Mind Magic - James R. Doty - E-Book

Mind Magic E-Book

James R. Doty

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Wissenschaft hinter dem Gesetz der Anziehung - Manifestieren lernen vom Experten Weltbestseller-Autor James Doty (Into the Magic Shop – Das Alphabet des Herzens) zeigt in seinem neuen Ratgeber Mind Magic, dass Manifestieren wirklich funktioniert: Du hast echte Herzenswünsche, möchtest bestimmte Ziele erreichen oder einfach ein glückliches und erfülltes Leben führen? Der Neurochirurg Dr. James Doty erklärt anschaulich, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir Affirmationen sprechen und unsere Wünsche visualisieren. Außerdem verrät sein Ratgeber zum Thema Manifestieren 6 einfache Schritte,um das zu erreichen, was wir wirklich möchten und was unserer Natur entspricht: - Fokussiere deinen Geist - Verstehe, was du wirklich willst - Beseitige die Hindernisse in deinem Geist - Verankere dein Ziel im Unbewussten - Verfolge dein Ziel leidenschaftlich - Tu Gutes und lass alle Erwartungen losZu jedem Schritt gibt es praktische Übungen und Impulse, mit deren Hilfe du lernst, richtig zu manifestieren. In Mind Magic trifft wissenschaftliche Expertise auf berührende Erzählweise. Ein spannendes und oft sehr persönliches Buch, das uns dem Universum und dem Potenzial, das in ihm verborgen liegt, näherbringt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 432

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



James R. Doty

Mind Magic

Wie du dein bestes Leben manifestierst - neurowissenschaftlich erklärt

Aus dem Englischen von Matthias D. Borgmann

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Die Wissenschaft hinter dem Gesetz der Anziehung - Manifestieren lernen vom Experten

 

Weltbestseller-Autor James Doty (Into the Magic Shop - Das Alphabet des Herzens) zeigt in seinem neuen Ratgeber Mind Magic, dass Manifestieren wirklich funktioniert:

Du hast echte Herzenswünsche, möchtest bestimmte Ziele erreichen oder einfach ein glückliches und erfülltes Leben führen?

Der Neurochirurg Dr. James Doty erklärt anschaulich, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir Affirmationen sprechen und unsere Wünsche visualisieren. Außerdem verrät sein >Ratgeber zum Thema Manifestieren 6 einfache Schritte, um das zu erreichen, was wir wirklich möchten und was unserer Natur entspricht:

Fokussiere deinen Geist

Verstehe, was du wirklich willst

Beseitige die Hindernisse in deinem Geist

Verankere dein Ziel im Unbewussten

Verfolge dein Ziel leidenschaftlich

Tu Gutes und lass alle Erwartungen los

Zu jedem Schritt gibt es praktische Übungen und Impulse, mit deren Hilfe du lernst, richtig zu manifestieren.

In Mind Magic trifft wissenschaftliche Expertise auf berührende Erzählweise. Ein spannendes und oft sehr persönliches Buch, das uns dem Universum und dem Potenzial, das in ihm verborgen liegt, näherbringt.

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de

Inhaltsübersicht

Widmung

Einleitung

Kapitel 1

Der Weg aus den Trümmern

Praktische Übung

Kapitel 2

Netzwerke und Schwingungen

Anulas Geschichte

Sympathisches Nervensystem (SNS) vs. parasympathisches Nervensystem (PNS)

Anulas neu gewonnene Kraft

Das Default Mode Network oder »Ruhezustandsnetzwerk« (DMN)

Das Salience Network oder »Salienz-Netzwerk« (SN)

Das Attention Network oder »Aufmerksamkeitsnetzwerk« (AN)

Das Central Executive Network oder »zentrale Exekutive« (CEN)

Wie die Netzwerke in unserem Gehirn zusammenarbeiten

Die Grüne Zone

Praktische Übung

Schwingungsenergie

Kapitel 3

Erster Schritt

Unsere innere Kraft

Wie mit unserer Aufmerksamkeit »gezockt« wird

Das Gefühl von Handlungsmacht

Die Befreiung aus dem Gedankenstrom: Metakognition

Praktische Übung

Kapitel 4

Zweiter Schritt

Der innere Kompass

Wonach wir streben sollten

Praktische Übung

Erfüllung wertschätzen

Die Kraft positiver Gefühle

Praktische Übung

Zwei verschiedene Arten von Glück

Kapitel 5

Dritter Schritt

Die Negativitätsverzerrung

Die Sendefrequenz verändern

Der Weg des Körpers in die Befreiung

Die Macht unserer Glaubenssätze

Praktische Übung

Der Weg in die Freiheit

Hilfe auf unserem Weg

Praktische Übung

Kapitel 6

Vierter Schritt

Das knausrige Hirn

Das Unterbewusstsein

»Die Archivkraft« und »der Spürhund«

Fünfzig Datenbits

Wie wir das sympathische Nervensystem (SNS) für uns gewinnen können

Die Neurobiologie des Flows

Durch Hypnose in unser Unterbewusstsein gelangen

Die Kraft der Rituale

Jim Carreys Zehn-Millionen-Dollar-Scheck

Praktische Übung

Kapitel 7

Fünfter Schritt

Beginne klein

Sei die Person, der du selbst gerne helfen würdest

Unser Ziel in Einklang bringen

Praktische Übung

Synchronizität

Unseren Träumen auf der Spur

Praktische Übung

Lass uns die Ärmel hochkrempeln!

Atme einmal tief durch

Kapitel 8

Sechster Schritt

Die Verfeinerung unserer Wünsche: »inneres Jiu-Jitsu«

Ein Puzzle mit vielen Teilen

Diversifiziere deine Möglichkeiten

Das Geschenk der Dankbarkeit

Gleichmut

Unsere goldenen Bruchstellen

Praktische Übung

Schlussbemerkung

Die Reise nach Hause

»MIND MAGIC«

DIE ERSTE WOCHE

Praktische Übung

Erster Schritt: Fokussiere deinen Geist

Praktische Übung

Praktische Übung

DIE ZWEITE WOCHE

Zweiter Schritt: Verstehe, was du wirklich willst

Praktische Übung

Praktische Übung

DIE DRITTE WOCHE

Dritter Schritt: Beseitige die Hindernisse in deinem Geist

Praktische Übung

Praktische Übung

DIE VIERTE WOCHE

Vierter Schritt: Verankere die Intention in deinem Unterbewusstsein

Praktische Übung

Zusatzübung

DIE FÜNFTE WOCHE

Fünfter Schritt: Verfolge dein Ziel leidenschaftlich

Praktische Übung

Praktische Übung

DIE SECHSTE WOCHE

Sechster Schritt: Lass alle Erwartungen los und öffne dich der Magie

Zusatzübung

Praktische Übung

MEHR MAGIE

Dank

Für all diejenigen in meinem Leben, die mir auf meiner Reise zur Seite gestanden und mir so häufig den Weg aufgezeigt haben.

Für meine Frau Masha und meine Kinder Jennifer, Sebastian und Alexander, die mich täglich aufs Neue inspirieren.

Einleitung

Das wahre Geheimnis

Du bist dem Universum scheißegal!

 

Auch wenn es sich erst mal nicht danach anhört: Das ist eine gute Nachricht. Du bist dem Universum gleichgültig – aber nicht, weil du nicht wertvoll genug wärst oder nicht mit dem Kosmos in Einklang stündest, oder seit zehn Generationen ein Fluch auf dir lasten würde. Nein! Das Universum kümmert sich deshalb nicht um dich, weil es sich grundsätzlich nicht mit uns beschäftigt.

Viele von uns haben gelernt, wir müssten ein Leben lang darauf hoffen, dass etwas außerhalb von uns selbst unsere Probleme löst und uns heil macht: Ein Sechser im Lotto, ein:e weise:r Lebensbegleiter:in, der oder die immer die richtige Antwort parat hat, ein Guru, ein Schutzengel oder irgendein magisches Wesen, eine Kraft, Energie oder ein Geist, die dort draußen im Universum sitzen und alles für uns regeln. Auch ich war jahrelang von dem Wunsch getrieben, das zu glauben. Ich dachte, im Kosmos gäbe es einen strengen Elternteil, der alle unsere Handlungen überwacht und entscheidet, ob wir es wert seien, unser Traumhaus zu empfangen, unsere:n Seelenpartner:in zu treffen oder von einem Krebsleiden geheilt zu werden. Als Neurowissenschaftler und Arzt weiß ich heute, dass eine solche Kraft oder Wesenheit rein wissenschaftlich nicht zu beweisen ist. Allerdings gibt es eine Menge Forschungsergebnisse für die Kraft unseres Geistes, Veränderungen in unserem Leben zu bewirken, die uns auf den ersten Blick unvorstellbar erscheinen mögen – die Rede ist von der Praxis der Manifestation.

In unserer Alltagskultur herrscht, was Manifestation anbelangt, eine große Verwirrung. Bevor ich fortfahre, will ich deshalb kurz erklären, was ich selbst unter dem Begriff verstehe: Manifestieren bedeutet, eine bestimmte »Absicht« oder »Intention« so zu definieren, dass diese in unserem Unterbewusstsein gespeichert wird, welches unterhalb unserer Bewusstseinsschwelle agiert. Dadurch aktivieren wir Netzwerke in unserem Gehirn, die mit der Zielorientierung zu tun haben, die eine Intention als wichtig, »salient« (= auffällig) oder bedeutungsvoll erscheinen lässt. Praktisch gesehen heißt das: Unabhängig davon, ob unsere Intention gerade auf einer bewussten Ebene vorhanden ist, sind Gehirnmechanismen, die weiterhin auf unser Ziel ausgerichtet bleiben, rund um die Uhr aktiv. Von nun an wird unser Leben von unserer inneren Intentiongelenkt. Indem wir unsere innere Kraft dafür nutzen, die gewaltigen Ressourcen unseres eigenen Hirns zu erschließen, vermindern wir Stück für Stück den Einfluss unserer äußeren Umgebung und beginnen, von unseren tiefsten Intentionen her zu leben.

Tatsächlich ist der erste Schritt für ein erfolgreiches Manifestieren, dass wir uns von dem Glauben trennen, es gäbe eine äußere Quelle für die Lösung unserer Probleme – und dass diese es sei, welche sich in unserem Leben manifestiert. Wenn wir ein erfülltes, bedeutungsvolles und gedeihendes Leben führen möchten, brauchen wir uns mit keiner Kraft außer uns selbst zu versöhnen. Wir müssen lediglich daran glauben, dass die Quelle unseres Wohlbefindens und Erfolgs in nichts anderem als der Kraft unseres eigenen Geistes begründet liegt. Die Wahrheit ist: Derselbe Geist, der uns auf dem Weg zum Leben, nach dem wir uns sehnen, Knüppel zwischen die Beine wirft, ist auch die Quelle der Intention, die das Leben, das wir uns wünschen, Realität werden lässt. Das ist das wahre Geheimnis.

Wir müssen uns also verflixt noch mal selbst darum kümmern. Das ist die wahre Magie.

Das sage ich dir als Neurochirurg, der das Gehirn untersucht und operiert hat; als Neurowissenschaftler, der jahrzehntelang den menschlichen Geist und das Gehirn erforscht hat; als Praktizierender spiritueller Techniken, der mit dem Dalai Lama und anderen geistigen Führungspersönlichkeiten zusammengearbeitet hat, um Tausende von Personen in Mitgefühl zu schulen – und zu guter Letzt: als Mensch, der es selbst auf die »harte Tour« lernen musste.

Bei der Manifestation geht es darum, einen unerschütterlichen Glauben an Möglichkeiten zu entwickeln. Als Kind war ich mir der Macht deutlich bewusst, wie negative Verhältnisse das Leben eines Menschen einschränken können. Ich wuchs in Armut auf, mein Vater war Alkoholiker, meine Mutter war chronisch depressiv und selbstmordgefährdet. Ich hatte das Gefühl, das Leben sei eine Strafe oder ein Fluch oder – was vermutlich das Schlimmste war – ein von Willkür und Chaos bestimmtes Durcheinander ohne jeden Sinn und Zweck. Vielleicht kämpfst du ja auch damit, die Ereignisse zu verstehen, die sich wie eine willkürliche Existenz anfühlen; oder du fragst dich, warum du und deine Lieben so leiden müssen, obwohl es überhaupt keinen triftigen Grund dafür gibt, und du hast das Gefühl, du besitzt keine Kraft zu helfen. Diese inneren Kämpfe schränken deine Vorstellung davon ein, was möglich ist, und lassen sie immer enger werden.

Ich habe mir viele Jahre die Bedingungen meines Lebens von meiner Umgebung vorschreiben lassen und nicht daran geglaubt, dass ich selbst irgendeine bedeutende Veränderung herbeiführen könnte. Dies ist häufig der Fall, wenn wir traumatische Erfahrungen erleben: Der Schmerz und der Schock der Erfahrung nehmen in unserer Vorstellungswelt eine übertrieben starke Rolle ein, die sich nur schwer infrage stellen lässt, und wir haben Angst davor, uns dieser zu stellen. Dieser Schmerz ist so mächtig, dass er nicht nur unsere eigenen Gene verändern kann, sondern – wie Forscher:innen auf dem Feld der Epigenetikherausfanden – auch die von nachfolgenden Generationen. Unser Geist und unsere Körper treffen Vorkehrungen, ähnliche Traumata in der Zukunft, so gut es geht, zu vermeiden, und in der Zwischenzeit ist unser Verstand damit beschäftigt, auf eine angsteinflößende und unsichere Außenwelt zu reagieren, anstatt sich die Veränderungen vorzustellen, die wir selbst herbeiführen könnten. Dabei verschwenden wir die Energie, Aufmerksamkeit und Konzentration, über die wir verfügen, um in unserem Leben wirklich etwas zu bewirken – wir werden von unserer eigenen Kraft abgelenkt. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, schenken wir die in uns angelegte Handlungsmacht für »magisches Denken« her. Im Grunde ist das eine ziemlich fiese Angelegenheit.

Die Welt kann wirklich schonungslos ungerecht sein, und diese Ungerechtigkeit kann die Träume von Menschen zerstören. So ungerecht ich die Welt früher empfand, weiß ich heute doch, dass zahllose Menschen auf dem Globus – sowohl in persönlicher als auch in gesellschaftlich-systemischer Hinsicht – noch viel ungerechter behandelt werden. Die Gesellschaften, in denen sie leben, legen ihnen strukturelle Barrieren in den Weg, die ihre Fähigkeit einschränken, Dinge zu manifestieren: ganz gleich, ob dies mit ihrem kulturellen Hintergrund, ihrer sozialen Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung, dem Ausdruck ihrer Geschlechteridentität oder anderen beliebigen Kriterien zu tun hat. Wieder andere Menschen leiden unter ernsthaften Erkrankungen ihres Körpers und Geistes und erfahren nur wenig Linderung in ihrer Not, was sich ebenfalls auf ihren Glauben, etwas manifestieren zu können, auswirkt. Manifestation ist jedoch kein Heilverfahren oder die Lösung für all unsere Leiden. Wie jede menschliche Aktivität kann sie durch zahlreiche Faktoren, die sich unserer Kontrolle entziehen, eingeschränkt werden, und das letzte Wort hat – ganz unabhängig von unserer Intention – immer noch unsere Lebensrealität. Doch davon einmal abgesehen: Wenn eine Möglichkeit zur Veränderung besteht, werden die Techniken der Manifestation mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit dabei helfen, diese zu realisieren.

Mich hat die Geschichte, die ich einst über einen Kriegsgefangenen im Vietnamkrieg gehört habe, sehr bewegt. Er praktizierte die Haltung des sogenannten Nicht-spezifischen-Langzeit-Optimismus. Er wusste nicht, wann oder ob er überhaupt jemals befreit werden würde, und hatte erkannt, dass seine Situation sich seiner eigenen Kontrolle entzog: Kämpfte er gegen seine Aufseher an, brächten diese ihn wahrscheinlich um, oder er verlöre vor lauter Verzweiflung seinen Überlebenswillen. Stattdessen erlaubte ihm seine bewusste Praxis des Optimismus, die Hoffnung zu bewahren, dass seine Lebensumstände sich ändern könnten. Er nutzte die Kraft seines Geistes, um seinen Glauben an die Möglichkeit von Freiheit lebendig zu halten. Das verlieh ihm Widerstandskraft. Als er schließlich befreit wurde, half ihm seine optimistische Haltung, sich nicht auf die Vergangenheit zu fokussieren, sondern künftigen Chancen entgegenzusehen.

Aus diesem Grund ist Manifestation für mich in ihrem Wesenskern eine Praxis ganzheitlichen Wohlbefindens, des Sich-auf-die-Welt-Einlassens und des guten Lebens. Indem wir sie praktizieren, kultivieren wir, was man in der Psychologie als dispositionalen Optimismus bezeichnet. Man versteht darunter die generelle Tendenz, in wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mit positiven Ergebnissen zu rechnen. Die Forschung hat im Zusammenhang mit dispositionalem Optimismus eine erstaunliche Anzahl gesundheitlicher Vorteile nachgewiesen – von Verbesserungen unseres Herz-Kreislauf-Systems oder einer schnelleren Wundheilung bis hin zu einer Verlangsamung des Krankheitsfortschritts. Obwohl manche der Überzeugung sein mögen, die einzige Messlatte für ein erfolgreiches Manifestieren sei der materielle Gewinn, den sie uns beschert, halte ich diese Sichtweise persönlich für völlig daneben. Das wahre Geschenk, wenn wir unsere Intention immer wieder aufs Neue visualisieren, ist doch, dass wir mit dem heiteren Gefühl durchs Leben gehen, dass die Dinge sich am Ende zu unseren Gunsten wenden werden. Das macht uns frei dafür, sowohl empfangend als auch widerstandsfähig zu bleiben, ganz gleich, womit die äußeren Umstände uns konfrontieren mögen.

• • •

Die Praxis der Manifestation ist bereits mehrere Tausend Jahre alt. Vieles von dem, was wir heutzutage mit Manifestieren verbinden, leitet sich aus den vedischen Texten der hinduistischen Tradition ab. Die Mundaka-Upanishad besagt beispielsweise: »Welche Welt auch immer ein Mensch mit reinem Verstand sich in seinem Geist vorstellt und welche Wünsche er hegt, diese Welt erobert er und diese Wünsche erlangt er« (Dritter Mundaka, Abschnitt I/10).1 Auch Buddha sprach in ähnlicher Art über die machtvolle Fähigkeit der Gedanken, unsere Erfahrungen in der Welt zu formen, wenn er sagt: »Was immer ein Mönch mit seinem Denken und Grübeln verfolgt, es wird zur Zielscheibe seiner Aufmerksamkeit.«2

Im 19. Jahrhundert bediente sich die spirituelle Lebensphilosophie des New Thought (dt. »Neugeist-Bewegung«) einer breiten Vielfalt an religiösen und philosophischen Quellen – darunter die Alchemie, die Transzendentale Philosophie Neuenglands, die christlichen Evangelien und der Hinduismus –, um ihre Vorstellung vom »Gesetz der Anziehung« formulieren zu können. Im Wesentlichen geht es dabei um die Idee, dass unsere Gedanken die Art der Erfahrungen bestimmen, die wir im Leben machen: Gute Gedanken führen zu positiven Erfahrungen, negative Gedanken zu negativen Erfahrungen. Die New Thought-Philosophiewar die Grundlage für den größten Teil der populärwissenschaftlichen Literatur über Manifestation in unserer westlichen Kultur. Von Napoleon Hills Denke nach und werde reich (1937) über Norman Vincent Peales Die Kraft positiven Denkens (1952) bis zu dem vielleicht berühmtesten und weithin bekannten Bestseller The Secret – das Geheimnis (2006) von Rhonda Byrne.

Leider hat der Begriff vom »Gesetz der Anziehung« im Hinblick auf das, was Manifestation in ihrem Wesen ausmacht, zu vielen unglücklichen Missverständnissen geführt. Erstens wird sie mit einer eigennützigen Erfolgstheologie in einen Topf geworfen, die durch unsere materialistische Kultur propagiert wird. Diese gaukelt uns vor, reich zu werden, in einer Villa zu leben oder ein teures Auto zu fahren, würde uns glücklich machen und die Veränderungen in unserem Verhalten herbeiführen, die notwendig sind, um unsere Wünsche zu verwirklichen. Am schädlichsten dabei ist, dass sich die Vorstellung verbreitet hat, die schmerzlichen und ungerechten Lebensumstände, die wir erleben, seien ausschließlich das Ergebnis unseres eigenen Denkens. Ich hoffe, dass die Dinge, die ich mit dir in diesem Buch teile, deine Vorstellung von Manifestation als Weg zu einem bedeutungsvollen und sinnhaften Leben in ein neues Licht rücken werden – und dir unterm Strich erkennen helfen, worauf es wirklich ankommt.

Manifestation ist lange auf denselben New Age-Bereich beschränkt gewesen wie Astrologie, Tarot und der Glaube an die Kraft von Kristallen – angefüllt mit Pseudowissenschaft und Binsenweisheiten. Bis vor Kurzem hatte man keine Möglichkeit, die konkreten Prozesse, mittels derer unser Hirn eine Intention in die Realität umsetzt, wissenschaftlich zu erforschen. Jedoch haben wichtige Entwicklungen auf dem Gebiet der bildgebenden Verfahren unsere Fähigkeit revolutioniert, das Gehirn bei seinen Veränderungen auf zellulärer, genetischer und sogar molekularer Ebene zu beobachten. Heute sind wir in der Lage, über Manifestation auch unter dem Aspekt der kognitiven Neurowissenschaft und der Funktionsweise großflächiger neuronaler Netzwerke zu sprechen. Dies hat uns ermöglicht, zu zeigen, dass Manifestation weder ein Programm ist, mit dem man schnell reich werden kann, noch ein falsch verstandenes »Wunscherfüllungssystem«, sondern Teil der außergewöhnlichen Fähigkeit unseres Hirns, sich zu verändern, zu heilen und neu zu gestalten – auch bekannt als Neuroplastizität.

Neuroplastizität ist der allgemeine Überbegriff für die Fähigkeit des Gehirns, sich sowohl in seiner Struktur als auch in seiner Funktion umzugestalten, zu verändern und anzupassen – und zwar ein Leben lang und gemäß den Erfahrungen, die wir machen, ebenso wie durch Wiederholung und Intention. Dadurch ist es in der Lage, neue Verschaltungen auszubilden, und ältere, die wir nicht mehr brauchen, wieder zu entfernen. Indem wir unsere Aufmerksamkeit neu ausrichten, können wir unsere Hirne sprichwörtlich »ummodeln«. Es bildet sich ein höherer Anteil an »grauer Substanz« in jenen Arealen, die uns beim Lernen und bei unserem Tun unterstützen und uns erlauben, Dinge zu manifestieren. Während dieses Anpassungsprozesses gestaltet sich das Hirn neu, was auch bei vielerlei Leiden – von Parkinson über chronische Schmerzen bis zur sogenannten Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) – deutliche und positive Auswirkungen haben kann. Mit derselben Neuroplastizität verändern wir – durch Intention und entsprechendes Training – unsere Gehirne aber auch, um die Wirklichkeit zu manifestieren, die wir uns vorstellen.

Manifestation meint im Wesentlichen den Prozess, mithilfe eines Vorsatzes oder einer Absicht die Gedanken und bildlichen Vorstellungen des Lebens, nach dem wir uns sehnen, in unser Unterbewusstsein zu integrieren. Wir alle manifestieren schon längst auf ungeübte Weise, und ohne dass wir uns dessen bewusst wären, unsere Intentionen – und die Ergebnisse sind zumeist willkürlich, vage und unfokussiert. Damit wir etwas bewusst manifestieren können, müssen wir lernen, wie wir uns die Kraft unserer Aufmerksamkeit zurückholen und diese ausrichten können. Und wir müssen die physiologischen Mechanismen verstehen lernen, die es uns erlauben, jene Aufmerksamkeit zu lenken; ebenso wie die Hindernisse und falschen Glaubenssätze, die unsere Kraft, dies zu tun, beschränken. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit bewusst auf die von uns gewünschten Ergebnisse richten, werden diese für unser Gehirn an Bedeutung gewinnen. Die Art, wie unsere Ziele verankert werden, läuft über einen Prozess ab, den man als Wertzuschreibung bezeichnet: Es ist die Methode, wie unser Gehirn entscheidet, was wichtig genug ist, um in die tiefsten Ebenen unseres Unterbewusstseins integriert zu werden. Wenn wir Visualisierung praktizieren, beschwören wir machtvolle positive Gefühle herauf, die das System der selektiven Wahrnehmung auf den Plan rufen, welches dann die Ziele, die wir ersehnen, als besonders wertvoll markiert und mit unserem Belohnungssystem verknüpft. Visualisierung funktioniert, weil unser Gehirn erstaunlicherweise nicht zwischen echten physischen Erfahrungen und solchen, die wir uns intensiv vorstellen, unterscheidet.

Ist das Ziel erst einmal in unserem Unterbewusstsein verankert, lauert unser Hirn wie ein Spürhund auf Gelegenheiten, um dieses in der Realität herbeizuführen, wobei es die ganze Kraft unseres bewussten und unbewussten Geistes auf die Suche verwendet. Sobald Chancen auftauchen, nehmen wir diese wahr und reagieren darauf, indem wir die notwendigen Schritte ergreifen, um unser Ziel voranzutreiben. Diesen Prozess der Verankerung unserer Intention wiederholen wir unzählige Male. Wenn wir alles uns Mögliche getan haben, um unser Ziel zu manifestieren, müssen wir akzeptieren, dass das alles ist, was in unserer Macht steht, und sollten uns nicht länger am Ergebnis festklammern. Die Wahrheit ist aber auch, dass wir nicht alle unsere Ziele erreichen werden; oft gibt es dafür zahlreiche Gründe, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht überblicken können.

• • •

In meinem ersten Buch Das Alphabet des Herzens (Titel der deutschen Erstausgabe: Der Neurochirurg, der sein Herz vergessen hatte) habe ich die Geschichte einer schicksalhaften Begegnung erzählt, die ich als Kind hatte und die mein Leben für immer verändern sollte. In ärmsten Verhältnissen in der kalifornischen Hochwüste aufwachsend und gefangen in einer schmerzvollen Familiensituation, glaubte ich, dass über mir eine Art Fluch verhängt worden sei, der mein Leben kleinhielt und mich zum Opfer meiner Lebensumstände machte. Eines Sommertages – meine Eltern zofften sich gerade mal wieder – stieg ich auf mein Fahrrad und radelte so schnell und so weit ich konnte von zu Hause weg und kam – meinen Mund noch voller Wüstenstaub – schließlich in einen Zauberladen. Dort traf ich eine liebenswürdige Frau namens Ruth, die ein blaues Mu’umu’u-Kleid trug und von ihrem Taschenbuch, in dem sie gerade las, aufschaute. Ihre Brille saß vorne auf ihrer Nasenspitze und wurde von einer Kette um ihren Hals gehalten. Sie schenkte mir ein unglaublich strahlendes Lächeln. Allein die Art, wie sie mich anlächelte, gab mir das Gefühl, dass ich so, wie ich war, okay sei – bei Ruth fühlte ich mich auf sicherem Terrain. Dann erzählte sie mir, dass der Laden ihrem Sohn gehöre und sie selbst von Zauberei und Magie nicht die geringste Ahnung habe. Nachdem wir uns ungefähr zwanzig Minuten unterhalten hatten, gab sie mir zu verstehen, dass sie in diesem Sommer für sechs Wochen in der Stadt sei und mir, wenn ich nur jeden Tag in den Laden käme, eine ganz andere Art von Magie beibringen könnte. In jenen sechs Wochen verköstigte Ruth mich mit einer schier unerschöpflichen Menge an Chips-Ahoy!-Schokoladenkeksen und brachte mir das bei, was sie als »wahre Magie« bezeichnete: Techniken, die mir halfen, meinen Körper zu entspannen, meinen Geist zu zähmen, mein Herz zu öffnen und meine Intention klar zu erkennen und zu visualisieren. Diese glücklichen Stunden im Hinterzimmer des Zauberladens, als ich Ruth gegenüber – auf dem braunen Fransenteppich – auf meinem Metallstuhl saß, waren meine erste Erfahrung mit Neuroplastizität. Ihre Güte und ihre Aufmerksamkeit »verdrahteten« mein Hirn komplett neu.

Trotz meines anfänglichen Zögerns, meiner Verwirrung und meiner Angst lehrte mich Ruth, mich genug von meinem eigenen Denken zu lösen, um zu erkennen, woraus dieses eigentlich bestand: bloße Gedanken, welche – einer nach dem anderen – durch meinen Geist schwirrten und anschließend wieder verpufften. Zuerst reagierte ich mit Schrecken und Aggression auf die Furcht einflößende Stimme und die Katastrophenbilder, die mir durch den Kopf schossen, aber dann lernte ich, dass ich die negativen Gedanken durch positive und bejahende Gedanken ersetzen konnte: Ich war in der Lage, die Stimme, die mir sagte:»Menschen wie du werden es nie zu etwas bringen«, loszulassen und durch die Stimme der Person zu ersetzen, die ich sein wollte und die das Leben lebte, das ich gern leben wollte. Ich entdeckte, dass ich ein Gehirn besaß, das sich umgestalten ließ und – mithilfe von Wiederholung und Intention – neue neuronale Vernetzungen schaffen konnte, in Richtung meiner eigenen Heilung. Mit Ruths Hilfe wurde ich mir meiner eigenen inneren Kraft bewusst.

Was ich zur damaligen Zeit nicht verstand, war, dass sie mir im Prinzip das beibrachte, was wir heute als »Manifestation« bezeichnen würden. Und obwohl sie selbst und die Dinge, die sie mit mir teilte, durchaus etwas Magisches an sich hatten, waren ihre Ratschläge ziemlich praktischer Natur. Sie half mir gewissermaßen, lange bevor ich selbst Arzt und Neurochirurg wurde, die Kraft des menschlichen Gehirns und Herzens zu erforschen. Von Ruths Güte und ihrer Zuwendung beflügelt, widmete ich mich ganz und gar dem Visualisieren der Zukunft, die ich mir wünschte. Dies war mein erster Schritt, das Leben, nach dem ich mich sehnte, tatsächlich in die Realität umzusetzen. Statt sämtliche Signale aus der Umgebung außerhalb meiner selbst zu übernehmen, ging ich dazu über, Entscheidungen zu treffen, die auf einem vertraulichen inneren Dialog mit mir selbst beruhten, den ich täglich einübte.

Das war harte Arbeit, und ich stand oft kurz davor, aufzugeben. Immer wenn ich ungeduldig wurde, erinnerte ich mich, wie Ruth zu mir sagte: »Ruhig Blut, Jim. Hab Geduld! Du musst geduldig sein. Wenn du dein Gehirn verändern willst, braucht das seine Zeit.«

Geduldig zu sein, war echt mühsam. Besonders, weil ich gar nicht genau wusste, was eigentlich vor sich ging oder geschehen würde. Doch ich lernte geduldig und präsent zu sein und zuzuhören. Oder wenigstens dachte ich damals, ich hätte zugehört.

Ruths Güte, ihre Präsenz und Geduld brachten mein Leben auf eine völlig neue Flugbahn, und ihre Lektionen wurden zur Grundlage für praktisch alles, was ich später erreichen sollte. Im Prinzip nutzte ich ihre Übungen dafür, meine Heimatstadt in der kalifornischen Hochwüste zu verlassen und aufs College zu gehen, danach auf die medizinische Fakultät, und zu einem späteren Zeitpunkt eine Ausbildung zum Neurochirurgen zu machen und einen Versuch als erfolgreicher Unternehmer im Bereich der Medizintechnik zu wagen. Doch an einem bestimmten Punkt auf meinem Weg verlor ich den Kontakt zu meinem eigenen Herzen, und das hatte schwere Folgen für mich – nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in meinen engsten menschlichen Beziehungen.

Ruth hatte stets besonders betont, dass die Öffnung des eigenen Herzens am wichtigsten sei. Welchem Ziel auch immer ich hinterherjagte, welches hochtrabende Objekt ich auch zu besitzen wünschte, sie brachte meinen Geist immer wieder zu einer herzlichen Verbindung mit mir selbst und anderen zurück. Deshalb fand ich es oft so entmutigend, dass diese Magie, die in jedem von uns steckt, häufig missverstanden, kommerzialisiert oder als etwas dargestellt wird, auf das nur bestimmte Menschen Zugriff haben. Während Manifestation in unserer Kultur allgemein als eine Methode verstanden wird, um großen Reichtum und Besitz zu erwerben und nur einigen wenigen »Privilegierten« zur Verfügung steht, betrachte ich sie als eine tägliche Praxis des Wohlbefindens, die Erfolg, Ganzheitlichkeit und eine herzliche Interaktion mit der Welt begünstigt. Und wo die sogenannte Erfolgstheologie uns einreden möchte, der primäre Antrieb der Manifestation sei unsere Gier, kann ich dir an dieser Stelle versichern: Tatsächlich ist es unsere Fähigkeit, unsere eigene Aufmerksamkeit zu steuern.

Als ich mein Buch Das Alphabet des Herzens schrieb, hatte ich keine Vorstellung davon, welche Auswirkungen das haben würde. Ich hätte niemals gedacht, dass die zurzeit bekannteste koreanische K-Pop-Band der Welt, »BTS«, mein Buch als Inspiration für ihr drittes Album Love Yourself: Tear (2018) benutzen oder den Song »Magic Shop« aufnehmen würde – inspiriert durch den englischen Originaltitel meines Buches Into The Magic Shop. Oder dass ich einmal mit dem Schauspieler Jon Hamm über die Verfilmung meiner Geschichte sprechen oder ein sechzehnjähriges Mädchen zu der Idee einer Handy-App angeregt werden würde, die auf den zehn Punkten meines »Alphabets des Herzens« basiert. Tatsächlich war ich damals der Meinung – ganz gleich, ob sich das Buch gut verkaufte oder nicht –, solange es das Leben eines einzigen Menschen positiv beeinflussen würde, wäre meine Mission erfüllt. Seit das Buch erschienen ist, habe ich von meinen Leserinnen und Lesern Tausende von Nachrichten erhalten. Selbst jetzt treffen noch jeden Monat zwischen zwei- und dreihundert neue Nachrichten per E-Mail ein. Andere erreichen mich handschriftlich auf Blättern, die aus gelbfarbenen Notizblöcken gerissen sind, oder in Form von Kalligrafien auf wunderschönem, selbst gefertigtem Briefpapier. Sie kommen aus Japan und aus Rumänien, aus dem Afrika südlich der Sahara und aus meiner nächsten Nachbarschaft in Nordkalifornien. Diese tief empfundenen Reaktionen auf meine Geschichte haben mich gelehrt, voller Zuversicht daran zu glauben, dass wir selbst in unseren tiefsten Momenten der Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Angst nicht allein sind. Wir alle tragen Wunden in uns, und wenn wir diese in aufrichtiger Weise miteinander teilen, werden sie zu einem Mittel für starke Verbindungen zwischen uns allen.

Wenn ich den Reaktionen meiner Leserinnen und Leser auf meine Arbeit zuhöre, fällt mir auf, dass ein erheblicher Teil der Nachrichten von Menschen stammt, die in ihrem Leben leiden und auf der Suche nach ihrer Kraft sind, ihre eigenen Wunden zu heilen und ihre Lebenssituation zum Besseren zu wenden. Ihre Lebensumstände sind sehr unterschiedlich, aber ihre Sehnsüchte sind verblüffend ähnlich. Besonders sind sie daran interessiert, zu erfahren, wie sie die Technik der Visualisierung einsetzen können, um ihre Träume zu verwirklichen. Das Alphabet des Herzens war die Geschichte meiner eigenen, persönlichen Reise, wie ich mithilfe der Manifestation aus der Armut herausfand, zu Reichtum gelangte, diesen wieder verlor und schließlich zum Kern des Mitgefühls zurückfand, das im Mittelpunkt von Ruths Lektionen stand. Es war die Geschichte eines Menschen in all ihrer Einmaligkeit: mit all ihren Höhen und Tiefen, Möglichkeiten und Rückschlägen.

Mind Magic aber handelt von deiner Reise. In diesem Buch zeige ich dir, wie du die Kraft deines Gehirns nutzen kannst, um deine Intentionen Realität werden zu lassen, und erkläre detailliert, wie dies aus neurowissenschaftlicher Sicht funktioniert. Ich werde dich durch die sechs Schritte führen, denen ich und viele andere folgen, um unsere Intentionen zu manifestieren. Dabei stütze ich mich auf meine langjährige Erfahrung als Neurowissenschaftler, der den menschlichen Geist erforscht hat, und als jemand, der selbst Meditation praktiziert. Diese sechs Schritte umfassen alle Aspekte des Prozesses der Manifestation: 1) Fokussiere deinen Geist. 2) Verstehe, was du wirklich willst. 3) Beseitige die Hindernisse in deinem Geist. 4) Verankere die Intention in deinem Unterbewusstsein. 5) Verfolge dein Ziel leidenschaftlich und 6) Lass alle Erwartungen los und öffne dich der Magie. Außerdem habe ich unterschiedliche Beispiele von Geschichten, die von Lebensveränderungen erzählen, in mein Buch eingebaut, in der Hoffnung, dass es dich dazu inspirieren wird, deine eigene Geschichte zu leben und zu schreiben.

Noch vor wenigen Jahren war es unmöglich, einen umfassenden Rahmen zur Funktionsweise der Manifestation zu präsentieren, der auf den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaft basierte. Inzwischen können wir die Pseudowissenschaft und den Mystizismus überspringen und die konkreten Gehirnmechanismen aufzeigen, auf die sich die Entspannung, die Loslösung aus der Anhaftung, das Mitgefühl und die Visualisierung gründen, die Ruth mich gelehrt hat. Meine Hoffnung ist, dass die klare Darstellung der Wissenschaft, die hinter der Manifestation steckt, meine Leserinnen und Leser darin bestärken wird, nicht nur den Praktiken zu vertrauen, sondern diese auch zu ihrer eigenen Heilung einzusetzen und die Kraft zu verstehen, über die wir alle verfügen, um unsere Welt zu verändern.

Im Gegensatz dazu, wie es in The Secret – das Geheimnis den Anschein haben könnte, ist Manifestation nicht etwas, das sich auf einige wenige beschränkt oder von einer geheimen Gesellschaft des »einen Prozents« kontrolliert wird. Sie ist vielmehr eine radikal gerechte Praxis, die uns allen zur Verfügung steht und das Potenzial besitzt, über die unmittelbaren körperlichen, geistigen und emotionalen Lebensumstände jedes Einzelnen hinauszugehen. Dementsprechend ist dieses Buch auch gefüllt mit Geschichten ganz unterschiedlicher Menschen, und wie diese – im Einklang mit dem, was wir aktuell über die Neurowissenschaft wissen – Prinzipien nutzen, um ihre Intentionen zu manifestieren: von angehenden Medizinstudierenden über neurodivergente Jugendliche3 bis hin zu erfahrenen polynesischen Seefahrern und Hollywood-Superstars.

Zu guter Letzt hoffe ich, dass ich durch meine Ehrlichkeit in Bezug auf meine eigenen Fehler es meinen Leserinnen und Lesern erspare, die gleichen Fehler noch einmal zu machen – insbesondere, wenn es darum geht, zu entscheiden, was wirklich erstrebenswert ist und wahres Glück in unser Leben bringt.

Bevor wir loslegen, noch eine Schlussbemerkung: Ich habe im Laufe des Buches Übungen eingestreut, die dir dabei helfen, zu erkennen, an welchem Punkt du gerade bist, und weiterzugehen, wohin du magst. Ich habe sie dort platziert, wo sie im Rahmen meiner Erklärungen Sinn ergaben. Für all diejenigen, die sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchten, habe ich sie im letzten Kapitel kombiniert und zu einem sechswöchigen Programm zusammengestellt.

Kapitel 1

Der Weg aus den Trümmern

Was manifestiere ich bereits?

»Das Wissen um die wahren Bedingungen unseres Lebens muss uns die Kraft zum Leben und Gründe für unser Handeln geben.«4 Simone de Beauvoir

 

Vielleicht ist es dir noch gar nicht aufgefallen, oder du glaubst nicht daran – aber du manifestierst dein Leben bereits! Die Frage ist nur: Ist es wirklich das Leben, das du dir wünschst?

Es war das Jahr 2000, die sogenannte Dotcom-Blase war soeben geplatzt. An einem Morgen erwachte ich noch mit einem Vermögen von achtundsiebzig Millionen Dollar. Ich besaß eine Villa in Florenz, eine Siebenhundert-Quadratmeter-Villa im Cape-Cod-Stil auf einem Felsvorsprung mit Blick auf die Newport Bay, und in meiner Großraumgarage standen ein Ferrari, ein Porsche, ein Mercedes, ein BMW und ein Range Rover. Ich hatte soeben die Anzahlung für eine sechsundzwanzig Quadratkilometer große Insel in Neuseeland getätigt – jawohl, meine ganz private Insel mit vier Wohnhäusern und Stränden, umspült von dunklem, türkisfarbenem Wasser, wo ich komplette Privatsphäre genoss. Ich war der Überzeugung, die Armut meiner Kindheit weit hinter mir gelassen zu haben.

Es schien, als wäre alles, was ich mir gewünscht und wofür ich gearbeitet hatte, in Erfüllung gegangen. Doch wie so viele andere, die an die grenzenlosen Möglichkeiten des Silicon Valley geglaubt hatten, wurde ich mit jener anderen bitteren Realität konfrontiert, als sämtliche meiner Vermögenswerte innerhalb von sechs Wochen futsch waren. Es war wie ein Albtraum, aber ich selbst war hellwach – und jeder Tag brachte weitere Hiobsbotschaften.

Ich hatte bei einer Silicon-Valley-Bank einen Kredit über fünfzehn Millionen Dollar aufgenommen, der durch meine Aktien in einem medizintechnischen Unternehmen garantiert wurde. Seit Monaten hatte ich mit meinem Bankberater kein Wort mehr gewechselt. Aber als mein Handy eines Morgens zum hundertsten Mal klingelte, war mir klar: Das Unvermeidliche ließ sich nun nicht länger aufschieben.

»Guten Morgen?«

»Hallo, Jim!«, meldete sich der Berater mit einer Stimme, der die für Banker typische gute Laune vortäuschte. »Na, wie geht’s dir?«

Er kannte die Antwort längst. Er hatte die »Dotcom«-Krise verfolgt und wusste ganz genau, dass meine Sicherheiten so gut wie nichts mehr wert waren. Dann teilte er mir mit, was ich bereits wusste.

»Also, Jim, falls du nicht noch andere Aktivposten besitzt, von denen ich nichts weiß, muss ich dir leider mitteilen, dass du bankrott bist und eine Menge Schulden hast.« Nach einer kurzen Pause meinte er: »Was machen wir jetzt?«

Ich entgegnete schroff: »Wir verkaufen alles!«

Darauf antwortete er: »Das klingt ja, als hättest du keine andere Wahl. Lass uns in ein paar Wochen noch mal sprechen, dann haben wir vielleicht einen besseren Überblick über die Situation.«

Kurz darauf war ich gezwungen, die Villa in Florenz zu verkaufen, die Erwerbung »meiner« Insel in Neuseeland zu stornieren, sämtliche Autos – bis auf eines – zu veräußern und eine Verkaufsanzeige für meine Villa mit Blick auf die Newport Bay zu schalten. Zu dieser Zeit wohnte niemand mehr in dem Haus. Ich war von meiner Frau getrennt, meine Tochter ging aufs College, und ich selbst lebte im Silicon Valley als Geschäftsführer einer Firma für Medizintechnik, die ein Freund von mir gegründet hatte. Widerwillig kehrte ich in das leere Haus zurück, um es verkaufsfertig zu machen, und wurde mit der bitteren Realität konfrontiert, dass beinahe alle meine Träume geplatzt waren. Als ich im Wagen vorfuhr, sah ich den Garten, den meine Frau mit großer Begeisterung und Sorgfalt angelegt hatte. Was einst aufgeblüht war, war jetzt verwelkt und abgestorben. Die gelb gefärbten Blätter der Azaleen und die herabhängenden Kamelien verrieten, dass der Gärtner – obwohl er es mir versprochen hatte – sich kaum um dem Garten gekümmert hatte. Das Haus machte einen verlassenen Eindruck.

Was am meisten schmerzte, waren die Menschen, die nicht mehr in dem Haus wohnten. In die Wände aller Räume waren Nägel geschlagen oder Bilderhaken geschraubt – aber es hing kein einziges Bild. Als meine Frau mich verließ, hatte sie sämtliche Familienfotos eingepackt und damit auch alle Erinnerungen daran, dass hier einmal eine Familie gewohnt hatte. Im zentralen Wohnzimmer, über dem Kaminsims, waren ein rechteckiger Umriss zu erkennen und ein Haken, an dem ein gerahmtes Bild gehangen hatte: Es war der von uns heiß geliebte Druck – die botanische Illustration einer Schwertlilienzwiebel – des fränkischen Meisters Basilius Besler gewesen, den wir in einem versteckten Antiquariat in Florenz entdeckt hatten, als wir wieder mal auf einem unserer Beutezüge nach Kunstdrucken waren.

Es waren glücklichere Zeiten gewesen. Im selben Laden waren wir auch auf eine Reihe alter Landkarten aus dem 16. und 17. Jahrhundert gestoßen, die uns außerordentlich gut gefielen und die ich am Ende kaufte. Ich erinnerte mich, wie glücklich ich damals gewesen war und dass ich meine Frau ebenfalls glücklich gemacht hatte. Ich erinnerte mich auch daran, wie wir first-class geflogen und uns in einem Fünfsternehotel einquartiert hatten. Wie sich meine Frau zu mir umgedreht und gesagt hatte: »Ich danke dir für alles.«

Wie verschieden waren doch diese längst vergangenen Erinnerungen verglichen mit dem von Groll erfüllten Schweigen, das zwischen uns entstanden war, als wir uns immer weiter auseinanderlebten. Ich zuckte zusammen, als ich an die quälende Abwesenheit von Nähe und Vertrautheit dachte, die am Ende zwischen uns geherrscht hatte, und wie ich zusätzliche Operationen übernahm und die langen Arbeitsstunden als Ausrede benutzte, die verloren gegangene Verbindung zwischen uns gar nicht erst reparieren zu müssen, und wie sie zu mir gesagt hatte: »Ich kenne dich überhaupt nicht mehr.«

Ich kam am Zimmer meiner Tochter vorbei, in dem noch immer alle ihre Möbel standen. Ich ging zum Bett hinüber, setzte mich darauf und dachte an sie und daran, wie viele Erinnerungen uns mit dem Haus verbanden. Aber ich erinnerte mich auch daran, wie sie zum Abschied zu mir gesagt hatte: »Ich werde dieses Haus nicht vermissen!« Zuerst verstand ich nicht, was sie meinte, aber später wurde mir klar, dass ihre Gefühle eine Folge dessen waren, wie es in Wahrheit um die Beziehung zwischen mir und ihrer Mutter stand. Ich hatte in gewisser Weise begonnen, die Verbindung zu meinem eigenen Leben zu verlieren. Meine Gedanken waren selbst inmitten meines Familienlebens immer woanders gewesen: Es zog mich zurück zu den leidvollen oder idealisierten Erinnerungen meiner Vergangenheit, oder mein Geist schweifte ab in die Zukunft zu meiner nächsten OP, meinem nächsten finanziellen Erfolg – jenem strahlenden Moment, wenn ich endlich genug hätte, um mich okay zu fühlen. In der Zwischenzeit vergaß ich, mich an dem zu erfreuen, was ich hatte, und mich mit den Menschen zu verbinden, mit denen ich mir dieses Leben aufbauen wollte.

Als ich durch das Gästewohnzimmer und anschließend durch unser privates Wohnzimmer ging, spulte sich in meinem Kopf die Diashow eines Lebens ab, das nun zu Ende war. Dann kam ich an meinem Arbeitszimmer mit seinem großen marineblauen, von Messingnieten gesäumten Ohrensessel vorüber, in dem ich Portwein geschlürft und mit Freunden Zigarren aus meinem Humidor geraucht hatte – jenem wertvollen Holzetui, das ich auf einer Auktion für das Mentoring-Programm Big Brothers and Big Sisters of America zur Förderung von Kindern erstanden hatte, wo ich Vorsitzender gewesen war. Mein Name war auf einer Plakette auf dem Deckel eingraviert. Immer wenn ich in jenem Sessel gesessen und mein Blick beim Anzünden einer Zigarre auf die Plakette gefallen war, hatte ich mich wichtig gefühlt. Ich setzte mich noch einmal in den Sessel und rieb mit meinen Fingern über das Täfelchen. Aber ich fühlte mich weder wichtig noch mächtig. Ich fühlte mich unbedeutend.

Als ich jetzt so alleine dort war, hatte das Haus etwas Lächerliches und Prahlerisches. Die Zimmer wirkten viel zu groß und überdimensioniert – voll heißer Luft und gähnender Leere. Ich war wie eine Miniaturausgabe meiner selbst, die durch ein riesiges Puppenhaus wandert, das mit unnötigen Accessoires vollgestopft ist. Die Möbel selbst fühlten sich auf merkwürdige Weise substanzlos an. Tief aus meinem Innern stieg eine eindrückliche Erinnerung aus meiner Kindheit in mir auf. Arm zu sein ist etwas Paradoxes: Einerseits ist die Luft von einer solchen Schwere erfüllt, dass es sich wie ein unentrinnbares Gewicht anfühlen kann, andererseits haftet allen Dingen eine eigenartige Leichtigkeit an, als würden sie sofort wieder weggeblasen werden.

Ich hatte so hart dafür gearbeitet, ein solides Fundament für meine Familie zu schaffen, weil wir in meiner eigenen so häufig entwurzelt worden waren. Nichts war für mich entwürdigender oder demütigender gewesen als die Zwangsräumung aus unserer Wohnung. Als der Deputy Sheriff mit dem Räumungsbescheid in der Hand an unsere Haustür kam. Unser sämtliches Hab und Gut auf dem Gehsteig verstreut gelegen hatte. Als die Nachbar:innen uns voller Neugier und Mitleid anglotzten und ich nur einen Gedanken hatte: Hoffentlich findet Mom für uns eine Wohnung, in der wir bleiben können. Ich erinnere mich, wie ich mit all unseren Habseligkeiten – und meiner Mom neben mir – am Randstein auf unserer Couch saß. Damals war meine Schwester bereits ausgezogen, und mein Bruder war gerade nicht zu Hause. Er verzog sich in solchen Momenten immer – vielleicht, um sich selbst zu schützen oder nicht in Verlegenheit gebracht zu werden oder sich schämen zu müssen, wenn er vor den schaulustigen Nachbarinnen und Nachbarn auf dem Präsentierteller saß.

Mom legte ihren Arm um mich und sagte: »Ist schon in Ordnung, mein Junge. Es wird alles gut werden. Wir werden eine Wohnung finden.«

• • •

Als Jugendlicher schlich ich mich des Öfteren ins Zimmer meines älteren Bruders, wenn der nicht zu Hause war, und blätterte in alten Ausgaben des Magazins Architectural Digest, das ich in dem Stapel von Büchern und Magazinen fand, die er sammelte, um sich künstlerisch zu inspirieren. Mein Bruder war ein erstaunlicher Künstler, und er fand immer irgendwelche Schätze, anhand derer er seine Kreativität entfachen konnte. Entdeckte ich ein Haus, dessen Eigenschaften auf mich einen besonders heimeligen oder spektakulären Eindruck machten, z.B. eine Dachterrasse mit Türmchen – ein sogenannter Witwensteg – mit Blick aufs Meer oder ein besonders markanter Kamin, um den sich eine Familie versammeln und wärmen konnte, riss ich die Seite heimlich heraus und fügte sie meiner Sammlung hinzu, die ich in einer grünen Aktenmappe in der Schublade für meine Socken aufbewahrte. Natürlich stammten diese Magazine aus den 1960er- und den frühen 1970er-Jahren, als meine Kindheitsfantasien gnadenlos vom Bild der perfekten amerikanischen Familie beherrscht wurden. Im Laufe der Jahre hatte ich ein ganzes Archiv an architektonischen Details zusammengetragen, und als Ruth mich bat, mir das Haus vorzustellen, das ich einmal besitzen wollte, konnte ich aus einem riesigen Fundus an Erinnerungen schöpfen.

Das Bild, das sich in meinem Geist geformt hatte, zeigte mich auf der Dachterrasse einer Villa im Cape-Cod-Stil, hoch über den dunkelblauen Wellen einer großen Wasserfläche. Nacht für Nacht hatte ich mich dorthin projiziert: Ich fühlte die beißende Brise des Meeres an meinen Wangen, schmeckte das knirschende Salz auf der Zunge, sah in die wirbelnden Fluten hinab. Tatsächlich erlebte ich die Szene so lebhaft und unter Anteilnahme all meiner Sinne, dass ich kaum noch überrascht war, als ich in Wirklichkeit auf dem »Witwensteg« meiner Villa im Cape-Cod-Stilauf dem Felsvorsprung über der Newport Bay stand. Oder genauer gesagt: Mein Gehirn fühlte sich in der Vorstellung bereits zu Hause und durchlebte die Erfahrung mit dem beruhigenden Gefühl von Vertrautheit und Wiedererkennung.

Während all der frühen Morgenstunden und schlaflosen Nächte, in denen ich meditiert und meine Visualisierungsübungen praktiziert hatte, hatte ich mein Gehirn neu »verdrahtet«, um es mit meinem Traum vertraut zu machen. Dies ist eine der Widersprüchlichkeiten der Manifestation: Lange bevor ich meine Villa kaufte, waren ihre bildliche Vorstellung, der »Witwensteg« und die Meeresbrise von einer undenkbaren Fantasie zu einer »greifbaren Realität« geworden. Zu dem Zeitpunkt, als ich wirklich auf die Dachterrasse hinaustrat, erwartete mein Gehirn, dass ich genau dort sein würde. Seine Erwartung und die damit einhergehende Fokussierung auf meine Vision vierundzwanzig Stunden täglich durch mein Unterbewusstsein, hatte meine Villa in eine sich selbsterfüllende Prophezeiung verwandelt.

• • •

Von meinem Rundgang niedergeschmettert, ließ ich mich auf dem Treppenabsatz in der Mitte des Hauses nieder und fragte mich – den Kopf in die Hände gestützt –, was ich als Nächstes tun sollte. Ich zuckte die Schultern voller Verbitterung über meine Frau, angesichts der Leere, die sie hinterließ, und all der schmerzhaften und schwierigen Aufgaben, die sie auf mich übertragen hatte. Die Sehnsucht nach meiner Tochter, die nun auf dem College war, schnürte mir die Kehle zu. Vor lauter Wut auf mich selbst, der ich das ganze Chaos ja in gewisser Weise heraufbeschworen hatte, verspannte sich mein Kiefer.

Meine Gedanken schossen hin und her: von den Pflichten, die jetzt vor mir lagen, zu Bitterkeit, zu Sorgen um die Zukunft. Aber letztlich kreiste mir eine Frage durch den Kopf: Was hatte ich nur übersehen? Es fühlte sich beinahe so an, als wäre ein Patient in meiner Obhut gestorben, obwohl ich seine Behandlung exakt nach Vorschrift ausgeführt hatte. Ich hatte alles richtig gemacht, alles bekommen, was ich mir gewünscht hatte, aber anstatt erfolgreich zu sein, war ich aus irgendeinem Grund gescheitert. Der Erfolg, den ich errungen hatte, hätte zum Gipfelerlebnis meines Lebens werden sollen – aber es fühlte sich einfach nur wie der totale Tiefpunkt an.

Die Antwort auf meine Frage erreichte mich, als ich gerade damit beschäftigt war, meine To-do-Liste abzuhaken. Nachdem ich mich mit meinen zahlreichen Aufgaben abgeplagt hatte, stand ich irgendwann in einem Wandschrank, in dem einige Kisten mit alten persönlichen Dingen lagen. Ich schob eine Bücherbox aus dem Weg – da fiel mein Blick auf etwas von noch viel größerem Wert: Es war die Zigarrenkiste, in der ich als Zwölfjähriger meine wertvollsten Schätze aufzubewahren pflegte. Ich hatte sie seit dem College nicht mehr geöffnet. Ich setzte mich auf den Boden vor dem Wandschrank, legte die Kiste in meinen Schoß und entfernte den Deckel. Ein leicht moschusartiger Geruch der Vergangenheit wehte mir entgegen. Im Innern der Kiste fand ich den Klassenring meiner Highschool in Lancaster mit seinem geschliffenen Rubin, die verrunzelte, künstliche Plastikdaumenspitze, die ich bei meinen Taschenspielertricks verwendet hatte, wenn ich ein Tuch oder eine Zigarette verschwinden ließ – und, das Wertvollste von allem: mein zerfleddertes, schwarz-weißes Notizbuch, das meine sämtlichen Aufzeichnungen aus meiner Zeit mit Ruth enthielt.

Ich blätterte die Seiten durch und stieß auf meine Wunschliste:

Aufs College gehen.

Arzt werden.

Eine Million Dollar.

Rolex.

Porsche.

Villa.

Insel.

Erfolg.

Dann fand ich noch weitere Sätze in meiner Kinderhandschrift, in denen ich Fragmente von Ruths Weisheit wiedererkannte: Kompass des Herzens. Das, was wir uns wünschen, ist nicht immer das Beste für uns.

Diejenigen, die anderen Leid zufügen, haben oft selbst die größten Verletzungen erlitten.

Ich blickte auf die Zigarrenkiste hinab, in der die von mir so geliebten Gegenstände lagen. Und mein Herz verkrampfte sich, als mir bewusst wurde, dass – trotz all der Dinge, die ich in meinem Leben angehäuft hatte – in diesen dreißig Zentimetern einer schmalen Holzkiste gewissermaßen alles lag, was ich je wirklich besessen hatte. Ein Mensch kann nicht mehr besitzen, als seine Fähigkeit, zu lieben, ihm erlaubt – und ich hatte mein Herz noch nicht viel weiter geöffnet als zu der Zeit, als ich meine Liste schrieb. Meine Villa, meine Insel, mein Fuhrpark – ja selbst meine Familie – hatten in dem schmalen Raum meines Innern keinen Platz gefunden und zogen nun weiter, um vielleicht von jenen gefunden zu werden, die in der Lage waren, sie wirklich anzunehmen.

Zuerst beeilte sich mein Geist, eine Person oder Sache zu finden, der er die Schuld in die Schuhe schieben konnte. Als er meine Erinnerungen Stück für Stück zu durchforsten begann, bemühte er sich, jedweden Schuldigen auszumachen, den er irgendwie zu fassen bekam. Einen Großteil meines Lebens hatte ich auf eine Vaterfigur gewartet, die mir erklären würde, was ich in jeder Situation zu tun hätte, die sich um mich kümmerte, mich liebte und mir beibrachte, wie ich zu der Person werden könnte, die ich gerne sein wollte. Mein eigener Vater war nicht in der Lage gewesen, diese Rolle zu erfüllen: Er war ein Trinker, der kaum für den normalen Alltag taugte, und wenn er einmal arbeitete, lebten er (und damit meine ganze Familie) von einer Gehaltsabrechnung zur nächsten. Hatte er für ein paar Monate eine Anstellung, fingen wir an, uns etwas sicherer zu fühlen; aber dann ging er auf Zechtour, verprasste seinen letzten Penny, kam betrunken nach Hause oder verschwand einfach tagelang von der Bildfläche. Die Prozedur war stets dieselbe: Sein Trinken hatte fast immer damit zu tun, dass er aus irgendwelchen Gründen, die keiner von uns kannte, seinen Job verloren hatte, eine Riesenpanik schob und sich schämte, nach Hause zu kommen und uns gegenüberzutreten. Also stürzte er sich in den Alkohol. Wir zogen mehrfach von einem unbedeutenden Apartment, an einem Ort, an dem ich nicht leben wollte, ins nächste um – immer in der Hoffnung, Dad würde vielleicht eine feste Stelle finden. Aber das passierte nie.

Noch schlimmer war, dass meine Mutter einen lähmenden Schlaganfall erlitten hatte und sich die meiste Zeit über in ihrem Bett vor der Welt verkroch. Gelangten ihre Depressionen an einen Tiefpunkt – was ziemlich regelmäßig geschah –, versuchte sie sich für gewöhnlich mit einer Überdosis ihrer Schlaftabletten das Leben zu nehmen. Ich fühlte mich oft wie ein Blatt, das von unglücklichen Ereignissen herumgewirbelt wird, oder wie ein Kinderstar aus einer Sitcom der 1950er-Jahre, in der alles auf katastrophale Weise schiefläuft. Ich glaubte, das Universum habe sich gegen mich verschworen – als hätte ich irgendetwas getan, was dieses beleidigt hätte; als wäre ich gewissermaßen an allem schuld und konnte doch mein Verbrechen nicht genauer bestimmen oder wiedergutmachen. Ohne einen Erwachsenen in meinem Leben, der auf mich aufpasste, entwickelte ich ein übersteigertes Verantwortungsgefühl und einen schwerwiegenden Komplex. Zwar war ich mir dessen nicht bewusst, aber mein negatives Denken dröhnte wie der unbarmherzige DJ eines Underground-Radiosenders in meinem Geist vor sich hin. Diese Gedanken wirkten sich auf die meisten meiner Handlungen aus und führten zu Erlebnissen, die ihrerseits eine unablässige Abfolge schmerzhafter und unglücklicher Ereignisse nach sich zogen. Und diese negativen Gedanken, die auf mein Hirn und meinen gesamten Körper zurückwirkten, ließen meine pessimistische Weltsicht weiterhin stabil und real erscheinen.

Ich hatte das ganze äußere Drumherum, das ich mit Erfolg verband, erreicht, und war der Überzeugung, von Ruths Magie geheilt worden zu sein. Ich glaubte, dass ich meine kindische Hoffnung nach einer besseren oder anderen Vergangenheit hinter mir gelassen, meine Kraft zurückerobert hatte und im Leben weitergekommen sei. Wenn das nicht funktioniert hatte, musste das Problem woanders liegen. Also schob ich als Nächstes die Schuld auf mein Gehirn. Aber auch dieses konnte nichts dafür: Mein Hirn und mein Unterbewusstsein hatten ja bloß brav die Anweisungen erfüllt, die ich ihnen erteilt hatte, und materielle Ergebnisse gezeitigt, wie ich sie mir in meinen wildesten Träumen nicht vorgestellt hätte: Die protzige Gold-Rolex hing um mein Handgelenk, in meiner Garage parkten ein Ferrari, ein BMW und ein Porsche. Und die Villa selbst schien den Seiten des Architectural Digest entsprungen, das ich in unserem Miniapartment in der kalifornischen Hochwüste so sehnsüchtig verschlungen hatte, wo mein Blick entweder auf die triste beigefarbene, von Mülltonnen gezierte Rückseite eines anderen Apartmentkomplexes fiel oder auf die endlose Steppe mit ihren Strauchballen. Als treuer Diener seines Herrn hatte mein Gehirn schlicht getan, worum ich es gebeten hatte, ohne meine Absicht oder Motivation zu hinterfragen.

Mein Hirn hatte lediglich seinen Job gemacht. Es erfordert enorme Disziplin und gewissenhafte Wiederholung, damit es neue Nervenbahnen ausbilden kann. Hegt und pflegt man diese nicht, überwuchern sie mit der Zeit wie ein Trampelpfad im Wald. Obwohl ich durch Ruths Techniken so viel Reichtum und Erfolg in mein Leben hatte ziehen können, waren zu dem Zeitpunkt, als ich bankrottging, bereits mehrere Jahre vergangen, seit ich sie zum letzten Mal praktiziert hatte. Während ich Punkt für Punkt auf meiner Liste verwirklichte, wuchs mein Selbstvertrauen in meine Fähigkeit, meine Wünsche zu manifestieren, und ich verspürte immer weniger die Dringlichkeit, mich mit Ruths Botschaft zu verbinden. Eine Folge davon war, dass ich Ruths Übungen immer seltener praktizierte. Vielleicht wurdest auch du vor Jahren in eine bestimmte Praxis eingeführt oder hattest eine spirituelle Erfahrung, die das Bild, das du einst von dir hattest, verändert hat. Aber nun ertappst du dich dabei, wie du dich davon wieder entfernst oder es dir schwerfällt, diese als Bestandteile in deinem Leben zu behalten. Es ist wie bei einer Sucht: Je länger du trocken bist, desto zuversichtlicher fühlst du dich, dass du nicht mehr zu den Anonymen Alkoholikern zu gehen brauchst. Rückblickend würde ich sagen: Ich hatte vergessen, wie wichtig Ruths Lektionen gewesen waren.

Ohne die Klarheit und den Trost der Übungen, die mich weiterhin mit meiner transformierenden Erfahrung mit Ruth verbanden, stellte ich mich nun alleine dem Zerfall meiner Familie, dem Verlust meines Vermögens und der Auflösung meiner Besitztümer. Vor allem musste ich der Tatsache ins Auge sehen, dass ich den Kontakt zur machtvollen Gewohnheit, mein Herz zu öffnen, verloren hatte. Diese hatte es mir vorübergehend ermöglicht, den unbarmherzigen, negativen Monolog über mich selbst, der durch meinen Geist schwirrte, herunterzuregeln. Ohne den steten Tropfen der Medizin des Mitgefühls waren meine tief verankerten Gewohnheiten der Selbstkritik und des Selbstzweifels mit voller Kraft zurückgekehrt: Du bist nicht gut genug. Leute wie du bringen es im Leben eh zu nichts. Du wirst niemals erfolgreich sein. Eine Zeit lang übertönte die Fanfare meines materiellen Erfolgs das Gepolter meines inneren Kritikers. Aber dann – immer, wenn ich gerade auf einer schicken Gala war oder in einem meiner Sportautos die Küste entlangfuhr – begann ich es wie das Gemurmel eines bedrohlichen Inquisitors in meinem Hinterkopf zu hören. Es wurde schließlich immer dominanter und nörgelte an mir herum wie früher, als ich ein kleiner Junge war.