Miss Braitwhistle 2. Miss Braitwhistle kommt in Fahrt - Sabine Ludwig - E-Book

Miss Braitwhistle 2. Miss Braitwhistle kommt in Fahrt E-Book

Sabine Ludwig

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Beschreibung

Wenn Miss Braitwhistle den Unterricht in der Klasse 4a übernimmt, ist alles möglich. Ob Schulausflug im Golfplatz-Mobil, Fahrradprüfung mit Linksverkehr oder Besuch der englischen Schildkröten namens Harry und Willy – diese Lehrerin ist immer für eine Überraschung gut. Kommt sie erst einmal richtig in Fahrt, rettet sie mit ihren Zauberkünsten nicht nur den langweiligen Wandertag der 4a. Der zweite Teil der verrückten Schulgeschichten um Miss Braitwhistle ist leichtfüßig und wieder mit viel Witz erzählt.

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Über dieses Buch

Wenn Miss Braitwhistle den Unterricht in der Klasse 4a übernimmt, ist alles möglich. Ob Schulausflug im Golfplatz-Mobil, Fahrradprüfung mit Linksverkehr oder Besuch der englischen Schildkröten namens Harry und Willy – diese Lehrerin ist immer für eine Überraschung gut. Kommt sie erst einmal richtig in Fahrt, rettet sie mit ihren Zauberkünsten nicht nur den langweiligen Wandertag der 4a.

 

Funny-fantastisch!

Band 2 der Schulgeschichten-Bestseller über die bezauberndste Lehrerin der Welt

1Wenn Hausschuhe Quatsch machen

Ich mag unsere Schule, obwohl sie schon ganz alt ist. Ich mochte sie noch lieber, als Miss Braitwhistle unsere Lehrerin war. Miss Braitwhistle ist aus England gekommen, und bei ihr sind im Unterricht immer ganz verrückte Sachen passiert. Wir hatten schon länger nichts mehr von ihr gehört. Bestimmt hatte sie uns schon vergessen, wir sie aber nicht.

Wir, das sind die Schüler der 4a. A wie Albtraum, sagen unsere Lehrerinnen oft. Vor allem Frau Sauermann sagt das, die Klassenlehrerin der 4b. Herr Fischli sagt das nie, er ist der Direktor, und seit Miss Braitwhistle weg ist, ist er auch unser Klassenlehrer. Herr Fischli ist ganz okay, aber er ist eben nicht Miss Braitwhistle.

Sonst hat sich bei uns nicht viel geändert. Hugo ist immer noch der Superstreber, Max isst immer noch gern, Clemens trägt immer noch seinen Schal und ist auch immer noch der Klügste von uns.

Ach ja, die Mädchen hätte ich fast vergessen, aber bei denen gibt es auch nichts Neues. Annalisa heult immer noch auf Knopfdruck, Pauline ist immer noch die Größte, Henni ist immer noch keine Schnellmerkerin, und Polly und Molly, die Zwillinge, sagen noch immer das Gleiche und haben auch noch immer ihre langweiligen Puppen dabei.

Halt, etwas Neues gibt es doch. Nämlich Herrn Machnick, unseren Hausmeister. Unseren alten Hausmeister, Herrn Pommerenke, hatte Herr Fischli nämlich rausgeschmissen, weil er unsere Kastanie gefällt hatte. Und das nur, weil sie ihre Blätter verloren hat und er sie zusammenfegen musste. Wir haben jetzt zwar eine neue Kastanie, aber die ist noch sehr jung, in Menschenjahren gerechnet ist sie gerade in den Kindergarten gekommen.

Wir können von Glück sagen, dass unsere neue Kastanie noch ein Kleinkind ist und nicht so viele Blätter hat, die sie verlieren könnte, denn Herr Machnick fegt nie was weg. Das gehört nicht zu seinem »Aufgabenbereich«, sagt er. Wir wissen nicht, was überhaupt zu seinem Aufgabenbereich gehört, aber Fegen und Putzen auf jeden Fall schon mal nicht. Den ganzen Winter über war der Schulflur voll mit Matsch und diesen Steinchen, die bei Glatteis gestreut werden. In unserer Klasse sah es sogar noch schlimmer aus, denn da lagen außerdem noch Papierschnipsel, Bleistiftspitzerkrümel, Apfelbutzen, ausgelaufene Tintenpatronen und anderer Müll auf dem Boden.

Herr Fischli hat dann gemeint, jede Klasse soll nach dem Unterricht ihren eigenen Dreck wegmachen, und wir haben einen Besen bekommen. Das hat zuerst auch richtig Spaß gemacht. Annalisa hat den Besen als Steckenpferd benutzt und oben Zügel rangebunden. Pauline fand aber, ihr würde der Besen gehören, denn sie sei eine Hexe, und Hexen bräuchten einen Besen zum Fliegen, das wüsste ja wohl jeder. Da hat Aki den Besen genommen und aus dem Fenster geworfen und gemeint, Pauline könne ja hinterherfliegen. Das ist ihm aber nicht gut bekommen, denn Annalisa hat sich Akis Turnbeutel gegriffen und dem Besen hinterhergeworfen. Das wäre ja nicht weiter schlimm gewesen, wenn in dem Turnbeutel nur Akis Turnsachen gewesen wären, aber er hatte auch eine Stinkbombe drin, die eigentlich für die Langweiler aus der 4b gedacht war. Die Stinkbombe ist natürlich zerbrochen und ausgelaufen, und ich will lieber nicht beschreiben, wie Akis Turnsachen gestunken haben. Das kriegt man auch nach hundertmal Waschen nicht raus.

Polly und Molly haben dann den Besen in ein Steckenpferd verwandelt, mit Zügel und Schleifen in den Borsten, sogar Ohren haben sie ihm angeklebt. Aber natürlich haben sie die ganze Zeit gestritten, wer auf dem Besenpferd reiten darf, bis ich ihn mir geschnappt habe und laut wiehernd durch die Klasse galoppiert bin.

Zum Fegen haben wir den Besen jedenfalls nicht gebraucht. Trotzdem hat Hugos Mutter einen Brief an Herrn Fischli geschrieben und sich beschwert, dass wir Staub aufwirbeln würden, wo Hugo doch eine Stauballergie hat. Da hat uns Herr Fischli den Besen leider wieder weggenommen.

Frau Klawitter, unsere Musiklehrerin, hatte dann die Idee. Wir sollten alle unsere Schuhe am Eingang ausziehen und in der Schule nur noch in Hausschuhen rumlaufen. Das würde auch viel weniger Krach machen und sei gut für ihre armen Ohren. Man muss wissen, dass sie ein Hörgerät hat. Aber das stellt sie meistens ab, wenn sie zu uns in die Klasse kommt.

Wir haben dann bewiesen, dass man auch in Hausschuhen eine ganze Menge Lärm machen kann. Wir schreien einfach nur noch lauter. Immerhin ist der Flur jetzt sauber, weil der ganze Dreck an unseren Pantoffeln kleben bleibt. Das sieht ziemlich eklig aus. Außerdem weiß man nie genau, ob man bei Schulschluss auch seine Schuhe wiederfindet. Da kann man nämlich böse Überraschungen erleben, so wie Aki neulich.

Da mussten wir beide mal wieder nachsitzen. Und nur, weil wir in der Musikstunde den Hubschrauber, den Aki zu Weihnachten bekommen hatte, ein bisschen fliegen lassen wollten. Das war aber keine gute Idee. Denn gerade als Aki die Fernsteuerung angestellt hatte, fing Frau Klawitters Hörgerät fürchterlich an zu pfeifen. Vor Schreck hat Aki auf den falschen Knopf gedrückt, und der Hubschrauber ist auf der Lampe gelandet. Als Aki ihn da wieder runterholen wollte, ist er von Annalisas Tisch gefallen. Aber nur, weil Annalisa nicht wollte, dass er mit seinen dreckigen Hausschuhen auf ihrem Notenheft rumtrampelt, und sie ihm das Heft unter den Füßen weggezogen hat. Als Aki dann auf dem Boden lag, ist der Hubschrauber von ganz allein von der Lampe runtergeflogen und auf Akis Bauch gelandet. Das sah so lustig aus, dass ich laut gelacht habe. Frau Klawitter hat das aber überhaupt nicht gefallen, denn ihr Hörgerät hörte gar nicht mehr auf zu pfeifen. Sie meinte dann, Aki und ich sollten eine Stunde nachsitzen und Noten schreiben. Schreiben ist ja sowieso schon nicht toll, aber Noten schreiben ist so ziemlich das Schlimmste.

Als wir endlich mit Notenschreiben fertig waren und nach Hause gehen wollten, standen noch zwei Paar Schuhe am Eingang. Meins und ein Paar rosa Sandalen mit Schmetterlingen drauf. Aki hat sie hochgehoben. »Größe 29! Wusste gar nicht, dass es so kleine Füße gibt.«

»Ich glaube, Babys haben noch kleinere Füße«, hab ich gesagt. »Aber Babys brauchen auch keine Schuhe.«

Wir überlegten, ob jetzt irgendeine Erstklässlerin mit Akis Fußballstiefeln in Größe 41 durch die Gegend schlurfen würde. Ich musste schon wieder lachen, aber Aki fand das überhaupt nicht komisch, denn er musste in seinen Hausschuhen nach Hause gehen, und das waren noch nicht einmal seine. Eigentlich gehörten sie seiner großen Schwester, sie waren aus grünem Plüsch und sahen aus wie zwei schielende Frösche.

Aki ist dann an der Pumpe stehen geblieben. Wir bleiben immer an der Pumpe stehen und probieren aus, ob Wasser rauskommt. Den ganzen Winter über hatte es natürlich kein Wasser gegeben, dafür ist Aki einmal an der Pumpe festgeklebt. In der Zeitung hatte nämlich gestanden, dass ein Junge das Eis von einem Laternenpfahl lecken wollte und ihm dann die Zunge festgefroren war. Da musste Aki natürlich ausprobieren, ob das auch mit einer Pumpe funktioniert. Tut es, aber leider hatte in der Zeitung nicht gestanden, wie der Junge seine Zunge wieder losbekommen hat. Ich hab dann meinen warmen Kakao geopfert, den meine Mutter mir immer für die Schule mitgibt, wenn es besonders kalt ist. Der Kakao hat geholfen, statt Akis Zunge klebte der dann als Schokoladeneis an der Pumpe, und das sah echt lecker aus, aber wir haben lieber nicht probiert.

Als wir uns jetzt an den Pumpenschwengel gehängt und ordentlich gedrückt haben, tröpfelte vorn Wasser raus.

Und das bedeutete nur eins: Es war Frühling! Vielleicht noch nicht richtig, aber fast.

Aki hat sich vor die Pumpe gestellt und seine Füße in den Froschhausschuhen unters Wasser gehalten. Richtigen Fröschen hätte das sicher gefallen, aber Akis Froschhausschuhe sahen nach ein paar Minuten aus wie ein Klumpen ausgekochter Spinat. »Hoffentlich kauft mir meine Mutter jetzt endlich neue«, hat Aki gesagt und ist mit seinen durchweichten Hausschuhen weitergelaufen. Es hat bei jedem Schritt »Quaatsch, Quaatsch« gemacht, das klang fast wie bei echten Fröschen.

Aki hat mich angeschaut, und ich hab Aki angeschaut, und wir beide haben das Gleiche gedacht. »Weißt du noch, wie Miss Braitwhistle es geschafft hat, dass Herr Pommerenke gequakt hat wie eine Ente?«, hat Aki gesagt.

Ich hab genickt, und dann haben wir gar nichts mehr gesagt, bis wir an der Ecke angekommen sind, an der Aki links und ich rechts gehen muss.

»Es ist alles so verdammt langweilig, seit sie weg ist«, meinte Aki und starrte auf seine tropfenden Froschschuhe. »Wäre schon nicht schlecht, wenn sie wiederkommen würde, oder?«

»Wär echt nicht schlecht«, hab ich gesagt, und dann haben wir uns gegenseitig zum Abschied auf die Schulter geschlagen.

2Ein Pfiff ohne Folgen

Dienstags haben wir in der letzten Stunde Sport.

Und bevor wir richtig anfangen konnten, gab’s wieder Ärger, weil die Mädchen meinten, Aki würde nach Stinkbombe riechen, dabei konnte das gar nicht sein, denn seine Mutter hatte ihm neue Sportsachen kaufen müssen. Aki sagte dann, die Mädchen würden nach noch Schlimmerem riechen, nämlich nach verfaultem Hering. Annalisa fand das so gemein, dass sie gleich losheulte, aber Max meinte, verfaulter Hering sei keine Beleidigung, sondern was Leckeres, er hatte das schon mal im Urlaub in Schweden gegessen.

Dann wollte Herr Fischli mit uns Übungen am Reck machen, aber die Mädchen wollten lieber auf dem Schwebebalken rumspazieren.

Ich weiß nicht, warum die Dinger Schwebebalken heißen, denn sie sind bleischwer. Wir Jungen müssen sie nämlich immer in die Halle tragen. Natürlich hatten wir dazu keine Lust. Wir hatten aber auch keine Lust, am Reck zu baumeln. Der Einzige, dem das Spaß macht, ist Aki, aber dem macht jeder Sport Spaß.

»Entscheidet euch, Kinder«, hat Herr Fischli gesagt und geseufzt. In letzter Zeit seufzt er wieder sehr oft, und er sieht auch oft traurig aus. Dabei hatten wir ihn mit Miss Braitwhistles Hilfe schon fast zum Lachen gebracht. Die hatte es nämlich geschafft, dass Felix, sein Bernhardiner, kein Heimweh nach der Schweiz mehr hatte, wo die beiden herkommen. Aber vielleicht hatte statt Felix jetzt Herr Fischli Heimweh. Das hätte ich ihn gern gefragt, aber ich hab mich nicht getraut.

»Schwebebalken!«, haben die Mädchen geschrien.

»Fußball!«, haben wir Jungs geschrien.

»Ihr immer mit eurem blöden Fußball!«, kam es zurück.

»Und ihr immer mit eurem bescheuerten Balken!«

Dann haben wir die Mädchen ein bisschen geschubst, und die Mädchen haben uns gezwickt, aber nicht nur ein bisschen, sondern richtig doll. Und da mussten wir uns natürlich wehren. Ich schwöre, dass ich Annalisa nur an ihrer Haarschleife gezogen hab, nicht an den Haaren, aber sie hat trotzdem angefangen zu heulen. Aki hat den Zwillingen ihre dämlichen Puppen weggenommen und in den Basketballkorb geworfen, Hugo hat Pauline ans Schienbein getreten, und Clemens hat Henni nur scharf angeguckt, da plumpste sie vor Schreck auf eine Matte. Nur Max hat nichts gemacht, denn der hatte im Umkleideraum noch schnell in sein Pausenbrot gebissen und schrecklichen Schluckauf.

Herr Fischli blies in seine Trillerpfeife, so doll, bis er ganz dicke Backen bekommen hat, aber es kam kein Ton raus. Konnte auch nicht, denn in der Pfeife steckte ein Kaugummi. Akis Kaugummi, um genau zu sein. Herr Fischli legt seine Trillerpfeife nämlich immer auf die Bank, wenn er mit uns zum Aufwärmen durch die Halle läuft. Und da hat Aki sie schnell genommen und seinen Kaugummi in das Loch gestopft.

Das hatte aber außer mir keiner gesehen. Trotzdem schrie Hugo gleich: »Das war bestimmt Aki!«, als Herr Fischli die Trillerpfeife aus dem Mund nahm und versuchte, den Kaugummi rauszupopeln.

»Ist das dein Kaugummi, Aki?«, hat Herr Fischli gefragt.

»Mein Kaugummi ist in meinem Mund«, hat Aki gesagt und eine extragroße Blase gemacht, um es zu beweisen.

Immerhin haben wir aufgehört, uns mit den Mädchen zu prügeln, weil wir sehen wollten, ob Herr Fischli es schaffte, dass seine Pfeife wieder pfiff. Er schaffte es nicht.

»Sie haben doch noch die Pfeife von Miss Braitwhistle!«, hat Polly gerufen.

»Genau, die Pfeife von Miss Braitwhistle!«, hat natürlich auch Molly gerufen.

»Ihr seid vielleicht dumm«, hat Hugo gesagt. »Die war doch nicht echt.«

Ausnahmsweise einmal hatte Hugo recht, die Pfeife hatte nämlich in einem Knallbonbon gesteckt.

Herr Fischli wühlte in den Taschen von seinem Trainingsanzug, dann zog er etwas heraus. »Hm, da ist sie ja, ich hatte sie viel kleiner in Erinnerung.«

Ich hab Aki angeschaut, und Aki hat mich angeschaut, und wir haben das Gleiche gedacht: Die Pfeife war gewachsen!

Herr Fischli hat in die Pfeife geblasen, und es ist wirklich ein Ton rausgekommen, nein, sogar mehrere Töne. Es klang wie das Trillern eines Vogels. Genau so hatte Miss Braitwhistles Trillerpfeife auch immer geklungen.

Sofort waren wir alle ganz still. Es war, als hätte einer einen Zauberspruch gesagt, der alles zu Stein werden lässt. Sogar Max ist mitten in einem Schlickser erstarrt und stand mit offenem Mund da. Auf Annalisas Backe haben die Tränen aufgehört zu rollen, und Henni blieb mit den Beinen in der Luft auf der Matte liegen wie ein Käfer.

Herr Fischli hat die Trillerpfeife angeschaut und gemurmelt: »Sehr seltsam, wirklich sehr seltsam.«

»Meinst du, sie kommt jetzt zurück?«, hat Aki mich gefragt.

»Bestimmt«, hab ich gesagt.

In diesem Moment öffnete sich langsam die Tür zur Turnhalle. Wir haben die Luft angehalten. Jetzt würde gleich Miss Braitwhistle reinkommen, ihre Tasche abstellen, eine Tasse und eine Teekanne rausziehen, sich erst einmal einen Tee einschenken und dann …

Aber der Kopf, der jetzt in der Tür auftauchte, gehörte auf keinen Fall Miss Braitwhistle, es sei denn, sie hatte sich inzwischen den Schädel rasiert.

Der Stoppelkopf gehörte Herrn Machnick, unserem Hausmeister.

Er ging zu einem der Barren, stellte sich rein, stützte die Arme auf und schwang seine Beine nach rechts und links und wieder zurück. Seine Oberarme sahen aus, als hätte einer Luft reingepumpt.

»Was machen Sie denn da?«, rief Herr Fischli.

»Ich trainiere, das sehen Sie doch!«, hat Herr Machnick gesagt und war ganz rot im Gesicht. Herr Fischli ist auch rot im Gesicht geworden, aber nicht vor Anstrengung, sondern vor Wut. »Sie können hier nicht trainieren, ich unterrichte gerade Sport!«

Herr Machnick ist mit einer Grätsche über den Barren gesprungen und sehr elegant mit beiden Füßen aufgekommen.

»Das nennen Sie Sport! Die Schüler stehen doch nur rum«, hat Herr Machnick gesagt. »Das können sie auch woanders.«

Keine schlechte Idee. Am liebsten hätte ich bei mir zu Hause rumgestanden statt in einer miefigen Turnhalle.

»Was erlauben Sie sich?«, hat Herr Fischli gerufen. »Haben Sie nichts zu tun?«

Herr Machnick hat auf seine Uhr geschaut. »Laut Arbeitsvertrag habe ich jetzt Mittagspause. Und zwar noch genau fünfunddreißig Minuten, und die möchte ich gefälligst auch nutzen.«

Er ist zum Reck gegangen und hat Klimmzüge gemacht. Wir haben mitgezählt. Bis zehn, dann wurde es uns zu langweilig.

Herr Fischli wusste erst nicht, was er mit uns machen sollte, dann hat er gesagt: »Draußen scheint die Sonne, raus mit euch auf den Sportplatz!«

Die Sonne schien zwar, aber es war trotzdem noch ganz schön kalt. Wir mussten uns in zwei Gruppen aufteilen und um die Wette laufen. Die ganze Zeit hat Herr Fischli in die Trillerpfeife aus Miss Braitwhistles Knallbonbon geblasen und gerufen: »Schneller, schneller, nicht so lahm, Kinder!«

Aber die Einzigen, die nicht lahm waren, waren Aki und Pauline, wir anderen keuchten und pfiffen wie altersschwache Lokomotiven.

»Ihr seid ja überhaupt nicht in Form«, hat Herr Fischli gesagt. »Gut, dass nächsten Montag Wandertag ist, da können wir gleich ein wenig trainieren.«

»Das können Sie doch nicht machen, Herr Fischli!«, hat Annalisa gerufen und gleich wieder angefangen zu heulen. »Sie haben uns versprochen, dass wir zum Minigolf gehen.«

»Genau, Minigolf ist auch Sport«, meinte Clemens.

»Meine Mutter hat mir Anstrengungen verboten, das ist nicht gut für meine Allergie«, hat Hugo gesagt.

Nur Max hat nichts gesagt, der bekam nämlich keine Luft mehr.

Aber Herr Fischli schien nicht sehr überzeugt, da hat sich Pauline gemeldet. »Miss Braitwhistle wäre mit uns bestimmt zum Minigolf gegangen.«

»Ihr vermisst sie wohl sehr?«, hat Herr Fischli gefragt. Und wir haben alle ganz laut »Ja!« geschrien.

Herr Fischli hat die silberne Trillerpfeife angeschaut, geseufzt und gesagt: »Na gut, Kinder, ich lasse mir das noch einmal durch den Kopf gehen. Aber jetzt laufen wir noch eine Runde, und wehe, einer von euch macht schlapp!«

Wir sind nicht nur eine Runde, wir sind sogar zwei Runden gelaufen, und nur damit wir am Wandertag nicht wandern mussten. Das hätten wir uns alles sparen können, aber das wussten wir da noch nicht. Da wussten wir so einiges noch nicht.

 

 

3Das Wandern ist ein großer Frust

Als ich am nächsten Montagmorgen Aki an der Ecke getroffen hab, hatten wir beide gute Laune, und das, obwohl Montag war.

»Das ist endlich mal ein guter Tag«, hat Aki gesagt.

Ich hab in der Hosentasche mit meinem Geld geklimpert. »Das reicht für einmal Pommes, ein Würstchen und drei weiße Mäuse.«

»Meine Schwestern haben mir Geld geliehen«, hat Aki gesagt. »Alle drei. Aber das dürfen sie nicht wissen, weil ich nämlich jeder erzählt hab, ich würde nur sie drum bitten, weil die anderen beiden nicht nett sind.«

Akis Schwestern sind älter als er und behandeln ihn oft so, als sei er noch ein Baby, manchmal hat das auch Vorteile.

»Und ich hab extra nichts gefrühstückt«, hab ich gesagt.

Das war gar nicht so einfach gewesen, denn als meine Mutter gehört hatte, dass heute Wandertag ist, wollte sie mir nicht nur ein besonders gesundes Müsli aufschwatzen, nein, sie fing auch an, Brote zu schmieren. Ich konnte sie nur mit Mühe davon überzeugen, mir statt einem doppelt und dreifach belegten Käse-Schinken-Sandwich einfach nur Geld mitzugeben.

Das Geld brauchten wir für die Imbissbude am Minigolfplatz. Minigolf ist ja schon mal ’ne prima Sache, aber am besten ist die Bude. Die Pommes da sind die knusprigsten in der ganzen Stadt und das Ketchup richtig schön scharf. Es hat uns allerdings ein ganzes Stück Arbeit gekostet, Herrn Fischli dazu zu bringen, dass er nicht mit uns wanderte, sondern mit uns zum Minigolf geht, aber am Freitag hatten wir ihn dann endlich so weit gehabt.

»Wir haben es echt gut«, hat Aki gesagt. »Die Schwachköpfe aus der 4b müssen mit der Sauermann einmal um den Schwarzen See laufen.«

»Das dauert mindestens vier Stunden!«, hab ich gesagt. Und wir haben uns gefreut, denn wir können die 4b nicht leiden und Frau Sauermann erst recht nicht. Die 4b ist eine richtige Streberklasse und Frau Sauermann die strengste Lehrerin der ganzen Schule.

Vor der Schule sind uns schon die Ersten aus der 4b entgegengekommen, brav in Zweierreihen, mit Wanderstiefeln an den Füßen und dicken Rucksäcken bepackt. Aki und ich haben uns hingestellt und gerufen: »Nun marschiert mal schön! Und eins, zwei, drei und eins –«

»Zwei« konnten wir nicht mehr sagen, denn Albrecht, der größte und fieseste Junge aus der 4b, hat sich vor uns aufgebaut und gesagt: »Wartet’s nur ab, euch wird das Lachen schon noch vergehen!«

Aber wir haben trotzdem gelacht und wollten gerade an Albrecht vorbei in die Schule und Herrn Fischli suchen, da erschien Frau Sauermann im Eingang und scheuchte uns die Treppe runter.

»Ihr könnt euch gleich der 4b anschließen«, hat sie gesagt.

»Können wir nicht«, hab ich gemeint. »Herr Fischli wartet auf uns.«

»Herr Fischli wartet auf niemanden, der liegt mit Fieber im Bett«, hat Frau Sauermann gesagt. »Er hat mich beauftragt, euch zu übernehmen. Also hopp, hopp, und keine Müdigkeit vorgeschützt!«

Ich hab Aki angeschaut, und Aki hat mich angeschaut. Wenn wir das gewusst hätten, wären wir heute auch im Bett geblieben, mit oder ohne Fieber.

Nun tauchten auch die anderen aus unserer Klasse auf, und keiner sah sehr glücklich aus. Annalisa hat natürlich wieder geheult. »Ich will nicht wandern, und erst recht nicht mit Frau Sauermann!«

Wer wollte das schon?

Hugo hat sich gemeldet. »Frau Sauermann, Frau Sauermann! Können wir nicht in der Schule bleiben, und Sie geben uns ein paar Aufgaben?«