Mitte - Albrecht Behmel - E-Book

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Albrecht Behmel

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Beschreibung

In Berlin Mitte, dem Bezirk der kreativen Träumer, Spinner und Versager versucht der Künstler Albrecht sich durchzuschlagen. Dabei wird er von kleptomanischen Vettern, euphorischen Galeristen, herrschsüchtigen Schwestern und redseligen Mitbewohnern auf Trab gehalten, da Albrecht neben seinem künstlerischen Talent auch die unstrittige Begabung hat, sich in unmöglichste Situationen hineinzumanövrieren. Als eines Tages Albrechts reicher Onkel Georg Kontakt aufnimmt, verändert sich mit einem Schlag alles.

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Mitte - Es begann so

von

Albrecht Behmel

Impressum

Cover: Karsten Sturm-Chichili Agency

Foto: fotolia.de

© 110th / Chichili Agency 2015

EPUB ISBN 978-3-95865-720-5

MOBI ISBN 978-3-95865-721-2

Urheberrechtshinweis

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Kurzinhalt

In Berlin Mitte, dem Bezirk der kreativen Träumer, Spinner und Versager versucht der Künstler Albrecht sich durchzuschlagen. Dabei wird er von kleptomanischen Vettern, euphorischen Galeristen, herrschsüchtigen Schwestern und redseligen Mitbewohnern auf Trab gehalten, da Albrecht neben seinem künstlerischen Talent auch die unstrittige Begabung hat, sich in unmöglichste Situationen hineinzumanövrieren. Als eines Tages Albrechts reicher Onkel Georg Kontakt aufnimmt, verändert sich mit einem Schlag alles.

Über den Autor

Albrecht Behmel hat in Heidelberg und Berlin studiert. Er war Kurator im Museum Haus Cajeth in Heidelberg und Marionettist in Paris. Sein Hörspiel über den irischen Schriftsteller Flann O’Brien wurde von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste ausgezeichnet. Er hat über 20 Bücher veröffentlicht, ebenso Brett- und Computerspiele. Seit 2012 lebt er mit seiner Familie im Schwarzwald.

Das Pompeji-Gefühl

Wenn ich jemals den Trottel treffe, der die E-Mails erfunden hat, dann weiß ich ganz genau, was ich zu ihm sagen werde. Nämlich:

"Mann, ist dir eigentlich klar, was du damit angerichtet hast?"

Weil: Ich hatte eine Mail gekriegt, und die ging so:

Wo warst Du in Dreiteufelsnamen?

Bei mir ist es ja so: Spam find ich gut. Zum Beispiel Werbung für absolut überzeugend unechte Rolexuhren oder, wenn die mich zum virtuellen Poker nach Las Vegas einladen, ohne dass ich selber hin muss - das find ich deswegen gut, weil ich Berlin Mitte so ungern verlasse. Aber private E-Mails an mich mit persönlichen Nachrichten drin, bei denen es auch noch um mich geht?

Schrecklich! Besonders, wenn sie von meiner Schwester Felizitas kommen. Felizitas ist so eine Art Mischung aus Kannibalin und Reporter, und was sie im Prinzip nur macht, ist, Prominenten in Interviews zu nahe zu treten und sie dann im Morgengrauen in radioaktiven Society-Artikeln hinzurichten, ohne Augenbinde oder letzten Wunsch.

Und das Verrückte an der Sache ist: Ihre Promis sind alle total heiß drauf, stehen Schlange und holen sich einer nach dem anderen ihre Portion Strychnin auf Eis ab. Ich sag es mal so: Wer von Felizitas noch nicht öffentlich erledigt worden ist, der gehört offenbar einfach nicht dazu.

Manchmal denke ich, wenn sie je aus ihrem Job da entlassen werden sollte, von der Redaktion oder so, weil zu viele Leser den Grauen Star bekommen haben, weil ein Interview wieder zu viel rhetorisches Senfgas enthalten hat, dann könnte sie immer noch in die Automobilindustrie gehen und mit ihrer Stimme Bleche für Kotflügel zuschneiden. Deswegen habe ich erst mal eine halbe Stunde überlegt und folgende geschliffene Antwort an sie zurückgemailt:

>wie jetzt?

Der Hintergrund ist: Meine Familie und in vorderster Front meine Schwester, die halten mich alle für einen Blindgänger, spätestens seitdem ich aus der Uni geflogen bin und mich von meiner Freundin getrennt habe. Das heißt, eigentlich hat Kati sich von mir getrennt, aber im Rückblick ist das für mich alles nicht mehr so ganz eindeutig. Irgendwie muss mein Gedächtnis sich bei der Geschichte verknotet haben, und jetzt warte ich darauf, dass es sich wieder glättet. Alle haben sie zu mir damals gesagt: „Albrecht, das ist die Frau für dich, so eine findest du nie mehr, also versau es bitte nicht wieder, okay?” Und dann, nach einer Weile haben sie alle zu mir gesagt: „Siehst du, was haben wir gesagt? Schon wieder, Mann!”

Mein Laptop unterbrach mich beim Nachdenken mit einem seiner Signaltöne, die so klingen, wie wenn man eine Flasche mit was Sprudelndem drin aufmacht. Das kann man in den Systemeinstellungen einstellen, wenn man will: Das klingt dann ungefähr wie: „Plopp!“

Weil: Das ist halt ein Apple, und der hat ein Signal dafür, dass neue E-Mails da sind, und schon ist es wieder Zeit für eine Familienpackung Cialis oder kostenloses Lotto gegen einen supergünstigen Monatsbeitrag. Die lese ich immer, weil ich dann immer das Gefühl habe: Da draußen irgendwo in der Datenwelt, da sind Leute, die es gut mit mir meinen, und die sich um mich kümmern. Es machte: „Plopp!“

Aber es war von Felizitas - und damit eher zu vergleichen mit einer Einladung zu einer Runde Russisches Roulette aber mit halbautomatischen Waffen. Meine Festplatte fing sofort an zu pfeifen und drei Hilfsprogramme hängten sich freiwillig auf, was ich ganz gut verstehen kann: Felizitas hatte nämlich geantwortet:

>>wie jetzt?

>Sag mal, willst Du mich verarschen?

Die anderen Signaltöne, die auf meinem Mac zur Auswahl stehen, klingen entweder so, wie das Sonar-Bing im U-Boot oder wie eine Ente mit gebrochenem Herzen, die ihren ganzen Schmerz mit einem einzigen „Quak“ ausdrückt oder, noch eine Option, die mir gefällt: eine Badewanne, die sich selbst austrinkt. Aber ich bleibe erst mal beim „Plopp!“, weil: Das passt irgendwie zu mir im Moment.

Es machte: „Plopp!“ Ich holte tief Luft durch die Nase und sagte mir, dass es mir jeden Tag besser und besser geht, und dann hab ich zurückgetippt. Mit einem Finger, weil: mit den anderen Fingern musste ich gerade Kaffee trinken und rauchen gleichzeitig. Ich schrieb:

>>>wie jetzt?

>>Sag, mal, willst Du mich verarschen?

>reden wri besser nicht über mine wunschträume._ was meinstdu, "wo warst du? bist du irgnedwie sauer?

Eine ganz lächerliche Frage an sich, denn die Felizitas, die ist immer irgendwie sauer auf jemanden, und das war schon früher so, als wir noch klein waren. Sie war so oft und so schlimm sauer, dass meine Eltern bei uns im Haus alle Türen durch Vorhänge ersetzen mussten. Stell dir einfach eine Frau wie ein plötzliches Hochwasser vor, und du hast ein vollkommen klares Bild von meiner Schwester in Farbe.

>>>>wie jetzt?

>>>Sag, mal, willst Du mich verarschen?

>> Reden wir besser nicht über meine Wunschträume. Was meinst du, „wo warst du?!“ Bist du irgendwie sauer?

>JA!!!!!

Felizitas hat die Angewohnheit, meine E-Mails zu korrigieren und dann an mich zurückzuschicken. Vielleicht eine Berufskrankheit, aber auf jeden Fall finde ich: Das sagt schon eine Menge aus über einen Menschen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Felizitas auch mich selbst am liebsten korrigiert wieder zurückschicken würde. Die Frage ist nur: Wohin? Und wer übernimmt das Porto? Ich mailte mailwendend zurück:

>>JA!!!!!

>hä?

Inzwischen hatte ich bestimmt schon drei Pfund abgenommen, aber das kann man ja nicht sehen, wenn man seinen Laptop auf dem Schoß hat, weil dir die Hosen nicht rutschen können. Warm wird’s trotzdem, und es machte: „Plopp!“

Schon wieder!

>>>JA!!!!!

>>hä?

>SPINNST DU? Weil wir alle auf dich gewartet haben, Du Versager! Ich wette, Du warst wieder betrunken und hast „vergessen“, dass wir Onkel Georg zu mir eingeladen hatten. Wenn Du Dich doch bloß ein bisschen mehr um die Familie kümmern könntest! Aber was soll's...

>Und bevor Du fragst: Ja, er hatte wirklich schon wieder Geburtstag (wie je-des Jahr am glei-chen Tag!), und: JA, wir haben fest mit dir gerechnet und ja, keine Sorge, ich hab Deinen Anteil für das Geschenk ausgelegt und allen gesagt, dass du wahrscheinlich wieder nur im Gefängnis sitzt und nichts dafür kannst. Du schuldest mir damit übrigens weitere 37,40 Euro. Du kennst die Gesamtsumme. TU ENDLICH WAS!

>Ich komme morgen kurz vorbei, wenn es Dir nichts ausmacht.

>kein lieber Gruss von Felizitas

Es stimmt: Ich hatte den Geburtstag tatsächlich vergessen, ist einfach irgendwie so passiert, und das tat mir leid, weil der Onkel Georg mein Lieblingsonkel ist, uralt, schwerhörig und so faltig wie eine Dörrpflaume im Ruhestand. Das kommt daher, dass er lange in den Tropen gelebt hat, dort werden die Pflaumen ja bekanntlich viel faltiger als das hier bei uns je möglich wäre.

Dazu muss ich aber noch sagen: Ich hatte damals einen neuen Mitbewohner, den Chris, weil: Als die Kati ausgezogen war, ist mir die Wohnung auf einmal zu groß vorgekommen, weil die Kati so viel Platz verwendet hat wie eine Herde Bisons in der Regenzeit. Und dann hat sie auch noch alle Möbel und Sachen mitgenommen. Die Wohnung war so leer, dass sogar das Echo sich einsam gefühlt hat.

Das heißt: Einen Löffel hatte sie schon dagelassen, diesen einen Kitschigen mit Neuschwanstein drauf, weil: Den konnte sie sowieso nie leiden. Ja, und da lag eben der Löffel in der Küche auf dem Boden und hat auf den Rost gewartet.

Der Punkt ist: Erst mal war das ein ganz schöner Schock, keine Möbel mehr zu haben und kein Geschirr und nix, aber so nach und nach sieht man auch die Vorteile: Ich hatte auf einmal viel mehr Platz in der Wohnung, überall waren neue Flächen dazugekommen, da wo die Dreckränder waren, das konnte man genau ablesen, genau messbarer Zuwachs an Lebensraum.

Aber so richtig lange ist es nicht leer geblieben da bei mir. Erstens haben nämlich sofort fast alle Leute, die ich kenne, mir irgendwelche Möbel gebracht und aufgestellt. Deswegen gibt es jetzt bei mir zuhause eine sehr kreative Mischung aus Möbeln, weil: Ich kann das Zeug ja nicht wegwerfen, was man mir geschenkt hat, man wirft ja auch den geschenkten Gaul nicht weg…

Und dann ist es so weitergegangen:

Da hab ich dann eine Anzeige aufgegeben, und eine andere Bisonherde namens Chris ist eingezogen bei mir in der Wohnung.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber früher, wenn ich den Namen Chris gehört habe, da hab ich immer an einen mittelgroßen blonden Surfer-Typ mit dicken Oberarmen und einem gewinnenden Lächeln gedacht. So einer, der Werbung für Vanille-Eis machen kann, wenn ihr versteht, was ich meine. Aber jetzt, wo ich meinen persönlichen Chris gekriegt habe, denke ich bei dem Namen an eine übergewichtige Mischung aus Wikipedia und einem Buddha mit Bart. Aber auch, wenn er so riesig ist wie ein Viech aus der Urzeit, muss man trotzdem keine Angst vor ihm haben, weil: Er besteht fast nur aus Güte, Liebe und Fett, der Rest sind wahrscheinlich Farb- und Konservierungsstoffe. Und: Er sitzt immer in der Küche.

Ich ging zu Chris in die Küche und sagte: „Chris, meine Schwester ärgert sich, und zwar über mich und per E-Mail. Es macht ständig Plopp! Wenn du verstehst, was ich meine. Das ist keine Werbung, das ist Politik, was ich da kriege. Die Alte müllt mich voll zu, Mann!“

Der Chris hat kurz in seinem Buch hin und her geblättert und dann was vorgelesen: „Nichts ist beglückender, als einen Menschen zu finden, den man den Rest seines Lebens ärgern kann, Albrecht.“

Solche Sprüche kriegt man von ihm eigentlich ständig vors Kinn. Und dabei hat er so verträumt in sich reingeschaut, dass es fast geleuchtet hätte vor lauter Weisheit. Ich sagte: „Noch mal, bitte?“ Weil: Ich hatte nicht mit so was gerechnet und deswegen nicht so genau zugehört.

Er sagte: „Nun, ich habe lediglich die Schriftstellerin Agatha Christie zitiert; sie hat ihrer Einsicht Ausdruck verliehen, dass der Ärger, selbst, wenn er auf der einen Seite unangenehme, beunruhigende Gefühle mit sich bringen mag, auf der anderen Seite jedoch zuweilen entgegengesetzte Regungen zum Ursprung hat, nämlich etwa Zuneigung.“

„Was issn das da?“

„Mein Zitatenschatz.“

Und er zeigte mir das Buch, in dem er die ganze letzte Zeit immer liest. Es heißt: Worte der Weisheit - Band III - und der Einband hat so mental gestörte Wolken drauf. Jedenfalls: Da habt ihr meinen Mitbewohner in Kurzfassung: Redet wie ein Quirl im Kokainrausch und zitiert Dingserida. Ich schaute ihn mir ganz genau an, also den Einband, und sagte: „Hä? Meinst du, das hilft mir jetzt, oder was?“

Denn es ist ja so: Der Chris ist die fleischgewordene Weisheit, und zwar mit exakt so viel Weisheit wie Fleisch - absolut raue Mengen! Und dass er wahnsinnig fett war, reichte ihm offenbar nicht; er musste sich auch noch so ausdrücken, dass die Kalorien aus jedem Wort einfach nur so herausquollen, wie seine dreifaltigen Hüften aus dem Hosenbund. Der ist ein sehr nahrhafter Mensch, der Chris, wenn ihr versteht, worauf ich hinaus will... In dieser Hinsicht ist er übrigens genau das Gegenstück zu meiner Schwester Felizitas, die ist erstens reitgertenschlank und zweitens sind ihre Wortbeiträge laut Gesundheitsamt nicht zum allgemeinen Verzehr geeignet.

Ich sagte: „Hast du eigentlich schon immer so geredet, Chris?“

Das fragte ich ihn, weil ich mich wirklich oft gefragt habe, wie das kommt, dass der so redet; ich meine, das kann doch nicht sein, dass er immer schon so geredet hat. Er hat nichts gesagt und nachgedacht; ich sagte: „Also, was ist: Hast du?“

Chris hob seinen Bauch mit beiden Händen an und sprach folgende Worte in meine Atemluft hinein: „Die autobiographisch korrekte Antwort müsste natürlich auf ein 'Nein' hinauslaufen, wenn man berücksichtigt, dass der frühkindliche Spracherwerb in einem allenfalls durchschnittlich entwickelten Kind, wie ich ohne Zweifel eines war ...“

Was ich die ganze Zeit sagen will ist: Er hätte ja auch einfach sagen können:

„Klar!“ oder „Quatsch!“, aber so ist er eben nicht unterwegs, der Chris.

Ich sagte: "Gut, gut! Schon gut! Vergiss es! Pass auf: Ich hab ein Problem: Ich hab den Geburtstag von meinem Onkel Georg verschlafen, und Felizitas ist sauer, weil ..."

Und ich hab ihm kurz den Nachrichtenüberblick gegeben. Der Chris nickte und zog die Augenbrauen zusammen und versank in einem seiner meditativen Zustände, bei dem er alles um sich herum vergisst und in den weiten Prärien seines Geistes in den Sonnenuntergang reitet. Und das kann richtig lange dauern, weil die echt riesig sind, diese Prärien vom Chris. Und der Punkt ist doch: Man will ja nicht ungemütlich sein oder jemanden stören, der sich gerade anschickt, in den Sonnenuntergang zu reiten, ohne die Küche zu verlassen, aber als ich eine Weile zugesehen hatte, wie sich seine Mimik entspannte wie ein Marshmallow in der Mikrowelle, da hat es mir wieder für eine Weile gereicht.

Ich sagte: "Ich brauch jetzt erst mal ein Kaffee. Willst auch ein?"

“Ich kann mich der Angelegenheit annehmen.”

Ich wette: Der Chris wäre ein toller Ministerpräsident von irgendwas geworden, aber irgendwie schien ihm nichts auf der Welt so wichtig zu sein, wie sein innerer Frieden...

Dann hab ich mich umgeschaut. Meine Wohnung war echt leerer als der Weltraum, wenn man sich die Planeten wegdenkt, weil: Die Kati hatte sogar die Spinnweben hinter der Waschmaschine mitgenommen. Deswegen improvisieren wir eben ab und zu ein bisschen, der Chris und ich, wenn wir was kochen wollen.

Ich setzte mich kurz an den Rechner, um ein bisschen zu trainieren, weil: Ich übe zurzeit dieses Superspiel; es heißt Crazy Turtle Race, und du bist eine Schildkröte auf einer Rakete, die durch eine Marslandschaft fliegt und andere Schildkröten aus dem Rennen schlagen muss. Die Geschichte ist nämlich, dass du aus dem Gefängnis für Schildkröten geflohen bist und jetzt suchen sie dich überall im Weltraum.

Macht einen Heidenspaß!

Man kann zum Beispiel Schildkröteneier abfeuern, und das bringt die anderen dann zum Schleudern, und sie knallen gegen riesige Säulen, wenn man Glück hat; aber in den High Score hat es mir noch nicht gereicht.

Es fehlen noch zwanzigtausend Punkte. Nur, damit man sich das vorstellen kann: Ein Volltreffer bringt grade mal fünf Punkte. Jedenfalls, ich war gerade in Runde Drei, da machte der Computer wieder eine Flasche auf: "Plopp!"

Und eine leere Wohnung hat ein ziemlich deutliches Echo. Da stand:

>Kannst Du Dich nicht wenigstens mal entschuldigen? Vom Bedanken will ich ja gar nicht reden.

>Felizitas

In der Küche brodelte das Wasser schon, weil: Chris machte uns einen Mokka. Bislang wusste ich gar nicht so genau, was ein Mokka eigentlich ist, aber seit wir gelesen haben, dass das die einfachste Art ist, einen Kaffee zu machen, machen wir das auch so. Geht wirklich ganz einfach: Du brühst das Pulver direkt in der Tasse auf und fertig, genauso wie Nescafé, nur dass man eben richtigen, gemahlenen Kaffee nimmt. Und dann wartet man bisschen ab, es sei denn, man möchte unbedingt Kaffeepulver zwischen den Zähnen haben: In diesem Fall trinkt man etwas früher, so wie der Chris.

Ich sagte: "He, Chris: Wir haben keine Zigaretten mehr, wie soll man denn da mit dem Rauchen aufhören?" Das ist nämlich einer meiner Lieblingswitze zurzeit. Aber der Chris hat mich nicht gehört, weil er wieder seine Atemübungen gemacht hat, außerdem kann er seine Ohren abschalten, jedenfalls glaub ich das. Weil: Es sieht einfach so aus. Ich ging wieder rüber zu meiner Korrespondenz aus dem Reich der Finsternis und schrieb zurück:

"Liebe Felizi..." Aber das hab ich noch mal gelöscht, war einfach zu verlogen, wenn ihr versteht, was ich meine.

"Hi, Feli!" ... hm, nee, das war mir zu Dingenskirchen, und ich hab mir gedacht, das erste Wort in der E-Mail, das muss immer das Beste sein.

"Felizitas!", schrieb ich, aber das hat mir auch nicht gefallen, zu nett. Dann hab ich erst mal vier verschiedene Versionen gemacht und alles tausendmal überarbeitet. Was am Ende übrig geblieben ist, das war eine perfekt formulierte Kurzmeldung:

>Sorry!

Mir war natürlich klar, dass jetzt irgendwo in Charlottenburg bei Felizitas in ihrem Führerbunker oder wo sie war, die automatischen Feuersprenkler anfingen, alles unter Wasser zu setzen, weil, wenn es eine Sache gibt, die Felizitas auf den Ficus bringt, dann sind es einsilbige Entschuldigungen.

Sie stellt sich vielmehr eher etwas vom Umfang der Brüder Karamasow vor - das ist ein Buch, das ich mal gelesen habe, aber ich hab es meistens dazu verwendet, die Tür zur Abstellkammer geschlossen zu halten, weil die Kati das Schloss mitgenommen hat. Ein richtiger Wälzer, diese Brüder Karamasow: Es geht da so um eine Familie, und da sind jede Menge Brüder, die alle Karamasow heißen. Das ist der Kern sozusagen. Meine Lieblingsstelle ist die, wo der eine von denen nicht einschlafen kann. Sehr lange Geschichte alles in allem, und dann gibt es dazu noch einen Vater, der die Sache erst noch so richtig kompliziert macht. Heißt auch Karamasow. Das ist aber unrealistisch, weil: Hast du schon mal von einem Vater gehört, der irgendwas kompliziert macht? Ich bin der Ansicht, wenn es irgendwo kompliziert wird, steckt im Endeffekt immer eine Schwester dahinter. Aber Schwestern kommen, glaube ich, nicht drin vor; das Buch kann ich nur empfehlen. Die Tür ging auf.

"Ah, Chris, was gibt's?"

Chris kommt immer rein, ohne anzuklopfen.

"Könnte nicht der Schlüssel zur Lösung des Konfliktes zwischen dir und deiner Schwester Felizitas darin liegen, ihren beruflichen Hintergrund für deine Zwecke einzusetzen?"

"Wie jetzt?"

"Mir kam lediglich der Gedanke, dass deine Schwester in ihrer Eigenschaft als Journalistin wahrscheinlich beständig auf der Suche nach dem ist, was man landläufig eine 'Story' nennt."

"Ja, und sie sucht auch ständig nach neuen Todesarten."

Aber den Chris kann man nicht aus dem Konzept bringen.

Er sagte: "Wäre, so habe ich mich gefragt, der Hintergrund deiner gegenwärtigen Lebenslage nicht eine ebensolche 'Story', die man unter Umständen sogar für ein geringes oder auch mittleres Honorar deiner Schwester Felizitas zur Verfügung stellen könnte?"

Ich wartete ab, bis seine Wörter aufgehört hatten, in mein Gehirn zu regnen, dann sagte ich: "Chris?"

"Ja?"

"Ich soll meine Story verkaufen? An Felizitas? Welche Story?"

"Nun..."

"Schwachsinn, Chris!"

Weil: Dann würde ich ja mit ihr reden müssen und das war genau das, was ich auf keinen Fall wollte. Und dann auch noch die Wahrheit sagen? Das ging zu weit.

Der Chris sagte: "Jedenfalls wären..."

"Sie würde mich für den Rest meines Lebens erpressen."

Der Chris schaute mich mit seinen blauen Augen an, richtete seinen massigen Körper auf und sprach die folgenden Worte: "Ein Umstand, den es abzuwenden gilt."

"Oder für den Rest ihres Lebens!"

"Ein Umstand, den es ebenso abzuwenden gilt."

"Du sagst es, Chris, ganz genau! Ein Umstand, den es verdammt nochmal abzuwenden gilt, und zwar: koste es was es wolle, sag ich dir! Nee nee, vergiss es, das läuft nicht!"

Wie der redet! "Ein Umstand, den es auf jeden Fall abzuwenden gilt" - Ich hab mir vorgenommen, mir diesen Satz unbedingt zu merken: "Ein Umstand, den ..."

Sehr gut!

Dann sagte er, also der Chris: "Ich werde aller Voraussicht nach heute über Nacht nicht zuhause sein können, da ich..."

"Nein, du hast falsch verstanden; die Felizitas kommt erst morgen."

Ich muss den Chris künftig mehr ausreden lassen und ihm nicht dauernd ins Wort fallen. Das mach ich nämlich ständig, und das ärgert mich dann selbst hinterher immer.

Er sagte: "Das wäre ebenfalls zu bedenken. Aber gerade heute..."

"Moment Chris, Stopp! Du kannst machen, was du willst, du bist ein freier Mann, ein freier Chris und musst dich vor niemandem rechtfertigen. Geh, wohin immer dich der Weg der Weisheit führt, wie?"

Auch kein schlechter Satz, oder? Der Chris wogte seinen Bauch in meine Nähe.

"Doch da wir freilich derzeit leider nur über einen einzigen Hausschlüssel verfügen..."

"Weil du deinen verschlampert hast." Chris schaute betrübt zu Boden. Mist! Schon wieder unterbrochen! Es schmerzt mich immer, wenn ich ihn so sehe, also hab ich ganz schnell weitergeredet. Das mach ich immer so, wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll.

"Ist schon recht, wann kommst du denn eigentlich wieder? Ich bin auf jeden Fall da und lass dich rein, okay?"

"Das wäre morgen gegen neun Uhr in der Frühe, jedoch kann ich auch einen späteren Zug nehmen oder, sollte es unzeitig früh sein, noch eine Weile hier und dort spazieren gehen bis..."

"Kommt überhaupt nicht in Frage, Chris, mach einfach so, wie es für dich gut ist. Wenn du kommst, bist du da...", sagte ich und fühlte mich richtig großzügig dabei. Dann ging ich raus. Weil: Spaziergang! Der Chris hatte absolut recht. Ich finde: Man muss immer ganz langsam laufen und sollte niemanden überholen, das gibt dann den besten Spaziereffekt, vor allem in Berlin, wo die Leute Probleme damit haben, geradeaus zu gehen.

Berlin ist ja irgendwie anders, passt nicht in die Reihe von den anderen Städten, weil: Das ist hier nie fertig und immer ein bisschen ungepflegt. Im Grunde ganz genau wie ich, und deswegen liebe ich das wahrscheinlich so, jeden Tag eine Stunde spazieren zu gehen, um zu schauen, ob sich wieder was verändert hat in der Stadt, also ich meine: in Mitte, wo ich wohne, weil: Der Rest von Berlin ist eh egal.

Ich bin die Friedrichstraße lang: vom Oranienburger Tor, über die Weidendammer Brücke bis zum Lafayette und dann unterirdisch durch die Passage weiter zum Gendarmenmarkt, wo eine meiner Lieblingsbars ist: Das Newton. Da ist es an sich ziemlich hässlich, weil überall an den Wänden riesige Frauen ohne Kleider zu sehen sind, die einen anschauen, als wollten sie sagen: "Los, schwirr ab!"

Und die Leute, die da hingehen, sind meistens auch nicht so ganz seriös. Schauspieler, Künstler, Leute mit Perücken und Goldketten, Gesindel in teuren Kleidern. Der unseriöseste und schmierigste von allen heißt Mikki, und er pumpt mich immer an. Und dass die sich da alle ohne Verabredung treffen, einfach so, weil es sie hinzieht, das gefällt mir an der Bar, und ich gehe auch fast jeden Tag hin.

Ich stellte mich an den Tresen mit dem Rücken zur Öffentlichkeit und der Nase direkt über dem Spülbecken von der Bar. Viele sagen mir, wenn ich so dastehe, dann sehe ich fast so aus wie John Wayne in seiner Stammkneipe im Wilden Westen, kurz bevor die Prügelei anfängt. Hinter der Theke, unten, da konnte man den Hinterkopf und den blonden Pferdeschwanz von Susi sehen, die irgendwas aus einem Fach herauszerrte, wahrscheinlich Drogen oder frische Servietten.

Ich sagte: "Hi, Susi, na?"

Sie erschrak und schaute nach oben. Ich hab ihr zugelächelt und genickt. Das mache ich immer, wenn ich mit blonden Pferdeschwänzen konfrontiert werde und das Leben gibt mir Recht: So muss man es machen: nicken und lächeln, bis es einer von beiden bereut.

Susi richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter fünfundfünfzig auf - mit ein paar Zentimetern im Zweifel für die Angeklagten unter den Schuhsohlen - und zeigte mir die Faust, weil sie halt schreckhaft ist, aber sie sagte ganz nett: "Hi, na? Wat willste trinken? Wie immer?"

"Ja, aber doppelt!"

"Kommt sofort..."

"Geht es nicht etwas schneller?"

Sie wedelte mir ihre gerümpfte Nase entgegen und drehte sich weg. Susi ist wirklich ein Schnucki mit ihrer engen Schürze um die Hüften und dem langen blonden Pferdeschwanz etwas weiter oben. Ich finde ja immer, dass Frauen mit so einer Frisur unglaublich kompetent aussehen. Mein Espresso kam doppelt, und er kam schnell. Fast so gut wie ein Mokka mit Rädern.

Ich wollte gerade darüber nachdenken, wie die Susi wohl nur in Schürze und Pferdeschwanz aussehen würde, und ich war grade an der Stelle angekommen, wo sie sich nackt unter ein Regal hechtet, weil die Drogenfahndung grade reinkommt, da hat sich mein Handy geschüttelt, wahrscheinlich aus moralischer Entrüstung über meine Tagträume.

Es war eine SMS von Mikki. Wir telefonieren oder mailen fast jeden Tag hin und her, und wenn wir eine Weile telefoniert haben, dann wird es uns zu dumm und verabreden uns irgendwo, um was zu trinken. Das ist ja immer ganz einfach.

Seine SMS lautete sinngemäß:

BIN IM NEWTON KOMM SOFORT HER DU PFEIFE

Ich sagte: “Wie jetzt?”

Weil: Ich war ja selber im Newton, allerdings mit dem Rücken zur Öffentlichkeit, das ist besser für beide. Ich schaute mich vorsichtig um. Da saß der Kerl in einem der Ledersessel und studierte mit seinen Glubschaugen die Karte so, als würde er sich ernsthaft überlegen etwas Anderes als einen Gin Tonic zu bestellen. Weil: Der Mikki trinkt um diese Tageszeit immer nur Gin Tonic. Ich schaute wieder auf das Handy: 18.35 Uhr. Es kam nur Gin Tonic in Frage - kenne doch den Mikki! Nur eine Frage der Zeit, bis er sich einen bestellt.

Ich sagte: "Psst, Susi, komm mal her!"

"Wattn?"

"Siehst du den Idiot da im Ledersessel?"

"Der Mikki, ja, ick dachte, ihr seid befreundet?"

"Jaja, sind wir auch; geh zu ihm und sag, dass er jetzt Gin Tonic bestellen soll, sonst gibt es Hausverbot."

"Habta euch gezankt?"

"Sag ihm einfach: neue Hauspolitik für Stammgäste."

"Wat?"

"Nur ein Witz, wenn du das machst, schmeiß ich gleich 'ne Runde."

"Wat? Du?"

"Ja sicher, geh!"

"Na jut... Aaba den Witz, also det is doch keen Witz ..."

Sie wippte mit Ihrem Pferdeschwanz kompetent auf den Ledersessel zu und beugte sich diskret über den Sessel vom Mikki. Ich meine: Das ist gar nicht so leicht, sich über was zu beugen, wenn man nicht mal einssechzig ist. Da hörte ich Mikkis Stimme durch die schmierige Musik hindurch schneiden. Er hatte seine Lautsprecher aus Versehen auf Schöneberg gestellt und brüllte völlig ungeniert raus, wie es nun mal so seine Art ist:

"Ja, was soll ich denn mit GinTonic, Himmelnochmal? Schampus!", und seine Glubschaugen blähten sich auf.

"Was schreist du so?", sagte ich und drehte mich auf eine Weise um, die mich total an John Wayne erinnert. So aus den Schultern heraus. Eine echt coole Bewegung, aber wenn man nicht aufpasst, kann man sich dabei doll verrenken.

Der Mikki brüllte: "Albrecht! Da bist du ja endlich! Was ist? Hast du Rückenschmerzen?"

"Quatsch" John Wayne hat keine Rückenschmerzen.

"Wenigstens hast du dich beeilt!"

"Nee, ich war schon da, als du angerufen hast."

"Jaja. Egal, das Wichtige ist ..."

Und er ließ seine Froschaugen überall durch den Raum wandern als hätte er einen Schlag mit einem gefrorenen Lachs ins Genick bekommen. Ich kannte diese Symptome nur zu gut: Es war schon das zweite Mal in dieser Woche.

"Mikki, sag dass das nicht wahr ist! Nicht schon wieder!"

"Doch!"

"Oh Gott!"

"Doch! Was für ein Mädchen, Albrecht! Die ist es! Endlich hab ich die Frau fürs Leben; wunderbar, intelligent und frisch, und hat diesen herrlichen Sinn für Humor ... Ach! Hier, Prost! Ich lad dich ein!" Er machte das internationale Zeichen für große Brüste, und dabei muss ich immer an die Jenny Epstein denken, aber die meinte der Mikki nicht.

Ich sagte: "Gut gemacht!"

Der Mikki liebt große Auftritte, und das interessante an ihm ist, dass er sogar einen Auftritt hinkriegt, ohne dass er dafür aufstehen muss.

"Susi! Ich schmeiß ne Runde; für dich auch!"

Susi guckte, rümpfte kurz die Nase und wedelte mich an, aber sie hat es nett gemeint; das hab ich an der Art und Weise sehen können, wie sie das gemacht hat. Dabei wackelt ihr immer der blonde Pferdeschwanz hin und her. Toll!

Ich ließ mich aber nicht lange ablenken, sondern: Ich hab mein Kinn in die Hand genommen und schaute Mikki an, wie ein Arzt, der es mit einer berühmten Hautkrankheit zu tun hat, aber von der er sich die Symptome noch mal kurz zusammenzählen muss.

Ich sagte: "Und wer ist es heute?"

"Albrecht, bitte! Was soll das?"

"Entschuldigung, ich meinte: Ähm, wer ist denn die Glückliche, kennst du ihren Namen? Habt ihr schon miteinander gesprochen?", das sagte ich so, wie derselbe Arzt, wenn man ihm gerade erklärt hat, dass es keine Hautkrankheit ist, sondern ein neues Make-up aus Nordkorea, und dass dieser Arzt überhaupt keine Ahnung von den Sachen hat, die in der Welt was zählen. Mikki tat so, als hätte er überhaupt nicht zugehört.

Er sagte: "Sie heißt Charlotte und kommt aus Genf, stell dir vor, sie kann kaum Deutsch, sondern nur Französüsch und ein bisschen Englüsch, aber das klingt genauso wie ihr Französüsch." Er rülpste ganz ungeniert.

"Ja, und?"

"Mann, ist die süß! Ich nenne sie mein Zwiebelchen, und sie sagt dann immer Dswiebölschön! Und schaut mich an wie ein, wie ein..." Und dann hat er sich total krankgelacht, der Mikki, so als hätte man ihm die Bronchien ausgebaut. Aber der Punkt ist: Dem Mikki, dem ist nie was peinlich, und das muss man ihm genauso hoch anrechnen wie vorwerfen.

Ich sagte: "Eine wunderbare Grundlage für eine echt tiefe Beziehung, vor allem, wenn ich daran denke, dass du selber überhaupt kein Französisch kannst, Mikki."

"Wieso sagst du denn jetzt so was? Das ist unfair! Es ist doch nicht Charlottes Schuld, wenn ich schlecht in der Schule war, du Kaulquappe.”

"Das stimmt wohl." Weil: Ich bin halt ein Mann, der zugeben kann, wenn er mal nicht an alles gedacht hat.

Der Mikki sagte: "Siehst du, also hack bitte nicht auf dem armen Mädel rum. Sie ist außerdem nur Schweizerin." Mikki ähnelt immer mehr einem Frosch, der sich für was Besseres hält.

Ich sagte: "Ist das jetzt ein mildernder Umstand oder was?”

"Ja genau"

"Hübsch?"

"Hübsch? Die schönste Frau der Welt, Albrecht! Was für Augen, das Haar! Diese Hände!"

"Und der Mund erst?", riet ich, denn ich kenn ja die Symptome.

"Ja! Die Lippen sind wie ... Woher weißt du das?"

Der Frosch wurde etwas misstrauisch.

Ich sagte: "Nur geraten."

"Ahso."

"Ja."

"Ok!"

"Ehrlich jetzt"

Das Gespräch drohte an diesem Punkt zu versanden, aber die Susi kam auf ihre kompetente Art genau im richtigen Moment herbei und hat Zigaretten auf einem Tablett gebracht, weil: Der Mikki raucht schlimmer als ein Diesel.

Die Schachtel so halb ausgezogen und die Streichhölzer elegant oben in die Klappe reingeklemmt, die Euromünze Restgeld in der durchsichtigen Schürze vorne drin mit dem Adler nach vorn, absolut kompetent, die Susi mit ihrem Pferdeschwanz.

Mikki drehte sich um und schaute ihr ins Gesicht.

"Ich bin nämlich frisch verliebt, Susi."

"Na, det ist ja mal ganz wat Neuet, zur Abwechslung."

"Doch ehrlich, diesmal ist es auch die Richtige."

Susi richtete sich auf.

"Ick bin froh, dass du so offen zu mir bist, Mikki", sagte die Susi und schaute sich um, ob jemand etwas bestellen wollte, aber sie hatte Pech: Keiner wollte was, und sie musste bei uns bleiben.

Der Mikki sagte: "Komm, du bist doch nicht noch beleidigt wegen damals?"

"Nee! Außadem ha’ ick ja selba Schluss jemacht."

"Hast du nicht!"

"Ha' ick wohl!"

"Weißt du, Susi, ich arbeite an mir und versuche, meine Fehler nicht zu wiederholen. Was? Lach nicht so blöd, Albrecht!"

Sie sagte: "Aba zum Rauchn müssta hoch in die Lounge."

So ist das immer mit Mikki. Gleich viel Taktgefühl wie eine Herde Gnus beim Überqueren des Urinoco oder wo das da ist, wo die Gnus massenhaft durch das Wasser rennen, dass die Krokodile sich überlegen, ob sie Vegetarier werden oder sich lieber gleich freiwillig als Handtasche melden sollen.

"Wollta vorher noch wat trinken, Jungs?"

"Ahm, ja, ich nehm Gin Tonic."

Weil: Er trinkt wirklich immer Gin Tonic, der Mikki.

"Kann ich ein Mokka haben?"

"Gibt's hier nicht, weeßte du doch!"

Und weg war sie, um woanders kompetent zu sein.

"Jedenfalls, dachte ich, gehen wir heute Abend ins Felix, und du kommst mit", strahlte Mikki wie der wachhabende Scheinwerfer auf einer Skipiste.

"Oh nein! Sicher nicht! Und: Wer ist wir?"

Das wollte ich schon vorher wissen. Weil: Ich kenn doch den Mikki.

Er sagte: "Stell dir vor, Charlotte hat gesagt, sie bringt sogar ein paar Freunde mit."

"Freunde?"

"Freundinnen!"

"Hast du Freunde gesagt oder Freundinnen?"

"Ich hab Freundinnen gesagt!"

"Du hast gesagt: Freunde!"

"Freundin"

"Ach so ...?"

Der Mikki hat mir die Hand auf die Schulter gelegt und mir alles genau erklärt. Dabei hat er mich voll und ganz in seine Alkoholfahne gewickelt.

Er sagte: "Das liegt an dem Sprachfehler, den sie hat, sie verschluckt immer die Endungen, sie meinte ganz sicher: Freundinnen, ganz viele süße Freundinnen - alle aus der Schweiz! Ich könnte da an deiner Stelle nicht neutral bleiben."

Dann hat er auf einmal ganz blöd angefangen zu kichern.

"Was?"

"Neutral - Schweiz! Mann, Albrecht, denk doch mal nach, Mann, die Schweiz! Da könnte ich nicht neutral bleiben ... Hahahahahaaha! Gut, was?" Und er hat sich absolut kaputtgelacht über diesen schlappen Witz. Als er fertig war, hat er damit angefangen, in einem vollkommen lächerlichen französischen Akzent die Wörter "Freunde, Freundin und Freundinnen" so lange auszusprechen und zu vergewaltigen, bis sie wirklich alle drei genau gleich geklungen haben.

Er sagte: "Siehst du? Was hab ich gesagt? Freundin! Zufrieden?”

Mikki liebt den Triumph. Aber mir war das nicht so eindeutig...

Ich sagte: "Warum hab ich nur schon wieder dieses Gefühl?", und ich meinte ganz genau, was ich sagte.

"Was denn für ein Gefühl?"

"Das Pompeji-Gefühl ..."

"Fang nicht wieder davon an, Albrecht, das bringt Unglück, weißt du doch!", seine Glubschaugen traten einen Schritt vor, manchmal glaube ich, er macht das direkt mit Absicht, nur um mich zu ärgern.

"Doch, ich hab wieder das Pompeji-Gefühl."

"Wo sind denn hier die Aschenbecher? He, Wirtschaft!"

Die Susi sagte: "Ick hab doch gesagt: Zum Rauchn müssta hochgehn!"

Ich habe nämlich manchmal das Pompeji-Gefühl: Das ist, wenn man genau spürt, dass das, was man gleich tun wird, todsicher ganz absolut falsch ist, und man macht es trotzdem: Das nenne ich das Pompeji-Gefühl. Weil: Das hab ich mal im Fernsehen gesehen, als ich noch einen hatte: In Pompeji, da muss das damals so gewesen sein, dass immer wieder mal jemand zu den Einwohnern da gesagt hat: "Leute, das ist nicht okay, wenn ihr euren Vulkan da ständig anbohrt, nur weil ihr heißes Wasser haben wollt. Schaut mal: Eines Tages fliegt uns die ganze Scheiße hier um die Ohren, und dann will es wieder keiner gewesen sein."

Der Mikki sagte: "Du hast wieder dein idiotisches Pompeji-Gefühl, sagst du?"

"Ja, allerdings!"

"Albrecht?"

"Ja?"

"Dann hör sofort auf damit. Das ist absoluter Voll-Quatsch, du Lurch.”

So ist es mit dem Mikki fast jedes Mal, und da gibt es nur eins: Zum Gegenangriff.

Ich sagte: "Ganz genau wie damals, als du..."

"Also, kommst du jetzt mit ins Felix oder nicht?"

Ich sagte: "Auf überhaupt gar keinen Fall!"

"Och, bitte!"

"Vergiss es, Mikki!"

"Bitte, Bitte, Bitte, Bitte, es gibt ganz bestimmt viele kleine Freundinnen aus Genf, und ich brauche einen Wingman."

"Die Antwort lautet: Nein! Aus! Ende!"

"Oder aus Lausanne! Denk doch nur: Lausanne! Sagt dir das nichts? Lausanne!", er bewegte seine Hände wie ein Zauberkünstler, dem rein gar nichts mehr einfällt. Absolut lächerlich!

Ich sagte: "Nö!"

"Lausanne! Weckt das in dir nicht ein warmes Gefühl für... ähm, also die Schweiz?"

"Leider nicht!"

"Ach, jetzt komm doch schon mit!"

"Letztes Wort ist: Njet!"

"Na gut, dann trinken wir halt hier noch einen ...", sagte Mikki und hat ein Gesicht gemacht wie ein depressiver Frosch, aber er hatte auch einen lauernden Ausdruck in seinen Froschaugen, und ich muss sagen, das wirkt ziemlich grotesk, wenn man nicht gerade eine Mücke ist. Ein depressiver Frosch, der dich lauernd anschaut, aber das funktioniert bei mir nicht.

Jenny läuft ein

Ein paar Drinks später standen wir vor dem Felix und schauten uns die Schlange an, die sich vor uns an den Türstehern vorbeischlängelte und im Dunkeln verschwand. Wir kamen Schritt für Schritt näher und konnten schon die donnernde Musik hören, das Lachen und das Geräusch von vielen Menschen, die sich durch dunkle Räume schieben lassen und dafür auch noch Geld bezahlt haben.

Man konnte merken, wie jeder Schritt voran die Spannung größer wurde. Mikki sog Luft durch die Nase ein und schaute in die unendlichen Weiten des Weltraums, die aber in Wirklichkeit direkt vor dem Brustbein eines Security Typen endeten, der so aussah, als würde er jeden Morgen ein paar unendliche Weiten mit Milch übergießen und dann einfach wegfrühstücken.

"Der Duft der Nacht! Tausend jungfräuliche Parfüms, die sich mit Tabakgeruch und süßem Schweiß paaren... ", Mikki schnüffelte herum.

"Was hast du gerade gesagt?"

"Oh, und jetzt auch noch billiges Haarspray, hier ganz deutlich! Wenn du wüsstest, wie mich das anmacht, Albrecht!"

"Mikki, hör auf! Lass das!"

"Ich mein doch gar nicht dich!"

"Achso?"

"Du musst nicht immer alles gleich auf dich beziehen, Dummkopf!"

"Hm ..."

"Beziehst immer alles auf dich."

"Ja! Vor allem, wenn man mit mir spricht, mich dabei anschaut und anfasst."

Weil: Der Mikki kann seine Finger nicht für sich behalten. Ich muss mir immer das Hemd wieder reinstopfen.

Er sagte: "Ich hab dich gar nicht angeschaut."

"Kam mir aber so vor."

"Siehst du, du beziehst immer alles gleich auf dich. Ah, komm, wir sind drin."

Es hat sich rausgestellt, dass zwischen der Charlotte und dem Mikki praktisch keine Sprachbarriere bestand, weil: Die Musik war so laut, dass sie überhaupt nicht hören konnte, was er sagte, und er wusste, dass es egal war, was er sagte, und so waren alle zufrieden. Mikki konnte reden, Charlotte konnte lachen. Von irgendwelchen Freundinnen war zwar keine Spur, aber ich bin nicht der Typ, der dann beleidigt ist und den Leuten den Abend verhunzt.

Stattdessen weiß ich ganz genau, was sich gehört. Ich schob ab und hab mich bis zu den übrigen Ureinwohnern und Außerirdischen durchgeboxt und machte ein arrogantes Gesicht. Das macht man halt so im Felix. Du musst so ein Gesicht machen, als wärst du im Prinzip überhaupt nicht da, weil: Dann wirst du schneller bedient am Tresen.

Später stand ich an der Balustrade oben und schaute über die Tanzfläche, als ich unten irgendwo ein paar Arme herumwedeln sah. Ich hab sofort gewusst: Das gilt mir! Ich bezieh das gerne auf mich, wenn ich sehe, wie jemand winkt und so lerne ich oft ganz neue Leute kennen, und nach paar Tagen führst du schon Beziehungsgespräche mit Leuten, die du gar nicht richtig kennst. Da hat der Mikki schon recht, ich beziehe immer fast alles auf mich, weil ich eben nun mal da bin, in meiner Welt genau in der Mitte von der Zielscheibe. Deswegen hab ich hingeschaut. Und das war falsch. Da! Schon wieder: Da waren drei Leute und lachten mich an und winkten und hüpften. Ich schaute näher hin.

Eine Stimme brüllte: "Aaaaalbreeeeeecht!"

Vorsichtshalber hab ich mal zurückgewinkt, aber ich hab erst mal darauf verzichtet, selber etwas zu rufen, weil ich nicht gesehen habe, um wen es sich da genau gehandelt hat, der da winkte, denn es wurden auf einmal immer mehr Arme, bis schließlich die ganze Tanzfläche für kurze Zeit dieses neue Wedelmotiv aufnahm und zur Balustrade hoch winkte, bevor eine neue Mode sich durchsetzte und man was anderes tanzte. Das ist halt so im Felix: Da ist man anfälliger für neue Moden als die ganze Toskana zusammengenommen. So ein Typ neben mir hat mich auf einmal angeschaut.

Er sagte voller Interesse: "Eh. Biss du n Prromi oda was?"

"Ich? Ach, nur bei den primitiven Leuten, wie denen da unten."

"Ahso ..."

Und damit ist sein Interesse auch schon wieder weg gewesen. Aber der Punkt ist: Es ist gut, wenn man oben ist und die primitiven Leute unten sind, nur das bleibt ja nie so, wie die Weltgeschichte ganz eindeutig gezeigt hat.

Ich schaute wieder nach unten. Die Leute mit den Armen waren weg, und ich stellte mich wieder an die Balustrade, da kam der Aufprall: Zwei Mädchenarme kamen von hinten um meine Schulter, während noch zwei andere Arme versuchten, mir von vorne den Kopf abzureißen. Gleichzeitig schlug mir ein Berg-Gorilla so stark auf die Schultern, dass meine Schneidezähne zwei Meter vor meinem Kopf zu klappern anfingen, bevor ich sie wieder einfangen konnte.

Ich sagte: "Monie! Steffi! Tom! Was macht ihr denn hier?"

"URLAUB!!", schrie Monie.

"Ich dachte, ihr seid in Freiburg?"

"Göttingen!"

"Ah, seid ihr nicht in Göttingen?"

"Da kommen wir grade her", schrie Monie.

"Was?"

"DA KOMM' WIR GRAD HER!", schrie Monie.

"Komm wir trinken erst mal einen, da hinten ist es leiser"

"Ok!"

"Oke?"

"OKAY!", schrie Monie.

Wir sind dorthin, wo es etwas leiser war, aber immer noch so laut, dass keine Gefahr bestand, dass man sich zu viel sagen würde. Je älter ich werde, desto mehr bewundere ich die Weisheit, die in den Diskotheken eingebaut ist. Der Vorteil wird vor allem klar, wenn man alte Freunde wieder trifft, die man lange nicht gesehen hat, weil sie sich dazu entschlossen haben, nach Göttingen zu ziehen und die dann eine Menge persönlicher Nachrichten über Göttingen mitbringen, die ich wiederum überhaupt nicht hören will.

Göttingen liegt, soviel ich weiß, irgendwo hoffentlich ganz weit weg und meine Schwester Felizitas sagt, dort studieren die Terroristen und solche, die sich nicht ganz trauen, welche zu werden.

"Und, was läuft so?", fragte Tom.

"Bei mir?"

"Ja"

"JA", schrie Monie wieder vor lauter Begeisterung oder vielleicht auch schon aus Gewohnheit. Deswegen hab ich das Thema gewechselt.

Ich sagte: "Wo wohnt ihr denn?"

"Na, in som Hostel in Mitte."

"Ist das gut?"

"Nee, keine Duschen."

"Ach, komm!"

"DOCH, EHRLICH! ALLE KAPUTT!"

"Ja, und das geht?"

"NEIN", brüllten sie alle zusammen.

"Okay, passt auf, ich wohn auch in Mitte, ihr könnt bei mir duschen, wenn ihr wollt...", sagte Albrecht, der Idiot.

"Jetzt gleich? Cool! Wir sind schon zwei Tage ohne."

"ECHT NETT!"

"Cool, danke! Komm wir trinken noch einen und dann gehen wir gleich", sagte Tom und: "Ähm, und könnten wir bei dir auch 'ne Waschmaschine laufen lassen oder zwei so?" Das Ding ist: jemand sagt was, und Albrecht, der Idiot, muss gleich etwas für ihn tun.

Weil: Ich kann nicht einfach sagen: "Okay, das ist sicher schlimm für dich, aber jetzt bist erst mal du dran, Bier zu holen, also schwing schon gefälligst die Hufe!"

Ich hab Tom meinen Schlüssel gegeben und er mir das Versprechen, dass ich, wenn ich später heimkommen würde, eben diesen Schlüssel unter meiner Fußmatte finden würde, wenn alle geduscht und müde in ihren Betten im Hostel liegen würden. Ist ja nicht weit von da, wo ich wohne, im Grunde nur ums Eck, wenn man es nicht so genau nimmt. Ich schaute den Freunden, oder was sie waren, nach und sagte ganz ohne die Hilfe vom Großhirn: "Göttingen!"

Da hat mir ein euphorischer Mehlsack auf die Schultern gehauen, dass mir die Grundmauern gewackelt haben, immerhin: nach der Erfahrung mit dem waschsüchtigen Berggorilla namens Tom, eine leichte Verbesserung in der Gewichtsklasse. Aber das eine versteh ich echt nicht: Nur weil ich ein breites Kreuz habe, denken immer alle, sie müssten, die ganze Zeit drauf herumdreschen.

Der Mikki sagte: "Was stehst du hier so allein rum, du oller Miesepeter?"

"He, Mikki! Na?"

"Auf, komm, ich muss dir jemand vorstellen!"

"Aber ich hab Charlotte schon gesehen..."

"Nein, Agnieska! Albrecht, das ist eine Frau! Was für Augen! Was für Beine!"

"Und Charlotte?"

"Komm schon mit!"

"Ja, aber Charlotte?"

"Ach was! Charlotte! Schau, da hinten sitzt sie mit ihrem Schweizer Gesocks. Interessiert mich nicht mehr." Und ich schaute dorthin, wo Mikkis Daumen hinzeigte, und ich sah Charlotte in tiefer Umarmung mit einem Typ, der wahrscheinlich auch aus der Schweiz kam, jedenfalls dachte ich mir das so, seiner Frisur nach zu urteilen.

"Ist das auch ein Schweizer?"

"Und wie! Schau dir doch nur mal seine Frisur an!"

"Er ist wohl einer der 'Freundinnen'?", und ich wollte ihn damit treffen, den Mikki, weil: Wir schenken uns nichts, wenn es um Witze geht, der Mikki und ich.

Er sagte: "Was?"

"Sie hatte anscheinend ihren kleinen Kavalier dabei?"

"Ach, nicht der Rede wert, Albrecht, entspann dich: Die Frauen sind alle gleich, … ist das nicht herrlich?"

"Wie jetzt?"

"Ja, wenn ich es dir sage ... alle gleich, die Frauen! Stell dir mal kurz vor, sie wären individuell verschieden!"

"Das tu ich ja grade ..."

Es wurde mir auf einmal kalt.

"Ich versteh, was du meinst!"

"Dann wär doch hier die Hölle los!", sagte der Mikki.

"Ist sie das denn noch nicht?"

"Nee! Quatsch, schau dich um!"

"Ja, furchtbar!"

"Ich finde das toll, hier!", sagte er und blähte seine Glubschaugen wieder auf.

"Also: Wer ist Agnieska?"

Er erinnerte sich an das, was er vor paar Sekunden gesagt hatte.

"Ahja! Was für eine Frau, wir haben uns vor dem Frauenklo getroffen, sie stand da - und ich stand auch da und dann auf einmal... kamen wir ins Gespräch."

"Frauenklo?"

"Albrecht, bist du betrunken?"

"Nein, stocknüchtern ..."

"Achso, daran liegt’s; komm jetzt endlich mit! Ich muss sie dir zeigen. Sei doch nicht so bockig!"

"He, lass mich los!"

"Dann beweg dich eben mal, du träges Reptil!"

"Aber ich bin überhaupt nicht bockig, nur schwer von Begriff, und ich frage ja auch bloß: Im Frauenklo getroffen?" Und ich musste mir wieder das Hemd reinstecken, weil: Der Mikki grabscht immer.

"Nein, in der Schlange davor, du Halb-Akademiker! Da sind immer die besten, man muss sich einfach nur auch da hinstellen und schon... Zack! Lernt man sich kennen. Wie die dastand mit ihren langen Beinen und dem Kleidchen, wie eine Göttin. Ich liebe brünett."

"Aha! Ein neuer Trick."

"Komm werd erwachsen, Mann, das ist doch uralt. Jedenfalls Agnieska und ich! Albrecht! Wir sind Soulmates! Wir haben genau den gleichen Sinn für Humor, und wir beide mögen Gin Tonic! Albrecht, ich werde sie heiraten und viele kleine Longdrinks zeugen...", er fummelte mir aufgeregt am Hemdkragen rum, und ich musste ihm auf die Finger hauen, um ihn zu stoppen.

Ich sagte: "Ein Umstand, den es auf jeden Fall abzuwenden gilt."

"Was?" Die Musik war bisschen laut, das stimmt.