Mitten ins Herz - Seleni Black - E-Book

Mitten ins Herz E-Book

Seleni Black

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Beschreibung

Die Welt, in der Menschen und Vampire friedlich zusammenleben, gibt es nicht. Doch für Gerechtigkeit sorgen der Orden und seine Jäger. Neue Kämpfe, neue Zusammenkünfte. Altgedientes muss sich ändern. Aber was tut man, wenn die Gefahr von allen Seiten kommt? Blaise ist verwirrt, denn man verlangt von ihr, dass sie sich an etwas Bestimmtes erinnern soll. Nur was? Eigentlich wollte sie nach ihrem Abschluss, dabei helfen ihre Heimat zu sichern, aber es kommt alles anders. Sie bekommt nicht nur einen Partner an die Seite gestellt, nein, sie findet Hinweise die darauf schließen, dass etwas Großes bevorsteht. Dabei spielt eine Person aus ihrer Vergangenheit, eine tragende Rolle. Kann sie sich erinnern und wird sie es schaffen, genug Informationen zu sammeln, um ihre Stadt zu retten? Vincent Hunt geht Kompromisse ein, um weiter hoffen zu können. Doch gestaltet sich das alles andere als einfach, denn ständig steht ihm etwas im Weg. Noch dazu, gibt es eine wachsende Zahl an Bedrohungen. Nur gemeinsam mit anderen Jägern, ist es möglich, sich dem entgegenzustellen. Doch zu welchem Preis? ------------------------------------------------------------------- Dies ist der zweite Teil der Shadow Slayer Reihe. Es entspricht 343 Taschenbuchseiten. ------------------------------------------------------------------- Dieses Buch enthält explizierte Erotikszenen und sollte nicht von Minderjährigen gelesen werden.

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Seleni Black

 

 

 

 

 

Mitten ins Herz

 

 

Copyright © 2021

Seleni Black

Kontakt: [email protected]

Covergestaltung: Copyright © 2021

Seleni Black

Coverbilder: Adobe Stock

Korrektur:

Annett Heidecke

Katharina H.

Beth B.H.

 

Stand: September 2021

 

Erste Deutsche Auflage

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

 

Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten oder Organisationen sind rein zufällig.

 

 

 

Alles verändert sich, wenn man vergisst. Man wird geboren und man stirbt. Alles dazwischen ist eine Geschichte, mit vielen Wendungen.

 

Vergessen konnte eine Wohltat sein. Alles, was einen belastete, verschwand und man konnte seine Arbeit machen ohne den ständigen Druck der Erinnerung.

Doch wie konnte man vergessen? Ging es bewusst vor sich oder einfach so? Niemand konnte einem sagen, wie genau das Vergessen vonstattenging. Doch was tat man, wenn man sich an etwas zurückerinnern wollte? Wie bekam man Erinnerungen zurück?

Musste man an die Stellen zurückgehen, die damit verbunden waren? Sollte einem davon erzählt werden, was man vergessen hatte? Doch die wichtigste Frage von allem: Warum sollte man sich erinnern wollen?

 

Ab dem Moment meines Abschlusses an der Academy des Ordens, sagte man mir, ich hätte etwas vergessen. Beziehungsweise, jemanden. Aber warum sollte ich jemanden vergessen wollen?

Ich hätte es als Scherz abgetan. Doch als selbst mein Vater mich auf die angeblich vergessene Person ansprach, wurde ich misstrauisch. Allerdings war dies nicht mein einziges Problem, denn vor nicht mehr als einer Woche, hatte ich jemanden gesehen, von dem ich geglaubte, es nie wieder tun zu müssen.

Also musste ich zum Anfang zurück. Angefangen damit, dass ich ein klärendes Gespräch mit einer gewissen Person führen wollte.

 

Warum vergessen?

 

 

Während ich meine Tasche packte, versuchte ich, einen Weg zu finden, das alles abzuwenden. Doch nachdem ich mein Zimmer verlassen hatte und Blaise auf der Terrasse stehen sah und ihre Haltung bemerkte, wurde mir klar, dass ich in diesem Moment nichts tun konnte.

In dem Augenblick, indem ich die Hütte verließ, nahm ich mir fest vor, dass dies nicht das Ende sein würde. Nur eine kleine Pause, damit die Gemüter sich beruhigen konnten.

 

***

 

Als ich zwei Tage später in meinem alten Gebiet ankam, ging ich mich auf direktem Weg in das Büro des Oberst.

„Mister Hunt, schön dass Sie da sind. Jedoch dachte ich, dass Sie die Zeitverlängerung auch nutzen würden“, begrüßte er mich.

Ja, ich hatte die Verlängerung bekommen, einen Tag zu spät.

„Es hat sich herausgestellt, dass sie nicht mehr nötig war.“

„Nun gut. Ich habe hier eine Anweisung für Sie.“

Man reichte mir eine Mappe und als ich sie aufschlug, konnte ich nicht verhindern, dass ich große Augen bekam. „Warum muss ich zum Großmeister?“

„Glauben Sie ernsthaft, ich frage nach, wenn ein Befehl von allerhöchster Stelle kommt?“

Da ich die Antwort kannte, schwieg ich.

„Sie sollten sich auf den Weg machen. Die da oben warten nicht gerne.“

Ich schlug die Mappe zu und verließ das Büro.

 

***

 

Es dauerte drei Tage, bis ich in New York ankam. Vielleicht auch, weil ich mir bis zum letzten Moment Zeit ließ. Das letzte Mal, als ich mich dem Hochhaus genähert hatte, wurde ich strafversetzt.

Nun schritt ich die Stufen nach oben, bis ich am Eingang ankam. Am Empfang bat man mich, meine Waffen abzugeben, was mich zum Lächeln brachte. Nach einigem Hin und Her, einigte man sich darauf, dass ich meine Hände dort ließ, wo man sie sehen konnte und zwei Wachmänner mich begleiten würden. Oben angekommen, wurde ich in ein Büro geführt, das äußerst geräumig war.

„Setzen Sie sich, Mister Hunt.“

Der Vampir hinter dem Schreibtisch deutete auf einen der Stühle. Ich machte nicht den Fehler, ihn zu unterschätzen, denn dieser strahlte pure Macht aus. Daher setzte ich mich und wartete.

„Ich habe schon viel Gutes von Ihnen gehört, Mister Hunt.“

Ein Kompliment? Da musste noch mehr kommen.

„Allerdings genauso viel Schlechtes. Man sagte mir, dass Sie recht unbeherrscht sein können. Hat sich das in den letzten Jahren geändert?“

„Ich gebe mir Mühe“, war meine schlichte Erwiderung.

„Selbstbeherrschung, sehr gut.“ Nachdenklich blätterte der Großmeister in der Mappe, bevor er sie zuklappte und mich direkt ansah. „Sind Sie ein ehrlicher Mann?“

„Niemand ist perfekt.“ Dafür bekam ich ein kurzes Augenbrauenzucken zur Antwort. „Ist mir die Frage gestattet, warum genau ich hier bin?“

„Für den Anfang, um mir Antworten zu geben. Was danach kommt, entscheide ich anschließend.“

Allmählich machte ich mir doch Gedanken.

„Wie waren die letzten Jahre und ich will eine ehrliche Antwort.“

„Zum Kotzen.“ Es zuckte kurz um den Mund des Mannes, was mich doch erstaunte, dass er dazu fähig war.

„Jetzt sehe ich, warum Sie sich mit meiner Tochter so gut verstehen.“

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Verzeihung?“

„Später!“ Er faltete seine Hände und betrachtete mich ruhig. „Die Zeit der Ausbildung hat Ihnen also nicht gefallen? Und trotzdem sehe ich Veränderungen bei Ihnen. Laut der Berichte, die vorliegen, waren Sie ein eher gleichgültiger Ausbilder, bis auf das letzte Jahr. Was hat sich geändert?“

„Nicht etwas hat mich verändert, sondern jemand.“

„Was Ernstes?“

„Hoffentlich.“

„Was ist das Problem?“

„Ich musste übereilt gehen und hatte keine Chance, es zu erklären.“

„Man sagte mir, es gab eine Fristverlängerung. Warum also gab es Erklärungsschwierigkeiten?“

„Die Verlängerung kam einen Tag zu spät. Außerdem hat jemand dazwischengefunkt.“

„Ah, ja. Der andere Freund. Simeon, nicht wahr?“

„Richtig.“

„Erklären Sie es mir!“

Dies war keine Bitte.

„Ich habe den Brief meiner Einberufung unter Unterlagen versteckt, bis ich das mit der Verlängerung geklärt hatte. Nur schien ihr Freund der Meinung zu sein, etwas vorgreifen zu müssen.“

„Er ist verliebt in sie?“

„Es sieht so aus.“

„Unternehmen Sie etwas?“

„Das ist nicht so leicht. Blaise ist der sturste Vampir, den ich seit sehr langer Zeit gesehen habe.“

„So war sie schon immer, doch beantwortet das nicht die Frage.“

„Stimmt.“ Ich atmete tief durch. „Ich werde es versuchen.“

„Erzählen Sie mir alles über die Ausbildung und das Können von Blaise.“

Mein Blick ging über den Schreibtisch, bis mir etwas auffiel. „Ich bin mir sicher, dass ich Ihnen nichts erzählen könnte, was Sie nicht längst wissen.“

„Sehr gut, Mister Hunt.“

Eine Tür hinter mir ging auf und wieder zu. „Das ist eine Wendung, die noch nicht einmal ich habe kommen sehen“, bemerkte ich, nachdem ich mich der Person zugewandt hatte.

„Da sich die Herren ja bereits kennen, können Sie sich zusammentun und man wird Ihnen alles Weitere erklären. In wenigen Tagen kommen wir wieder hier zusammen. Bis dahin wird man Ihnen eine Wohnung zuteilen und Aufträge geben.“

Scheinbar war das Gespräch beendet. Doch Antworten hatte ich kaum bekommen.

 

Flashback

 

 

„Blaise, kennst du den Mann?“, wollte Vater von mir wissen.

Diese Frage überraschte mich. Doch nachdem ich den Mann angesehen hatte, konnte ich es nur verneinen. Als ich dies tat, hatten mein Vater und der Doc, den ich schon so lange kannte, einen seltsamen Blick gewechselt.

Nachdem Vater hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen war und zu mir sagte „Erinnere dich“, war ich nur noch verwirrter. Was meine Frage „Woran?“, wohl auch zum Ausdruck brachte. Doch erhielt ich keine Antwort, sondern konnte ihn nur fluchen hören und so etwas wie „Stures Ding“, aufschnappen.

Nachdem er sich gefangen hatte, gab er mir einen Auftrag, etwas wiederzufinden. Jedoch nicht allein. Nein, genau mit dem Mann, von dem irgendwie jeder glaubte, dass ich ihn kennen müsste.

 

Nun stand ich in dem Labor, das Doc zu gehören schien, und wartete darauf, dass ich weitere Erklärungen bekam. Den Doktor kannte ich nun schon so viele Jahre, doch nie hatte er mit einem Wort erwähnt, dass er meinem Vater direkt unterstellt war. Das würde ich einmal in einer ruhigen Minute mit ihm besprechen müssen. So viel stand fest.

„Also gut, wo fange ich am besten an?“, fragte Doc mehr in den Raum hinein, als an jemand bestimmten gerichtet.

„Wie wäre es damit: Du erzählst mir, warum du mit keinem Wort erwähnt hast, dass du eigentlich hier arbeitest und nicht in der Academy?“

„Ich habe dort gearbeitet, bis man mich hierher zurückgerufen hat. Dass ich dir nichts davon gesagt habe, lag allein daran, dass ich es für nicht relevant hielt.“

Gut, es stimmte. Wo er arbeitete, ging mich im Grunde nichts an. Doch war ich trotz allem der Meinung, dass wir offen zu einander waren.

„Schön, dann erzähl mir, worum es bei dem Auftrag geht?“, forderte ich ihn auf.

Er legte seinen Kopf etwas schräg und schien über irgendetwas nachzudenken, schüttelte ihn allerdings kurz darauf. „Es geht um ein Heilmittel, das ich entwickelt habe. Dieser erste Prototyp ist der Anfang für etwas sehr Großes.“

„Was genau soll es denn heilen?“, hakte ich nach.

„Die Verwandlung zum Geure“, teilte er mir mit.

„Was? Das ist möglich?“

„Mit diesem Mittel, durchaus.“

„Und warum stellst du nicht einfach ein neues her?“, wollte ich wissen. Wenn er es schon einmal geschafft hatte, würde er es doch bestimmt wieder hinbekommen.

„Das ist nicht so einfach. Die Zutaten, aus denen ich das Mittel herstellen konnte, stehen mir derzeit nicht zur Verfügung. Irgendwann vielleicht wieder, doch momentan muss ich das, was entwendet wurde, wiederbekommen.“

Er verschwieg mir etwas, das konnte ich ihm ansehen. „Welche Zutaten brauchst du denn?“, fragte ich also direkt.

„Das ist noch geheim. So viel kann ich dir aber verraten, sie sind im Augenblick nirgendwo zu finden.“

Da hatte ich meine Bestätigung. Wenn er so geheimnisvoll tat, steckte weit mehr hinter der ganzen Sache.

„Ich würde euch gerne sagen, wo ihr mit der Suche anfangen sollt, doch warum auch immer, sind die Kameras ausgefallen. Somit wissen wir noch nicht mal, wer genau hier eingebrochen ist. Wir gehen zwar alle Besucher durch, doch bis jeden überprüft haben, wird noch einige Zeit vergehen.“

„Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt?“

„Das hoffen wir, von dir zu erfahren. Durch deine Begabung, bestimmte Gerüche in einem Raum wahrzunehmen, hoffen wir, dass du eine Spur findest.“

„Ist der Raum gesichert worden?“

„Ja! Das Personal, das dort arbeitet, steht dir zur Verfügung, sodass du diese aussortieren kannst. Was noch über bleibt, ist eure Spur.“

„Okay, zeig mir den Raum.“ Er bedeutete mir, ihm zu folgen.

Das Labor war top modern, was bei mir die Frage aufwarf, wie es jemand schaffte, hier hereinzukommen, ohne dass es irgendwer mitbekam?

„Hier wären wir. Diese vier Personen, einschließlich mir, sind die einzigen, die Zugang haben“, teilte mir Doc mit.

Langsam ging ich an den Personen vorbei, wobei ich ihre Nervosität wahrnahm. Bei einem von ihnen blieb ich stehen, schloss meine Augen und konzentrierte mich. Er schien nervöser als die anderen drei zu sein. Als ich meine Augen wieder öffnete, trat er sogar einen Schritt zurück. Etwas störte mich an ihm, was auch meine vampirische Seite hervorlockte.

„Blaise?“, sprach mich Doc an und riss mich damit aus meiner Konzentration.

„Hm?“, brummte ich nur.

„Wann hast du das letzte Mal getrunken?“

 

„Wann hast du das letzte Mal etwas getrunken?“, hörte ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf fragen.

Diese Frage wurde mir schon einmal gestellt, vor langer Zeit. Ich hatte in seinem Büro gesessen und mit ihm über meine Ernährung gesprochen. Kurz bevor er das Thema Schule ansprach und mir von einer neuen erzählt hatte. Dies war der Anfang, bevor sich alles in meinem Leben verändert hatte.

 

„Blaise?“, hörte ich nun Doc erneut.

„Was?“ Blinzelnd sah ich ihn an.

„Alles in Ordnung?“, wollte er wissen und wirkte besorgt.

Kurz schüttelte ich meinen Kopf, um die alte Erinnerung abzuschütteln. „Sicher“, antwortete ich knapp. „Erst vor ein paar Tagen“, gab ich ihm schließlich die Antwort auf seine vorherige Frage. Warum allerdings Hunt das zum Knurren brachte, war mir unklar.

Dieser und der Doc tauschten einen seltsamen Blick aus, bevor beide wieder mich ansahen. Scheinbar wusste der Mann mehr als ich.

„Okay, ich zeige dir nun das Labor“, teilte mir Doc mit.

„Die Leute sind noch nicht entlassen“, erklärte ich ihm und zeigte auf den Nervösesten von allen. „Besonders er nicht“, ergänzte ich. Dieser Hunt stellte sich so, dass er alle genau im Auge behalten konnte. Ich selbst wartete, bis sich die Tür vor mir öffnete und ich den Raum betreten konnte. Erst als sich die Tür hinter mir schloss, erfasste ich kurz meine Umgebung, machte meine Augen zu und fing an, langsam alles abzugehen.

Es roch nach Blut, Chemikalien und vielem mehr. Nach und nach filterte ich alles heraus. Was ich nicht gleich identifizieren konnte, suchte ich im Raum und sah es mir an. Dies tat ich immer und immer wieder, bis ich so gut wie jeden Geruch erfasst hatte. Nachdem ich auch die Personen herausgefiltert hatte, die hier arbeiteten, blieben nur noch eine Handvoll Gerüche, die ich nicht benennen konnte. Wobei, so ganz stimmte das nicht. Zwei kamen mir entfernt bekannt vor. Nachdenklich verließ ich das Labor wieder.

„Befragt ihn, irgendetwas da drin hat mit ihm zu tun oder zumindest mit jemandem, der ihm nahesteht.“

Wie aus dem Nichts tauchten zwei Wachen auf und griffen sich den Mann, der mir schon zu Anfang verdächtig vorgekommen war.

„Warst du schon mal in dem Labor?“, wollte ich nun von Hunt wissen.

„Nein“, erwiderte er ruhig und sah mich fragend an. „Warum?“

Nachdenklich zog ich meine Brauen zusammen.

„Das kann ich dir vielleicht erklären, warum du ihn eventuell dort wahrgenommen hast. Wir haben vor einigen Tagen eine Probe seines Blutes dort drinnen gehabt. Das ist nicht unüblich, auch von dir gab es schon eine Probe dort. Ich selbst habe sie untersucht“, teilte mir Doc mit.

„Das erklärt ein paar Punkte“, bemerkte ich immer noch nachdenklich. Nun, hier draußen auf dem Gang bekam ich einen Geruch in die Nase und begann, diesem zu folgen.

„Blaise?“, kam es nun von Hunt und die Frage hörte ich deutlich heraus.

Doch ich ignorierte ihn und lief weiter. Erst draußen vor dem Gebäude blieb ich stehen, sah mich um. Mein Blick ging zu einer Gasse, nicht weit von mir. Etwas daran kam mir bekannt vor. Langsam ging ich darauf zu.

 

„Miss, Vorsicht!“, hörte ich einen Wachmann rufen.

Mein Blickwinkel änderte sich und ich sah einen Geure auf mich zulaufen. Im nächsten Moment lag dieser auf dem Boden und mein Blick ging in die Gasse. Dort stand jemand, doch erkennen konnte ich ihn nicht.

 

„Blaise, stimmt etwas nicht?“, holte mich die Stimme von Hunt zurück ins Jetzt.

Ich bekam Kopfschmerzen, ein permanentes Stechen im Hinterkopf.

„Was ist los?“, wollte Hunt nun direkter wissen.

„Ich …“ Meine Kopfschmerzen wurden schlimmer. So stark, dass es mich auf die Knie zwang.

„Blaise, rede mit mir“, verlangte Hunt und die Sorge konnte ich deutlich hören.

Die Schmerzen waren unerträglich, ich brachte kein Wort heraus. Alles verschwamm vor meinen Augen und alles um mich herum wurde dunkel.

 

Aufklärung

 

Ein paar Tage zuvor

 

„Was genau geht hier vor, Doc?“, wollte ich wissen, kaum dass wir das Büro verlassen hatten.

„Es geht um ein gestohlenes Heilmittel gegen den Geure Virus. Ich habe Blaise doch vor kurzem Blut abgenommen. Dieses hatte ich erst kurz getestet und danach hier genauer untersucht. Es hat sich herausgestellt, dass die Kombination aus Ihrer Blutverbindung einen interessanten Nebeneffekt hat.“

Das durfte doch wohl nicht wahr sein!

„Soll das ein Scherz sein? Es ist ein Heilmittel entstanden?“

„Ja! Wenn ich die Probe zurückbekomme, kann ich hoffentlich herausfinden, wie der Aufbau ist. Doch die Probe muss schnell gefunden werden. Es zerfällt schnell und noch schneller, wenn es nicht richtig gekühlt wird.“

„Wie viel Zeit haben wir?“

Doc überlegte kurz. „Wenn ich davon ausgehe, dass es kühl liegt, etwa eine Woche, höchstens. Ich gehe aber von weniger aus.“

Das war ein Problem. „Kann man uns beiden nicht einfach Blut abnehmen und es zusammen mischen?“

„Ich wünschte, es wäre so einfach. Das, was ich bis jetzt herausgefunden habe, macht das Ganze um vieles schwieriger.“

„Doc, könnten Sie zur Sache kommen?“

Nun blieb er stehen und sah mich direkt an. „Endorphine sind nur ein Faktor, diese wiederum müssen durch starke Gefühle ausgelöst werden.“

Während er das sagte, sah er mich vielsagend an. „Oh“, war alles, was ich dazu erwidern konnte.

„Genau. Aber das ist nur ein Punkt. Bei Ihnen im Blut ist etwas, das ich nicht isolieren kann. Doch was ich weiß, ist, ich muss Blaise direkt nach dem Austausch Blut abnehmen oder spätestens zwei Stunden danach. Andernfalls verschwindet das Heilmittel aus dem Blut.“

„Und das ist sicher?“, hakte ich nach.

„Nichts ist wirklich sicher ohne weitere Tests.“

„Was genau ist jetzt zu tun?“

„Viele Optionen haben wir nicht. Entweder lösen wir ihre Blockade oder wir finden das Heilmittel.“

„Ich kenne Blaise. Sie ist unglaublich stur. Da haben wir mehr Erfolg, wenn wir danach suchen.“

„Wir wollen etwas versuchen. Doch das braucht Zeit.“

„Wer ist wir?“

„Das kann ich jetzt noch nicht sagen, doch ich verspreche, es klärt sich alles. Bis dahin sollten Sie trainieren. Die nächsten Wochen werden nicht leicht.“

 

***

 

Die folgenden zwei Tage verbrachte ich mit Trainieren und mich in der Wohnung einzuleben, die man mir zugeteilt hatte. Gut, Wohnung war das falsche Wort. Loft oder Penthouse traf es da schon eher. Irgendetwas sagte mir, dass dies kein Zufall war. Doch beschweren würde ich mich bestimmt nicht.

Tag und Nacht ging ich verschiedene Kampftechniken durch. Da ich so gut wie gar nicht mehr schlafen konnte, nutzte ich die Zeit sinnvoll. Auch hatte ich mir verschiedene Bücher von der Geschichte der Vampire besorgt. Irgendetwas darin, glaubte ich zumindest, würde mir helfen, eine Lösung zu finden. Zum einen suchte ich einen Weg, um die Blockade von Blaise zu lockern. Zum anderen, um eine Erklärung zu finden, warum ausgerechnet die Verbindung zwischen uns, ein Heilmittel zur Folge hatte.

Da ich wohl längere Zeit hierbleiben würde, hatte ich das Wohnzimmer unterteilt. Ich wollte die hohen Decken nutzen, also ließ ich eine Himmelsleiter auch ‚Salmon Ladder’ genannt, aufstellen, um meinen Oberkörper noch besser trainieren zu können. Hier arbeitete ich mich an zwei parallel aufgestellten Trägern, die mehrere Einhängeelemente für die horizontal ausgelegte Stange besaß, nach oben und wieder herunter. Die Arme brannten davon höllisch und auch der Oberkörper wurde stark beansprucht. Doch genau das brauchte ich, um noch besser im Kampf zu werden.

Auch hatte ich eine Spezialanfertigung eines Laufbandes liefern lassen. Dieses hatte um einiges mehr Geschwindigkeit drauf, als die Standards. Die Waffen stammten zum größten Teil von mir. Allerdings hatte man auch viele neue Spielzeuge gebracht.

Nun befanden sich unzählige Waffen in dieser Wohnung und ich hatte sie strategisch verteilt. Wenn ich sie jedoch alle zusammentragen würde, könnte man einige Blocks dem Erdboden gleich machen. Doch das beschäftigte mich gerade gar nicht. Das, was mir die ganze Zeit durch den Kopf ging, war, wie ich Blaise zurückbekam. Während ich also auf den Boxsack einschlug, versuchte ich, meine Gedanken zu sortieren. Was jedoch vom Klopfen an der Tür unterbrochen wurde.

Ich hielt in der Bewegung inne und suchte mit meinen Sinnen den Raum vor der Tür ab. Erst, als ich mir ganz sicher war, dass es keine Bedrohung gab, griff ich nach meinem Handtuch und ging öffnen. „Sir“, begrüßte ich den Mann davor.

„Guten Abend. Darf ich reinkommen?“

„Es ist Ihre Wohnung. Natürlich dürfen Sie.“

„Woher wissen Sie das?“, kam die Frage.

„Ich wusste es nicht, war nur eine Vermutung.“ Wir gingen ins Wohnzimmer, wo sich der Großmeister setzte und ich uns etwas zu trinken einschenkte. Nachdem ich ihm das Glas gereicht hatte, setzte ich mich ihm gegenüber.

„Sie fragen sich sicher, warum ich hier bin?“

„Das tue ich in der Tat.“

„Im Büro kann man nicht so offen reden, wie man vielleicht vermuten würde. Doch hier bin ich mir sicher, dass Sie mehrfach geprüft haben.“

Zustimmend nickte ich.

„Warum ich heute zu Ihnen gekommen bin, ist, Blaise kommt in wenigen Tagen zurück und ich gedenke, sie zusammen hier einzuquartieren. Dafür muss ich allerdings ganz sicher sein, dass der Streit, den sie gerade miteinander haben, den Aufträgen, die sie bekommen, nicht im Weg steht.“

Das war nicht allein der Grund, da war ich mir sicher. Noch nie hatte ich gehört, dass jemand von den Oberen sich so um einen Jäger sorgte und allmählich kam mir da ein sehr erschreckender Gedanke.

„Nein Sir, das sollte kein Problem sein.“ Ich trank einen Schluck, da sich meine Kehle plötzlich sehr trocken anfühlte. „Wie ich Ihnen bereits sagte, werde ich mich darum bemühen, mein Verhältnis zu ihr wieder in Ordnung zu bringen.“ Trotzdem stellte ich mir die Frage, sollte mein Verdacht stimmen, warum sollte es ausgerechnet ihm so wichtig sein?

„Gut. In zwei Tagen kommen Sie zu mir, dann wird Ihnen alles Weitere erklärt“, wies er mich an. Anschließend trank er sein Glas leer und stand auf.

„Ist mir eine Frage gestattet?“

Er blieb stehen und sah mich an. „Sicher.“

„Was genau geht vor sich?“

„Etwas Großes, Mister Hunt. Und so viel kann ich Ihnen schon jetzt verraten. Wenn es klappt, könnte es das gesamte Weltbild verändern.“

Damit verließ er die Wohnung und ließ mich mit noch mehr Fragen zurück als zuvor.

 

***

 

Wie viel man in nur wenigen Tagen lernen konnte, war ganz erstaunlich. Ich hatte mir so viel Wissen angeeignet, wie es nur ging, und trotzdem war es bei Weitem noch nicht genug. Doch ich war auf der richtigen Spur, ich konnte es spüren.

Nun stand ich im Vorraum und wartete darauf, dass man mich ins Büro des Großmeisters rief.

Als es so weit war, konnte ich nicht verhindern, dass ich trotz meines Verdachtes, geschockt war. Blaise war die Tochter des Großmeisters, was einiges erklärte. Was mich allerdings wütend machte, war, dass sie ihr Gedächtnis, was mich betraf, verloren hatte. An alles konnte sie sich erinnern, nur eben nicht an mich. Die Situation, was unser Verhältnis anging, hatte sich damit deutlich verschlechtert. Keine Ahnung, wie ich das in Ordnung bringen sollte. Ich würde mich eingehend mit dem Doc darüber unterhalten müssen.

 

Im Labor allerdings erhielt ich Informationen, auf die ich hätte gut verzichten können. Sie hatte von jemandem getrunken und vielleicht noch mehr. Allein bei dem Gedanken konnte ich ein Knurren nicht verhindern. Doc verstand, was in mir vorging, denn sein Blick sagte mir alles.

Geduld, ich würde meine Antworten schon noch bekommen.

Während Blaise das Labor untersuchte, stellte Doc sich zu mir.

„Haben Sie das mitbekommen?“, wollte er von mir wissen.

„Sie meinen den Moment, in dem sie wirkte, als wäre sie ganz wo anders? Ja, der ist mir nicht entgangen. Nur was bedeutet es?“

Darauf bekam ich keine Antwort, denn Blaise kam aus dem Labor. Anschließend ging alles ganz schnell. Die Angestellten wurden abgeführt und kurz darauf lief Blaise einfach aus dem Gebäude.

Ich tastete mit meinen Sinnen die Umgebung ab. Was sie genau wahrnahm, erahnte ich nur. Fluchend folgte ich ihr, bald würde ich trinken müssen. Schon jetzt spürte ich, wie meine Fähigkeiten schwächer wurden.

Wieder gab es einen Moment, in dem sie völlig abwesend schien. Was sollte das?

„Blaise, stimmt etwas nicht?“, versuchte ich sie zurückzuholen. Doch sie griff sich nur an den Kopf und fing an schwer zu atmen. „Was ist los?“, hakte ich nun direkter nach.

„Ich …“ fing sie an.

Sie ging auf die Knie und nun bekam ich ein sehr ungewohntes Gefühl. „Blaise, rede mit mir“, verlangte ich. Keine Reaktion, stattdessen verdrehte sie nur ihre Augen und wurde ohnmächtig. Noch bevor ihr Kopf den Boden berühren konnte, fing ich sie auf und nahm sie kurz darauf auf meine Arme.

Mit schnellen Schritten lief ich ins Gebäude zurück und weiter zum Labor.

„Was ist passiert?“, wollte Doc sofort wissen, kaum, dass ich die Schleusen passiert hatte und in den Flur trat.

„Sie hatte eine Spur. Gerade als ich dachte, wir könnten dieser folgen, hatte sie wieder so einen Moment der Abwesenheit und anschließend ist sie ohnmächtig geworden.“

„Bringen Sie sie hier rein“, wurde mir aufgetragen.

Ich wurde in einen Raum gebracht, der mich an die Krankenstation erinnerte.

„Ich muss ihr Blut abnehmen, etwas sagt mir, dass sie kein Blut getrunken hat.“

„Warum sollte sie es dann behaupten?“

„Das ist eine gute Frage. Geben Sie mir einen Moment, danach weiß ich mehr.“

Er arbeitete schnell und ich betrachtete die Schlafende. „Was passiert da mit ihr?“, wollte ich nun ganz direkt wissen.

„Ich kann es nur vermuten.“

„Dann tun Sie das, ich muss wissen, was los ist.“

„Es wird Ihnen nicht gefallen.“

„Doc, ich weiß, dass ihre Erinnerung, was mich betrifft, nicht mehr vorhanden ist. Nur verstehe ich nicht warum?“

„Weil ihr Herz gebrochen war“, kam die Antwort und ich zog die Augenbrauen zusammen.

„Ich verstehe nicht?“

„Als Sie weg waren, hat sie mit sich gekämpft, jeden einzelnen Tag. Ich habe sie beobachtet, sie hat nur noch trainiert und den Wachen mit den Fallen geholfen. Doch dabei hat sie kaum geschlafen, geschweige denn gegessen. Am Tag der Abschlussfeier kam sie zu mir. Sie sprach offen mit mir und ich konnte sehen, wie schmerzhaft das alles für sie war.“

Ich hatte so eine Ahnung, wie sie sich gefühlt haben musste. Mir selbst, war es nicht anders ergangen.

„Ich habe nur einen Moment nicht aufgepasst. Sie wollte ins Bad und als sie wieder herauskam, war alles anders.“

„Doc, ich verstehe kein Wort. Könnten Sie Klartext reden.“

„Sie hat sich selbst manipuliert, hat all ihre Gefühle und Erinnerungen an Sie blockiert.“

Nun wurde mir einiges klar. „Lassen Sie mich raten, diese Blockade kann nur sie selbst aufheben?“

„Nicht einmal der Großmeister konnte die Blockade lösen. Also ja, ich denke nur, sie kann das alles tun. Außer…“

„Außer?“

„Diese Momente, die sie hat, es könnten Flashbacks sein. Ihr Unterbewusstsein wehrt sich gegen ihre Manipulation. Da dies miteinander kollidiert ist, hat es sie umgehauen. Es wird bestimmt noch öfter passieren, daher sollten Sie sie genau im Auge behalten.“

Wie sollte ich gegen eine Blockade ankommen?

„Natürlich.“

„Ich werde das hier noch eben untersuchen, bin gleich wieder da.“

Ich nickte nur kurz, da ich das Gesicht von Blaise betrachtete.

 

Quälende Erinnerung

 

 

Ich saß vor der Academy und beobachtete, wie Simeon seine Abschlusspapiere bekam. Oben auf der Tribüne sah ich einen Mann stehen. Er war ein Jäger, das sagte mir seine Kleidung. Doch warum konnte ich sein Gesicht nicht deutlich sehen?

Kurz darauf unterhielt ich mich mit dem Mann. Ich wusste, dass er es war, denn ich erkannte den kleinen Dolch, der an seinem Gürtel befestigt war. Er schien nichts Besonderes zu sein, abgesehen von seiner Form. Von dem eher schlichten Griff gingen je drei Klingen ab. In der Mitte, die etwa zehn Zentimeter lange Klinge und je links und rechts kleinere Spitzen. Ein kleiner Dreizack, wenn man so wollte, auch Sai genannt.

Es ärgerte mich, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Nur warum nicht? Was hinderte mich daran?

 

Plötzlich öffneten sich meine Augen, ich hörte mich selbst flach atmen, bis ein Gesicht in meinem Blickfeld auftauchte.

„Wie geht es dir?“, wollte Hunt wissen.

Ich musste ein paar Mal blinzeln, irgendetwas an ihm kam mir vertraut vor. „Mir geht es gut.“ Ich rieb mir übers Gesicht, bevor ich mich aufsetzte und ihn wieder ansah. „Sind wir uns irgendwann schon einmal begegnet?“, wollte ich wissen, auch wenn mir nicht klar war, wo das hätte sein sollen.

„Gut, du bist wach. Hier, ich habe dir etwas mitgebracht.“

Doc hielt mir eine Tasse hin. Frisches Blut, das roch ich sofort. Als ich den ersten Schluck jedoch nahm, verzog ich angewidert mein Gesicht.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte Doc besorgt nach.

„Es schmeckt komisch“, antwortete ich ihm. Das war nun schon das zweite Mal, dass ich Probleme hatte, Blut zu mir zu nehmen. Vor ein paar Tagen hatte ich es ebenfalls probiert und nur mit Mühe trinken, geschweige denn bei mir behalten können.

Hunt nahm mir auf einmal die Tasse ab und verschwand. Kurz darauf kam er wieder und gab mir die Tasse zurück.

„Probier es jetzt“, forderte er mich auf.

Vorsichtig nahm ich noch mal einen Schluck und musste zugeben, es war besser.

„Und?“, wollte Doc wissen.

„So geht es. Nicht das Beste, aber weit weniger widerlich, als davor.“

Nun sah ich Hunt an. „Was hast du verändert?“

„Geheimnis“, kam es schlicht zurück.

„Nett“, brummte ich und probierte noch einmal, vielleicht konnte ich es selbst herausfinden.

„Doc, haben Sie einen Moment?“, wollte Hunt nun wissen.

„Sicher“, bestätigte dieser und folgte dem Mann auf den Flur.

Natürlich versuchte ich, zu lauschen, doch die Türen waren schalldicht.

Nach ein paar Minuten kam Doc wieder herein, allerdings ohne Hunt, was mich stutzen ließ.

„Glaubst du, dass du die Spur von vorhin wieder aufnehmen kannst?“

„Ich denke schon.“

„Gut, es soll bald regnen, daher schlage ich vor, du suchst draußen weiter. Hunt kommt gleich dazu.“

„Wo ist er denn?“

„Er muss noch schnell etwas erledigen, es wird nicht lange dauern“, versicherte mir Doc.

Was konnte wichtiger als der Auftrag sein? Doc schien zu sehen, dass ich Fragen hatte, schwieg aber weiterhin. Da ich offenbar keine Erklärung bekommen würde, stand ich auf und verließ den Raum. Es wurde eh Zeit, denn meine innere Unruhe, trieb mich in die Bewegung.

Ich passierte die Sicherheitsschleusen und stieg die Treppe nach oben, die mich in den Eingangsbereich brachte. Hier war nun deutlich mehr los, als bei meiner Ankunft. Die Blicke, die mir folgten, interessierten mich nicht weiter. Trotzdem blieb ich aufmerksam, da nicht jeder Jäger mochte. Auch wenn das hier das Hauptquartier des Ordens war, betrieb man doch auch völlig normale Geschäfte. Daher traf man auf Menschen, Vampire und eben auch Jäger.

Vor dem Gebäude blieb ich stehen und sah mich um. Man konnte schon jetzt den Regen riechen, was es mir nicht leichter machen würde. Konzentriert sah ich mich um, tastete mit meinen Sinnen alles ab, bis ich einen letzten Hauch meiner Spur fand. Allerdings verflog sie schnell und je länger ich wartete, umso schlechter würde ich ihr folgen können. Daher traf ich die Entscheidung, schon einmal loszulaufen. Hunt würde mich schon finden.

In einer Seitengasse ging ich langsamer, da sich hier die Gerüche stark überlagerten. Hinter einem der Container hörte ich Geräusche und zog meine Waffe. Ein Pärchen vergnügte sich gerade dort, schien sich geradezu mit ihren Mündern verschlingen zu wollen.

 

„Es ist wahr!“, beteuerte der Mann, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte.

„Niemals, das glaube ich dir nicht.“

„Doch. Wir waren gerade bei einem direkten Kampf mit Geure, als Ricks Hose erwischt wurde und noch bevor er reagieren konnte, lag diese auf dem Boden.“

Ich hörte mich selbst laut lachen. „Und was dann?“, stellte ich dem Gesichtslosen die Frage.

„Na was wohl. Ich musste ihm seinen Arsch retten. Glaub mir, ich habe an diesem Abend Dinge gesehen, die das Ganze nicht einfach machten.“

„Wieso?“

„Sagen wir es so, Rick hielt noch nie viel von Unterwäsche.“

„Nein?“

„Oh doch. Es hilft nicht gerade beim Kämpfen, wenn man darauf achten muss, nicht in die Nähe des Dings eines anderen Mannes zu kommen.“

Eine kurze Pause.

„Das solltest du öfter tun“, hörte ich die tiefe Männerstimme raunen.

„Was?“, hörte ich mich selbst fragen.

„Lachen!“, antwortete mir der gesichtslose Mann, dabei spürte ich seine Hand an meiner Wange und wie er mein Haar hinters Ohr strich. Im nächsten Moment beugte er sich vor und küsste mich. Ich spürte die Wärme seiner Lippen und auch, wie sich nach und nach seine Fänge verlängerten.

Pures Verlangen stieg in mir auf.

 

Kopfschüttelnd versuchte ich, die Bilder aus meinem Kopf zu verbannen.

„Hey“, rief ich und zog somit die Aufmerksamkeit der beiden auf mich. Der Mann, der sich als Vampir entpuppte, drehte sich mit gebleckten Fängen zu mir um. „Hast du für deinen Menschen einen Vertrag?“, wollte ich wissen und betrachtete die Frau prüfend. Nun erkannte auch der Vampirkerl, wer ich war, und trat von der Frau zurück.

„Nein, Jäger“, gestand er.

„Tritt zurück“, forderte ich ihn auf, was er auch tat. Ich ging zur Frau und betrachtete sie forschend. Sie starrte mit glasigem Blick ins Nichts. „Heb die Manipulation auf“, verlangte ich von dem Vampir.

„Ich hatte wirklich keine bösen Absichten, nur mal kosten“, nuschelte der Mann.

„Ein Jäger hat dir eine Anweisung gegeben“, hörte ich plötzlich Hunt hinter mir. „Besser du folgst dieser“, legte er nach, nachdem er sich neben mich gestellt hatte.

Dieser Kerl konnte erschreckend leise sein.

„Natürlich“, kam es nun ängstlich von dem Mann, bevor er zu der Frau trat und alles aufhob.

Diese sah sich kurz erschrocken um und lief danach in die entgegengesetzte Richtung.

„Ausweis“, verlangte Hunt. Dieser wurde ihm gereicht. „Sollte ich noch einmal hören, dass du einen Menschen manipulierst und von ihm trinkst, ohne dass er im Vollbesitz seines Verstandes ist, hast du dein Urteil selbst unterschrieben!“

Der Mann nickte einmal kurz und verschwand.

„Warum hast du nicht gewartet?“, wollte Hunt nun von mir wissen.

„Weil die Spur sich allmählich verliert.“ Damit ging ich weiter und widmete mich meiner eigentlichen Aufgabe. Fast hätte ich damit gerechnet, dass er noch etwas dazu sagen würde, doch er schwieg.

 

Wir liefen immer weiter aus der Stadt hinaus, bis wir den Rand des Waldes erreichten. Dort angekommen, fing es an zu regnen und verwischte somit jede Spur, die es vielleicht noch gegeben hätte.

„Für heute reicht es. Wir besorgen uns Karten von diesem Gebiet und versuchen, eventuelle Verstecke zu finden“, kam es von Hunt.

Ich sah mich noch einmal kurz um, bevor ich zustimmend nickte. „Ich muss noch etwas erledigen“, teilte ich ihm mit.

„Die Sonne geht bald auf. Wenn man dich dann noch in Jägerkleidung sieht, wird man misstrauisch.“

„Woher weißt du davon?“, wollte ich wissen. Dass ich auch tagsüber herumlaufen konnte, wussten nur sehr ausgewählte Personen.

„Ich weiß einiges über dich“, antwortete er mir.

„Und was genau?“ Daraufhin bekam ich nur ein kurzes Zucken seines Mundwinkels, mehr aber auch nicht.

„Ich schlage vor, du kommst erst mal mit in die Wohnung. Danach …“ Er zuckte nur mit seinen Schultern.

„Das hört sich so an, als würden wir zusammenwohnen.“

„Genau das werden wir. Aber wenn du das lieber noch einmal mit deinem Vater besprechen möchtest, dann tu das.“

Er reichte mir eine Karte mit einer Adresse.

„Deine Sachen sind schon dort.“ Damit drehte er sich um und ging.

 

Gemeinsam Wohnen 2.0

 

 

„Sie hat dasselbe Problem wie ich noch vor ein paar Wochen“, sagte ich zum Doc und lehnte mich an die Wand.

„Ist mir aufgefallen und lassen Sie mich raten, Sie haben soeben etwas von Ihrem Blut in den Becher gegeben.“

„Ich wollte sichergehen. Jetzt weiß ich, was zu tun ist. Mir ist zwar noch nicht klar, wie genau ich ihr mein Blut verabreichen soll, trotzdem muss es klappen.“

Zustimmend nickte der Doc. „Ich schlage vor, unter jede Mahlzeit von ihr etwas von Ihrem zu mischen. Dafür können wir etwas abnehmen. Ihr Hunger auf frisches Blut wird dadurch fast nicht existent sein.“

„Wollen wir es hoffen. Ich würde nur sehr ungern demjenigen den Kopf abreißen.“

„Mister Hunt, wir beide wissen, dass Zurückhaltung noch nie so wichtig war wie in diesem Moment.“

Ich ging dicht an den Mann heran.

---ENDE DER LESEPROBE---