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Andere für sich gewinnen und interessante Kontakte knüpfen – die besten Strategien des erfolgreichen Coachs Robert Spengler
Mit Sympathie, Authentizität und Offenheit andere Menschen für sich zu gewinnen ist die wichtigste Kunst für ein glückliches, erfolgreiches Leben. Ob bei Vorstellungsgesprächen, auf Wohnungs- oder Partnersuche oder bei der Akquise neuer Kunden – überall gilt es, andere von uns zu überzeugen und für uns einzunehmen. Robert Spengler, erfahrener Coach und Vortragsredner, zeigt, wie es gelingen kann, mutig den ersten Schritt zu wagen und interessante Menschen kennenzulernen. Denn: Jeder Kontakt ist bereits ein Gewinn!
In Zeiten von Facebook, XING und Twitter haben wir es nahezu verlernt, von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren. Dabei entgehen uns viele spannende Bekanntschaften, die unser Leben bereichern könnten. Mit zahlreichen Beispielen aus dem Alltag ermutigt Robert Spengler zu mehr Kontaktfreude und zeigt die besten Strategien, wie wir verbindlich mit anderen kommunizieren können: »Ein Nein haben Sie schon, wenn Sie nicht fragen« lautet sein Motto. Nur wer sich rauswagt und offen und vertrauensvoll ensvoll auf seine Mitmenschen zugeht, wird andere für sich gewinnen – im Beruf wie im Privatleben!
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Seitenzahl: 206
Robert Spengler
Menschen gewinner
Die besten Strategien,
mit anderen ins Gespräch
zu kommen und sie
von sich zu überzeugen
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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2012 Ariston Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design
unter Verwendung eines Motivs von Thinkstock
Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering
ISBN 978-3-641-07410-4V002
Teil 1: In Kontakt kommen
Den ersten Schritt wagen – das Prinzip der umgedeuteten Glaubenssätze
1. Passiv sein bringt gar nichts ein
Wieso jeder Kontakt ein Gewinn ist
Haben Sie das auch schon erlebt? Sie möchten jemanden zum ersten Mal anrufen – und am meisten beschäftigt Sie die Frage, was der andere gegen Ihren Anruf haben könnte. Eine innere Stimme sagt Ihnen: Bestimmt hat der jetzt gar keine Zeit für mich! Oder: Das kann ich doch eigentlich auch selbst herausfinden, da muss ich jetzt nicht extra anrufen! Bei der Kontaktaufnahme per E-Mail passiert das Gleiche und beim persönlichen Kontakt erst recht. Vielen von uns fallen ganz schnell tausend Gründe ein, warum es sich gar nicht lohnt, auf jemanden zuzugehen. Fast alle meine Seminarteilnehmer kennen noch das Herzklopfen aus ihrer Jugend, wenn sie ein Mädchen oder einen Jungen auf einer Party nicht anzusprechen wagten. Die ganz Mutigen geben dann zu, dass sie auch als Erwachsene regelmäßig solche Situationen erleben. Sowohl im Job als auch privat. Manchmal können die negativen inneren Monologe so weit gehen, dass sie einen Menschen völlig lähmen.
Szene: Ein Café außerhalb der Stadt, idyllisch an einem kleinen See gelegen, schöne Aussicht, große Terrasse. Es ist Sommer, früher Abend an einem Werktag, das Café ist mäßig besucht.
Nach meiner Erfahrung merkt man es Menschen selten an, ob sie im Umgang mit ihren Mitmenschen zur Passivität neigen und Kontakte lieber vermeiden. Oft bestimmen Äußerlichkeiten das Bild, das wir uns von anderen machen.
Auftritt Ingo: Der 39-jährige Betriebswirt schließt per Fernbedienung seinen 5er BMW ab und schlendert vom Parkplatz auf die Café-Terrasse. Er trägt einen hellgrauen Sommeranzug mit mintgrüner Krawatte. Entspannt geht er an einen freien Tisch am Rand der Terrasse und legt seine Aktentasche ab. Ingo wirft sein Jackett über eine Stuhllehne, öffnet seinen Hemdkragen, nimmt die Krawatte ab und verstaut sie in der Aktentasche. Schließlich holt er ein Nachrichtenmagazin hervor und beginnt zu blättern. Da kommt auch schon die Bedienung. Ingo bestellt: »Einen Cappuccino und ein stilles Wasser, bitte, so wie immer!«
Menschen wie Ingo haben so ihre Rituale. Manchmal ist es der Cappuccino und das stille Wasser. Möglicherweise sitzt Ingo auch immer an demselben Tisch, wenn er nach der Arbeit in das Café kommt. Eigentlich wirkt er jetzt ganz locker. Aber er braucht unbedingt etwas zum Blättern, obwohl ihn das Magazin gar nicht interessiert. Offensichtlich will er beschäftigt wirken.
Auftritt Kristin, Mitte 30, Immobilienkauffrau: Sie trägt ein elegantes Sommerkleid, hat eine Sonnenbrille auf und ihr Handy am Ohr, als sie die Café-Terrasse betritt und beiläufig einen freien Platz sucht. Eher zufällig steuert sie auf den Tisch neben Ingo zu. Ingo kann ihr Telefonat mithören.
»Das glaub ich doch jetzt nicht, dass dieser Typ mich versetzt! Wir machen eigens einen Termin nach 18 Uhr und ich fahre hier raus, da überlegt dieser Idiot es sich anders, sagst du? Am Ende hat der gar kein Geld, ein Haus zu kaufen, und verschaukelt uns nur. Jedenfalls danke für die Info, Susanne. Ciao!«
Kristin klappt ihr Handy zu, atmet einmal tief durch, setzt sich dann an den Tisch neben Ingo und ruft der Kellnerin zu: »Einen Prosecco, bitte!«
Es heißt nicht umsonst »Zufall ist, was einem zufällt«. Tatsächlich ergeben sich die interessantesten Kontakte oft durch Zufall. So könnte es auch bei Kristin und Ingo sein. Vielleicht verkauft Kristin das Traumhaus in Hanglage, nach dem Ingo schon seit Jahren Ausschau hält. Oder vielleicht sind beide gerade auf der Suche nach einem neuen Squashpartner. Ingo könnte auch wissen, dass in seinem Unternehmen demnächst ein Job frei wird, der für Kristin genau der richtige wäre. Wo sie nun einmal zufällig beide hier sitzen und Kristins Termin geplatzt ist, brauchen sie nur miteinander in Kontakt zu kommen, um das alles herauszufinden!
Kristin hat ihren Prosecco zur Hälfte getrunken und beobachtet Ingo am Nachbartisch.
Interessanter Typ, denkt sie, sportliche Ausstrahlung. Was der wohl beruflich macht? Kristin schaut nicht nur in Ingos Richtung, sondern dreht sich auch leicht zu ihm und nimmt eine offene Körperhaltung ein.
An der Körpersprache können Sie klar erkennen, wie offen eine Person für Gespräche ist und wie aktiv sie den Kontakt sucht. Ingo hat es hier besonders leicht, er könnte einfach durch die offene Tür gehen. Aber stattdessen scheint er sich plötzlich für einen Artikel in seinem Nachrichtenmagazin mehr zu interessieren als für alles andere. Was soll das denn? Der Artikel über die Erschließung der Bodenschätze in Kasachstan kann doch wohl nicht fesselnder sein als die Superfrau am Nachbartisch! Hören wir mal in Ingo hinein.
Mann, schaut die schick aus! Die Figur ist nicht ohne und die Klamotten haben echt Stil. Die würde ich schon mal gerne näher kennenlernen. Ich bin ja nun schon ewig Single. Die wirkt intelligent und richtig sympathisch. Die Frau hat Klasse! Ein Abend mit ihr im Casa Grande, mit leckerem Essen bei romantischem Kerzenlicht. Hm, wer weiß, was sich daraus entwickeln könnte!
Ingo fixiert seinen Blick auf den Magazinartikel, ohne einen Buchstaben zu lesen. Seine Gedanken werden plötzlich düster. Aber wer weiß, in welchen Kreisen die verkehrt. Ob da meine Bildung ausreicht? Und wer weiß, was die von so einem wie mir noch alles erwartet. Ich bin nur ein kleines Rädchen in einem Konzerngetriebe, mit einem geleasten 5er und einer unaufgeräumten Mietwohnung. Das sieht bei mir zu Hause vielleicht aus!
Irgendwo in Ingos Zeitschrift scheint eine Anleitung zum Hellsehen zu stehen: Wenn diese Frau bei mir reinkommt, läuft die glatt schreiend wieder raus. Aber gut, dann wäre sie halt wieder weg und würde wenigstens nicht sehen, dass ich sechs Wochen nicht im Fitness war. Mein Bauchspeck ist echt ekelhaft. Nee, schade, bei der habe ich keine Chance!
Ingo empfindet sich also als chancenlos. Die Frage ist nur: Chancenlos auf was? Auf ein nettes Gespräch an einem schönen Sommerabend? Auf einen interessanten Kontakt? Schon komisch, wie sich seine Vorstellung so schnell auf das Thema Beziehung einengt. Wäre es nicht erst einmal besser, offen für ein unverbindliches Gespräch und die tausenderlei Möglichkeiten, die sich daraus ergeben könnten, zu sein? Aber was denkt eigentlich Kristin über Ingo?
Also, sein Augenaufschlag ist ja wirklich voll süß!, findet Kristin. Und ganz schön sportlich ist der, das sieht man. Aber auch sensibel, wie er so dasitzt, der hat es gar nicht nötig, einen auf Macker zu machen. Ich würde ja wirklich gerne mal wissen, ob der auf jemanden wartet oder hier einfach nur abhängt. Nein, der sitzt schon so lange hier, der wartet nicht.
Kristin wendet sich Ingo noch mehr zu und schaut ihm von der Seite direkt ins Gesicht.
Aber was ist an dieser blöden Zeitschrift bloß so interessant? Oder findet der mich etwa versnobt? Also hey, ich bin fürs Business angezogen und ich bin eben versetzt worden. Deshalb bin ich noch lange keine Edeltussi! Ich hätte bei dem Wetter ja nun wirklich lieber was Bequemeres angezogen.
Wenn Sie jemand so direkt anschaut wie Kristin gerade Ingo, dann wissen Sie, dass derjenige jetzt in Kontakt kommen möchte. Und zwar sofort! Oder gibt es jemanden, der das nicht weiß?
Ach, du meine Güte, die guckt ja die ganze Zeit zu mir rüber!, denkt Ingo. Was mach ich jetzt bloß? Soll ich sie ansprechen? Aber was soll ich sagen? Ich glaube, ich kann das nicht. Ingo nimmt sein Magazin in beide Hände und hält es sich vors Gesicht. Nee, wir passen sowieso nicht zusammen. Das wird nichts. Ich lese mal lieber, wie der neue GTI hier im Test abschneidet
Eigentlich ist es Kristin ja zu dumm – aber warum soll sie Ingo eigentlich nicht ansprechen, wenn sie mit ihm in Kontakt kommen will?
»Entschuldigen Sie! Haben Sie hier schon einmal etwas gegessen? Können Sie mir etwas von der Karte empfehlen?«
»Ja ... also ... ich meine: Nein. Ich trinke hier immer nur Cappuccino und Wasser. Das tut mir echt furchtbar leid. Fragen Sie bitte jemand anderen. Oder die Bedienung vielleicht.«
Ingo hat nur vorsichtig zu Kristin geschaut und hält sich dann sofort wieder sein Magazin vors Gesicht. Jetzt fühlt er sich wieder sicher.
»Na ja, trotzdem danke!«
Au weia!, denkt Kristin. Den Typen kann man ja wohl vergessen. »Zahlen, bitte!«
Gut dass ich die los bin!, sagt sich Ingo. Wer weiß, was ich mit der noch alles erlebt hätte. So dominant, wie die drauf ist, hätten wir uns niemals auf Namen für unsere gemeinsamen Kinder einigen können!
Mit diesen Gedanken rechtfertigt Ingo sein Versagen. Wenn wir Begründungen fürs Nichtstun suchen, sind wir Meister der Kreativität. Ingo hatte die Chance auf ein nettes Gespräch mit einer tollen Frau. Hatte. Dabei kann sich Ingo durchaus charmant mit Frauen unterhalten. Wenn er denn einmal im Dialog ist! Doch vorher finden seine scheinbar hellseherischen Fähigkeiten tausend Gründe, warum sich das angeblich gar nicht lohnt. Ihm entgeht, dass er lauter Mutmaßungen anstellt, von denen keine einzige zutrifft. Aber irgendwann hält er seine Hypothesen für die Realität. Würde er mit seinem Gegenüber ins Gespräch kommen, hätte er schnell ein zutreffenderes Bild. Was bringt Ingo seine Passivität also ein? Die Antwort lautet: nichts. Sein Feierabend ist kein bisschen schöner geworden. Im Gegenteil, Ingos Laune hat sich verschlechtert. Er hat weder sein geschäftliches noch sein privates Netzwerk erweitert und das Prickeln nach einem gelungenen Flirt erlebt er auch nicht.
So kommen Sie in Kontakt
Wenn Sie auch nur ein wenig von dem beschriebenen Verhalten in sich selbst wiederfinden, lohnt sich eine simple Gewinn-und-Verlust-Rechnung: Was können Sie schlimmstenfalls verlieren, wenn Sie aktiv werden und aus einer zufälligen Begegnung einen Kontakt machen, und was können Sie alles gewinnen? Sobald Sie nur kurz darüber nachgedacht haben, werden Sie feststellen: Sie können überhaupt nichts verlieren, wenn Sie mit Menschen ein Gespräch beginnen, sondern ausschließlich gewinnen. Wagen Sie den ersten Schritt, haben Sie die Chance auf ein Ja, wagen Sie ihn nicht, haben Sie das Nein garantiert. Und es ist und bleibt ein Nein, auch wenn es nicht ausgesprochen wurde. Egal, wie Ihr Gespräch mit einer bisher unbekannten Person verläuft, Sie werden auf jeden Fall
❱in eine bessere Stimmung kommen, denn alle Menschen lieben Kommunikation und Austausch,
❱Ihre Menschenkenntnis verbessern, weil Sie äußeren Eindruck und persönlichen Ausdruck abgleichen können,
❱eine Chance nutzen, das nächste gute Geschäft zu machen, den nächsten Geheimtipp zu bekommen, den nächsten Partner zu finden und so weiter.
Übrigens: Nach einer Studie von Parship finden 48 Prozent ihren zukünftigen Partner in Lokalen und in ihrem Bekanntenkreis.* Schade, dass Ingo Kristins beste Freundin nicht kennenlernen wird ...
Also wagen Sie den ersten Schritt und seien Sie offen für alles, was sich aus einer solchen Kontaktaufnahme ergeben kann. Unsere Hemmungen und Ängste rühren fast immer daher, dass wir uns zu viele Gedanken machen. Schalten Sie ihren skeptischen inneren Dauerredner aus und sprechen Sie Ihr Gegenüber an.
*http://www.singleboersevergleich.com/news/wo-finden-deutsche-ihren-partner Titel: Wo finden Deutsche ihren Partner?
Praxis-Tipp
Wenn Sie merken, dass Sie Hypothesen aufstellen, nur um die anvisierte Person nicht ansprechen zu müssen, versuchen Sie doch einmal folgenden Trick: Stellen Sie sich vor, Ihr Gegenüber würde sich verkleiden. Welche Rolle würde dieser Mensch wohl wählen? Clown, Pirat oder vielleicht doch eher Sträfling? Lassen Sie die Person nun etwa fünf Sekunden so verkleidet vor Ihrem inneren Auge erscheinen. Dann denken Sie sich das Kostüm wieder weg. Fast immer wirkt Ihr potenzieller Gesprächspartner hinterher weniger »gefährlich«, sondern viel offener und freundlicher auf Sie. Probieren Sie es aus!
2. Lust gewinnen oder Schmerz vermeiden?
Die Grundentscheidung: Von der geschlossenen zur offenen Haltung
Stellen Sie sich vor, Sie haben sich fest vorgenommen abzunehmen. Mit dem Rauchen aufzuhören. Oder diese zauberhafte Unbekannte, der Sie beim Bäcker täglich auflauern, zum Essen einzuladen. Sie grübeln über die für Sie am besten geeignete Diät, decken sich mit Nikotinpflastern ein, überlegen sich tausend Kniffe, wie Sie die potenzielle Traumfrau auf sich aufmerksam machen könnten. Sie schmieden Pläne über Pläne über Pläne, doch alle guten Vorsätze nutzen nichts: Sie schieben den ersten Schritt immer weiter vor sich her. Und wenn Sie Monate später merken, dass Sie immer noch nichts unternommen haben, werfen Sie endgültig die Flinte ins Korn. Traummaße, Gesundheit, schöne Unbekannte hin oder her – Ihre Motivation reicht einfach nicht aus.
Wenn Ihnen eine dieser Situationen auch nur annähernd bekannt vorkommt, überlegen Sie mal, warum Ihre Motivation nicht ausreicht. Meist liegen die Gründe auf der Hand. Frage ich meine Seminarteilnehmer, warum sie Dinge nicht tun, kommen verschiedene Ängste hoch. Beispiel Bäckereibekanntschaft: Männliche Teilnehmer würden sagen: »Die Frau einfach ansprechen? Sie könnte mir doch einen Korb geben!« Oder: »Ich würde ja gern auf sie zugehen … aber was ist, wenn ich sie auf dem falschen Fuß erwische? Dann verspiele ich mit einem Schlag meinen einzigen Joker!« Die Reaktionen zeigen, dass hinter der Scheu, jemanden anzusprechen, immer der Versuch steckt, Unangenehmes zu vermeiden.
In der Regel wählt der Mensch den einfachsten Weg. Und der geht stur geradeaus. Aber wenn man unangenehme Situationen vermeiden möchte, kann man ganz schön erfinderisch werden – ich spreche aus Erfahrung. Abnehmen? Klar, nächste Woche nach dem Raclette-Essen. Mit dem Rauchen aufhören? In jedem Fall. Wenn der Stress im Job vorbei und die Deadline gehalten ist. Eine Stunde joggen pro Tag? Definitiv. Aber nicht, wenn es nach Regen aussieht. Die Nixe ansprechen? Ganz sicher, aber doch nicht heute!
Fakt ist: Die Strategie, Schmerzhaftes zu vermeiden, sitzt tief in uns. Erst recht beim Thema Kontaktaufnahme. Denn unsere Vorfahren begegneten fremden Menschen immer mit Scheu. Und das aus gutem Grund. Im Neandertal hätte Homo sapiens Horst vermutlich einen eingeschlagenen Schädel riskiert, wenn er Homo neanderthalensis Norbert beim Erstkontakt lächelnd die Hand gereicht hätte. Aber ich kann Sie beruhigen: Diese berechtigte Vorsicht im Umgang mit Fremden ist mit den Jahren etwas aus der Mode gekommen. Heute ist sie nicht mehr notwendig. Wer offen auf andere zugeht, kann nur gewinnen! Aber überzeugen Sie sich am besten selbst:
Szene: Peters Geburtstagsfeier in seiner geräumigen Vier-Zimmer-Wohnung. Gedimmtes Licht, viel Chrom, 70er-Jahre-Charme. Die Gäste haben sich um die eigens für die Party aufgestellten Stehtische gruppiert, sie haben richtig Spaß und genießen die selbst gemachten Lachs-Schnitten.
Wer neue Kontakte knüpfen will, dem empfehle ich Kongresse, Festivals, Konzerte oder Social-Network-Events. Die Chance, neue Gesichter zu sehen, ist auf Veranstaltungen am höchsten. Eine ideale Gelegenheit sind private Partys, auf die auch Ihnen Unbekannte eingeladen sind. Sollten Sie keine Begleitung haben, umso besser! Gehen Sie alleine hin! Wie diese Dame:
Auftritt Melanie: Die 38-jährige Sachbearbeiterin ist allein zur Party gekommen. Den strähnchenblonden Pagenkopf tief zwischen den Schultern, ein kleines Geschenk in der Hand, sucht sie zielstrebig das Geburtstagskind.
»Mensch, Melanie. Toll, dass du da bist!« – überrascht Peter sie von hinten. »Ich ahne schon: Das Buch, das ich mir gewünscht habe! Du bist ein Schatz. Bedien dich doch, ich muss noch mal in die Küche.« – Und schon ist Peter weg.
Das schwarze Designer-Täschchen eng an ihr Cocktailkleid gepresst, steht Melanie ratlos da. Mist, was mache ich nun? Ich kenn hier keine Menschenseele!
Körperlich ist sie anwesend, aber innerlich nicht wirklich präsent. Sonst würde sie merken, dass sich andere Gäste nach ihr umdrehen.
»Hey, wer ist das da drüben?«, fragt eine junge Frau ihren Freund. »So ein tolles Kleid habe ich bisher nur in Zeitschriften gesehen! Ob sie in der Modebranche arbeitet?«
»Kann sein. Ich winke ihr mal zu, auf unserem Sofa ist ja noch ein Platz frei. Aber sie scheint sich nach jemand anderem umzuschauen. Schade, sie wirkt echt interessant.«
Alle sind da, um eine gute Zeit zu haben. Neue Bekanntschaften gehören selbstverständlich dazu. Nur für Melanie anscheinend nicht. Zweimal hatte Peter sie schon zu seinen Partys eingeladen, zweimal sagte sie mit fadenscheinigen Ausreden ab. Ihn auch noch an seinem Geburtstag zu enttäuschen – das brachte sie nicht übers Herz. Mal ganz davon abgesehen, dass ihr die Ausreden langsam ausgingen. Was muss, das muss, redete sie sich ein. Diesmal musste sie in den sauren Apfel beißen.
Peter ist schon volle fünf Minuten weg und Melanie steht immer noch da wie auf dem Abstellgleis. Die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen, die Hände unentschieden. Für einen Moment hebt sie den Kopf und ihr Blick kreuzt den des jungen Mannes, der ihr vorher zugewunken hatte.
Na prima, denkt sie. Ich hatte schon vermutet, dass Peter eher Freunde in seinem Alter hat. Aber die sind ja alle noch jünger, als ich dachte. Hier ist keiner über 30, da gehe ich jede Wette ein. So lässig, wie die drauf sind, in ihren ausgewaschenen Jeans und flippigen Shirts … ich bin mal wieder viel zu aufgedonnert! Wo ist der Erdboden, in dem ich versinken kann?
Die Art, wie jemand einen Raum betritt, ist wie ein offenes Buch für den, der darin zu lesen versteht. Körpersprache und Verhalten sind schließlich nichts anderes als ein Spiegel der inneren Haltung. Die Tatsache, dass sie nur aus Anstand gekommen ist, kann Melanie beim besten Willen nicht vertuschen. So, wie sie dasteht, wirkt sie nicht gerade offen für Gespräche: Die neugierigen Blicke der anderen lassen sie völlig kalt, die Einladung auf die Couch hat sie gar nicht erst registriert. Dabei war das eine ausgestreckte Hand! Hätte sie sie ergriffen, wäre sie sofort im Gespräch gewesen. So steht sie weiterhin allein da – ein einziges Fragezeichen.
Auf einmal scheint Melanie aber Mut zu fassen. Rafft sie sich doch noch auf, um etwas aus dem Abend rauszuholen?
Melanie zieht von einem Raum in den nächsten. Sie ist eindeutig auf der Suche nach etwas Bestimmtem. »Kann ich dir helfen?«, fragt ein Zwei-Meter-Adonis mit randloser Brille und dunklen Locken. »Ich bräuchte nur ein Glas, möchte Sie aber nicht stören.« – »Ach was, du störst mich doch überhaupt nicht!« Der Adonis führt sie zum Getränketisch und mixt ihr, ganz Gentleman, sogar einen Aperitif.
Melanie nickt dankend, klammert sich an das Glas, lässt den Adonis stehen und verkriecht sich an einen Stehtisch in der Nähe des Ausgangs. Ganz in der Ecke, dort, wo es schon ein klein wenig dunkler ist. Dann zieht sie noch ihr Mobiltelefon aus der Tasche und klickt sich vermeintlich hoch konzentriert durch ihre Mitteilungen.
Spätestens jetzt ist klar: Melanie denkt gar nicht darüber nach, wie sie den Abend für sich noch retten könnte. Schade eigentlich. Sie müsste nur einen Schalter im Kopf umlegen, und schon würde sie sehen, wie viele Chancen ihr gerade offenstehen. Hätte sie ihr Handy in die Tasche gesteckt und sich zu anderen Gästen gesellt, hätte sie jetzt garantiert richtig Spaß. Und am Ende der Party sehr wahrscheinlich auch ein größeres Netzwerk. Stattdessen wendet sie ihre ganze Energie auf, um die vermeintlich unangenehme Situation zu vermeiden. Sie weicht aus, schirmt sich ab und verhindert jeden Kontakt. Am liebsten würde sie mit der Wand verschmelzen oder gleich wieder ins Auto steigen. Na gut, hier im Schummerlicht ist sie einigermaßen sicher. Aber während sie mit ihrem Mobiltelefon spielt, plagen sie weitere Gedanken.
Was mache ich denn jetzt bloß? Ich kann ja unmöglich noch mal zehn Minuten auf meinem Handy herumklicken! Hier so allein in der Ecke stehen, mitten auf einer Party – die ersten Leute gucken schon komisch. Am besten mach ich mich irgendwie nützlich. In Bewegung bleiben, das ist gut. Dann falle ich wenigstens nicht so auf.
Gesagt, getan. In der nächsten halben Stunde sammelt Melanie benutztes Geschirr ein, leert Aschenbecher aus und wirft die Spülmaschine an. Die braucht aber eine gute Stunde. Also schleicht sie sich wieder ins Wohnzimmer, wo mittlerweile bei wilden Beats getanzt wird. Auweia, da muss ich jetzt wohl auch die Hüften schwingen. Melanie schnappt sich lieber einen Lappen und wischt die Tische ab.
»Sind Sie Peters Mutter?«, will ein junges Mädchen wissen. Na bitte, denkt Melanie und lächelt säuerlich. Hab ich’s doch gewusst.
Nachdem Melanie alle Vermeidungsstrategien ausprobiert hat, ist die Party für sie beendet. So unauffällig wie möglich schleicht sie in Richtung Tür. Vor der Garderobe empfangen sie aber drei Herren, die sie ausdrücklich an ihren Tisch einladen. Im gleichen Augenblick geht die Eingangstür auf.
Auftritt Tanja: Die Marketingassistentin ist mit ihren 45 Jahren definitiv die Älteste im Raum. Den Blazer, der unverkennbar aus einer Boutique mit »Mode für Mollige« stammt, trägt sie lässig über der Schulter. Der hellbraune, modern geschnittene Hosenanzug spannt ein wenig um die Hüften, aber Tanja macht trotzdem eine gute Figur: Ihr offenes Lächeln unter dem feuerroten Bubikopf ist umwerfend und ihre aufrechte Haltung eine einzige Einladung.
Tanja ist Peters Patentante. Wie Melanie kennt sie niemanden – Peter ausgenommen – und landet zeitgleich mit Melanie an dem Tisch mit den drei Herren. Man unterhält sich gerade über einen angesagten Künstler, dessen Bilder in allen großen Museen gezeigt werden. Der Name des Künstlers sagt Tanja nichts, aber das Thema interessiert sie.
Tanja nähert sich Melanie, aber die ist mit ihrem Handy beschäftigt. Also wendet Tanja sich an einen der Männer: »Malen Sie selbst?«, fragt sie.
»Malen? Nein. Ich bin Bildhauer. Und Sie? Sind Sie Mäzenin?«
Die anderen lachen, und Tanja lacht mit: »Mäzenin? Noch nicht. Aber wer weiß, vielleicht habe ich in einigen Jahren ein paar Euro übrig, um junge Künstler zu unterstützen ... Tanja Meller mein Name, ich arbeite in der Marketingabteilung bei Papierwelt Hummelshausen. Aus Aachen. Sie wissen schon, das ist die Stadt mit den Printen.«
Kaum hat sie ihren Blazer abgelegt, ist Tanja schon mitten im Gespräch. Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? Ihre offene Haltung. Hier liegt der Hase im Pfeffer.
Allgemein gesagt: Ob wir mit einer offenen oder geschlossenen Haltung auf andere zugehen, ist einzig und allein unsere Entscheidung. Eine Entscheidung, bei der es darum geht, Lust zu gewinnen oder Schmerz zu vermeiden.
Tanja wollte Spaß haben und ein paar nette Leute treffen. Und ihre Offenheit hat sich ausgezahlt. Denn an diesem Abend ist sie auf einen zukünftigen Geschäftspartner gestoßen, mit dem sie einen neuen Vertriebskanal planen wird. Melanie hingegen startete mit angezogener Handbremse – und hat entsprechend wenig erreicht. Um Aschenbecher und Spülmaschine hätten sich auch andere gekümmert, wenn die Party vorbei ist. Aber weil der Wunsch nach Schmerzvermeidung in Melanies Überlegungen an erster Stelle stand, hatte sie an diesem Abend nur schlechte Laune. Lustgewinn gleich null.
Eine positive Grundhaltung einzunehmen, fällt dem einen leichter als dem anderen. Es gibt nun mal Draufgänger und eher vorsichtigere Gemüter. Doch dass es der stillen Melanie etwas schwerer fällt, Kontakte zu knüpfen, als der offenen Tanja, müsste für Melanie noch lange kein Grund sein, den Abend als Mauerblümchen zu verbringen. Sicherlich hat auch Melanie in ihrem Leben schon fremde Menschen angesprochen und weiß: So unüberwindbar schwierig ist das gar nicht. Dass sie jetzt frierend draußen steht und missmutig auf ein Taxi wartet, hat sie nur ihrer eigenen Haltung zu verdanken. Schade. Und unnötig dazu.
Wenn Sie sich auch nur ein wenig in Melanie wiederfinden, sollten Sie sich von Tanjas Auftritt eine Scheibe abschneiden. So können Sie beispielsweise offen sagen, dass Sie fremd sind, wenn Sie auf einer Veranstaltung niemanden kennen. Denn Sie sind sicherlich nicht der erste Mensch, der allein zu einem Event geht – und auch nicht der letzte. Warum also nicht einfach über den eigenen Schatten springen, Kontakt aufnehmen und schauen, was sich daraus ergibt? Ganz locker und entspannt, ohne große Erwartungen – und ohne Vorbehalte.
Das können Sie nicht, denken Sie? In meinen Seminaren habe ich festgestellt: Jeder kann das. Denn niemand ist Sklave seines Wesens. Wenn ich den eher zurückhaltenden Teilnehmern zeigen will, dass auch sie offensiver werden und sich Gehör verschaffen können, dann mache ich gerne folgende Übung: Ich bitte die Teilnehmer aufzustehen, sich im Raum zu bewegen und sich dabei möglichst unsichtbar zu machen. Dann werden sie ganz leise, verstecken sich, suchen Ecken und Winkel und pressen sich dicht an die Wand. Danach bitte ich sie, sich sichtbar zu machen. Sogleich erblickt man erhobene Häupter und gerade Wirbelsäulen, der Raum ist voll sirrender Präsenz. Erstaunlich, welche Energie jeder noch so Zurückhaltende in sich trägt! Und was er mit dieser Energie bewirken kann – wenn er nur will.
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