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Fantastisch. Geheimnisvoll. Ergreifend. Sie wird beschworen; der Idylle gegen ihren Willen entrissen und ihrer Identität beraubt. Taucht ein in eine Welt, die leise und fast unscheinbar droht ins Chaos zu stürzen, da die Sichtungen von Dämonen stetig ansteigen. In eine Familie gekommen, die zum größten Teil das Monster in ihr sieht, versucht sie sich ihrer Vergangenheit und den Gefahren zu stellen. Ihre Magie ist anders, als die der anderen; mächtiger, beständiger, weitgreifender. Dies stiftet viel Verwirrung und Angst. Mehrere Kämpfe gegen ihresgleichen werfen nicht nur Fragen auf, sie bringen auch Stück für Stück die Vergangenheit und eine schreckliche Wahrheit ans Licht. Allerdings festigt sie auch Freundschaft und eine tiefe Liebe, die unaufhörlich wächst. Schnell wird klar, dass sie helfen muss das Gleichgewicht wieder herzustellen und dabei dient sie doch einem völlig anderem, unerwarteten Zweck. Ihr wird bewusst, dass nur ein gefährlicher Schritt vorwärts ihre liebgewonnene Familie und somit auch die ganze Welt, schützen kann. Doch zu welchem Preis? Unsere Welt ist eine Welt ohne Magie? Bist du dir sicher? Sie sind wenige, aber es gibt sie unter uns. Hexer und Hexen, die ihre Identität vor uns geheim halten. Ihre Aufgabe ist klar: Die Menschheit vor bösen Dämonen schützen. Aber was ist gut und was ist böse? Ist es wirklich immer so einfach?
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Seitenzahl: 629
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Melanie Ruschmeyer
Sag meinen wahren Namen!
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wären rein zufällig.
Impressum
Texte: © 2023 Copyright by Melanie Ruschmeyer
Cover: © 2023 Copyright by Melanie Ruschmeyer
Verlag:
Melanie Ruschmeyer
Güntherweg 5
31785 Hameln
Vertrieb: epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Prolog
Er hockte auf der Erde und streichelte über den trockenen Untergrund. Seine Haare waren fast vollständig ergraut. Der Hauch der Vergangenheit trat hin und wieder in tiefem Schwarz hervor. Flecken bedeckten seine dünne Haut. Dicke Adern und Knochen traten an den sichtbaren Stellen hervor und untermalten das Alter.
Er trug edle Kleidung aus feinsten Stoffen, die zwar altertümlich wirkten, ihn aber geheimnisvoll erscheinen ließen. Fast wie, aus einer anderen Epoche.
Sein Antlitz wirkte grotesk im Gegensatz zu der Landschaft, die ihn umgab.
Karges Ödland; jeglichem Leben beraubt, erstreckte sich meilenweit. Die wenigen Gräser wirkten wie Stroh, welches aus dem Erdreich ragte. Ein Netz aus Rissen zeugte von jahrelanger Trockenheit, die in diesen Gefilden nicht herrschte.
Im Hintergrund des Mannes stand eine weiße Villa, die von den Strahlen der Sonne erhellt wurde, wenn sie es schafften sich durch die dicke Wolkendecke zu schieben.
Schlangenförmig zogen sich Steine durch den festen, rissigen Boden. Sie wirkten nicht willkürlich angelehnt, sie setzten sich zu einer Art Muster zusammen. Hier und da zerbrach das Muster, der Zahn der Zeit hatte seine Griffe nach dem Gestein ausgefahren.
Einige Bäume säumten einen fast bis zur Unkenntlichkeit entstellten Weg. Auch ihnen fehlte jegliches Leben. Der Stamm morsch und die Äste ohne Blätter.
Der Mann grub seine Hand in die trockene Erde. Trotz der augenscheinlich fehlenden Nässe fiel es ihm nicht schwer. Eingehend betrachtete er sie, zerdrückte harte Brocken und ließ schließlich den Staub durch die Finger rieseln.
››Es wird Zeit‹‹, murmelte er mit einer tiefen, fast drohenden Stimme. ››Viel zu lang ist es her, dass wir eine solche Chance hatten.‹‹
Der Wind strich durch die Steppe und forderte Staub und loses Gestrüpp zum Tanzen auf. Es kam ihm so vor, als wollten ihm die Elemente antworten; ihn regelrecht unterstützen.
Er betrachtete noch immer seine Hand. Vom Luftzug erfasst, hoben sich die letzten Staubkörner empor und seine Augen folgte ihrer Flugbahn.
Die Wolken hingen mal wieder tief. Bald würde es regnen. Regen, der diesen Ort niemals erreichte. Er war entweiht; verflucht und besudelt. Das wusste der Mann, denn er selbst war Schuld daran.
Ganz kurz schaffte es ein Sonnenstrahl durch die Schwärze hindurch und er blinzelte.
››Ich weiß, dass du da bist‹‹, flüsterte er so leise, dass das Geräusch des Raschelns zwischen den Ästen seinen Satz verschluckte.
Dennoch hatte sie ihn gehört. Ihr Gehör war viel empfindlicher als das der meisten. Für sie war ein Wispern wie ein Gespräch, Schreie waren Folter. Sie war ein Wesen, welches Gefühle riechen und manipulieren konnte. Seine Begleitung all die Jahre über. Ohne sie wäre er wahnsinnig geworden. Zerfressen von der Einsamkeit.
Eine Regung erschien seitlich hinter einem der Bäume. Lange Finger mit langen Nägeln schoben sich über das Holz, welchen sofort zu knacken begann. Ihr Körper blieb halb durch den Stamm verborgen, lediglich Gesicht und Schultern traten hervor.
Die Haut wirkte dunkler als gewöhnlich; makellos. Zwei Hörner zogen sich in die Höhe und wurden von langem, rotem Haar umspielt. Es fiel ihr fließend über die Schulter. Mit mandelförmigen Augen blinzelte sie ihm durch dichte Wimpern entgegen. ››Ich wollte nicht stören, mein Herr.‹‹ Ihre Stimme war ein Singsang; leidenschaftlich und betörend. Allerdings war er für ihre Art von Magie nicht empfänglich und das wussten sie beide. Sie hatte es auch nie auf ihn abgesehen, schließlich verfolgten sie das selbe Ziel.
››Das tust du nicht.‹‹ Der Mann klopfte sich den Staub von den Händen, stand auf und wandte sich ihr zu. ››Die Konstellation könnte nicht günstiger für uns sein.‹‹
Das weibliche Wesen kicherte und ein fledermausartiger Flügel streckte sich hinter dem Baum aus.
Ein Griff in die Tasche seiner Jacke ließ sie erstarren.
Der Mann nahm ein Foto heraus. Mit einem schelmischen Grinsen betrachtete er die Frau auf dem Bild. Sie hatte braune, schulterlange Haare und hielt sich an einer Autotür fest. Der Blick war in die Ferne gerichtete, als wäre ihr nicht klar, dass sie jemand beobachtet hatte, oder gar sie fotografierte.
››Ist sie das?‹‹, fragte das Wesen, beugte sich weiter vor und ihre weiblichen Rundungen schlängelten sich gekonnt an dem Stamm entlang.
Er lachte, schlug das Foto siegessicher auf seine offene Hand und warf es ihr dann zu. Wie vom Wind getragen, flatterte es in ihre Richtung. Doch gerade jetzt gab es keinen Windzug. Die langen Finger der Frau griffen danach und sie betrachtete die Abbildung eingehend.
››Sie ist hübsch‹‹, stellte sie ohne die Miene zu verziehen fest.
››Das tut nichts zur Sache. Ich will, dass du sie heimsuchst.‹‹ Seine Augen wurden schmal und feine Fältchen umspielten sein Gesicht. ››Sie muss das tun, was wir von ihr erwarten. Sie wird mein erster Zug in diesem hoffentlich letzten Spiel sein.‹‹
››Und ihr seid euch ganz sicher, dass sie es kann, mein Herr.‹‹ Sie schaute auf und Traurigkeit legte sich auf ihr Gesicht. Es war die Sehnsucht, die sich in ihr breit machte, dass analysierte der Mann sofort. Er kannte diesen Blick und er teilte ihn mit ihr.
››Sie ist genau die Richtige. Viel zu lange habe ich ihre Blutlinie beobachtet. Jahr um Jahr. Nichts. Nun endlich, passend zur richtigen Zeit, war sie geboren worden. Es grenzt schon fast an Schicksal. Sie sollte jetzt alt genug sein, ihre Kräfte für eine derartige Tat nutzen zu können.‹‹
Sie guckte wieder auf das Bild der jungen Braunhaarigen. ››Was wenn es nicht einfach wird? Wenn sie mir widersteht bei den Kräften, die sie hat.‹‹
Abrupt beugte er sich vor. Seine Augen funkelten sie böse an. Plötzlich wirkte die Stimme bedrohlich und laut. Fast so, als halle sie von den Bäumen wider. ››Fahre in sie! Beeinflusse sie! Leite sie! … Egal, was! Ich will, dass du sie manipulierst. Sie soll genau das tun, was wir von ihr wollen. Ihre Blutlinie ist der Schlüssel zu der Tür, die ich öffnen will. Zu der Tür, hinter dem das versteckt liegt, was ich begehre! Was wir beide begehren, vergiss das niemals!‹‹
Schmerz verzerrte ihr Gesicht. Der Ton fuhr durch ihre überempfindlichen Ohren wie ein Messerstich hinein und ließ ihren Körper erzittern.
Missmutig biss sie auf ihre Unterlippe. Sie schien abzuschätzen, auf was sie sich da eingelassen hatte.
››GEH, verdammt! GEH! Worauf wartest du noch?‹‹ Er klang wie ein Monster und sie kannte dieses Monster nur zu gut. Sie brauchte keine weitere Aufforderung. Umgehend machte sie sich auf zur Villa. Sie würde die Frau finden. Kein Nachdenken mehr, keine Widerworte und erst recht, kein Abwarten!
››Endlich. Endlich bekomme ich meine zweite Chance dich zu holen und euch zu befreien. Den Fehler meiner Art wieder gutzumachen.‹‹ Ein breites Lächeln umspielte die Lippen des Mannes.
Das Ende eines langen Schlafes
Ich fühlte nichts.
War eingehüllt in einer Blase; schwerelos, gefühllos, allein.
Schwerfällig, als hätte ich sie eine sehr lange Zeit nicht benutzt, öffnete ich meine Augen.
Zum ersten Mal bemerkte ich die Dunkelheit um mich herum. Es war wie ein Nichts, was mich verschluckt hatte. Eine undurchdringliche, beständige Leere.
Ich fühlte mich so aufgelöst und leblos wie ein Windhauch. Keine richtige Form, schemenhaft und unantastbar.
Dennoch hörte ich sie.
Stimmen. Dumpf und unverständlich. Ein Flüstern und Wispern.
Sie drangen von überall zu mir heran. Schwappten über mich wie Wellen, die durch die Flut unerbittlich an den Strand gespült wurden.
Wie lange hatte ich geschlafen? Ich wusste es nicht.
Jahrzehnte? Jahrhunderte?
Ich wollte es auch nicht wissen.
Ich wollte wieder schlafen.
Zurück…
Warum war es auf einmal vorbei?
Und was war das für ein Gefühl?
Etwas berührte mich; strich über meinen Körper. Erst sanft und elektrisierend, doch mit jeder Minute wurde es energischer. Was war das?
Ich wusste es nicht.
Doch dieses Gefühl…
Diese Stimmen…
Etwas zog vehement an mir. Kraftvoll! Ob ich mich bewegte? Ich konnte es nicht mich Sicherheit sagen. Die Leere um mich herum hatte Bestand.
Es war stark und mächtig! Wie Stromstöße durchfuhr es meinen Körper.
Die Gedanken und Gefühle wirbelten durcheinander, sie verschwammen und ich fühlte mich benommen. Ließ mich treiben.
Mit jeder Sekunde gewann das Ziehen an Stärke.
Ein Drängen, welchem ich nicht entkam.
Sanfte Konturen durchbrachen die Dunkelheit. Sie formten Gebilde und ein Zischen drang an meine empfindlichen Ohren.
Die Stimmen wurden lauter. Waren es Schreie?
Linien, Formen und Geräusche erfüllten die Umgebung. Anfangs unscharf gewannen sie mehr und mehr an Glanz und Klarheit.
Bäume. Wolken. Vögel. Wälder. Seen. Wann hatte ich das zuletzt gesehen? Gebäude, die mir so fremd erschienen, als seien sie aus einer anderen Zeit.
Plötzlich geschockt riss ich die Augen schmerzhaft weit auf.
Nein!
Nein, ich will nicht!
Bitte höre auf, lass mich hier!
Hier in der Dunkelheit, in der Einsamkeit.
Ich will nicht zurück!
Bitte tu mir das nicht an!
Lass mich nicht wieder all das Vergangene sehen…
Ich konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, warum ich das empfand, aber mit der wachsenden Klarheit des Umfeldes, welches ich wahrnahm, verspürte ich Angst und Frustration.
Ohne weiter nachzudenken drückte ich mich gegen den Zwang diesen stetig lauter werdenden Stimmen zu folgen. Dies durfte nicht passieren! Ich war nicht bereit; ich würde es nie sein!
Ich wand mich unter dem Druck. Drehte mich, rollte mich und trotzdem schwebte ich unaufhörlich etwas oder jemanden entgegen.
Ich flog durch die Luft.
Über mir bemerkte ich ein riesiges Gebilde, was ich nie zuvor gesehen hatte. Es glänzte in der Sonne. Glattes Metall, wie das eines Schwertes. Es wirkte wie ein Vogel. War aber viel zu starr und zu laut. Ein lautes Dröhnen fuhr in meine Ohren und betäubte für einen Augenblick das Flüstern der Stimmen. Direkt steuerte das Ungetüm auf mich zu.
Ich schrie aus voller Kehle, doch nichts war zu hören.
Gleich kam der Aufprall.
Doch wie ein Geist durchdrang ich die Hülle. Im Inneren des seltsamen Vogels waren Menschen. Viele Menschen. Sie saßen auf Sesseln, dicht nebeneinander. Meine Stirn runzelte sich, denn so etwas hatte ich noch nie gesehen. Jedoch war dieser Anblick schon vorüber, denn mein Körper schwebte auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinaus.
Fassungslos sah ich diesem Gebilde nach, während ich kopfüber Stück für Stück weiter gezogen wurde.
Was passierte hier?
››Ich rufe dich!‹‹
Jetzt war es klar, klar und deutlich. Ein weibliche Stimme rief mich. Die Worte hauchten mir Leben ein.
Die Abwehr gegen diesen Ruf durchzuckte meine Knochen. Knochen, die ich lange nicht mehr gespürt hatte. Sie erwachten. Gerufen von jemanden, dessen Stimme ich nicht zuordnen konnte.
Unter mir erstreckten sich Ackerländer.
Nein! Lass mich gehen! Mein Schreien war tonlos.
››Ich rufe dich!‹‹ Der Klang war beinahe flehend.
Plötzlich wurde es dunkler. Die Abenddämmerung hielt Einzug und mit ihr ging mein Körper in einen sachten Sinkflug über.
Ein dichter Wald mit kräftigen Bäumen tauchte unter mir auf. Nur wenige Zentimeter über den Kronen schwebend ging mein unsichtbarer Pfad weiter. Ich wollte sie berühren, die Äste und Blätter spüren, doch sie glitten durch mich hindurch.
Blitzschnell zog es mich zu einer kleinen Lichtung. Und dann sah ich es: Ein mächtiger Bannkreis funkelte unter mir. Seine Linien glimmten in einem giftigen Grün, das über die Lichtung und bis zum Himmel griff.
Ein Kampf zwischen zwei Menschen und mehreren Dämonen tobte, während eine Frau einige Meter davon entfernt vor dem Kreis kniete.
Vielleicht waren es nur Sekunden, die verstrichen, als ich mich der Mitte des Bannkreises näherte, aber es kam mir vor wie eine Abfolge in Zeitlupe.
Die Frau schrie aus ganzer Kehle.
››Ich rufe dich, Dämon! Gehe einen Bund mit mir ein!‹‹ Die Welle der Magie, die sie beschwor, verwirbelte ihr braunes Haar. Das Gesicht vermochte man nicht zu sehen.
Ihre Schreie waren qualvoll, getränkt von Schmerz, Pein und Angst. Es war eindeutig sichtbar, dass sie der Macht, der sie sich bediente, nicht Herr war. Als würde ein Kämpfer um sie herum tänzeln und sie pausenlos attackieren, schossen Schnitte durch ihre Kleidung. Blut drang heraus.
Was passierte hier?
Ein Wimmern und Quieken gewann meine Aufmerksamkeit. Auf der anderen Seite versuchten zwei Männer eine kleine Schar von Dämonen daran zu hindern, der Frau zu Nahe zu kommen.
Noch während ich langsam sank, betrachtete ich das Geschehen, als jedoch meine Zehen den Bannkreis berührten, änderte sich das.
Elektrische Stromschläge zuckten durch meine Zellen, Venen, Arterien und mein Fleisch. Ein angenehmer Schmerz, der meine Wildheit weckte. Hitze stieg auf; ein sengendes, alles verzehrendes Feuer. Den Bruchteil eines Momentes schloss ich meine Augen und nahm alles in mir auf. Ein Gefühl von Leben, von Bestand und Existenz.
Als sich meine Lider wieder hoben, schaute ich sie direkt an. Ihr flehender Blick erschien mir völlig gleich. Angst und Schrecken lagen darin. Und sah ich da auch ein bisschen Respekt? Tränen bahnten sich ihren Weg über die Wangen. Der Mund verzerrt; die Lippen zitternd.
››Gehe ein Bündnis mit mir ein‹‹, flehte sie mich an und ihre Finger gruben sich in den Boden, als suche sie Halt. Die Frau beugte sich weit vor und machte sich so klein und so flach wie möglich.
Ich konnte nicht so recht fassen, was hier gerade geschah. Meine Hände erhoben sich, damit ich sie betrachten konnte. Viel zu lange hatte ich sie nicht mehr gesehen. Sie sahen so verändert aus.
Unfassbar.
Meines Körpers wieder bewusst, wagte ich einen ersten Schritt. Obgleich er leicht wackelig war, ich fiel nicht hin. Etwas berühren! Ich verspürte den Drang etwas zu berühren und somit einen Beweis zu haben, dass dieser Augenblick Wirklichkeit war!
Prompt schoss meine rechte Hand vor. Nichts bekam ich zu fassen, aber ein elektrischer Schlag ließ sie zurückschnellen. Blitze zuckten an der Stelle wo eben noch meine Hand gewesen war. Die grünen Linien unter mir loderten wie ein drohendes Feuer auf. Mein Verstand sagte mir, dass mich der Bannkreis einschloss. Er würde mich nicht entweichen lassen.
Allein diese Erkenntnis erinnerte mich an meine Wut. Das Glück des Lebens, welches mich eben noch durchzogen hatte, verschwand wie ein Blatt vom Wind getragen.
Wieder sprach sie mich an. Es war mehr ein Wimmern, als verständliche Worte: ››Bitte, ich flehe dich an, Dämon!‹‹
››Ich bin kein Dämon!‹‹, fauchte ich sie an und die Beleidigung legte sich sauer auf meine Zunge.
Plötzlich flog etwas metallisches direkt an meinem Kopf vorbei und landete dumpf auf dem Boden neben der Frau vor mir. Es schnitt in das Erdreich und zog einen langen Riss mit sich. Sie erschrak und hob ihren Kopf. Ihr Blick fiel starr auf das Geschehen hinter mir. Die blauen Augen weit aufgerissen, gewann sie meine Neugier.
Widerwillig drehte ich mich um.
Einer der beiden Männer hielt sich das Handgelenk. Es sah so aus als biss er die Zähne zusammen und Blut drang zwischen seinen Fingern hervor. Ein großer Dämon mit gewaltigen Hörnern erhob seine Klauen und schnappte nach ihm. Geschickt rollte er sich nach rechts weg.
Von der Seite her blitzte ein langes, leuchtendes Schwert auf. Mit geballter Kraft drückte es sich in die Flanke des Wesens. Von einem Schrei getragen, wurde es sofort wieder herausgezogen und erneut zu einem weiteren Angriff geschwungen.
Hinter mir hörte ich abermals die Stimme, die mich gerufen hatte. ››Bitte, es werden immer mehr. Hilf uns!‹‹
Sie hatte Recht. Aus dem Dickicht kamen weitere Dämonen. Ich kannte nicht alle beim Namen, aber es würden mit Sicherheit zu viele für zwei Männer sein.
Der Mann am Boden schüttelte den Kopf, als wollte er sich vergewissern, dass seine Augen sich irrten. Blitzschnell zog er einen Dolch aus einer Scheide an seinem Oberschenkel und warf ihn auf einen neuen Gegner. Das Monster grunzte nur. Ohne Anteilnahme zog er es heraus, warf es auf den Boden und brüllte ihn kampfeslustig an. Die Dämonen litten Qualen. Es war ein Kampf auf Leben und Tod, den einige wenige bereits verloren hatten. Ich empfand Leid, als ich auf ihre Körper blickte.
››Warum sollte ich ihnen helfen?‹‹, fragte ich mehr zu mir, als an die Frau hinter mir gewandt. Was ich hier sah, erinnerte mich an etwas. Etwas, was ich zu hassen vergessen hatte. ››Wenn ich doch ein Dämon bin, wie du sagst, warum sollte ich euch helfen?‹‹
››Bitte!‹‹, schluchzte sie. ››Weil ich dich beschworen habe!‹‹
››Ich habe dich nicht darum gebeten!‹‹ Wut! Sie war das Einzige, was ich fühlte. Meine Brust bebte, Fäuste ballten sich und ich drehte mich wieder zu ihr um. ››Ich habe dich nicht darum gebeten! Ich will nicht hier sein, also sag mir warum ich euch helfen sollte?!‹‹ Ein roter Schleier erfasste meine Sicht. Ungewöhnlich, aber auch das war mir gleich. Die Tatsache einem Blutbad, dass sich nur wenige Meter hinter mir abspielte, beizuwohnen, beschwor meinen Zorn herauf. ››Bring mich zurück! Sofort!‹‹ Die Worte waren klar, laut und energisch, aber ich wusste nicht einmal warum ich zurück wollte. Zurück wohin? In diese Dunkelheit?
››Wie ist dein Name, Dämon?‹‹
Von der Wut getrieben, zischte ich sie an: ››Das geht dich nichts an!‹‹
››Ich werde dein Mentor sein. Ich werde dich leiten, mich um dich kümmern. Werde dir eine Aufgabe geben. Sucht ihr nicht immer danach?‹‹ Zwischen ihren Worten lag eine spürbare Lüge.
››Ich suche nach nichts. Ich brauche nur meine Ruhe.‹‹
Beschwörend hob sie eine Hand und die Finger formten Kreise in der Luft. Wieder fragte sie: ››Wie ist dein Name?‹‹
››Ich weiß es nicht‹‹, entfuhr es mir und ich hatte das Gefühl zu zerbrechen. Meine Arme umklammerten meine Brust. Sie tat so weh. ››Lass mich gehen!‹‹
››Sag mir deinen Namen!‹‹, forderte sie mit fester Stimme, die mich schon fast beeindruckte.
Ohne es zu wollen und viel zu schnell antwortete ich: ››Selbst, wenn ich es wollte, ich kann nicht! … Ich kann mich nicht erinnern.‹‹ Eine gewaltige Traurigkeit füllte mich aus. Ich versuchte sie hinunterzuschlucken, aber es war sehr schwer. Da war plötzlich nichts mehr; keine Erinnerung, keine Bilder, einfach nichts. Beinahe, als habe ich nie existiert.
››Du erinnerst dich nicht?‹‹, gurgelte sie.
Für einige Sekunden brach meine Mauer der Selbstsicherheit zusammen. Sie zerfiel zu Staub und der Fall bereitete mir Angst. ››Nein...‹‹
Ein Schreien und Zischen drang von dem Schlachtfeld hinter mir an mich heran. Es erinnerte mich an den Kampf, der im Hier und Jetzt tobte und daran, dass ich wachsam sein musste. Somit straffte ich meine Schultern und richtete meinen leicht gekrümmten Rücken wieder auf. Ich musste den Schein weiterhin wahren und meine imaginäre Schutzmauer erneuern.
Die Frau keuchte schwer und ihr Anblick zeugte von Kraftlosigkeit. Ich kam nicht umher zu grinsen. Es war gegen meine Natur, das spürte ich ganz tief in mir, aber ich musste zu einer List greifen. ››Ich kann auch einfach abwarten, bis du all deine Kraft aufgebraucht hast.‹‹ Die Arme verschränkten sich vor meiner Brust, um ihr meine Abweisung ganz klar zu verdeutlichen.
››Du hast keine Wahl mehr. Das Schicksal der Magie hat dich ausgewählt mit mir zu gehen.‹‹
Ich lachte und war über meine eigene selbstsichere Art beeindruckt: ››Man hat immer eine Wahl.‹‹
Mein Gegenüber hustete und grinste verschmitzt. ››Du nicht, Dämon.‹‹
Die Augenbrauen hochziehend, antwortete ich auf ihre Aussage: ››Und warum nicht?‹‹
››Ich habe dich bereits beschworen… Ich habe dich aus deinem Reich gerissen. Solltest du dich nicht für diese Welt entscheiden, kannst du nicht zurück‹‹, erneut hustete sie und ich sah einen Blutfleck auf der Erde. ››Du hast nur zwei Optionen: Du gehst einen Bund mit mir ein, oder du irrst auf ewig zwischen den Welten und niemand weiß, was das bedeutet.‹‹
Sie setzte sich auf ihre Beine, was ihr sichtlich viel Energie kostete. ››Ich sehe die Wut und den Zorn in deinen Augen. Richte sie mit uns gegen diese Dämonen. Lass sie deinen Hass ernten.‹‹
Meine Augen wurden schmal. ››Was springt für mich dabei raus?‹‹
››Ich werde dir helfen herauszufinden, woran du dich nicht mehr erinnern kannst. Ich gebe dir deine Vergangenheit zurück. Ich werde dir deinen Namen zurückgeben! Das Wichtigste überhaupt, ohne wahren Namen bist du ein Nichts!‹‹
Es fühlte sich so falsch an, jedoch war diese Möglichkeit meine einzige Chance.
Ich sah über die Schulter und beobachtete die beiden Männer. Sie hielten sich, soweit ich dies beurteilen konnte, recht gut, aber auch die Kraft eines Menschen war begrenzt. Warum war ich so wütend? Warum erfüllte mich dieser Zorn so sehr? Warum war da dieser Schmerz, wenn ich versuchte mich an meinen Namen zu erinnern? Warum wollte ich zurück in diese Leere? Und hatte die Frau Recht, konnte ich nicht mehr zurück? Oder war dies lediglich eine Lüge?
So viele Fragen und ich vermochte nicht eine von ihnen zu beantworten. Schmerzlich wurde mir bewusst, dass ich wirklich keine Wahl hatte. Wenn ich all diese Antworten finden wollte, musste ich leben und durfte nicht zurück in diese Dunkelheit.
Mein Finger hatten sich in das Fleisch meiner Oberarme gegraben, doch gegen jede Vernunft war der Schmerz angenehm. Ein tiefer Seufzer entfuhr meiner Kehle und ich schloss für wenige Sekunden meine Augen. Ruhe, mein aufgebrachter Körper brauchte Ruhe. Als ich meine Augen wieder öffnete, stand mein Entschluss fest: ››Ich willige ein.‹‹
Das leicht mit Dreck verschmierte Gesicht der Frau blickte fassungslos drein. Mit dieser Antwort hatte sie wohl nicht mehr gerechnet.
››Das Ganze birgt jedoch ein Problem‹‹, legte ich nach und deutete gelassen mit dem Daumen hinter mich, ››ich weiß nicht, wie man kämpft. Wie soll ich euch von Nutzen sein.‹‹
Die Frau wirkte anfänglich leicht irritiert. Sie öffnete ihren Mund und schloss ihn sofort wieder. Vielleicht wollte sie etwas erwidern, was sie abermals hinunter schluckte.
››Die Magie irrt sich nie. Du wirst wissen, was zu tun ist, glaube mir.‹‹ Dann lächelte sie mich an. Aufrichtig, ehrlich. Damit umzugehen war schwierig.
Sie hob ein Bein, um sich aufzurichten. Verlor dabei fast an Halt, fing sich aber mit der Hand wieder ab. ››Ich darf jetzt nicht aufgeben… Ich darf nicht.‹‹ Obgleich es ein Flüstern war, ich hörte es. Sie zeigte Schneid, dass musste man ihr lassen.
Ein Hauch von Hilfsbereitschaft flammte für einen Sekundenbruchteil in mir auf. Meine Hand schnellte vor, um sofort wieder zurück an meine Brust geführt zu werden. Ich konnte den Bannkreis nicht verlassen und ich hatte mich gerade so selbstsicher gegeben, dass ich meine Hülle nicht gleich wieder zerstören wollte. Sollte sie doch glauben, dass ich stark und distanziert war. Ich kannte diese Frau nicht einmal.
Mit zitternden Knien richtete sich die braunhaarige Frau auf. Hose, Shirt und eine Art Beschwörungsmantel waren mit Dreck, Lehm und Schmutz besudelt. Risse hatten die Kleidung fast vollständig entstellt. Blut rann durch die offenen Stellen des Stoffs. Grobmotorisch und der Ohnmacht nahe taumelte sie zum Bannkreis. Ihre Finger vibrierten als sie die unsichtbare Hülle der Kuppel berührten, die mich umschloss.
Erst jetzt konnte ich sie sehen. Sie schimmerten in allen Farben, wie ein Regenbogen.
Flach legte sie ihre Hand auf die Kuppel und forderte mich auf, meine auf die ihre zu legen.
Angst erfüllte mich, lies meine Knie weich werden. Auf was ich mich einließ, wusste ich nicht. Allerdings zogen mich diese Finger magisch an, wie Blumen die Bienen. Meine Fingerkuppen berührten die ihren. Es lag eine solche Sanftheit darin, dass ich nicht umher kam, meine Hand komplett auf die ihre zu legen.
››Ich frage dich abermals, Dämon. Wirst du einen Bund mit mir eingehen?‹‹, fragte sie mit heiserer Stimme.
Hinter mir drangen die Geräusche von Metall auf Metall an meine Ohren. Quieken, Wimmer, Schreie und ein Knacken von Knochen erfüllten die Umgebung. Geräusche des Krieges. Ich erinnerte mich an sie und an die Abscheu, die ich mit ihnen verband.
››Namenloser Dämon, antworte!‹‹
Von der Magie getragen, wurden meine Lippen gezwungen ihre Worte auszusprechen. ››Wie ist dein Name?‹‹
››Liliana!‹‹
››Im Namen des magischen Schicksals, ich werde einen Bund mit dir eingehen, Liliana.‹‹ Die Worte formten sich von selbst. Getragen von Schwingen, die sich des Windes bedienten.
››Im Namen des magischen Schicksals, ich werde einen Bund mit dir eingehen, namenloser Dämon.‹‹
Hitze erfüllte meinen Körper. Alles verzehrend und sengend heiß. Wie flüssige Lava legte sie sich auf meine Haut und drang in sie ein. Schreie waren sinnlos, denn auch die Kehle zersprang förmlich. Von Angst gedrängt, wollte ich zittern, war jedoch wie erstarrt. Tief schoss die Hitze in mich, drang in meine Adern und Venen; vermischte sich mit meinem Blut.
Als der Schmerz langsam verblasste, legte sich abermals etwas auf meine Haut. Weich aber fest umklammerte es sie.
Den Blick von Liliana abzuwenden, wagte ich nicht. Sie war mein Fokus. Ein Fixpunkt, den ich brauchte um nicht in alldem Gefühlschaos unterzugehen.
Ihre Augen waren geweitet. Sie waren so tief blau wie das Meer. Mir war bewusst, dass sie mich anstarrte und wohl nicht begriff, was geschah. Braune Strähnen klebten an ihrem mit Schweiß bedäcktem Gesicht. Ein breiter Kratzer zog sich über ihre gesamte linke Wange. Das Blut war anfänglich geronnen. Der Mund zitterte leicht geöffnet, als entsagte er ihrem Willen. Ihre Unterlippe war wesentlich dicker, als ihre Oberlippe.
Ein Ziehen durchzog meinen Mittelfinger, der auch weiterhin auf dem ihren ruhte. Die Barriere trennte uns noch immer, aber sie wurde merklich dünner, fast wie Eis, welches allmählich schmolz.
Ein silberner Ring materialisierte sich um den Finger. Kurz darauf zog sich ein Stoff üben den Handrücken und verband sich mit dem Silber.
Im selben Augenblick zersprang die fast unsichtbare Barriere in einem Knacken und Zischen. Magnetisch angezogen berührten sich unsere Hände.
››Kanalisiere deinen Hass gegen unsere Feinde!‹‹, forderte Liliana mich auf.
Auch wenn es nur der Bruchteil einer Sekunde war, dennoch spürte ich diese Angst nicht zu wissen, was ich tun sollte. Was hinter meinem Rücken auf mich wartete, wurde von meinem Unterbewusstsein in ein Horrorszenario verwandelt. All die Geräusche und Töne von aufeinanderprallendem Metall, Schreien und Lauten waren beängstigend und beunruhigend. Sie wirkten nun wesentlich näher und beständiger.
Jetzt gab es jedoch kein Zurück mehr für mich! Ich hatte einen Weg eingeschlagen, bei dem ich nicht wusste, wo er mich hinführt. Ich würde ihm folgen müssen, bis ich mein Ziel erreichte. Die Erkenntnis war stark. Eine Erinnerung der eben empfundenen Wut kochte erneut hoch und dieser rote Schleier des Zornes kehrte in meine Augen zurück. Er wusch die Angst hinfort und ließ eine gewaltige Euphorie entstehen.
Leichtfüßig, als hätte ich nie etwas anderes getan, drehte sich mein Körper um. Noch in der Bewegung griffen meine Arme gekreuzt an meine Hüften. Sie zogen zwei Kurzschwerter aus dem Nichts hervor und ließen sie vor meinem Gesicht kreisen. Ornamente, die bedrohlich rot schimmerten, rankten sich von der Spitze bis zum weichen Griff. Sie wurden umspielt von einer Art rötlicher Aura, die einem Schatten oder einem Geist glich. Der Griff lag in meinen Händen, als sei er damit verwachsen. Das Gewicht dieser Waffen war federleicht.
Durch einen reinen Instinkt getrieben, schoss ich vor. Schneller als jeder Gedanke und jegliche Furcht, die ich zuvor empfunden hatte.
Die beiden Menschen nahm ich gar nicht mehr wahr. Sie waren nebensächlich und würden sie mir in die Quere kommen, Kollateralschaden. Dennoch war mir bewusst, dass ich es nicht unbedingt darauf ankommen lassen sollte. Irgendetwas sagte mir, dass ich sie noch brauchen könnte.
Ich schrie sie an und gab ihnen so eine Chance: ››Weg da!‹‹
Der Oger vor dem einen Mann grunzte geschockt, als er mich sah. Abwehrend hob er seine Axt und ließ sie in einem gewaltigen Kraftakt hinabsinken.
Mein Fuß berührte nur kurz den matschigen Boden, drehte sich auf dem Absatz und ich nahm Schwung um seiner Waffe auszuweichen. Die Hand griff nach seiner Schulter, krallte sich daran fest und während seine Klinge in den Untergrund fuhr, schnitt mein rechtes Kurzschwert seine Kehle durch. Der Schnitt fühlte sich so unbeschreiblich weich an. Obwohl mich eine Art von Ekel überkam, war der Rausch mächtiger. Er hatte von meinem Körper Besitz ergriffen, beinahe so, als sei ich ein komplett anderes Wesen geworden.
Blut rann seiner Brust herunter und sein massiger Körper fiel.
Sein letztes Stöhnen hallte über dem Schlachtfeld wider. Mit beiden Füßen landete ich, drehte geschickt die Schwerter in der Luft, als seien sie ein Spielzeug. Das Kinn leicht gehoben betrachtete ich die Gegner in der nahen Umgebung. Höllenhunde, dessen entstellte Kiefer geiferten. Die Haut war teilweise felllos und dreckig. Schemenhafte Dämonen, die ihre geisterhaften Arme nach mir ausstreckten und ein großer dämonischer Krieger, der sich breitbeinig aufstellte. Die Rüstung schepperte dabei. Aus seinem Helm stachen zwei rotglühende Augen hervor. Sein Blick fixierte eindeutig mich. Er hatte mich als nächsten Gegner ausgewählt! Ihn würde ich mir aber bis zum Schluss aufheben. Einer wie er war mit seiner schweren Rüstung eingeschränkt und langsam. Die anderen waren viel wendiger und stellten damit eine größere Bedrohung für Liliana und die anderen erschöpften Menschen dar.
Entschieden nickte ich und begann meinen kriegerischen Tanz. Problemlos wich ich den Hieben und Schlägen meiner Gegner aus. Flink wie ein Wiesel und glatt wie ein Aal schlängelte ich mich durch ihre Angriffe hindurch. Drehte und wendete mich. Wich nach links und rechts aus; schlug Haken. Ich spürte die Luftzüge, die die gegnerischen Waffen und Attacken bildeten, die unmittelbar dicht über der Haut entlang fuhren. Vermutlich sollte ich Angst empfinden, jedoch fühlte ich mich wohl. All die Bewegungen, die Geräusche und Gerüche waren so vertraut, man könnte beinahe sagen, sie wirkten beruhigend auf mich ein. Fast so, als sei ich in meinem Element.
Beim nächsten Sprung traf ich den Höllenhund direkt in seinen Kiefer. Das andere Kurzschwert schoss in sein Herz. Leblos sackte er in sich zusammen, als ich die Waffen mit einem Ruck aus ihm zog. Er berührte den Boden kaum, da löste er sich in Asche auf.
Dieses Schicksal hatte fast alle ereilt, lediglich der Oger war an seinen Extremitäten aufgeweicht und verwandelte sich nur sehr langsam. Ob es an seiner dicklichen Masse, oder seiner Rasse lag, wusste ich nicht.
Hinter ihm befand sich jedenfalls der Dämonenkrieger mit zwei Höllenhunden zu beiden Seiten. Hatte ich mich verzählt, oder waren es weniger Gegner geworden? Waren sie etwa geflüchtet?
Ein Befehl verließ meinen Mund und war an die beiden Männer irgendwo hinter mir gerichtet: ››Seht euch um, wo die anderen sind. Sie dürfen nicht entwischen. Diese drei gehören mir!‹‹ Ich nickte in die Richtung meiner Gegner, ohne zu wissen, ob sie mich verstanden hatten.
Mit tiefer Stimme kam ein schnippischer Konter: ››Ich nehme keine Befehle von dir entgegen!‹‹
Hatte ich mich verhört, oder hatte er es gewagt auf den Boden zu spucken?
Respekt vor meiner Person würde ich ihm später lehren müssen! Sollten sie sich um sich selbst kümmern. Wenn die anderen flohen, würde ich ihnen nicht helfen können. Vielleicht war ihr Geist sich dessen bewusst.
››Du wagst es dich gegen uns zu stellen?‹‹, schnaubte der Krieger. Erhaben hob er seine breiten Hörner, die aus seinem schützenden Helm herausragten. Die roten Augen funkelten mich gefährlich an. ››Du bist das Letzte!‹‹
Dies bedurfte keiner Antwort, er kitzelte lediglich an meinem Stolz. Wie ein Blitz schnellte ich vor und nutzte die letzten Überbleibsel des Ogers, um auf seine Höhe zu kommen. Mit einem Sprung attackierte ich ihn. Der Kopf des Toten wurde dabei tief in den Matsch gedrückt. Es erzeugte einen schmatzenden Ton.
Um meinen Muskeln mehr Kraft zu verschaffen, schrie ich.
Oberkörper, Arme und Beine beugten sich weit nach hinten. Als ich gerade meine Schwerter mit voller Wucht vorpreschen lassen wollte, wurde mir meine eigene Überheblichkeit zum Fehler. War ich nur noch auf ihn fixiert gewesen!
Ein Pfiff ertönte und bereits eine Sekunde danach erfüllten Schmerzen all meine Sinne. Tief gruben sich die Zähne des übelriechenden Hundes in meine Flanke. Er bremste mich im Sprung aus und zwang mich zu Boden. Die Waffen fielen geräuschlos. Matsch spritzte mir in das Gesicht und drang in meinen Mund, als er mich über den aufgeweichten Boden wischte. Schmerzen rüttelten mich durch. Das Tier verkeilte seinen Kiefer in meinem Fleisch. Eine weitere Wucht packte meine Hüfte an der selben Seite. Es musste der andere Hund sein, doch ich konnte es nicht sehen. Die Augen verschlossen versuchte ich wieder Herr über meinen Körper zu werden. Der Schmerz betäubte jedes Gefühl. Er überdeckte den Verstand und drohte dem letzten Adrenalinschub, der sich in mir aufbaute.
Plötzlich sah ich ein Gesicht vor mir. Ein kurzes Aufblitzen, welches sich in meinem Geiste materialisierte. Eine Frau mit hellem blondem Haar. Sie lächelte so herzlich; so liebevoll. Das Bild war so schnell verschwunden, wie es gekommen war. Vergleichbar wie mit einem Wimpernschlag. Reflexartig riss ich die Augen auf, als der Stich, der diesem Abbild folgte, mein Herz traf. Er überdeckte den Schmerz meiner rechten Seite. Er nahm mir für Sekunden die Luft zum Atmen.
Beide Hunde rüttelten an mir, wie Beute, dessen Genick man brechen wollte. Mit gemeinsamen Schwung schubsten sie mich weit von sich und ihre Kiefer entließen mein Fleisch.
Mein Rückgrat prallte hart gegen einen Baum in nächster Nähe. Gefährlich knackte es. Danach fiel ich wie ein Sack herunter.
Aufstehen! Befahl ich mir selbst. Sie würden nicht locker lassen. Schnelle Pfoten hämmerten auf den Boden. Sie würden gleich da sein. Aufstehen! Los!
Die Arme zitterten, als sie mein Gewicht anhoben. Ohne es zu wollen spuckte ich Dreck und Blut aus. Das hatte ich nicht verdient! Dieses Gefühl kitzelte meinen Überlebenswillen wach und Zorn brodelte in mir wie ein Vulkanausbruch. Der sanfte rote Schleier der Augen nahm an Intensität zu und loderte regelrecht auf. Sie empfingen meine Emotionen und schrien sie in die Welt hinaus. ››Jetzt bin ich echt sauer!‹‹, knurrte ich mehr, als das ich es aussprach. ››Richtig sauer!‹‹
Mit angewinkeltem Bein wartete ich auf meine zwei Tänzer. Die Augen geschlossenen, konzentrierte ich mich auf die rhythmischen Schläge ihrer Pfoten. Ich wusste genau wo sie waren, konnte mir im Geiste vorstellen, wo sie sich befanden und wie sich ihre Körper bewegten. Instinktiv sendete ich Rufe an meine Waffen aus. Den Griff konnte ich bereits wieder in meinen Händen fühlen; warm und beruhigend. Sie waren eins mit mir, wie eine Verlängerung der Knochen. Sie würden immer auf meine Rufe hören. Den Platz wo sie eben noch gelegen hatten, stellte ich mir genaustens vor. Formte ihn, ließ ihn Gestalt annehmen. Auch wie sie Stück für Stück verschwanden und den Weg zurück zu mir fanden.
Im nächsten Moment drückte ich mich weg, machte einen Sprung an den Baum und versenkte ein Schwert darin, um Halt zu finden. Meine roten Augen öffneten sich wieder. Der erste Höllenhund war direkt unter mir. Ohne nachzudenken warf ich das freie Schwert nach ihm und traf seine Wirbelsäule. Im selben Augenblick riss ich das andere Schwert, welches mich hielt, mit einem Knacken aus dem Holz und warf es mit voller Kraft auf den anderen Hund. Er war gerade im Sprung auf seine Beute, als es ihn tief in die Brust traf. Das Wimmern wirkte verzerrt und nicht real.
Mein Körper rutschte auf den Boden und machte sofort eine Bewegung zur Seite, um dem fallenden Tier Raum zu lassen.
Gekrümmt landete er auf dem anderen toten Höllenhund.
Ohne die Schwerter herauszuziehen, drehte ich mich in die Richtung meines letzten Gegners. Rote Schwaden zogen bereits ihre Wege zu meinen Händen. Wie rote Fäden, die langsam ein Stück Stoff woben, rankten sie sich durch meine Finger. Die Wärme dieser Magie war berauschend.
Ein Brüllen drückte sich wie eine Welle zu mir heran. ››Du bist das Letzte!‹‹, brüllte der Dämon und rannte auf mich los. ››In Ketten gelegt von einer Hexe! Das Letzte! Du hast keine Ehre!‹‹
Die Erde begann unter seinen gepanzerten Füßen zu erbeben. Er war groß und schwerfällig, rief ich mir in Erinnerung.
Von hinten drangen verängstigte Worte an mich heran: ››Tu was! Bewege dich!‹‹ Es war eindeutig die Stimme von Liliana. Sie zeugte von Angst, Hast und Kraftlosigkeit.
››Wie ein kleines süßes Schoßhündchen lässt du dich herumkommandieren!‹‹ Der Dämon brüllte provozierend.
Ich hatte nicht vor ihrem Befehl folge zu leisten. Vorerst ohne Regung wartete ich seinen Angriff ab. Immer näher kam er und hob sein langes Schwert.
Kurz bevor er mich erreichte, rutschte ich durch seine Beine hindurch. Der aufgewühlte Matsch half mir bei der Bewegung. Die Sohlen glitten problemlos darüber.
Im Anschluss versenkte ich beide Schwerter in seiner Wirbelsäule. Der Gewalt über die Extremitäten genommen, sackte er vorn über.
Prompt zog ich beide Kurzschwerter mit einem schmatzenden Geräusch heraus und drehte sie in meinen Fingern. ››Ich frage mich, wer hier ohne Ehre ist.‹‹
Ich beugte mich zu seinem Gesicht herunter, welches auf der Seite lag. Er keuchte mir einen übelriechenden Atem entgegen. ››Schließlich bin nicht ich es, die hier nach drei Sekunden am Boden liegt.‹‹
Die roten Augen meines Gegners wurden schmal. Weiterer Worte bedurfte es nicht, denn schließlich hatte er verloren.
Abermals drehte sich das rechte Schwert durch die Luft. Geschickt zuckten meine Finger umher und drehten es mit einer solchen Leichtigkeit, die mir fast selbst Angst bereitete. Dann sank die Klinge auf seinen Nacken nieder und beendete das Gemetzel.
Im Anschluss richtete ich mich zu meiner vollen Größe auf und entließ meine Klingen im Wind, der gerade Einzug in die Lichtung hielt. Kraftvoll drückte er den roten Schleier an meine mit Blut durchtränkte Wunde. Ich spürte die Heilung, die sich heiß und angenehm durch das Fleisch erhob. Die Magie drang ein. Da der Kampf vorüber schien, hatte sie genug Zeit eine Heilung zu vollziehen.
Dabei sah ich mich um. Zum ersten Mal nahm ich mir die Zeit, die ich brauchte.
Der Wind erfasste die Asche, die überall verteilt lag und trug sie in kleinen Wirbeln umher. Auch zu meinen Füßen bemerkte ich den Zerfall.
Allmählich hielt die Erschöpfung ein, die ich vehement von mir gewiesen hatte. Die Brust hob und senkte sich schneller, als mir lieb war. Der Atem verlief keuchend. Die Muskeln brannten und schmerzten.
Der Bannkreis war verschwunden. Liliana weit von mir entfernt am Boden, den Kopf in meine Richtung gerichtet. Einer der Männer befand sich an ihrer Seite und half ihr vorsichtig auf. Der Andere kam gerade aus dem Dickicht und nickte seiner Truppe zu, als wollte er ihnen mitteilen, dass der Kampf vorüber war. Kurz darauf sahen sie mich alle an. Ich, die im Wirbel von Asche und Dreck stand.
Und mit einem Mal fühlte ich mich seltsam. Irgendetwas verließ mich genau in dieser Sekunde. Was blieb war Scham, Fassungslosigkeit über die Leichtigkeit des Kampfes und Reue.
Elli
Der rote Schleier hatte mich verlassen und mit ihm die Selbstsicherheit des Augenblicks. Urplötzlich fühlte sich alles anders an. All die Standhaftigkeit, die Gewandtheit und Kraft, die meinen Körper bestimmt und getragen hatten, waren von ihm abgefallen wie die Blätter der Bäume im Herbst.
Ein Zittern erfasste mich. Kälte hielt Einzug. Der Verlust erzeugte eine tiefe Leere in mir. Jedoch wurde sie von Angst und Schrecken gefüllt.
Sekunde um Sekunde wurde klarer, was ich da gerade getan hatte. Meine Handflächen sahen so gewöhnlich, so normal aus. Fassungslos betrachtete ich sie von allen Seiten. Noch vor wenigen Minuten hatten sie Bewegungen getätigt, die ich nicht kannte. Jede Regung so präzise und effektiv; so kraftvoll und elegant. Fast so, als habe ich nie etwas anderes getan.
War das wirklich ich? Aber warum tat es dann so weh? Warum fiel es mir so leicht ein Leben zu beenden, um es danach letztendlich zu bereuen? All diese Wesen, so schrecklich sie auch sein mochten, sie hatten gelebt!
Angst vor mir selbst zog in meinem Inneren seine Kreise. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich jemals so gewalttätig gewesen war. Genau genommen, konnte ich mich an gar nichts erinnern. Meine Arme schlangen sich um die Brust und wollten mich schützen.
Der Wind hatte den Untergrund von der Asche gereinigt. Außer den Furchen in der Erde, Kratzer an Bäumen und abgeknickte Äste von Büschen zeugte nichts mehr von dem Geschehen, welches sich hier abgespielt hatte.
Ich wandte den Blick von meiner direkten Umgebung ab und sah zu den drei Gestalten am anderen Ende der Lichtung.
Ein Mann mit längeren, schwarzen Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, stützte Liliana. Ihr Arm ruhte auf seiner Schulter und seinem Nacken. Er musste sich leicht zu ihr hinunterbeugen.
Sie war alles, was ich hatte. Alles, was mich laut ihre Aussage hier hielt.
Also ging ich auf sie zu.
Während der Schwarzhaarige sehr leise mit ihr zu reden schien, dreht sich der andere Mann zu mir um. Seine Miene war finster und fest. Seine braunen kurzen Haare waren von der Schlacht zerzaust und einige Strähnen klebten an seiner Stirn. Sachte spielte der Wind mit seinen Haaren. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages ließen das Rot, welches sich im Braun versteckte, hervortreten. Er fixierte mich, schien jeden Schritt abzuschätzen. Sein Kinn spannte sich an, als ich näher kam. Nervös drehte er einen Dolch zwischen den Fingern.
Dann knurrte er mich mit seiner tiefen Stimme an: ››Das reicht, du bist nah genug!‹‹
Mit diesen Worten blieb ich stehen und sah teils irritiert, teils verlegen zu seinen Füßen.
Er stand in der Nähe des Bannkreises. Das Feuer der Linien hatte sich weit in die Erde gefressen und würden noch Wochen von ihrer Magie zeugen. Ein jeder konnte es sehen. Ob das wirklich so gut war, wusste ich nicht.
››Sei nicht so, Kaylan‹‹, vernahm ich Lilianas heisere Stimme, ››ohne sie hätten wir es nicht geschafft.‹‹
››Ich bleibe dabei. Ich bin nicht überzeugt‹‹, konterte er und steckte die Waffe in einen Lederschaft an seiner Hüfte. Er trug einen langen, dunklen Mantel, der seinen Körper wie ein Schild umschloss. An seinen Rändern waren Ornamente eingenäht, die den Stoff edel wirken ließen, sah man jedenfalls von den Rissen und Schnitten, die der Kampf mit sich gebracht hatte, ab.
Auch der andere Mann besaß einen ähnlichen Mantel, jedoch war seine Farbe dunkelbraun. Der zerfetzte Stoff bog sich an einigen Stellen. Ob sie Wunden hatten, konnte ich nicht sehen. Beide Männer verbargen sie gut. Lediglich Liliana stank danach. Schweiß und der metallische Geruch des Blutes mischten sich. Ihre Kleidung war fast bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Sie hob ihren Kopf in meine Richtung und sagte mehr zu sich selbst, als an mich gerichtet: ››Ich habe es geschafft. … Ich habe es wirklich geschafft.‹‹ Ihr Mund verzog sich zu einem sanften Lächeln.
››Aber zu welchem Preis, Lili?‹‹, fragte der stützende Mann und seine Miene zeugte von Sorge.
››Wir waren uns einig, dass es die einzig richtige Wahl war.‹‹
Kaylan brummte. ››Nicht so ganz.‹‹
››Du hast mich trotzdem begleitet.‹‹ Sie sah ihn direkt an und er schloss die Augen, als er antwortete: ››Mehr um euch zu schützen, als euch zu unterstützen.‹‹
››Das war gerade ein und das selbe, Kaylan.‹‹
Leicht angewidert schaute er flüchtig in meine Richtung und schnalzte. ››Kannst du sie bitte verschwinden lassen, sie macht einen nervös. Ich habe ständig das Gefühl sie angreifen zu müssen und dann sehe ich sie an und ...‹‹ Er schüttelte den Kopf.
Liliana gluckste und zuckte sofort unter einem Schmerz auf. ››Was denn? Ist sie dir zu ungewöhnlich? Oder gar nicht genug dämonisch?‹‹
Es folgte Zähneknirschen.
››Ihr Aussehen ist ungewöhnlich‹‹, äußerte der Mann mit dem schwarzen Zopf, ››schon fast beunruhigend...‹‹
››Beunruhigend normal, meinst du?‹‹, beendete die Frau seinen Satz. ››Du meinst menschlich?‹‹ Sie schaute ihn jetzt direkt an.
Er nickte.
››Menschlich?‹‹, fing ich ihr Wort auf und flüsterte es. War ich menschlich?
››Bild dir ja nichts ein, du scheiß Dämon!‹‹, fuhr mich Kaylan verächtlich an. ››Uns täuschst du nicht. Deine Iris ist nicht rund, sondern ein Schlitz. Deine schwarzen Haare sind von seltsamen roten Schimmern durchzogen und wenn ich genauer hinsehen würde, fände ich bestimmt weitere Details, die nicht menschlich sind. Ich will dich aber gar nicht ansehen!‹‹ Kaylan machte eine eindeutige, energische Geste. ››Schick´ sie weg, Lili!‹‹
Ein Hauch von Traurigkeit legte sich auf ihr Gesicht, aber dann nickte sie bereitwillig. ››Nun gut, du hast deine heutige Aufgabe erfüllt. Du darfst jetzt gehen.‹‹
Nichts geschah.
››Ich habe gesagt, dass du jetzt gehen sollst!‹‹, versuchte sie es etwas standfester.
Nichts geschah.
››Verschwinde jetzt, Dämon!‹‹ Ihr kraftloser Körper erzitterte unter dem fordernden Tonfall.
››Tja‹‹, Kaylan hob die Arme in die Höhe, ››da hat dein Beschwörungszauber wohl ein Eigenleben entwickelt. Das würde erklären, warum sie so...‹‹
Er musterte mich eingehend von oben nach unten. ››Warum sie so ist … wie sie ist.‹‹
Der Schwarzhaarige fuhr ihn an: ››Genug jetzt! Vielleicht ist sie einfach zu entkräftet, um sie fortzuschicken.‹‹
Liliana seufzte schwer. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie mir einen kurzen Blick zuwarf. ››Vielleicht hat er recht, Taron. Du...‹‹
››Schluss jetzt, verdammte Scheiße!‹‹, fuhr er ihr ins Wort. Vorsichtig prüfte er ihren Stand, drehte sich um und forderte sie mit einer eindeutigen Geste auf, auf seinen Rücken zu steigen. Kurz überlegte die Frau und fasste sich an Kinn und Lippen, ergab sich dann aber doch ihrem Schicksal. Ihre Wunden waren zu schwer, sie würde alleine nicht weit kommen.
Taron packte ihre Oberschenkel und hob sie hoch. Sie antwortete mit einem durchdringenden, schmerzhaften Stöhnen.
Dann ging Taron einfach los. Er ließ Kaylan und mich stehen. Ohne Worte, ohne Gesten.
Kaylan schnaubte und folgte ihm auf dem Fuße.
Links und rechts sah ich mich um. Die Sonne war fast untergegangen und allmählich legte sich die Dunkelheit über das Land. Ein Rascheln der Blätter im Wind wirkte urplötzlich wie das Zischen einer Kreatur. Vielleicht eine Schlange?
Mit einem Mal war der Duft, den ich tief in meine Lungen sog, rein und sauber. Da war nichts mehr von Gewalt, Hass und Angst.
Und je mehr sich die drei von mir entfernten, umso mehr wusste ich, dass ich ihnen folgen sollte. Schnellen Schrittes schloss ich zu Kaylan auf.
Prompt reagierte er. ››Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn du geblieben wärst.‹‹
Warum war er so feindselig? Leicht verlegen, weil ich überlegte die Fragen zu stellen, rieb ich meinen linken Arm. Allerdings entschied ich mich gegen die Neugier und folgte allen still.
Wir gingen durch einen dichten Waldabschnitt. Wortlos folgten wir einem unsichtbaren Pfad der zwischen Bäumen, Büschen und so manchem Totholz hindurchführte.
Die Stille hielt lange an. Das Zeitgefühl ging Stück für Stück verloren. Manche Abschnitte wirkten, als hatten wir sie bereits passiert. So manches Mal glaubte ich wir gingen im Kreis.
Irgendwann vernahm ich Lilianas Stimme; leise, heiser und beinahe kraftlos. Sie hörte sich fast wie in Trance an. ››Ich wusste nicht, was für einen Dämon ich beschwor. Ich ließ die Magie entscheiden. … Ein Schemen, das war das Einzige, was ich von ihr gesehen hatte. Diese roten Augen, die ich sah, als ihre Stimme so zornig war. … Ich konnte doch nicht wissen, ich meinte, ich wusste nicht, dass sie so...‹‹ Der Atem war schwer.
››Soll das jetzt entschuldigend sein? Du hast etwas beschworen, was du nicht kontrollieren kannst!‹‹ Der Mann neben mir war wütend. Eindeutig. Ein Blick in seine Richtung zeigte mir seine zu Fäusten geballten Hände. Er schlug sie beim Gehen vor und zurück und stampfte wie ein Ochse. ››Sie bringt dich um!‹‹
Meine Augen wurden groß.
››BOAH!‹‹, tönte Taron genervt und schnaubte wie ein Stier, ››Halt jetzt einfach die Klappe!‹‹
Schmollend verzog er den Mund und schien sich für die nächsten Minuten geschlagen zu geben.
Schließlich blieb Taron stehen. Er richtete Lilianas Körper mit einem Schubs wieder höher auf seinem Rücken aus. Dabei rutschte ihr Kopf nach vorne in seine Halsbeuge. Er drückte seine Haut an ihre Wange.
››Wir sollten uns beeilen. Lilianas Wange ist unglaublich heiß und sie nuschelt wirres Zeug‹‹, sagte Taron und beschleunigte seinen Schritt.
Lange stieß Kaylan einen Seufzer aus und folgte ihm bereitwillig.
Der Duft von Erde zog sich in meine Nase. Fast wie, als sei sie erst vor kurzem umgegraben worden. Der Geruch wurde immer intensiver, bis wir aus dem Wald heraus und an ein sehr großes Ackerfeld traten. Es schien gerade erst gepflügt worden zu sein.
Weit und breit erstreckten sich Felder vor mir. Braune, Grüne, Gelbe. Eine weite Ebene, die in ein Tal abfiel.
Ich sah Plantagen mit Bäumen; vielleicht Apfel- , oder Birnenbäume. Einen kleinen Bereich mit Büschen und weit unten, wo das Tal wieder gerade verlief, befand sich ein kleines Dorf. Rechts davon, etwas abseits, an einem ziemlich großen See gelegen, stand ein Haus allein. Von hier aus wirkte es verlassen, so abseits wie es lag. Beinahe, als habe man es vergessen in die Straßen der Stadt einzufügen.
››Wie schön‹‹, entfuhr es mir und mein Mund blieb offen stehen. Mit dem Zwitschern der Vögel, die das Ende des Tages besangen, den Farben vor unseren Augen und dem wunderschönen Duft, der in der Luft lag, wirkte alles so idyllisch und friedlich.
Mit halb geschlossenen Augen guckte Kaylan zu mir herüber und machte ein komisch abfälliges Geräusch.
Erst jetzt bemerkte ich Taron, der nicht stehen geblieben war. Schnellen Schrittes trat er einen Trampelpfad zwischen zwei Feldern entlang. Wahrscheinlich wollte er zum Dorf.
Ich ließ den mürrischen Kaylan ohne eine Geste, oder ein Wort hinter mir. Sollte er doch weiter seiner schlechten Laune frönen.
Ein Schnauben war wohl seine Antwort.
Beeindruckt blickte ich links und rechts. Äcker waren mir vertraut, so glaubte ich, sie schon einmal gesehen zu haben. Aber in dieser Größe? Auch hier verschwamm meine Erinnerung.
Wir gingen vorbei an sehr großen Bäumen. Sie trugen die ersten Früchte, andere blühten noch leicht und zogen in den letzten Minuten des Abendrots die Bienen an.
Der Weg wurde von mal zu mal fester und es dauerte nicht mehr lang, da hatten wir eine Straße unter unseren Füßen. Mein Vordermann bog an einer Kreuzung rechts ab. Etwas verwirrt schaute ich links zum Dorf. Dann wandte ich meinen Kopf wieder in seine Richtung und die Vermutung machte sich in mir breit, dass er zu dem einsamen, abgelegenen Haus wollte.
So viele Fragen plagten mich, doch ich fühlte mich erdrückt. Erdrückt, von der Schönheit dieses Ortes und von allem, was ich spürte, sah und roch. Wie eine kräftige Welle, die durch Wind und Gezeiten getrieben gegen eine Brandung drückte, wurde ich erfasst und von ihr getragen.
Als habe ich nie gelebt und dies waren meine ersten Schritte.
Den Drang die Bäume und Gräser zu unseren beiden Seiten der Straße zu berühren, unterdrückte ich. Taron durfte ich nicht aus den Augen lassen. Lilianas Körper lag schlaff über seinem Rücken und bewegte sich im Takt seiner Bewegungen.
Das Gebäude war nun allmählich zu erkennen. Das Dach ragte über der nächsten Erhöhung empor. Meter um Meter nahm es an Gestalt und Masse zu.
Ein altes Herrenhaus. Ziemlich groß, fast gigantisch. Die Zeit schien dem Komplex entsagt zu haben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es modernisiert und restauriert worden. Eine Vielzahl von großen Fenstern säumte den vorderen Bereich. Die Eingangstür war riesig und erst mit ein paar Stufen zu erreichen. Zu beiden Seiten der Tür hingen rote, breite Bänder. Eine unleserliche Schrift zog ihre Zeichen in goldenen Fäden darüber. Sie war schwer zu erkennen, da ein zarter Windhauch die Bänder tanzen ließ.
Links auf der letzten Platte vor der Tür stand eine große, metallene Laterne. Im Inneren brannte eine Kerze.
Plötzlich wurde das einladende Bild zerschmettert. Die Tür wurde hastig nach innen geöffnet und eine Frau mittleren Alters kam heraus geeilt.
››Oh mein Gott, Lili!‹‹ Sie rannte auf Taron zu und nahm mich nicht einmal wahr. ››Was ist passiert?‹‹ Die Frau hatte braune, kurze Haare. Sie waren vorne länger und hinten kürzer. Ihre Mimik zeugte von Sorge und Angst. Als ihre Hand über die Wange von Liliana strich, wiederholte sie ihre Frage: ››Was ist passiert, Taron? … Kaylan?‹‹
Bei dem zweiten Namen drehte sie sich zu mir um. Der mürrische Mann stand noch immer hinter mir, dessen wurde ich mir in dieser Sekunde bewusst. Irgendwie hatte ich wohl gehofft, ihn auf dem Weg verloren zu haben.
Die besorgte Miene der Frau wechselte in Fassungslosigkeit. ››Nein, das ...‹‹, geschockt schüttelte sie mit dem Kopf, ››das … das habt ihr nicht getan!?‹‹ Fast so, als wolle sie einen Schrei unterdrücken, schnellte eine Hand zu ihrem Mund. Sie zitterte. Die andere Hand griff nach der Schulter von Liliana.
››Sagt, dass ich mich irre‹‹, forderte sie mit leisem Ton, doch niemand antwortete ihr.
Ich konnte meine Augen nicht von ihr lassen und sie ihre nicht von mir. So viele Emotionen huschten über ihr Antlitz. Angst. Sorge. Hass. Ich konnte nichts Positives darin erkennen. Diese Erkenntnis traf mich schwer und legte sich gewaltig drückend auf meine Schultern nieder. Was war so schlimm an mir?
Nach einer gefühlten Ewigkeit riss sie ihre hasserfüllten Augen von mir los und befahl mit plötzlich sehr standhaften Stimme: ››Bring sie in das Krankenzimmer!‹‹
In dem Moment, wo Taron mit Liliana auf dem Rücken, gefolgt von Kaylan, die Stufen zum Eingang nahm, fiel mir der Junge auf, der im Türrahmen stand. Er war noch sehr jung. Die Augen geweitet vor Sorge nahm er das Schauspiel der mir unbekannten Frau gar nicht wahr, er fixierte nur mich. Er war stocksteif, als habe er Wurzeln geschlagen.
››Such Elli, sofort!‹‹, sagte die Frau an ihn gerichtet. ››Nelio! Jetzt ist nicht die Zeit zu schlafen! Such Elli und bring sie in das Krankenzimmer!‹‹
Der Junge stotterte, wagte jedoch nicht den Blick von mir zu lassen. Er ging ein paar Schritte zurück, drehte sich versteift um und verschwand im Inneren des Hauses.
Ich folgte ihnen, als ich jedoch die Türschwelle übertreten wollte, erfasste mich ein unangenehmes Kribbeln. Es zog sich komplett durch mich hindurch und glich einer Drohung.
››Du!‹‹, fauchte mich die Frau barsch an, ››Du bleibst draußen!‹‹
Von der Wucht ihrer Worte getrieben, trat ich einen Schritt zurück und sah eingeschüchtert zu Boden. Im Anschluss wurde die Tür mit einem lauten Knall geschlossen.
Die fackelnde Kerze wurde mein Fixpunkt und die Minuten verstrichen.
Etwas zwang mich die wenigen Stufen hinabzusteigen. Wie ein gigantischer Steinbrocken, der auf mich zu hielt und vor dem ich weglaufen wollte, nahm ich Stufe um Stufe. Obgleich die Tür immer noch geschlossen war, kam ich nicht umher sie anzustarren. Dahinter kam etwas auf mich zu. Etwas, dass eine derartig gewaltige Aura hatte, was mich erschauern ließ.
Wie durch Geisterhand öffnete sie sich. Was ich nun sah, war eine alte, kleine Frau. Die Haare streng nach hinten gebunden. Tiefe Falten in ihrem Gesicht zeugten von einem langen Dasein. Das Kinn erhaben gehoben und die Hände auf einem Stock ruhend, musterte sie mich. Ihre Miene war undurchsichtig.
Als siedie Treppe zu mir hinunterstieg, bemerkte ich, dass sie ihr linkes Bein hinterher zog. Die alte Frau blieb auf der zweiten Stufe stehen, um mir direkt in die Augen zu sehen.
››Tz‹‹, machte sie, ››ist es meiner Enkelin doch gelungen eine Beschwörung zu vollenden. Wer hätte das gedacht?!‹‹
Ihr durchdringender Blick lähmte mich. Diese Frau schien in mir wie in einem offenen Buch zu lesen.
Die Augen meines Gegenübers wurden schmal. ››Aber irgendwie… bist du fehlerhaft.‹‹
Das stieß mir sauer auf und meine Miene wurde finster.
Blitzschnell hob sie ihren Gehstock und rammte ihn mir gegen die Seite des Knies. Zwar war der Schmerz nicht stark, aber trotzdem kam ich ins Taumeln. Teilweise, weil ich die Attacke nicht kommen sehen hatte und teilweise, weil ich ihre Reaktion darauf einfach nicht recht einschätzen konnte, oder wollte. Sie schmunzelte und irgendetwas sagte mir, dass sie sogar gelacht hätte, wäre ich gefallen.
››Fehlerhaft!‹‹ Sie schnalzte. ››Und du sollst sie beschützt haben?‹‹ Schließlich nahm sie die letzten Stufen und umrundete mich. Wie ein Tier, welches mit seiner Beute spielte, betrachtete sie jede Bewegung von mir.
Während ich versuchte ihrem Blick stand zu halten, rieb ich mein schmerzendes Knie. Die Haltung der alten Frau war abschätzend. Es lag ein Hauch von Abscheu, Ekel und Eitelkeit auf ihrem Gesicht.
››Sag mir wie du das gemacht hast?‹‹
››Es zeugt von Höflichkeit sich erst einmal vorzustellen‹‹, entgegnete ich scharf, denn die Art und Weise, die sie mir entgegenbrachte, war anmaßend.
››Höflichkeit?‹‹ Sie lachte kehlig. ››Höflichkeit wird aus Respekt geboren und ich habe keinen Respekt vor Abschaum.‹‹
Wut stieg in mir auf und Hitze bahnte sich seinen Weg zu meinen Augen. Trotz das ich noch klar sehen konnte, gewann der Zorn Überhand. ››Ich bin kein Abschaum!‹‹
››Sagt wer?‹‹
››Sage ich!‹‹ Die Hände ballten sich zu Fäuste, die ich am liebsten in ihre Richtung gerichtet hätte.
››Weil du menschlich aussiehst, nimmst du dir raus, kein Abschaum zu sein, Dämon?‹‹ Das letzte Wort spuckte sie regelrecht aus. ››Du machst mir nichts vor.‹‹
Der Stock sauste erneut auf mich zu und ich spannte meinen Körper instinktiv an. Ausweichen war keine Option. Sie forderte mich heraus und ich wollte ihr keine Schwäche offenbaren.
Doch gegen meine Meinung hielt der Stab kurz vor meinem Arm an. Ich kam nicht umhin kurz zu versteifen, wofür ich mich innerlich verfluchte, denn sie war sichtlich darüber amüsiert. Anschließend berührte ihr Stock leicht den Stoff meiner Kleidung. Es wirkte als wolle sie mich verhöhnen. ››Deine Aura ist falsch. … Seltsam falsch.‹‹
Schnell zog sie ihren Gehstock zurück, versteckte einen Arm hinter dem Rücken und ging zurück an die Treppe.
Erst jetzt bemerkte ich drei Kinder, die hinter den Fenstern standen. Ich konnte sie lediglich aus den Augenwinkeln erkennen. Die Reaktion von Nelio zuvor hatte mir viel über ihre Angst gezeigt und da ich sie nicht erschrecken wollte, vermied ich den Blickkontakt.
Außerdem stellte diese Frau scheinbar ein viel größeres Problem dar.
››Warum ist meine Aura falsch?‹‹, richtete ich erneut das Wort an sie und erwartete keine Antwort.
Die alte Frau seufzte schwer und sengte ihren Blick. Sie schloss ihre Augen und nahm einen sehr langen, tiefen Atemzug. ››Sie ist menschlich.‹‹
Kurz hielt Stille Einzug.
››Sie ist mehr menschlich, als dämonisch und dennoch‹‹, ihre Stirn zog sich in Falten und die Augenbrauen sanken herab, ››dennoch fühle ich diese gigantische Magie in dir.‹‹ Wieder schnalzte sie mit der Zunge. ››Sie kann dich nicht einmal fort schicken, meine Kleine. Vielleicht bist du zu stark. Vielleicht ist sie zu schwach. Vielleicht ist hier etwas grundlegend schief gelaufen. … Du bist interessant, das gebe ich zu. Ich kann dich nicht so recht einordnen, aber ich werde es herausfinden.‹‹
Plötzlich stieg mir ein Geruch in die Nase. Ein Geruch, so betörend und einnehmend, dass er etwas in mir weckte.
Mein Magen knurrte laut. Ohne es zu wollen, fasste ich mir an den Bauch.
››Du hast Hunger, hm?‹‹, bemerkte sie und lächelte, ››Nun gut. Trete ein.‹‹ Sie trat zur Seite und machte mir einladend Platz.
Es dauerte einige Sekunden in denen ich nicht so recht wusste, ob ich wirklich gehen, oder an Ort und Stelle bleiben sollte. Der Magen machte sich abermals lautstark bemerkbar und dieser leckere Geruch schien nach mir zu rufen.
Ich wagte einen Schritt und ließ sie nicht aus den Augen. Ihre Augenbrauen gingen hoch, als wollte sie mich erneut verhöhnen und ich wartete bereits auf eine bissige Antwort ihrerseits, doch die blieb aus.
Weitere Meter brachten mich auf ihre Höhe und als ich den Blick wieder gen Tür richtete, nahm ich eine Bewegung von der Seite wahr. Der Stock stellte sich mir bedrohlich in den Weg. Meine Augen zuckten, als er gegen meinen Bauch prallte und wie eine Grenze wirkte.
››Hör mir genau zu‹‹, forderte sie forsch und bestimmend, ››du bist gebrandmarkt und wirst lernen meiner Enkelin zu gehorchen. Ihr Zeichen prangt an deinem Hals. Ihr bist du verpflichtet und das bedeutet auch, dass du die Regeln dieses Hauses, denen sich Liliana ebenfalls zu unterwerfen hat, folge leisten wirst. Wirst du das nicht, werde ich einen Weg finden, den Bund zu lösen und dich dorthin zurück schicken, wo du hergekommen bist!‹‹
Was meinte sie mit dem Zeichen an meinem Hals? Zugegeben, ich wollte ihr nicht die Genugtuung einer Reaktion geben, aber die Neugier war nun zu groß. Und so ertastete ich ein Band um meinen Hals. Es war eng, aber ich hatte es bis jetzt nicht bemerkt. Das Material schmiegte sich an mir wie eine zweite Haut. Vorne machten meine Fingerspitzen einen metallischen Gegenstand aus. Er war rund und flach wie ein Taler. Furchen waren darin eingegraben. Da ich es nicht zu Gesicht bekam, konnte ich nur mutmaßen, dass es eingeritzte Schriftzeichen oder Runen waren.
››Ich werde mir überlegen, wie wir dich einsetzen. Du darfst jetzt gehen.‹‹ Sie nahm den Stock wieder zu sich und legte noch etwas nach, als ich weiterging: ››Es gibt Eintopf und ich heiße im übrigen Elisabeth, aber in diesem Haus bin ich Elli. Elli, die oberste Hexe.‹‹
Farbe im Bild