommt kein Arbeitslosengeld (ALG 2), da sie, Lilly, zu viel verdient. Auch in Lillys Herkunftsfamilie ist es nicht einfach. Sie hat zwei Schwestern, die eine ist mittlerweile (nach Drogenabhängigkeit) wie sie, verantwortungsbewusst und ernährt ihre Familie mit, die andere ist hochgradig dysfunktional und hat lange Medikamente konsumiert. Das schwarze Schaf unter den Kindern. Der Vater ist alkoholkrank und die Mutter psychisch krank. Die Familie ist wohlhabend und verwalten gemeinsam das Familienvermögen. Hier ist Lilly wieder sehr gefordert, mitverantwortlich Lösungen zu schaffen, die für alle fair und tragbar sind. Jetzt bleibt noch die Frage, wie Lilly für sich selbst sorgt. Bis auf die Tatsache, dass sie mit mir mal sprechen wollte, gab es bisher keine Selbstfürsorge. Und auch das Gespräch mit mir hat sie sich und mir harmlos erklärt: Sie wolle mit mir reden, nicht weil es ein Problem gäbe, nein, einfach, um mal eine Meinung von außen zu hören. Das könne ja nie schaden. Eine Freundin habe mich empfohlen, es könne sicher nicht verkehrt sein, sich mal über alles zu unterhalten.
Lilly hat schon im ersten Gespräch festgestellt, dass doch mehr im Argen liegt als sie gedacht hätte. Durch mehrere Gespräche, einige systemische Aufstellungen zur Herkunftsfamilie, aber auch zu ihren ständigen Schuldgefühlen, realisiert sie, dass sie schon als Kind ein ständiges Schuldgefühl etabliert hat. Der Vater war sexuell übergriffig, also missbräuchlich ihr gegenüber, andererseits ihre Bezugsperson für alle Lebensfragen, da die Mutter emotional gar nicht verfügbar war. In diesem Dilemma hat Lilly sich in einem hohen Maße in einer Art Grundschuld(-gefühl) etabliert. Besonders ihren Kindern gegenüber kommt es stark zum Vorschein. Diese sind schließlich eindeutig von ihr abhängig und sie hat ständig Angst, alles falsch zu machen und damit ihre Kinder zu beschädigen. Sie sieht sich unbewusst selbst in ihren Kindern und diese demnach als Opfer, so wie sie selbst es war. Aber ihre Kinder werden ganz anders groß als Lilly. Vor allem finden keine sexuellen Übergriffe statt.
Irgendwann versteht Lilly, dass alle unterdrückten Gefühle in ihr als Zeitbombe ticken und sich gelegentlich in Wutausbrüchen entladen, die aber für die jetzige Situation nicht in dem Maße gerechtfertigt oder angemessen, sondern aufgestaute Gefühle aus den früheren Erlebnissen sind. Als Opfer von Missbrauch, egal welcher Art, entwickeln Menschen Schuldgefühle. Sie glauben, wenn sie nur “richtig” gewesen wären, wäre es nicht passiert. Auch sind sie meistens vom Täter in der einen oder anderen Art und Weise abhängig und trauen sich nicht, sich zu wehren oder zumindest hinterher ihre Gefühle von unter anderem Schmerz, Wut, Hass, Verzweiflung und Trauer auszudrücken.
Lilly hat gelernt, dass die Selbstliebe mit ganz kleinen Schritten anfängt. Am besten startet man mit dem Körper. Besonders Menschen, die unangemessenes sexuelles Verhalten in der Kindheit erlebt haben, tun sich oft schwer, ihren Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Von lieben sind wir hier noch weit entfernt. Aber Akzeptanz ist ein möglicher und wichtiger erster Schritt. Aus Akzeptanz kann gernhaben und daraus lieben entstehen.
So ist es mit anderen Aspekten der eigenen Person auch. Wir sollten uns erst einmal bewusst machen, was wir alles an uns selbst ablehnen und dann mit der Integration dieser Anteile anfangen. Das geht, indem wir verstehen, warum wir so sind und wo und unter welchen Umständen wir das gelernt bzw. entwickelt haben. Dieses Verständnis, das nach dem Verstehen kommt, führt zur Selbstliebe. Wir nehmen uns dann so an und können von dort aus auch etwas verändern, sei es ein Verhalten oder sogar Charaktereigenschaften. Solange wir kämpfen und im Widerstand zu dem sind, was wir negativ bewerten, werden wir es nicht los.
Dieser Prozess währt ein Leben lang. Wenn uns einmal bewusst wird, dass wir täglich etwas finden, womit wir an uns und in uns nicht einverstanden sind, dann verstehen wir, dass der Weg der Selbstliebe das Leben an sich ist. Je weiter wir in dem Akzeptieren und Annehmen unserer selbst gehen, desto mehr Frieden und Freiheit entstehen in uns.
Eine weitere Situation, in der deutlich wird, dass dort die jeweilige Beziehung zur Mutter die Partnerschaft wesentlich beeinträchtigt, ist folgende:
Die Frau ist Mitte dreißig und lebt mit einem Partner aus einer anderen Kultur in seinem Land mit ihm zusammen. Sie sind seit fünf Jahren in einer Beziehung und haben ein zweijähriges Kind. Die Frau kontaktierte mich aufgelöst, weil sie nicht mehr wusste, wie sie die Beziehung aufrechterhalten könne. Sie beschrieb, dass sie selbst hauptsächlich “funktioniert”, indem sie ihrem Teilzeitjob nachkommt, während das Kind in Betreuung ist. Nach ihrer Arbeit kümmert sie sich um den Haushalt. Ihr Mann ist freiberuflich tätig und fordert sehr stark ihre Aufmerksamkeit und Anerkennung. Wenn er diese nicht bekommt, wird er laut, aggressiv und beschuldigt sie. Sie hingegen reagiert auf Angriffe ebenfalls aggressiv und wird ihrerseits laut. Nach einem solchen Streit ist sie verzweifelt und weint, er ist wütend und verlässt das Haus. Mittlerweile sprechen sie nur das Nötigste und reden über Trennung.
Interessant hier ist, dass beide in ihrer Kindheit erlebt haben, dass die Mutter emotional nicht verfügbar war und die Väter darauf aggressiv und fordernd reagierten. Unterschiedliche Kulturen spielen bei solchem Verhalten offensichtlich keine Rolle. Die Eskalation der Eltern wiederholen beide in der jeweiligen Rolle. Die Lebensumstände der jeweiligen Mütter sind ähnlich. Beide sind zu Kriegszeiten groß geworden und haben dementsprechend wenig Mutterliebe empfangen. Ihre Kindheit war von Entbehrungen in emotionaler und wirtschaftlicher Hinsicht geprägt und es gab nur das eine Ziel: überleben und hart arbeiten, damit die nächste Generation es besser hat.