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Auch wenn es beim Thema Mikrobiologie nur um winzig kleine Lebewesen geht hat es das Thema doch in sich. Denn Ihre geringe Größe machen Mikroorganismen durch ihre Anzahl wett. Wussten Sie beispielsweise, dass auf und im menschlichen Körper mehr Bakterien leben als er Zellen hat? Und viele davon sind für unser Überleben zwingend erforderlich. In diesem Buch lernen Sie, wie diese Einzeller aufgebaut sind, in welche Gruppen man sie einteilen kann und welche typischen Eigenschaften zu dieser Klassifizierung führen. Egal ob Eukaryoten, Prokaryoten, Viren oder Pilze Sie finden zu allem die wichtigsten Infos. Natürlich beschreibt die Autorin auch wie Mikroorganismen Krankheiten verursachen, wie man sich dagegen wappnen kann und welche bedeutsame Rolle die Winzlinge in Forschung und Medizin spielen. Sie werden sich wundern!
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Seitenzahl: 444
Veröffentlichungsjahr: 2020
Mikrobiologie für Dummies
Struktur
Prokaryot
Eukaryot
Größe
0,5 μm
5 μm
Ringförmige DNA
ja
nein
Plasmide
ja
nein
Ribosomen
70 S
80 S
Zellwand
ja
nein
Zellmembran
ja
ja
Membrangebundene Organellen
nein
ja
Wachstum über 70 °C
ja
nein
Endosporenbildung
ja
nein
Mikrobiologie für Dummies
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
1. Auflage 2020
© 2020 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
Original English language edition Microbiology for Dummies © 2020 All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc.
Copyright der englischsprachigen Originalausgabe Microbiology for Dummies © 2019 Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Diese Übersetzung wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert.
Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.
Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.
Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: © nobestsofierce/stock.adobe.comKorrektur: Isolde Kommer
Print ISBN: 978-3-527-71748-4ePub ISBN: 978-3-527-82746-6
Cover
Einleitung
Über dieses Buch
Törichte Annahmen über den Leser
Symbole in diesem Buch
Wie Sie dieses Buch für sich nutzen können
Teil I: Einführung in die Mikrobiologie
Kapitel 1: Mensch und Mikrobiologie
Wozu brauchen wir die Mikrobiologie?
Ein Blick auf die Welt der Mikroorganismen
Mikrobiologie aus verschiedenen Blickwinkeln
Kapitel 2: Mikrobiologie: die neue Wissenschaft
Aberglaube und Fehleinschätzungen
Die Entdeckung der Mikroben
Die Zukunft der Mikrobiologie
Kapitel 3: Mikroorganismen: sind überall und können (fast) alles
Die Diversität mikrobieller Lebensräume
Die metabolische Vielfalt
Wenn Wirt und Mikroorganismus aufeinandertreffen
Teil II: Mikrobielles Leben unter der Lupe
Kapitel 4: Grundlagen der Zellstruktur und Funktion
Zellform ist Ansichtssache
Leben im Mikromaßstab
Die Zelle im Überblick
Innere Membran, Zellwand und äußere Membran
Weitere wichtige Zellbestandteile
Aus eins mach zwei: Zellteilung
Transportsysteme: rein wie raus
Wir kommen rum: Fortbewegung
Kapitel 5: Einblick in den Stoffwechsel
Mit Enzymen läuft's schneller
Ohne Energie kein Leben: Oxidation und Reduktion
Kurz und klein im Katabolismus
Sehr aufbauend – der Anabolismus
Kapitel 6: Genetik der Mikroorganismen
Die Organisation des genetischen Materials
Von der DNA zum Protein
Regulation von Proteinsynthese und Proteinaktivität
Kein Fortschritt ohne Veränderung
Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum messen
Optimale Wachstumsbedingungen identifizieren
Mikroorganismen im Blickfeld
Zellteilungsrate und Zellzunahme beurteilen
Hemmung des mikrobiellen Wachstums
Teil III: Die Evolution des Mikrokosmos
Kapitel 8: Evolution der Mikroorganismen
Erste Organismen auf der Bühne des Lebens
Was ist Evolution?
Das Evolutionsgeschehen untersuchen
Klassifikation und Taxonomie von Mikroorganismen
Weit verzweigt - der Baum des Lebens
Kapitel 9: Energiegewinnung und CO2-Fixierung
Die Selbstversorger: autotrophe Organismen
Die Energie des Lichts nutzen
Energie aus anorganischen Verbindungen: Chemolithotrophie
Kapitel 10: Gärung und Atmung im Vergleich
Lebensstile der Reichen und Fakultativen
Ein Überblick zum Einstieg
Kapitel 11: Mikrobielle Lebensräume
Phosphorkreisläufe im Ozean
Mikroorganismen in Interaktion
Teil IV: Mikroben in Hülle und Fülle
Kapitel 12: Die Prokaryoten im Überblick
Prokaryoten, Teil 1: Die Bakterien
Weitere gramnegative Bakterien
Prokaryoten, Teil 2: Die Archaeen
Kapitel 13: Bühne frei für die Eukaryoten
Pilze
Prosperierende Vielfalt: die Protisten
Kapitel 14: Die Welt der Viren
Die Zelle fest im Griff der Viren
Die Viren der Eukaryoten
Kein leichtes Opfer: wie Wirtszellen sich wehren
Teil V: Mikroorganismen und menschliche Gesundheit
Kapitel 15: Mikroben als Krankheitserreger
Bollwerk gegen Pathogene: die Immunantwort
Antimikrobielle therapeutische Wirkstoffe
Fahnden nach den »Superbugs«
Kapitel 16: Mikroben im Einsatz: die Biotechnologie
Rekombinante DNA-Technologie
Origami mit Proteinen: die korrekte Faltung
Therapien besser, schneller und billiger machen
Kapitel 17: Der Kampf gegen Infektionserreger
Gesundheitsschutz in der Gesellschaft: Epidemiologie
Diagnostik mikrobieller Pathogene
Infektionserkrankungen eindämmen
Teil VI: Neue Herausforderungen meistern
Kapitel 18: Mikrobielle Ökosysteme im Fokus
Untersuchung mikrobieller Gemeinschaften
Methoden der mikrobiellen Ökologie
Es geht ans Eingemachte: Sequenzierung & Co.
Kapitel 19: Synthetische Biochemie
Regulation der Genexpression: das
lac
-Operon
Genetische Netzwerke entwickeln
Teil VII: Der Top Ten-Teil
Kapitel 20: (Fast) zehn gefährliche Krankheiten durch Mikroben
Ebola
Milzbrand
Grippe
Tuberkulose
HIV
Cholera
Pocken
Primäre Amöben-Menigoenzephalitis
Neue Gefahren im Anmarsch
Kapitel 21: Zehn wichtige Anwendungen für Mikroorganismen
Bereicherung des Speiseplans
Biodüngen mit Hülsenfrüchten
Bier, Wein und Schnaps produzieren
Insektenschädlinge töten
Reinigung und Klärung von Abwasser
Beitrag zur Medizin und Schönheit
Starthilfe für Ihr Aquarium
Biobasierte Kunststoffe
Kompostierbare Abfälle
Die Balance des Körpers erhalten
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 4
Tabelle 4.1: Unterschiede zwischen Pro- und Eukaryoten
Tabelle 4.2: Unterschiede in der Phospholipidstruktur bei Archaeen
Kapitel 8
Tabelle 8.1: Vergleich der Grundstruktur von Bakterien und Archaeen
Tabelle 8.2: Die Klassifikation von vier Mikroorganismen als Beispiel
Kapitel 9
Tabelle 9.1: Eigenschaften und Vorkommen der Chlorophylle
Kapitel 15
Tabelle 15.1: Hauptfunktion der Antikörperklassen
Kapitel 17
Tabelle 17.1: Klassische Tests zur Differenzierung von grampositiven Bakterien
Tabelle 17.2: Klassische Tests zur Differenzierung von gram-negativen Bakterien
Kapitel 18
Tabelle 18.1: Fluoreszenzfarbstoffe zur Markierung mikrobieller Zellen für die ...
Kapitel 1
Abbildung 1.1: Die Vielfalt der Mikroorganismen
Kapitel 2
Abbildung 2.1: Pasteurs Experimente, die die Theorie der spontanen Erzeugung ...
Abbildung 2.2: Antibakterielle Eigenschaft des Pilzes Penicillium
Kapitel 3
Abbildung 3.1: Der Stammbaum des Lebens
Abbildung 3.2: Mikrobielle Konsortien: Flechten und Pelochromatium roseum
Abbildung 3.3: Wirt-Mikroorganismus-Beziehungen
Kapitel 4
Abbildung 4.1: Unterschiedliche Zellenmorphologien
Abbildung 4.2: Vergleich der Zellgrößen
Abbildung 4.3: Die Struktur einer Phospholipid-Doppelschicht
Abbildung 4.4: Die Struktur von Peptidoglycan (Murein)
Abbildung 4.5: Struktur grampositiver und gramnegativer Zellwände
Abbildung 4.6: (a) Moleküle in grampositiven und gramnegativen Zellwä...
Abbildung 4.7: Die Schritte der Zellteilung
Abbildung 4.8: Transportmechanismen durch die Membran
Abbildung 4.9: Flagellenstruktur und Anordnung
Kapitel 5
Abbildung 5.1: Lysozym spaltet das Substrat Peptidoglycan.
Abbildung 5.2: NAD
+
/NADH-Zyklus
Abbildung 5.3: Energiespeichernde Moleküle
Abbildung 5.4: Membrangebundene Elektronencarrier
Abbildung 5.5: Der Citratzyklus
Abbildung 5.6: Die Grundstruktur aller Aminosäuren
Abbildung 5.7: Die Nukleotide
Abbildung 5.8: Beispiel für einen Hexose- und einen Pentose-Zucker
Abbildung 5.9: Ungesättigte Fettsäureketten sind gewinkelt.
Kapitel 6
Abbildung 6.1: Die Struktur der DNA
Abbildung 6.2: DNA-Replikation
Abbildung 6.3: Kontinuierliche und diskontinuierliche Replikation an der Replika...
Abbildung 6.4: Replikation eines zirkulären Chromosoms
Abbildung 6.5: Eukaryotische Chromosomen
Abbildung 6.6: Meiose und Mitose
Abbildung 6.7: Vergleich der Transkription in Bakterien und Eukaryoten
Abbildung 6.8: Die dreidimensionale Struktur der tRNA
Abbildung 6.9: Die Codons
Abbildung 6.10: Translation
Abbildung 6.11: Negative Kontrolle der Genexpression
Abbildung 6.12: Positive Kontrolle der Genexpression
Abbildung 6.13: Die Auswirkungen einer Punktmutation
Abbildung 6.14: Rekombination
Kapitel 7
Abbildung 7.1: Verdünnungsausstrich auf einer Agarplatte
Abbildung 7.2: Verdünnungsreihe
Abbildung 7.3: Die Gram-Färbung
Abbildung 7.4: Zellteilung durch binäre Spaltung
Abbildung 7.5: Wachstumsphasen einer Bakterienkultur
Kapitel 8
Abbildung 8.1: Endosymbiose
Abbildung 8.2: Der Baum des Lebens, einschließlich endosymbiontischer E...
Abbildung 8.3: Abstammungslinien entstehen aufgrund der Evolution.
Abbildung 8.4: Ökotypen
Kapitel 9
Abbildung 9.1: Die Schritte des Calvin-Zyklus
Abbildung 9.2: Der reverse Citratzyklus
Abbildung 9.3: Chlorophyll a und Substitutionsstellen im Bakteriochlorophyll
Abbildung 9.4: Arten von photosynthetischen Membranen
Abbildung 9.5: Das Z-Schema der Photosynthese
Abbildung 9.6: Anoxygene Photosynthese
Abbildung 9.7: Planctomyceten-Zelle mit Anammoxosom
Kapitel 10
Abbildung 10.1: Atmung und Gärung im Vergleich
Abbildung 10.2: Glykolyse (Embden-Meyerhof-Weg)
Abbildung 10.3: Der Citratzyklus
Abbildung 10.4: Beispiele für eine Substratkettenphosphorylierung
Abbildung 10.5: Die Elektronentransportkette
Abbildung 10.6: Die Denitrifikation
Abbildung 10.7: Abbau von Lipiden und Proteinen
Abbildung 10.8: Der heterofermentative Phosphoketolase-Weg
Abbildung 10.9: Der Entner-Doudoroff-Weg der Ethanolbildung
Kapitel 11
Abbildung 11.1: Stratifizierung eines Lebensraums
Abbildung 11.2: Organische und anorganische Kohlenstoffverbindungen
Abbildung 11.3: Der Kohlenstoffkreislauf
Abbildung 11.4: Der Stickstoffkreislauf
Abbildung 11.5: Biofilm
Abbildung 11.6: Lebensräume der Ozeane
Abbildung 11.7: Bodenlebensräume
Abbildung 11.8: Flechten
Abbildung 11.9: Wurzelknöllchen mit symbiotischen stickstofffixierenden Bakterie...
Kapitel 12
Abbildung 12.1: Der Stammbaum der Bakterien
Abbildung 12.2: Magnetische Bakterien
Abbildung 12.3: Cyanobakterien
Abbildung 12.4: Anammox-Bakterien
Abbildung 12.5: Endospore von Bacillus thuringiensis mit Toxinkristall
Abbildung 12.6: Bildung von Streptomyces-Sporen
Abbildung 12.7: Der phylogenetische Baum der Archaea
Abbildung 12.8: Das parasitäre Nanoarchaeum auf Ignicoccus-Zellen
Abbildung 12.9: Sulfolobus auf Schwefelkristallen (links) und die Zellen im Deta...
Kapitel 13
Abbildung 13.1: Einzellige Pilze
Abbildung 13.2: Arten von asexuellen Sporen
Abbildung 13.3: Arbuskuläre Mykorrhiza- (links) und Ektomykorrhizapilze
Abbildung 13.4: Das Ascocarp eines Becherlingsverwandten
Abbildung 13.5: Der Lebenszyklus des Champignons
Abbildung 13.6: Der Lebenszyklus von Plasmodium
Abbildung 13.7: Flagellierte Protisten
Abbildung 13.8: Paramecium
Abbildung 13.9: Bewegung und Strukturen einer Amöbe
Abbildung 13.10: Formwechsel der Schleimpilze
Abbildung 13.11: Chloroplast
Abbildung 13.12: Arten von Algen
Abbildung 13.13: Einzellige, koloniebildende und vielzellige Grünalgen
Abbildung 13.14: Diatomeen, Radiolarien, Cercozoen und Dinoflagellaten
Kapitel 14
Abbildung 14.1: Die Grundstrukturen der Viren
Abbildung 14.2: Uncoating von Viruspartikeln während der Infektion
Abbildung 14.3: Der lytische Bakteriophage T4
Abbildung 14.4: Infektionsstadien eines temperenten Phagen
Abbildung 14.5: Der transponierbare Phage Mu
Abbildung 14.6: Der Replikationszyklus eines Retrovirus
Abbildung 14.7: Prionenerkrankungen
Abbildung 14.8: Tabakmosaikvirus
Abbildung 14.9: Virusschutz durch das CRISPR-System
Kapitel 15
Abbildung 15.1: TLRs des angeborenen Immunsystems, die PAMPs erkennen
Abbildung 15.2: Aktivierung von T- und B-Zellen
Abbildung 15.3: Die Struktur der Antikörper
Abbildung 15.4: Zelluläre Angriffsziele von Antibiotika
Abbildung 15.5: Beispiele für den Mechanismus von Antibiotikaresistenzen
Abbildung 15.6: Antibiotika gegen Staphylococcus aureus im Laufe der Zeit
Abbildung 15.7: Inhibition der reversen Transkription durch Nukleosidanaloga
Kapitel 16
Abbildung 16.1:
Erkennungsstelle und Nomenklatur für das Restriktionsenzym
...
Abbildung 16.2: Ligation von DNA-Fragmenten, die mit dem gleichen Restriktionsen...
Abbildung 16.3: Konjugation: Der Helferstamm überträgt das F-Plasmid.
Abbildung 16.4: Homologe Rekombination
Abbildung 16.5: Zusammenbau langer DNA-Konstrukte durch transformationsassoziier...
Abbildung 16.6: Klassen von Umweltschadstoffen nach abnehmender Abbaubarkeit
Kapitel 17
Abbildung 17.1: Flussdiagramm zur Identifizierung von Bakterien anhand von Färbu...
Abbildung 17.2: Flussdiagramm zur biochemischen Identifizierung ei...
Abbildung 17.3: Phagentypisierung eines Bakterienstamms. Klare Bereiche sind zur...
Kapitel 18
Abbildung 18.1: Multidisplacement Amplification
Abbildung 18.2: 2D-Gel und Massenspektrometrie
Kapitel 19
Abbildung 19.1:
Die kontrollierte Induktion des lac-Operons
Abbildung 19.2: Überexpression von gentechnisch verändertem Protei...
Abbildung 19.3: Bistabile Schalter
Abbildung 19.4: Der Repressilator
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Wir sind umgeben von winzigen Lebewesen, die wir nur in den seltensten Fällen wahrnehmen. Die meisten Menschen verschwenden kaum einen Gedanken daran, wie wichtig diese kleinen Helfer für unsere Umwelt, unser Innenleben und unsere Gesundheit sind – es sei denn, sie werden krank und auf unangenehme Weise daran erinnert, dass es noch mehr gibt als das, was wir sehen. In diesem Buch möchten wir Sie in die spannende Welt der Mikroorganismen mitnehmen.
Keine Angst – auf den ersten Blick mag Ihnen die Mikrobiologie zwar wie ein riesiges Fachgebiet voller schwieriger Begriffe vorkommen, aber Sie werden sehen, dass die kleinen Häppchen, in dieses Buch zerlegt ist, eigentlich ganz einfach zu verstehen sind. Egal, ob Sie einen Mikrobiologiekurs an der Uni belegt haben, sich für einen Beruf entschieden haben, in dem die Mikrobiologie wichtig ist, oder einfach mehr über dieses Thema wissen möchten, Sie werden mit diesem Buch einen guten Einstieg finden.
Mikrobiologie für Dummies behandelt das Material eines typischen Mikrobiologiekurses eines naturwissenschaftlichen Bachelorstudiengangs. Erklärt werden:
die besonderen Eigenschaften von Mikroorganismen
was Mikroorganismen vom Rest des Lebens auf der Erde unterscheidet
mikrobielle Stoffwechselprozesse
wie unterschiedlich Mikroorganismen sein können …
… und wie sie unser Leben beeinflussen (im guten wie im schlechten Sinne)
Die zahlreichen Abbildungen helfen Ihnen, den Lernstoff zu visualisieren; zur Übersicht oder zur Orientierung finden Sie auch eine ganze Reihe von Auflistungen und Tabellen. Nach der Lektüre dieses Buches wissen Sie jedenfalls, was Mikroorganismen so einzigartig macht, wie Sie einzelne Arten identifizieren können oder wo und wie diese leben. Weiterhin stellen wir spezielle Bereiche der Mikrobiologie vor, die vielleicht für Ihre Berufswahl interessant sein könnten.
Sie müssen das Buch nicht von Anfang bis Ende lesen – tauchen Sie einfach in das Kapitel oder den Abschnitt ein, in dem sich die benötigten Informationen befinden. Sie können auch die grauen Kästen und Abschnitte überspringen, die mit dem Symbol für technische Informationen gekennzeichnet sind. Hier haben wir zusätzliche Details oder interessante Fälle zum Thema zusammengestellt, aber Sie müssen diese nicht für Ihr Grundverständnis lesen.
Wir gehen nicht davon aus, dass Sie bereits über viel Hintergrundwissen in der Mikrobiologie verfügen, aber vielleicht sind Sie generell an den Naturwissenschaften interessiert und kennen sich etwas mit den grundsätzlichen Prozessen des Lebens aus. Dieses Buch bietet einen Einstieg in die Mikrobiologie, also das solide Handwerkszeug, wenn Sie sich detaillierter mit Mikroorganismen oder der Gentechnologie beschäftigen möchten. Für die Mikrobiologie benötigen Sie Grundkenntnisse in Biochemie, Zellbiologie, Molekularbiologie und Umweltwissenschaften, die hier anwendungsbezogen kurz erklärt sind. Davon einmal abgesehen gehen wir davon aus, dass Sie Ihre Vorstellung von Mikroorganismen als »schlecht« bereits hinter sich gelassen haben und diese als wichtige Mitglieder unserer gesamten Ökosysteme betrachten (das ist nicht schwer angesichts der Tatsache, dass es auf der Erde mindestens 200 Millionen Billionen Mal mehr Mikroorganismen gibt als Menschen …!)
Am linken Seitenrand werden bestimmte Symbole angezeigt, um Informationen zu kennzeichnen, die auf Folgendes hinweisen:
Unter diesem Symbol finden Sie Informationen, die Fakten noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten oder als Erinnerungshilfe dienen.
Dieses Symbol steht für Erinnerung – also für eine wichtige Information, die Sie im Gedächtnis behalten sollten.
Hier müssen Sie aufpassen – es geht um Inhalte, die Sie schnell durcheinanderbringen könnten, weil sie oft falsch dargestellt werden (leider auch von einigen Wissenschaftlern). Manchmal weist Sie dieses Symbol auch auf Fakten hin, die in der Mikrobiologie kontrovers diskutiert werden.
Nicht unbedingt notwendige Information, fallen aber in die Kategorie »nice to know«. Wenn Sie nicht unbedingt in die Details eintauchen wollen, können Sie diesen Text einfach überschlagen.
In diesem Buch sind, wie es in der Wissenschaft üblich ist, Artnamen und Gattungen kursiv geschrieben. Kursiv sind auch alle wichtigen Begriffe, die Sie zum größten Teil als Einträge im Stichwortverzeichnis finden.
Einige Fakten der Mikrobiologie zu kennen ist praktisch, entweder um für eine Prüfung zu lernen oder um Ihr Gedächtnis aufzufrischen. Überspringen Sie gern Teil 1, wenn Sie schon etwas mehr wissen und keine Einführung mehr brauchen. In den Kapiteln in Teil 3 geht es vor allem um die Ökologie. Teil 4 beschäftigt sich mit den verschiedenen Arten von Mikroorganismen, und die Kapitel in Teil 5 konzentrieren sich auf die menschliche Gesundheit.
Egal, wo Sie beginnen oder wo Sie aufhören, wir hoffen, dass Sie mit diesem Buch Spaß haben und das lernen, was Sie wissen möchten oder aktuell benötigen!
Teil I
IN DIESEM TEIL …
Was Mikrobiologie eigentlich istWie Mikroorganismen Ihr Leben beeinflussen – im Guten wie im SchlechtenEin kurzer Exkurs in die Geschichte vor der Entdeckung der MikrobiologieKleiner Einblick in die vielfältigen Lebensformen von MikroorganismenWarum Mikroorganismen perfekte Anpassungskünstler sind, wenn es darum geht, Energie aus ihrer Umwelt zu gewinnenKapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Warum Mikrobiologie wichtig istLernen Sie Mikroorganismen kennenStellen wir die Werkzeuge der Mikrobiologen vorBei der Betrachtung der kleinsten Lebewesen auf der Erde geschieht es leicht, dass Sie das große Ganze aus den Augen verlieren. Was man nicht sieht, kann doch nicht so wichtig sein? Weit gefehlt, wie Ihnen das erste Kapitel zeigen wird, denn die Mikrobiologie hat großen Einfluss auf das menschliche Leben und ist eng mit zahlreichen anderen Wissenschaften verflochten. Und bitte an dieser Stelle keine Scheu vor der lästigen (und unverzichtbaren) Biochemie und Molekularbiologie mit ihren komplizierten Begriffen, denn wir erklären alles Schritt für Schritt.
Das ist eine gute Frage, denn die Bedeutung der unscheinbaren Mikroorganismen für ihr Leben wird von den meisten Menschen unterschätzt. Mikroorganismen sind buchstäblich überall anzutreffen; sie bedecken alle (inneren wie äußeren) Oberflächen Ihres Körpers und jeden Lebensraum der Erde. In der Natur tragen Mikroorganismen zum biogeochemischen Kreislauf und zum Materialumsatz in Böden und aquatischen Lebensräumen bei. Einige sind wichtige Symbionten, die in engem Kontakt mit ihrem Wirt leben (zu beiderseitigem Nutzen), während andere (die Pathogene) Krankheiten bei Pflanzen, Tieren und Menschen verursachen.
Am Anfang der Mikrobiologie stand die Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten durch Bakterien, Viren, Protozoen oder Pilze im Vordergrund. Erst durch die Mikrobiologie wurden Antibiotika entdeckt, ebenso die Impfstoffe und weitere Therapeutika zum Schutz des Menschen. Später kamen zunehmend industrielle Anwendungen von Mikroorganismen hinzu wie im Bergbau, der technischen Produktion von Pharmazeutika, Lebensmitteln oder Getränken. In den Anfängen der Bakteriengenetik zeigte sich dann, dass Mikroorganismen wichtige Modellorganismen zur Erforschung genetischer und biochemischer Prinzipien sind und sich hervorragend einsetzen lassen, um andere Organismen genetisch zu manipulieren (Gentechnologie).
In vielen Berufen spielt die Mikrobiologie eine wichtige Rolle – wenn Sie zu diesem Buch gegriffen haben, wissen Sie das bereits, weil Sie entweder im Studium Mikrobiologie belegt haben oder sich für einen Beruf in einem der folgenden Bereiche entschieden haben (die Liste ist bei Weitem nicht vollständig!):
Krankenpflege
Medizin
Biologisch/chemisches Labor
Pharmazie
Brauerei oder Weinbau
Umwelttechnik
Mikroorganismen sind tatsächlich eine sehr vielfältige Gruppe von Organismen. Die meisten Mikroorganismen sind Einzeller, manche bilden aber auch vielzellige Strukturen, die Sie ohne Mikroskop gut erkennen können. Basierend auf dem evolutionären Stammbaum werden heute drei Domänen des Lebens unterschieden (siehe Abbildung 1.1):
Bakterien
(Bacteria) sind eine große Gruppe einzelliger Organismen, die Wissenschaftler der Einfachheit halber in gramnegativ und grampositiv einteilen (dazu später noch mehr). In Wirklichkeit gibt es jedoch sehr viele, sehr unterschiedliche Arten.
Archaeen
(Archaea) sind eine weitere Gruppe einzelliger Organismen, die sich vor mehreren Milliarden Jahren zusammen mit den Bakterien entwickelt haben. Viele sind Extremophile, was bedeutet, dass sie unter sehr heißen, sehr sauren oder extrem salzhaltigen Bedingungen gedeihen. Archaeen sind eher mit Eukaryoten als mit den Bakterien verwandt.
Eukaryoten
(Eukarya) sind eine strukturell vielfältige Gruppe, zu der Menschen, Tiere, Pflanzen, Protisten, Algen und Pilze gehören. Eukaryoten besitzen einen echten Zellkern und membranumhüllte Organellen und unterscheiden sich in vielen wichtigen Aspekten von Bakterien und Archaeen.
Viren
sind kleiner als Bakterien und gelten nicht als Lebewesen, da sie keinen eigenen Stoffwechsel haben und eine Wirtszelle infizieren müssen, um zu überleben. Im Prinzip bestehen Viren nur aus genetischem Material, das von einem Virusmantel umgeben ist, aber ihnen fehlt die gesamte Maschinerie, um Proteine selbst herzustellen. Zu den subviralen Partikeln zählen die
Viroide
, die aus nackter Ribonukleinsäure (RNA) bestehen.
Prionen
sind Krankheiten verursachende Proteine.
Alle echten Mehrzeller bestehen aus eukaryotischen Zellen.
Abbildung 1.1: Die Vielfalt der Mikroorganismen
Bakterien und Archaeen werden als »Prokaryoten« zusammengefasst, weil beiden Gruppen der echte Zellkern fehlt. Selbst wenn sie einige Merkmale teilen und zunächst nicht leicht voneinander zu unterscheiden sind, handelt es sich dennoch um fundamental unterschiedliche Domänen des Lebens.
Auch in der Mikrobiologie gibt es verschiedene Fachrichtungen, je nachdem, welche Eigenschaften im Fokus stehen und welche Werkzeuge (die ständig ausgefeilter werden!) für diese Untersuchungen verwendet werden. Dazu zählen:
Morphologie:
Untersuchung der Form einzelnen Zellen oder einer Kolonie von Zellen (Koloniemorphologie) mit Mikroskopie und bestimmten Färbemethoden.
Wachstum:
Durch die Untersuchung des Wachstums eines Mikroorganismus lässt sich herausfinden, wie schnell sich eine Population teilt oder wie die einzelnen Mikroorganismen voneinander unterschieden werden können. Das Wachstum lässt sich mithilfe physikalischer Methoden bestimmen oder, ganz »alte Schule«, durch einfaches Zählen. Wichtig sind auch qualitative Gesichtspunkte, wie das Wachstum abläuft.
Metabolismus:
Wie ein Organismus Energie und Nährstoffe aus seiner Umwelt gewinnt, welche Zellstrukturen er damit synthetisieren kann und welche Stoffe er als »Abfälle« in die Umgebung abgibt (Stoffwechsel), wird mit biochemischen Methoden untersucht.
Genotyp
:
das gesamte Erbgut eines mikrobiellen Stammes. Gene werden mithilfe der Genetik untersucht, die einen großen Teil der Molekularbiologie ausmacht.
Phänotyp
:
die Summe aller beobachtbaren Merkmale eines Mikroorganismus, die sich aus der Konstellation von Genen und Umweltfaktoren ergibt. Um den Phänotyp zu bestimmen, müssen Sie mikrobiologisches Know-how einsetzen. Nur so können Sie Veränderungen in Wachstum und Stoffwechsel oder biochemische Prozesse zur Kommunikation und Verteidigung einer Zelle erkennen.
Phylogenie
:
die Geschichte der Evolution der Mikroorganismen. Auf der Basis der Phylogenie können Sie neu entdeckte Mikroorganismen klassifizieren und untersuchen, wie eng diese miteinander verwandt sind. Hier kommen genetische, molekularbiologische und evolutionsbiologische Werkzeuge zum Einsatz.
Wenn Sie alle Aspekte zusammennehmen, haben Sie einen guten Überblick über die Methoden der Mikrobiologie. Mikrobiologen gehören zu den kreativsten Wissenschaftlern überhaupt – es gibt so viele Methoden, die sich auf vielfältige Weise einsetzen lassen. Der Trick besteht darin, sich immer raffiniertere, schnellere Methoden für Analysen auszudenken, weshalb sich das Feld ständig weiterentwickelt.
»Mikrobiologie« steht zwar eigentlich für die Untersuchung aller Mikroorganismen, wird aber oft im engeren Sinne vor allem für Bakterien und Archaeen verwendet. Für andere Mikroorganismen sind andere Fachgebiete zuständig, beispielsweise die Virologie zur Untersuchung von Viren, die Mykologie zur Untersuchung von Pilzen und die Phykologie zur Untersuchung von Algen.
Kapitel 2
IN DIESEM KAPITEL
Die Anfänge der MikrobiologieMikroorganismen Schritt für Schritt entdeckenSpannende BerufsfelderIm Vergleich zu deutlich älteren Wissenschaftsgebieten ist die Mikrobiologie zwar historisch gesehen nicht mehr ganz neu, aber dennoch ein »Youngster« angesichts der zahlreichen Spezialgebiete, die sich in den letzten Jahren rund um die Mikrobiologie etabliert haben.
Die Anfänge der Mathematik reichen zurück in die Zeit um etwa 3000 v. Chr. in Babylonien, die Physik nahm mit dem Naturwissenschaftler Aristoteles (384 bis 322 v. Chr. ihren Anfang, aber das Wissen über winzige Lebewesen, ihre Biologie und ihre Auswirkungen auf das menschliche Leben gibt es erst seit dem späten 19. Jahrhundert. Bis um die 1880er-Jahre glaubten die Menschen noch immer, dass Leben durch eine Urzeugung aus unbelebter Materie entsteht und Krankheiten durch Sünden oder üble Gerüche (Miasmen) verursacht werden – so hören sie auch heute oft noch »das stinkt ja wie die Pest« – eine Reminiszenz an wirklich mittelalterliche Zeiten.
Wie in anderen Bereichen der Wissenschaft gibt es in der mikrobiologischen Forschung zwei Aspekte: die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung. Bei der Grundlagenforschung geht es darum, die fundamentalen Regeln der mikrobiellen Welt zu entdecken und die Vielfalt mikrobieller Systeme zu untersuchen. In der angewandten Mikrobiologie steht eher die Lösung eines Problems im Vordergrund, zum Beispiel die Frage, wie sich Mikroorganismen, deren Gene und Proteine für praktische Anwendungen in der Industrie oder Medizin nutzen lassen.
In diesem Kapitel erklären wir die wichtigsten Konzepte und Experimente, die zur Entdeckung von Mikroorganismen und ihrer Bedeutung für das Entstehen von Krankheiten führten. Wir stellen verschiedene Bereiche der Mikrobiologie vor und beschäftigen uns mit den Fortschritten und Herausforderungen bei der Prävention und Therapie von Infektionskrankheiten.
Medizinische Praktiken in der Antike waren zwar stark vom Glauben an übernatürliche Kräfte geprägt, dennoch war das alte Ägypten seiner Zeit in Bezug auf die Medizin weit voraus. Altägyptische Ärzte führten bereits 2000 v. Chr. erfolgreich Operationen durch und behandelten eine Vielzahl von Erkrankungen. Altgriechische Ärzte befassten sich um 400 v. Chr. mit der Ausgewogenheit des »humors« im Körper (die verschiedenen Körpersäfte). Sie glaubten, dass ein Ungleichgewicht dieser Säfte für Krankheiten verantwortlich ist. Auf diesem Konzept beruhte auch die Medizin im Europa des Mittelalters. Mikrobielle Verursacher von Krankheiten oder die Übertragungswege waren jedoch noch völlig unbekannt.
Warum Menschen von Krankheiten betroffen sind oder nicht und wie diese behandelt werden sollten, unterschied sich erheblich von Kultur zu Kultur. Die Ursache von Krankheiten war nach damaliger Vorstellung unter anderem:
schlechte Gerüche, die durch Entfernen oder Überdecken des störenden Geruchs behandelt wurden
ein Ungleichgewicht im »humor« des Körpers, das mit Aderlassen, Schwitzen und Erbrechen behandelt wurde
Sünden der Seele; zu behandeln mit Gebet und Ritualen
Obwohl das Konzept der Ansteckung generell bekannt war, wurde es nicht winzigen Lebewesen zugeschrieben, sondern eben den schlechten Gerüchen oder Geistern wie dem Teufel. Dementsprechend wurden damals auch einfache Maßnahmen wie das Entfernen der Infektionsquelle oder das Waschen von Händen beziehungsweise chirurgischen Geräten völlig außer Acht gelassen.
Bevor Mikroorganismen entdeckt wurden, war nicht bekannt, dass das Leben ausschließlich von lebenden Zellen abstammt. Die Menschen glaubten damals, Leben entstehe von allein aus Schlamm und Seen mit ausreichenden Nährstoffen in einem Prozess der spontanen Erzeugung (Urzeugung oder Abiogenese). Dieses Konzept war so überzeugend, dass es bis in das späte 19. Jahrhundert Bestand hatte.
Robert Hooke, ein englischer Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, verwendete als erster eine Linse, um die kleinsten Einheiten von Geweben zu betrachten. Diese Einheitenbezeichnete er als »Zellen«. Wenig später beobachtete der niederländische Tuchmacher, hobbymäßige Linsenmacher und Amateurbiologe Antoni van Leeuwenhoek mit seinen selbstgefertigten Mikroskopen kleine Lebewesen in Teichwasser und Speichel, die er Animacula (»Tierchen«) nannte – und wurde von der britischen Royal Society für seine Neuentdeckung 1676 zunächst ziemlich verspottet. Mit seinen über 500 Mikroskopen »Marke Eigenbau« soll van Leeuwenhoek eine Vergrößerung des bis zu 270-fachen erreicht haben – eine wirklich erstaunliche Leistung für die damalige Zeit!
Nachdem die Existenz von Mikroorganismen irgendwann anerkannt war, glaubten die meisten Wissenschaftler im 19. Jahrhundert noch immer, dass solche einfachen Lebensformen durch spontane Erzeugung entstehen könnten. Sie erhitzten einen Behälter mit einer Nährlösung (eine Mischung von Nährstoffen, die das Wachstum von Mikroorganismen unterstützen sollte) und versiegelten diesen. Als dann keine Mikroorganismen wuchsen, glaubten sie, dass dies auf die Abwesenheit von entweder Luft oder der Lebenskraft (was auch immer das war!) zurückzuführen sein musste, die notwendig ist, um Leben zu erzeugen.
Das Konzept der spontanen Entstehung von Leben wurde schließlich vom französischen Chemiker Louis Pasteur in einer Reihe kreativer Experimente mit einem Schwanenhalskolben widerlegt (Abbildung 2.1). Als er eine Nährbouillon in einem Kolben mit geradem Hals kochte und sie dann für eine Weile der Luft aussetzte, wuchsen Organismen. Als er das Experiment mit einem Schwanenhalskolben wiederholte, wuchs nichts. Die S-Form dieses zweiten Kolbens fängt alle Staubpartikel aus der Luft ein und verhindert, dass sie in die Nährbouillon gelangen können. Erst wenn die Nährbouillon mit der Luft im Schwanenhals wieder vermischt wird, kommt es zur Kontamination. Pasteur zeigte, dass zwar Luft in den Kolben eindringen konnte, aber eben nicht die Partikel in der Luft. Damit bewies er, dass es die Organismen im Staub waren, die letztendlich in der Bouillon wuchsen.
Abbildung 2.1: Pasteurs Experimente, die die Theorie der spontanen Erzeugung widerlegten
Die Vorstellung, dass unsichtbare Mikroorganismen die Ursache von Krankheiten sein könnten, wird als Keimtheorie bezeichnet, die ab 1870 Eingang in das Verständnis von Mikroorganismen fand – ein weiterer wichtiger Beitrag von Pasteur zu den Anfängen der Mikrobiologie. Anlass für diese Untersuchungen war für Pasteur damals übrigens seine Suche nach dem infektiösen Organismus, der den Tod von dreien seiner Töchter durch Typhus verursachte.
Etwa zur gleichen Zeit, als Pasteur seine Experimente durchführte, arbeitete der Arzt Robert Koch daran, die Ursachen für schwere Tiererkrankungen zu finden; zuerst Anthrax, dann Tuberkulose. Er stellte eine Reihe strenger Richtlinien auf, die er Postulate nannte. Kochs Postulate sind heute noch (wenn auch mit Einschränkungen) gültig, um nachzuweisen, dass ein Mikroorganismus eine bestimmte Krankheit verursacht:
Der Organismus, der die Krankheit verursacht, wird bei Kranken gefunden, aber nicht bei Gesunden.
Der Organismus kann isoliert und in Reinkultur gezüchtet werden.
Der Organismus muss die Krankheit verursachen, wenn er in ein gesundes Tier eingebracht wird.
Der aus dem infizierten Tier wieder isolierte Erreger muss mit dem ursprünglichen Erreger identisch sein.
Sobald die Wissenschaftler begriffen hatten, dass Mikroorganismen Krankheiten verursachen, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die medizinischen Praktiken erheblich verbesserten. Früher war eine Operation genauso gefährlich wie gar keine Behandlung, aber nach der Einführung aseptischer Techniken stiegen die Überlebensraten beträchtlich. Händewaschen und die Quarantäne infizierter Patienten verringerten die Ausbreitung von Krankheiten und machten Krankenhäuser zu einem Ort, an dem man eher geheilt wurde als starb.
Die Impfung wurde zwar noch vor der Keimtheorie entdeckt, aber erst zur Zeit von Pasteur vollständig verstanden. Im späten 18. Jahrhundert blieben Milchmädchen, die sich beim Melken mit den harmlosen Kuhpocken infiziert hatten, von den tödlichen Pocken-Ausbrüchen verschont, die England regelmäßig verwüsteten. Das fiel auch dem Arzt Edward Jenner auf. Er kam auf eine geniale (wenn auch ethisch sehr fragwürdige) Idee: Er verwendete Eiter aus Kuhpocken und infizierte damit gesunde Menschen als Schutz gegen Pockeninfekte. Erst Jahre später erkannte Pasteur, dass das Kuhpockenvirus dem Pockenvirus ähnlich genug ist, um eine Immunantwort auszulösen, die einer Person langfristig Immunität verleiht.
Das erste Antibiotikum entdeckte Alexander Fleming in den 1920er Jahren eher zufällig, als eine Bakterienkultur in einer Petrischale länger als sonst herumstand. Wie Sie es aus dem eigenen Kühlschrank kennen, verpilzen Nahrungsmittel irgendwann – auf der Petrischale breitete sich blau-grüner Schimmel aus. Fleming erkannte, dass sich die Bakterien in der Umgebung der Pilzkolonie regelrecht aufgelöst hatten und die Bakterien auf dem Rest der Platte schlechter zu wachsen schienen (Abbildung 2.2). Aus dieser Beobachtung zog er die richtigen Schlüsse: Irgendetwas musste der Pilz produzieren, was den Bakterien nicht schmeckte.
Abbildung 2.2: Antibakterielle Eigenschaft des Pilzes Penicillium
Mit viel Aufwand konnte damals die Verbindung isoliert werden, die für diese antibakterielle Wirkung verantwortlich ist – das erste Antibiotikum Penicillin war entdeckt, benannt nach den Produzenten der Gattung Penicillium. Penicillin wurde erstmalig im Zweiten Weltkrieg zur Behandlung von bakteriellen Infektionen und zur Vorbeugung von Infektionen bei Verbrennungsopfern eingesetzt und rettete zahlreichen Soldaten das Leben.
Unter anderem diese Entdeckung revolutionierte die Biologie, deren Augenmerk sich bis dahin vor allem auf pflanzliche und tierische Zellen gerichtet hatte. Erst als die Forscher begannen, die sehr viel einfacher strukturierten Bakterien zu untersuchten, offenbarten sich viele der Geheimnisse von Genen und Enzymen, die alle Lebewesen gemeinsam haben.
Im 18. Jahrhundert entwickelte Carl von Linné die binäre Nomenklatur, die bis heute Gültigkeit hat. Für jedes Lebewesen wird ein zweiteiliger (kursiv geschriebener) lateinischer Namen verwendet, um es eindeutig zu klassifizieren. Der erste Teil des Namens ist der Gattungsname, den eng verwandten Organismen teilen. Dieser wird oft abgekürzt angegeben (das Bakterium Escherichia coli wird zum Beispiel mit E. coli abgekürzt). Der zweite Teil ist der kleingeschriebene Artname. Das System wird heute oft um einen dritten Namen erweitert, wenn es sich als notwendig zur Unterscheidung erweist.
Auch Mikroorganismen werden nach dem System von Linné benannt, doch in diesem Gebiet ist die Nomenklatur eine echte Herausforderung, da sich mikrobielle Arten nicht so einfach voneinander abgrenzen lassen (mehr dazu in Kapitel 8). Entsprechend werden Sie in diesem Buch auch an einigen Stellen auf Mikroorganismen treffen, die in den letzten Jahren umgruppiert und umbenannt worden sind.
Zwei weitere Wissenschaftler haben unser Verständnis der mikrobiellen Welt außerhalb des menschlichen Körpers entscheidend mitgeprägt und zur modernen Umweltmikrobiologie beigetragen:
Der niederländische Mikrobiologe Martinus Beijerinck
erkannte als erster, dass nicht alle Bakterien mit den gleichen Lebensbedingungen glücklich sind. Er verwendete
Anreicherungskulturen
(spezielle Nährmedien, die das Wachstum bestimmter Organismen fördern), um Bakterien aus Umweltproben zu isolieren, die unter den üblichen Laborbedingungen nicht im Labor zu züchten waren. Ein wichtiges Beispiel ist
Azotobacter
, ein stickstofffixierendes Bakterium, das nur unter Stickstoffgas (N
2
) kultiviert werden kann.
Der russische Mikrobiologe Sergei Winogradsky
beschrieb schwefeloxidierende Bakterien der Gattung
Beggiatoa
aus einer heißen Quelle. Diese überraschende Entdeckung zeigte, dass einige Mikroorganismen ihre Energie auch aus anorganischen Verbindungen wie Schwefelwasserstoff (H
2
S) gewinnen können.
Die Entwicklung neuer Techniken, um das Genom von Organismen, ihre Stoffwechselaktivitäten oder die gebildeten Metabolite zu analysieren, eröffnen völlig neue Möglichkeiten für Mikrobiologen. Nun musste ein Mikroorganismus nicht erst im Labor kultiviert werden (was sich in vielen Fällen auch als praktisch unmöglich herausstellte), um ihn zu untersuchen. Die Nutzung dieser mikrobiellen Biodiversität für die Wirkstoffforschung und für biotechnologische Anwendungen erwies sich als überaus spannendes Forschungsgebiet. Mit der ständig wachsenden Verfügbarkeit von Antibiotika und Impfstoffen in der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts glaubten die Wissenschaftler, dass Infektionskrankheiten bald kein Thema mehr sein würden – aber weit gefehlt. Sie mussten erkennen, dass Mikroorganismen noch eine ganze Reihe von Überraschungen für uns parat haben und der Forschung oft eine Nasenlänge voraus sind. Die Entstehung von Antibiotikaresistenzen und die rasche Entwicklung bakterieller und viraler Krankheitserreger mit neuen Eigenschaften zwingen uns heute zum Umdenken und zeigen, dass die medizinische Mikrobiologie noch immer eine dynamische Wissenschaft mit vielen offenen Fragen ist.
Dank der ständig verbesserten Untersuchungsmethoden entwickelte sich die Molekularbiologie zu einem überaus spannenden Teilbereich der Mikrobiologie. Mit DNA- und RNA-Sequenzierung und der Manipulation von Genen können Mikrobiologen die Funktion von Enzymen oder die Evolution von Mikroorganismen aufklären und mikrobielle Genome gezielt verändern.
Mittlerweile lässt sich das Genom eines Organismus innerhalb kürzester Zeit analysieren (genauer gesagt, sequenzieren). Die 1975 von Frederick Sanger entwickelte Technik ist an sich nicht mehr ganz so neu, doch erst die automatisierte Sequenzierung mit riesigem Datendurchsatz eröffnete ungeahnte Möglichkeiten. Auch die Mikrobiomforschung (ziemlich heißes Thema gerade) wäre ohne die modernen Sequenzierungstechniken unmöglich. Hier werden ganze Ökosysteme (ein Mikrobiom) hinsichtlich ihrer Gene und Genprodukte analysiert. Untersuchungen von Ozeanen haben zum Beispiel gezeigt, dass dort viel mehr Arten von Bakterien und Archaeen mit bislang unbekannten Stoffwechselwegen vorhanden sind, als wir dachten.
Ein Schwerpunkt der Mikrobiomforschung ist die Gesamtheit der Mikroorganismen, die im menschlichen Körper leben und eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit spielen. Dazu ein paar Zahlen: Der Mensch enthält mehr Mikroorganismen als Körperzellen; damit entfallen etwa 2 kg eines Erwachsenen auf unsere »Untermieter«. Diese exprimieren eine Vielzahl von Genen, die auch mit Gewichtszunahme, Krebs oder Depressionen in Verbindung stehen sollen.
Die Anzahl der Viren auf der Erde ist kaum abzuschätzen – vermutlich haben Wissenschaftler bislang nur die Spitze des Eisbergs gesehen. Ebenso groß ist die Herausforderung, Therapeutika für Viruserkrankungen wie HIV und Influenza zu entwickeln, denn diese Viren ändern sich ständig. Probleme im Gesundheitswesen verursachen auch andere Infektionskrankheiten wie die Lungenentzündung, die nach wie vor weltweit häufigste Todesursache bei Kindern, da Impfstoffe in Entwicklungsländern nur schwer erhältlich sind. Malaria- und Tuberkuloseerreger können sich ziemlich gut vor dem Immunsystem verstecken, sodass viele Ansätze zur Bekämpfung in der Vergangenheit wenig (oder nur temporären) Erfolg zeigten.
Die moderne Medizin hegte im »goldenen« Zeitalter der Antibiotikaentdeckungen große Hoffnungen, Infektionen aller Art eines Tages komplett kontrollieren zu können. Lange sah es auch danach aus, denn Antibiotika erwiesen sich als wahre Wunderwaffen bei der Behandlung der meisten Infektionen. Heute sehen wir jedoch, dass Bakterien immer häufiger Resistenzen entwickeln und viele antibakteriellen Wirkstoffe daher unbrauchbar geworden sind. Nicht umsonst erklärte die Weltgesundheitsorganisation im Frühjahr 2014 die zunehmenden Antibiotikaresistenzen zu einer globalen Gesundheitskrise.
Ab dem 19. Jahrhundert explodierten die Entwicklungen in der Mikrobiologie förmlich. Viele neue Zweige der Mikrobiologie entstanden und eröffneten Forschungs- und Berufsfelder wie zum Beispiel:
Aquatische, Boden- und Agrarmikrobiologie: untersucht Mikroorganismen in diesen Ökosystemen. Dazu gehört auch der Abbau möglicher Schadstoffe.Bakteriologie: die Identifizierung und Charakterisierung von Bakterienarten.Immunologie: die Untersuchung der Reaktion des Körpers auf eine Infektion durch Mikroorganismen. Zu diesem Bereich gehört auch die Impfstoffforschung, die darauf abzielt, mehr und bessere Möglichkeiten zur Immunisierung von Menschen gegen pathogene Mikroorganismen zu entwickeln.Industrielle Mikrobiologie: verwendet Mikroorganismen in großem Maßstab, um beispielsweise Antibiotika, Medikamente oder Lebensmittel herzustellen.Medizinische Mikrobiologie: die Untersuchung pathogener Mikroorganismen, die bei Menschen und Tieren Infektionskrankheiten verursachen, sowie Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen.Mikrobielle Biochemie: zielt darauf ab, die Enzyme und chemischen Reaktionen in mikrobiellen Zellen zu verstehen und diese auch für andere Anwendungen (zum Beispiel für Waschmittel) zu nutzen.Mikrobielle Biotechnologie: befasst sich mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen, die entweder ein Produkt für den menschlichen Gebrauch herstellen (etwa Humaninsulin) oder eine Reaktion ausführen können, die wir benötigen (beispielsweise den Abbau von Umweltgiften).Mikrobielle Ökologie: analysiert die mikrobielle Vielfalt in der Natur, mikrobielle Populationen oder Vergesellschaftungen und deren Auswirkungen auf ihre Umwelt. Dazu gehören neben der Biogeochemie auch die Nährstoffkreisläufe (biologische, chemische und physikalische Prozesse, die die Zusammensetzung der natürlichen Umwelt steuern).Mikrobielle Genetik: die Untersuchung des Genoms von Mikroorganismen, der Weitergabe von Genen und der Unterschiede im genetischen Code zwischen Mikroorganismen.Mikrobielle Systematik: untersucht, wie sich Mikroorganismen im Laufe der Zeit in die verschiedenen Lebensformen aufgespalten haben, wer mit wem verwandt ist und wie ein Organismus daher systematisch einzuordnen ist (Nomenklatur).Mykologie:Kapitel 3
IN DIESEM KAPITEL
Ein Blick in die GeschichteMetabolische Vielfalt der MikroorganismenTechnische Anwendung mikrobieller EnzymeDer Mensch als WirtMeistens neigen wir dazu, Mikroorganismen vor allem als Verursacher von Krankheiten (Kinderlähmung, Pest …) oder Unannehmlichkeiten (Lebensmittelverderb, Pflanzenkrankheiten …) zu betrachten, aber tatsächlich spielen sie noch eine weitaus größere Rolle für unser (Über-)Leben. Eine ausgewogene mikrobielle Gemeinschaft ist essenziell für die Gesundheit jedes Ökosystems – und unser eigenes Wohlbefinden.
Allein im Hinblick auf die genetische Vielfalt und die Anzahl an Zellen übertreffen Mikroorganismen alle anderen Lebewesen auf der Erde bei Weitem. Schätzungen zufolge besteht 70 Prozent der gesamten Biomasse der Erde aus Mikroorganismen. Auf die circa 30 Billionen Zellen eines Menschen kommen etwa 39 Billionen mikrobielle »Mitbewohner« – Bakterien sind damit definitiv in der Überzahl und sorgen erst dafür, dass unser Organismus läuft.
Das erste Leben auf der Erde entstand vermutlich vor fast 4 Milliarden Jahren. Mehrzelliges Leben gab es erst 2,5 Milliarden Jahre später; in der Zwischenzeit beherrschten Einzeller die Erde. Frühe Prokaryoten (Bakterien und Archaeen) lebten ohne Sauerstoff; die Erdatmosphäre war anoxisch und änderte sich erst langsam zu einer Atmosphäre, in der sauerstoffabhängige Organismen überleben konnten. Die frühe Erde hatte auch ein deutlich raueres Klima als der Planet heute. Belege dafür sehen wir noch heute in Form der extremophilen Bakterien und Archaeen.
Wie sich das Leben auf der Erde entwickelte, zeigt der in Abbildung 3.1 dargestellte phylogenetische Baum. Je länger die Linien, desto mehr Unterschiede treten im Genom der Lebewesen auf. In dieser knappen Darstellung ist der Mensch nicht einmal erwähnt, und selbst das Tierreich bringt es nur auf einen ziemlich kurzen Zweig.
Abbildung 3.1: Der Stammbaum des Lebens
Eine mikrobielle Population ist eine Gruppe von Zellen, die sich genetisch ähneln. Populationen leben mit anderen Mikroorganismen in Gemeinschaften zusammen. Diese Gemeinschaften interagieren intensiv miteinander und mit ihrer Umgebung, indem sie Nährstoffe verbrauchen und Abfälle ausscheiden. Mikrobielle Gemeinschaften wiederum leben im größeren Kontext eines Ökosystems, zu dem beispielsweise Seen, Ozeane oder Wälder gehören können. Sie sorgen für die Stoffkreisläufe – sodass alles auf der Erde im Gleichgewicht bleibt.
In diesem Kapitel behandeln wir zwei Arten der mikrobiellen Diversität – die Vielfalt von Lebensräumen und die metabolische Vielfalt – und diskutieren, wie die Anwesenheit von Mikroorganismen Pflanzen und Tiere (einschließlich des Menschen) beeinflusst.
Der Begriff Diversität (englisch »diversity«) umfasst die Vielfalt aller möglichen Gene, Metaboliten, Lebensräume und mehr. Biodiversität bedeutet die Vielfalt aller lebender Organismen.
Je nach Lebensraum (Habitat) werden Sie sehr unterschiedliche Mikroorganismen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften finden. Böden, Flüsse, Seen, Ozeane, Oberflächen von lebenden und toten Dingen und vieles mehr – all das sind Lebensräume, an die sich Mikroorganismen angepasst haben, weil sie hier Energiequellen und Substrate für ihr Wachstum vorfinden.
Jeder Lebensraum ist in Bezug auf Temperatur, Sauerstoff, Nährstoffgehalt und Lichteinfall schichtartig in Unterräume strukturiert – er ist stratifiziert. Jede diese Schichten bildet eine andere ökologische Nische, für die ein bestimmter Mikroorganismus oder eine Gruppe von Mikroorganismen aufgrund der spezifischen Eigenschaften besonders gut geeignet ist.
Viele Habitate auf der Erde sind aufgrund extremer Temperaturen, pH-Werte, Salz- und/oder Säuregehalte für die meisten Tiere und Pflanzen unwirtlich. Dennoch sind diese Umgebungen voller Mikroorganismen, die auch bei extrem hohen Temperaturen in der Nähe von hydrothermalen Quellen, bei extrem niedrigen Temperaturen im polaren Meereis, in Salzseen, Schwefelquellen oder bei hoher Strahlenbelastung noch gedeihen. Darüber hinaus haben viele Mikroorganismen kein Problem mit Substanzen, die für die meisten anderen Lebewesen toxisch sind – sie nutzen diese Substanzen häufig zur Energiegewinnung und entgiften sie dabei.
Wo immer Sie suchen, finden Sie Mikroorganismen auch an Orten, die Sie vermutlich nicht erwarten: in Operationssälen oder Reinräumen der NASA (die beide idealerweise frei von Keimen sein sollten), im menschliche Gehirn und im Inneren von Gesteinen. Mikroorganismen können offensichtlich jeden Lebensraum nutzen und das bedeutet im Umkehrschluss, dass es trotz aller Mühe mitunter äußerst schwierig sein kann, diese Anpassungskünstler loszuwerden.
Die Anzahl an Zellen und die Vielfalt an Arten ist nicht in jedem Habitat gleich. Einige Standorte beherbergen viele Bakterienzellen (als Biomasse bezeichnet), während an anderen Orten zwar weniger Organismen, dafür aber viele verschiedene Arten leben. Die vermutlich größte Biomasse an Bakterien finden Sie mit 1010 Zellen pro Gramm im Dickdarm von Tieren, während die Anzahl an verschiedenen Arten beim Menschen nach neueren Schätzungen bei etwa 2.000 liegen dürfte (Stand 2019). Im Gegensatz dazu ist der Boden mit zwischen 2.000 bis 8.3 Millionen Arten pro Gramm Boden wohl der artenreichste Lebensraum. Umgebungen mit gemischten Nährstoffquellen weisen häufig eine hohe mikrobielle Vielfalt auf, da viele verschiedene Mikroorganismen wachsen können, ohne dass sich eine Art gegenüber den anderen Arten durchsetzt. Die Gesamtzahl der Mikroorganismen ist geringer, die Anzahl der verschiedenen Arten jedoch höher.
In einigen Fällen haben sich Mikroorganismen ihre eigenen Lebensräume geschaffen und wachsen in großen Gemeinschaften, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Ein typisches Beispiel hierfür sind Biofilme und mikrobielle Matten aus vielen verschiedenen Arten von Bakterien und Archaeen. Mikrobielle Matten bieten eine Fülle von Nischen mit hoher metabolischer Vielfalt und werden in Kapitel 11 noch ausführlich erörtert. Eine etwas andere Art von mikrobieller Gemeinschaft ist das Konsortium, ein enger Verbund zwischen wenigen Arten. Zwei Beispiele hierfür sind Flechten aus Algen und Pilzen oder das Konsortium grüner Schwefelbakterien in Meeren und Süßgewässern (Abbildung 3.2).
Abbildung 3.2: Mikrobielle Konsortien: Flechten und Pelochromatium roseum
Mikroorganismen sind nicht nur extrem weit verbreitet, sondern beeindrucken auch durch ihre enorme Bandbreite an verschiedenen Stoffwechselwegen. Diese Vielfalt zeigt sich schon allein anhand der Verbindungen, die Mikroorganismen metabolisieren oder produzieren können. Das ganze metabolische Potenzial der Mikroorganismen offenbarte sich aber erst in den letzten Jahren, nachdem Wissenschaftler das Genom vieler Mikroorganismen sequenziert hatten. Die Kenntnis der im Genom vorhandenen Gene kann darauf hindeuten, welche Enzyme ein Organismus für seinen Stoffwechsel herstellen kann.
Was aber genau fällt alles unter den Begriff metabolische Vielfalt? Diese wird unter vier Hauptgesichtspunkten betrachtet:
Strategie(n) zur Energiegewinnung
Strategie(n) zur Gewinnung vom Kohlenstoff
essenzielle Enzyme für das Wachstum
Produkte, die für das Überleben nicht notwendig sind (sogenannte
Sekundärmetabolite
)
In der Natur gibt es drei Arten der Energiegewinnung:
Chemoorganotrophie:
Die Energie stammt aus dem Abbau organischer Substanzen mit Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen.
Chemolithotrophie:
Die Energie stammt aus der Umwandlung anorganischer Substanzen.
Photosynthese:
Die Energie stammt aus dem Sonnenlicht. Hier gibt es zwei Varianten:
Die
oxygene
Photosynthese erzeugt Sauerstoff und wird von den Cyanobakterien (siehe
Kapitel 12
) und Algen sowie von allen grünen Pflanzen genutzt.
Die
anoxygene
Photosynthese erzeugt keinen Sauerstoff und wird von Pupurbakterien, grünen Schwefelbakterien und grünen Nichtschwefelbakterien genutzt (siehe
Kapitel 12
).
Alle lebenden Zellen benötigen viel Kohlenstoff als Bestandteil aller Proteine, Nukleinsäuren und Zellstrukturen. Diesen Kohlenstoff (C) können sie aus verschiedenen Quellen beziehen:
Heterotroph
sind Tiere, Pilze, die meisten Bakterien und Archaeen. Sie beziehen ihren Kohlenstoff aus organischen Verbindungen in ihrer Umgebung. Auch chemoorganotrophe Organismen fallen in diese Kategorie.
Autotroph
sind zum Beispiel Pflanzen, die Kohlenstoffdioxid (CO
2
) aus der Luft für ihren Kohlenstoffbedarf verwenden. Die meisten chemolithotrophen und phototrophen Organismen sind autotroph, was sie zu Primärproduzenten in der Natur macht, da sie anorganisches CO
2
in organische Kohlenstoffverbindungen umwandeln können.
Mixotroph
sind einige Einzeller im Plankton (und eventuell einige Orchideen), die zwischen Heterotrophie (wenn organischer Kohlenstoff verfügbar ist) und Autotrophie (wenn die Nahrungsquellen erschöpft sind) wechseln können.
Nur wenige Verbindungen in der Natur können Mikroorganismen nicht enzymatisch abbauen – was das betrifft, sind sie unangefochten die Alleskönner unter den Lebewesen. Entsprechend groß ist auch die geschätzte Anzahl an Verbindungen, die sie enzymatisch herstellen können.
Mikroorganismen sind die Einzigen, die hartes Pflanzenmaterial aus Zellulose (Polysaccharid pflanzlicher Zellwände) und Lignin (in verholzten Pflanzenteilen) abbauen können. Allein die Mikroorganismen im Pansen von Pflanzenfressern und den Eingeweiden von Termiten sind für die Verdauung dieser zähen Pflanzenfasern verantwortlich. Pilze und Bakterien sind Meister der Herstellung hydrolytischer Enzyme zum Abbau komplexer Nahrungsquellen wie aller Formen von pflanzlichem oder tierischem Gewebe, einiger Kunststoffe und sogar von Metallen.
Die große Vielfalt der mikrobiellen Enzyme machen sich auch Biowissenschaftler gern zunutze.
Mikrobielle Enzyme in der molekularbiologischen Forschung:
Bakterielle Enzyme wie die
Taq
-DNA-Polymerase (zum Kopieren von DNA-Sequenzen) und Restriktionsendonukleasen (zur Manipulation von DNA-Stücken durch Ausschneiden und Einfügen) sind heute unverzichtbare Forschungsinstrumente.
Mikroorganismen zur Synthese von Enzymen oder Proteinen wie das Insulin:
Wenn eine Krankheit mit einem bestimmten Enzym oder Protein behandelt beziehungsweise geheilt werden kann, ist dessen Synthese in Mikroorganismen sehr viel billiger, schneller und in großen Mengen realisierbar.
Technische Anwendung von Enzymen:
Diese Liste ist lang und würde ein eigenes Buch füllen. Wasch- und Reinigungsmittel enthalten Enzyme wie Proteasen gegen Einweißflecken, Lipasen gegen Fettflecken und einiges mehr. Enzyme sorgen in der Papierindustrie für weißes Papier ohne Chlorzusatz, werden in Gerbereien zur Lederherstellung genutzt, zersetzen Textilfasern für »stonewashed«-Produkte oder unterstützen die Produktion von Biotreibstoffen.
Sekundärmetaboliten sind Stoffwechselprodukte, die weder für den anabolen (aufbauenden) noch den katabolen (abbauenden) Stoffwechsel benötigt werden. Oft handelt es sich dabei um bioaktive Verbindungen zur (positiven oder negativen) Interaktion mit anderen Organismen. Ein gutes Beispiel sind die Antibiotika als Abwehrstoffe gegen andere Mikroorganismen. Einige pflanzenpathogene Bakterien produzieren Substanzen, die Pflanzenhormonen so stark ähneln, dass sie das Pflanzenwachstum beeinflussen; andere Bakterien synthetisieren Moleküle, die für die Kommunikation mit anderen Mikroorganismen, Insekten und Pflanzen nützlich sind.
Viele dieser Sekundärmetaboliten sind auch für den Menschen interessant, wobei wir heute vermutlich noch nicht einmal einen Bruchteil davon kennen. In Analogie zur dunklen Materie des Universums, die den größten Teil der Materie ausmacht, wird der Teil des mikrobiellen Lebens, über das Wissenschaftler nur sehr wenig (oder gar nichts) wissen, als mikrobielle dunkle Materie bezeichnet. Diese übertrifft wahrscheinlich die bekannte Artenvielfalt der Erde um mehrere Größenordnungen.
Mikroorganismen, die auf und in anderen Organismen leben, haben sich häufig an die Interaktion mit ihrem Wirtsorganismus angepasst. Die Beziehung zwischen dem Wirt und dem Mikroorganismus kann sehr unterschiedlich gestaltet sein (siehe Abbildung 3.3):
Harmlos
sind Organismen, die in oder auf uns einfach anwesend sind, ungestört vor sich hinwachsen und von unserem Körper die meiste Zeit ignoriert werden.
Gutartig
sind unschädliche Organismen, die in oder auf uns leben. Unser Körper erkennt, dass diese Bakterien nicht schädlich sind, und reagiert nicht auf sie.
Gegenseitig vorteilhaft