Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
››Damit eines klar ist: Ich hasse dich! Wenn du mir das nächste Mal unter die Augen trittst, werde ich dich töten! Sei dir dessen stets bewusst!‹‹ Das Kind des Todes ist erwacht. Zerfressen von Hass und Leid will es alle Vampire brennen sehen und verbündet sich mit den Werwölfen. Dass das Schicksal es gut mit König Qing meint, kommt ihm gerade recht. Nicht nur, dass sein eigener Plan kurz vor der Umsetzung steht, durch das Kind bekommt er auch noch etwas sehr Wertvolles in die Hände. Über all diese Geschehnisse schweigt Alexander. Warum warnt er die Vampire nicht? Wieso lässt er zu, dass die Davenports direkt in eine Falle laufen? Hat sein Aufenthalt bei den Werwölfen ihn zu ihresgleichen gemacht? Ist dies das prophezeite Ende der Vampire?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 652
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Melanie Ruschmeyer
Mitternachtswende
Seelenbiss-Reihe Teil 3
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Carla
Ein verschlucktes Wort
Körperlicher Zerfall
Das Erwachen
Briefpapier
Grausame Liebe
Schatten vergangener Zeit
Die erschütternde Wahrheit
Der Verdammnis verschrieben
Das Treffen
Wende um Mitternacht
Geschundenes Herz
Blinder Hass
Eine Tat der Verzweiflung
Für das Wohl aller Vampire
Das Kind des Todes
Verlust der Seele
Unglaubliche Wahrheit
Falsche Sehnsucht
Falsche Sehnsucht 2
Antworten auf so viele Fragen
Getrennte Wege
Der Ruf des Krieges
Geliebter Feind
Schwerer Abschied
Ein wahrer König
Die letzte Ehre
Danksagung
Impressum neobooks
Einst, da liebte ich dich,
wegen deiner liebevollen Art,
wegen deiner gütigen Handlungen,
wegen deiner inneren Stärke.
Ich weiß nicht, was passiert war; was dir widerfahren war.
Doch all das zerbrach im Winde der Gegenwart.
Nun liebe ich dich nur noch der Vergangenheit willen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf – niemals –,
dass eines schönen Tages dein Herz wieder zu mir finden wird und begreift, dass du den falschen Weg gewählt hattest.
Der Würfel ist gefallen. - Alea iacta est. (Gaius Julius Caesar)
Der Spiegel war ihr irgendwie noch immer zu klein. Er konnte nicht groß genug sein; fasste sie nur teilweise. Carla betrachtete sich in ihm und wusste eigentlich ganz genau, dass sie diesem Gegenstand schon zu lange verfallen war. Viel zu oft nahm er ihre Zeit in Anspruch.
Verhöhnte sie!
Verspottete sie!
Zeigte ihr etwas, wonach sie sich stets so sehr gesehnt hatte und dennoch nicht wollte. Gedankenverloren drehte sie das Gesicht nach links und rechts, fasste an ihre Wangen, zog die Kochen mit ihren Fingerspitzen nach und legte den Kopf schief. Ihre blonden Haare fielen auf eine Seite und sie sah sich einer standhaften Frage gegenüber gestellt: War das wirklich sie?
Die schwarzen Handschuhe über ihrer Haut wirkten wie ein Gefängnis. Sie strich über die Seide, als sei sie lebendig. Die Berührung fühlte sich stumpf an. Lediglich aus Respekt vor ihrer Kraft steckte sie ihre Hand Tag für Tag in diesen Stoff. Er engte sie ein; verwehrte ihr das vollendete Gefühl der Berührung.
In den letzten Wochen hatte sich viel getan. Ihr war eine Welt offenbart worden, die sie nur durch andere Augen hatte sehen dürfen. Tasten, hören, riechen, schmecken; einfach alles war so real, wie nie zuvor. Dennoch wusste sie tief in ihrem Inneren, das es ein Verrat war. Ein Verrat, für den eine andere Seele teuer bezahlen musste. Doch dieses Wissen wies sie von sich. Klopfte es ab wie lästigen Staub, der sich auf die Kleidung legte.
Langsam und bedacht seufzte sie. Der Genuss des Ein- und Ausatmens war so wirklich; so intensiv.
Dieses Zimmer hatte sich verändert; hatte sein eigentliches Sein verloren. Einst das von Sarah und Alexander, spießig und gewöhnlich, hatte sie sich hier nun eine Oase geschaffen. Zwar klebte noch immer dieses seltsame Grün an den Wänden, was sie unwiderruflich an diesen widerlichen Halbwerwolf erinnerte, aber etliche Gegenstände hatten weichen müssen.
Nun zierte ein riesengroßer Schrank, der nur so vor Kleidungsstücken trotze und ein Spiegel mit Tisch und Stuhl davor, auf dem sie Platz genommen hatte, den Raum. Für den Rundbalkon hatte sie sich eine sehr bequeme Sonnenliege besorgt, auf der sie oftmals den gesamten Tag vertrödelte.
Vor ihr türmten sich Tuben, Pasten und Dosen. Lidschatten in allen Farben stapelten sich auf der Seite und Carla griff nach dem Mascara, der daneben lag. Unnötig zog sie ihre langen Wimpern nach und glaubte sie so noch um einiges verlängern zu können.
Während sie sich inständig betrachtete und nach dem schwarzen Lidschatten tastete, dachte sie nach.
Carla hatte es nicht leicht in der Familie Davenport. Ihre Art wurde nicht wirklich geschätzt. Gut, sie war ungestüm, wild und manchmal auch etwas zickig, aber war dies ein Grund ihr aus dem Wege zu gehen?
Gleich nachdem sie den ersten Streit mit Josy im Hubschrauber auf dem Weg nach Hong Kong hinter sich gebracht hatte und auch die anderen sie eher mit Unverständnis gemustert hatten, ging ihre Auseinandersetzung hier zu Hause weiter. Eigentlich hatten die Vampirwölfe sie begrüßen wollen. Hatten sie gedacht es wäre Sarah, wurden sie schwer enttäuscht. Plötzlich hatten sie Carla angeknurrt und ihr war nichts besseres eingefallen, als zu sagen: ››Elendes Pack! Entweder ein edler, reinrassiger Vampir, oder ein stinkender, dummer Werwolf. Ein Zwischending wird nicht akzeptiert! Ich hab´ genug davon!‹‹ Demonstrativ hatte sie nach ihnen getreten. Auch wenn sie nur die Luft getreten hatte, reichte diese Geste aus, Josy zum explodieren zu bringen. Waren doch diese Tiere ihre Schützlinge und keiner durfte sie so behandeln.
Sie schüttelte sich bei der Erinnerung. Ein eisiger Schauer, der ihr über den Rücken lief und ihr wieder einmal aufs neue bewies, wie widerlich sie diese Viecher fand.
Seit diesem Tag glaubte Carla hier nicht willkommen zu sein und ging ihren eigenen Weg. Ständig war sie an die Personen dieses Hauses angeeckt. Warum wollte nur keiner ihre Beweggründe hören, oder einfach mal auf sie eingehen?
Selbst ihre Aussage von damals, dass sie nicht Sarah sondern Carla war, wollte niemand so recht wahrhaben. Josy hatte ihr mehrere Male eindringlich zu verstehen gegeben, dass sie dieses Spiel sein lassen sollte. Es hälfe sowieso nicht so zu tun, als sei man ein andere Vampir geworden, um den Schmerz seines Seelenbissverlustes zu unterdrücken. Sollten doch alle dies denken.
Wut. Mehr empfand sie bei diesem Gedanken nicht. Blanke, brachiale Wut.
Weit lehnte sie sich zurück und kippelte mit dem Stuhl. Was sie im Spiegel sah gefiel ihr. Die roten Katzenaugen waren umspielt von tiefer Schwärze und brachten sie erst richtig zur Geltung. Schade nur, dass sie dies unter einer dunklen Sonnenbrille verstecken musste. Diese Tatsache war sie unendlich leid!
Als sie sich so zurücklehnte und ihr Blick durch das Zimmer schweifte, blieb er beim großen Schrank kleben. Carla wusste, was sich dort drinnen befand. Allerhand von Ausbeutungen der letzten Wochen. Sie hatte Alexanders Kreditkarte zum Glühen gebracht. In San Francisco hatte sie die teuersten Budiken besucht und sein Konto bluten lassen. Geschah ihm ganz recht!
Wie konnte man nur ein Halbwesen lieben? Carla verstand das nicht. Zugegeben, er sah ganz ansehnlich aus, aber für sie war er ein Werwolf. Schließlich war sein Vater ein Held der Wölfe, wie könnte da ihre Abneigung falsch sein? Sein Vater musste tausende von ihrer Art in den endgültigen Tod geschickt haben!
Eines jedoch hatte sie trotz allem nicht gewagt. In diesem Schrank war noch etwas anderes. Etwas, was sie nicht selbst gekauft hatte. Edel. Schön. Unbeschreiblich. Aber dennoch eine Errungenschaft von ihm. Sie hatte es lediglich ein einziges Mal betrachtet; hatte es nur ein Mal berührt. Carla wusste nicht, was sie von dem Kleidungsstück halten sollte. Es war ihr ein Dorn im Auge, denn es berührte etwas in ihr. Trotzdem war es irgendwie ein Teil ihrer selbst. Sie sollte es lieben. Aber andererseits glaubte sie auch, sie müsse es hassen, denn die Angst vor diesem Gegenstand war unglaublich beständig; genauso wie der Respekt davor.
Es handelte sich um ein wunderschönes Kleid, welches Alexander für Sarah hatte anfertigen lassen. Es sollte wohl eine Überraschung werden, doch da sie zu dem Zeitpunkt der Fertigstellung in Tibet bei den Werwölfe gelebt hatte, war dies gründlich misslungen.
In diesem Augenblick regte sich etwas in ihr. Es war eine Bewegung so zaghaft und sanft, wie eine Feder. Man bemerkte sie kaum, es sei denn, man wartete jede Sekunde darauf. Carla zuckte abrupt zusammen. Ihre Augen wurden groß und ihr Herz begann wie wild zu schlagen. Todesangst klammerte sich in ihr fest und zwang sie kurzatmig nach Luft zu schnappen. Schnell fegte sie den Gedanken hinfort, wie ein Blatt, das dem Wind ausgesetzt war. Weit flog es davon und sollte nie wieder den Weg zurück finden. Blitzschnell dachte sie an andere Dinge; nutzlose, langweilige. Hielt den Atem an und verharrte in jeglicher Bewegung.
Sie wollte weiterleben, dieses Leben genießen und nicht mehr zurück ins Nichts, dass sie so lange in den Fängen gehalten hatte. Alles in ihr war messerscharf gespannt und lauerte nur auf diese Regungen, denn sie konnten ihr Ende sein. Ein unachtsamer Augenblick, ein Moment in dem sie sich nicht unter Kontrolle hatte, würde sie in die Dunkelheit zurück reißen können.
Genau aus diesem Grund verspürte sie jedes Mal in diesen Sekunden Angst. Diese war so geballt und mächtig, dass nichts auf der Welt ihr schlimmer erschien. Carla glaubte dem Tode nahe zu sein. Der Adrenalinausschuss war nur ein Anzeichen davon, dass sie sich auf Messersschneide bewegte.
Sie musste einfach alles, was ihre zweite Hälfte dazu brachte, sich zu regen, auf Abstand halten, oder sogar im Keim ersticken.
Kurze Zeit lauschte sie der Stille und ergab sich ihren sinnlosen Gedankenfetzen und Bildern hin. Erst als sie glaubte, der Moment sei an ihr vorüber gezogen, wagte sie es wieder zu atmen. Der Neugier erlegen ging sie in sich.
Tief griff sie in sich hinein, auf der Suche nach ihr, die sie so vehement von sich weisen wollte. Anfangs fand sie nichts. Weiter und weiter schwamm sie in der Schwärze ihres Unterbewusstseins. Sarah hatte sich dort ihre eigene Welt geschaffen. Ein Abgrund aus purer Dunkelheit, der nicht zu enden schien. Irgendwann nach einer fast endlosen Suche, fand sie in der Finsternis einen weiß schimmernden Schemen. So zerbrechlich wie dünnes Glas. Die Frau drückte ihre Beine an die Brust und hatte sich krampfhaft zusammengezogen. Lautlos ergab sie sich ihren Tränen, die sie sich so oft gewünscht hatte, wieder fließen lassen zu können. Die Schwärze verschlang jeglichen Ton und fast jegliches Leben schwand in ihr, wie eine Kerzenflamme im Wind. Dies war Sarahs Heimat geworden. Ein Land aus Dunkelheit und endlosen Tränen.
Carla hasste Sarah nicht, trotzdem verstand sie ihre Zuneigung für dieses Halbwesen nicht. Sie wusste auch nicht, was sie von diesem Anblick halten sollte. Mitleid? Sollte sie etwa Mitleid empfinden? Nein, im Stillen dankte sie dieser Frau.
Carla liebte ihr Leben. Auch wenn sie Sarah nicht dazu verdammt hatte, sich zu verkriechen, dankte sie ihr. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass sie Alex noch gebraucht hätte. Er war ein Mittel zum Zweck, den sie nicht ersetzt bekommen hätte, doch nun war es anders gekommen. Das war ihr nur recht.
Mit einem Schwung befand sich der Stuhl wieder auf allen Vieren und sie stand auf. Ihr Magen begann gewaltig zu Knurren und kündigte seinen Unmut an. Es war wieder einmal Zeit den Vorrat der Davenports zu plündern.
Als sie im nächsten Augenblick durch den Flur schritt, musste sie schmunzeln. Sarah hatte zu Letzt nicht so viel Nahrung benötigt. Ständig hatte sie versucht ihre Aufnahme hinauszuzögern. Seit Carla jedoch hier eingezogen war, dezimierte sie die Vorratskammer wie kein anderer. Für sie war die Nahrung wie eine Sucht, der sie sich ohne jeglichen Kommentar hingeben konnte und wollte. Jeder Tropfen war ein Genuss, den sie selbst auskosten durfte und ihn nicht mehr aus einer anderen Perspektive beobachten musste. Vielleicht war Carla aber auch einfach nur ein besserer Vampir, denn sie akzeptierte sich als Raubtier und scheute sich nicht davor. Sie gebrauchte ihre Kräfte auch weitaus gekonnter, als Sarah es vermocht hatte; so war sie jedenfalls der Meinung. Lag es da nicht nahe, dass sie mehr Blut benötigte?
Plötzlich drangen laute Geräusche an sie heran. Leichtes Vibrieren erfasste ihre Fußsohlen und versuchten sie vergeblich zu kitzeln. Ein gewaltiges Orchester aus Schüssen, Schlägen, Geschrei und purer Gewalt erfüllte die Umgebung. Carlas Trommelfell bebte und wollte platzen; forderte sie auf zu fliehen, doch sie widerstand der süßen Versuchung. Wenn man sich auf andere Dinge konzentrierte und sich vor den Geräuschen verschloss, sie weit von sich drückte und begrub, war es kein allzu großes Hindernis mehr. Warum andere Familienmitglieder hiermit ihre Probleme hatten, war ihr nicht klar. Konnten sie sich nicht so gut beherrschen wie Carla? Sie lauschte dem Klappern der Tastatur; nahm sie in sich auf, sodass die anderen Töne dumpf im Hintergrund verschwanden. Ein Wunder, dass das Gerät seinen Schlägen stand hielt.
Marc vergewaltigte wieder einmal seinen Computer. Er war der Einzige in diesem Haus, den Carla interessant fand. Dieser Vampir hatte etwas geheimnisvolles an sich. Auch wenn er sich seinem Spiel hingab, hatte sie, durch Sarahs Augen, gesehen, wie gut er mit seinen Wurfmessern kämpfen konnte. Dass er der Nikotinsucht verfallen war, empfand sie nicht weiter als schlimm. Es war ein Laster, was zum Himmel stank, keine Frage, aber es machte ihn nur noch anziehender. Er spielte im wahrsten Sinne mit dem Feuer, was Carla sehr imponierte. Marc schien die Angst vor diesem tödlichen Element zu fehlen.
Schließlich kam sie an der Küche vorbei. Die Tür war geschlossen. Niemand brauchte diesen Raum mehr. Er war eine Fehlinvestition, denn er würde noch lange verlassen bleiben. Flora war fort. Carla wusste jedoch ihre Gefühle für diese Frau nicht einzuordnen. Für Sarah war sie ein lieber Mensch gewesen, den sie sehr geschätzt hatte. Für sie war Flora ein gewöhnlicher Mensch, nichts weiter. Wollte sie dazugehören, müsste sie ein Vampir werden. Im Nachhinein, so kam ihr der Gedanke, verstand sie nicht, warum man diese Frau nicht verwandelt hatte. Es war ihr Wunsch gewesen, warum ihn ihr verwehren? Ein Stirnrunzeln huschte über ihr Gesicht, als ihr einfiel, dass sie erst neunzehn war. Somit war das ehemalige Dienstmädchen noch nicht bereit; ihr Körper und ihr Geist waren angeblich zu schwach.
Doch Carla konnte sich nicht vorstellen, dass ein Jahr einen schlechteren Vampir aus ihr gemacht hätten. Oder etwa doch? Sie zuckte gelangweilt mit den Schulter, denn es war ihr gleich.
Direkt neben der Küchentür, befand sich eine weitere. Auf ihr war ein Display mit Ziffernblock befestigt. Hierbei handelte es sich um das Kühlsystem, dass den Innenraum temperierte. Sofort schnappte Carla nach dem eisernen Griff und öffnete die Tür. Es zischte. Ein leichter Nebel drückte sich durch den Schlitz und kündigte den enormen Temperaturunterschied an. Diese Tatsache war eine der Wenigen, die Carla als schade empfand. Wie der Nebel herausquoll und nach ihren nackten Oberarmen griff, fragte sie sich, wie sich Kälte anfühlte. Die kleinen Wasserperlen, die sich auf ihrer Haut bildeten, kitzelten sie. Der Unterschied blieb ihr jedoch verborgen.
Mit einem leisen Seufzer erstickte sie ihr Interesse daran und trat endlich ein.
Etliche Regale taten sich vor ihr auf. Normalerweise waren diese prall gefüllt mit Plastikbeuteln, heute allerdings erschien diese Kammer gähnend leer. Wieder einmal hatte jemand vergessen für Nachschub zu sorgen, oder er war noch nicht eingetroffen.
Eine der wenigen übrigen Blutkonserven schnappte Carla sich und trank die rote Flüssigkeit gierig aus. Ihr Körper lechzte förmlich danach, wie nach einer sehr langen Durststrecke geschunden. Manchmal glaubte sie, dass die Abstände zwischen ihren Mahlzeiten sich verkürzten, doch das konnte nicht sein.
Als sie mit dem leeren Behälter den Raum wieder verließ, bemerkt sie Elest. Von der Treppe aus beobachtete sie Carla. Die Schwester der Hausbesitzerin war ihr suspekt. Kurz nachdem sie sich hier eingenistet hatte, wurde sie von dieser Frau verfolgt. Sie war überall, wie eine zweite Haut, die man abstreifen wollte, es aber leider nicht vermochte.
Elests glatte, weiße Haare verrieten sie. War ihr Körper auch verdeckt, wollten ihre Haare sich nicht tarnen. Der Wind beförderte einige Strähnen über die Treppenecke in den Flur. Auch ihr Geruch war unverkennbar. Carla seufzte, denn dies ging ihr gehörig auf die Nerven. Gab es nicht einen Tag, an dem diese etwas mopsige Person ihr nicht nachspionierte? Was hatte sie, was diese Frau interessierte? Elest mit dieser Frage zu konfrontieren, dazu fehlte ihr irgendwie der Mut. Außerdem konnte sie ihr sowieso nicht antworten. Und das Celest ihr eine Antwort auf diese Frage gab, wollte sie lieber ebenfalls umgehen.
Mit voller Absicht überging sie Elest und machte sich auf zum Wohnzimmer.
Dort fand sie Josy vor. Sie hatte es sich in einem der drei Sessel gemütlich gemacht und blätterte in der Tageszeitung.
Die Sonne fiel durch die große Fensterfront in den Raum und erfüllte ihn mit angenehmer Wärme. Durch ihr Licht schimmerten die roten Strähnen von Josephine wie blutrote Flüsse.
Hinter der Glasfront befand sich das Meer. Hin und her tanzten die Wellen, die gerade sehr mächtig zu sein schienen. Möwen trillerten ein Lied und besangen das Tosen des Wassers. Durch die leicht offenstehende Verandatür drangen die Töne an Carla heran, als stände sie direkt im Sand des Strandes.
Auf der einen Seite des Wohnzimmers befanden sich das gigantische Bücherregal mit ihren teilweise sehr alten Enziklopädien, die Carla so gar nicht interessierten. Auf der anderen waren die Sessel und ein langgezogenes Sofa postiert.
Dieser Raum gehörte allen Bewohnern. Er diente für Gespräche, Zusammenkünfte und ab und an auch für Streitereien. Die Kellertür daneben stand offen und verströmte den Geruch von Kabel und Staub. Eine Kombination, die Carla die Nase rümpfen ließ.
Zu Josy gewandt sagte sie: ››Unser Vorrat geht zur Neige, wir brauchen wieder Nachschub. Hat sich schon jemand darum gekümmert?‹‹
Josy sah nicht auf; tat abwesend. Doch über die Kante des Blattes sah man genau, dass sie eine Braue hob.
››Scheint dich ja so gar nicht zu interessieren?!‹‹, schnaubte Carla verächtlich.
››Wer trinkt denn hier wie ein Loch?‹‹, sagte sie und blätterte abwesend eine Seite weiter. ››Wenn hier jemand Nachschub besorgen sollte, dann bist das wohl du.‹‹
Carla knirschte mit den Zähnen. Diese Gleichgültigkeit kitzelte ihre Verachtung wach. Was hatte diese verdammte Familie nur gegen sie? Sie bat lediglich darum, dass sich jemand darum kümmerte. War das so schwer zu verstehen?
››Und wie soll ich das anstellen?‹‹, fragte Carla genervt. Demonstrativ verdrehte sie die Augen. Der Austausch dieser wenigen Sätze genügte, um ihr gehörig auf die Nerven zu gehen. Ohne das sie es wirklich wollte, spannten sich ihre Muskeln an.
Josys Zeitung glitt auf ihre Oberschenkel herab und sie legte den Kopf schief. Voller Missachtung fielen ihre Lider halb über die roten Katzenaugen. Ihre schwarzen, gewellten Haare mit den blutroten Strähnen passten heute perfekt zu ihrem farblich gleichen Top. Carla hasste sie für ihre Kleidungsperfektion, weil sie selbst diese noch nicht bei sich entdeckt hatte.
Lässig erwiderte Josy den Blickkontakt und meinte: ››Ich hab es dir schon tausend Mal erklärt wie es funktioniert.‹‹
››Ja ja, ich weiß. In der Stadt gibt es einen Lieferanten, dem ich Bescheid geben muss.‹‹ Carla winkte und man merkte ihr prompt die Abneigung an.
››Die Nummer ist eingespeichert, du kannst also gar nichts falsch machen.‹‹ Sie deutete mit einem Nicken zum Telefon auf dem Tisch.
Carla fühlte den Zorn, der sich allmählich in ihr breit machte. Er wuchs sekundenschnell; begann zu brodeln und zu toben. So recht konnte sie es nicht erklären, warum eine einzige kurze Konversation sie derart aus dem Gleichgewicht brachte. Abwertend verschränkte sie die Arme vor der Brust und versuchte ihre Wut bei sich zu behalten. ››Kann das nicht jemand anderes machen?‹‹
Josy hatte bereits wieder die Zeitung zu sich herangezogen und tat so, als wenn sie lesen würde. ››Du bist echt so twas von faul geworden!‹‹, zischte sie. ››Von mir aus kannst du verdursten. Du kümmerst um überhaupt nichts mehr. Tu mal was, … wenigstens irgendwas! Du versauerst wie eine alte Zitrone!‹‹
››Was soll das denn schon wieder heißen?‹‹, fauchte Carla sie an und erntete einen boshaften Blick.
Die Zeitung wurde in einem Sekundenbruchteil zusammengedrückt wie weiche Butter und flog im hohen Bogen, als Papierball, auf Carla zu. Diese zuckte nach links und wich dem Geschoss geschmeidig aus. War das etwa alles, was diese Furie zu bieten hatte?
Doch ihr vermeidlicher Gesprächspartner fixierte sie böse und abfällig. Blitzschnell, sodass Carla es nicht kommen sah, war sie vor ihr. Standhaft und anklagend. ››Seitdem du wieder hier bist, schaffst du es jeden Tag aufs Neue mich zur Weißglut zu treiben! Du bist faul, wie die Sünde. Putzt nicht, hilfst uns nicht und bist dir sogar zu fein dafür, beim Lieferanten anzurufen! Wir sind hier doch nicht deine Sklaven, oder Lakaien!‹‹ Sie tippte grob und absichtlich stark mit ihrem Zeigefinger auf Carlas Brust ein. Fassungslos spürte sie das schmerzliche Hämmern ihres Fingers. Carla hatte mit einem derartigen Ausbruch nicht gerechnet. Wieso auch?! Was war so schlimm daran, dass sie den Händler nicht anrufen wollte?
Ihrer Meinung nach übertrieb diese Frau mal wieder maßlos.
››Du machst nichts weiter, als shoppen zu gehen, dich in der Sonne zu aalen und vor dem Spiegel Püppchen zu spielen! ...‹‹
››Ach, und was machst du? Du bist doch selber ein Einkaufssuchti!‹‹, unterbrach Carla ihre Ansprache und wurde prompt mit einem weiteren Tippen zum Schweigen gebracht. ››Ich?! Oh, du kleines,... fieses...‹‹
››Hey, was ist hier schon wieder los?‹‹ Li trat aus der Kellertür heraus und wischte sich die dreckigen Hände an einem Putztuch ab. Mit ihm dran ein beißender Geruch von Terpentin in das Wohnzimmer ein. Schlagartig traf er Carlas empfindliche Nase und sie musste mehrere Male tief schlucken, um den Geschmack von der Zunge zu bekommen. Ihr wurde urplötzlich schlecht davon.
Carla presste die Lippen aufeinander und blickte zwiespältig in seine Richtung. Zum einen war sie froh um diese Unterbrechung, zum anderen, hätte sie diese Auseinandersetzung gerne mit Josy ausgefochten. Sie hatte einen intensiven Drang gegen sie zu gewinnen.
Trotzdem verschlag es ihr gerade in diesem Moment den Atem, denn der Geruch war so penetrant und allgegenwärtig, als würde er sie einhüllen und nicht mehr gehen lassen. Die Galle bahnte sich einen Weg die Speiseröhre empor. Prompt hielt Carla eine Hand von den Mund.
››Mein Gott, wie zwei Streithähne in einem Stall. Werdet mal erwachsen!‹‹ Li schien es allmählich satt zu haben. Zornig flammten seine roten Augen auf.
Verärgert wandte Josy sich ihm zu. ››Willst du diese … dieses … argh! Willst du die auch noch verteidigen?!‹‹
Carla fielen die Lider halb über das Auge und sie drehte sich weg. Sollte sie sich mit ihrem Mann weiter streiten. Diese Angelegenheit ging sie nichts mehr an und es lag keinerlei Versuchung darin, ihr beizuwohnen. Leise und flink huschte sie durch die Verandatür nach draußen und entkam dem Gestank und ihrer Kontrahentin.
Der salzige Wind griff ihr in das Haar und sie atmete erleichtert aus. Die Lungen wurden frei gespült. Ihre Nasenlöcher hörten auf zu brennen.
Widerlicher Geruch, wie konnte Li ihn nur aushalten? Es war eine Sache Geräusche unter Kontrolle zu wissen, aber eine ganz andere Gerüchen auszuweichen. Sie fanden Carla überall. Egal was sie tat, davor war sie nie gefeit. Diese Gabe musste sie wohl erst noch erlernen.
Eines war sie sich jedoch sicher: Irgendjemand würde den Vorrat auffüllen, so war es immer. Schließlich war sie nicht die Einzige, die diese Flüssigkeit brauchte. Zugegeben, sie nutzte diese Tatsache schamlos aus, aber das war ihr egal.
Schnell nahm sie die wenigen Stufen zum Strand und ließ die Schaukel auf der Veranda und das große Haus hinter sich.
Die Möwen schrien ihr entgegen, während sie sich dem großen Garten zuwandte. Der Rosenbogen mit seinen weißen Blüten rief einladend nach ihr. Diese Oase hatte etwas Besonderes; etwas Lebendiges, was Carla einfach nicht beschreiben konnte. Fast so, wie eine andere Welt. Die Bäume, Sträucher und Blumen in diesem Garten schienen Gefühle zu haben. Auch wenn sie es noch nie selbst bemerkt hatte, war es ihr doch nicht entgangen. Sie zogen sich zu Celest hin. Wie die Quelle ihres Lebens bogen sie sich ab und an in ihre Richtung. Als sei sie die Sonne; ihr Licht. Alle Pflanzen buhlten um eine Berührung ihrer schlangen Händen. Die Hausherrin sprach mit ihnen, das war Carla oft aufgefallen.
Langsam ging sie auf den Bogen zu und dachte über die Vampirälteste nach. Wahrscheinlich war diese Idylle ein Zufluchtsort für sie, den sie so gestalten konnte, wie sie es sich wünschte. Diese Frau hatte viel durchgemacht, hatte ihr Augenlicht durch ihren Seelenbiss verloren und litt jeden Tag unter dem Verlust ihres Liebsten.
Carla wollte gerade durch den Rosenbogen schreiten, als die schlanke, zerbrechliche Celest ihr entgegentrat. Wie, als haben ihre Pflanzen sie vor ihr geheimgehalten, trat sie aus dem Nichts hervor.
Ihre gewellten, hellbraunen Haare wurden vom Wind erfasst und streichelten ihre Figur. Vor dieser Frau hatte Carla Angst und zugleich unglaublichen Respekt. Was hinter diesem schwarzen Tuch, welches ihre Augen verbarg, verborgen lag, das wusste sie nicht. Ein Gedanke allerdings war allgegenwärtig: Diese Frau durfte sie niemals berühren! Carla wusste um ihre Gabe, Dinge bei der Berührung zu sehen und zu fühlen, die die andere Person empfand. Und so hatte sie Angst, sich zu verraten. Dieser Vampir durfte einfach nicht erfahren, dass sie nicht die war, für die sie alle hielten!
››Und schon wieder, wenn du mich siehst, ist deine Aura mit Angst erfüllt‹‹, gab sie traurig und bedacht von sich. ››Was ist nur los mit dir?‹‹ Sie wollte ihre Wange mütterlich berühren, doch Carla entzog sich ihrer Nähe.
››Nein, so ist es nicht‹‹, versuchte sie ihr glauben zu machen und trat ein paar Schritte zurück.
Celest schien die Lüge in ihren Worten gespürt zu haben, denn sie schaute traurig drein. Während sie behutsam die Hände faltete, griff eine Ranke nach ihrer nackten Schulter. Das Kleid, welches sie trug, war so blau wie das Meer und so lang, dass es den Boden berührte. ››Ich will dich nicht bedrängen, Sarah, aber willst du mir nicht verraten, was mit dir los ist? Du bist so … anders, seitdem du zurück bist. Liegt es vielleicht an … an deinem Verlust?‹‹
Die Hausherrin war besorgt um sie, daran bestand kein Zweifel. Sie wollte ihr zuhören und sich um sie kümmern, was Carla auch sehr zu schätzen wusste. Aber dies stellte ein enormes Risiko für sie dar. Im Gegensatz zu allen anderen war sie gütig und liebevoll. Sie wusste wohl am Besten, was es hieß lange von ihrem Keith getrennt zu sein. Wollte sie sich deshalb so sehr um Carla kümmern?
Plötzlich stieg der Zorn in ihr auf. Wie heißer Dampf füllte er ihren kompletten Körper aus und griff auf ihren Verstand zu. Nein, Celest wollte nicht ihr zuhören, sondern Sarah. Keiner hier wollte sie in seiner Nähe haben. Alle wollten sie nur ihre spießige Sarah zurück.
››Ich brauche Alexander nicht. Soll er doch bei seinen Verwandten bleiben, das ist mir doch egal!‹‹, versuchte Carla energisch das Gespräch zum Erliegen zu bringen.
Celest schüttelte mit dem Kopf und tat einen Schritt auf sie zu. ››So etwas darfst du nicht sagen, das wühlt dich nur noch mehr auf. Wenn du das Schicksal akzeptierst, wird es etwas leichter. … Etwas erträglicher.‹‹
Diese Unterhaltung wurde ihr zu wider und Carla gab sich ihrer Wut hin. Schnell wie ein Blitz drehte sie sich um und rannte davon.
Der Sand unter ihren Sohlen wurde in großen Wolken aufgewirbelt und es kam ihr fast so vor, als wenn er ihre Gefühle widerspiegelte. Wie ein Sandsturm wirbelten die Körner umher.
Eigentlich hasste sie sich selbst dafür. Sie wollte nicht so sein; stets zornig. Im nächsten Moment packte sie schließlich doch die Reue für ihre gewählten Worte. So war es immer. Doch aus irgendeinem Grund konnte sie nicht anders. Alles wurde ihr in diesen Augenblicken zu viel. Es drohte aus ihr herauszuplatzen; sie zu übermannen und zu überwältigen. Auch wenn sie das Leben lieben gelernt hatte, war es dennoch schwer für sie. Einfach ungewohnt.
Sie rannte so schnell sie konnte. Das Meer drückte sich über den Sand und färbte ihn dunkel. Mit einem schnellen Sprung schnappte sie nach ihren Schuhen und zog sie aus. Sie wollte das Nass und die Sandkörner unter ihren Füßen spüren.
Ungewollt wurde sie dadurch langsamer und gab sich der Massage des Sandes hin. Die Worte von Celest hallten noch immer in ihr wider. Carla musste sich eingestehen, dass sie froh darüber war, dass der Seelenbiss sie nicht plagte. Sarah gab sich für ihn auf und so reichten seine brutalen Fangarme nicht an sie heran. So machte es jedenfalls den Anschein. Bisher blieb sie von den Wahnvorstellungen verschont und hofft auch sehr, dass es so blieb. Ihre Gefühle verfrachteten sie viel zu oft in eine Achterbahn, die sie durchschüttelte und drohte aus den Eisen zu reißen.
Zwei Tage später lag Carla im modischen Bikini auf ihrer Sonnenliege. Die helle Scheibe strahlte so intensiv, wie lange nicht mehr und wollte dem Spätherbst in einen Sommertag verwandeln. Carla seufzte erleichtert. Die Wärme durchströmte sie; überflutete jede Zelle und brachte ein Gefühl von unglaublicher Zufriedenheit mit sich. Neben sich auf dem Boden des Rundbalkons hatte sie sich bereits ein großes Weinglas mit roter Flüssigkeit bereit gestellt. Nichts sollte diese Stunden trüben; nicht einmal der Gang zum Vorratsraum. Während die Möwen ihr alltägliches Lied krähten und im Einklang mit den Vögeln aus dem nahen Wald einstimmten, streckte sie sich.
Carla hatte ihre Augen unter der Sonnenbrille geschlossen und nahm all die Ruhe in sich auf.
Alles schien perfekt an diesem Tag. Selbst ihre Mitbewohner hatte sie heute noch nicht zu Gesicht bekommen und somit waren auch kein Streit oder böse Anschuldigungen entstanden.
Doch plötzlich drohte ihre idyllische Welt gestört zu werden. In wenigen Sekunden zerbrach der wunderschöne Spiegel namens Ruhe in tausend Scherben. Ein Geruch von schwefelartiger Substanz schlängelte sich in ihre Nase und legte sich bitter auf der Zunge ab. Angewidert schüttelte Carla sich und verzog die Lippen, als habe sie in eine Zitrone gebissen. Instinktiv sandte sie ihre Schallwellen aus, um sich zu vergewissern, dass ihr nichts entgangen war.
Leise Schritte drangen an sie heran, gefolgt von wildem, ungestümen Getrampel.
Als jemand in ihr Zimmer trat, versuchte sie den Störenfried anhand des Duftes zu erkennen, doch der Gestank war so abartig, dass sie ihn nicht zuordnen konnte. Je näher die Person kam, umso schlimmer wurde er. Galle brodelte empor und Carla versuchte krampfhaft den Würgereiz hinunterzuschlucken. Die Nackenhaare richteten sich auf und ihr ganzer Körper spannte sich.
Sie wollte ihre Augen nicht öffnen; sie wünschte sich doch nur Ruhe und ein bisschen wärmende Sonne.
Dann landete etwas auf ihrem nackten Bauch. Der Gestank schien seinen Höhepunkt zu erlangen, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
››Du hast Post!‹‹ Das musste Josys Stimme sein; ein nicht gerade reizvoller Gast.
Carlas Augen öffneten sich. Sie schob die Sonnenbrille auf der Nase nach vorne und linste über den Rand.
Der Absender des Briefes war ihr nur zu gut bekannt. Daher rührte also dieser schlimme Gestank. Wann würde sie endlich aufgeben? Ständig warf Carla diese Umschläge in den Müll und hatte auch nicht vor, dies zu ändern. Sie stanken zum Himmel. Nach Werwolf, Schwefel, Dreck; einfach abartig!
››Du kannst ihn gerne wieder mitnehmen‹‹, gab Carla gelangweilt von sich und machte eine eindeutige Geste, dass Josy ihr aus der Sonne gehen sollte. ››Mich interessieren die News aus Werwolftal nicht im Geringsten.‹‹
Etwas begann zu wimmern und zu fiepen. Ein Knurren und Fauchen drang an Carlas empfindliche Ohren und sie wurde allmählich zornig. Wo war ihr schöner Tag hin?
Finster schaute Josy drein und fixierte sie böswillig. ››Ich bin nicht dein Diener!... Ich hätte wissen müssen, dass es schon zu viel des Guten war, ihn dir zu bringen. Was habe ich mir nur dabei gedacht?!‹‹
Carla richtete sich auf der Liege auf und der Umschlag glitt zwischen ihre Schenkel. Grimmig zog sie die Brille aus ihrem Gesicht. ››Willst du mir jetzt schon wieder eine Szene machen? Ich wollte dir lediglich klar machen, dass ich ihn nicht haben will.‹‹
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie schnelle Bewegungen, die ihre Aufmerksamkeit erlangten. Sie drehte ihren Kopf zur Tür und glaubte ihren Augen nicht trauen zu können. Die Vampirwolfwelpen spielten in ihrem Zimmer! Wild balgten sie sich auf dem Boden, sprangen und feixten um die Wette.
Carla wusste, wie klein sie gewesen waren, als Sarah sie das letzte Mal gesehen hatte. Auch ihr war der Anblick nicht verwehrt geblieben, doch mittlerweile waren sie gewachsen. Vieles in diesem Haus war ihnen schon zum Opfer gefallen: Vasen, Gläser, Fenster, Türen, Kabel und selbst vor Carlas neusten Schuhen hatte sie keinen Halt gemacht. Vor ihren teuren Schuhen!!!
Weit beugte sie sich über die Rückenlehne ihrer Liege und schätze jegliche Bewegung der Bande ab. Als sie ihren Schminkutensilien zu nahe kamen, begannen ihre Augen zu glühen und sie schrie: ››Weg von meinen Sachen, ihr widerlichen Mistviecher!‹‹
Als ein lauter Knall die Umgebung vereinnahmte, hielten die Welpen inne, legten ihre Ohren an und fiepten erschrocken.
Josy hatte Carla eine Ohrfeige verpasst. Ihre Hand vibrierte noch in der Luft; anklagend und drohend. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie Carla mit zwei Flammenherden fixiert, die sie brennen sehen wollten.
››Das sind Welpen! Babys! Keine Mistviecher! Wage es nicht noch einmal sie so zu nennen!‹‹
Carla hielt sich die Wange. ››Und was dann?‹‹
››Du bist unausstehlich!‹‹, fauchte Josy sie wie eine Viper an und wandte sich von ihr ab. Mit lauten Stampfen und einem eindringlichen Pfiff an ihre Welpenmeute, das sie ihr folgen sollten, verließ sie das Zimmer und knallte die Tür absichtlich laut hinter sich zu.
Carla schnaubte wie ein wild gewordener Stier. Ohne Worte ließ sie sich wieder auf die Liege fallen und setzte ihre Sonnengläser wieder auf. Reflexartig griff sie nach dem Brief. Verärgertes Schnauben gurgelte durch ihre Kehle.
Viele Briefmarken klebten darauf. Das Papier hatte einen weiten Weg hinter sich.
Wie viele Umschläge waren es jetzt schon gewesen? Carla konnte es nicht mit Sicherheit sagen.
Jedes Mal aufs neue packte sie die Neugier. In diesem Umschlag verbargen sich Ereignisse, denen sie nicht beiwohnen konnte. Eine Welt, die so fern und verborgen lag. Sie interessierte sich nicht für die langweiligen Belange der Werwölfe, aber ein wenig für die des Halbwesens.
Sie war im Zwiespalt mit diesem Mann. Damals, als sie noch nicht die Oberhand über diesen Körper errungen hatte, stellte er eine wichtige Rolle dar. Obgleich sie ihn für den Wolf in ihm verabscheute, so lebensnotwendig war er für sie gewesen. Dass sich ihre Wege nun nicht mehr kreuzten, empfand sie nicht als sonderlich schlimm. Aber da sie ihn sehr gut kannte, stellte sich Carla in diesen Augenblicken oft die Frage, was er dort tat.
Sie hielt den Umschlag in die Sonne und erhaschte ein paar Worte, die durch das Licht hindurch schimmerten. Wirr und teilweise überlappend drückte sich das Geschriebene durch das Papier.
Die Regung ließ nicht lange auf sich warten. Unter ihrer Brust rührte sich etwas. Ein Gefühl, wie die Berührung eines Geistes; seltsam kalt, unbekannt und beängstigend. Sarah war in diesen Momenten nah; zu nah! Sie schien in ihren Gedanken wie in einem Buch zu lesen. All die Worte, die Carla aufschnappte, bekam auch sie zu fassen.
Nein! Carla durfte ihn nicht öffnen, auch wenn sie noch so neugierig war. Eine Unachtsamkeit ihrerseits und sie würde abermals eingesperrt sein. Gefangen in einem Körper, den sie nicht kontrollieren konnte und es nur hin und wieder durfte. Sie wollte nicht zurück ins Nichts... Wie ein Sträfling, der zu lange die Decke seiner Zelle begutachtet hatte, war es ihr zu viel geworden.
In diesem Augenblick tat Carla ihre forsche Art auch schon wieder leid. War sie wirklich so unausstehlich, wie Josy behauptet hatte? Genaugenommen, wollte sie gemocht werden. Dennoch brauchte sie diese Maske, damit ihr keiner zu nahe kam. Wie sollte sie diese zwei Bedürfnisse nur überein bekommen? Geliebt werden und trotzdem alle auf Abstand halten? Ging das überhaupt?
Schweren Herzens seufzte sie und betrachtete den Umschlag wehmütig.
So leise, dass es niemand hören konnte, flüsterte sie: ››Verzeih mir, aber ich kann das nicht.‹‹ Dann riss sie das Papier in zwei. Die Geste war leblos und ihr Kopf fühlte sich so leer dabei an, dass sie den Fehler bereits in ihren Fingerspitzen als negatives Kribbeln fühlen konnte. Wieso war das Leben so schwer für sie? Auf der einen Seite so schön, frei und schwebend leicht, auf der anderen Seite, so besorgniserregend, schwer und zornig.
Darauf musste sie erst einmal einen Schluck von ihrem Getränk nehmen. Gierig schüttete sie das Blut in einem Schwung herunter.
So viel zu einem schönen, gemütlichen Tag auf der Liege, denn dieser war nicht nur von ihren Gedanken getrübt, sondern auch von ihrem Durst und den Drang die Vorratskammer aufzusuchen...
››Hey, wir haben nichts mehr zu trinken!‹‹ Grayson ging die Treppe zum Wohnzimmer herunter und blickte sich suchend um. ››Haben wir echt gar nichts mehr im Haus?‹‹
Carla saß auf der Schaukel der Veranda und hatte nicht die Absicht sich zu dem farbigen Vampir umzudrehen. Sie war sich ihrer Schuld, mal wieder die letzte Blutkonserve genommen und nicht beim Lieferanten angerufen zu haben, bewusst. Ihre Sturheit hinderte die Blondine daran. Nach ihren Streitigkeiten mit Josy schaltete sie erst recht auf durchzug.
In den letzten drei Monaten konnte sie an nichts anderes mehr denken, als an den Verzehr von Blut. Auch wenn sie es allmählich sehr seltsam fand, nahm sie es hin.
Mit einem tiefen Atemzug saugte sie die salzhaltige Luft in sich hinein.
Von hier konnte sie dem Schauspiel gut folgen, denn die Tür stand offen. Dadurch hörte sie Li die Kellertreppe herauf eilen.
››Das ist doch jetzt wohl nicht dein ernst?!‹‹, schrie er leicht wütend. ››Ich hab sie erst vor vier Tagen komplett auffüllen lassen! Ich dreh durch!‹‹
Seine Augen bohrten sich in Carlas Rücken und sie verzog schmollend die Lippen. Ihre Schallwellen empfingen seine negativen Schwingungen und warfen sie auf sie zurück wie kleine Stromschläge.
Wutentbrannt stampfte Li auf die Veranda und hielt ihr das Telefon hin. ››Wenn du schon säufst wie ein Loch, kannst du dich wenigstens dazu herablassen, selbst Nachschub zu ordern! Ich hab es satt immer erst anzurufen, wenn es schon zu spät ist. Du hast es doch mitbekommen, oder? Es brauch seine Zeit bis er uns beliefern kann. Wir sind schließlich nicht seine einzigen Kunden.‹‹
Carla presste die Lippen aufeinander und zog das Kinn nach unten. Schmollend fixierte sie ihn und wagte nichts zu sagen.
››Lass gut sein, Li, ich mach das schon.‹‹ Celest kam den Flur entlang, gefolgt von ihrer Schwester. Es war nur ein kurzer Blick der beiden Frauen, den sie wechselten und man wusste, dass sie eine Konversation auf einer ganz anderen Ebene eingingen. Sie tauschten bloße Gedanken aus, die niemand sonst verstehen konnte.
Grayson kratzte sich am Kopf und fühlte sich zusehends fehl am Platz.
Li glaubte nicht, was er da hörte. Im Gegensatz zum farbigen Vampir macht er seiner Wut Luft. ››Wieso willst du das übernehmen?‹‹
››Sarah ist sehr zerrissen von ihren Gefühlen. Bitte sei nicht so unfreundlich zu ihr.‹‹
Elest nickte zustimmend bei der Aussage ihrer Schwester und machte eine traurige Miene. Li jedoch war fassungslos, er schnaubte und setzte immer wieder neu an, etwas zu sagen. Doch dann wurde der Ausdruck in Celests Gesicht starr und fordernd, sie duldete keine Widerworte. Demonstrativ hielt sie ihm ihre Hand hin und wartete auf das Telefon.
Der ehemalige Samurai wechselte fragend den Blick zwischen ihr, Carla und Gray. ››Es ist eine Sache, Schmerzen zu erleiden, doch dies dann arrogant und zickig an seinen Freunden auszulassen, eine ganz andere. Mir will nicht in den Sinn, warum ihr das unterstützt!?‹‹, sagte er und wandte sich dann Grayson zu, ››Komm, Gray, ich hab mich in Marcs Spielserver gehackt, lass ihn uns einmal so richtig abzocken.‹‹
Das war wie Musik in Graysons Ohren und er grinste breit. ››Das klingt ganz nach meinem Geschmack!‹‹
Das Telefon wanderte von Li zu Celest. Er drückte es ihr mit einer solchen Wucht in die Hand, dass ihr Arm die Kraft abfedern musste.
Während die beiden Männer das Wohnzimmer verließen und er Gray freundschaftlich auf die Schulter schlug, warf die Hausherrin noch, ohne sich zu ihm umzudrehen, ein: ››Wir wollen morgen Weihnachtseinkäufe erledigen. Bitte sag Josephine Bescheid.‹‹
Li linste über die Schulter und nickte nur, dann verschwand er mit Gray im Keller. Laut knallte die Tür in das Schloss.
Indessen rief Celest beim Lieferanten an und ihre Schwester trat an das Fenster hinter der Verandaschaukel. Carlas Schallwellen ertasteten ihre Anwesenheit, doch sie schämte sich zu sehr, als dass sie sich bei ihr oder ihrer Schwester bedanken konnte. Warum traute sie sich nur nicht selbst bei dem Lieferanten anzurufen? Hatte sie Angst abgewiesen zu werden, oder war es wirklich nur ihre Sturheit, wie sie oftmals glaubte? Oder war es gar ihr Stolz, der ihr im Weg stand? Oder wollte sie etwa nicht wahrhaben, dass sie ein Loch war, wie es Li so nett umschrieben hatte?
Stimmte etwas mit ihr nicht? Tranken die anderen wirklich weniger, als sie? Carla konnte sich das nicht vorstellen...
Es war ein herrlicher Tag. Auch wenn der Wind kalt über das Land blies und die Menschen sich unter ihrer dicken Kleidung verstecken mussten, war der Anblick wunderschön.
San Francisco war in ein Lichtermeer getaucht worden. Bunte Farben überschwemmten die Metropole wie ein Tuch in abertausend verschiedenen Farben. Weihnachtslieder drangen aus allen Geschäften und stimmten auf die schönste Zeit des Winters ein. Kleine Kinder zerrten an den Armen ihrer Eltern und wollten sie zu den unterschiedlichsten Schaufenstern ziehen, um ihnen zu sagen, was sie sich genau vom Weihnachtsmann wünschten.
Es war die Zeit der Freude, des Duftes, der sich markant durch die Straßen schlängelte, aber auch die Zeit der langen Warteschlangen und der überfüllten Kaufhäuser.
Josy hasste das. Obgleich sie liebte ihren Kleiderschrank stets neu zu befüllen, war ihr dieser Andrang immer zu wider gewesen.
››Oh man‹‹, maulte sie, als sie die lange Schlange an der Kasse bemerkte und schmollte. Celest und Elest standen hinter ihr und musterten ein paar Frauen, die sich gerade über heruntergesetzte Unterwäsche her machten. Wie Aasgeier fixierten sie die Ware und suchten vergebens nach ihren Übergrößen.
Celest hob eine Braue und blinzelte. Ihre Schwester antwortete mit einem nicken.
Das Warten wurde für Josy unerträglich. Sie wollte doch nur ihren neuen Mantel bezahlen, sonst nichts weiter. Die Geschenke waren bereits allesamt besorgt und befanden sich in den vielen Tragetaschen der drei Frauen. Wäre sie doch nicht an diesem Schaufenster vorbeigegangen und hätte ihn gesehen. Diesen wunderschönen, weinroten, figurbetonten Mantel, den sie schon immer haben wollte! Gut, sicherlich besaß sie schon einen, aber nicht diesen, der über ihrem Arm hing!
Nach gefühlten fünf Stunden traten die Frauen aus dem Kaufhaus und Josy atmete tief durch. Wäre nicht ein tranartiger Parfümerieduft in der Luft, hätte diese Geste sogar gut tun können. ››Oh mein Gott!‹‹, war das einzige, was ihr dazu einfiel. ››Bitte lasst uns beim nächsten Mal eher losgehen und Geschenke kaufen. Wie wäre es mit Juli?‹‹
Celest begann zu kichern und zupfte sich eine Strähne aus dem Gesicht. ››Irgendwie sagst du das jedes Jahr, aber dann bist du die Person, die sich drückt!‹‹
Josephine zog einen Schmollmund. ››Hallo? Sieh dir doch diese Meute von Verrückten an! Ist das da ein Wunder?!‹‹
Elest zuckte mit den Schultern und machte ein paar Gestiken mit ihren Händen, die ihre Schwester übersetzte: ››Wir können froh sein, dass wir überhaupt wieder hier zusammen einkaufen gehen können. Letztes Jahr um diese Zeit warst du in Gefangenschaft bei den Maguire. Vergiss das nicht.‹‹
››Mag sein.‹‹ Plötzlich verzerrten sich Josys Mundwinkel nach unten und ihre Augen wurden von Traurigkeit erfüllt. Sie dachte nur ungern an diese Zeit, war sie doch so lange von Li getrennt gewesen. Mitfühlend zog Elest ihren Wangenknochen nach. Dabei rutschen die vielen Taschen in ihre Armbeuge.
››Du bist wütend auf sie‹‹, drang es aus Celests Mund und Josy schaute verdutzt auf.
››Was meinst du?‹‹
Da sich unzählige Menschen an ihnen vorbei drängten, sie anrempelten und der Parfümduft einer nahegelegenen Parfümerie alle drei fast in den Wahnsinn trieb, suchten sie einen Ausweg. Celest legte den Kopf schief und deutete auf eine Nebengasse, in der nur wenig Passanten entlang gingen. Zwischen den Wänden der hohen Gebäude verklangen die Geräusche und drangen nur noch dumpf und wie durch Watte an sie heran. Zwar konnten sie ihre Instinkte und die damit verbundene Schärfe ihres Gehörs nicht vollends betäuben, aber es war weitaus besser zu ertragen.
Der unebene Untergrund war nass und kleine Steinchen knirschten unter ihren Schuhsohlen.
››Weißt du, meine Liebe, jeder nimmt Probleme und Schmerz anders auf. Der eine frisst sie in sich hinein und will niemanden damit in Mitleidenschaft ziehen, oder möchte, dass man diesen Schmerz bemerkt. Andere wiederum, werden zornig und unfreundlich. Dann gibt es aber auch noch die, die andere für ihr Leiden verantwortlich machen. Und sogar jene, die sich komplett verändern; gar ein anderer Mensch, oder‹‹, sie räusperte sich, da gerade ein Mensch an ihnen vorbeiging, ››ein anderer Vampir werden.‹‹
Ein tiefer, lauter Seufzer entfuhr Josy und sie schüttelte den Kopf. ››Du willst auf Sarah hinaus, oder?‹‹››Wenn man es genau nimmt, sind wir nur deswegen hier.‹‹
››Wie meinst du das?‹‹, fragte Josy neugierig und wandte sich ihr zu. ››Wir sind hier, um Geschenke zu kaufen und nicht, um über sie zu reden.‹‹
Celest biss sich auf die Unterlippe und linste verstohlen zu ihrer Schwester hinüber. Leicht verunsichert schien sie nach Worten zu suchen. ››Weißt du, wir wollten mit dir über Sarah reden. Natürlich waren die Weihnachtsgeschenke nicht nur ein Vorwand dafür, wir wollte gerne mit dir einkaufen fahren, aber wir müssen auch mit dir über etwas reden.‹‹
Auf einmal schaute Josy finster drein und fühlte sich überrumpelt. Die Schwestern hatten sie regelrecht in eine Falle gelockt und überfahren. ››Da gibt es nichts zu bereden.‹‹
Mit Absicht befreite sie sich aus den Fängen zweier sehr eindringlicher drein schauender Gesichter und starrte zum Ende der Gasse. Dort liefen viele Menschen hin und her. Die Geräusche von Personenkraftwagen mischten sich mit ihren Schritten und zeugten von einer viel befahrenen Straße.
Sie hörte noch wie Celests Kehle einen tiefen Seufzer verließ, wollte ihn aber nicht so recht wahrhaben, denn der Zorn übermannte sie. Seine Griffe waren brutal und zerrten an ihren Nerven. Sarah hatte sich verändert. Eine guten Freundin hatte sich verändert und sie irgendwie im Stich gelassen. Auch Josy war nicht immer erträglich gewesen, damals, auf der Flucht und ohne Li, aber das gab dieser Frau noch lange nicht das Recht so mit ihrer lieben Familie umzugehen! Sie war stur, egoistisch und zickig!
Minuten der Stille brachten Wut aber auch Traurigkeit mit sich. Ungewollt dachte sie an die gemeinsame Zeit mit dieser Blondine und wie sehr sie sie doch lieb gewonnen hatte. Die Erkenntnis zermürbte sie. Schon viel zu lange hatte sie mit Sarah sprechen wollen; ihr eine hilfreiche Hand entgegenbringen wollen, doch stets aufs Neue war diese mit Taten an sie herangetreten, die sie wie einen Vulkan zum Ausbruch gebracht hatten. ››Hört zu, ihr kennt mich, ich bin immer etwas … na ja, … aufbrausend‹‹, verlegen sah sie auf den nassen Asphalt und sprach weiter, ››Ich hasse Sarah nicht, schließlich habe ich ihr sogar ein Geschenk besorgt. Das würde ich doch nicht tun, wenn ich sie nicht mag.‹‹ Josy wusste, dass in der schwarzen Tasche Sarahs Weihnachtsgeschenk lag. Lange hatte sie überlegt, was sie ihr besorgen sollte und letzten Endes war ihr eine gute Idee gekommen.
Langsam erlag sie dem Glauben, dass die Beiden sie nur milde stimmen und auf sie einreden wollten. Vielleicht wollten sie sogar ihr Mitgefühl für Sarah wecken, doch warum? Sie hatte zuhauf mitbekommen, dass die Blondine das nicht interessierte.
››Ich will einfach nicht glauben, dass sie sich verändert hat! Sie war eine gute Freundin geworden. Ich hab viel mit ihr durchgemacht, aber das...‹‹ Josy versagte die Stimme. Traurigkeit überdeckte den brodelnden Zorn, wie ein Gewitter, dass der Wind hinfort trug. Sie hatte ihr helfen wollen, doch irgendwie konnte sie nicht mehr über ihren eigenen Stolz springen. War sie da noch besser als Sarah?
››Sie ist nicht sie selbst‹‹, lenkte Celest ein.
Laut stampfte Josy mit ihren hochhackigen Stiefeln auf und der Asphalt splitterte. Ein langer Riss schoss nach vorn. Wieder gewann die Wut die Oberhand über ihr Handeln. ››Das ist keine Rechtfertigung! Sie ist unausstehlich, biestig, garstig, arrogant und … ach, das … das kann man nicht in Worte fassen!‹‹
Sie waren am Ende der Gasse angekommen. Vor ihnen tat sich eine breite Straße auf. Laut dröhnten die Motoren gegen die Weihnachtsmusik im Hintergrund an und wollten sie zum Erliegen bringen. Motorengestank und Abgase kitzelten ihre Nasen.
Eine große Traube von Personen tummelte sich vor dem Straßenübergang. Sie warteten auf ein Grün der Ampel, um den Einkaufstumult hinter sich zu lassen. Dort mussten auch die zwei Schwestern und Josy entlang, um zu ihrem Auto zu kommen.
Als sie sich zu der Meute begaben, machte Elest eine energische Handbewegung und fixierte Josy dabei eindringlich. Celest nickte zustimmend. ››Ja, Schwesterherz, das ist das passende Wort! Sehr, sehr zutreffen.‹‹ Mit einem Lächeln auf den Lippen zwinkerte sie Elest zu. Josy wusste nicht, wie sie diese ständigen Konversationen zwischen den Beiden auffassen sollte. Doch dann wandte sich die Brünette zu ihr und klärte auf: ››Elest meinte, die fehlenden Worte wären ungestüm, wild und … jung.‹‹
Josy legte den Kopf schief und tat verwundert. ››Hä?‹‹
Celest atmete tief ein, tauschte einen kurzen Blick mit ihrer Schwester und sagte dann sehr bedacht und langsam: ››Es gibt da etwas, was du wissen solltest.‹‹
››Das klingt jetzt aber nicht gut.‹‹ Ihre Muskeln spannten sich ungewollt an und sie rechnet mit allem, nur nicht damit...
››Elest hatte Sarah die letzten Monate scharf beobachtet; sie regelrecht überwacht. Ich weiß, dass ist keine nette Art, aber es war notwendig. Wir mussten wissen, was mit ihr los ist und ob wir ihr noch trauen können. Schließlich war sie bei den Werwölfen gewesen und das für eine längere Zeitspanne. Dazu kommt, dass sie uns jegliche Erinnerung daran verweigert. Sie gibt einfach gar nichts preis, von dem, was sie dort gefunden, gehört, oder getan hat.‹‹
Grün. Die Menge preschte los. Wie eine Horde unzähliger Büffel trampelten sie in einer enormen Lautstärke über die Straße und die Traube wurde allmählich keiner. Doch als die drei gerade zum Gehen ansetzten wollten, sprang die Ampel wieder auf Rot. Josy war dies gleich, sie wollte der Aussage von Celest weiter lauschen und vielleicht verstehen, was mit ihrer Freundin wirklich los war. Konnte sie vielleicht nichts für ihr unangebrachtes Verhalten?
››Dennoch ist meine Schwester zu einem Schluss gekommen, den ich letzten Endes mit ihr teilen muss. Alle Indizien sprechen dafür.‹‹
››Für was?‹‹ Sie wurde ungeduldig; wollte Klarheit und wiegte sich unbemerkt von rechts nach links.
››Sarah ist...‹‹
Übermäßig laut dröhnte die Hupe eines Busses urplötzlich los. Sein Vordermann war unnötig zum Stehen gekommen und der Fahrer blickte sich verstohlen um. Er schien sich hier nicht auszukennen und suchte noch die richtige Fahrbahn. Doch den Busfahrer machte dies wütend. Er sah wohl schon seine wohlverdiente Pause an ihm vorbeiziehen und wusste sich nicht anders zu helfen, als seine Hupe in Dauerbetrieb zu nehmen. Auch hinter dem Bus begannen Töne die PKWs zu verlassen.
Dies alles bekam Josy nicht mehr mit, denn sämtliche Gedanken waren aus ihrem Kopf gefallen. Fast wie ein Spiegel, den man eingeschlagen hatte und der in abertausend Einzelsplitter zerfallen war. Sie glaubte sich am Boden einer Tatsache wiederzufinden, die unfassbar schien. Konnte das wirklich sein? Hatte sie sich verhört? War Sarah wirklich das, was die beiden Schwestern glaubten?
Sie war leer und ohne Beherrschung. Ihr Unterkiefer fiel nach unten, doch die Kraft Worte zu formen fehlte. Ihre Schultern sackten herunter, ihre Arme erschlafften und die Finger waren taub geworden. Die Taschen wurden ihr zu schwer. Sie glitten, wie von Vaseline durchtränkt, an ihren Fingern herunter und prallten auf den Boden. Klirrend ging etwas zu Bruch.
Die Ampel sprang erneut auf Grün, doch keiner der Drei dachte daran, auch nur einen Stritt über die Straße zu gehen. Sie schauten sich nur durchdringend an und bemerkten die ungeschickten Rempler der Passanten überhaupt nicht.
Mit steinerner, ernster Miene fixierte Celest sie. ››... Wir müssen Gewissheit haben. Bis dahin bitte ich dich, sie abzulenken.‹‹
››Boah, brummt mir der Schädel!‹‹, knurrte Carla verächtlich und massierte ihre Schläfen.
Sie saß auf einem der Sessel im Wohnzimmer und stöhnte. Über ihr war Marc dabei die Welt vollends auf den Kopf zu stellen. Seine Lautsprecher wurden derart zu Höchstleistungen getrieben, dass ihr Glas, welches neben ihr auf dem Tisch stand, zu vibrieren begann. Die Wellen der roten Flüssigkeit sollten eigentlich beruhigend auf Carla wirken, doch es machte sie nur noch zorniger. ››Ich bring ihn um!‹‹
Carlas Finger gruben sich in ihr Gesicht und zogen die dunklen Augenräder nach. Alles tat ihr weh und gerade in diesem Augenblick machte sie Marc dafür verantwortlich. Hatte sie ihn bis vor ein paar Tagen noch interessant gefunden mit seiner Narbe über dem rechten Augen, wurde er jetzt zur Zielscheibe ihrer Missgunst. In ihrem Verstand baute sich pure Mordlust auf und Bilder formten sich zu einem Puzzle zusammen, die ihn nicht gerade ins gute Licht setzten. Wenn er nicht bald etwas leiser werden würde, konnte sie nicht mehr für seine Sicherheit garantieren.
Mit einem Mal klopfte der Bass gegen die Wohnzimmerdecke und Carlas Auge zuckte gewaltig. Allmählich glaubte sie, dass der Sessel sich bereits durch die Vibrationen fortbewegte. Im großen Bücherregal klappte ein Buch um und riss mehrere zu Boden. Dumpf erklang ihr Aufprall und schien das Fass zum Überlaufen zu bringen. In nur einer Sekunde sprang sie auf und zischte wie eine Viper: ››Ich bring ihn um!‹‹
Die dicke Kellertür klappte auf und Li kam samt Josy heraus. Sie schienen ebenfalls erbost und ziemlich aufgebracht zu sein. Tief gruben sich ihre Augenbrauen nach unten.
››Sag mal, hat der sie noch alle?‹‹, fragte Li und schaute zur Decke auf. Auch Josy wurde wütend und stimmte mit ein: ››Kaum ist Celest mal kurz aus dem Haus, da glaubte er, er könne sich alles erlauben!‹‹
Carla fühlte sich bestätigt und nickte den beiden zu. ››Ich bring ihn um. Habt ihr irgendwelche Einwände?‹‹
Lässig lehnte sich Li an die Tür und grinste breit. Josy schüttelte mit dem Kopf und stimmte in die Mimik ihres Mannes mit ein. ››Tu was du nicht lassen kannst. Gerade würde sich die gesamte Familie bei dir für diese Wohltat bedanken.‹‹ Auch wenn ein Hauch von Ironie in ihrer Stimme lag, reichte Carla diese Aussage aus. Wie ein Stier stampfte sie los und wollte gerade die erste Treppenstufe nehmen, als Josy ihr nachrief: ››Bitte frag Gray noch, ob er dir nicht behilflich sein möchte. Er verpasst nur ungern eine Rauferei mit seinem Liebling!‹‹
Kurz hielt Carla inne und runzelte die Stirn. War das gerade ein freundschaftliches Lächeln auf ihren Lippen? Sie konnte es nicht glauben und zog fragend eine Braue hoch. Als sie so darüber nachdachte, musste sie sich eingestehen, dass Josy die letzten Tage viel zu freundlich zu ihr gewesen war. Keine bösen Blicke, kein Streit und keine Ohrfeige. War ihr etwas entgangen?
Dann knurrte ihr Magen lautstark los. Er zog sich derart zusammen, dass Carlas rechte Hand sich in die Bauchdecke krallte und der Körper sich geringfügig krümmte. Es war nicht nur der Hunger, der Carla plagte, auch Magenkrämpfe suchten sie die letzten Tage heim. Ab und an fühlte es sich so an, als wenn ihre Mitte sich drehte und schmerzlich verbog.
Blitzschnell war Josy bei ihr und hielt ihr das halbvolle Glas hin. ››Trink lieber noch etwas‹‹, meinte sie und zwinkerte, ››zur Stärkung! Nicht das du bei dem ersten Schlag aus den Latschen kippst. Das wäre doch sehr schade.‹‹
Steif und ruckartig griff Carla nach dem Getränk und wagte nicht, sie aus den Augen zu verlieren. Hatte sie in dieser kurzen Zeit Gift hineingetan? War es das? War sie nur aus diesem Grund so nett zu ihr, weil sie sie loswerden wollte? Ging das überhaupt? Sie war verwirrt und vergaß für den Bruchteil ihren Hunger.
Doch als sich ihr Magen erneut mit Schmerzen bemerkbar machte, trank sie die Flüssigkeit in nur einem Schluck aus. Ohne auch nur einen Gedanken an die Fragen zu verschwenden, schüttete sie alles hinunter.
Es dauerte nicht lange, da packte sie ein Schwindelgefühl. Wie eine Welle aus brachialer Gewalt verwischte es jegliche Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen. Vor den Augen begann sich alles zu drehen. Das Umfeld verschwamm zu bunten Tupfern und sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich am Treppengeländer abzufangen. Das Glas in ihrer Hand fiel zu Boden und brach klirrend in zwei Teile. Die letzten roten Blutstropfen bahnten sich ihren Weg auf den Fußboden.
Unsanft landete sie mit dem Hintern auf der Treppenstufe und wiegte sich hin und her.
››I... Ich glaube... das Blut war ranzig‹‹, stotterte sie. Die Welt drehte sich. Carla fühlte sich wie in einer Achterbahn. Vor. Zurück. Hoch. Runter. Sie bekam nichts mehr zu fassen. Alles entglitt ihr. Das Gefühl in den Fingern war fort; förmlich taub.
Josy beugte sich zu ihr hinunter, fasste nach ihrer Schulter. ››Alles in Ordnung? Geht es dir gut, Sarah? … Du wirkst noch blasser, als gewöhnlich.‹‹
Sie konnte ihr nicht antworten, denn nun versagte auch ihre Stimme. Offen verharrte der Mund und entließ nur die Atemluft. Carla fühlte sich hilflos, denn sie schien nicht Herr über sich selbst zu sein. Jegliche Kontrolle rann ihr wie Wasser durch die Finger, das durfte nicht sein! Angst schlich sich in ihr Herz, dass Sarah diese Chance ausnutzen und sie verdrängen würde; vollkommen und unwiderruflich. Wild begann es zu schlagen und Adrenalin auszuschütten, der ihren Körper nur noch mehr durcheinander brachte.
Ungestüm schlugen die Arme umher und forderte Josy auf ein paar Schritte zurück zu gehen.
››Ich brauch keine Hilfe!‹‹, brummte Carla und zog sich an dem Geländer hoch. Wie eine alte Frau, die nicht wahrhaben wollte, dass sie ihre Gehhilfe benötigte, krallte sie sich daran fest und schnaufte. Zitternd und verkrampft stand sie da. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie zu ihren wackeligen Beinen hinunter. Das war nicht sie. Ein stattlicher Vampir; standhaft, geschmeidig und stark. Konnte etwa dieser Körper ihre Seele, wenn sie vollends ans Tageslicht trat, nicht mehr tragen? War er nicht für sie gemacht?
Plötzlich war alles verschwunden. Das Zittern verebbte und das Gefühl ihrer Extremitäten kam zurück. Fast wie, als wenn irgendjemand einen Schalter betätigt hätte und ihr das Leben wiedergab. Die Drohung aber blieb bestehen.
Die Auseinandersetzung mit Marc war nebensächlich geworden. Nach diesem Geschehen wollte Carla nur noch auf ihr Zimmer.
Ohne ein Wort ließ sie Josy und Li im Wohnzimmer stehen und rannte die Treppe hinauf. Als sie vor Marcs Zimmertür vorbei hechtete, war ihr selbst der Lärm gleich. Sie musste fort. In ihre vier Wände. Allein. In Sicherheit.
Vor ihrem Spiegel und den Schminkutensilien versuchte sie ihr aufgebrachtes Gemüt zu beruhigen. Ich Herz raste und ließ die Brust hektisch auf und ab zucken. Sie wollte schluchzen, doch es ging nicht. Verängstigt hielt sie ihre zitternde Hand vor den Mund und starrte auf ihr Abbild. Dicke Schminke bedeckte ihr Gesicht und versuchte die Bässe zu verwischen. Der dunkle Lidschatten ließ sie krank und alt wirken. Das war nicht sie, eindeutig.
Angst, ein Gefühl, welches sie in diesem Körper erst seit beginn ihrer Machtübernahme richtig zu spüren bekommen hatte. Oft hatte sie über Sarah und diese Empfindungen gelacht, doch nun verstand sie, was es bedeutete.
Auch die Tränen, die sie des öfteren in Sarahs Gedanken gesehen hatte, waren ihr fremd gewesen. Nun allerdings wünschte auch Carla sich dieses Ablassventil. Die Trauer wollte ihren Körper zerfressen; in regelrecht auseinandernehmen.
Und sie saß nur da und konnte nichts tun. Sie musste es ertragen. Langsam, ganz langsam, bemerkte sie, wie ihr Körper zerfiel. Er veränderte sich; war nicht mehr der Selbe.
Ihre Hand rutschte vom Mund herunter und wurde vom Spiegelbild magisch angezogen. Carla zog die roten Lippen auf dem Abbild nach. Alles war zu viel. Die Maske aus Schminke wurde nicht nur brüchig, sie wirkte grotesk.
Gedankenverloren, als wenn jemand anders sie steuerte, suchte sie nach den Abschminkprodukten.
Als die Wattepads über ihr Gesicht wanderten und Schicht um Schicht daraus verbannten, wurde Carla klar, dass wohl auch sie verschwinden würde. Vielleicht hatte sie Glück und fand ihren alten Platz im Unterbewusstsein wieder, aber wahrscheinlicher war, dass dieser Körper sich dem Ende zuneigte. Sie hatte sich an eine Stelle gesetzt, die ihr nicht gebührte und der eigentliche Eigentümer hatte ihr den Rücken zugewandt.
Auf einmal klopfte es an der Tür. Nur kurz und sehr leise, doch Carla schreckte hoch, als wäre der Teufel hinter ihr her. Den Wattepad an die Brust gedrückt, sah sie verängstigt zur Richtung des Geräusches.
››Darf ich eintreten?‹‹ Es war Josy, die eine sehr besorgte Stimme an den Tag legte. Einige Minuten dachte Carla über diese Frage nach und war sehr dankbar über die Zeit, die ihr gelassen wurde. Schließlich sackte sie auf ihrem Stuhl zusammen und sagte: ››Ja.‹‹
Fast geräuschlos glitt die Tür auf und sie schlüpfte hindurch wie ein Schatten. Ihr Rücken lehnte an der Tür und sie biss sich verlegen auf die Unterlippe. Sie wagte nicht einmal den Blick vom Laminatboden abzuwenden.
Niemand traute sich etwas zu sagen. Stille, die Carla förmlich verfluchte. Hatte sie doch gehofft, etwas von ihren Gefühlen abgelenkt zu werden und wurde nun teilweise enttäuscht.
››Geht es dir wieder besser?‹‹, brach Josy das Schweigen, schaute aber nicht auf.
Carla nickte nur, was ihre Gegenüber wohl durch die Schallwellen prompt ortete. ››Das ist gut. Du siehst etwas angeschlagen aus.‹‹