Miteinander sprechen - miteinander wachsen - Hilal Virit - E-Book

Miteinander sprechen - miteinander wachsen E-Book

Hilal Virit

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Beschreibung

Im stressigen Familienalltag bleiben liebevolle Gespräche zwischen Eltern und Kind manchmal auf der Strecke – mal fehlt die Zeit, mal nehmen Eltern die Bedürfnisse ihres Kindes nicht richtig wahr. Die Pädagogin und Kinderpsychotherapeutin Hilal Virit zeigt, wie Eltern mit ihren Kindern einfühlsam kommunizieren. Anhand von typischen Situationen gibt sie hilfreiche Tipps und wertvolle Impulse. Konkrete Formulierungsbeispiele zeigen, wie Eltern mit ihren Kindern reden können, wie gute Gespräche entstehen und Konflikte gelöst werden. Für alle, die die Superkraft der Kommunikation nutzen wollen und ihr Kind mit Worten stark machen möchten – für einen entspannten Familienalltag und eine sichere Eltern-Kind-Bindung.

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Seitenzahl: 354

Veröffentlichungsjahr: 2022

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INHALT

Vorwort

Eltern-Kind-Bindung durch Kommunikation

Empathie – die Superkraft für deine Kommunikation

Die richtige Kommunikation ist der Weg zum Kind

Kommunikation braucht eine sichere Eltern-Kind-Bindung

Bindung ist nur durch Kommunikation möglich

Was beeinflusst oder stört die Kommunikation?

Bedürfnisrätsel und ein falsches Wort

Wenn sich unerfüllte Bedürfnisse zu Konflikten hochschaukeln

Das kindliche Temperament als Taktgeber

Stolpersteine in der Kommunikation

Wie Gewohnheitssätze wirken

Konflikte bringen uns zum Nachdenken

Was passiert im Kind?

Sprache ist mehr als nur das gesprochene Wort

Was dein Kind versteht und wie du kommunizieren kannst

Vor der Geburt

In den ersten Lebensmonaten

Ab dem ersten Geburtstag

Ab dem dritten Geburtstag

Vom vierten bis zum sechsten Geburtstag

Ab dem sechsten Geburtstag

Wie du die Sprachentwicklung deines Kindes fördern kannst und was du vermeiden solltest

Das kann dein Kind noch nicht verstehen

Die Entwicklung der kindlichen Emotionen

Ab wann kann dein Kind Gefühle regulieren?

Fremdeln (8-Monats-Angst)

Wut: Was passiert im Gehirn?

Entwicklungsmeilensteine: eine Herausforderung für eure Kommunikation

Autonomiephase

Drahtseilakt: Was kann ich tun?

Das kindliche Bewusstsein für sich selbst und andere

Ärgert mein Kind mich absichtlich?

Magische Phase

Ich-Bin-Jetzt-Groß-Phase

Was braucht mein Kind?

Gesehen, gehört und gefühlt werden

Gefüllte Bedürfnisgläser decken das Kooperationskonto

Die Bausteine der empathischen Kommunikation

Augenhöhe und Timing

Blickkontakt

Zuhören

Verständnis

Körperkontakt

Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit

Humor und Leichtigkeit

Aufforderungen: klar, kurz, positiv

Wie können meine Worte mein Kind erreichen?

Wieso klar?

Wieso kurz?

Wieso positiv?

Grenzen? Ja – nein – vielleicht

Grenzen als Orientierung

Temperament und Erziehungsstil

Prägende Worte

Positive Selbstgespräche

Talent oder Übung?

Warum ist das Selbstbild für dein Kind so wichtig?

Dialog durch offene Fragen

Was brauche ich?

Wie verringere ich mein Stressgefühl?

Stressbewältigung

Ein-Eltern-Familien: Mit wem soll ich Belastungen teilen?

Selbstfürsorge

Deine Monster-Galerie

Unterstütze dich selbst

Kraft-Tankstellen

Wurde dir etwas Negatives „vererbt“?

Was sind Glaubenssätze?

Alte „vererbte“ Wunden – muss ich mich hineinfühlen?

Deine inneren Monologe und Dialoge

Wie spreche ich über mich?

Wenn ein Dialog eskaliert

So stoppst du die Eskalationsspirale

Worte haben Macht

Liebe in Worten

Liebessprache Zweisamkeit

Liebessprache Humor

Liebessprache Anerkennung

Liebesprache Lob

Liebessprache wertschätzende Rückmeldung

Liebessprache Hilfsbereitschaft

Liebessprache Körperkontakt

Liebessprache bedingungslose Liebe

Sätze, die das Liebeskonto füllen

Gefühle in Worten

Gefühle wahrnehmen und benennen

Kleines – mittleres – großes Problem

Sätze, die das Gefühls- und Empathie-Konto füllen

Macht in Worten

Kleine Worte, große Wirkung

Was du vermeiden solltest

Worte ohne Gehalt

Entschuldigung

Danke

Heben wir die Kommunikationsblockaden auf

Sprich die Sprache deines Kindes – Dein Spickzettel für Alltagskonflikte

Anziehen

Wenn die Klamotten sprechen können

Wenn mein Kind vergisst sich anzuziehen

Wenn die Hausschuhe wegrennen

Größere Veränderungen im Leben des Kindes

Post vom Kindergarten

„Geh nicht!“ – Die Angst vor der Trennung

Abholkrise – wenn das Kind nicht mit heim will

Der erste Schultag

Einkaufen

„Ich will noch ’nen Lolli“

Schnitzeljagd im Supermarkt

Spielplatz

Kindliche Kompromissbereitschaft

Medienkonsum

„Hörst du mir nicht zu?“

Computerspiele

Geschwisterstreit

Eingreifen oder gar nichts tun?

„Du sollst teilen!“

Schule und Hausaufgaben

Essen

Zähneputzen

Keine Schlaumeier-Kommentare

Gemeinsam forschen

Schlafenszeit

Abendroutine

„Schlafe bitte alleine“

Wie erkläre ich es meinem Kind?

Ängstliche Kinder

„Ich erkläre dir deine Angst“

Schlafen: Ich habe Angst

Schweigende Kinder

Wenn Kinder erst spät sprechen lernen

Selektiver Mutismus

Schüchterne Kinder

Stärken stärken und Freundschaften schließen

Beim Arzt und im Krankenhaus

Unangenehme Untersuchungen

Eine Operation steht an

Wenn die Seele der Eltern erkrankt

Schuldgefühle abbauen

Sicherheit schaffen

Tod von Familienangehörigen

Was denkt mein Kind?

Scheidungskinder

Trennungsgespräch

Sätze, die Sicherheit vermitteln

Sexualerziehung

Kindliche Sexualität

Prävention

Sensible Themen

Rassismus

Krieg

Weiterführende Informationen

Diese Formulierung ist unglücklich und kann Distanz in die Beziehung zu deinem Kind bringen.

Diese Formulierung hilft euch weiter und fördert eine gute Beziehung zu deinem Kind.

Diese Verhaltens-Ratschläge können dich in der Beziehung zu deinem Kind weiterbringen.

VORWORT

Wir können unsere Kinder nicht ändern. Auch wenn wir noch so oft denken „Es wäre doch so viel einfacher. Es müsste doch nur ein bisschen anders sein.“ Ja, das wäre schön. Aber ihr Wesen behalten sie für immer, und das kann ganz schön herausfordernd sein.

Wir können aber anstatt auf das Wesen auf das Verhalten unserer Kinder einwirken, damit unser Miteinander leichter wird. Wie das geht? Indem wir sie in ihrem Wesen annehmen. Indem wir ihnen helfen, sich, uns und die Welt immer besser zu verstehen. Indem wir ihnen Zeit für ihre Entwicklung geben und ihnen mit Verständnis begegnen. Und indem wir uns selbst besser verstehen und unser Verhalten verändern. Denn wir Eltern tragen die Verantwortung für die Eltern-Kind-Beziehung, für das Miteinander zu Hause, und das meint auch die Kommunikation.

Kaum jemand weiß das besser als Hilal Virit. Ich kenne und schätze sie als Fachfrau für Psychotherapie, Pädagogik und (Entwicklungs-)Psychologie. Sie erklärt die Fakten kurz, leicht verständlich und auf den Punkt. Damit gibt Hilal Eltern leichtfüßig Wissen mit und erleichtert ihren Alltag. Denn wie auch ich in meiner Arbeit stellt sie keine unerfüllbaren Aufgaben, sondern denkt daran, was Eltern können und was Eltern brauchen, um ausreichend gut mit ihren Kindern umzugehen. Wenn sie Eltern einen Rat gibt, hat sie zum einen die Kinder und ihre Wesensarten im Auge: Was können unsere Kinder, was brauchen unsere Kinder, und welche guten Gründe haben sie, wenn sie uns nicht hören? Zum anderen sieht sie aber auch die Eltern, ihre Ressourcen und die alltägliche Schwere durch Gewohnheiten und Altlasten.

In dieser Arbeit sehe ich bei Hilal neben all dem Fachwissen vor allem ganz viel Herz. Und in eben dieser Art befasst sie sich in ihrem ersten Buch mit der Kommunikation zwischen Eltern und Kind. Sie zeigt, wie in Familien miteinander geredet wird statt von oben herab. Die Lesenden können sich und ihre Kinder besser verstehen und miteinander wachsen. Denn nur, wenn wir in die Tiefe gucken, können wir nachhaltig etwas in unserer Familie verändern. Für Situationen, die alle Eltern umtreiben und immer wieder verzweifeln lassen, zeigt Hilal, wie die Worte der Großen die Kleinen tatsächlich erreichen können. Als Bindungsträumerin bin ich sehr dankbar für dieses Buch, das die Bedürfnisse aller Familienmitglieder sieht und Bindungssicherheit stärkt!

Inke Hummel

Pädagogin M.A., Familienberaterin bei „sAchtsam Hummel“, SPIEGEL-Bestseller-Autorin

ELTERN-KIND-BINDUNG DURCH KOMMUNIKATION

Beziehung statt Erziehung – wie Eltern ihren Nachwuchs ins Erwachsenenleben begleiten, hat sich über die Jahre hinweg grundlegend gewandelt. So heißt es in der heutigen Kindererziehung auf Augenhöhe zu gehen, Kinder liebevoll zu begleiten, sie in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, Bedürfnisse feinfühlig wahrzunehmen und zu stillen. Der Schlüssel zu alledem sind kleine Veränderungen in der Kommunikation der Eltern, hin zu liebevollen Worten und einer empathischen Sprache. Dann fühlt sich ein Kind verstanden und geborgen – und das stärkt nicht nur seine Persönlichkeit, sondern auch die Eltern-Kind-Bindung.

Fragen zur Kindererziehung begegnen uns Eltern auf Schritt und Tritt: in Elternzeitschriften, in alltäglichen Gesprächen, auf dem Spielplatz, und – nicht zu vergessen – in den sozialen Medien. Vielleicht versuchst du ja, deine Erziehung kindgerecht zu gestalten, deinen Kindern nicht von oben herab etwas überzustülpen, sondern sie einzubeziehen und liebevoll zu begleiten. Doch dann hörst du immer wieder andere Eltern und Großeltern sagen: „Die Kinder tanzen euch auf der Nase herum! Wir würden so ein Verhalten nicht durchgehen lassen!“ Und da keimen klitzekleine Zweifel in dir auf. Sie bringen dich ins Grübeln, ob dein Erziehungsstil wirklich der richtige ist und das überfordert dich vielleicht in deiner Elternrolle, in welcher du dich zeitweise ohnehin ein wenig orientierungslos fühlst – du bist hin- und hergerissen zwischen deinem Bauchgefühl, zu wissen, was das Richtige für dein Kind ist, und dem, was „die anderen“ als den „richtigen“ Weg bezeichnen.

Hierbei nehmen „die anderen“ im Extremfall dann völlig entgegengesetzte Positionen ein: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die strikt auf die Einhaltung von Regeln pochen und für die die Meinung der Kinder nicht zählt – salopp gesagt: Das ist die Fraktion: „Ich als Erwachsene*r stelle die Regeln auf und die gelten, weil ich es sage.“

Natürlich teilst du diese strikten Ansichten in keinster Weise, dennoch fühlst du dich unbewusst unter Druck gesetzt, „richtig“ und „regelkonform“ handeln zu müssen, denn dein Kind braucht ja schließlich Grenzen und Regeln.

Auf der anderen Seite siehst und hörst du von vielen Eltern, die ausschließlich bedürfnisorientiert erziehen wollen. Sie bestehen darauf, dass sofort auf die Signale der Kinder reagiert und ihre Bedürfnisse durchgehend beachtet und gedeckt werden müssen. Dabei kann auf die Bedürfnisse der Erwachsenen keine Rücksicht genommen werden.

Und dann stehst du auf dem Spielplatz und willst nach Hause. Doch dein Kind kommt der Bitte, jetzt mitzukommen, nicht nach und fängt mit dir das Diskutieren an. Da ist es dann da, das Dilemma (in dir). Lässt du es noch weiterspielen und selbst entscheiden? Oder setzt du dich durch und zeigst dem Kind eine Grenze auf? Dabei bemerkst du auch die Blicke der „anderen“. Du denkst dir „Oh, komm doch jetzt einfach, wieso hörst du denn nicht auf mich und sprichst so mit mir? Warum schauen denn alle so? Mache ich etwas falsch? Vielleicht sollte ich sie noch spielen lassen, sie hat gerade so viel Spaß. Aber ich muss noch Abendessen machen. Also, dann ziehe ich das jetzt durch. Ab nach Hause!“

Lass dir eins sagen: All diese Zweifel und Gedankengänge sind vollkommen nachvollziehbar. Und auch: Lass dich nicht an den Pranger stellen, nur weil du in den Augen der anderen „nicht perfekt“ reagierst oder sich dein Kind nicht „perfekt“ (was ist überhaupt perfekt?) benimmt. Kinder brauchen keine „perfekten“ Eltern, die sich verbiegen und stressen, um irgendwelche gerade angesagten Erziehungs-Konzepte zu 100 % umzusetzen. Sie brauchen keine stetigen „Ja-Sager“ und „Wunsch-Erfüller“. Kinder brauchen eine Bindung zu dir, eine echte Verbundenheit durch eine bedingungslose Annahme (… so wie ich bin) und die elterliche Bereitschaft, sie in ihrem Leben zu begleiten.

Die kindliche Persönlichkeit kann sich frei entfalten, wenn Kinder spüren und erfahren, dass die elterliche Liebe an keine Bedingung geknüpft ist. Das lässt sie fest daran glauben: „Ich werde immer geliebt, so wie ich bin!“

Empathie – die Superkraft für deine Kommunikation

Sicherlich kennst du Situationen, in denen du die Signale deines Kindes richtig deutest, mit deinen Worten viel bewirkst, dich verbunden fühlst, dein Kind dir zuhört und dich anlächelt. Solche Momente bringen Leichtigkeit in euren Elternalltag. Genau dann hast du vielleicht ganz unbewusst deine Superkraft genutzt, um von „Herzen zu Herzen“ zu sprechen.

Nicht nur die Bedürfnisse deines Kindes, sondern auch deine wurden in der genannten Situation gestillt. Das gelungene Gespräch ist eine Win-Win-Situation für die ganze Familie und kann das Zusammenleben positiv sehr beeinflussen.

Wahrscheinlich fragst du dich aber gleichzeitig, wieso nicht alle Begegnungen so friedlich ablaufen können. Wenn du dich an die letzten Wochen zurückerinnerst, fallen dir so viele Streitsituationen, Tränen, Wut, Überforderung und Verzweiflung ein. Du forderst dein Kind auf, etwas zu tun, es kommt dieser Bitte nicht nach, die Situation eskaliert. Meckern, Schimpfen und Drohen sind jetzt die Hauptdarsteller eures Gesprächs. Dies führt dazu, dass deine Sicherungen durchbrennen. Völlig verständlich, da dir bisher nicht klar war, dass du über diese Kommunikations-Superkraft verfügst und sie immer nur zufällig aktiviert hast. Du kanntest die Macht der Worte und die Wirkung empathischer Kommunikation noch nicht. Wie auch? Auf der Baby-Erstausstattungsliste stehen Strampelanzug und Wickelkommode, doch die Themen „Wie kann ich einfühlsam sprechen“ und „Welche Worte erreichen mein Kind“, werden dort nicht erwähnt. Elterliche Kommunikationsfähigkeit wird irgendwie als selbstverständlich angesehen.

Wenn ich im Internet nach „Mit Worten Bindung schaffen“ suche, finde ich nur Beiträge zu „Paar- und Liebesbeziehungen“. Bei „Kommunikation richtig einsetzen“ werden viele teure Rhetorikkurse für Politiker*innen und Manager*innen angezeigt. Und auch in vielen Elternratgebern ist die Kommunikation auf ein einzelnes Kapitel begrenzt. Kopfschüttelnd frage ich mich: Wieso ist das so? Sprache und Wortwahl sind in der Beziehung zu unseren Kindern doch auf keinen Fall Nebendarsteller und sollten nicht auf ihre „Zweckdienlichkeit“ reduziert werden, die nur darauf ausgerichtet ist, dass das Kind meine Anweisungen befolgt: „Zieh deine Schuhe an!“, „Sprich bitte leise!“, „Komm jetzt endlich!“ Natürlich ist es richtig, dass Aufforderungen zum Familienalltag gehören, doch Kinder sollten solchen Bitten nicht aufgrund irgendwelcher Zwänge oder Ängste nachkommen, sondern kooperativ, also freiwillig, weil sie echte Verbundenheit zu uns spüren und sich sicher sein können, dass wir das Richtige für sie entscheiden, wenn wir etwas von ihnen wollen. Dabei ist Sprechen viel mehr als nur den Mund zu bewegen und Bindung mehr als nur „Ich liebe dich!“ zu sagen. Die Entscheidung für eine feinfühlige Familienkommunikation beeinflusst nicht nur die Gedanken, Emotionen und die Sprachkompetenz des Kindes, sie ist die Grundlage für eine gute Eltern-Kind-Beziehung.

WAS HABEN WIR DAVON, WENN WIR EINFÜHLSAM SPRECHEN?

• Kommunikation ist die Basis für eine sichere Eltern-Kind- Bindung.

• Empathie wird erlernt und gefördert.

• Kinder und Eltern verstehen sich besser, können ihre innere Welt besser ausdrücken (Bedürfnisse).

• Konflikte können gut gelöst und auch verhindert werden.

• Gute Gespräche machen Spaß und können befreiend wirken.

• Das Selbstbewusstsein wird gestärkt.

• Das Kind lernt Resilienz, die Anpassungsfähigkeit bei Problemen und Veränderungen, und wird zu einer widerstandsfähigen Persönlichkeit.

• Herausfordernde „Phasen“ in der kindlichen Entwicklung können besser begleitet werden.

• Beim Kind entwickeln sich positive Glaubenssätze und ein positives Selbstbild.

Und es gibt einen Zusammenhang zwischen elterlichem Verhalten und der kindlichen Sprache. In verschiedenen Studien wurde herausgefunden, dass die Kinder, deren Eltern besonders feinfühlig auf sie reagierten und in ihrem Verhalten mehr Wärme zeigten, über bessere sprachliche Fähigkeiten verfügten. Wenn wir Eltern uns also unseren Kindern gegenüber herzlicher verhalten und sensitiv auf ihre einzelnen Äußerungen reagieren, dann wirkt sich das positiv auch auf ihre Sprachfähigkeit aus.

Die Wirkung der gesprochenen Sprache ist mächtig und verleiht dem Sprechenden eine Superkraft!

Die richtige Kommunikation ist der Weg zum Kind

Beim Aufbau dieser Eltern-Kind-Bindung spielt eine einfühlsame Kommunikation eine überaus wichtige Rolle. Die Art und Weise, wie du kommunizierst, für welche Worte du dich entscheidest, wie achtsam und geschickt du deine Sprache einsetzt, wird eure Beziehung sowie euren Familienalltag beeinflussen und natürlich auch das Leben deines Kindes prägen. Dabei ist es egal, welche Konzepte im Moment angesagt sind und wie sie heißen. Du musst in keine Schublade passen oder deiner Erziehung oder Beziehung (egal, wie du es nennen magst) ein Label geben können, um euren passenden Weg einer authentischen und wertschätzenden Familienkommunikation zu finden. Du darfst auch gut gemeinte „Rat-SCHLÄGE“ von Bekannten ignorieren, z. B. „Sind die Eltern entspannt, werden es die Kinder auch!“ oder „Komm schon, so dramatisch ist es nicht, es gibt Menschen, denen geht es schlechter!“, weil sie deine individuellen Ressourcen und die deiner Familie nicht einbeziehen und destruktiv sein können. Denn keiner kennt dein Kind so gut wie du! Für eure individuelle Bindungsbeziehung wäre es förderlich, wenn die „Kommunikationschemie“ stimmen würde. Dann kannst du in die Welt deines Kindes eintauchen und es genau dort zwischen bunten Farben und vielen Emotionen abholen.

DIE UNERBETENEN ERZIEHUNGSTIPPS

Es hat den Anschein, dass Eltern überall und ständig kritisiert werden und das komischerweise von einer Gruppe, die sich eigentlich am besten einfühlen sollte – von anderen Eltern. Deren unerwünschte „Erziehungstipps“ können ein schlechtes Gewissen schüren, Druck aufbauen und auch die Sicht auf das eigene Kind „vernebeln“, ohne einen echten Mehrwert zu bieten. So kannst du darauf reagieren und dein Gegenüber zur „Reflexion“ einladen:

Erziehungstipp 1: „Deinem Kind würden Konsequenzen echt guttun.“

Du:„Was verstehst du denn unter Konsequenzen? Das, was du beschreibst, klingt für mich nach … (z. B. Strafen). Ich bin mir bewusst, dass die Selbst- und Emotionsregulationsfähigkeiten meines Kindes (aufgrund seines Alters) noch nicht ausgereift sind. Wenn ich mein Kind begleite, wird es diese entwickeln.

Erziehungstipp 2: „Du hinderst dein Kind in der Entwicklung, weil du es nicht immer mitentscheiden lässt.“

Du: „Danke, dass du mich auf das kindliche Bedürfnis nach Selbstbestimmung aufmerksam machst. Das finde ich auch sehr wichtig. Gleichzeitig möchte ich meinem Kind Orientierung und Halt bieten. Dies erreiche ich durch elterliche Führung. Ich möchte nämlich verhindern, dass mein Kind mit unangemessenen Entscheidungen überfordert wird.

Erziehungstipp 3: „Dein Kind hat dich total im Griff. Ignoriere es einfach.“

Du:„Ich merke, du sorgst dich um mich. Mein Kind kommuniziert auf diese Weise seine Bedürfnisse. Es ist mir wichtig, dass wir unseren Blick auf Kinder verändern und sie nicht für „manipulierende Tyrannen“ halten. Dieser Perspektivwechsel entscheidet, wie wir die Kommunikation unserer Kinder deuten und darauf reagieren. Auch wenn esfür dich anstrengend aussieht und für mich auch manchmal eine Herausforderung ist, werde ich mein Kind auf seinem Weg so gut es geht empathisch begleiten.“

Erziehungstipp 4: „So wird dein Kind nie Regeln lernen.“

Du:„Natürlich sind uns soziale Regeln wichtig. Ich möchte, dass mein Kind versteht, was hinter der Regel steckt.“

Dein Alltag mit deinem Kind, deine Form der Beziehungsgestaltung, eure Kommunikation ist einzigartig. Also lass dich nicht in einen Wettbewerb der vermeintlich besten Eltern hineinziehen.

Für die Umsetzung der Strategien, der Tipps und Ratschläge wirst du allerdings Zeit benötigen und vor allem wird dein Kind Zeit brauchen, bis es dir zeigen wird, dass deine (neuen) Verhaltens- und Herangehensweisen fruchten. Die empathische Kommunikation ist wie ein Garten, in dem man erst die nötigen Samen finden, einpflanzen und wässern muss, damit man in absehbarer Zeit sieht, wie das Pflänzchen aus der Erde sprießt und dann wächst und gedeiht. Es geschieht nicht sofort, aber es geschieht. Dein Kind wird vielleicht noch weiterhin wütend reagieren, noch weiterhin mit Bauklötzen werfen, doch irgendwann wird es von sich aus sagen: „Nein Mama, das darf ich nicht werfen, das könnte dir weh tun,“ und dich dabei vielleicht ganz fest umarmen. Und das ist dann das sichtbare Ergebnis von liebevoller Kommunikation.

Geh erst in Verbindung, damit deine Worte Früchte tragen.

Die Frage, die wir uns jetzt in diesem Buch stellen werden, ist: Wie kann diese Kommunikation aussehen, mit welchen Worten erreichst du dein Kind am besten? Denn es ist dein Kind, das du erreichen willst, nicht das Ziel „Ich will, dass mein Kind auf mich hört“.

Die „Samen“, die du hier für euren „Kommunikationsgarten“ bekommst, sind einfach umsetzbare Formulierungsbeispiele und Handlungsvorschläge, quasi wie ein Spickzettel für typische Alltagssituationen. Es werden „unglücklich formulierte Sätze“ (die wirklich jede Mutter und jeder Vater kennt und vielleicht auch schon mal ausgesprochen hat) durch „zielführende Sätze“ ersetzt. Dabei ist es wichtig, dass es „DIE RICHTIGEN WORTE“ nicht gibt. Du entscheidest, welche Formulierungen und welche Passagen eure Eltern-Kind-Beziehung entkrampfen und vielleicht sogar aufblühen lassen können. Es sind Impulse, die dir ein gutes Bauchgefühl geben und dich dabei unterstützen, deinen individuellen Weg zu finden.

Kommunikation braucht eine sichere Eltern-Kind-Bindung

Dein Kind musste nach der Geburt nicht lange überlegen oder gar „Eltern-Dating-Apps“ durchforsten, um zu wissen, an wen es sich binden soll. Die Bindung an eine Bezugsperson ist nun mal eine biologische Vorgabe in der kindlichen Entwicklung. Doch auch wenn es sich dich nicht aussuchen konnte, wird es trotzdem Erwartungen an dich haben. Es wird dich beobachten, um herauszufinden, ob es anund wahrgenommen, gesehen, gehört, gefühlt und verstanden wird. Und anhand deiner Reaktionen wird dein Kind dann beurteilen, ob es sich sicher und geborgen in dieser Welt fühlen darf. Wenn du hierbei feinfühlig, unmittelbar, liebevoll und verlässlich die Bedürfnisse deines Kindes stillst – anfangs sind das erst einmal die körperlichen Bedürfnisse (z. B Schlaf, Nahrung), Sicherheit (z. B. Schutz), Zuwendung (z. B. Geborgenheit) – also mit deinem Kind kommunizierst, wird das unsichtbare emotionale Eltern-Kind-Band gestärkt. Dieses elastische Band zwischen Kind- und Bindungsperson ist die Basis für eine fruchtende Kommunikation.

Es ist also ein Wechselspiel. Die Kommunikation beeinflusst die Bindung und gleichzeitig beeinflusst die Bindung langfristig eure Eltern-Kind-Kommunikation. Daher rate ich dir, gehe als allererstes in Verbindung, damit deine Worte Früchte tragen.

Infolge der sicheren Basis wird ein Miteinander-Sprechen und Wachsen ermöglicht. Es gibt aber noch weitere Vorteile, wieso eine positive frühkindliche Bindungskommunikation sinnvoll ist. Eine sichere emotionale Bindung ist das schönste Geschenk, das du deinem Kind machen kannst. Sie ist wie ein Schutz-Umhang, der es immer begleitet und vor negativen Prägungen bewahrt.

WENN DEIN KIND SICHER GEBUNDEN IST, WIRD ES IM LEBEN …

• widerstandsfähiger gegen Belastungen sein.

• bei Problemen seinen Fähigkeiten vertrauen und nach Bewältigungsmöglichkeiten suchen (Durchhaltevermögen).

• eine hohe Empathiefähigkeit und eine gute soziale Kompetenz besitzen.

• gute Beziehungen aufbauen und führen können.

• in neuen Situationen kreativ nach Lösungen suchen, um sich anzupassen.

• sich sozial verhalten und ein gutes Selbstwertgefühl haben.

• seine eigenen Gefühle kennenlernen und benennen können.

• hilfsbereit sein, aber auch bei Bedarf Hilfe einholen.

• eine gesunde Neugier für sein Umfeld zeigen und seinen Radius nach und nach erweitern.

• sich körperlich und seelisch gesund entwickeln.

Bindung ist nur durch Kommunikation möglich

Das Gute ist, Bindung entsteht durch jede Interaktion, ob nun durch Sprache oder Handlungen. Und – das klingt wirklich nach einer Erleichterung für alle stressgeplagten Eltern – du musst dir dafür kein extra Wissen aneignen, es passiert einfach. In für die Bindung wichtigen Situationen äußert dein Kind seine Bedürfnisse, sammelt Wissen über dich und deine beruhigenden Verhaltensweisen und kann diese Bindungserfahrungen auf andere Situationen übertragen. Allein schon die frühe Wahrnehmung, dass du durch deine Stimme signalisierst, „Ich bin in der Nähe und biete dir Schutz“, kann das Gehirn deines Kindes langfristig als „positive Bindungserfahrung“ abspeichern. Durch deine einfühlsame Kommunikation entsteht dabei eine „innere Navigationsstimme“, die dein Kind auch begleiten wird, wenn du nicht da bist. Wenn es dann bereit ist, seinen Motor zu starten, um „die bunte (aber dennoch sichere) Welt“ zu erkunden, wird diese gespeicherte Navigationsstimme des Kindes aktiviert und ihm auf seiner Reise Orientierung sowie Halt bieten.

Für dich als Fürsorgeperson ist es wiederum gut zu wissen, dass es sowohl aufseiten deines Kindes als auch aufseiten der Bezugspersonen evolutionär entstandene Verhaltensprogramme gibt, die es intuitiv ermöglichen, auf die Bedürfnisse deines Kindes einzugehen, um eine ungestörte Entwicklung zu ermöglichen. Es unterstützt dich dabei, die kindlichen Signale richtig einzuschätzen, zu spiegeln und zu beantworten. Dein Kind sendet Signale, du übersetzt diese für dich und reagierst darauf. Daraus bildet sich das kindliche Urvertrauen: Da ich weiß, dass meine Eltern adäquat reagieren, wenn ich ein Signal sende, habe ich nicht nur Vertrauen zu meinen Eltern, sondern eine innere emotionale Sicherheit, die später zu einem Vertrauen in Beziehungen befähigt.“

Je jünger dein Kind ist, desto einfacher KANN (muss nicht) die Deutung dieser Signale sein: „Ich weine.“ (Signal des Kindes) – „Okay, du hast Hunger.“ (Deutung durch Mutter/Vater) „Lass mich dich füttern.“ (Reaktion der Eltern). Wird der Säugling mit der Zeit dann jedoch langsam zum Kindergarten- oder gar Schulkind, werden die gesendeten Signale immer komplexer und du verstehst nicht mehr ganz so genau, was dein Kind eigentlich möchte bzw. warum es so reagiert.

Du bist eine liebevolle Bezugsperson und fragst dich gerade, wieso eure Kommunikation an manchen Tagen gestört ist bzw. ihr euch gegenseitig missversteht? Dann sind die folgenden Informationen sicherlich hilfreich.

Was beeinflusst oder stört die Kommunikation?

Mit zunehmendem Alter funktioniert die Kommunikation zwischen dir und deinem Kind nicht mehr ganz so reibungslos wie am Anfang gleich nach der Geburt. Es gibt zahlreiche Faktoren, die auf die Signalübertragung Einfluss haben und diese stören können: Belastungen wie Stress im Alltag, persönliche Probleme (etwa finanzielle Sorgen, fehlendes soziales Netzwerk, Diskriminierung), eigene „Baustellen“ (z. B. psychische Erkrankungen bei den Eltern), Erziehungsdruck, Zeitmangel, auch Eigenheiten des Kindes (Temperament, psychische Störungen) und spezielle Entwicklungsphasen (z. B. Fremdeln oder – die früher sogenannte – Trotzphase) können zu Fehldeutungen führen. Dann heißt es für dich: „Ich weiß nicht mehr, was mein Kind mir sagen will.“ Oder „Mein Kind hört nicht, was ich von ihm will.“

Bedürfnisrätsel und ein falsches Wort

Miteinander sprechen und sich verbinden. Das kann doch nicht so schwer sein, oder? Doch – kann es. Das Gespräch mit Kindern kann manchmal einem Minenfeld ähneln. Insbesondere dann, wenn das Kind seine Bedürfnisse noch nicht so richtig „rüberbringen“ kann und du dann auch noch unachtsam reagierst, kann es zu einer Explosion kommen. Eine solche misslungene Kommunikation ist die Hauptursache für die meisten Konflikte im Familienalltag.

Kind: „Wann kommt Mama?!

Auf die Frage kann der Vater unterschiedlich antworten:

Möglichkeit 1 Papa: „Gleich!“

Möglichkeit 2 Papa: „Ich sehe, dass du deine Mama vermisst, lass uns sie gerne anrufen. Sie ist sicherlich schon auf dem Weg hierher.“

Möglichkeit 1: Die Antwort „Gleich!“ verlangt von dem Kind, dass es sich mit einer ungenauen Zeitangabe beruhigen lässt. (Nebeninfo: Kinder bis 2 Jahre leben ausschließlich in der Gegenwart und haben noch keine Vorstellung, was „gleich“ bedeutet. Erst ab ca. 6 Jahren entwickeln sie ein Zeitgefühl, wie Erwachsene es verstehen.) Doch eigentlich geht es hier gar nicht um das genaue „Wann“, sondern eher darum, dass das Kind seine Mutter wiedersehen möchte, um zu kuscheln, sich zu verbinden und Geborgenheit zu spüren. Das „unsichtbare Band“ zwischen Kind und Mutter scheint „zu lange“ gedehnt worden zu sein, und das unglücklich gewählte Wort „Gleich!“ bringt es zum Reißen. Das Kind schreit: „ICH WILL ABER MAMAAAAA!“ Die Trennung von Mama hat das kindliche Bindungssystem aktiviert. Was da passiert, ist dem Kind aber gar nicht bewusst.

DAS KINDLICHE BINDUNGSSYSTEM

Das Bindungssystem kannst du dir so vorstellen: Ein genetisch verankertes System zwischen Eltern und Kind, das mit der Geburt des Kindes das erste Mal aktiviert wird und sein „Überleben“ sichern soll. Dieses System wird bei Bedrohung, Trennung, Schmerzen, Angst, unbekannten Situationen und fremden Menschen ausgelöst.

Auch wenn Kinder prinzipiell in der Lage sind, Fragen zu formulieren und die Worte stimmig aneinander zu reihen, gelingt es ihnen manchmal nicht, das auszudrücken, was sie eigentlich sagen wollen (Im Beispiel oben verkürzt das Kind die Aussage: „Du Papa, ich vermisse die Mama so und würde jetzt grade gern mit ihr kuscheln“ auf das Fragewort „Wann“.). Sie fangen dann an, Fragen zu wiederholen, „Aber, wann kommt Mama endlich?“, „Ja, aber wann?“ Dann haben Eltern oft das Gefühl, dass ihre Kinder nicht hinhören, sind gereizt und werden im Ton meist lauter, um zu verdeutlichen, dass sie schon auf die erste Frage geantwortet haben und wieso nun noch zehn weitere ähnliche Fragen folgen.

HALT MAL KURZ INNE …

… und überlege, warum dein Kind so mit dir kommuniziert. Welches unerfüllte Bedürfnis könnte dahinterstecken?

1. Welches Verhalten zeigt mein Kind, was kann ich beobachten?

2. Was will mir mein Kind sagen?

3. Konnte es die Frage richtig formulieren?

4. Was braucht mein Kind gerade?

5. Wie kann ich einfühlsam und klar sprechen?

6. Was wird bei meinem Kind ankommen?

Wahrscheinlich denkst du jetzt: Das sind aber viele Überlegungen, die ich wegen der einen Frage „Wann kommt Mama?“ anstellen muss. Ja, ich verstehe diese Sichtweise. Gerade unter Zeitdruck ist es schwer, alle diese Aspekte mit einzubeziehen. Wäre es da für dich ein Kompromiss, wenn du das mit dem Innehalten und Überlegen erst einmal nur bei festgefahrenen Konflikten ausprobierst?

Und versuche auch mal, die Situation mit den Augen und Ohren des Kindes wahrzunehmen, das heißt, sich in die Lage des Kindes hineinzuversetzen. Dann wächst das Verständnis und vor allem das Mitgefühl im Gespräch. Bei Möglichkeit 2 („Ich sehe, dass du deine Mama vermisst, lass uns sie gerne anrufen. Sie ist sicherlich schon auf dem Weg hierher!“) steckt dieses Mitgefühl, echtes Interesse, Erkennen des Bedürfnisses hinter dem Verhalten des Vaters. Es vermittelt Sicherheit.

Du siehst: Über Worte kannst du dich empathisch verbinden und deinem Kind wirklich das vermitteln, was es in dieser Situation braucht und dabei die Stimmung positiv beeinflussen. „Ich habe dich gesehen, gehört, gefühlt und verstanden!“

Wenn sich unerfüllte Bedürfnisse zu Konflikten hochschaukeln

„Ich muss dir nachlaufen, schreien, jammern, um täglich mein „Quantum“ Bindung zu bekommen. Manchmal regst du dich über mein Bindungsverhalten auf, sagst dann auch mal unschöne Dinge. Was du dabei vergisst ist, dass ich deine Nähe, Schutz und Geborgenheit brauche, um zu wachsen. Wie eine Pflanze, die zum Wachsen die Sonne braucht!“ Wenn dein Kind seine Bedürfniswünsche so präzise formulieren würde, wäre dein Auftrag glasklar und du könntest diesen Forderungen sicherlich verständnisvoll nachkommen. Doch wie wir ja vorhin schon erfahren haben, haben gerade kleine Kinder nur eingeschränkte Möglichkeiten sich verbal klar auszudrücken und nutzen deshalb in den ersten Jahren vor allem die Körpersprache.

Dein Kind versucht, z. B. durch Ziehen an der Kleidung, Anlächeln oder Klammern (nonverbale Kommunikation), Signale zu senden und hofft, verstanden zu werden. Doch gerade im turbulenten Familienalltag gelingt es oft nicht, die stille Sprache des Kindes als „Ich brauche deine Nähe!“ zu entschlüsseln. Viele Erwachsene – du kennst das bestimmt auch aus eigener Erfahrung – reagieren dann ungeduldig und emotional und es kommen dann Bemerkungen wie:

„Es reicht jetzt, häng mir nicht ständig am Rockzipfel!“

Das Kind denkt: „Ich werde nicht verstanden! Dann suche ich mir andere Wege, deine Aufmerksamkeit zu bekommen!“

Du denkst: „Ich weiß nicht, was du willst! Ärgerst du mich absichtlich?“

Die Kombination aus Zeitnot und Nicht-Verstehen lässt dann auf beiden Seiten emotionalen Frust entstehen und die Situation schaukelt sich immer weiter hoch. Dein Kind versucht nun seinen Willen noch deutlicher zu zeigen, um sein Ziel zu erreichen, du fängst an zu schimpfen und drohst „Wenn du nicht aufhörst, gibt es Ärger!“ Es endet im Konflikt.

In einem solchen Kreislauf entfernst du dich vom ursprünglichen Bindungswunsch deines Kindes und deinem eigenen Wunsch „gewaltfrei“ zu erziehen. In diesem Fall wird dein Kind nach anderen Wegen suchen, um sein Bedürfnis zu stillen. Manche Verhaltensweisen des Kindes, für dich eventuell unangenehme, können dabei dazu führen, das ursprüngliche Ziel der Nähe zu erreichen. Auch wenn es dir nicht gefällt, die Annäherungsversuche deines Kindes können jetzt um Hauen, Schimpfen oder lautes Brüllen erweitert werden.

Welche Erkenntnisse können wir nun aus diesem Beispiel ziehen? Auch wenn du zu den einfühlsamsten und engagiertesten Eltern gehörst, nehmen manchmal Stress, Hektik oder andere Belastungen im Familienleben überhand. Dann kannst du auf die Bedürfniswünsche des Kindes nicht prompt reagieren und findest sie vielleicht in diesem Moment auch gar nicht so „positiv“. Kein Drama, du darfst Signale auch mal „übersehen“, wenn du überfordert oder genervt bist. Solche Momente werden eure Bindung und Beziehung nicht nachhaltig prägen. Euer elastisches Bindungssystem hält solche gelegentlichen Ausrutscher aus, wenn du die empathische Kommunikation grundsätzlich im Blick behältst, das heißt, wenn dein Verhalten gegenüber deinem Kind grundsätzlich von Einfühlsamkeit und Geduld geprägt ist. Lass also nicht zu, dass dein schlechtes Gewissen diesen einen schlechten Moment aus all den vielen guten herauspickt und dir in einem roten Rahmen an die Wand hängt.

So eine innere Stimme kann dir in schwierigen Situationen auch zuflüstern: „Du hast keine Superkräfte, die dir jetzt helfen würden. Du bist der Situation ausgeliefert!“ Hier hindern dich Glaubenssätze, die Ansichten und Überzeugungen, die du im Laufe deines Lebens verinnerlicht hast, daran, nicht nur diesen einen Konflikt zu überstehen, sondern auch mit deinem Kind zu wachsen. Doch beides ist möglich. Du hast eine Kraft, die du entweder längst verloren glaubtest oder noch nicht voll ausgeschöpft hast: Diese Superkraft ist die EINFÜHLSAME und vor allem KLARE Sprache.

Und das Tolle daran: Du wirst nur einige kleine Dinge verändern müssen, um diese Superkraft in vollen Zügen nutzen zu können. Eine Fähigkeit, die du schon besitzt, musst du nur nachjustieren, um dein Kind zu erreichen, es auf seinem Entwicklungsweg zu begleiten und darüber hinaus in seiner Persönlichkeit zu stärken. Wenn Eltern also wissen „wie der Hase läuft“ (d. h. wenn sie das Potenzial der empathischen Kommunikation kennen und ausschöpfen), können sie wesentlich mehr Ordnung in die chaotische, auch ambivalente, sehr gefühlsbetonte Welt des Kindes bringen.

Das kindliche Temperament als Taktgeber

Wir alle wissen, dass auch Kinder, die im gleichen Umfeld aufwachsen, völlig unterschiedlich sein können und jeder, der mehrere Kinder hat, kann eindrücklich verfolgen, wie unterschiedlich sie sich verhalten. Dafür ist das Temperament verantwortlich. Unter diesem Begriff werden alle Eigenschaften zusammengefasst, die ein typisches, oft gezeigtes Verhalten des Kindes beschreiben. Und das hat natürlich auch Einfluss auf die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern.

Das Temperament hat eine neurobiologische Basis und ist teilweise erblich. Es gibt jedem Menschen eine Grundtendenz mit, wie Dinge verarbeitet werden und wie auf die Welt reagiert wird. Wenn man das Temperament eines Kindes mit 12 Jahren mit dem vergleicht, das es früher als 3-Jährige*r hatte, dann zeigen sich viele Gemeinsamkeiten. Dennoch ist das Temperament während des ganzen Lebens nicht komplett festgelegt, sondern kann sich auch im Laufe der Entwicklung verändern.

Anhand von Beispielen möchte ich nun einige der Kriterien aufzählen, in denen sich das Temperament von Kindern unterscheidet. Dabei werden nur die Extrempositionen genannt, natürlich sind alle Abstufungen möglich oder auch je nach Tagesform unterschiedlich.

Kinder unterscheiden sich beispielsweise darin, wie sie auf Veränderungen und Unbekanntes reagieren. Die einen tun das mit unangenehmen Gefühlen (z. B. Stress, Angst), die anderen sind generell aufgeschlossener gegenüber Neuem und können sich leichter anpassen. Außerdem reagieren sie mit unterschiedlicher Intensität auf neue Reize. Während die einen eher ausgeglichen sind und sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen lassen, reagieren die anderen sehr intensiv auf andere Menschen oder neue Situationen (z. B. mit Angst oder einem Wutanfall). Kinder unterscheiden sich auch darin, wie lange so eine intensive Reaktion anhält oder wie schnell sie sich wieder beruhigen lassen oder auch selbst beruhigen. Während einige Kinder sich von allen möglichen Reizen leicht ablenken lassen, können andere ihre Aufmerksamkeit gut halten und sich auch länger konzentrieren. Auch das Ausmaß der motorischen Aktivität ist unterschiedlich. Wir alle kennen Kinder, die ständig in Bewegung sind, und andere, die nur langsam in Gang kommen. Ebenso sind Unterschiede in Bezug auf das Durchhaltevermögen und die Ausdauer zu entdecken.

In zahlreichen Studien wurde inzwischen festgestellt, dass sich das kindliche Temperament und das Elternverhalten gegenseitig beeinflussen und dass Kinder je nach Temperament mehr oder weniger auf das elterliche Verhalten ansprechen. Wenn wir also Kinder sehen, die (noch) nicht gut abwarten können, sehr hibbelig sind oder auf Neues häufig mit Weinen, Wutanfällen oder Angst reagieren, dann sollten wir uns immer bewusst machen, dass es sehr wahrscheinlich am kindlichen Temperament liegt und vor allem, dass weder Kind noch Eltern etwas dafür können. Wir können unsere Kinder zwar dabei unterstützen, aufmerksamer zu sein, sich leichter zu beruhigen oder offener auf Neues zuzugehen – aber einem Kind, dem diese Verhaltensweisen vom Temperament her nicht entgegenkommen, wird das trotzdem schwerer fallen als anderen.

Stolpersteine in der Kommunikation

Musstest du gerade schmunzeln, weil dir die Sätze bekannt vorkamen? Oder hast du dich vielleicht sogar ertappt gefühlt, weil du sowas auch schon des Öfteren zu deinem Kind gesagt hast? Häufig passiert das – und zwar uns allen – wenn wir in Zeitnot und im Stress sind oder unter Druck stehen. Und dann fehlen uns die Worte oder Strategien, um ruhig und einfühlsam auf unser Kind einzugehen und tatsächlich verbunden zu bleiben.

Du holst dein Kind nachmittags von einem Spielnachmittag bei Freunden ab und möchtest endlich nach Hause, aber dein Kind macht keine Anstalten mitzukommen und schreit laut „NEINNN!“ Da kann es schon sein, dass du ungeduldig oder sogar böse wirst. Doch Kinder leben in ihrer eigenen Welt. Ihr Denken und Fühlen unterscheidet sich von Erwachsenen. Hinter dem „Nein“ steckt keine böse Absicht oder Tyrannei, auch wenn das manchmal so aussehen mag. Es ist eher der Wunsch nach Autonomie und Selbstbestimmung. Das, was für dich in dem Augenblick wichtig ist, kommt für dein Kind nicht mal auf die Prioritätenliste. Und das bedeutet, dass Konflikte im Alltag durch die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse vorprogrammiert sind.

Welche Möglichkeiten hast du aber in herausfordernden Augenblicken, wenn Zeitmangel und Ungeduld eine Analyse oder Reflexion nicht zulassen? Da sucht dir dein Gehirn blitzschnell eine Lösung aus der „Das-hat-bisher-ganz-gut-funktioniert-Schublade“. Dann folgt der Satz: „Wenn du nicht kommst, gehe ich halt allein!“ Denn damit hattest du dein Ziel die letzten Male erreicht. Und tatsächlich: Puh, super, das Kind geht mit. Ziel erreicht, oder?

Naja. Um das herauszufinden, schauen wir uns vielleicht einmal an, welche Botschaft du deinem Kind gesendet hast und warum es dieser Aufforderung nachgekommen ist.

„Wenn du nicht kommst, gehe ich halt allein!“ ist einer der vielen Sätze, die sich in den Familienalltag schleichen – manche aus einem Impuls heraus, andere werden von den eigenen Eltern übernommen – und dann irgendwann wiederholt werden. Und wenn sie auch dann, wie im vorliegenden Fall, ihre Wirkung zeigen (das Kind geht mit), werden sie des Öfteren verwendet und da abgelegt, was ich als „Gewohnheitsordner“ bezeichnen würde.

Gewohnheiten entlasten unseren Alltag und bestimmen zu einem großen Teil unser tägliches Handeln. Sie lassen im Gehirn Autobahnen entstehen, breite, bequeme Straßen, die immer wieder benutzt werden, weil sie so leicht zu befahren sind. Um hingegen neue Gewohnheiten zu etablieren, muss man erst einmal neue Straßen anlegen, platt trampeln und Kraft aufwenden, bis dann mit der Zeit eine befahrbare Straße entsteht. Irgendwie anstrengend, oder?

Wie Gewohnheitssätze wirken

Kinderzimmer, 7:50 Uhr, automatisch und ohne große Überlegung fällt folgender Satz: „Wir kommen zu spät. Ständig musst du trödeln.“ Und sobald der in deinem Gehirn verankert ist, ist es wahrscheinlich, dass du ihn unabsichtlich öfter sagen wirst (die bequem zu befahrende Autobahn!). Du hinterfragst diese Sätze im Alltag nicht mehr, sondern legst sie in deinem Gewohnheitsordner ab, aus dem du sie immer wieder rausholen kannst.

Die Gewohnheitssätze sind für dich bequem, doch sie können für den Kontakt mit deinem Kind Hindernisse und regelrechte Stolpersteine darstellen. Denn die unklare Botschaft „Du trödelst immer!“ verwirrt dein Kind und beinhaltet keine klare Aufforderung. Deshalb schauen wir uns einmal an, welche Botschaften sich eigentlich hinter diesen typischen Elternsätzen verbergen.

1. Die Situation:

Das Kind ist ganz in sein Spiel vertieft. Die mehrfache Aufforderung der Mutter „Komm, wir gehen jetzt!“ wird überhört. Ihr Stresslevel steigt.

2. Die Mutter sagt den Gewohnheitssatz:

„Wenn du jetzt nicht kommst, gehe ich allein!“ Der Satz beinhaltet allerdings für das Kind eine Drohung.

3. Reaktion des Kindes:

Es denkt: „Meine Mama will mich hier allein lassen.“

Und weil es Angst vor dem Verlassenwerden hat, sagt es:

„Ich komme ja schon!“

4. Wirkung auf die Mutter:

Das Kind hört auf die Anweisung der Mutter. Der Satz wirkt also. Das Stresslevel der Mutter sinkt, sie fühlt sich selbstwirksam. Es folgt eine Verstärkung des Gewohnheitssatzes, er wird zur Wiederverwendung im Gewohnheitsordner abgeheftet.

Fazit:

Das Kind kooperiert nur aus Angst und lernt keinen angemessenen Umgang mit elterlichen Aufforderungen. Die Welt scheint unsicher, da das Risiko besteht, dass die Mutter es verlässt.

Wie ein Gewohnheitssatz im Gewohnheits-Ordner landet

Es ist also offensichtlich, dass Sprache einen großen Einfluss auf die kindlichen Emotionen, Gedanken und das Verhalten hat. Dennoch ist mir natürlich bewusst, dass keine Mutter und auch kein Vater absichtlich ihr/sein Kind verängstigen möchte. Eltern drohen, wenn sie keine Alternativen wissen, beziehungsweise ihre Sprache (noch) nicht geschickt nutzen können. Auch ein einfühlsamer Dialog, eine klare Haltung und wertschätzende Anleitung hätten das Kind dazu gebracht, „Ja, ich komme!“ zu sagen.

Welchen Weg wir auch einschlagen, Kinder brauchen Eltern, die ihnen signalisieren: Ich sehe deine Bedürfnisse, ich spüre unsere Beziehung, mir ist bewusst, dass du im tiefsten Inneren kooperieren möchtest, ich achte auf deine Grenze und gleichzeitig auf meine, leite dich an, damit du dich in dieser Welt orientieren kannst.

Aber wie setze ich das um? Wie schaffe ich es, die einfühlsame und sehr klare Kommunikation in meinen Alltag einzuführen? Und ganz konkret: Wie schaffe ich es, die Stolpersteine, also meine Gewohnheitssätze, loszuwerden?

Der erste Schritt: Du solltest herausfinden, welche Gewohnheitssätze du deinem Kind gegenüber verwendest und wann du das machst. Denn wenn du herausfindest, wie du redest und was du automatisch aussprichst, kannst du wertvolle Erkenntnisse daraus gewinnen, wie du deine Sprache verändern solltest.

SAMMLE DEINE GEWOHNHEITSSÄTZE

Um festzustellen, wie viele Gewohnheitssätze du aussprichst, lege dir ein Blatt Papier zurecht, und jedes Mal, wenn du einen Gewohnheitssatz bewusst wahrgenommen hast, notiere dir die Antworten auf folgende Fragen:

• In welcher Situation ist der Gewohnheitssatz aufgetaucht?

• Uhrzeit?

• Welches Verhalten meines Kindes hat mich dazu gebracht diesen Satz zu äußern?

• Wie habe ich mich gefühlt?

• Wie hat mein Kind darauf reagiert?

• Hatte dieser Satz positive Effekte?

Die Beobachtung der eigenen Kommunikationsstolpersteine kann dich dabei unterstützen, herauszufinden, ob dein Kind z. B. tatsächlich nicht auf dich hört, sich auffällig verhält oder ob deine Gewohnheitssätze eure Verbindung blockieren.

Gerne kannst du deine Gewohnheitsliste an die Kühlschranktür hängen oder auf den Küchentisch legen und immer mal wieder ergänzen oder täglich abhaken, um zu sehen, ob du deinen Zielen der empathischen Kommunikation nähergekommen bist.

Konflikte bringen uns zum Nachdenken

Auch wenn es paradox klingt, manchmal sind Konflikte auch hilfreich. Denn ohne Streit, ohne Probleme würden wir uns unsere unbewussten Verhaltens- und Denkweisen gar nicht anschauen. Im hektischen Familienalltag passiert so viel nebenher, das wir vielleicht gar nicht registrieren. Da könnten wir uns viel Stress sparen, wenn wir genauer hinsehen würden. Streit ist ein Warnhinweis und ein essenzieller Impuls, um im Alltag zu reflektieren und zu überlegen, wie deine Sprache im Umgang mit deinem Kind eigentlich aussieht.

Das Thema liebevolle Worte und empathische Sprache wird in seiner Wirkung immer noch viel zu sehr unterschätzt. Aber das Bewusstsein darüber, wie eure bisherige Kommunikation abgelaufen ist, ist ein erster Schritt, die Superkraft der einfühlsamen Kommunikation in deinen Alltag zu integrieren. Wie du das konkret machst, zeige ich dir im letzten Teil des Buches. Und wenn du gerade das Gefühl hast, dass das ganz schön aufwendig und kompliziert sein könnte, dann möchte ich dir hier versichern, dass schon minimale Veränderungen in der Kommunikation zu maximalen Veränderungen im Familienalltag führen können.

WAS PASSIERT IM KIND?

Dein Kind durchläuft in den ersten Lebensjahren eine Vielzahl an Bildungs- und Entwicklungsschritten. Wenn du weißt, wie sich bei Kindern Sprache und Emotionen ausbilden, kannst du deine Kommunikation dem Entwicklungsstand deines Kindes anpassen. Damit entlastest du euer Zusammenleben und förderst gleichzeitig die gesunde Entwicklung.

Schon lange bevor dein Kind auf die Welt kam, hast du mit ihm kommuniziert und vielleicht festgestellt: „Ah, es hat mich gehört und sich bewegt!“ Über das Wiegen, Singen, Sprechen und Streicheln vermitteln viele Eltern ihrem Kind bereits vor den ersten „sprachlichen“ Äußerungen Gefühle von Sicherheit, Geborgenheit und Verlässlichkeit und legen dadurch unbewusst die ersten Grundbausteine für die Sprachentwicklung. Kinder erfahren Sprache mit allen Sinnen, sie hören, spüren, erleben Sprache und das schon, bevor sie selbst das erste Wort gesprochen haben. Sprechen ist genetisch angelegt, benötigt aber Anregungen aus der Umwelt, sobald das Baby auf der Welt ist. Das bedeutet, dass dein Kind vom allerersten Augenblick an von dir lernt. Wie du zuhörst, sprichst und in Kontakt gehst ist ausschlaggebend für eure Beziehungsqualität und die Sprachentwicklung. Das heißt allerdings auch, dass Kommunikation keine Einbahnstraße ist und nicht nur dein Kind eine neue Sprache lernen wird, sondern auch du dir die Frage stellen solltest: „Spreche ich denn die Sprache meines Kindes?“

Sprache ist mehr als nur das gesprochene Wort

Der Erwerb der Sprache ist weit komplexer, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Schon in einem sehr frühen Stadium müssen Kinder ohne irgendwelches Vorwissen neben den gesprochenen Worten auch Mimik und Gestik ihres Gegenübers entschlüsseln, verstehen und darauf reagieren können. Manche Eltern sitzen dann dem Irrtum auf, dass ihr Kind, weil es schon alleine ins Auto einsteigen und sich in seinen Kindersitz setzen kann, auch eine solche elterliche Aussage versteht: „Setz dich ordentlich hin, sonst passiert dir was!“