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Im Berufsleben gibt es Phasen, in denen wir einem enormen seelischen Druck ausgesetzt sind. Belastende Situationen lassen sich einfach nicht völlig vermeiden. Wer jedoch die zugrunde liegenden Mechanismen erkennt, kann seelischen Druck und berufliche Krisen besser bewältigen. Inhalte: - Mechanismen erkennen: die wichtigsten Ursachen für Druck - Wie Sie den Druck als Chance für Veränderung nutzen - Kommunikations- und Konfliktkompetenz: Strategien gegen die Belastung - Für mehr Lebensqualität: Prioritäten und Ziele richtig setzen
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Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2018
Haufe Lexware GmbH & Co KG
Zeitdruck, hohe Leistungserwartungen, unfaire Konkurrenten, die Angst vor Fehlern oder Konflikte mit dem Vorgesetzten – unser modernes Berufsleben setzt uns in vielerlei Hinsicht einem enormen Druck aus. Und leider wird es ein Leben ohne Druck nie geben: Auch im Privatleben kommt es immer wieder zu Situationen, die uns belasten – und sei es nur der unliebsame Nachbar, der uns mit seinem Verhalten regelmäßig vor den Kopf stößt.
Dieser TaschenGuide möchte Ihnen in solchen Situationen helfen. Dabei wollen wir keine Patentrezepte anbieten, wie Sie Stress bewältigen – denn dazu gibt es bereits unzählige Bücher auf dem Markt. Vielmehr wollen wir Ihnen aufzeigen, wie Sie den Ursachen für seelischen Druck auf den Grund gehen. Wenn Sie die beteiligten Kräfte und zugrunde liegenden Mechanismen einmal erkennen, werden Sie auch einen Weg aus der Krise finden.
Sie finden zahlreiche Beispiele, Tests und Tipps, die Sie dabei unterstützen, in den unterschiedlichsten Drucksituationen souveräner zu (re-)agieren. Sie lernen zum Beispiel, bei Kritik das »richtige Ohr« einzuschalten, mit Kollegen klar zu kommen, die die Dinge ganz anders sehen als Sie, oder Mittel gegen den permanenten Zeitdruck zu entwickeln. Am Ende werden Sie sich besser erkennen und Ihre Ziele bewusster verfolgen – und sich nicht mehr so leicht durch schwierige Situationen oder Mitmenschen unter Druck setzen lassen.
Friedel John und Gabriele Peters-Kühlinger
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.dnb.de abrufbar.
Friedel John, Gabriele Peters-Kühlinger
Mit Druck richtig umgehen
5. Auflage 2018
© 2018, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg Redaktionsanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/München
Internet: www.haufe.de
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Jürgen Fischer
Redaktionsassistenz: Christine Rüber
Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld
Umschlaggestaltung: Kienle gestaltet, Stuttgart
Umschlagentwurf: RED GmbH, Krailling
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Unter Druck geraten – was bedeutet das eigentlich? Finden Sie heraus, welche »Kräfte« am Werk sind und wer beteiligt ist, damit Sie die belastende Situation besser bewältigen.
Im folgenden Kapitel erfahren Sie zunächst, welche Arten von seelischem Druck es gibt, um dann die Druckauslöser im Einzelnen kennenzulernen:
Fehler, Kritik und Konflikte,Zeitmangel und Überforderung,Karriere.»Druck« – diesen Begriff kennen wir aus dem Buchdruck, aus der Physik und aus der Meteorologie. Hier jedoch soll es ausschließlich um das psychologische Phänomen »Druck« gehen. Doch natürlich besteht eine Analogie zwischen dem physikalischen und dem psychischen Druck. Führen wir uns zunächst einmal vor Augen, wie Druck – im physikalischen Sinn – zustande kommt.
Druck entsteht immer dann, wenn eine Kraft auf einen Gegenstand wirkt, auf den (mindestens) eine anders gerichtete Kraft gleichzeitig wirkt.
Wenn die Kräfte A und B gleichzeitig auf einen Gegenstand wirken, gerät dieser unter Druck
Je nachdem, wie groß die Kräfte sind und wie der Gegenstand beschaffen ist, wird er sich verformen. Dies passiert aber nicht, wenn es nur eine Kraft gibt (wobei es egal ist, wie der Gegenstand beschaffen ist).
[7]PRAXIS-BEISPIELWenn Sie einen Karton hochheben wollen, fassen Sie ihn wahrscheinlich auf den gegenüberliegenden Seiten an. Sobald Sie Druck auf beide Seiten ausüben, können Sie ihn anheben. Wenn Sie aber nur auf einer Seite des Kartons Druck ausüben (können), verschieben Sie ihn lediglich.Auch wenn wir über emotionalen oder psychischen Druck sprechen, haben wir Situationen im Blick, in denen es (mindestens) eine Kraft auf der einen Seite gibt und (mindestens) eine entgegengerichtete Kraft auf der anderen Seite. Anhand dieser Analogie werden Sie bei genauem Hinsehen die verschiedenen Kräfte herausfinden, die den Druck auslösen – unabhängig davon, wie Sie ihn empfinden. Zwischen den beiden Kräften befindet sich der Leidtragende, der Unter-Druck-Stehende.
Dies gilt auch für die folgenden Zustände in typischen Situationen. Prüfen Sie es nach!
Ich setze mich unter Druck. (Eigentlich sollte ich etwas tun, möchte mich aber lieber ausruhen.)Ich werde unter Druck gesetzt. (Eigentlich müsste ich mich so oder so verhalten, anders ist es aber bequemer.)Ich stehe unter Druck. (Beispiel Termindruck: Ich hätte viel früher anfangen müssen; jetzt bin ich zu spät dran und der Termin sitzt mir im Nacken.)[8]Ich unterdrücke meine Wut. (Eigentlich ärgere ich mich, traue mich aber nicht, dies zu zeigen, weil ich den anderen zum Beispiel nicht verletzen oder mir keine Schwierigkeiten einhandeln will.)Ich drücke mich. (Zum Beispiel vor Verantwortung: Ich müsste mich jetzt durchsetzen, habe aber Angst vor den Konsequenzen. Oder es steht eine Entscheidung an, aber ich kann mich zu keiner der Alternativen entscheiden.)Ich mache Druck – denn ohne Druck läuft hier gar nichts.Ich brauche Druck, um gute Leistungen zu bringen.Wie die beiden letzten Aussagen zeigen, muss Druck jedoch nicht grundsätzlich negativ, sondern kann auch als hilfreich oder nützlich empfunden werden. Es kommt ganz auf die Situation und auf die Beteiligten an. Es kommt auch darauf an, welche erkennbaren Möglichkeiten es gibt, der Situation zu entkommen oder sie für sich zu nutzen.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich (fast) alle Situationen, die als Druck erlebt werden, einem der folgenden sechs Phänomene zuordnen lassen. Druck entsteht demnach,
wenn Motive auf Realisierung drängen (Motivation),wenn die verfügbare Zeit begrenzt ist (Planung),wenn gegensätzliche Wünsche, Ziele oder Bedürfnisse zur gleichen Zeit am gleichen Ort erreicht werden sollen (Konflikt),[9]wenn Theorie und Praxis bzw. Wunsch und Realität auseinanderfallen (Integration),wenn es um Über- und Unterlegenheit geht (Machtkampf),oder wenn es um individuelle Bedrohung geht (Angst).Natürlich gibt es Überschneidungen dieser Aspekte. Ebenso kann der eine Aspekt die Folge eines anderen sein, wie z. B. Angst als Folge eines Machtkampfs oder Konflikts auftritt.
Setzen wir im übertragenen Sinne Kraft für alles ein, was Menschen einerseits motiviert, antreibt, fördert und bewegt und andererseits behindert, stört, ärgert oder abstößt, dann wird schnell klar, dass psychischer Druck oft dann entsteht, wenn unterschiedliche Gefühle in einem selbst miteinander ringen. Die Formulierung »Eigentlich wollte/müsste ich …, aber …« in den Beispielen oben macht dies transparent.
Natürlich gibt es auch objektiven (Handlungs-)Druck, wie er z. B. durch eine hohe Arbeitsbelastung, plötzliche Veränderungen, existentielle Nöte, unvorhersehbare Ereignisse, Krisensituationen oder gar Katastrophen entsteht. Sie werden solche Zwänge von außen nie ausschalten können. Aber: Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.
Meistens sind es nicht die Ereignisse selbst, die uns unter Druck setzen, sondern unsere Gefühle, die mit ihnen verbunden sind.
[10]Wie wir mit belastenden Situationen umgehen, ist also unterschiedlich. Das liegt daran, dass »Druck« unterschiedlich gewertet wird. Was für den einen schon »bedrückend« ist, empfindet der andere längst noch nicht als belastend. Anders als beim physikalischen Druck lässt sich seelischer Druck also nicht objektiv messen. Jeder Mensch erlebt Druck auf individuelle Art und Weise.
Das subjektive Empfinden von Druck hängt sehr stark von der Persönlichkeit ab.
Bei dieser Unterschiedlichkeit, mit der Druck empfunden wird, können pauschale Empfehlungen nicht hilfreich und wirksam sein. Um mit Druck richtig umgehen zu können, sollten Sie daher zuerst Ihre Situation und Ihr dabei entstehendes bzw. vorhandenes Gefühl genau analysieren. Dazu später mehr. Doch eines schon vorweg: Gehen Sie dabei mit sich selbst ehrlich um, denn je besser Ihre Selbsteinschätzung bzw. -analyse ist, desto besser wird auch der Lösungsweg zu Ihnen passen.
Eines ist klar: Um Druck abzubauen, muss eine Entscheidung her, die auf der einen oder anderen Seite die »Kraft« reduziert. Für die fünf ersten der anfangs genannten Beispiele bedeutet dies etwa:
Wenn Sie sich unter (Handlungs-)Druck setzen: Entweder Sie tun etwas und gewinnen eine positive Haltung dazu, oder Sie akzeptieren Ihr Ruhebedürfnis.[11]Wenn Sie unter Druck gesetzt werden: Entweder Sie handeln nach den Vorgaben oder Regeln (mit der entsprechenden positiven Haltung), oder Sie geben Ihrem Willen nach und akzeptieren die Konsequenzen Ihrer Verweigerung. Alternativ verhandeln Sie mit dem, der Sie unter Druck setzt, und suchen einen Kompromiss.Wenn Sie (häufiger) unter Termindruck leiden: Entweder Sie planen rechtzeitig und teilen sich Zeit und Inhalte vernünftig ein, oder Sie begrüßen den Druck als Hilfsmittel, die innere Antriebskraft zu verstärken. Sie können den Druck auch akzeptieren als Unterstützung bei der Reduzierung auf das Wesentliche, denn das ist ja meistens das, was unter Zeitdruck geschieht.Wenn Sie Ihre Gefühle (gewaltsam) unterdrücken (Ärger): Entweder Sie finden eine andere Einstellung zu dem Ärgernis, d. h. Sie brauchen sich nicht mehr aufzuregen, oder Sie geben die Haltung auf, dass Sie Ihre Gefühlsäußerung unterdrücken müssen. (Ärger kann schließlich auch in einer nicht verletzenden Weise geäußert werden, wenn man ihn nicht zu lange aufstaut.)Wenn Sie sich vor Verantwortung oder Konflikten drücken: Entweder Sie setzen sich mit Konflikt- bzw. Durchsetzungsstrategien auseinander und üben sich darin. Oder Sie sehen ein, dass Ihr Vorhaben nicht so bedeutend ist, dass Sie es durchsetzen müssen. Die dritte Variante ist: Sie setzen sich intensiv mit den Konsequenzen auseinander, sodass Sie keine Angst davor zu haben brauchen, wenn Sie sich behaupten.Doch vorab ist eine Klärung der Ursachen für den von Ihnen empfundenen Druck wichtig. Wir haben es schon erwähnt: Das, was für den einen ein Druckauslöser ist (zum Beispiel eine schwierige Aufgabe), muss beim anderen gar keinen Druck auslösen (weil diese Aufgabe ihm leicht von der Hand geht). Im Vordergrund steht also immer die Klärung der Situation, unter der Druck entsteht, um daraus Lösungswege ableiten zu können. Ein wichtiges Indiz für Ihre Situation und dem daraus erwachsenden Druck ergibt sich also aus der Schlüsselfrage: Wodurch ist der Druck entstanden bzw. was löst den Druck (immer wieder) aus?
Im Folgenden werden wir einige wichtige Druckauslöser, die v. a. im Berufsleben eine Rolle spielen, unter die Lupe nehmen, um später nach Strategien zu suchen, wie der durch sie entstandene psychische Druck reduziert oder ganz von Ihnen genommen werden kann (im Kapitel »Souveränität zurückgewinnen«). Vorher erfahren Sie mehr über die persönlichen Strukturen, die dafür verantwortlich sind, dass Sie immer wieder in ähnliche Drucksituationen geraten (Kapitel »Sich selbst und andere kennenlernen«).
Dass Menschen wegen Fehlern unter Druck geraten, ist natürlich. Denn ein Fehler hat meist unangenehme Konsequenzen, die man umso mehr zu spüren bekommt, je mehr Verantwortung man selbst für den Fehler trägt.
[13]PRAXIS-BEISPIELHerr Berg ist in seiner Firma für das Projekt »Einführung des neuen Warenwirtschaftssystems« verantwortlich. Heute soll das Projekt eigentlich in die Probephase gehen, so sieht es der Zeitplan vor. Doch leider ist die Projektgruppe noch nicht so weit – zu viele Pannen haben den Starttermin verzögert. Herr Berg fühlt sich stark unter Druck – wie etwa soll er die Sache seinen Vorgesetzten erklären? Er überlegt, wo der Fehler liegt. Hätte er den Zeitplan realistischer gestalten sollen? Hätte er andere Mitarbeiter ins Team holen sollen? Hätte er sich doch für einen anderen Anbieter entscheiden und eine Verzugsstrafe vereinbaren sollen?Fehler haben es so an sich, dass man hinterher immer schlauer ist. Natürlich hätte Herr Berg dies oder das anders machen können, wenn er abgesehen hätte, wie sich die Einführung entwickelt. Aber solche Spekulationen helfen ihm in der aktuellen Situation nicht weiter.
Meistens sind die Auswirkungen eines Fehlers nicht dort zu spüren, wo er entstanden ist – das macht den Umgang mit Fehlern so schwierig.
Die aktuelle Drucksituation ist klar: Herr Berg spürt einerseits die Erwartung (ob von außen an ihn herangetragen oder aus seinem Inneren), die Aufgabe fehlerfrei zu absolvieren. Andererseits verhindern Probleme, dass ihm dies gelingen kann. In seiner subjektiven Empfindung kann sich dieser Druck z. B. dadurch verstärken, dass
Herr Berg ähnliche Situationen bereits mehrfach erlebt und sich vorgenommen hat, dass ihm dies nie wieder passiert (Planung);[14]er zusätzliche Vorkehrungen getroffen hat, um den Fehler zu vermeiden (er hat den Zeitplan zum Beispiel durch Puffer erweitert);er generell den Anspruch an sich stellt, keine Fehler zu machen (Motivation);er die Folgen des Fehlers fürchtet, etwa, dass sein Chef ihn kritisiert, ihm keine anspruchsvollen Aufgaben mehr überträgt und seine Karriere gefährdet ist (Angst);er die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung (immer wieder) unterschätzt hat (Integration).Auch hier können wieder subjektive wie objektive Faktoren für den Druck verantwortlich sein. In der Regel gilt: Je mehr ein Ergebnis von den an Sie gestellten oder von eigenen Erwartungen abweicht, desto höher werden Sie den Druck erleben, den der Fehler verursacht.
Wie Sie auch bei Fehlern gelassen bleiben, erfahren Sie im Abschnitt »Mit Fehlern konstruktiv umgehen«.
Herrn Bergs Angst vor Kritik ist sicher nicht unberechtigt. Sicher kennen Sie solche Befürchtungen selbst aus Ihrem beruflichen Umfeld. Äußert jemand Kritik an einer These, einem Ergebnis, einem Vorschlag, kann einen das leicht aus dem Konzept bringen. Warum? Kritik zeigt eben, dass andere das, was man selbst für richtig hält, ablehnen. Dann löst die für optimal erachtete Vorgehensweise oder Lösung bei anderen Widerstand aus – auch hier erkennen Sie wieder zwei unterschiedliche Kräfte.
[15]Weil wir aber in der Regel von anderen akzeptiert werden wollen, kratzt es uns erst einmal an, wenn wir in Frage gestellt werden. Doch halt – werden wirklich Sie in Frage gestellt, wenn Sie kritisiert werden? Oder geht es nicht vielmehr um die Sache selbst? Sind Sie sich sicher, dass die Kritik »richtig« bei Ihnen angekommen ist?
Den Mechanismus von Kritik und dem Druck, den diese auslöst, zu erkennen, ist eine wichtige Voraussetzung, um konstruktiv mit beidem umgehen zu können. Dabei kommt es darauf an, erst einmal genau herauszufinden, was Ihnen Ihr Kritiker eigentlich sagen will.
Letztlich also hängt die Art, wie Sie mit Kritik umgehen, von Ihren Kommunikationsfähigkeiten ab. Im Abschnitt »Kritik gelassener annehmen« lernen Sie wichtige Strategien kennen, mit solchen Situationen souveräner umzugehen: Erstens müssen Sie die richtige Botschaft heraushören und zweitens lernen, Kritik als Feedback konstruktiv aufzunehmen.