Mondrian – Schule von Den Haag und De Stijl -  - E-Book

Mondrian – Schule von Den Haag und De Stijl E-Book

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Beschreibung

Piet Mondrian, zählt zweifelsfrei zu den bedeutenden Künstlern der abstrakten Malerei und Vertretern der niederländischen „De Stijl Bewegung“. Piet Mondrian, zählt zweifelsfrei zu den bedeutenden Künstlern der abstrakten Malerei und Vertretern der niederländischen „De Stijl Bewegung“. Neben einer Vielzahl digitaler Abbildungen seiner bekannten und weniger bekannten Werke, bietet dieses neu bearbeitete E-Book einen beeindruckenden Streifzug durch den kunsthistorischen Kontext seiner gesamten Schaffensperiode. Der künstlerische Werdegang Mondrians wird im Vergleich zu seinen Malerkollegen und Wegbegleitern nachgezeichnet: vom figuralen Anfang der Schule von Den Haag, über die kubistischen Experimente bis zur Ausprägung seines ganz eigenen Stils, der ihn weltberühmt machte.

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Um 1870 erfuhr die niederländische Malerei durch eine in Den Haag lebende und arbeitende Gruppe von Malern einen kräftigen und erneuernden Impuls. Die Bewegung, die den Namen „Schule von Den Haag“ erhielt, sorgte vor allem im Bereich der Landschaftsmalerei für Neuerungen und wies Bezüge sowohl zur französischen Schule von Barbizon als auch zu den Impressionisten auf. Typisch für den Stil der „Haager Schule“ sind die leichte Pinselführung und die grauen Farbtöne. Die wichtigsten Maler dieser Schule, zu denen die drei Maris-Brüder, Mesdag, Mauve und Josef Israëls zählen, werden in diesem Buch behandelt.

Das Wer von Piet Mondrian, einem der herausragendsten Vertreter der abstrakten Malerei, wurde in den Anfängen durch die Künstler der Schule von Den Haag nachhaltig beeinflusst. Etwa 1910 bekam Mondrian jedoch Kontakt zu den Kubisten und entwickelte einen immer abstrakteren Malstil. 1017 schloss er sich der De Stijl-Bewegung an. In dieser Periode entwickelte er seinen eigenen Stil: vollkommen abstrakte Arbeiten, die ausschließlich auf vertikal und horizontal verlaufenden Linien und dem Einsatz von Primärfarben sowie den Unfarben Schwarz, Weiß, Grau beruhen.

Leben und Werk Mondrians und seine Beziehung zum konstruktivistischen De Stijl werden in diesem reich illustrierten Buch ausführlich dargestellt.

In gleicher Ausstattung sind bisher erschienen:

Rembrandt Toulouse-Lautrec Van Gogh Impressionismus Die Malerei des 20. Jahrhunderts

MONDRIAN

Schule von Den Haag und De Stijl

Dolf Hulst

MONDRIAN

Schule von Den Haag und De Stijl

Dolf Hulst

Digitalisierte Neuausgabe 2020

Hrsg. Heinz Hermann Serges

© Originalausgabe by Royal Smeets Offset B.V., Weert, Niederlande

© by Media Serges B.V., Weert, Niederlande

© by Serges Medien, 42659 Solingen

Alle Rechte vorbehalten.

Für Werke von Bildenden Künstlern, angeschlossen bei einer CISAC-Organisation (oder vergleichbaren Organisationen) sind die Urheberrechte geregelt mit Beeldrecht Amsterdam, Niederlande

© 1996 c/o Beeldrecht

Realisierung der Digitalausgabe: Zeilenwert GmbH., 07407 Rudolstadt und Ingenieurbüro Müller, 76228 Karlsruhe

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Von der Stadt an den Strand

Die Schule von Den Haag

Die Genremaler

Als Spezialität: Kircheninterieurs

Der Wolken-Maler

„Der größte Maler seiner Zeit“

„Abkehr“ von der Natur

Der „ursprüglichste“ der Maris-Brüder

Ein Geschäftsmann wird zum Maler

„Kopf zu klein, Beine zu lang“

Souvenir de Mauve

Nie mehr nach Holland

Veränderungen

Vorläufer des französischen Impressionismus

Amsterdamer Schule

Amsterdam überrundet Den Haag

„Ein unvergesslich schöner Traum“

Toorop und seine Gruppe

Typische Krankheitsbilder

Verwelkte Blumen

Das Parfüm Kubismus

„Kompositionen“ statt Gemälde

Laren

Die Abkehr vom Kubismus

Pläne gewinnen Gestalt

Gründung von De Stijl

Rückkehr nach Paris

Aux Hommes Futurs

Bruch mit De Stijl

„Hier kann man nicht unglücklich sein“

Das Café Aubette als Wendepunkt

„Außerdem habe ich die Blätter weiß getüncht“

Cercle et Carré

Das Ende des Bauhaus

Sonniges Frankreich im grauen Mietzimmer

New York Boogie-Woogie

Harmonische Gesellschaft

„Kultur ist nichts anderes als Maß zu halten“

Keine Nachfolger, nur Nachahmer

Immer weiter

Biographien

Register

Der Autor

Piet Mondrian Mühle bei Saasveld, um 1907 Öl auf Leinwand, 63 x 75 cm Den Haag, Haags Gemeentemuseum

Von der Stadt an den Strand

Auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1855 zeigte der niederländische Maler Josef Israels (1824-1891) das Gemälde Der Prinz von Oranien verweigert sich dem Befehl der Königin von Spanien. Zwei Jahre später stellte er die Bilder Kinder des Meeres und Abend am Strand aus. Beide Werke vermitteln einen bleibenden Eindruck vom einfachen Leben in einem holländischen Fischerdorf. Diese Bilder bewirkten einen regelrechten Bruch mit der vorherrschenden Maltradition, wurden doch gerade zu dieser Zeit Historien- und Ereignisbilder in großer Zahl angefertigt. Die Maler hatten bisher auch nichts anderes gelernt. Auf der Akademie wurden sie vornehmlich im Zeichnen klassischer Skulpturen und Architektur unterrichtet. Wer auf eine andere Weise malen wollte, wurde an einen in Holland oder im Ausland arbeitenden Künstler verwiesen.

Einer der Orte, an die es die Schüler der traditionstreuen Kunst-Akademie zog, war Oosterbeek in der Provinz Gelderland. Die Gewässer und Wälder in der unmittelbaren Umgebung Oosterbeeks waren ein beliebtes Sujet – was dem Ort auch rasch den Ruf eintrug, das „holländische Barbizon“ zu sein, benannt nach jener Künstlerkolonie in Frankreich, in der die Pleinair- und Landschaftsmalerei bereits seit langer Zeit gepflegt wurde. Als Ausweichort war Oosterbeek dafür natürlich wie geschaffen, jedoch blieb Barbizon in der Nähe von Paris für Künstler aus ganz Europa geradezu ein „Muss“. Sie kamen dorthin, um den „starren“ Sichtweisen zu entfliehen, die die Kunst in ihrem jeweiligen Heimatland bestimmten.

Die Weltausstellung des Jahres 1855 präsentierte die Kunst der Barbizon-Maler zum ersten Mal einem größeren Publikum. Der Ort Barbizon selbst wurde vor allem in den Jahren nach 1855 für Maler zur „Pilgerstätte“ schlechthin. Der Ruf des Ortes war so bedeutend, dass der niederländische Kunsthandel mit „Barbizon-Gemälden“ einträgliche Geschäfte machen konnte. Es waren aber nicht nur die Franzosen und ihre Nachahmer, die auf dem niederländischen Markt erfolgreich waren. Dort herrschte gleichzeitig eine lebhafte Nachfrage nach holländischer Malerei aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Aus ganz Europa und auch aus Übersee zog es Menschen in die Niederlande. Sie wollten dort sehen, wie Rembrandt van Rijn, Johannes Vermeer, Jan Steen und Frans Hals ihre Farben auf die Leinwand gesetzt hatten. So verweilte beispielsweise auch Caspar Scheuren, der als Professor an der Düsseldorfer Akademie tätig war, 1885 für einige Tage in Holland, um sich dort nach eigenen Worten „an den alten Meistern zu erfrischen und zu stärken“. Einige Jahre danach äußerte sich Scheurens Landsmann, der Maler Max Liebermann (1847-1935), begeistert über die herausragenden Leistungen dieser Künstler. Vor Rembrandts Nachtwache stehend, soll er sogar gesagt haben: „Wenn man einen Frans Hals sieht, bekommt man Lust zu malen, wenn man aber einen Rembrandt sieht, möchte man sofort damit aufhören.“

Jean-Baptiste Corot Die Brücke von Narni, 1826 Papier auf Leinwand, 34 x 48 cm Paris, Musée du Louvre

Théodore Rousseau Das Weidengehölz, 1856 Öl auf Leinwand, 24 x 32 cm Genf, Musée d' Art et d' Histoire

Was die modernen holländischen Maler dieser Zeit anbelangt, so zogen sie nicht nur nach Oosterbeek und Paris, sondern waren auch in Deutschland regelmäßig anzutreffen. So war beispielsweise die Düsseldorfer Malerschule als eine ausgezeichnete Lehreinrichtung bekannt. Zwar lag der Schwerpunkt der Malerei dort auf historischen Darstellungen, aber auch reine Landschaftsmaler waren herzlich willkommen.

Die Schule von Den Haag

Durch französische und deutsche Vorbilder angeregt, versammelte sich um das Jahr 1870 in Den Haag eine Gruppe junger niederländischer Künstler. Sowohl in der Stadt als auch in der Umgebung fanden sich genügend Motive: Die Dünenlandschaft zwischen der Stadt und Scheveningen, das Dorf Scheveningen selbst, Katwijk und die ländliche Umgebung von Wassenaar sowie Voorburg boten ein reiches Reportoire an Möglichkeiten. Die Maler nutzten ihr Wissen über ihre Kollegen aus dem 17. Jahrhundert und hatten zudem auch französische und deutsche Einflüsse aufgenommen. Diese Richtung ging in die Kunstgeschichte als „Schule von Den Haag“ ein. Sie wurde als ultraradikal bezeichnet, und es wurde von ihr behauptet, „in der Malerei einen wahren Bildersturm“ ausgelöst zu haben.

„Vorzugsweise wird versucht, Stimmungen wiederzugeben, wobei der Farbton über der Farbe rangiert. Mit ihnen beginnt die Regentschaft des Grau“, so äußerte sich der Kritiker van Santen Kolff in der Zeitschrift „De Banier“ zur Haager Schule. „Hier erleben wir Realismus der wahren, höchst gesunden Art. Meiner tief empfundenen Meinung nach werden alle unsere Landschafts- und Seestücke-Maler früher oder später diesen Weg beschreiten müssen, wenn sie im Geiste unserer Zeit Bleibendes schaffen wollen.“ Andere Kritiker waren weniger begeistert. Die Haager Schule sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, alles durch eine graue Brille zu betrachten und die Leinwände mit einem Trauerflor zu überziehen. Der deutsche Autor Richard Muther war anderer Auffassung. 1884 beschrieb er in seiner „Geschichte der Malerei im neunzehnten Jahrhundert“, dass in den Niederlanden „nirgendwo sattes Licht sei, in der feuchten Luft aber dennoch überall Farben leuchten würden“.

Die Maler der Haager Schule fühlten sich durch die Barbizon-Maler zwar inspiriert, letztere hatten jedoch ihre Kunst wiederum von den niederländischen Meistern des Goldenen Jahrhunderts, wie Jacob van Ruisdael und Meindert Hobbema, abgeschaut. Dabei handelte es sich um Künstler, die auch in England sehr geschätzt wurden. Die dortigen Epigonen waren unter anderem John Constable, William Gainsborough und William Turner, die ihrerseits wiederum Barbizon-Malern wie Jean-Baptiste Camille Corot, Théodore Rousseau und Jean Francois Millet als Vorbilder gedient hatten. Durch die wechselseitige Beeinflussung lässt sich nur schwer rekonstruieren, ab wann der Einfluss durch die Schule von Den Haag zu wirken begann. Sicher ist, dass sie ihren Höhepunkt um das Jahr 1870 erreichte. Generell gilt Josef Israels als wichtigster und bedeutendster Vertreter dieser Gruppe.

John Constable Mühle und Schleuse von Dedham, 1819/20 Öl auf Leinwand, 51 x 77 cm London, Victoria and Albert Museum

Josef Israels Selbstporträt 1908 Öl auf Leinwand, 70 x 97 cm Amsterdam, Stedelijk Museum

DER GENREMALER

Josef Israels, der aus einem stark jüdisch geprägten Umfeld stammte, erhielt bereits als Elfjähriger an der Akademie Minerva in seiner Geburtsstadt Groningen Zeichen- und Malunterricht. Sieben Jahre später zog er nach Amsterdam, um dort im Atelier des Porträt- und Figurenmalers Jan Adam Kruseman (1804-1862) zu arbeiten und an der Königlichen Akademie weiter zu studieren, an der auch Kruseman lehrte. Nachdem Israels ein Gemälde des in Paris lebenden und arbeitenden niederländischen Malers Ary Scheffer (1795-1858) gesehen hatte, beschloss er im Jahre 1845 nach Paris zu übersiedeln. Dort arbeitete er im Schüler-Atelier von F. E. Picot, besuchte Abendkurse an der Ecole des Beaux Arts und kopierte im Louvre unter anderen die Gemälde von Rembrandt und Velásquez. Sein romantisches Werk Mutter und Kind schickte er in die Niederlande, um es dort auszustellen. 1847 kehrte er in sein Heimatland zurück und ließ sich in Amsterdam nieder. Hier malte er Genrebilder und Porträts, mit denen er zwar sehr zufrieden war, auf die das Publikum aber keineswegs gut ansprach. Sein ehemaliger Lehrer J. A. Kruseman warnte ihn daher, er solle keine hässlichen Menschen darstellen, weil dies gegen den guten Geschmack verstoße. Im Jahre 1850 machte sich Israels mit dem ebenfalls romantischen Gemälde Ophelia, das auch unter dem Titel Träumerei bekannt ist, einen Namen. Dargestellt ist eine junge Frau, an einem Bach unter einem dunklen Blätterdach liegend. Die fünfhundert Gulden, die er für das Gemälde erhielt, investierte er in eine Reise nach Düsseldorf, dem damaligen Zentrum der deutschen Romantik.

Josef Isaëls Auf dem Heimweg, 1890/95 Öl auf Leinwand, 45 x 58 cm Amsterdam, Stedelijk Museum

Ein weiterer Besuch in Paris brachte ihn mit der Barbizon-Schule in Kontakt. Eine tiefgreifende Veränderung seines Schaffens wurde durch das Anraten seines Bruders, eines Arztes, sich für einige Wochen in die gesunde Seeluft des kleinen niederländischen Fischerdorfes Zandvoort zu begeben, ausgelöst. Dort stellte Israels fest, dass ihn die hart arbeitende Bevölkerung viel mehr inspirierte, als der Personenkreis, den er bis dato zu malen gewohnt war. Mit seinem Gemälde An Mutters Grab verabschiedete er sich 1851 von den als „modisch“ geltenden Bildern. Er hatte den Bruch mit der Tradition jedoch noch nicht vollständig vollzogen, denn auch dieses Werk zeigte noch Einflüsse der Romantik. In jedem Fall wurden aber keine historischen Figuren oder wohlhabenden Bürger mehr dargestellt. Sein neuer Malstil brachte ihm auch im Ausland Erfolg, obwohl sein Werk für viel Wirbel sorgte. Seine Fischer und Bauern galten vielen Betrachtern als zu „gewöhnlich“, denn schließlich diente die Kunst immer noch dazu, große Ereignisse in der Geschichte festzuhalten. Der Hochschullehrer J. A. Alberdingk Thijm kleidet es in die Worte: „Ob in einem Kunstwerk Gedanken stecken, interessiert nicht: solange das Gemälde nur ein wenig verschwommenes Farbempfinden ausdrückt.“

Josef Israels Kinder des Meeres, 1872 Öl auf Leinwand, 48,5 x 93,5 cm Amsterdam, Rijksmuseum

1871 zog die inzwischen vierköpfige Familie Israels (der Maler hatte 1862 geheiratet) nach Den Haag. Der ebenfalls malende Sohn Isaac (1865-1934) übte bereits nach wenigen Jahren großen Einfluss auf das Werk seines Vaters aus. Isaac, der die tragische anmutende Stimmung, wie sie aus den Werken seines Vaters sprach, ablehnte, veranlasste Josef dazu, detaillierter zu malen. Zu beobachten ist dies auf den Gemälden Der Küster und seine Frau, Die Schlafenden und Die Nähschule in Katwijk. Das letztgenannte Werk stellte insofern eine Ausnahme dar, da hier mehrere Figuren in einer Gruppe dargestellt wurden, während sich der Künstler in seinen Bildern sonst eher auf wenige Personen beschränkte.

Mit den nach 1885 geschaffenen Gemälden Sohn des alten Volks und Szene in Laren, Nichts mehr und Auf Feldern und Wegen, auf denen er einsame oder verlassene Menschen darstellte, erreichte Josef Israels den Gipfel seiner Malkunst. Nicht mehr der Fischer auf hoher See wurde gemalt, sondern die auf ihn wartende Frau, nicht der Bauer bei der Arbeit, sondern der nach getanem Tagewerk nach Hause zurückkehrende Mann. Die in seinen Bildern dargestellten Figuren gehen gleichsam in ihrer jeweiligen Umgebung auf – dies geschieht auf eine Art und Weise, die den Kritiker Jan Veth zu folgenden Worten veranlasste: „Schludrige Dämmerschlieren und krasse Farblinien, beißende Akzente, rauh und sanft, Gemeinheit und Weichheit, Schmutz und Reinheit zaubern bei Israels eine grandiose Tiefe des Lebens herbei, und dies in der höchst feinsinnig empfundenen und vielleicht biegsamsten Malersprache, die mir geläufig ist“. Als biegsam erwies sich auch das Material, mit dem Josef Israels arbeitete und das viele seiner Gemälde im Verlauf der Jahre qualitativ beeinträchtigen sollte. Auf der Suche nach der gewünschten Farbe benutzte er nämlich Bitumen als Grundierung, einen Werkstoff, der später zur Asphaltierung von Straßen und für Dachbedeckungen eingesetzt wurde. Bitumen hat die Eigenschaft, nie richtig durchzutrocknen, so dass auf den Bildern immer wieder neue Risse entstehen. Zu seinen Lebzeiten zeigte sich dieses Restaurierungsproblem noch nicht. Seine Werke waren begehrt und der Maler erhielt im In- und Ausland viele Auszeichnungen. 1910 wurde er anlässlich der Biennale in Venedig mit einer Einzelausstellung geehrt. Es sollte dies sein letzter Besuch in der Lagunenstadt werden; Israels verstarb ein Jahr später in Den Haag.

ALS SPEZIALITÄT: KIRCHENINTERIEURS

Mehr als jeder andere Maler der Haager Schule wurde Johannes Bosboom (1818-1891) durch die Künstler des 17. Jahrhunderts inspiriert. Er war ein Bewunderer Rembrandts, vor allem aber von Emmanuel de Witte und dessen Kirchendarstellungen. Bereits in jungen Jahren spezialisierte sich der streng protestantische Bosboom auf die malerische Wiedergabe von Sakralräumen. Was ihn an diesem Sujet vor allem anzog, war das Halbdunkel, das durch die hochliegenden Fenster, die Aufteilung in Kirchenschiffe, die Säulen und die hohen Gewölbe verursacht wurde. Menschen sind auf seinen Gemälden auch zu sehen, sie verlieren sich aber in den massiven Bauwerken. Um die Atmosphäre des gewählten Bildausschnitts zu verdichten, bildete er das Gesehene vielfach in Anlehnung an die Farbgebung des 17. Jahrhunderts ab. Deshalb verwundert es auch nicht, dass die gottgläubigen Niederländer, die für die moderne Malerei nicht viel übrig hatten, ihn auf Händen trugen. Zwar wurde die Wahl seiner Bildthemen nicht von allen Malern der Haager Schule geschätzt, doch entsprach sein freier Malstil den Grundsätzen dieser Richtung durchaus.

Johannes Bosboom, Das Atelier von Bosboom am Toussaintkade in Den Haag Aquarell, 36 x 47 cm. Den Haag, Haags Gemeentemuseum

Johannes Bosboom Der Strand von Scheveningen, um 1873 Aquarell, 35 x 55 cm Amsterdam, Rijksmuseum

Im Jahr 1831 begann Bosboom bei Bart van Hove (1790-1880), der ein Nachbar der Familie Bosboom war, eine Lehre. Dadurch geriet er bereits in jungen Jahren mit der Architektur in Berührung, denn sein Lehrer war nicht nur Maler, sondern auch Bühnenbildner, der seine Schützlinge behutsam an die Gestaltung von Theaterkulissen heranführte.

Rund zwei Jahre später stellte Bosboom in Den Haag bereits seine ersten beiden Gemälde aus und bekam 1837 die Felix-Meritis-Ehrenmedaille. Von diesem Augenblick an erhielt er immer mehr Auszeichnungen. Besonders seine Kircheninterieurs stießen im Ausland auf großes Interesse, und so entschied er, sich diesem Genre fortan ganz zu widmen. Da er sich bei der Auswahl seiner Themen keinerlei Beschränkungen auferlegte, konnte er sowohl Synagogen als auch protestantische und katholische Kirchen darstellen. Auf seiner Suche nach Bildthemen hielt sich der Maler – der 1851 die gefeierte Schriftstellerin Anna Louisa Geertruida Toussaint geehelicht hatte – regelmäßig im Ausland auf. Die Skizzen, die er bei diesen Aufenthalten anfertigte, arbeitete er im Atelier exakt aus.

Während sein Frühwerk einen realistischen Grundzug aufweist, geht es in seinen späteren Werken nicht mehr um die detaillierte Wiedergabe des Kircheninterieurs, sondern um das Einfangen der Atmosphäre. Schöne Beispiele hierfür sind die Innenansichten der St. Bavokerk in Haarlem und St. Laurenskerk in Alkmaar. Ab 1876 malte Bosboom neben Sakralräumen in Groningen und Zuidlaren allerdings auch Landschaften, sowie Kuhställe. Für eines seiner bedeutendsten Werke hielt er selbst das im Jahre 1867 entstandene Gemälde Die Hauptkirche von Trier.

Bartholomeus Johannes van Hove Blick aus dem Garten, Gedempte Burgwal 34, Den Haag, 1828 Öl auf Leinwand, 66,5 x 82 cm Den Haag, Haags Gemeente Museum

Jan Weissenbruch Strandansicht, 1887 Öl auf Leinwand, 73 x 103 cm Den Haag, Haags Gemeentemuseum

DER WOLKEN-MALER

Die alten holländischen Meister, wie Jacob Isaacszoon van Ruisdael und Johannes Vermeer ließen den in Den Haag geborenen Hendrik Johannes (später Jan Hendrik) Weissenbruch (1824-1903) bereits als Knaben „sprachlos“ vor Staunen werden. Zu Beginn seiner Laufbahn lässt sich noch gut erkennen, wie sehr er zunächst den Stil der alten Meister adaptiert. Die sehr genau ausgeführten Details wichen erst in späteren Werken einer Vereinfachung.

Seine frühen Landschaften zeigen zwar deutliche Einflüsse des Werks von Andreas Schelfhout (1787-1870), es ist jedoch nicht bekannt, ob er bei ihm gelernt hat. Anfänglich suchte Weissenbruch seine Themen vor allem in den Dünen um Scheveningen, anschließend in der ländlichen Umgebung Den Haags und später unweit von Nieuwkoop, Boskoop und Noorden. Seine Landschaftsstudien waren skizzenhaft. Er arbeitete sie erst später im Atelier aus. 1847 präsentierte er seine Landschaften zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Zwei Jahre später verkaufte er für zweihundertfünfzig Gulden ein Gemälde an das Teylers Museum in Haarlem. Im Vergleich zu seinen ersten Aquarellzeichnungen, die zwei Gulden einbringen sollten, war dies eine für die damalige Zeit astronomische Summe.

Jan Weissenbruch Der Zeichner in seinem Atelier, Aquarell, 50 x 70 cm Den Haag, Haags Gemeentemuseum

Wie im Werk seines großen Vorbilds Ruisdael erkennt man über seinen Landschaften große Wolkenkonstellationen. In dieser Zeit begründete sich sein Ruf, in erster Linie ein Wolken-Maler zu sein. Diese Charakterisierung trifft nicht ganz zu, denn er malte auch viele Interieur- und Stadtszenen, wie das „Bleekvel“ in Rotterdam oder den Haager Fischmarkt. Seine Interieurs sind dann jedoch nicht die im Stil der „Haager Schule“ romantisierten Fischerhäuser, sondern Souterrains und Waschküchen großer Wohnhäuser. Seine Landschaften wurden dementsprechend kritisiert.

Bilder wie Ansicht nahe der Geestbrug, Erinnerung an Haarlem und Reiter im Haager Wald wurden als zu grob und zu heftig glänzend empfunden, was dazu führte, dass Weissenbruch nicht viele seiner Werke verkaufen konnte. Das gelang ihm erst später, so um das Jahr 1880 herum, als er Gemälde aus Nieuwkoop und Noorden zu niedrigeren Preisen veräußerte.

Zu Lebenszeiten hat sich Weissenbruch nie der Popularität in breiten Kreisen erfreuen können. Er wurde als „Maler“ für „Maler“ bezeichnet, der zwar die Wertschätzung der Kollegen erfuhr, den kunstbegeisterten Durchschnittskäufer aber nicht direkt ansprach. Darum ging es ihm übrigens auch nie. Mit dem wenigen Geld, das er besaß, zeigte er sich zufrieden und arbeitete in Ruhe weiter.

Aus Anlass des 75sten Geburtstags des Künstlers veranstaltete der Amsterdamer Kunsthandel Frans Buff und Söhne im Jahre 1899 eine Ausstellung des Werks von Weissenbruch. In dieser Ausstellung wurden einige Aquarelle gezeigt, von denen viele verkauft wurden und die ihm erst jetzt einen nationalen Bekanntheitsgrad verschafften. Als ihm die Mitglieder der Haager Künstlergruppe „Pulchri“ in seiner Privatwohnung gratulieren wollen, wurde bekannt, dass alle Räume voll mit Arbeiten des Künstlers lagen, über die der Maler achtlos hinweglief. Darauf angesprochen, bemerkte er, dass diese Angewohnheit nicht schädlich sei, denn es habe sich gezeigt, dass die Gemälde, über die er am meisten gehe, die höchsten Preise erzielten, weil sie dadurch „geadelt“ würden.

Jacob Maris Strickerin auf dem Balkon, Montmartre, 1869 Öl auf Leinwand, 40 X 75 cm Den Haag, Haags Gemeentemuseum

„DER GRÖSSTE MALER SEINER ZEIT“

Fischerboot, Oud Dordrecht und die Salatgärten bei Den Haag: Vor allem Gemälden mit Themen wie diesen verdankte der in Den Haag geborene Jacob Maris (1837-1899) seine Bekanntheit. Zwar wurde er als der größte Maler seiner Zeit bezeichnet, doch bevor er diesen Zenit erreicht hatte, schnippelte er während seiner Lehrzeit für den Seemaler Louis Meijer (1809-1866) Papiermöwen aus, damit dieser entscheiden konnte, wie die Tiere am besten auf der Leinwand zu platzieren seien.