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Mercedes-Benz W116 – Die erste S-Klasse: Geschichte, Technik & Kaufberatung Der Mercedes-Benz W116 gilt als Pionier der S-Klasse und setzte ab 1972 neue Maßstäbe in Luxus, Design, Sicherheit und Technik. Dieses umfassende Buch bietet Ihnen auf 200 Seiten tiefgehende Einblicke in die Entwicklung, Modellvielfalt und technischen Details der gesamten W116-Baureihe – von den klassischen 280S- und 280SE-Modellen über den beliebten 350SE bis hin zum legendären Spitzenmodell 450SEL 6.9. Auch der seltene 300SD Diesel wird ausführlich behandelt. Dieses Buch bietet: • Detaillierte W116 Modellgeschichte: Entwicklung, Varianten und technische Innovationen der S-Klasse der 1970er Jahre • Umfassende Kaufberatung W116: Erkennen Sie typische Schwachstellen und erhalten Sie praktische Tipps für den Kauf eines gebrauchten W116 • Fahrgestellnummer & Datenkarte erklärt: Lernen Sie, wie Sie mit FIN und Datenkarte die originale Ausstattung Ihres Mercedes W116 nachvollziehen • Lackierungen & Innenausstattung: Überblick über verfügbare Farb- und Polsteroptionen der W116-Limousinen • Technische Daten & Leistungswerte: Ausführliche Beschreibung der Motoren, Fahrwerk, Ausstattung und Produktionszahlen • Mehr als 140 hochwertige Fotos: Anschauliche Farbbilder zeigen Karosserie, Motor, Innenraum und technische Details • Optionscodes entschlüsselt: Verständliche Erläuterungen zu den Ausstattungscodes für Sammler und Käufer Warum dieses Buch für Mercedes W116 Fans ein Muss ist: Ob Sie Mercedes-Liebhaber, Sammler oder potenzieller Käufer eines W116 sind – dieses Buch liefert Ihnen wertvolles Wissen rund um die erste S-Klasse von Mercedes-Benz. Mit praxisnahen Tipps zur Fahrzeugbewertung, spannenden technischen Details und exklusiven Bildern ist es die perfekte Informationsquelle für alle, die sich mit dem W116 beschäftigen möchten.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
MERCEDES - BENZ
Der W116
Vom 280S zum 450SEL 6.9 und den Tunern
1972 - 1980
Bernd S. Koehling
Copyright 2024 Bernd S. Koehling
Alle Rechte vorbehalten
Vorwort
Entwicklung der W116 Serie
Technische Aspekte
Der 3.5-Liter V8 Motor
Das Fahrwerk
Der W116
Auszug aus der 280er Broschüre
Der 450SE, SEL
Der 450SEL 6.9
Auszug aus der 6.9 Broschüre
Der 300SD
Updates und Veränderungen
Sonderschutz-Fahrzeuge
Der letzte W116
Experimentelle Sicherheitsfahrzeuge ESV
Einführung des ABS
Die Tuning Szene
AMG
Brabus
Lorinser
Karosseriebauer
Crayford
Pollmann
Rappold
Andere Umbauten
TECHNISCHE KAPITEL
Die W116 Fahrgestellnummer erklärt
Die W116 Datenkarte erklärt
W116 Kaufberatung
Auf den Punkt gebracht
Korrosion
Steuerkette
Der U-Rahmen
Karosserie
Motoren
Getriebe
Aufhängung/ Lenkung/ Bremsen/ Auspuff
Interieur
Welchen W116 soll man kaufen
Allgemeine technische Daten
Leistungs- und Drehmomentkurven
Drehzahl- vs. Geschwindigkeitskurven
Farb-Optionen
Farboptionen für die Innenausstattung
Produktionszahlen für den W116
Über den Verfasser
Weitere Bücher des Verfassers
Kostenloses e-Buch Angebot
Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben. Ich hoffe, Sie werden beim Lesen ebenso viel Freude empfinden, wie ich sie bei der Arbeit an diesem Werk hatte. Es ist Teil einer Buchreihe, die sich den Limousinen von Daimler-Benz widmet, die zwischen den 1930er- und 1990er-Jahren entstanden – eine Epoche, in der Form, Technik und Ingenieurskunst eine außergewöhnliche Symbiose eingingen.
Dieses Buch behandelt die Baureihe W116 in ihrer gesamten Tiefe: von den frühen Entwicklungsphasen in den 1960er-Jahren über die technische Umsetzung bis hin zu Modellpflege und Sonderausführungen. Neben den regulären Serienmodellen werden auch Sonderschutz- und Sicherheitsfahrzeuge, Karosserieumbauten sowie Umrüstungen durch namhafte Veredler wie AMG, Brabus und Lorinser beleuchtet.
Eine praxisorientierte, umfassende Kaufberatung unterstützt Sammler und Interessenten bei der Wahl des passenden Modells. Zudem enthält das Buch detaillierte Erläuterungen zu Fahrgestellnummern und Datenkarte, eine vollständige Übersicht aller Motorvarianten samt technischer Kennzahlen, sowie Angaben zu Farb- und Polsterkombinationen. Ein eigenes Technik-Kapitel bietet weiterführende Informationen zu Fahrleistungen, Drehmomentverläufen und Produktionszahlen sämtlicher Modellvarianten. Ergänzt wird dies durch zahlreiche aktuelle Fotografien, die auch technische Details – etwa das Fahrwerk – sichtbar machen.
Als der W116 im Jahr 1972 vorgestellt wurde, markierte er mehr als nur einen Generationswechsel: Er war ein Meilenstein der Automobiltechnik. Erstmals handelte es sich bei einer Mercedes-Oberklasselimousine nicht um eine Weiterentwicklung des Vorgängers, sondern um ein vollständig neu entwickeltes Fahrzeug, das Maßstäbe bei Sicherheit, Komfort und Fahrverhalten setzte.
Der W116 verkörperte Stärke und Selbstbewusstsein. Wer ihn fuhr, kommunizierte Haltung – ob als Vorstandsvorsitzender, erfolgreicher Unternehmer oder Kanzleramtschef. Doch ebenso deutlich wurde er von Kritikern als Symbol wirtschaftlicher und politischer Macht wahrgenommen.
Im Vergleich zum W108 wirkte der W116 moderner, größer und imposanter – mit flacherer Frontpartie, waagerecht ausgerichteten Breitbandscheinwerfern und großzügigem Chromdekor. In puncto Technik setzte er neue Standards: Er verfügte über moderne Fahrwerkstechnologie, Tempomat, automatische Klimatisierung und – ab 1978 – das erstmals in einem Serienfahrzeug angebotene Antiblockiersystem. Zwar fehlten elektrische Vordersitze, doch konnten Fondpassagiere auf Wunsch elektrisch verstellbare Rücksitzlehnen ordern – ein Ausstattungsmerkmal, das damals selbst in der Luxusklasse eine Seltenheit war.
Die Spitze der Modellpalette bildete ab 1975 der 450SEL 6.9 – eine fünf Meter lange Limousine mit hydropneumatischem Fahrwerk, 286 PS starkem V8-Motor und einem Leergewicht von fast zwei Tonnen. Die Fahrleistungen beeindruckten: Acht Sekunden von null auf einhundert km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h – damals Werte auf Sportwagen-Niveau.
Der Preis für diese Leistung offenbarte sich an der Zapfsäule: Ein durchschnittlicher Verbrauch von 22 bis 26 Litern Superbenzin war nicht ungewöhnlich. Selbst der 280S unterschritt mit 16 Litern kaum den Bereich des ökonomischen Denkens. Die Ölkrise der 1970er Jahre stellte daher auch Daimler-Benz vor Herausforderungen – insbesondere in den USA, wo Verbrauchsvorgaben drastisch verschärft wurden und großvolumige V8-Motoren an Popularität verloren.
Die Antwort darauf lieferte der 300SD, der 1978 ausschließlich in Nordamerika eingeführt wurde. Er war die erste S-Klasse mit Dieselmotor und verfügte über einen aufgeladenen Fünfzylinder mit 111 PS. Zwar beschleunigte er eher gemächlich, doch das hohe Drehmoment sorgte für überraschend agiles Fahrverhalten.
In den Vereinigten Staaten wurde er ein Bestseller, während man in Europa bewusst auf das Angebot verzichtete, um das exklusive Image der S-Klasse nicht zu gefährden. Damit half der Diesel entscheidend, die strengen Flottenverbrauchsziele der US-Regierung zu erfüllen. Anfang der 1980er-Jahre waren knapp 80 Prozent aller in den USA verkauften Mercedes-Pkw Dieselmodelle.
Die 1970er Jahre mit ihren zementierten Hierarchien sind längst vorbei, aber der W116 bringt etwas von dieser Zeit zurück. Dieser Mercedes war ein ernstes, sogar leicht arrogantes Auto. Man war versucht, ihn „Sir“ zu nennen. Dass der W116 inzwischen „cool“ geworden ist, liegt an seinem Alter. Er sieht längst nicht mehr aus wie ein fahrendes Vorstandsbüro, wenn er mit seinen Breitbandscheinwerfern, den wuchtigen Doppelstoßstangen und der geballten Macht seines Chromschmucks auf der linken Spur der Autobahn fährt.
Obwohl der W116 also der Vergangenheit angehört, fühlt er sich nicht so an. Es gibt nicht viele fünfzig Jahre alte Limousinen mit mehr Alltagstauglichkeit. Immerhin 156 PS (beim 280S) und das Kofferraumvolumen eines begehbaren Kleiderschranks nehmen die Angst vor Langstreckenfahrten. Bei Bedarf passen auch drei Kindersitze auf die Rückbank. Darüber hinaus war der W116 schlichtweg das sicherste Auto seiner Zeit. Das satte Geräusch seiner Türen täuscht nicht, die schiere Masse des Wagens beruhigt selbst ängstliche Naturen. Je nach Baujahr und Ausstattung sind Dreipukt-Sicherheitsgurte, verstellbare Kopfstützen vorne und hinten und sogar ABS an Bord.
Heutzutage sind wir von allen möglichen großen und schweren SUVs umgeben, und dieses Fünf-Meter-Schlachtschiff wirkt zwischen ihnen fast zerbrechlich, vor allem, wenn es mit den serienmäßigen 280S-Reifen und Stahlfelgen ausgestattet ist. Wenn man dieses Wunderkind der Vergangenheit heute fährt, ist man entspannt. Die Sitze sind so komfortabel wie Ihr Wohnzimmersofa und Sie finden eine Servolenkung vor, die Widerstand für sinnlos hält. Es erwartet Sie ein Fahrwerk, das seinen Namen als Verpflichtung versteht. Den Fans dieser S-Klasse würde es nichts ausmachen, wenn die Fahrt vom Büro nach Hause erst in Südfrankreich enden würde. Die Personen, die in den 1970er Jahren dieses Gefühl genießen durften, waren Konzern- oder Regierungschefs, erfolgreiche Architekten, Anwälte oder Ärzte. Heutzutage reicht das Gehalt eines Angestellten aus, um das einst beste Auto der Welt zu besitzen. Was haben wir für ein Glück!
Juni 2024
Bernd S. Koehling
Der verschwenderische Einsatz von Chrom und ein überdimensionierter Kühler, der schon beim W111 ein Anachronismus war, verdeutlichten das damalige Selbstverständnis von Daimler-Benz: Wir bauen die besten Autos der Welt. Deutschland befand sich in den 1970er Jahren auf dem Höhepunkt seiner Wirtschaftskraft, und das Mercedes W116 Alphatier war genau das richtige Auto, um dies zu demonstrieren. Im Gegensatz zu seinem zierlicheren und wohl auch etwas eleganteren Vorgänger strahlte er ein Statement von Erfolg und Überlegenheit aus. Dazu trugen auch die markanten Scheinwerfer und Rückleuchten im Cinemascope-Format bei.
Die leicht hochgezogene Gürtellinie, die optionalen getönten Scheiben, die gelegentlichen Jalousien im Fond und die Sicherheit ausstrahlenden chrombedeckten Bereiche um die Seitenscheiben: Der W116 war sicher kein Auto für schwache Nerven. Wer in den zwei Jahrzehnten davor einen Mercedes Sechszylinder fuhr, zeigte seiner Umwelt: ich habe es geschafft. Dieses Statement galt für den W116 noch mehr.
Doch gehen wir ein paar Jahre zurück. Zurück ins Jahr 1966, ein Jahr nach der Einführung der W108-Modelle. Sowohl der W111 als auch der W108 waren ein großer Erfolg für das Unternehmen, dessen Produktionskapazitäten bis an die Grenzen ausgelastet waren. Vorstandsmitglied Hans Scherenberg, verantwortlich für das gesamte Pkw-Geschäft, traf sich mit Karl Wilfert, Leiter Corporate Design, und Kurt Obländer, der Rudolf Uhlenhaut als Leiter der Technischen Entwicklung abgelöst hat. Für sie war es an der Zeit, über einen Nachfolger des W108 nachzudenken.
Als die Sitzung beendet war, waren die Ziele klar definiert: Die neuen Modelle sollten in Komfort, Fertigungsstandard, Raumangebot und Ausstattung auf dem Niveau der Baureihen W108, W109 liegen, aber in Fahreigenschaften, Design und Sicherheitstechnik deutlich verbessert werden.
Mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung wurden bei Daimler-Benz erstmals die Verformbarkeit und die Widerstandsfähigkeit der Karosserien gegen Kollisionen berechnet. In den Anfängen der rechnergestützten Konstruktion schätzten Experten das Verhältnis von menschlicher Rechenleistung zu Computer-leistung auf 1:200.000. Der W116 war ein Beispiel dafür, wie der Computer als Werkzeug des Konstrukteurs und Ingenieurs nicht nur den Karosseriebau revolutionierte, sondern mit Hilfe numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen eines Tages die gesamte Automobilproduktion würde steuern können.
Das Design, das im Dezember 1969 fertiggestellt wurde, war ein dramatischer Sprung nach vorn, mit maskulineren Linien, die einen eleganten und zugleich sportlichen Charakter schufen. Wenn man mit einem W116 neben einem SL R107 parkte, konnte man leicht die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Autos erkennen, insbesondere bei den Front- und Rückleuchten.
Obwohl der R107 oft als der erste Mercedes angesehen wird, in dem Ende der 1960er für die Oberklasse technischer Fortschritt realisiert wurde, ist dies nicht ganz korrekt, da W116 und R107 zur gleichen Zeit entwickelt wurden. Eigentlich war geplant, beide Fahrzeuge nur wenige Monate nacheinander auf den Markt zu bringen. Da jedoch die Internationale Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main 1971 aus wirtschaftlichen Gründen abgesagt wurde, entschloss sich die Daimler-Benz AG, den SL auf den Markt zu bringen, die Limousine aber um ein Jahr zu verschieben.
Das kam dem Management nicht ganz ungelegen, denn es gab noch eine Reihe großer Fragezeichen, wie die Regierungen in den großen Exportmärkten, hier vor allem in den USA, die Rahmenbedingungen für die Sicherheits-entwicklung neuer Pkw setzen würden. Daimler-Benz wollte sicherstellen, dass der W116 bei seiner Markteinführung alle gesetzlichen Anforderungen erfüllte.
Der W116 kann mit Fug und Recht als das erste echte, in Serie produzierte Sicherheitsfahrzeug der Welt bezeichnet werden. Hier sehen Sie einen 450SEL auf der Frankfurter IAA im September 1973, im Hintergrund ein Beweis für das hohe Sicherheitsniveau
Frühe Designstudien für Karosserie und Innenraum
Detailarbeit am Modell in Originalgröße
Karl Wilfert, Leiter des Corporate Design, prüft das neue Lenkrad
Auf dem Gebiet der passiven Sicherheit war die S-Klasse mit ihrem integrierten Sicherheits-konzept führend. Der C111 und die "Experimentellen Sicherheitsfahrzeuge" ESV 5 und ESV 13, auf die in einem späteren Kapitel eingegangen wird, belegen dies. Die Entwicklung der ESV fiel genau in die Zeit der Entwicklung des W116. Es waren aufwendige Projekte, die das Bauprogramm entscheidend beeinflussten. Doch der Aufwand lohnte sich, denn die dabei gewonnenen technischen Erkenntnisse flossen in die Konstruktion des neuen Wagens ein.
Eine neue Hinterachse ermöglichte es, den Kraftstofftank nicht mehr im Heck, sondern kollisionsgeschützt über der Hinterachse zu platzieren. Spezielle Windabweiser an den A-Säulen sorgten für gute Sicht. Bei Nässe dienten sie als Schmutzwasserkanäle und hielten die Seitenscheiben sauber. Weitere Sicherheits-merkmale waren umlaufende Blinkleuchten, die auch von der Seite gut sichtbar waren.
Das Heck dominierten große, auffällige, geriffelte Rückleuchten. Sie waren ein Markenzeichen aller Mercedes-Fahrzeuge von den frühen 1970er bis in die 1990er Jahre und eine Idee von Karl Wilfert. Obwohl das Design bei seinen Kollegen nicht unbedingt auf Gegenliebe stieß, setzte er es mit seinem Dickkopf durch. Einmal, so erzählt er, sei er fast mit einem anderen Auto zusammen-gestoßen, weil er bei Regen und Dunkelheit dessen Rücklichter nicht sehen konnte. Um ein Zeichen zu setzen, ließ er sie sogar in seinen Dienstwagen, einen 300SEL 6.3, einbauen.
Im Innenraum bot das stark gepolsterte Armaturenbrett mit versenkbaren Schaltern und Hebeln maximalen Schutz. Das Vierspeichen-Sicherheitslenkrad besaß einen kräftigen Pralltopf und eine breite, gepolsterte Nabe. Die wichtigste Verbesserung gegenüber der Vorgängerserie war eine noch stärkere Sicherheitsfahrgastzelle mit versteifter Dachrahmenkonstruktion, hochfesten, steifen Dach- und Türsäulen sowie verstärkten Türen. Die überdurchschnittlich dicken A-Säulen zeugten von der integralen Bauweise der gesamten Karosserie, das überdurchschnittlich hohe Leergewicht war vor allem auf die Sicherheitsausstattung zurückzuführen. Ein W116 280S war mit 1.660 kg rund 140 kg schwerer als das Vorgängermodell. Ein Teil davon kann auf die etwas höhere Gesamtgröße zurückgeführt werden, der größte Teil liegt jedoch unter der Karosserie. Durch die Steuerung der Verformbarkeit von Vorder- und Hinterwagen konnte die Energieaufnahme in den vorderen und hinteren Knautschzonen deutlich verbessert werden.
Das Layout des Kombiinstruments war so zukunftsweisend, dass es bis Ende der 1990er Jahre in nur geringfügig veränderter Form durchgängig in allen Mercedes-Modellen verwendet wurde. Auf Wunsch konnte gegen Aufpreis die Zeituhr gegen einen Drehzahlmesser mit integrierter Zeituhr ersetzt werden
Der W116 war das erste Auto der Welt mit einer nahezu zugfreien Innenraumbelüftung. Er war auch der erste Mercedes mit einer vollintegrierten Klimaanlage, d.h. einem richtigen Klimakasten mit verschiedenen Regelklappen und einem Gebläsemotor. Später, Anfang 1976, gab es sogar eine vollautomatische Ein-Zonen-Klimaanlage, die eigentlich für den amerikanischen Markt gedacht war, aber in allen Modellen eingesetzt wurde. Leider erwies sie sich als nicht so zuverlässig wie das Auto selbst. Dieses Problem wird noch in der Kaufberatung behandelt.
Ein echtes Highlight waren jedoch die belüfteten Vordertüren. Die (beheizte oder unbeheizte) Luft wurde in die Türen geleitet und trocknete sie, sie belüftete auch die Türverkleidung und konnte den Bereich um die Armlehne erwärmen.
Standardmäßig waren 280S und SE mit einfacheren Türverkleidungen ausgestattet
Eine „Tür-Innenpolsterung“ mit geänderten Verkleidungen (Serie beim SEL und V8) war gegen Aufpreis lieferbar. Ab 1978 gehörte sie auch beim 280S und SE zur Standardausstattung
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Als die Entwicklung des W116 begann, war man sich einig, dass der M130 Sechszylinder-Motor aus dem W108 auch den Nachfolger antreiben sollte. Dieser Motor hatte seine Wurzeln im M180, der erstmals 1951 im 220 W187 eingesetzt wurde. Diese Wurzeln waren aber auch der Grund dafür, dass er weiterentwickelt werden musste, um mit Motoren in Fahrzeugen wie dem BMW 2800 und dem Jaguar XJ6 konkurrieren zu können.
Die Hauptunterschiede des Reihensechszylinders, der nun M110 hieß (interner Code 110.922 für den 280S, 110.983 für den 280SE), waren der Aluminium-Querstrom-Zylinderkopf, zwei oben liegende Nockenwellen und halbkugelförmige Brennräume. Im Gegensatz zum Gegenstrom-Zylinderkopf, bei dem Ein- und Auslasskanäle auf einer Seite liegen, waren beim Querstrom-Zylinderkopf Ein- und Auslasskanäle auf gegenüberliegenden Seiten angeordnet. Dies hatte den Vorteil, dass die Gase ihre Richtung nicht ändern mussten, was zu einer effizienteren Bewegung und damit zu einer höheren Leistung des Motors führte.
Ein weiterer Unterschied war die Umstellung von der mechanischen Kraftstoffeinspritzung auf die neue elektronische D-Jetronic-Einspritzung von Bosch, die etwas später im Abschnitt über den 3,5-Liter-V8-Motor in diesem Kapitel genauer beschrieben wird. Die Tester stellten fest, dass der Startvorgang wesentlich ruckfreier war als bei der alten mechanischen Bosch-Einspritzung und dass die hohe Leerlaufdrehzahl, die bei der mechanischen Einspritzung störte, nicht mehr erforderlich war.
Längschnitt durch den M110 Vergasermotor des 280S
Der Solex Vergaser des 280S neigte gelegentlich bei kaltem, nassem Wetter zur Vereisung
Der M110 hatte einen Motorblock aus Gusseisen, der als einziges Teil vom M180 übernommen wurde, und eine siebenfach gelagerte Kurbelwelle. Er war der erste Serienmotor von Daimler-Benz mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Die V-förmig aufgehängten Ventile wurden über Kipphebel betätigt. Alle Motoren des Typs M110 hatten einen Hub von 78,8 mm und eine Bohrung von 86 mm. Durch die geringere Anzahl bewegter Massen und den besseren Massenausgleich drehte der M110 leichter und war drehzahlfester als seine Vorgängermotoren. Im unteren Drehzahlbereich hätte man sich mehr Drehmoment gewünscht, wurde dafür aber im oberen Drehzahlbereich mit beachtlicher Leistung entschädigt. Das leichte Aluminiummaterial des Zylinderkopfes war kein idealer Schalldämpfer, und die vielen beweglichen Teile wie Kipphebel und eine über eine Umlenkrolle geführte Duplex-Steuerkette sorgten für ein eigenartiges Ticken und Klicken, das dem M110-Motor intern den Spitznamen "Schellenbaum-Motor" einbrachte.
Sein Debüt feierte der Motor im April 1972 im W114. Im 280S mit einem Solex 4A1 Doppelvergaser leistete er 160 PS bei 5.500 U/min und im 280SE mit Benzineinspritzung 185 PS bei 6.000 U/min. Für Länder mit geringerer Kraftstoffqualität gab es den 280S mit 145 PS bei 5.500 U/min und den 280SE/SEL mit 170 PS bei 6.000 U/min (interne Codes 110.932 bzw. 110.993).
Die 280S-Solex-Vergaser neigten bei nasskaltem Wetter und Außentemperaturen unter Null Grad Celsius gelegentlich zur Vereisung, da mechanische Bauteile wie Federn, Registerhebel usw. ungeschützt im Luftstrom lagen. Dies konnte schließlich dazu führen, dass bei längeren Fahrten im Schneeregen der Motor nicht mehr auf das Gaspedal reagierte.
In der Folge musste das Fahrzeug mit ausgekuppeltem Motor angehalten und im Stillstand laufen gelassen werden. Nach einigen Minuten taute die Vereisung durch die Motorwärme ab und die Fahrt konnte fortgesetzt werden. Es war auch keine Seltenheit, dass Autos mit Vergasermotoren unter ähnlichen Fahrbedingungen zwei bis drei Liter mehr Kraftstoff verbrauchten als ihre Einspritz-pendants. Dies war einer der Gründe, warum Daimler-Benz (und andere Hersteller) schließlich auf Vergaser in ihren Limousinen komplett verzichteten.
Das Vergasersystem des 280S bestand aus zwei Verbundvergasern. In der ersten Beschleunigungsstufe arbeiteten sie nach dem Festdüsenprinzip mit konstanten Düsenrohr- und Düsenquerschnitten. In der zweiten Stufe arbeiteten sie nach dem bereits vom Stromberg-Vergaser bekannten Prinzip des konstanten Unterdrucks. Die Gemischanreicherung für den Kaltstart erfolgte automatisch mit Hilfe einer Bimetallfeder
Der 280SE-Motor verfügte über eine elektronisch gesteuerte Kraftstoffeinspritzung und eine Transistorzündung
Neben dem W114 und W116 wurde der M110 mit Benzineinspritzung ab August 1974 auch im SL R107 angeboten. Im G-Modell war der M110 bis 1989 der Spitzenmotor. Als 1971 die Entscheidung fiel, den M110 in Serie zu produzieren, war sein Nachfolger bereits in der Entwicklung. Dieser Motor, der M103, sollte 1976 zuerst im W123 vorgestellt werden. Für den Fall, dass er bis dahin nicht fertig sein sollte, genehmigte der Vorstand den M110 für eine Übergangszeit weiter zu benutzen.
Der M103 wurde schließlich noch viel später einsatzbereit und daher erst 1984 in der W124 Baureihe eingeführt. So wurde aus einem Provisorium für fünf Jahre ein Standard für 17 Jahre.
Der M110 war der letzte und mit 185 PS auch der stärkste Sechszylinder in Reihenbauweise. Mit einer Bauzeit von über 30 Jahren gehörte er zu den erfolgreichsten und langlebigsten aller Mercedes Motorenfamilien.
Der Getriebedeckel des Schaltgetriebe G 76/18 B war seitlich angeordnet und enthielt drei Schaltschwingen mit Drehführung für die wahlweise Anordnung von Mittel- oder Lenkradschaltung
Das automatische Wandler-Vierganggetriebe W4B 025 verfügte über eine Sekundärpumpe zum eventuellen Abschleppen des Fahrzeugs
Optional wurden die Sechszylindermotoren über einen Drehmomentwandler mit dem Mercedes-eigenen Viergang-Automatikgetriebe W4B025 (interner Code 722.1xx) verbunden. Die V8-Modelle hatten eine Dreigang-Version: W3A-040 (interner Code 722.0xx) für die 3,5-Liter- und die US/Japan 4,5-Liter-Modelle. Die Getriebe wiesen einige Besonderheiten auf. Zum einen waren sie mit einer Sekundärölpumpe ausgestattet, was bedeutete, dass die Fahrzeuge (langsam) geschleppt und/oder geschoben werden konnten. Solange sich der Hebel in Fahrstellung befand, blieb bei Motorstillstand die Kraftunterstützung sowohl in der Scheibenbremsanlage an allen vier Rädern als auch in der Kugelumlauflenkung mit variabler Übersetzung erhalten. Um ein besseres Anfahren an starken Steigungen zu ermöglichen, konnte der Fahrer den Gang manuell einlegen, indem er den Wählhebel in die unterste Stellung "L" bewegte. Das Fahrzeug fuhr dann an und hielt den untersten Gang bis zu einer Drehzahlgrenze von 5.400 U/min, bevor es automatisch in den zweiten Gang schaltete, wobei ein weiteres Hochschalten verhindert wurde.