Mit der Stasi ins Bett - Stefan Spector - E-Book

Mit der Stasi ins Bett E-Book

Stefan Spector

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Beschreibung

Von der Stasi verführt: Wie junge Menschen gezielt manipuliert wurden Eigentlich sollte er im Auswärtigen Amt für die DDR arbeiten. Aber im dritten Agenten-Ausbildungsjahr verschwand die DDR von der Landkarte. Aus dem Perspektiv-Spion mit FDP-Parteibuch wurde also nichts – wohl aber der erste offen schwule Bewerber für ein Bundestagsmandat. Da machten ihm jedoch seine Parteifreunde einen Strich durch die Rechnung: Sie zogen die Stasi-Akte des IM "Jérôme" … Stefan Spector berichtet in seinen sehr bunten Erinnerungen über eine Romeo-Karriere bei der Stasi, die bereits endete, bevor sie richtig begann. Sein Bericht aus der Geheimdienstwelt, in Diktion und Haltung an Felix Krull erinnernd, lässt die 1980er Jahre und den Kalten Krieg noch einmal lebendig werden: die Hausbesetzerszene in Westberlin, die vielfältigen Beziehungen zur Schwulen-Szene im Osten und die Aktivitäten des MfS, unter den Studenten im Westen geheime Mitarbeiter zu gewinnen. Stefan Spector war einer von etwa zweitausend jungen Leuten, die die Stasi für den Geheimdienst warb. Und er hatte eine spezielle Präferenz. Die Stasi hatte mit seiner Homosexualität keine Probleme. Im Gegenteil. Zudem war der Paragraf 175 in der DDR abgeschafft, der im Westen noch galt. Deshalb verlagerte sich die Schwulenszene immer mehr nach Ostberlin und machte es der DDR-Aufklärung leicht.

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Alle Rechte der Verbreitung vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist nicht gestattet, dieses Werk oder Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder in Datenbanken aufzunehmen.

Die Abbildungen stammen aus dem Privatarchiv von Stefan Spector; Robert Allertz und Archiv edition ost

edition ost im Verlag Das Neue Berlin –

eine Marke der Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage

ISBN Buch 978-3-360-01891-5

ISBN E-Book 978-3-360-51047-1

1. Auflage 2019

© Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage GmbH, Berlin

Umschlaggestaltung: Verlag, Peter Tiefmann unter Verwendung eines Fotos von Stefan Spector

www.eulenspiegel.com

Inhalt

Kleines Vorwort des Autors

Großgeworden in Hamburg

Neugier auf die Welt

Erste Begegnung mit der DDR

Einzug ins Westberliner Tuntenhaus

Das »Besucherbüro« – mein Tor zur Welt

Jede Woche »Urlaub vom Westen« in der DDR

Kandidat auf der »Schwulen Liste« fürs Studentenparlament

Semesterferien: Duett und DT64

Mit dem Skoda nach Dresden

Das MfS in Wartestellung

Bei den »bösen Logeusen« in Lille

France Inter, François Bon und Jürgen Walter zur 1500-Jahr-Feier

Anwerbung

Auftragsgemäß entsorgte ich meine rote Vergangenheit

Meine konspirativen Wohnungen

Agenten-Azubi und was ich später werden sollte

Finale DDR

Uwe und Hermann tauchen unter

Ich mache Karriere in der F.D.P.

Meinen F.D.P.-Kampfanzug finanzierte das MfS

Ich war der erste offen homosexuelle Bundestagskandidat einer bürgerlichen Partei

Die F.D.P. verstößt IM »Jérôme«, und Tamara Danz lässt sich umarmen

Nachwort von Wolfgang Schmidt

Danksagung

Kleines Vorwort des Autors

In seinem Buch »Lenin kam nur bis Lüdenscheid« beschreibt Richard David Precht autobiografisch, auf welch menschelnden Umwegen Leute rote Ansichten bekommen können, und wie sie sie später wieder ablegen. Dazu sollte es endlich eine Replik geben, dachte ich mir. »Jérôme« hatte zwar einen anderen Werdegang als Precht, aber auch eine Menge mit ihm gemeinsam. Nur hatte ich wesentlich andere Schlüsse aus der gleichen Gegenwart gezogen. Während Precht sich gegen Ende der DDR gerne von der absichtsvoll verbreiteten Parole einlullen ließ, dass mehr Liberalismus zum Guten führen werde, tat ich zumindest alles, was ich konnte, um den absehbaren Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, solange es ging …

Ich mische mich ungern in Diskussionen über das Ende der DDR ein, das überlasse ich lieber Experten. Aber ich habe ein sehr deutliches Gespür dafür, wie die normalen Leute getäuscht wurden. Viele erwarteten 1989/90 Veränderungen, was die eigenen Lebensumstände angeht, aber für sehr viele endete es mit dem Gegenteil des Erhofften und mit dem Trugbild einer »Mutter Courage« alias Regine Hildebrandt, die ihnen immer wieder versicherte, dass das »doch nun wirklich nicht sein kann« – was dann aber trotzdem passierte.

Ich habe nach Jahrzehnten nicht mehr jedes Detail im Kopf, bekomme aber eine Menge zusammen und entschuldige mich für eventuelle Ungenauigkeiten. Ich zeichne anstelle einer Dokumentation lieber ein buntes Bild der Welt, wie ich sie erlebt habe. Fangen wir am besten im Hamburg der siebziger Jahre an, dann geht es über Westberlin und Berlin bis nach Bulgarien, Frankreich und Bayern …

Stefan »Jérôme« Spector,

Augsburg, Sommer 2019

Großgeworden in Hamburg

Als ich 1964 in Hamburg geboren wurde, deutete wenig darauf hin, dass ich es einmal mit der DDR, mit der F.D.P. und deren Ministern zu tun haben würde. Mit jeweils drei Fernseh- und Radioprogrammen lebte es sich wie überall in der BRD. Kindergarten, Schule – wenig Außergewöhnliches. Die muffige Adenauer-Zeit ging ihrem Ende entgegen, Willy Brandt verhieß »Mehr Demokratie wagen«, und sogar meine spätere Art zu leben wurde nicht mehr per § 175 mit bis zu fünf Jahren Zuchthaus bestraft. Jahrzehntelang waren »Gastarbeiter« gemäß Verträgen mit ihren Herkunftsländern zu Untertarif und ohne Sozialversicherung beschäftigt – auch das sollte sich langsam ändern. Man konnte allerdings deutlich spüren, dass der Geist der sich ändernden Zeit sich nur langsam und mühsam in der Gesellschaft durchsetzte. Die BILD-Zeitung hetzte regelmäßig gegen streikende Arbeiter, die »Frauenzeitschriften« berichteten lieber über Farah Diba und Jackie Onassis.

Ich wuchs auf in Hamburg-Hamm, vor dem Zweiten Weltkrieg eine Mischung aus lieblichen Villen und Gründerzeit-Mietskasernen, nach dem Krieg ein Meer von Ruinen, später ein Arrangement von Zeilenhäusern aus rotem Backstein. An den meisten dieser roten Backstein-Häuser waren, solange ich denken kann, etwa schallplattengroße Plaketten aus rotem Ton angebracht: »1943 zerstört – 1958 aufgebaut.« Die Jahreszahlen variierten. »Heimat« sieht anders aus. Es wäre wohl eine gute Idee gewesen, nicht von 1939 bis 1945 halb Europa niederzumähen und deutsche Panzer bis in die Sahara und nach Stalingrad fahren zu lassen. Unsere Oma fragte dazu immer bloß: »Was hatten die da zu suchen?« Immerhin waren in unserer Familie alle relativ unbeschadet durch den Krieg gekommen, allen voran mein Opa als Koch in der Offiziersküche.

Meine Mutter und ihre Schwester gehörten zur ersten Familien-Generation, die in Hamburg geboren worden war. Ihre Eltern stammten aus unterschiedlichen Gegenden des Hamburg umgebenden Preußen, hatten aber Vorfahren in Frankreich und Dänemark, in Aschersleben und Ostpreußen. Typisch für die »industrielle Revolution«. Auf den Geburtsurkunden der Kinder standen selten die Berufe der Eltern, von denen später erzählt wurde; nur wenige Kinder seien ehelich gewesen, hieß es. Eine Tante starb 1953 bei einem illegalen Schwangerschaftsabbruch.

Wir Kindergartenkinder in Hamm lebten alle in »Einelternfamilien« – damals gab es dafür weniger schöne Ausdrücke. Eine geschiedene Frau und eine ledige Mutter wie die meine teilten sich damals die unterste Kategorie sozialen Ansehens. Die Bilderbücher im Kindergarten gaukelten uns hingegen eine völlig andere »Realität« vor: Vater, Mutter, Kinder.

»Das ist doch alles bloß Gelüge!« … »Das gibt das doch in Echt gar nicht!« … »Wo gibt das denn Familien, wo ein Vater mit wohnt?!« Solche Satzfetzen, die ich als Dreijähriger vernahm, brannten sich mir tief ins Gehirn. Nur ein einziger Junge im Kindergarten konnte einen Vater vorweisen, mit dem er zusammen wohnte – und der war Witwer. Es dauerte nicht lange, bis dieser eine Kindergärtnerin heiratete, und Fred verließ uns. Die Kindergärtnerin verschwand kurz danach.

Merke: Wenn Kinder schon so früh den Eindruck haben, belogen zu werden, kann es passieren, dass manche von ihnen später einen ausgeprägten Revoluzzer-Instinkt entwickeln. Dazu gehört insbesondere die Angewohnheit, jegliche Vorspiegelung von »Wirklichkeiten« zu hinterfragen und eigene Schlüsse zu ziehen.

Fun Fact: Es hat schon eine besondere Pointe, wenn man erst Ende der neunziger Jahre aus dem Internet erfährt, dass man einen Familiennamen trägt, der weltweit unschwer als jüdischer Name identifiziert wird. Unsere Familie Spector hatte sich wohl mal bei einem Umzug nach Ostpreußen in die Papiere »evangelisch« eintragen lassen. Zumindest erklärt das auch die putzige Familiengeschichte, warum die holsteinischen Mitglieder unsere Familie bei einer Hochzeit in den späten zwanziger Jahren auf St. Pauli alle Kirchenlieder aus voller Kehle mitsangen, die Spectors hingegen schweigend aus der Wäsche und auf die Erde gekuckt haben.

Qualifizierten solche Erfahrungen fürs MfS? Eigentlich nicht – könnte man im ersten Moment denken. Eine banale Lügengeschichte kannte fast jeder. Wie die Story von irgendeiner Nachbarin, deren Sohn dem Postboten wie aus dem Gesicht geschnitten war. Es sollten sich später allerdings in unserer Familie noch andere Lügengeschichten auftürmen, die wohl ein ganzes Buch wert wären. Selten wussten Kinder genau, wer ihr Vater war, und einmal wurde es richtig absurd, als ein Cousin meiner Mutter auf dem Holzweg war, was den Familiennamen seiner Verlobten anging: Dabei wollte er sie nur im Krankenhaus besuchen, als sie »Blinddarm hatte«. Sie wollte ganz bieder »heile Welt« spielen und hatte sich unter dem Namen des Mannes vorgestellt, der mit ihrer Mutter zusammenlebte – die ihn aber wegen ihrer Kriegerwitwenrente, die sonst weggefallen wäre, nicht ehelichte. Naja, wilde Ehen waren immerhin erlaubt, wenn es um solche Renten ging.

Wer in der verlogenen Welt der sechziger und siebziger Jahre aufwuchs, dem wuchsen auch Zweifel, ob die Welt wirklich so war, wie einem erzählt wurde. Man spürt es in verschiedenen Situationen, dass man in einem Lügengeflecht lebte. Wenn man langsam immer weiter an Sachen herangeführt wird, die einem vorher absurd schienen. Mein Großvater zum Beispiel berichtete zunehmend Details von seiner »großen Liebe« namens Gottlieb, der aus der Gegend von Karlsruhe kam. Sie hatten sich 1939 bei der Wehrmacht kennengelernt und 1962 ihr letztes gemeinsames Wochenende in einem Gasthof verbracht. Oma saß dabei, als mir Opa beim Kartoffelschälen dies erzählte … 23 Jahre haben sie sich immer wieder getroffen, die Ehefrauen haben sich nie kennengelernt.

Gelogen wurde im Privaten wie im Gesellschaftlichen. Irgendwann durchschaute ich dies. Nein, die Spanier waren nicht arm, weil sie faul waren, sondern weil der Franco-Faschismus ihr Land so sehr hatte verarmen lassen. Auch die Italiener im Mezzogiorno waren nicht faul: Sie wurden von der Mafia ausgenommen und freuten sich, im fernen Deutschland als »Gastarbeiter« ihren kargen Lohn behalten zu dürfen. Und wer sich bequemte, mal in die DDR zu fahren, entdeckte dort Unerhörtes, was von dem Bild abwich, das hier von ihr verbreitet wurde. Wie eben unser profanes Leben in Hamburg sich erheblich von jenem »Leben« unterschied, wie es im Fernsehen gezeigt wurde.

Schülerausweis des Gymnasiums in Borgfelde, 1980

Ich bin in Hamburg in einer ausgesprochen weißen und deutschen Welt großgeworden. Zwar lebten schon damals viele ausländische Einwohner unter uns, aber die Stadt war in vielerlei Hinsicht geteilt. Hamburg-Hamm, zum Beispiel, war nach dem Krieg neu aufgebaut worden. Die Zeilenhäuser aus rotem Backstein besaßen Kachelöfen, alle Badezimmer waren mit elektrischen Boilern ausgestattet. Die Wohnungen der Schulfreunde sahen aus wie die unsrige. Als ich 1970 eingeschult wurde, gab es eine einzige ausländische Mitschülerin. Reiko kam aus dem japanischen Yokohama, sprach kein Wort Deutsch, wie ihre Mutter, aber ihr Vater hatte wohl einen guten Job bei einer internationalen Firma und verständigte sich englisch. Nach ein, zwei Jahren verließ uns Reiko gleichsam über Nacht. Sie war weg, ohne Abschiedsfeier. Ihr Vater hatte vermutlich einen neuen Job in einer anderen Stadt in einem anderen Land zugewiesen bekommen.

Türken? Griechen? Italiener? Die traf man allenfalls am Hauptbahnhof und in der Innenstadt, insbesondere zum Winter- und zum Sommerschlussverkauf, aber nicht in Hamburg-Hamm. Mir erschien das schon ziemlich früh als eine Art Apartheid: Wir weißen Deutschen wohnten in den einfachen, aber netten Häusern, und die »Ausländer«, langsam und allmählich aus ihren Wohnheimen in die normale Welt entlassen, fanden ihr Zuhause in damals verkommenen Stadtteilen wie St. Georg, St. Pauli, im Schanzenviertel oder in Altona.

In meiner Abiturklasse hatten wir einen Türken und eine Griechin. Mein türkischer Schulkamerad erzählte manchmal, dass seine Familie wegen extremer Armut nach Deutschland gekommen sei, im Dorf, in dem sie damals lebten, waren einige Kinder an Unterernährung gestorben. Mit zehn Jahren wurde er zum Übersetzer für seine Eltern. Deutschkurse für ausländische Mitbürger? Die gängige Antwort auf diese Frage lautete noch in den späten achtziger Jahren: »Die sind hier, um zu arbeiten, und nicht, um Deutsch zu lernen.« Für mich als Lehramtsstudenten war das damals unbegreiflich bis absurd, aber völlig »normal«.

Die Griechin hatte eine bewegte Geschichte. Ihre Familie gehörte zu den sogenannten Bürgerkriegsflüchtlingen. Der Krieg hatte bereits während der deutschen Besetzung begonnen. Die linke Volksbefreiungsbewegung ELAS und die konservativ-monarchistische EDES kämpften zunächst gegen die Okkupanten und dann gegeneinander. Die ELAS wollte eine Republik, die antikommunistische EDES eine Monarchie. In dieser schließlich bewaffneten Auseinandersetzung wurden die reaktionären Kräfte vom Westen massiv unterstützt, um eine Ausdehnung des »sowjetischen Einflussbereichs« zu verhindern. Das gehörte zur Nachkriegsstrategie der Amerikaner, und die hieß containment. Zehntausende Griechen flohen nach Ungarn, Polen und in die Tschechoslowakei. Die sowjetisch besetzte Zone, aus der 1949 die DDR wurde, nahm 1300 griechische Kinder auf. Darunter auch den Vater meiner Schulkameradin. Sie war darum in Leipzig aufgewachsen und hatte Verwandte in Rumänien und in der DDR. Sie erzählte gern von ihren Sommerferien, die sie bei der Familie in Rumänien verbracht hatte. Und zögerlich, mit einer gewissen Vorsicht, berichtete sie auch über ihr Leben in der DDR. Irgendwie ließ sich der Vater von der westlichen Propaganda besabbeln und zog in den frühen Siebzigern nach Hamburg. Von Stund an war er allerdings nicht mehr gleichberechtigter Mitbürger, sondern gehörte qua Name und Herkunft zu den allenfalls Gelittenen. Er versuchte sein Glück als Fabrikarbeiter und sorgte dafür, dass seine Tochter 1982 Abitur machte.

Die Griechin und der Türke waren, wie schon erwähnt, die beiden einzigen Ausländer unter den knapp 80 Abiturienten meines Jahrgangs.

Neugier auf die Welt

Vielleicht wäre vieles anders verlaufen, wenn da nicht meine große Neugier gewesen wäre, die mich schon mit zwölf Jahren dazu brachte, mehr als nur die drei üblichen UKW-Sender des NDR zu suchen. Damals gab es ein großes Angebot auf Mittel-, Lang- und Kurzwelle. Ich entdeckte ziemlich bald Stimme der DDR und Österreich auf Kurzwelle, den ORF, die BBC und Radio Moskau. Ich konnte mit jedem Radio quasi um die Welt reisen. Und der Kalte Krieg sorgte dafür, dass viele Länder in Ost und West Rundfunksendungen in deutscher Sprache ausstrahlten. Es war wie im Rammstein-Song »Radio«: »Doch jede Nacht für ein, zwei Stunden/Bin ich dieser Welt entschwunden/Jede Nacht ein bisschen froh/Mein Ohr ganz nah am Weltempfänger/Radio, mein Radio/Ich lass’ mich in den Äther saugen/Meine Ohren werden Augen/Radio, mein Radio/So höre ich, was ich nicht seh/Stille heimlich fernes Weh …« BILD wusste sofort nach Erscheinen des Songs, dass es Rammsteins »Abrechnung mit der DDR« sei. Komisch, bei mir war’s ebenso. Und ich lebte in der Bundesrepublik.

In einem Osterurlaub mit der Familie auf Sylt kriegte ich nicht mal den Mittelwellensender Hamburg rein. Dafür aber Stimme der DDR auf 782 kHz … So gab es fast eine Woche lang DDR-Radio im idyllischen Keitum auf Sylt zwischen Friesenhäusern mit Reetdach. Meine Oma mochte am liebsten den damals oft gespielten ersten großen Hit von Jürgen Walter »Schallala, schallali«.

1978, ich war vierzehn, bekamen wir eine größere Antenne auf das Dach unseres Mietshauses in Hamburg: Seitdem konnten wir auch DDR-Fernsehen kucken. Neben dem bekannten Angebot an »Montagsfilmen« (wöchentlich meist abwechselnd ein alter UFA-Film und ein internationaler Film) hab ich mir bald angewöhnt, danach auch noch den Schwarzen Kanal zu sehen, wo Karl-Eduard von Schnitzler oft interessante Analysen bot. Von nordischen Ufa-Dramen wie »Das Mädchen von Fanö« bis hin zu »Cabaret« war alles im Programm. Letzteres konnte man im Abstand von wenigen Tagen auch noch mal in der ARD sehen, wenn auch in anderer Synchronisation. Die französische Komödie »Julie klebt wie Leim« mit Marlène Jobert gab es hingegen im Westen mit gleicher Synchronisation, aber mit einem anderen Titel. Es war immer auffällig, dass viele »Montagsfilme« kurz vorher oder nachher in der ARD oder im ZDF liefen.

Was mich aber fürs spätere Leben noch viel neugieriger machte, waren die Alltagsfilme und -serien mit Agnes Kraus, Herbert Köfer und anderen DDR-Schauspielern. Gerade dieses Alltagsleben in der DDR hat mich ausgesprochen neugierig auf mehr gemacht. In vielen Spielfilmen, Serien und Krimis aus Berlin-Adlershof wohnten die Leute wie wir auch in einer normalen Mietwohnung und nicht in einer Villa in München-Grünwald. Das entsprach eher meiner eigenen Lebenswirklichkeit.

Von 1977 bis 1979 hörte ich besonders viel Radio Sofia auf Kurzwelle. Die Sender weltweit, die Programme in fremden Sprachen ausstrahlten, waren an Empfangsberichten interessiert, um zu erfahren, wo überall auf der Erde sie gehört wurden, um mithilfe dieser Kritiken ihre Sendungen zu optimieren. Heute nennt man das Marktforschung. Ich war beim bulgarischen Sender hängengeblieben, weil er ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Programm ausstrahlte. So entstand meine Liebe zu Bulgarien.

QSL-Karte von Spectors Lieblingssender Radio Sofia

Die Hamburgische Öffentliche Bücherhalle, die größte Bibliothek meiner Heimatstadt, verfügte nicht nur über stattliche Büchermengen, sondern in der vierten Etage auch über eine unglaublich gut ausgestattete Plattensammlung. Im Parterre gab es einen riesigen Zeitungsbereich, wo ich mit wachsenden Fremdsprachenkenntnissen viel zu lesen hatte. Es war spannend festzustellen, dass es auch andere Meldungen und Darstellungen gab, als sich in deutschen Medien fanden. Aus den USA kam die International Herald Tribune, damals eine Koproduktion von New York Times und Washington Post, aus Großbritannien die Times, der Guardian und der Telegraph, aus Frankreich Le Monde und der Figaro, aber auch die Humanité, dazu eine Reihe von Zeitungen aus dem nahen Skandinavien und Osteuropa. Das Neue Deutschland aus der DDR kam immer mit zwei, drei Tagen Verspätung, aber es lag auch aus.

Damals war es völlig normal, dass ausländische Zeitungen nicht an den Tagen zu bekommen waren, an denen sie erschienen, auch wenn Hamburg einen internationalen Flughafen hatte. Heute können sich junge Menschen kaum vorstellen, dass seinerzeit westdeutsche Touristen in Spanien oder Griechenland nachmittags auf die BILD vom Vortag warteten, deren Ankunft am Swimming-Pool ausgerufen wurde. Wer clever und der englischen Sprache mächtig war, las in Griechenland die beiden lokalen englischsprachigen Tageszeitungen oder in Bulgarien Zeitungen aus der DDR, die schon am selben Tag mittags ankamen, während die westdeutsche Qualitätspresse (FR, FAZ, Süddeutsche) einen Tag länger brauchte.

Machte diese Lektüre einen zur roten Socke? Eigentlich nicht – aber es öffnete den Blick dafür, dass noch andere Sachen auf der Welt geschahen und andere Urteile über politische Vorgänge möglich waren, als sie in den westdeutschen Medien angeboten wurden. Und wenn einem dann der Klassenlehrer in der 10. Klasse vorführte, dass und wie man sich »für die Wirtschaft« qualifizieren müsse, was bei ihm vornehmlich über den Tennissport erfolgte – damals ein Sport der Reichen und Schönen –, dann nährte das Zweifel, ob diese Welt die beste aller Welten war.

Niemand wird durch ein solches Gefühl wirklich rot – zunächst fühlte man sich als »einfacher« Jugendlicher in Hamburg-Hamm eben nur verarscht. Ich gehörte nicht zu den Armen, aber hatte Schulkameraden, die deutlich weniger besaßen. Ich bekam ein Gespür dafür, was gerecht und was ungerecht, was korrekt oder über alle Maßen schräg war. So ließen mich auch die nächsten Jahre heftig daran zweifeln, dass ich auf dem richtigen Dampfer saß …

Wobei ich schon früh lernte, dass es nicht immer die beste Idee war, auf dem Balkon meine Lieblingsmusik zu hören – etwa die 4. Symphonie von Bruckner –, was meine Mutter noch ertrug. Doch als dann auch noch mitgeteilt wurde, dass das Konzert von Stimme der DDR übertragen worden war, nahm sie das nicht so gelassen hin. Was sollten die Nachbarn sagen?

Ich ging auf ein sehr modernes Gymnasium. Die Lehrer/innen waren von der Schulleiterin handverlesen, denn diese hatte das Haus selbst gegründet. Ich gehörte zum ersten Jahrgang im neuen Gebäude. Und es war auch architektonisch sehr modern! »Sichtbeton« – nackte Betonwände überall, gelegentlich farbig gestrichen. Zwei Mal wollte der Schulsenator unsere Schule schließen lassen – und so hielten uns unsere Lehrer aktiv dazu an, doch auf jeden Fall mehrere Schulstreiks mit gleichzeitigen Schülerdemos zu unterstützen. Einmal ging es zum Schulsenator, der im Gebäude des Einkaufszentrums an der Hamburger Straße residierte, einmal marschierten wir durch die Innenstadt, wurden allerdings von Polizisten recht rüde daran gehindert, den Rathausmarkt zu besetzen. So gibt es keine Pressefotos unserer Demo vor dem Rathaus. Stattdessen fotografierten uns Touristen aus aller Welt, als wir über den Jungfernstieg liefen.

Unsere Lehrer durften nicht mitstreiken, die meisten waren Beamte, aber sie ließen sich am nächsten Tag die Schülerdemos in allen Farben schildern. So lernte ich, was man in Fächern wie Deutsch und Gemeinschaftskunde, aber auch im Fremdsprachenunterricht alles treiben kann. Geschadet hat es gewiss nicht.

Nach einiger Zeit politischer Orientierung gelangte ich zur Friedensinitiative Hamburg-Hamm. Nicht nur die Abende mit politischen Diskussionen und Tee sowie mit Mieke, Helga, Stephan und den anderen waren interessant. Mir eröffnete sich eine völlig neue Welt. Auf einmal traf ich Menschen, mit denen ich mich sehr ernsthaft austauschen konnte und auf einer Wellenlänge lag. Ich war siebzehn und spürte, dass ich mich ein bisschen mehr für die Welt interessieren sollte als bisher. Das, worüber wir redeten, war deutlich anderes als das fast kriegslüsterne Geschnacke von Mitschülern aus der Jungen Union. Dort hatte ich immerhin das Kunststück fertiggebracht, nach vier Wochen und viel Bier einen Aufnahmeantrag zu unterschreiben, wild zu diskutieren und wieder auszutreten. Man kann auf Bierdeckeln nicht nur Steuererklärungen formulieren, wie einige Politiker meinen, sondern auch einen Austritt aus der Jungen Union. Der Mitgliedsausweis liegt aber noch irgendwo im Schrank.

In der Friedensinitiative Hamm existierten ein eher DKP-orientierter Flügel und eine eher links-grün-anarchistisch ausgerichtete Gruppe. In der gab es einen jungen Mann, der den Spitznamen »Stephan Stalin« trug, sein Vater war in der DKP. Mich störte diese Gemengelage in den Zeiten der Friedensbewegung wenig, denn die war sehr breit. Außerdem war ich jung und politisch deutlich unerfahren. Ich entdeckte eine interessante neue Welt voller Widersprüche.

Wer sich damals friedenspolitisch engagierte, musste am 10. Oktober 1981 nach Bonn. Es war die Zeit des Krefelder Appells, des millionenfach unterzeichneten Appells zur Abrüstung in einer Zeit des großen Wettrüstens. Auch ich wollte zur Großdemo nach Bonn, wobei ich fast keine Fahrkarte mehr bekam. Aber es gab ein gedrucktes Heft, wo alle Verkaufsstellen aufgeführt waren, die Tickets für die Sonderzüge führten. Nach vielen Anrufen – überall ausverkauft – hatte ich Glück: Die DKP Eimsbüttel hatte noch eine Karte übrig, und keine Stunde später hielt ich sie in den Händen. Die Sonderzüge von Hamburg und zurück fuhren übrigens über Nacht.

Große Friedensdemo am 10. Oktober 1981 im Bonner Hofgarten: für Stefan Spector ein prägendes Erlebnis

Der Sternmarsch zum Bonner Hofgarten war für mich ein sehr prägendes Ereignis. Wie wahrscheinlich auch für die anderen etwa 300000 Teilnehmer, die ein Ende der Hochrüstung forderten. Noch heute treffe ich Leute, die mit dabei waren. Für jeden war das ein ganz besonderer Tag im Leben, den man nicht vergisst!

Dazu gab es für mich einen Nachschlag. Auf einer Sprachreise nach Tours in Frankreich hatte ich einen jungen Mann aus Antwerpen kennengelernt, der mich zur Friedensdemo am 25. Oktober in Brüssel einlud.

Das Wetter war fürchterlich, aber die Atmosphäre toll.

Dirk aus Antwerpen sprach ein bisschen besser Französisch als ich, was man von einem Belgier auch erwarten durfte. Er sprach auch in ungewohntem Ton über die mitregierende Sozialistische Partei in Belgien, die offenbar anders war als die deutsche SPD. Sehr gewerkschaftsnah und friedensbewegt, worin sie sich von der SPD in der Bundesrepublik deutlich unterschied. Helmut Schmidt, der Bundeskanzler, hatte maßgeblich den NATO-Doppelbeschluss veranlasst, mit dem die »Raketenlücke« geschlossen und Milliardengeschäfte für die Rüstungsindustrie in Auftrag gegeben wurden. Das hieß »Nachrüstung«.

Schon möglich, dass Dirks Zuneigung zu den belgischen Sozialisten seine persönliche Art des Protests gegen seine Eltern war. Ich besuchte ihn einmal übers Wochenende in Knokke. Dort hatten er und seine Schwestern je ein eigenes Zimmer, und für mich war auch noch eins übrig. Erstmals erlebte ich Wohlstand. So weit zur Frage der goldenen Löffel.

In jener Zeit habe ich mein allererstes Flugblatt verfasst, das heißt: Ich habe es zusammen mit dem DKP-Genossen Achim geschrieben. Leider besitze ich es nicht mehr. Es war im März 1982 und handelte sich um eine schön getextete Einladung zum Ostermarsch, die manche Flugblatt-Tradition behutsam umwarf. Das haben wir gemeinsam entwickelt, weil wir meinten, dass ab und an eine neuere Formulierung aufs Papier gezaubert werden müsse. Damals begann ich das Texten zu lernen, was mir später beruflich, politisch und privat immer wieder helfen sollte.

Erste Begegnung mit der DDR

Nach einigem Hin und Her entschied ich mich, Anglistik und Romanistik zu studieren. Fremdsprachige Literatur- und Sprachwissenschaft erschien mir spannend. Das ging zu Beginn der achtziger Jahre ohne Latinum, aber eben nur an einigen Unis in Nordrhein-Westfalen und in Westberlin. Da ich als Friedensbewegter keinen Bock auf Bundeswehr hatte, entschied ich mich für die in Sachen Geisteswissenschaften kleine, aber feine TU in Westberlin. Die Halbstadt war, so hatten es die vier Siegermächte beschlossen, weder Teil der Bundesrepublik noch wurde sie von ihr regiert. Die Bundesgesetze galten dort nicht, das Berliner Abgeordnetenhaus musste stets entsprechende Adaptionen beschließen. Bis auf Ausnahmen. So gab es beispielsweise keine Wehrpflicht. Westberliner durften nicht zum Bund einberufen werden. Das hing auch mit dem entmilitarisierten Status Berlins zusammen, den der Alliierte Kontrollrat nach dem Krieg verfügt hatte. Im sogenannten Viermächteabkommen von 1971 waren diese Prinzipien rechtsverbindlich fixiert worden. Es durften zum Beispiel keine deutschen Militärverbände in Berlin stationiert werden, das war ein Privileg der Sieger- und Besatzungsmächte. Deshalb protestierten auch die Westmächte regelmäßig, wenn Einheiten der Nationalen Volksarmee in der DDR-Hauptstadt paradierten, weil sie dies als Verstoß gegen diese Vereinbarung interpretierten. In diesem Sinne verstieß auch die eigenmächtige Grenzöffnung am 9. November 1989 gegen die Zuständigkeit der Vier Mächte. Veränderungen dieser Art hätten von ihnen genehmigt werden müssen.

Im Frühjahr 1982 reiste ich nach Westberlin und ließ mich beraten, was man in Sachen Geisteswissenschaften so studieren könnte. Meine Studienberatung schien mir recht kurz zu sein. Was wollte man einem unbedarften Abiturienten, den man kaum kannte, auch raten? Man fragte mich beispielsweise, warum ich mit meinem Abi-Durchschnitt von 1,7 nicht ein Fach wählte, für das der Numerus clausus galt, also wo eine Zulassungsbeschränkung bestand und nur die besten Abiturienten einen Studienplatz bekämen. Etwa bei den Medizinern. Ich winkte ab. Dann kam der Vorschlag, statt auf Magister auf Lehramt Gymnasium zu studieren, da bekäme man noch etwas Pädagogik und Psychologie mit, und außerdem hätte man ein Praktikumssemester an öffentlichen Schulen zu absolvieren, was ja auch den Aufenthalt in Westberlin verlängerte. Danach könnte man das Gleiche wie Studenten mit Magisterabschluss machen, sagte man mir, also alles. Das Magisterstudium bereitete schließlich auf keinen bestimmten Beruf vor.

Nun, das wird den Nachgeborenen und den Ostdeutschen alles ein wenig verquast erscheinen, was gewiss zutrifft, doch die heutigen Studiengänge und -abschlüsse sind noch weniger verständlich. Nur so viel: Magister heißt heute neudeutsch Master.

Die Studienberatung im Hauptgebäude der TU endete bereits mittags. Danach fuhr ich zum Bahnhof Zoo und packte mein Gepäck in ein Schließfach. Ich wollte einen unbeschwerten Tag genießen. Mein erster Gedanke war, nach Kreuzberg zu fahren, weil das bekannt war – allerdings ohne konkrete Vorstellung, was ich da denn eigentlich wollte. Als Hamburger und geübter Großstädter studierte ich während der Fahrt mit der U-Bahn die Karte und entdeckte, dass man auch am Halleschen Tor umsteigen und zum Bahnhof Friedrichstraße fahren konnte. Irgendwie könne man relativ unproblematisch als Bundesbürger mit einem Tagesvisum von dort in die DDR gelangen, hatte ich mal gehört.

So stieg ich spontan am Halleschen Tor aus. Wechselte von der Hochbahn in die unterirdische U6. Am Bahnhof Kochstraße vernahm ich erstmals den später mir bald vertrauten doppelten Warnruf: »Letzter Bahnhof in Berlin-West! Letzter Bahnhof in Berlin-West!« Die nächsten beiden U-Bahnstationen – Stadtmitte und Französische Straße – waren nur spärlich beleuchtet und wurden ohne Halt passiert. Die Spannung stieg, als der Zug in den U-Bahnhof Friedrichstraße einrollte, obwohl alles normal schien. Viele Leute stiegen aus, andere warteten auf dem Bahnsteig und stiegen ein. Mich erstaunte diese Normalität ein bisschen. Schließlich tobte doch der Kalte Krieg und durch den Bahnhof ging der Eiserne Vorhang … Hier aber herrschte Betrieb wie in einem ganz gewöhnlichen Umsteigebahnhof, wobei ich später bemerkte, dass mancher der Reisenden nicht umstieg, sondern nur in einem der von der DDR betriebenen Intershop-Läden billig Zigaretten und Alkohol kaufte.

Der zitronengelb gekachelte U-Bahnhof schien nur einen Ausgang zu haben, dem alle zustrebten. Am Südende des Bahnsteigs – das aber erfuhr ich erst nach dem Untergang der DDR – befand sich angeblich eine Agentenschleuse, dabei war es wohl nicht möglich, unbemerkt darin zu verschwinden oder von dort auf den Bahnsteig zu gelangen. Aber vielleicht hat es ja funktioniert.

Ich folgte also dem Schwarm. Am oberen Ende der Treppe erreichte man einen langen Gang. Von dort gelangte man zur S-Bahn, die hier unterirdisch von Westberlin nach Westberlin verkehrte. Der S-Bahnsteig war grün-weiß gekachelt, und auf der Hälfte konnte man ihn auch wieder verlassen. Über eine weitere Treppe erreichte man eine Art Zwischenebene. Dort war ebenfalls alles gut ausgeschildert. Man konnte sich entscheiden, ob man zur Fern- und Stadtbahn oder in die DDR einreisen wollte. Ich entschied mich wie geplant für den Grenzübergang. Ich legte meinen grünen Reisepass auf den Tresen und zahlte fünf D-Mark für das Einreisevisum, das man ohne Stempel in das Dokument gelegt bekam, dann folgte ich dem Fingerzeig, an einem kleinen Schalter dahinter auch den Mindestumtausch vorzunehmen. Ich schob meine 25 DM hinüber und bekam dafür ein Tütchen mit einem grünen Goethe und fünf Mark in Märkern und Groschen. Später sollte ich bemerken, dass das ein freundlicher Service war, den es so nicht immer gab.