Mit Jesus Christus heile ich jetzt - Günter Eble - E-Book

Mit Jesus Christus heile ich jetzt E-Book

Günter Eble

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Beschreibung

Mit dem Motto dieses Buchs ist sowohl das passive Heil-Werden als auch das aktive Heilen gemeint. Es ist die Quintessenz eines jahrzehntelangen Bemühens eines internistisch und psychotherapeutisch ausgebildeten Arztes um Gesundheit und Heilung. Dabei wird unter Gesundheit nicht so sehr der Status normaler Organbefunde verstanden, sondern das Sich-Wohlfühlen in einem körperlich-psychischen, sozialen und letztlich auch in einem spirituellen Sinn. Dieses sich-Wohlfühlen ist selbst dann möglich, wenn wir kranke Organe haben, gebrechlich und hinfällig sind. Umgekehrt fühlen sich viele Menschen bei völlig normalen Organbefunden schlecht. Menschen fühlen sich dann wohl, wenn ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Zu den selbstverständlichen Bedürfnissen gehören wesentlich Geborgenheit, Wertschätzung, Freiheit, Mitgefühl und Liebe. Ein Mangel daran wird durch Symptome von Schmerz, Angst, Leid und Schuld angezeigt. Diese Symptome sind in Mangelsituationen bei noch so gesunden Organen unvermeidlich. Sie wollen uns darauf aufmerksam machen, dass wir etwas benötigen. Da wir aber immer wieder, spätestens mit Altern, Hinfälligkeit und Sterben in quälende Mangelsituationen geraten, brauchen wir gerade da, wo kein Arzt mehr retten kann, etwas, was uns heil werden lässt. Im Verlaufe seines ärztlichen Bemühens um Heilung, gerade in der Verzweiflung, ist dem Autor immer mehr bewusst geworden, dass die Botschaft, das Vor-Leben, die Passion und die Erlösung des Heilands Antworten sind: Antworten sowohl bezüglich der Heilung vorübergehender Krankheiten und Lebenskrisen als auch gerade im Hinblick auf die Endgültigkeit unserer irdischen Existenz und der damit verbundenen Angst. In jedweder Lebenssituation geht es darum, sich mit seiner ganzen Bedürftigkeit und mit seinem daraus resultierenden, oft quälenden Mangelerleben ganz und mitfühlend anzunehmen. Und das soll in dem Buch plausibel gemacht werden: Dem Weg des Heilands zu folgen und mit Mitgefühl und Liebe zu heilen und diesen Heilungsprozess mittels der Selbstbehandlung proaktiv zu unterstützen.

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Seitenzahl: 565

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Nur manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir an diesem beinah sterben, dann: formt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Angesicht und sieht uns strahlend an.

Rainer Maria Rilke

Für Elisabeth und Josef

Inhalt

Einleitung

Um was es geht

Leben

3.1 Beginn des Lebens

3.2 Wo sich das Leben abspielt und wie ich es wahrnehme

3.3 Leben und Tod

3.4 Sterben, Tod, Nahtoderfahrung, Nachtodkontakt

3.5 Was es am notwendigsten zum Leben braucht

3.6 Lebendigkeit des Lebens – Liebe und Bewusstsein

3.7 Wie ich mir die Dreifaltigkeit von Leben, Liebe und Bewusstsein vorstellen kann

3.8 Ewiges Leben

3.9 Die Summe des Lebens und was alles in mir lebendig wirkt

Gesundheit

4.1 Das übliche Gesundheitsverständnis und seine Folgen

4.2 Gesundheit aus ökologischer Perspektive

4.3 Krankheit als krisenhafte Entwicklung und Reifung

4.4 Gesundheit als Prozess der Anpassung und der Beziehungsgestaltung

4.5 Meine individuelle Gesundheit

4.6 Gesundheit und Krankheit – Einheit des Gegenstrebigen

4.7 Gesundheit durch Bedürfnisse und ihre Erfüllung

4.8 Wie ich mir die integrale Gesundheit aller Kreatur vorstelle

4.9 Selbstbehandlung durch Selbstannahme zum Gesundheitsbedürfnis

Jesus – größter Revolutionär des Bewusstseins

5.1 Wie ich vom Schuldbewusstsein zum Liebesbewusstsein komme

5.2 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Bewusstsein

Jesus und die sexuelle Revolution

6.1 Marias Lösung der Sexualität von der Perversion

6.2 Marias Sexualität als Musterbeispiel für eine Koinzidenz der Gegensätze

6.3 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Sexualität

Gott – Gottheit

7.1 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Gott

Spiritualität

8.1 Wie ich bewusst zur Spiritualität komme – Übung des Weges

8.2 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Spiritualität

Transzendenz

9.1 Transzendenz – jenseits von Erkenntnis bei Subjekt-Objekt-Gegenständigkeit

9.2 Ursprung der Transzendenz

9.3 Verwirklichung der Transzendenz

9.4 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Transzendenz

Jesus – lebendige Nahrung

10.1 Wie ich die Nahrung zum ewigen Leben erleben kann

10.2 Selbstannahme zum Nahrungsbedürfnis

Jesu Fürsorge und Opfer

11.1 Selbstannahme zum Fürsorgebedürfnis

Jesus verkörpert die Hingabe Gottes an den Menschen

12.1 Selbstannahme zum Hingabebedürfnis

Die Ordnung Jesu

13.1 Selbstannahme zum Ordnungsbedürfnis

Verlorener Sohn und Liebe des Vaters – die Gerechtigkeit Gottes

14.1 Selbstannahme zum Gerechtigkeitsbedürfnis

Jesus, Gottes- und Menschensohn – ultimativer Versöhner

15.1 Selbstannahme zum Versöhnungsbedürfnis

Jesus – Koinzidenz der weltlichen und göttlichen Wahrheit

16.1 Hierarchie der Wahrheiten

16.2 Pater Maximilian Kolbe und die Hierarchie der Wahrheiten in der Welt

16.3 Wie ich dahin komme

16.4 Selbstannahme zum Wahrheitsbedürfnis

Die Demut Gottes – Jesus

17.1 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Demut

Jesus – Konkretisierung der Treue Gottes

18.1 Treue zum Ursprung oder zum Ziel – Treue zum Ursprung und zum Ziel

18.2 Selbstannahme zum Treuebedürfnis

Freude! Jesus selbst und seine frohe Botschaft als Selbstmitteilung Gottes

19.1 Selbstannahme zum Freudebedürfnis

Jesus – Garant meiner Freiheit und die Freiheit Gottes in seiner Kreatur

20.1 Selbstannahme zum Freiheitsbedürfnis

Jesus – der Glaube an das Heil heilt

21.1 Ursprung von Vertrauen und Glauben

21.2 Vertrauen und Glauben bestimmen die Qualität einer Beziehung nach außen und innen

21.3 Kraft des Glaubens – Ich lebe in der Welt, an die ich glaube

21.4 Inwiefern gerade der Glaube an Jesus lebendig und zeitlos lebenserhaltend ist

21.5 Selbstannahme zum Vertrauens- und Glaubensbedürfnis

Jesus – mein Friede und der Friede Gottes

22.1 Bedingungen des Unfriedens

22.2 Bedingungen des Friedens

22.3 Vom menschlichen Frieden zum Frieden Gottes

22.4 Selbstannahme zum Friedensbedürfnis

Jesu Entwicklung – Weg und Ziel meiner Entwicklung

23.1 Was Entwicklung offenbart – Entwicklung wohin und wozu

23.2 Jesus ist der Weg meiner Entwicklung

23.3 Selbstannahme zum Entwicklungsbedürfnis

Jesu göttliche und menschliche Identität – und meine

24.1 Welche Identität für was

24.2 Die Schwierigkeit, meine Freiheit zur beliebigen Identitätsbildung zu nutzen

24.3 Die Identität Jesu

24.4 Selbstannahme zum Identitätsbedürfnis

Jesu Berührung berührt mich mit mir und mit Gott

25.1 Berührung und Grenze

25.2 Durch Verwundung heilen

25.3 Durch Berührung heilen

25.4 Jesu heilende Berührungen

25.5 Selbstannahme zum Berührungsbedürfnis

Trost

26.1 Wie das Bedürfnis nach Trost verstanden werden kann

26.2 Was den Trost verhindert.

26.3 Die Trostlosigkeit des »Warum?«

26.4 Wie sich Trost anfühlt

26.5 Wodurch der Trost zustande kommt

26.6 Wie Trost zu erhalten ist

26.7 Jesus als Trost

26.8 Selbstannahme und Affirmationen zum Trostbedürfnis

Gemeinschaft – Zugehörigkeit

27.1 Wo Gemeinschaft anfängt

27.2 Wie ich Gemeinschaft erlebe

27.3 Wodurch ich Gemeinschaft als Belastung erleben kann

27.4 Gemeinschaft von Frau und Mann

27.5 Die Geschichte meiner und jeder Gemeinschaft

27.6 Wo, wie und wodurch ich und wir Gemeinschaft besonders erleben können

27.7 Wie ich mir leidvolle Gemeinschaft konstruiere

27.8 Wiederherstellung des Gemeinschafts- und Zugehörigkeitserlebens

27.9 Jesu Gemeinschaft mit Gott und den Menschen

27.10 Selbstannahme zum Gemeinschaftsbedürfnis

Dankbarkeit

28.1 Ursprung der Dankbarkeit

28.2 Meine Not mit der Dankbarkeit

28.3 Ich kann für alles dankbar sein

28.4 Wie ich meine Dankbarkeit empfinden und leben kann

28.5 Meine Dankbarkeit als Ausdruck der Anerkennung dessen, wer ich bin und was ich habe

28.6 Wofür ich Jesus dankbar bin

28.7 Wofür ich leidgeprüften Menschen dankbar bin

28.8 Selbstbehandlung durch Selbstannahme zum Dankbarkeitsbedürfnis

Jesus – Garant meiner Sicherheit und Geborgenheit

29.1 Die Schuldthematik als Quelle der Unsicherheit

29.2 Wofür ich Sicherheit haben möchte

29.3 Es ist für meine Sicherheit nötig, dasselbe für mich und den Nächsten zu wollen

29.4 Wo und wie ich Sicherheit und Geborgenheit finde

29.5 Geborgensein im Leben

29.6 Geborgenheit im vorpersonalen Leben

29.7 Geborgenheit des personalen Ich

29.8 Geborgenheit im transpersonalen Sein

29.9 Geborgenheit und Freude

29.10 Fürsorge – konkrete Geborgenheit stiftende Göttlichkeit im Menschen

29.11 Jesus – Geborgenheit als Weg und Verwirklichung der Geborgenheit in mir

29.12 Selbstannahme zum Bedürfnis nach Geborgenheit

Liebe

30.1 Ursprung der Liebe

30.2 Ich als Subjekt meiner Liebe und die Objekte dieser Liebe

30.3 Wann und wodurch es schwerfällt zu lieben

30.4 Wie ich den Zugang zu meiner Liebe öffnen kann

30.5 Liebe offenbart sich bereits im Einzeller

30.6 Jesus – die Liebe Gottes und meine Liebe

30.7 Selbstannahme zur Liebe

Weswegen ich und alle in Wirklichkeit nie unerlöst sind

31.1 Freude des Wiederfindens

31.2 Was finde ich in meiner Schaden- und Zerstörungsfreude wieder?

31.3 Bewusstsein des Wiederfindens und der Freude darüber

Anhang zur Selbstbehandlung

Literatur

Leben als höchstes Gut wird im Spannungsfeld zwischen Bedürfnis und Bedürfniserfüllung erlebt. Die größte Freude, die größte Lebendigkeit wird dann erfahren, wenn wichtige Bedürfnisse erfüllt werden. Je stärker und quälender das Mangelerleben und die Not der unerfüllten Bedürfnisse sind, desto intensiver wird die Erfüllungsfreude. Häufig ist es so, dass trotz vordergründiger Erfüllung von Bedürfnissen wie Wohlstand, körperliche Gesundheit, Familie, Sicherheit, beruflicher Erfolg, Unzufriedenheit und Bedrückung spürbar sind. Man versteht sich dann selbst nicht mehr. Unzufriedenheit und unverständliches Mangelempfinden führen dazu, sich selbst und sein Leben in Frage zu stellen. Das ist zwar einerseits quälend, gleichzeitig ist es aber auch ein hilfreicher Motivator zu einer umfassenderen Selbstwahrnehmung und einer bewussteren Hinwendung zu verborgenen unerfüllten Bedürfnissen, die bislang nicht genügend beachtet wurden. Sie machen daher zunehmend schmerzlich und leidvoll auf sich aufmerksam. In diesem Buch werden gesundheitsrelevante Bedürfnisse, deren Berücksichtigung und Erfüllung für ein erfülltes Leben wesentlich sind, beschrieben und ein Weg dorthin, ein Weg zur Heilung, konkret aufgezeigt. Dieser Weg zum Heilsein offenbart immer deutlicher, was bereits von Jesus als Heilsweg vorgegeben und vorgelebt wurde. Daher ist es sinnvoll, auf ihn Bezug zu nehmen. Je mehr ich seine Vorgaben und Lehren beherzige und mich von ihm leiten lasse, desto heiler erlebe ich mich und bin ich jetzt. Es werden wichtige gesundheitsrelevante Bedürfnisse, die lebenswichtig sind, in ihrer Bedeutung beschrieben. Dabei soll deutlich gemacht werden, dass es weniger darum geht, alle diese Bedürfnisse immer faktisch zu erfüllen, was oft gar nicht möglich ist. Es geht vielmehr darum sie wahrzunehmen, als berechtigt anzuerkennen, und ich mich gerade dann mitfühlend und liebevoll annehme, wenn sie unerfüllt bleiben und ich dadurch Mangel leide. Es soll einfühlbar werden, dass ich mir die Fülle des Lebens dann erschließe, wenn ich mein Leben in allen seinen Erscheinungsformen und Erlebnisqualitäten – auch seinen leidvollen – mitfühlend, wertschätzend und liebevoll wahr- und annehme. Das entspricht der Botschaft Jesu; seinem Vorleben und seiner Lehre. In den meisten konkreten Lebenssituationen kommt es immer wieder zu Bedürfniskonflikten (z. B. zwischen Selbstbestimmung und harmonischer Gemeinschaft), die ich jedoch auflösen kann, indem ich ein Bedürfnis erfülle und zum dabei unerfüllten mitfühlend in Beziehung trete. In gleicher Weise kann ich bei interpersonalen Bedürfniskonflikten mit anderen Menschen verfahren. Jede Bedürfniserfüllung dient dem Leben, sodass sie immer gleichzeitig mir und dem Ganzen, dem »großen« LEBEN dient, von dem ich ein integraler Teil dieses ganzen LEBENS bin. Wenn mir ein Bedürfnis unerfüllt bleibt und ich mir dafür mein Mitgefühl und meine Liebe gebe, so erfülle ich mittels meines Mitgefühls und meiner Liebe mir und dem Ganzen etwas. Das bedeutet, dass ich gerade die Not unerfüllter Bedürfnisse nutzen kann, um mich und damit das Ganze mit Mitgefühl und Liebe zu erfüllen. Je intensiver und je häufiger ich das mache, desto nachhaltiger richte ich mein Bewusstsein auf Mitgefühl und Liebe aus, (er-)fülle es dadurch, mit der Folge, dass Mitgefühl und Liebe in meinen neuronalen Netzwerk zunehmend strukturell gebahnt und verwurzelt wird. Dadurch werde ich gleichzeitig zu einem zunehmend sozialeren Angebot für meine Umgebung und diene so immer auch dem Ganzen, dem ich mich schließlich – mit dem so genannten Tod endgültig – wieder ganz hingebe. Anhand des Neuen Testaments wird verdeutlicht, wie konsequent Jesus das vorgelebt und damit die Welt geheilt hat. Je mehr ich ihm nachfolge, desto heiler bin ich gemeinsam mit allen meinen Mitleidenden. Unterstützend ist es hilfreich, die im Anhang beschriebene Methode (»Klopfakupunktur«) zur Selbstbehandlung zu nutzen, um gleichsam »routinemäßig« das Bewusstsein daraufhin auszurichten und so für immer mehr für Selbstannahme, Mitgefühl, Wertschätzung und Liebe zu öffnen bei gleichzeitiger Selbstberührung. Dies führt zu einer entsprechenden neuronalen Vernetzung der heilsamen Ressourcen. Die Selbstberührung »ankert« so diesen Prozess (wie es z. B. Kreuzzeichen, »Hand aufs Herz« und andere Selbstberührungsgesten auch tun) und verstärkt die Heilwirkung.

Dr. med. Günter Eble, geb. 1947, Vater von fünf Kindern, ist Internist, Arzt für Psychosomatik, Psychotherapie und Palliativmedizin. Zunächst als Therapeut tiefenpsychologisch und analytisch ausgerichtet, liegt sein Schwerpunkt nun mehr auf hypnosystemischen und energiepsychologischen Therapieansätzen. Seit über zwanzig Jahren wirbt er in kostenfreien Vorträgen und Kursen in Gesundheitsbildung unter besonderer Einbeziehung der spirituellen Gesundheit für eine aus sich selbst bestimmte, eigenverantwortliche und an eigenen Ressourcen orientierte Lebensführung.

Dabei geht es darum, sich in allen Lebenssituationen und mit allen damit verbundenen Gefühlen mitfühlend und liebevoll anzunehmen und auf diese Weise zu heilen.

Er hat in diesem Rahmen eine Reihe von Schriften verfasst, in denen die Selbstwahrnehmung und die Selbstbehandlung durch Selbstannahme, Selbstmitgefühl und Selbstliebe unter Anwendung der Berührungsakupunktur im Mittelpunkt stehen.

Vorbemerkung

Wer Jesus für mich ist

Als religionsgeschichtliche Person ist Jesus der von einer Frau geborene Sohn Gottes, der aus Mitgefühl und Liebe das Leid, die Schuld und den Tod der Menschen auf sich nimmt, um die Menschen zu erlösen. Erlösung bedeutet, Aufgehobensein in der Ewigkeit Gottes, was gleichbedeutend ist mit, in der zeitlosen Liebe zu sein. Das beinhaltet auch Gesundheit und umfassend Heil-Sein (Jesus, der Heiland). Es geht hierbei nicht um die Frage, ob Maria Jungfrau blieb oder wer in den Himmel aufstieg. Es geht darum, nachzuerleben, wie sehr die von Jesus überlieferten Worte und Taten seit zwei Jahrtausenden über die ganze Erde fortwirken; allen seinen faktischen Missachtungen – gerade von solchen, die sich Christen nannten und nennen – zum Trotz. Und ich kann diese Wirkung des Wirkens Jesu in mir spüren, wenn ich mich (selbst) fühlend auf seine Wahrheit einlasse. Jesus ist auch als Mensch Gottessohn und als solcher Gott gleich in der Dreieinigkeit. In seiner Person als Mensch nimmt er alles Kreatürlich-Menschliche auf sich: Er erlebt das “Heimatlossein, die Geburt, die Armseligkeit, die Hilflosigkeit und die Angewiesenheit auf Fürsorge. Im Alter von zwölf Jahren tritt er erstmals mit seiner Eigenverantwortlichkeit, in der er nicht den Eltern folgt, in Erscheinung – »ich muss in dem sein, was meines himmlischen Vaters (gleichbedeutend mit der Liebe) ist«. Anschließend folgt er wieder seinen Eltern. Im Alter von 30 Jahren macht er sich vom Materiellen unabhängig, indem er vierzig Tage in der Wüste fastet und den Verlockungen vorläufiger Werte (Nahrung, Macht, Reichtum) widersteht. Er tut das, weil sein soziales Wirken (was auch spirituelles Wirken beinhaltet) und Fürsorge (Erlösung aus Not, Schuld und Sterblichkeit) wichtiger, heilsamer und erfüllender (»ich bin gekommen, um zu erfüllen«) sind. Er ersteht dadurch vom Tode auf und geht in den zeitlosen Himmel ein. Das sind seine Lebenserfüllung und seine Erlösung und gleichzeitig die Wegweisung für die Menschen, ihm dorthin nachzufolgen (Joh. 14,6). Dabei will er ausdrücklich für alle Menschen, die ihm auf seinem Weg des Mitgefühls (Mt. 25), der Barmherzigkeit (Mt. 12,7) und der Liebe (Mk. 12) nachfolgen und ihr Leben so annehmen, wie es sich ereignet, Bruder, Lebensspender (Joh. 4,14) und Heiland sein. Hierbei betont er, dass gerade die, die in Leid, Aussätzigkeit und Not sind, die Erlösung und Seligkeit erfahren (Bergpredigt Mt. 5), sowie die, die sich dieser Leidenden mitfühlend und fürsorglich annehmen (Mt. 25).

Dabei soll nicht übersehen werden, dass das Wirken Jesu mit der Verwandlung von Wasser in Wein begann. Er bestätigt damit auch den Wert profaner, weltlicher Genüsse und Bedürfniserfüllung.

Die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse wie z. B. Nahrung stellt er über die Befolgung von Gesetzen und Regeln (z. B. am Sabbat keine Ähren zu ernten).Auch im Umgang mit der Schuld lebt und lehrt er einen anderen Ansatz: Schuld als Schuld anzunehmen und zu vergeben, anstatt zu bestrafen (z. B. der verlorene Sohn und die Ehebrecherin). Er kehrt die geltenden Werte und Hierarchien um: Wer der Größte sein will, soll den Anderen dienen. Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten werden die Ersten sein. Er stellt die stadtbekannte Sünderin wegen ihrer Liebe über den Pharisäer Simon. Er stellt den barmherzigen Samariter über den Juden. Er erklärt die Kinder zu den Seligen und verbietet ihnen etwas anzutun – ganz im Gegensatz zum Alten Testament, das die Züchtigung der Söhne gebietet. Er wendet sich den meistgehassten Zöllnern zu. Wegen dieser revolutionären Lehren fühlte sich die herrschende Klasse in ihren Privilegien bedroht und ließen ihn töten. Doch mit der Lösung aus seinem menschlich-kreatürlichen Bedingtsein wurde er zum zeitlosen göttlichen Erlöser aller Menschen, die wie er es tut, aus dem Mitgefühl, der Barmherzigkeit und der Liebe leben. Wie Jesus kann jeder Mensch jetzt in dem Maße als Gotteskind wieder auferstehen, wenn er wie Jesus liebt bzw. in der Liebe lebt und von seiner Jesus-Christus-Natur erfüllt ist. Ich kann jederzeit zumindest ahnungsvoll mit dieser göttlichen Natur in mir in Kontakt kommen. Die Frohe Botschaft Jesu ist, dass ich diesem Göttlichen gerade in meiner schrecklichsten Not am nächsten bin und dann davon erfüllt bin, wenn ich es so annehme, wie es aktuell ist. Das beinhaltet Blindheit, Aussätzigkeit, Lähmung, Verhasstsein, »unreinen Geist«, Tod (Lazarus, Jüngling von Naim in Lk. Kap. 7, Joh. Kap. 11), die Kraft des Glaubens geheilt werden. Solche »Wunderheilungen« sind in gewisser Weise ebenso gegenwärtig zu erleben. Wenn vielleicht auch physisch nicht sichtbar, so kann die Heilung doch darin bestehen, dass der Kranke sich ganz heil (wohl), erlöst und vollkommen erlebt. Die häufig wiederholte Botschaft Jesu »dein Glaube hat dir geholfen« lässt sich übersetzen in: »Du bist das, was du glaubst. »Mit meinem tiefen Glauben an meine gotteskindliche Vollkommenheit bin ich ganz heil und göttlich vollkommen. Das gilt in gleicher Weise für jeden Menschen bzw. für jeden Nächsten, den ich dann ebenso ganz heil und göttlich sehe. Wenn Jesus sich als Gottessohn mit den Geringsten identifiziert (Mt. Kap. 25) und ich das als Heilsweg glaube, dann sehe ich ebenfalls in dem Kranken, dem Gefangenen und dem Geringsten gläubig die unversehrte Göttlichkeit. Je mehr ich in meiner Liebe bin, desto mehr erkenne ich Gott und mich in allem als eins und umso lebendiger, wirklicher und wahrer ist mein Glaube. In seiner bedingungslos liebenden Wirklichkeit kann Jesus mit Recht sagen: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Muss es unbedingt Jesus sein? – Anonymes Christentum

Sein Name und das Kontingente (Sohn einer Jungfrau, Jude, Alter usw.) im Leben Jesu sind sicher nicht wesentlich für die Wahrheit und für die Erlösung. Entscheidend ist, dass der Erlöser »vom Herzen Gottes kommt« und so voller bedingungsloser Liebe ist. Und, dass er mit seinem Leben und Sterben beweist, dass auch genau das geschieht und er das vollzieht, was er verkündet. Mit seinem Mitgefühl, seiner Barmherzigkeit und Fürsorge und mit seiner Liebe wendet er sich ganz konkret den Kranken, den Schwachen, den Aussätzigen, den Sündern, den Kindern und den Armen zu. Das wäre auch mit einem anderen Namen und unter anderen zeitlichen und geographischen Gegebenheiten vorstellbar. Das Wesentliche jedoch, was Jesus erfüllt und bewirkt hat, ist unverzichtbar. Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung (Joh. Kap. 13).Das Äußerste, was jemand aus Liebe tun kann, ist sein Leben hinzugeben. Dagegen ist seine Passion für die Sünden- und Schuldtilgung sekundär. Sie ergibt sich von selbst aus seiner vollendeten Liebe. In seiner Liebe verdampfen alle Gesetze, Regeln, Gebote (K. Jaspers) und damit ebenso alle Sünden und alle Schuld. Das ist das Maß, mit dem zu messen ist. Es ist jedoch auch vorstellbar, dass unter anderen Umständen dieses Wesentliche der Jesus-Natur ersteht und immer neu Wirklichkeit wird. Unter dieser Maßgabe hat Jesus seine Jünger ausgeschickt, ihm in allem nachzufolgen, zu heilen und seine Botschaft weiterzutragen. Jesus selbst hat erlaubt, dass Nicht-Jünger in seinem Namen Wunder wirken (Mt. Kap. 10 und Lk. Kap. 9): Haltet ihn nicht davon ab. Wer in meinem Namen Wunder vollbringt, kann nicht gleichzeitig schlecht von mir reden. Zu allen Zeiten und in allen Kulturen hat es Menschen gegeben, die sich und ihr Leben aus Mitgefühl, Barmherzigkeit, Fürsorge und Liebe hingegeben haben; und es gibt sie gegenwärtig. Sie entfalten nicht so die starke Wirkung Jesu Christi, aber sie erfüllen die göttlichen Werte und sind damit Jesus gleich (Jesus-Natur) und damit Gott gleich. Dieses zu allen Zeiten unter allen Völkern mögliche und wirkliche Göttliche erschien und erscheint immer wieder. Auf dem Boden der jesuanisch-christlichen Essenziale könnte man das Erscheinen dieser Essenziale in einem christenfernen Umfeld als sogenanntes anonymes Christentum verstehen. Doch die Bezeichnung ist nicht wichtig. Wenn man interkulturell diese Essenziale wie Mitgefühl, Barmherzigkeit, Fürsorge und Liebe wahrnimmt, dann ist man mit dem Göttlichen verbunden; egal ob es unter den Begriffen von Jesus-Natur, Christentum, Sufismus oder Buddha-Natur firmiert. In allen Kulturen existieren hilfreiche Wesen, die aus Mitgefühl, Barmherzigkeit und Liebe ihren Wohlstand – im weitesten Sinne der Bedeutung – aufgegeben haben, um die Menschen zu erlösen; Prometheus, Buddha, Amida u. a. Wenn Jesus sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben und keiner kommt zum Vater außer durch mich« (Joh. Kap. 14), so ist das insofern wahr, als er der Gottessohn ist und sich durch seine Gottesnatur als Gott selbst mitteilt. Je mehr andere Heilige (Buddha, Amida) ihrerseits in ihrer Gottesnatur aufgehen, werden sie ebenfalls zu Vermittlern der Selbstmitteilung Gottes; so wie es auch die Apostel und Jünger in der Nachfolge Jesu waren und sie es bis heute sind.«Ich bin in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen« (Joh. Kap. 18) bedeutet, dass Jesus der Welt die Wahrheit des Glaubens an die Selbstmitteilung Gottes – der Liebe – an den Menschen aus reiner Gnade vermittelt.

Diese Wahrheit der alles gleichmachenden Liebe, in der Gott und ich und alle Nächsten aufgehoben sind, ist die befreiende zeitlos jetzt stattfindende Heilung.

1. Einleitung

Von den meisten Menschen wird die Gesundheit zum höchsten Gut und zur Hauptsache erklärt. Dabei denkt man zunächst an körperliche Gesundheit und Unversehrtheit. Doch zunehmend werden auch seelische und geistige Erkrankungen eben als Erkrankungen ernster genommen. In der Palliativmedizin ist es inzwischen üblich, die spirituelle Dimension des Menschseins einzubeziehen.

Meine ursprüngliche Absicht war es, möglichst umfassend die Bedingungen des Gesundseins und des Wieder-Gesundens sowohl aus der Perspektive der anthropologischen Wissenschaften als auch unter religiös-spirituellen Aspekten zu betrachten. Dabei ging es zunächst darum, sich auf all das zu konzentrieren, was dem Leben dient. Nach M. Rosenberg dienen die menschlichen Bedürfnisse und ihre Erfüllung dem Leben. In der Auseinandersetzung mit diesem Standpunkt wurde immer deutlicher, dass die meisten menschlichen Bedürfnisse – im Grunde alle – über den einzelnen Menschen und seine individuelle Gesundheit bzw. Unversehrtheit hinausweisen, sich auf alle Menschen und die ganze Erde erstrecken. Die Bedürfnisse nach Fürsorge, Berührung, Wertschätzung, Liebe, um nur einige zu nennen, sind Beispiele dafür.

Ein Mangel in diesen Bedürfnissen findet seinen Ausdruck in den unterschiedlichsten Symptomen, die von einer bestimmten Ausprägung an, die willkürlich festgelegt wird, Krankheiten genannt werden.

Ich kann diese Symptome jedoch ebenso als hilfreiche Signale verstehen, so wie Hunger und Durst. Wenn die zu erfüllenden Bedürfnisse dem Leben dienen sollen und sie dabei über den einzelnen Menschen hinausweisen, geht es um mehr als seine individuelle Gesundheit und sein individuelles Leben. Zwar ist jede einzelne Kreatur Trägerin des Lebens, doch umfasst das Leben alle und jede Kreatur und auch das, woraus es hervorgegangen ist. Der wie auch immer geartete Schöpfer des Lebens an sich ist die immanente Wesenheit allen Lebens. Im jüdisch-christlich-abendländischen Kulturraum wird er Gott genannt.

Im Laufe meiner Auseinandersetzung mit den lebensdienlichen Bedürfnissen und ihrer Erfüllung wurde immer deutlicher, dass in der in den Evangelien niedergeschriebenen Botschaft Jesu gerade diese wichtigen Bedürfnisse wie Mitgefühl, Barmherzigkeit, Fürsorge, Heilung, Gerechtigkeit, Freiheit, Wertschätzung, Liebe u. a. und ihre Erfüllung ideal berücksichtigt sind.

Beispielhaft soll auf einige der wichtigsten Bedürfnisse eingegangen und dabei beschrieben werden, was Jesus zu diesen in seinen Reden und seinem Vorbild lehrt und erfüllt. Damit möchte ich belegen, dass Jesus mit Recht sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben« und dabei gleichzeitig die Selbstheilung durch die Selbstbehandlung anregen.

Dazu kann das Skript zusätzlich als Anleitung zu dieser Selbstbehandlung mit dem Ziel der Bedürfniserfüllung genutzt werden. Der Schlüssel zur Selbstheilung sind Selbstannahme, Selbstmitgefühl und Selbstliebe.

Im Folgenden sind nach den jeweils abgehandelten Bedürfnissen sogenannte Annahmesätze formuliert, die unter gleichzeitiger Berührung bzw. gleichzeitigem Klopfen der im Anhang angegebenen Akupunkturpunkte laut ausgesprochen werden sollen (während ein Punkt berührt, bzw. wiederholt geklopft wird, sollte die jeweilige Annahmeformulierung mindestens einmal laut ausgesprochen werden).

Es geht dabei um einen multifokalen Behandlungsansatz, da die Behandlung sowohl auf der geistigen Ebene (gedanklich und sprachlich), der körperlichen (durch Selbstberührung) und auf der energetischen Ebene (durch Auslösung von elektrischen Impulsen bei der Berührung) stattfindet. Am wichtigsten ist es in der Anwendung dieses Ansatzes, sein Bewusstsein und damit seine Kraft immer wieder auf Annahme, Achtung, Mitgefühl und Liebe auszurichten. Allerdings haben manche Menschen Hemmungen, sich zur Selbstliebe zu bekennen und diese für sich in Anspruch zu nehmen. Jesus erklärt die Liebe zum wichtigsten Gebot: »Du sollst den Herrn deinen Gott lieben … Doch ein anderes Gebot ist diesem gleich: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.« Damit erklärt er die alles gleichmachende Liebe, die Gott, den Nächsten aber auch mich selbst gleichermaßen umfasst.

Liebe ist der stärkste Ausdruck des Ja-Sagens und des Annehmens. Da alle Bedürfnisse dem Leben dienen, bejahen alle Bedürfnisse das Leben. Jedes Bedürfnis und seine Erfüllung sind so in irgendeiner Weise Ausdrucksformen von Liebe zum Leben. In der Liebe sind alle Bedürfnisse vereint. Von daher können die einzelnen Bedürfnisse auch nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden und es gibt immer wieder Überschneidungen. Das führt dazu, dass sowohl dieselben Bibelzitate bei verschiedenen Bedürfnissen angeführt werden, als auch dazu, dass beispielsweise die Schuldproblematik als Restriktion bei der Erfüllung unterschiedlicher Bedürfnisse aus verschiedenen Perspektiven beschrieben wird. Das bringt Wiederholungen mit sich.

Schließlich laufen diese aus unterschiedlicher Perspektive gemachten biblischen Aussagen aber bezüglich der Selbstheilung immer wieder darauf hinaus, dass die Selbstbehandlung die Selbstannahme durch Selbstachtung, Selbstmitgefühl und Selbstliebe auslöst.

2. Um was es geht

Es geht im Folgenden um Gesundheit im umfassendsten Sinne hier und jetzt. Dabei ist sowohl die individuelle, persönliche Gesundheit im Zusammenhang des kreatürlichen, (meines personalen) Lebens in den üblichen von Kant definierten Kategorien von Raum, Zeit, Identität und Kausalität bzw. die Gesundheit in der Bedingtheit, als auch Gesundheit im Sinne von Aufgehobensein dieser Bedingtheit im zeitlos bedingungslosen und eigenschaftslosen göttlichen Sein gemeint. Ich will versuchen, deutlich zu machen, dass wenn ich Jesus beim Wort nehme, ihm glaube und folge, ich mich jetzt ganz heil und vollkommen erleben kann und es auch bin, unabhängig von der jeweiligen konkreten körperlichen, seelischen oder sozialen Situation, in der ich mich gerade befinde.

Der geschichtliche Jesus ist als wundertätiger Heiler in Erscheinung getreten, der immer wieder betont hat, dass der Glaube (auch als Vertrauen gemeint) des Vertrauenden heilt. Er ist der Menschensohn, der als eingeborener Gottessohn mit den Menschen bedingungslos ihre Kreatürlichkeit in Raum, Zeit, Eigenschaftlichkeit und Bedingtheit teilt. Gleichzeitig fügt er dabei dem üblichen Zeitverständnis – von Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft – ein zeitloses Verständnis hinzu: »Ehe Abraham war, bin ich«.

Damit ist er außerhalb der Kantschen Kategorien. Er ist der zeitlose »Ich-Bin«. Er hebt die Schuld auf und lässt in seiner Liebe alle überkommenen Wertvorstellungen, Gesetze, Hierarchien und jede Ethik verdampfen (K. Jaspers).

Als Heilsweg lebt er die totale Selbstaufgabe bis hin zur Gottverlassenheit vor. Alle die eigene Identität konstituierenden Werte, Eigenschaften und Zugehörigkeiten (Eltern, Geschwister, höherwertige Volkszugehörigkeit z. B. als Jude u. a.) werden von dem Juden Jesus aufgegeben und dies wird als Heilsweg für alle gewiesen: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das LEBEN.«

Wenn ich ihm darin folgen will, ist es jedoch notwendig, dass ich mich ebenfalls von einigen lieb gewonnenen und zunächst selbstverständlichen Überzeugungen und meist impliziten (unbedachten) Glaubenssätzen löse, die im alltäglichen Leben des Werdens und Vergehens durchaus ihre Berechtigung haben; z. B. mich als ein einzelnes Individuum zu verstehen. Die Vorstellung, dass ich eigentlich als selbstidentische, in mir geschlossene, von der Umgebung und den anderen Menschen abgegrenzte Person in Wirklichkeit nicht existiere, sondern es mich immer nur in Beziehung zur Umgebung gibt, gleichsam als integraler Teil eines umfassenden Ganzen, scheint meiner Alltagserfahrung grundlegend zu widersprechen. Nur unter Einbeziehung eines integralen (Selbst-)Verständnisses, in dem ich mich zeitlos mit dem Ganzen verbunden fühle, kann ich mich bedingungslos geborgen erleben. Nur wenn ich alle Erscheinungsformen des Lebens in ihren jeweiligen Zusammenhängen einerseits als sinnvoll und andererseits als flüchtig anerkennen kann, komme ich zur fühlenden Einsicht ins Einssein von und mit allem.

Ich möchte deutlich machen, dass alles, was in mir, mit mir und mit allem um mich herum geschieht, dem LEBEN im Allgemeinen sowie dem individuellen menschlichen Leben und seiner Erfüllung im Besonderen dient.

Was mich als Person ausmacht, ist ein Teil des unerschöpflichen LEBENS und alles in mir lebt. Was ich als Individuum für ein erfülltes Leben brauche, ist die Erfüllung meiner Bedürfnisse. Wenn ich mir bewusst mache, worauf meine Bedürfnisse abzielen und hindeuten, wird deutlich, dass sie immer auch über mich hinaus weisen. Bedürfnisse meinen in irgendeiner Weise immer die Beziehung. Es geht immer um den Austausch; entweder etwas von außen zu erhalten oder etwas zu geben oder einfach nur, die Beziehung, die ja mit dem Austausch einhergeht, zu erleben. Letztlich will ich mich möglichst innig in Beziehung erleben.

Bedürfnisse zeigen an, dass Leben Beziehung, Verbundenheit, Austausch, Bewegung und Fluss bzw. Veränderung im gleichzeitigen Einssein und Gleichsein bedeutet.

Dieses polare Muster liegt allen Bedürfnissen zugrunde, unabhängig davon, ob sie auf den ersten Blick eher egoistisch oder prosozial erscheinen. Das möchte ich verdeutlichen: Wenn ich atme und damit den lebensnotwendigen Sauerstoff in mich aufnehme, tue ich das unmittelbar zunächst »egoistisch« für mich. Doch würde ich nicht atmen, also etwas von außen in mich aufnehmen, könnte ich auch nichts geben; geben hier auch im Sinne von »hilfreich sein« gemeint. Wenn ich hilfreich bin, dann erfüllt und erfreut mich das; das bedeutet, dass ich mir damit auch ein eigennütziges Bedürfnis, nämlich mich wohlzufühlen und zu freuen, erfülle. Jede Bedürfniserfüllung hat also immer eine Wirkung nach innen wie nach außen; »entweder – oder« ist somit im Hinblick auf die Gesamtsituation unvollständig, eine willkürliche Fragmentierung und damit dem Ganzen unangemessen.

In der Bedürfniserfüllung wird in einem etwas genommen und gleichzeitig etwas gegeben, wobei das »eine Ganze« unverändert aufgehoben bleibt.

Im Folgenden geht es darum, die wesentlichen lebensnotwendigen Bedürfnisse zu definieren und im Bemühen um die optimale Erfüllung der Bedürfnisse besonders die Vorgaben Jesu in den jeweils dazu passenden Aussagen des Neuen Testaments zu berücksichtigen, um mich daran zu orientieren und gleichzeitig deren Lebensdienlichkeit zu reflektieren. Dabei soll verdeutlicht werden, welches Heilungspotenzial im Sinne einer umfassenden Gesundheit bzw. eines augenblicklichen Heilseins der vorbehaltlose Glaube an Jesus, daran was er vorgelebt und verkündet hat, als Weg, Wahrheit und Leben aktuell jetzt für mich beinhaltet.

Hierbei gehe ich davon aus, dass das Leben nur jetzt im Gegenwartsmoment existiert. Heilung, Heilsein, Erlösung, Jüngster Tag, Nirwana oder Paradies sind zeitlos jetzt. Damit soll keineswegs all das furchtbare Leid der gesamten Kreatur beschönigt oder geleugnet werden. Doch hinter all den dunklen Wolken des Grauens ist zeitlos der blaue Himmel der Freude, des Friedens, der Geborgenheit, der Dankbarkeit und der Liebe gegenwärtig. Die Wirbelstürme des Lebens können zwar den Blick darauf verstellen, doch in ihrer Mitte ist Stille und der Blick ist frei.

Es soll u. a. dargelegt werden, weswegen ich selbst und alle in Wirklichkeit nie unerlöst sind und die Wirbelstürme des Lebens nur flüchtige menschliche Erfahrungen darstellen. Erst durch sie wird mir die ständige Präsenz und Stille des blauen »Himmels« mit seinem strahlenden Licht, mit seinem Frieden und seiner Freude in seiner Mitte bewusst.

Zunächst wird beschrieben, was hier unter LEBEN verstanden wird; dass es unter ständig wechselnden Formen in einem unaufhörlichen Fluss stets gegenwärtig ist. Sterben und Tod sind dabei sinnvolle Wahrnehmungen aus einer Negativperspektive, die es möglich machen, dass mir alle die wunderbaren Qualitäten des Lebens wie Mitgefühl, Leidenschaft, Freude, Berührtsein, Harmonie, Geborgenheit, Dankbarkeit, Einssein und Liebe bewusst werden. Ohne das Bedroht-Sein dieser Erfahrungen und ihre zeitweilige Abwesenheit sowie den dadurch bedingten Unterschiedsbildung kann ich solche Erfahrungen nicht bewusst erleben. Sterben und Tod helfen mir, mich in Richtung eines erfüllten und damit eines im umfassenden Sinn gesunden Lebens hin zu orientieren.

Gesundheit in einem umfassenden Sinn meint sowohl die individuelle leiblich-seelische Gesundheit und auch gleichzeitig darüber hinaus die transpersonale spirituelle Gesundheit.

Gesundheit ist wie das Leben auch, in mir, jedem und allem zeitlos hier gegenwärtig. Doch wie ich Sterben und Tod benötige, um die Qualitäten des Lebens auskosten zu können, brauche ich sogenannte Krankheiten mit Leid, Schmerz, Not, Verzweiflung, Schuldgefühl, Angst usw. zur bewussten Erfahrung meines Heilseins. Nur durch die Unterschiedsbildung meiner verschiedenen Erlebensweisen erlange ich ein Bewusstsein meines Heilseins. Mit dieser Annahme wird die Krankheit Kraft der gestalterischen Potenz meines Bewusstseins zu einem hilfreichen Sonderfall der Gesundheit und dadurch zu einem integralen Teil von ihr. Dieses Bewusstsein von Heilung und Erlösung durch mitfühlende und liebevolle Annahme der Krankheit, des Leids und allem, was damit assoziiert ist, hat uns Jesus verkündet und vorgelebt.

Gerade auch im Umgang mit der Sexualität weist er statt Ausgrenzung, Verurteilung und Steinigung einen liebevollen Weg. Er ist damit der größte Revolutionär des Bewusstseins und des Geistes (K. Jaspers). Zu diesem Bewusstsein gehört auch ein Bewusstsein von Gott als eine Chiffre der Transzendenz, an der ich zwar ahnend Anteil habe, sie aber in meiner menschlichen Beschränktheit nie erfassen kann.

In meiner Spiritualität öffne ich mich dem Transzendenten.

Dass diese Transzendenz auch gleichzeitig Teil eines umfassenderen Seins in meiner materiellen Lebensform ist, bringt Jesus klar zum Ausdruck. Er gibt sich in seiner materiellen Form als Fleisch und Blut mir zur Nahrung, damit er in mir weiterlebt und ich weiterlebe. Gleichzeitig lebe ich in ihm, wie die Rebe am Weinstock und er lebt in mir.

Dies ist auch eine Metapher für die geistige Nahrung. »Mein Leib ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank« gilt in der wörtlichen Bedeutung und auch übertragen im geistigen, transzendenten Sinn.

Das heißt, dass Jesus in mir wohnend, mich sowohl in meinem körperlich materiellen als auch in meinem zeitlos transzendenten göttlichen Leben fürsorglich bewahrt.

Er lebt damit vor, was naturhaft zum Leben notwendig ist: Fürsorge und Opferbereitschaft. Ohne fürsorgliche Eltern, die ihre Kraft, Nahrung und in der Verteidigung ihrer Jungen sogar ihr Leben opfern, könnten bereits diese – nicht nur die Jungen höherer Tiere – nicht überleben.

Menschliche Eltern tun das auch, und häufig gehen Fürsorge und Opferbereitschaft über die eigenen Nächsten bzw. Verwandten hinaus. Doch irgendwo endet jede menschliche Fürsorge.

Ich kann das leicht an mir selbst überprüfen, wenn und wie ich z. B. schlimme Nachrichten aufnehme und dabei die Grenzen meines Mitgefühls und meiner Fürsorge erlebe.

Jesus verspricht jedem, der bereit ist, sein Leid – Schmerz, Krankheit, Ungerechtigkeit, Not, Schuld – anzunehmen, ihm dies ab- und auf sich zu nehmen. Er bietet seine Fürsorge, seine Opferbereitschaft und Fürsorge jedem an, der daran glaubt. Und wer dies genau so glaubend annehmen kann, erfährt, dass er immer – jetzt – erlöst ist.

Die höchste Form der Opferbereitschaft ist die Hingabe. Hingabe bedeutet, sich jetzt bedingungslos dem Umfassenderen zum Wohle des Ganzen zur Verfügung zu stellen. Das heißt, die Grenzen des eigenen Ichs preiszugeben, um nicht mehr nur ein bestimmter Teil des Ganzen zu sein, sondern sich unterschiedslos im Ganzen aufzulösen; wie ein Wassertropfen, der wieder ins Meer zurückfällt. Ich kann Jesu Hingabe so verstehen, dass er damit die leidende, sich getrennt erlebende Kreatur wieder in und mit Gott ineinanderfließen lässt.

Hingabe hebt somit bestehende Ordnungen, die auf ein neben- und überbzw. untereinandergründen, auf. Ich werde in eine bestimmte, vorgegebene Ordnung hineingeboren und nehme sie wie selbstverständlich als einen Teil meiner Identität an. Das ist notwendig, um stimmig zu einer selbstbewussten Person in meiner jeweiligen konkreten Umgebung zu werden. Genau darauf hat sich Jesus als der konkrete Sohn seiner weltlichen Eltern und als Jude, als Angehöriger einer bestimmten Kultur eingelassen. Doch der erwachsene Jesus lebt eine neue Ordnung vor.

In dieser neuen Ordnung, in der die Wertesysteme aufgehoben und das Unterste nach oben gekehrt werden. – »die Letzten werden die Ersten sein« – , sind alle Ordnungen in Liebe umfasst und damit aufgehoben.

Dabei geht es auch um gerechten Ausgleich und Gerechtigkeit, ein tief verwurzeltes, starkes Bedürfnis des Menschen. Die Gerechtigkeit Jesu gründet auf Mitgefühl, Fürsorge, Barmherzigkeit und alles einigender Liebe, wie er es im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschreibt.

Die Wiederherstellung von Gerechtigkeit geht mit Versöhnung einher. Das ergibt sich schon aus der Schnittmenge der beiden Begriffe, wenn man den Wortursprung »versunen« im Mittelhochdeutschen in seiner Bedeutung als Ausgleichen versteht. Jesus ist das letzte Sühneopfer zur endgültigen Versöhnung im Sinne des Friedens, der Vergemeinschaftung und der liebevollen Einheit. Er lebt vor, wie ich mich und die Welt mit meiner Versöhnung heilen kann.

Das setzt voraus, dass ich an ihn glaube und mich auf ihn als die Wahrheit einlasse. Ich mache im Leben viele Erfahrungen, die meine aus Vorerfahrungen sowie anderen Informationen gebildeten Erwartungen bestätigen und damit bewahrheiten. Ebenso stellen sich geglaubte Wahrheiten als unbeständig heraus. In dem zeitgebundenen, ständig wechselnden Bedingungen unterworfenen Leben kann ich nur situationsabhängige, mehr oder weniger zutreffende Wahrheiten ausmachen. Ich habe es bezogen auf dieses Leben also immer mit einer wechselnden Hierarchie der Wahrheiten zu tun. Wenn ich Jesus als Wahrheit erkenne, dann erkenne ich die Wahrheit zur Heilung in meinem zeitlich verlaufenden Leben und gleichzeitig kann ich die Wahrheit im zeitlosen Jetzt des Erlöstseins erfahren.

Zu dieser Wahrheit gehört die Demut, alles anzunehmen und nichts von meinem jeweiligen beliebig wechselnden Egostandpunkt aus dagegen halten zu wollen. Auch darin offenbart Jesus sich als die Wahrheit Gottes (diese ist das bedingungslose In-der-Liebe-Sein), insofern er die Demut soweit vorlebt, dass er als Gottessohn das Leid der Menschen hinnimmt.

Damit beweist Jesus gleichzeitig den Menschen und der Wahrheit des Vaters seine Treue. Das bedeutet auch für mich, dass ich dann meinem Bedürfnis nach Treue gerecht werde, wenn ich sowohl den Reichtum dieses kreatürlichen Lebens als bedingte Person auskoste, indem ich mir und den Nächsten optimal Bedürfnisse erfülle, als auch mich gleichzeitig dem eigenschaftslosen Gott als Gotteskind zugehörig fühle und ihm treu bin. Dabei erlebe ich mich immer wieder in der Notwendigkeit, mir meine Treue zum Wesentlichen bewusst zu machen.

In dieser Zusammenführung und Einheit erschließt Jesus uns die bedingungslose Freude sowohl konkret durch seine hingebungsvoll leibhaftige göttliche Selbstmitteilung, als auch durch seine in den Evangelien aufgezeichnete Frohe Botschaft. Diese Evangelien umfassen die menschliche Erfahrung, dass die größte Freude und die Liebe eine Einheit ist.

Durch Jesus kann ich erfahren, dass diese Liebe gleichzeitig auch die größtmögliche Freiheit beinhaltet, wenn ich will, in die Hölle hinabzusteigen und alles Grauen unbeschadet zu durchleben. Er erlöst mich zu seiner Freiheit, die die Freiheit der bedingungslosen Liebe ist.

Je mehr ich ihm vertraue, desto mehr wird mein Glaube an seine Botschaft der Erlösung und Liebe durch Hingabe, zu einer inneren Gewissheit des Heilseins. Der Glaube an Jesus ist gleichzeitig der Glaube an den Glauben, der nicht nur Berge versetzt, sondern mich aufgehoben sein lässt im Heilsein meiner Gotteskindschaft.

In diesem Glauben fallen mein Frieden und der Frieden Gottes zusammen, von dem es in dem Buch »Kurs im Wundern« heißt: »Nichts Unwirkliches existiert und nichts Wirkliches kann angegriffen werden. Darin liegt der Friede Gottes.«

Jesus weist mir mit seiner persönlichen menschlichen Entwicklung den Weg, wie ich mich allen menschlichen Bedingtheiten zum Trotz als Mensch entwickeln und befreien kann, um in der Hingabe und Liebe Gottes jetzt anzukommen.

Zu meiner Entwicklung gehört es, dass ich eine Identität als unverwechselbare einzigartige Person herausbilde. Dazu muss ich mich unterscheiden, Eigenschaften und Fähigkeiten erwerben und daraus ein Selbstbewusstsein entwickeln. Ohne dieses Selbstbewusstsein zu finden, wüsste ich weder etwas von mir noch von dem Anderen. Doch dieses Bewusstsein ist bedingt durch seine Zeit- und Situationsabhängigkeit. Das heißt, dass es sinnvoll ist, dieses (kontingente, abhängige) Selbst bzw. Ich wieder loszulassen, sobald ich es gefunden habe. Daraus kann sich die bange Frage ergeben, was denn dann eigentlich von mir bleibt. Und hier gibt Jesus die tröstliche Antwort, dass ich in seinem zeitlosen göttlichen Ich-Bin aufgehoben bin, wenn ich mich selbst mit meiner persönlichen Identität hin- und aufgebe.

Durch diese Selbstaufgabe stelle ich die Gemeinschaft wieder her, die durch meine Abgrenzung als Person in Frage gestellt scheint. Ich komme und bin ständig in Gemeinschaft und nur durch meine individuelle Bedeutungsgebung kann ich mich aus der Gemeinschaft bspw. durch Verurteilung ausschließen und mich deswegen dann verloren fühlen. Jesus stellt die Gemeinschaft durch seine Hingabe wieder her, indem er die Ursachen der Trennung, die Verurteilung bzw. den Schuldspruch auf sich nimmt und aufhebt.

Er stellt die Gemeinschaft wieder her, indem er mit der beschuldigten menschlichen Natur in Berührung kommt, sie zu seiner Sache macht und sie annimmt. Durch dieses Opfer Jesu werden die Menschen bis heute tief berührt und kommen dabei auch mit ihrer Dankbarkeit für das Leben, die Lebensfreude und die ständig gegenwärtige Liebe in Kontakt.

Diese Dankbarkeit erkennt nicht nur die unverdiente Gnade des Geschenks des Lebens und der Liebe an, sondern gleichzeitig den unermesslichen Wert, den ich und alle Menschen für Gott haben, wenn er sich selbst in der Person seines Sohnes sogar den schrecklichsten und erbärmlichsten menschlichen Lebenssituationen anheimgibt. In meiner Dankbarkeit erkenne ich an, dass ich selbst – im nach menschlichen Vorstellungen minderwertigsten Leben – Gott es wert bin, dass er sich in seiner Person als Sohn in diesem Maße für mich einsetzt.

Dadurch kann ich die Geborgenheit erfahren, die mich in allen Gefährdungen des vergänglichen Lebens in zeitloser Gegenwärtigkeit und Liebe Jesu Christi und Gottes aufgehoben sein lässt.

In der Liebe sind alle Bedürfnisse und ihre Erfüllung zu allen Zeiten und überall, die Liebe aller Menschen und die Liebe Gottes, unüberbietbar und unterschiedslos zusammengeführt und aufgehoben.

Wegen dieser bedingungslosen Liebe Gottes bin ich und sind alle in Wirklichkeit nie unerlöst, sondern jetzt ganz heil in zeitloser Freude, Geborgenheit und Liebe aufgehoben.

3. Leben

Als die Welt ward, ward GottMeister Eckhart

Unter Leben sollen alle individuellen Prozesse von der Verschmelzung der Gameten bis zum Tod verstanden werden. Dazu gehören alle die gleichzeitig ablaufenden biologischen, energetischen, psychischen, geistigen, sozialen, kulturellen und spirituellen Prozesse als Lebensäußerungen des Menschen. In einem umfassenderen Verständnis beinhaltet Leben die gesamte Evolution seit ca. 3,5 bis 4 Milliarden Jahren.

Das, was gemeinhin »Leben« genannt wird, ist aus Energie, Materie und In-formation (d. h. Form bzw. Ordnung gebende, verändernde Vorgänge) entstanden. Man vermutet, dass die ersten Ordnungsprozesse durch den Temperaturabfall nach dem Urknall mit der Entstehung des Higgsfelds zustande kamen. Danach wurden immer höhere und komplexere Ordnungen bis zur Bildung von RNA, DNA und Proteinen entwickelt. Damit verbunden waren die Fähigkeit zur Selbstreduplikation, Selbstorganisation und Regulation, die Abgrenzung von der Umgebung mit der Fähigkeit zum Austausch mit der Umgebung bezüglich des Energiehaushalts und des Stoffwechsels. Die genannten Funktionen definieren Erscheinungsformen als Lebewesen und unterscheiden sie von der unbelebten Materie. Diese Definitionen sind in sozialer Übereinkunft gebildete Konstrukte und keine Wahrheit. Leben könnte auch als Bewegung definiert werden und dann wäre alles belebt.

Dann wäre alles, was aus der absoluten Potenzialität heraus in Erscheinung tritt, Leben. Jedes Quant wäre somit lebendig und eine Lebensäußerung.

Leben ist immer auch Interaktion von etwas mit seiner Umgebung. Bei der Zellteilung findet diese Interaktion zwischen den verschiedenen Organellen und Zellkompartimenten statt. Sie findet statt zwischen der Zelle und ihrer Umgebung, zwischen mehreren Zellen, zwischen Organen, zwischen Individuen, Gruppen usw. in immer höherer, komplexerer Ordnung. Spätestens hier wird offensichtlich, dass Leben mehr umfasst als biologische Vorgänge. Dabei geht es immer um Informationen und Austausch von Informationen.

Je intensiver der Informationsfluss (Information bedeutet Unterschiedsbildung und damit Veränderung) ist, desto bunter sind die Erscheinungsformen und umso lebendiger wirkt es. Informationsträger sind im biologischen Sinne DNA und RNA; Botenstoffe wie Serotonin oder Endorphine aber auch Calciumionen oder elektrische Entladungen vermitteln Informationen an etwas »Vorinformiertes« (als Erfahrung bereits neuronal Abgespeichertes), das mit den Informationen etwas anfangen kann.

Biologisch Lebendiges und Unlebendiges wirken zusammen, um dieses sich ständig fortentwickelnde, immer informiertere und komplexere Leben im Fluss zu halten. Während dabei das biologische Leben in einem dauernden Werde-und-Sterbe-Prozess auch in gewisser Weise begrenzt zu sein scheint und keine Bäume in den Himmel wachsen lässt, erscheint das geistige Leben in Form von Erkenntnis, Wissen, Kommunikation, Kultur und Bewusstsein unaufhörlich zu expandieren.

Diese Beschreibung könnte die Vermutung nahelegen, dass biologisches und geistiges Leben unterschieden werden müssten.

Ich kann jedoch auch der Meinung sein, dass der Unterschied lediglich darin besteht, dass ich das biologische Leben leichter »begreifen« und in seinen verschiedenen Erscheinungsformen eindeutiger definieren kann. Wenn beispielsweise ein menschlicher Körper stirbt, sehe ich die Auflösung seiner lebendigen Organisation mit allen ihren Funktionen als Tod an, wobei gleichzeitig das Leben anderer Zellen (z. B. Bakterien) explodiert.

Bezieht man aber die Erkenntnisse der Mikrobiomforschung mit ein (der Mut bzw. die Ängstlichkeit von Mäusen hängt auch von der Darmbesiedelung mit bestimmten Bakterien, also von äußeren Faktoren ab), kann man fragen, ob in diesem Mikrobiom nicht auch etwas von dem Wirt weiterlebt? Und dabei kann man sogar an leibhaftige psychische Funktionen des verstorbenen Menschen (wie bspw. Mut) denken.

Tatsache ist, dass das, was das menschliche Leben so unendlich vielfältig – lebendig – macht, sein Geist, seine Psyche, seine Seele oder sein Bewusstsein ist, das ihm eine solche enorme Schöpferkraft verleiht.

Von daher will ich zwischen biologischem und geistigem Leben keine Grenze ziehen, so wie auch in unserem Bewusstsein und unserer Sprache keine Grenze gezogen wird. Die Sprache ist ein analoges Äquivalent des Bewusstseins, wobei das Bewusstsein natürlich umfassender ist als jede Sprache.

Wir sprechen in gleicher Weise von einem lebendigen Körper oder Leib oder Organismus wie von einer lebendigen Demokratie, einem lebendigen Wesen, einer lebendigen Gemeinde, einem lebendigen Eindruck, einem lebendigen Gott und vom ewigen Leben.

Kein Mensch hat je erlebt, dass das LEBEN zu Ende geht; es wechselt nur ständig seine Erscheinungsformen. Und das geschieht nicht erst, wenn wir sterben, sondern in jedem Moment; umso mehr, je lebendiger wir sind. Der Eintritt dessen, was wir gemeinhin als Tod bezeichnen, ist dabei sicher die dramatischste Veränderung, und, wer weiß, vielleicht ist er auch einer der lebendigsten Augenblicke.

3.1 Beginn des Lebens

Vom Beginn des Lebens kann ich erst dann sprechen, wenn ich davon ausgehe, dass vorher Nicht-Leben oder Unlebendigkeit war. Am Anfang war die Erde wüst und leer (Genesis). Unter den besonderen physikalischen und chemischen Bedingungen des erdgeschichtlichen Zeitabschnitts des Präkambriums entstanden vor ca. 3,7 Milliarden Jahren aus Proteinen, Fetten und Nukleinsäuren erste Zellen, die vermutlich durch die RNA die Fähigkeit zur Vererbung erlangten. Unter den heutigen Bedingungen auf der Erde gilt es als biologische Regel, dass nur Leben Leben hervorbringen kann (Virchow: »cellula e cellula«). Die Tiere und der Mensch benötigen auch »lebendige« Nahrung (Pflanzen oder Tiere), um ihr Leben zu erhalten. Der Beginn des individuellen menschlichen Lebens wird religiös, kulturell, ethisch und politisch unterschiedlich definiert.

Biologisch beginnt dieses Leben mit der Verschmelzung von lebendigen Samen und Eizelle. Dabei scheinen die beteiligten Gameten schon vorher miteinander zu kommunizieren; d. h. auf einer informellen Ebene findet schon früher eine Vereinigung statt.

Sie bringen nun sowohl das genetische Potenzial der beiden Eltern als auch deren Lebenserfahrungen (z. B. erlittene Hungersnot) als epigenetisches Erbe ein. In Wirklichkeit ist es so, dass der Beginn meines individuellen Lebens der Zeitpunkt der Zusammenführung und Fortsetzung beider elterlichen Leben und ihres Potenzials ist. Wie weit dabei auch soziale Faktoren mitwirken, zeigt der höhere Anteil an männlichen Neugeborenen besonders nach Kriegen. Also fließt bereits hier Transpersonales mit ein.

Mit der Geburt trete ich als soziales Individuum in Erscheinung und in Beziehung.

Jedes Elter ist seinerseits die Fortführung der großelterlichen Leben.

Zunächst noch in absoluter Abhängigkeit, entwickele ich zunehmend meine Selbstständigkeit und führe ein immer aktiveres Leben, in dem Sinne, dass ich meine Potenziale nutzend zu einem ständig weiter werdenden Umfeld in Beziehung trete. Dabei verinnerliche ich zunehmend Beziehungserfahrungen mit ihren Gratifikationen, Versagungen, Erwartungen und Ängsten und sie werden so zu einem Teil meiner Person. Sie informieren und formen mich. Ich bilde sie in mir durch Verknüpfung neuronaler Netzwerke ab, aktiviere sie, indem ich sie mit meiner Lebensenergie auflade und trage sie so »geladen« gewissermaßen als »Feld« oder Aura oder Ausstrahlung mit mir mit.

Dabei übernehme ich gleichzeitig die verinnerlichten Beziehungserfahrungen meiner wichtigsten Bezugspersonen, da ich mich ja ihren Beziehungsmustern – gleichsam »Feldern« als Äquivalenz zu energetischen Aufladungen – zunächst anpassen musste.

Hier nun wird deutlich, dass ich mit zunehmendem Alter das, was ich zu Beginn meines Lebens hinnehmen musste, grundsätzlich wegen der Verschiedenheit der hinzukommenden unterschiedlichen Bezugspersonen, die auch andere Beziehungsmuster anbieten, zunehmend frei wählen kann.

Diese Verschiedenheit ergibt sich auch, weil jede Bezugsperson im eigenen Feld verschiedene Beziehungserfahrungen integriert hat und damit abrufen bzw. inszenieren kann.

Meine Lebensgestaltung hängt nun wesentlich davon ab, welcher meiner Feldanteile bzw. Programme ich nun auflade und welche Menschen mit ihren dazu korrespondierenden Feldmustern symmetrisch oder komplementär in Beziehung treten.

Davon hängen dann Partnerwahl, Paarbildung und schließlich die Weitergabe des vereinigten Lebens an etwas Drittes, das gemeinsame Kind, ab.

Bis jetzt ging es nur um den Beginn des Lebens im individuellen Zusammenhang und seiner Entwicklung zu immer mehr Individualität bis zur Vereinigung im Geschlechtsverkehr und zum Übergang der Verschmelzung zweier Individuen durch ihre Gameten, der Aufhebung der Individualität der elterlichen Individuen und ihrem gleichzeitigen Weiterleben in der Entwicklung und Geburt eines neuen Individuums.

Dieses neue Leben beinhaltet das alte und transzendiert es gleichzeitig; gewissermaßen eine neue Variation zu den gleichen elterlichen Themen.

Doch ich werde nicht nur in eine Umwelt hineingeboren, sondern es ist lebensnotwendig, dass ich diese Umwelt in mich aufnehme. Atemluft und Nahrung aber auch Viren, Bakterien und Pilze mache ich zu einem Teil meines Innenlebens.

Sie besiedeln hauptsächlich die Schleimhäute und besonders den Darm. Diese Mikroben werden zusammengefasst Mikrobiom genannt. Das Mikrobiom entwickelt sich nach meiner Geburt und wächst zu einem individuellen Organ von ca. 1,5 kg an. Es ist so individuell wie mein Fingerabdruck.

Das Mikrobiom bleibt lebenslang ein integrales Teil von mir, das mit vielen Leibfunktionen (Bildung von Vitamin K, Immunsystem, Stoffwechsel, psychische Funktionen) wechselseitig interagiert. Damit ist die Frage verbunden, inwieweit meine sogenannte Individualität von ihm und seinen Stoffwechselprodukten mitbestimmt wird.

Wenn ich von einem Beginn des Lebens ausgehe, dann impliziert dies gleichzeitig, dass das Leben auch endet. Auf der individuellen Ebene der Person ist der Tod eine Tatsache. In Anlehnung an Heidegger versteht Foucault den Tod als »Generator von Individualität«. Genauso gut kann ich sagen, dass erst durch die Annahme bzw. Vermutung von Individualität der Tod generiert wurde.

Das, was stirbt, ist ja das, was aus seiner Umgebung herausgelöst, als sogenanntes »Unteilbares« (d. h. Individuum) angesehen wird. Dabei wird im Sterbeprozess sehr wohl weiter geteilt bzw. unterteilt: Im Körper rasch absterbende Zellen (Hirntod) von noch zunächst weiterlebenden (Hornhaut, Spermien); Trennung von der Seele, vom Geist bzw. vom Bewusstsein. Diese letztgenannte Trennung aber ist ein Akt meiner Wahrnehmung oder besser Wahrgebung, die ich in meiner Kultur so gelernt habe.

Ich kann es auch so sehen, dass das so genannte Individuum ein willkürliches Konstrukt ist, das es so in Wirklichkeit gar nicht gibt. Es braucht immer eine Umgebung, aus der es hervorgegangen ist. Im Zusammenhang mit ihr und in gleichzeitiger Abgrenzung von ihr kann es als Individuum bestimmt werden. Nur im Kontakt mit der Umgebung kann das Individuum durch Nahrung und Austausch am Leben gehalten werden und in sie geht es wieder ein. Dieses »Eingehen« wird dann als Tod des Individuums bezeichnet.

Tod bedeutet demnach in diesem Zusammenhang das Ende der Wahrnehmung der Lebendigkeit eines Individuums in der Abgrenzung von seiner Umgebung.

3.2 Wo sich das Leben abspielt und wie ich es wahrnehme

Das Leben spielt sich außerhalb und innerhalb von mir ab.

Mein eigenes Leben spielt sich sowohl in meinem Bewusstsein als auch im Unbewussten ab. Mein unbewusstes Leben bleibt meiner Wahrnehmung weitgehend entzogen.

Allgemein kann ich sagen, dass ich das Leben über meine Sinne wahrnehme. Das ist zunächst als bewusste Wahrnehmung durch Berührung, Geschmack, Geruch, Gehör und Sehen. Dies sind Wahrnehmungen, die mir die Welt und das Leben von außen vermitteln. Aus dieser Perspektive ist das Leben das, was sich um mich entfaltet, und wozu ich in Beziehung trete.

Gleichzeitig ist das Leben das, was ich überwiegend körperlich in mir spüre: Pulsschlag, Hunger, Durst, Müdigkeit, Anregung, Blutstrom, Wellen, Kraft, Schwäche, Wildheit, Sanftheit, Aufregung, Ruhe, »Elektrizität«, Muskelbewegungen, Lähmung, innere bzw. Selbstberührungen (z. B. Darm, Lippen, Lidschlag usw.), Lage und Bewegung im Raum, Schwere, Leichtigkeit, Vibrationen bzw. Zittern, Wärme, Kühle, Aufwallen, Abschwellen, Schmerz, Lust, Kribbeln, Jucken, Wohlbehagen, Übelkeit, Kontraktion, Erschlaffung u. a. Auf einer mehr seelischen Gefühlsebene spüre ich Leben als Freude, Neugier, Angst, Ekel, Wut, Scham, Überraschung, Niedergeschlagenheit, Triumph, Aggression, Hass, Eifersucht, Neid, Verlassenheit, Geborgenheit, Dankbarkeit, Trauer, Mitgefühl, Sehnsucht, Verlangen, Wollust und Liebe.

Auf einer mental-gedanklichen bzw. kognitiven Ebene habe ich schon eine distanziertere, mittelbarere Beziehung zum Leben. Ich erfahre nicht mehr unmittelbar etwas, sondern ich denke darüber nach bzw. reflektiere darüber. Ich entwerfe Vorstellungen und innere Bilder im Wachen wie im Traum. Sie sind Ausdruck meiner Lebendigkeit, und sie sind selbst solange lebendig, wie ich sie mit meiner schöpferischen Vorstellungskraft aufrechterhalte.

Sie wirken in der Art und Weise auf mich zurück, wie ich sie jeweils ausgestalte. Stelle ich mir mein erfolgreiches Examen vor, löst dies eine andere Wirkung auf mich aus, als wenn ich mir die Ablehnung bei einer Bewerbung in Erinnerung rufe.

Denke ich an die Gräueltaten der Islamisten im Nordirak, wirkt das anders auf mich zurück, als wenn ich mir im gleichen Kontext die Hilfsbereitschaft der Kurden vergegenwärtige. Realität ist beides; jedoch mein Erleben dieser Realitäten ist sehr unterschiedlich. Im ersten Fall erlebe ich Niedergeschlagenheit, Ablehnung, Wut, Angst, Hass oder Verzweiflung; Gefühle, die mit einer Lebensbedrohung verbunden sind.

Mit meiner inneren Ausrichtung auf das Mitgefühl, die Hilfsbereitschaft, Zuwendung, Solidarität, Kooperation, Fürsorge, Dankbarkeit und Liebe erfüllen mich genau diese lebensbejahenden und lebensdienlichen Wahrnehmungen und Gefühle. Beide äußeren Nordirak-Realitäten sowie meine entsprechenden Wahrnehmungen davon gehören zusammen und bilden gewissermaßen eine Einheit; das eine gäbe es nicht so ohne das andere.

Es liegt nun in meiner freien Entscheidung, welcher der beiden objektiven Realitäten ich mehr Bedeutung gebe, d. h. mehr Aufmerksamkeitsenergie zuwende und damit gewissermaßen mehr Lebenskraft einhauche. Dadurch nehme ich gleichzeitig Einfluss darauf, welche der Realitäten wirklicher und wirksamer wird.

Diese Entscheidung, wie ich meine Wahrnehmung des Lebens um mich herum letztlich ausrichte, hat nicht nur Auswirkungen auf meine Lebensfreude, sondern auch auf die Impulse, die ich in die Welt gebe bzw. womit ich die Welt belebe und damit Wirklichkeit werden lasse. Menschliches Leben existiert nur bei einem Mindestmaß an Kooperation, Mitgefühl, Zuwendung, Fürsorge, Solidarität, Unterstützung und letztlich Liebe. Je mehr ich mich darauf fokussiere, desto lebendiger und lebensspendender werde ich selbst, desto mehr trage ich zum Fluss des Lebens bei und bin damit gleichzeitig als ein integraler Teil dieses Lebensflusses im LEBEN geborgen.

Vor diesem Hintergrund ist auch die fortwährende Wirkung der lebendigen Kraft solcher Religionsstifter wie z. B. Buddha und Jesus und damit auch ihrer Wirklichkeit zu verstehen. Sie verwirklichten in besonderem Maße Mitgefühl, Fürsorge und Liebe, indem sie es vorlebten und als erlösenden (Lebens-)Weg weitergaben.

Von daher kann Jesus auch in Joh. Kap. 14 mit Recht sagen: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.«

Daran fügt sich stimmig: »Niemand kommt zum Vater außer durch mich«.

Damit meint er nicht sich als die konkrete Person, als der Mensch Jesus, sondern seinen von Mitgefühl, Selbstaufgabe, Liebe und Hingabe geprägten, fortwirkenden Lebensweg. Die Wahrheit dieses Wegs bestätigt sich auch durch die Tatsache, dass sich Milliarden von Menschen seit über zweieinhalb- (Buddha) bzw. zweitausend (Jesus) Jahren an diesem Weg orientieren und daran glauben; allem Missbrauch und aller Verfolgung zum Trotz. Wenn ich Mitgefühl und Liebe in mir lebendig werden lasse, bin ich in dem zeitlosen Lebensfluss des Seins von seiner Quelle (als Gott sich in seiner Schöpfung entäußerte), über die Liebe des Sohns Jesus Christus, der mir seine Einheit mit sich als Gottessohn anbietet und mir den Heiligen Geist dieses Bewusstseins sendet, mit allen meinen Geschwistern jetzt und zu allen Zeiten gleichsam im Ozean allen Seins verbunden. Dabei kann ich dann an Herrmann Hesse denken, der in Siddharta »im Fluss die Antwort« finden lässt.

Ich bin mit Allem – All-Mein Meister Eckharts – dieser Fluss.

In dieser Erfahrung ist kein Unterschied mehr zwischen dem Leben, das ich in mir spüre und dem, das mich umgibt. Es ist kein Unterschied mehr zwischen Erfahrung und Erfahrendem.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich das Leben als das erfahre, was mich umgibt und mit dem ich in ständig wechselnde Interaktionen und Beziehungen trete.

Im Unterschied dazu kann ich das Leben aus einer Innensicht erfahren, wobei ich mich selbst sowohl in der Interaktion mit der Umwelt als auch mit mir erlebe.

Schließlich kann »ich mich« unterschiedslos als das zeitlose Leben selbst erleben, wobei ich dann als abgegrenzte Person aufgehoben bin.

3.3 Leben und Tod

Der Tod als Beendigung des Lebens als Individuum (individuelle Zelle, individueller Mensch) scheint auf den ersten Blick eine klare Tatsache zu sein. Hier soll zunächst zwischen dem Tod der einzelnen Zelle und dem Tod des Menschen unterschieden werden.

Unter Zelltod versteht man den Verlust der Integrität und des Stoffwechsels der Zelle. Eine Sonderstellung nehmen dabei die Endosporen, eine Überdauerungsform bestimmter Bakterien (z. B. der Clostridien) ein. Sie können vermutlich Millionen von Jahren lebensfähig bleiben und sie haben dabei keinen Stoffwechsel (Kryptobiose).

Doch ebenso kommt der Verlust der Teilungsfähigkeit dem Tode gleich.

Einzelne Zellen in einem mehrzelligen Organismus werden ständig einer Zellmauserung unterworfen (programmierter Zelltod), d. h. alte Zellen werden abgebaut und durch neue ersetzt. Dieser Prozess findet in jedem Augenblick in allen Geweben in mir statt – und zwar notwendigerweise, um mich überhaupt erst zu einem lebensfähigen Menschen zu entwickeln und um mein Überleben zu sichern.

Ohne diese Zellmauserung gäbe es kein menschliches Leben und keine Entwicklung. In einem übergeordneten Kontext hat der »Tod« ontogenetische (z. B. Ab- und Umbau des ersten Kiemenbogens zu Kiefer, Gaumen, Hammer und Amboss) und lebenserhaltende Funktionen (z. B. Auflösung von Tumorzellen). Normalerweise besteht ein altersabhängiges Gleichgewicht zwischen dem Zellabbau bzw. dem sogenannten programmierten Zelltod einerseits und dem Zellaufbau andererseits. Dabei ist es so, dass gerade in der lebendigsten, vielfältigsten biologischen Entwicklung des Menschen, nämlich der im Mutterleib (vom einzelnen Ei über alle die verschiedenen Zwischenstadien bis zum überlebensfähigen Föten) gleichzeitig und im gleichen Maße wie die neue Form erscheint, der Tod der vorherigen festgestellt werden kann.

Vor dem Hintergrund der Kategorien von Raum, Zeit, Bedingtheit und Identität ist das Verschwinden der alten Form gleichbedeutend mit Tod und das Erscheinen einer neuen Form damit gleichbedeutend mit Neubeginn bzw. Geburt. In diesem Verständnis ist der Säugling, der ich einmal war, tot; ebenso das Kindergartenkind, der Erstklässler, der Teenager usw. Gleichzeitig werde ich ständig zu dem geboren, als der ich im Gegenwartsmoment erscheine. Der Mensch, der ich heute bin, trägt kein Molekül mehr in sich, das dasselbe ist, wie in meinen früheren Erscheinungsformen. Und doch sage ich, dass ich seit meinem Geburtsdatum auf der Erde bin und mein heutiges Lebens-Alter habe. Der einzige, der ich in Wirklichkeit bin, ist der, der ich jetzt im Gegenwartsmoment bin. Was mich mit den vielen anderen Personen verbindet, die ich einmal war, ist mein Bewusstsein von mir als geschichtlicher Person und das Bewusstsein meiner Bezugspersonen bezüglich meiner Geschichtlichkeit und meiner Identität. Sie bestätigen mir beides. Es ist zu vermuten, dass ich ohne diese Bestätigungen (durch Wiedererkannt-Werden) in meiner Identität gleichsam auseinanderfiele und wahrscheinlich an Vereinsamung stürbe.

Ein Bewusstsein von Leben kann ich nur in der Unterscheidung zum Nicht-Leben bzw. zum Tod entwickeln. Dabei sind dann die Grenzen willkürlich gezogen und keinesfalls eindeutig. Die Unterscheidung hängt einmal davon ab, was ich als lebendiges Individuum bezeichne, bspw. die ganze Person, und zum anderen hängt es davon ab, was ich als Zeichen des Todes definiere; bspw. Leichenstarre oder Hirntod (Nulllinie im EEG über 24 Std.).

Aus medizin-politischen Gründen (Transplantation) wird die Feststellung des Todes unterschiedlich diskutiert. In Deutschland gilt die Ganzhirntodregel, die besagt, dass alle Hirnabschnitte irreversibel ihre Funktionen eingestellt haben müssen.

In Großbritannien bspw. genügt es, den Tod des Hirnstamms festzustellen, um einen Menschen für tot zu erklären. Damit hat man schon früher die Möglichkeit, ihn als Organspender zu nutzen.

Es geht in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht um die Diskussion der Organspende, es geht um die schlichte Tatsache, dass der Tod, in diesem Fall des Menschen, willkürlich festgesetzt wird. Selbst wenn man die späteren sogenannten sicheren Todeszeichen wie Leichenflecke und Totenstarre als solche anerkennt, ist es auch dabei eine Tatsache, dass es dann noch immer lebende Körperzellen gibt, die Haare und Nägel weiter wachsen lassen. Spermien sind noch ein Tag nach dem Hirntod funktionsfähig.

Man spricht hier von Supravitalität bestimmter Zellen und Gewebe (z. B. die Hornhaut des Auges) im Sinne von gesteigerter Überlebensfähigkeit im Sterbeprozess vom Zeitpunkt des Hirntods bzw. Individualtods bis zum absoluten Tod mit dem Absterben der letzten Körperzelle. Diese Phase nennt man auch intermediäres Leben.

Wenn ich nun noch berücksichtige, dass jede Zelle alle Informationen über mich enthält und es prinzipiell möglich ist, mich daraus zu klonen, wird die Bestimmung des Todes völlig fragwürdig.

Was von mir lebt im anderen Menschen weiter, wenn ich Knochenmark oder Organe spende? Was ist nach meinem Tod mit meinem Mikrobiom, das auch meinen Stempel trägt (wie in dem Beispiel mit den mutigen und den ängstlichen Mäusen, bei denen die wechselseitige Beimpfung mit den Darmbakterien des jeweils anderen zu einem Wechsel im mutigen bzw. ängstlichen Verhalten führte)?

Wird etwas von meinen persönlichen Informationen (wie ein Stempel) weitergegeben, und wenn ja, an wen oder was?

In wen und was (Bakterien, Pilze, Einzeller, Würmer, Insekten und andere Lebensformen – so genannte Aasfauna) geht das über, was mich zuletzt bio-psycho-sozial informell ausgemacht hat?

Was wirkt wie weiter von mir, in all den Menschen, Tieren oder auch Gegenständen, mit denen ich in Berührung gekommen bin? Umgekehrt gilt die Frage genauso, was in mir weiter wirkt; von meinen Vorfahren angefangen über (Haus-)Tiere, irgendwelche Insignien (z. B. Ringe, Hüte, Stäbe) bis hin zu bestimmten Kleidungsstücken (Ornat)? Reliquien werden dabei noch einmal in anderer Weise einzigartige Heilkräfte zugeschrieben.

Besonders dem Wasser wird eine lebensspendende Wirkung beigemessen.