Mondschatten - Jacqueline Mayerhofer - E-Book

Mondschatten E-Book

Jacqueline Mayerhofer

4,9

Beschreibung

Liebe und Hass. Freude und Verzweiflung. Vergangenheit und Zukunft. Emily McDawn lebt ein glückliches Leben, bis ein Überfall sie Jahre vergessen lässt. Auf der Suche nach den verlorenen Erinnerungen begegnet sie einem geheimnisvollen Mann, der verzweifelten Tagen neuen Sinn einhaucht. Doch etwas lauert hinter der Fassade dieses neuen Freundes – eine gefährliche Vergangenheit, die den Kreis zu den vergessenen Jahren schließen kann. Gefangen zwischen alter Liebe, neuen Freunden, getrieben von Angst und der Sehnsucht nach Antworten, begibt sich Emily auf eine Reise in die Abgründe ihrer eigenen Seele – und der ihrer geheimnisvollen neuen Bekanntschaften.

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Mondschatten

Die Deutsche Bibliothek und die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnen diese Publikation in der jeweiligen Nationalbibliografie. Bibliografische Daten:

http://dnb.ddp.de

http://www.onb.ac.at

© 2016 Verlag ohneohren, Ingrid Pointecker, Wien

1. Auflage

Autorin: Jacqueline Mayerhofer

Covergestaltung: Ingrid Pointecker

Coverillustration: İmajbank

Sonstige Grafiken: GDJ | openclipart.org

Lektorat, Korrektorat: Verlag ohneohren

www.ohneohren.com

ISBN: 978-3-903006-57-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und/oder des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Teil I - Des Schicksals Verflochtenheit

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Teil II - Blutsee der Geheimnisse

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Teil III - Das Abbild der Gnadenlosigkeit

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Für meine Mutter

Solange man an Hoffnungen und Träumen festhalten kann, ist kein Weg zu weit, egal wie ungewiss er auch erscheinen mag und wie viel Zeit er in Anspruch nimmt.

Prolog

Das unheilvoll flackernde Licht der Straßenlaternen und der scharfe Wind machten die Situation um etliches grotesker, als diese ohnehin bereits war. Die Atmosphäre gestaltete das Vorhaben schier unüberwindbar und für die Angehörigen verbreitete sich eine Stimmung tiefster Trauer. Beinahe wie bei Hinterbliebenen, die um einen verlorenen Freund trauerten, während die Zeremonie einer Bestattung vollzogen wurde.

„Es muss sein“, flüsterte er traurig.

Seine Lebensgefährtin wandte sich der Verzweiflung nahe an ihn. „Aber warum?“ Sie konnte es einfach nicht verstehen. Das Liebste und Teuerste, das sie besaß, einfach weggeben? Warum verlangte er das nur? Wie konnte er es wagen? Was wollte ihr Mann damit bezwecken?

„Es muss sein, Sharon.“ Er blickte sie traurig an und seine Augen glitzerten nass. „Ich weiß, dass ich es dir bis jetzt verschwiegen habe.“ Er sah zu Boden. „Wenn wir es nicht tun … Willst du, dass sie so aufwächst? Willst du, dass wir unser eigenes Kind …“

Sharon konnte die Worte nicht länger schweigend mit anhören. Sie grub ihre Fingernägel so fest in ihre Handflächen, dass diese fürchterlich zu brennen begannen. „Du hättest es mir eher anvertrauen sollen! Bevor ich sie noch in mir trug! Das bist du mir doch schuldig! Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen.“ Entschlossen und voller Schmerz in der Brust schritt Sharon auf ihn zu und nahm ihm das kleine Baby aus den Armen, das er schützend an sich drückte. Sie nahm ihre Tochter an sich und betrachtete sie mit gemischten Gefühlen. Mit der Liebe einer Mutter streichelte sie ihrem Kind über die leicht gerötete Wange. Das Baby blickte aus seinen großen und unschuldigen Augen zu ihr hoch und fasste mit den noch ungeschickten Fingern nach Sharons Haarlocke. Dabei erwiderte das kleine Geschöpf den Blick der Mutter seltsam verzweifelt, als suche es Verständnis. Oder bildete sich Sharon das alles bloß ein? Wie konnte ein Baby versuchen, ihre Situation nachzuvollziehen und eine Antwort zu bekommen? Ihre Nerven spielten ihr Streiche.

„Sharon …“

Sie drehte ihm entschlossen den Rücken zu und presste dabei ihr schutzbedürftiges Kind an die Brust. „Es ist deine Schuld, Jack. Du möchtest eine Entscheidung hören? Dann hör sie dir an.“ Sie wandte sich um. „Wir werden sie ins Heim geben. Es ist das Beste für sie und ihre Zukunft. Aber eines soll dir bewusst sein: Wenn ich mein Baby hergeben muss, dann wird ein Teil von mir sterben.“

Seine Augen wurden glasig und er schritt auf Sharon zu. Tröstend legte er einen Arm um sie. Sein Blick haftete an dem unwissenden Gesichtsausdruck seines Kindes. Das Baby streckte eine Hand in die Luft und gluckste glücklich. Sharon hielt ihre Tochter lediglich mit einem Arm und umschloss mit der freien Hand die kleinen Finger ihres Sonnenscheins.

„Wir können sie besuchen“, begann er zaghaft.

Doch sie schüttelte entschlossen den Kopf. „Das glaube ich weniger. Würdest du deine Eltern sehen wollen, die dich einfach so weggeben?“

„Sie wird uns verstehen. Sobald sie alt genug ist, wird sie uns verstehen.“

Warme Tränen liefen Sharon über die Wangen und sie flüsterte leise: „Es ist das Beste für sie. Ein Leben bei uns wäre …“

„Sie würde nur in die schmutzigen Dinge, die unser Leben bestimmen, hineingezogen werden“, beendete er ihren Satz mit rauer Stimme und sie nickte verdrießlich.

Einige Male atmete sie tief ein und wieder aus, ehe sie entschlossen auf das baufällige, alte Gebäude auf der anderen Straßenseite zuschritt. Lichter brannten darin und auch die Straße war halbwegs gut beleuchtet, nur manche der Laternen flackerten. An der anderen Flanke des Gebäudes erleuchteten dafür noch funktionstüchtigere Lampen ihren Weg. Doppelt so stark, beinahe als würden sie die dunklere Seite erhellen und die Schatten eines Menschenlebens verscheuchen wollen.

Sharon musste traurig und gequält lächeln. War dies also tatsächlich die abgesicherte Zukunft ihrer Tochter? Ohne auf ihren Lebensgefährten zu warten, ging sie zum Haus und blieb einen halben Meter vor der Tür stehen. Jack holte zügig auf.

„Hast du den Brief dabei?“, fragte sie leise und er schwieg.

Besorgt dreinblickend zog er etwas aus seiner schmutzigen Jackentasche und faltete es zusammen. Der Zettel war nicht mehr als ein beschmutztes und zerknittertes Blatt Papier, auf dem etwas gekritzelt stand. Er überreichte es ihr und Sharon legte den Brief vor die Tür. Anschließend drückte sie ihre Tochter an sich und küsste sie auf die Stirn. Tränen liefen ihr über die schmutzigen Wangen.

„Du musst eine starke Frau werden.“ Nach diesen wenigen Worten war es vorbei. Sharon brach vollkommen in Tränen aus und übergab Jack seine Tochter. „Tu es … Tu es, bevor ich es nicht mehr über mich bringe!“

Nach dieser flehenden Bitte stolperte sie von dem Kinderheim weg und blickte kein weiteres Mal zurück. Sie hatte versagt.

Er dagegen betrachtete sein Kind mit gemischten Gefühlen. Noch nie war er sonderlich gut darin gewesen, seine Emotionen preiszugeben. Darum führte er auch in diesem Augenblick einen innerlichen Kampf gegen sein Gewissen, den sein Herz verlor. Er nahm mit zittrigen Fingern den Zettel und platzierte ihn auf den kleinen Beinchen seiner Tochter. Danach streichelte er ihr über die Wange und richtete sich wieder auf. Entschlossen klopfte er an die Tür und verließ den Ort ebenso schnell, wie es seine Frau getan hatte. Obwohl er seine Tochter schreiend und weinend vor der Tür eines fremden Gebäudes zurückließ.

Aber diesmal war es anders als sonst. Seine Gefühle wollten sich nicht unterdrücken lassen. Er wandte sich auf halbem Weg wieder um und verbarg sich in einer dunklen Seitengasse. Von dort blickte er zurück und sah, wie die Tür geöffnet wurde. Eine junge Nonne trat heraus und blickte das weinende Baby entsetzt an. Sie nahm es sofort in ihre Arme und entdeckte den Brief. Sie eilte zurück ins Haus und schloss die Tür hinter sich.

Der deprimierte Mann in der finsteren Seitengasse wandte sich um und ging.

Sie lief eilig die Treppen empor und riss die Tür zum Besprechungszimmer auf. Zu ihrer Erleichterung traf sie die gesuchte Schwester an. Diese wandte sich erschrocken um und ihre Stirn runzelte sich besorgt. „Aber Kind …“ Ihr Blick glitt zu dem Baby.

„Das ist es, Schwester. Das ist es, was mich so entsetzt.“

Die ältere Frau stand mühsam auf, ihre Knochen knackten dabei hörbar und sie schritt auf sie zu. „Schon wieder?“ Sie schüttelte den Kopf. „Wurde schon wieder ein Kind abgegeben?“

Sie nickte zaghaft. „Und das war wie schon so oft inkludiert.“ Sie hielt der älteren Schwester den zerknitterten Brief entgegen. Sofort nahm diese ihr das schmutzige Blatt Papier aus den Fingern und entfaltete es.

Sie überflog hastig die Zeilen und schüttelte anschließend traurig den Kopf. „Sie soll zur Adoption freigegeben werden. Und da ist noch etwas …“

Die junge Nonne sah sie fragend an und flüsterte: „Was ist da noch?“

Die Lippen der Älteren zogen sich zu einem hellen, dünnen Strich zusammen. „Die Mutter des Kindes hat einen Wunsch geäußert. Sie möchte, dass das Baby Emily heißt.“

Teil I

Des Schicksals Verflochtenheit

Kapitel 1

Vierundzwanzig Jahre später saß Emily im Garten und beugte sich über ihr Lieblingsbuch. Sie kannte die Abenteuer der Figuren darin bereits in- und auswendig, da sie Der Hund von Baskerville mittlerweile zum vierten Mal las. Dementsprechend sah das Buch von Sir Arthur Conan Doyle bereits aus.

Immer diese amüsanten Dispute zwischen Sherlock Holmes und Dr. John Watson. Die beiden waren einfach zwei liebenswürdige Chaoten mit Herz. Sie las gespannt weiter, vollkommen in die Geschichte vertieft und sah erst auf, als etwas ihr Bein streifte. Ihr Blick glitt abwärts zu dem haarigen Etwas, das sie freudig anblickte und dabei eifrig mit dem Schwanz wedelte.

„Na? Möchtest du etwa ein wenig Aufmerksamkeit? Oder bist du der gefürchtete Höllenhund aus dem Buch?“, scherzte sie und ihr langhaariger Collie wedelte nun weitaus erfreuter mit dem Schweif. Die große, schwarz-weiße Hündin mit braunen Stellen im Fell war in ihren Augen wunderschön.

Emily streichelte das weiche Haupt ihrer Hündin und lächelte dabei. Glücklich drückte das Tier die Augen zu und hechelte. Es schien, als wollte der Hund damit ausdrücken, dass er strahlte.

„Willst du eine Runde mit mir spazieren gehen, Luna?“

Luna sprang sofort auf, lief einige Schritte von Emily fort und wandte sich anschließend wieder um. Sie bellte auffordernd und Emily begann zu lachen.

„Schon gut, meine Süße. Ich zieh mich nur schnell um. Du wartest hier.“ Sie klappte ihr Buch zu, stand auf und ging ins Haus. Luna setzte sich einstweilen in den Garten und blickte ihr ein wenig enttäuscht hinterher.

Im Inneren des Hauses passierte sie die Couch, die mitten im großen Raum stand, und blieb vor einer Kommode stehen. Darauf standen Bilder, die sie immer wieder ansah. Ihr Herz schlug dabei höher. Links stand ein Bild ihrer Eltern, in der Mitte war eines von ihr und ihrem Freund und rechts befand sich ein gut getroffenes Bild von Luna. Emily nahm das mittlere in die Hände.

Sie studierte es und ihr Blick blieb auf ihrem Konterfei haften. Auf dem Foto sah sie glücklich aus und ihre langen, braunen Haare flatterten für immer festgehalten im Wind. Gerade als sie es noch weiter betrachten wollte, erklang eine junge Stimme hinter ihr. „Na du? Siehst du dir schon wieder unser Bild an, Emily?“

Noch ehe sie sich umwenden konnte, wurde sie schon umarmt und auf die Seite gedreht. An der Wand hing ein großer Spiegel, in den sie nun direkt hineinblickte. Ihr Freund legte seinen Kopf auf ihre Schulter und sah sie durch den Spiegel hindurch belustigt an.

„Du kannst es nie lassen, dich so anzuschleichen. Nicht wahr, Hiroki?“ Sie musterte ihn freundlich und ihr Freund grinste. Er besaß eine etwas längere und sehr dichte Haarpracht, die von Schwarz geprägt war und in dieser Sekunde ihre Wange kitzelte. Für sie war er mit seinem in ihren Augen exotischen Erscheinungsbild überaus attraktiv. Sie liebte diesen Mann einfach von ganzem Herzen und fühlte während ihrer Umarmung eine Verbundenheit, die ihr gleichzeitig eine wunderbare Zukunft versprach.

„Warum schaust du mich denn so an?“, fragte er, immer noch mit einem Grinsen auf den Lippen.

Emily schüttelte ihren Kopf, schwieg und beließ ihre Antwort nur bei einem Lächeln. Sie erinnerte sich an die grässlichen Momente, wenn Hiroki sich ihretwegen aus purer Eifersucht mit anderen Männern prügelte. Jedes Mal erlitt sie dabei mehr Schmerzen als der Geschlagene selbst.

Emily störte etwas an ihrem eigenen Erscheinungsbild. Sie wusste haargenau, worum es sich dabei handelte. Es waren ihre Augen; sie waren von einem schönen Grünton, aber dennoch spiegelte sich etwas in ihnen. Etwas Fremdes, das einfach nicht zu denen ihrer Eltern passte.

„Also heute scheinst du ja gar nicht gut drauf zu sein, meine Süße“, stellte Hiroki betrübt fest und ließ sie los.

Emily wandte sich um und entschuldigte sich mit einem Lächeln. „Ich war nur gerade ein wenig abgelenkt. Du weißt doch, dass ich mir immer viele Gedanken mache. Nicht weiter schlimm.“

Ihr Freund legte seinen Kopf schief und steckte die Hände in die Hosentaschen, wobei er eindeutig schmollte. „Ach ja? Und worüber im Augenblick?“

Emily tippte ihm sanft mit ihrem Zeigefinger an die Stirn. „Nicht über andere Männer, du großer und eifersüchtiger Kerl.“ Sie lachte.

„Ich bin nicht eifersüchtig!“

„Nein, gar nicht“, warf sie herzhaft sarkastisch ein und lief an ihm vorbei, während er protestierend folgte.

„Hey! Emily, ich bin nicht …“ Hiroki schüttelte seinen Kopf und schwieg schließlich.

Emily betrat den Garten und Luna wedelte bei ihrem Erscheinen mit dem Schweif. Dennoch blieb der Collie gehorsam sitzen.

Laute Schritte erklangen hinter Emily und sie wandte sich mit einem glücklichen Lächeln um. Hiroki kam angelaufen und stützte sich mit beiden Händen an seinen Knien ab. Er keuchte und schüttelte ungläubig, aber belustigt, den Kopf. „Du hast manchmal zu viel Ausdauer.“

„Du bist eigentlich derjenige, der Sport treibt.“ Sie zwinkerte ihm zu und bemerkte dabei, dass er sie nicht aus den Augen ließ. Sein Gesichtsausdruck schien unsicher zu sein, doch sein Blick flackerte nur einen kurzen Augenblick. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“

Hiroki blickte wie in Trance auf und schüttelte nur langsam seinen Kopf. Danach richtete er sich auf. „Nein. Ich finde nur, dass du dich wunderschön angezogen hast.“

Emily blickte demonstrativ an sich hinab und zog unsicher eine Augenbraue hoch. „Findest du?“ Sie hielt ihr Outfit eigentlich für ganz alltagstauglich: ein lockeres, schwarzes und ärmelloses Oberteil, dazu einen Rock in derselben Farbe, der ihr beinahe bis zu den Knien reichte. Schwarze Stiefel umschlossen ihre schlanken Beine.

„Schon. Sonst würde ich es nicht sagen.“ Hiroki nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich.

Gerade als er sie küssen wollte, erklang jedoch eine aufgeregte Stimme aus dem Inneren des Hauses: „Emily, ein Anruf für dich!“

Sie schrak zusammen und er ließ ein wenig genervt von ihr ab. Hiroki verdrehte die Augen und blickte in den Himmel. Luna begann ungeduldig zu bellen und lief schnurstracks ins Haus, um der Besitzerin der Stimme zu begegnen. Emily folgte ihr rasch und ließ ihren Freund mit vor der Brust verschränkten Armen einfach im Garten zurück. Sie eilte zu ihrer Mutter Silvia, die ihr das Handy reichte, das sie im Haus vergessen hatte.

„Hallo?“

Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine Männerstimme. „Miss McDawn?“

Emily nickte und kam schnell auf den Gedanken, dass ihr Gesprächspartner sie nicht sehen konnte. „Richtig.“

„Freut mich, Sie endlich erreicht zu haben. Hier spricht Gregory Grey von der Linguistic Traveling Inc. Es geht um Ihren Job.“

Emily zog eine Augenbraue hoch und fragte sich, wie oft ihr Chef wohl schon probiert haben musste, sie zu erreichen. Sie bekam ein mulmiges Gefühl bei der Sache und befürchtete bereits das Schlimmste. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie ziemlich eingeschüchtert.

„Doch, doch. Ich wollte Ihnen lediglich mitteilen, dass wir Sie gerne im Zuge einer Beförderung zu einem persönlichen Gespräch einladen möchten.“

Emily glaubte ihren Ohren nicht. „Wirklich? Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, Mister Grey! Sehr gerne komme ich bei Ihnen vorbei“, trällerte sie und musste sich beherrschen, nicht lauthals vor Euphorie loszubrüllen.

„Das freut uns natürlich. Kommen Sie bitte, sofern es sich bei Ihnen einrichten lässt, am kommenden Montag um zehn Uhr morgens in mein Büro. Sie verstehen sicher, wieso wir diese Angelegenheit persönlich mit Ihnen besprechen möchten.“

„Natürlich. Ich werde da sein.“

Nach einer kurzen, vor allem aber förmlichen Verabschiedung, legte Emily auf und sah zu ihrer Mutter, die sie die ganze Zeit über fragend angeblinzelt hatte und sichtlich auf eine Erklärung wartete.

„Ich werde befördert!“, freute sie sich und fiel ihr um den Hals.

„Verdienst du dann jetzt noch mehr als Dolmetscherin?“, wollte sie in Erfahrung bringen.

Emily nickte und löste die Umarmung wieder. „Noch ist nicht alles geklärt, aber ich habe einige Male im Büro anklingen lassen, dass ich mich für die Stelle interessiere. Das heißt, ich darf jetzt endlich in andere Länder fliegen und muss nicht nur hier in Schottland die Reisenden vertreten.“ Emily konnte ihr eigenes Glück immer noch nicht fassen. Sie strahlte Silvia an und eine große Gestalt kam hinter ihr zum Vorschein. Es handelte sich um James, ihren Vater. Dieser hatte die ganze Aufregung natürlich mitbekommen und legte nun eine Hand auf die Schulter von Emilys Mutter.

Sein gutmütiger Blick sprach Bände. „Du hast eine lange und gute Karriere vor dir, meine Liebe“, verkündete er.

Genau in diesem Moment erklang eine weitere Stimme und Emily wandte sich um. „Dann kannst du ja bald mit mir in meine Heimat fliegen! Immerhin hast du ja auch meinetwegen Japanisch gelernt und den Schnellkurs belegt.“ Den letzten Satz sprach Hiroki so arrogant wie möglich aus, aber Emily wusste, dass er es nicht ernst meinte. Er sprühte regelrecht vor Stolz und sie erinnerte sich noch gut daran, wie geschickt sie sich mit Sprachen angestellt und die Hürde gemeistert hatte, die für die meisten Studenten schlichtweg zu schwierig gewesen war. Zudem in einem Rekordtempo und mit der finanziellen Unterstützung Hirokis und ihrer Eltern.

Emily machte einen Satz auf ihn zu und Hiroki musste sie auffangen.

„Richtig! Endlich hat sich all die Mühe gelohnt!“, freute sie sich und er drehte sich mit ihr um seine eigene Achse, ehe er sie wieder auf dem Boden absetzte.

„Ich möchte euch allen danken. Ohne euch wäre ich niemals so weit gekommen. Mein Leben ist einfach perfekt.“ Sie strahlte immer noch bis über beide Ohren und Hiroki lehnte lässig seinen Ellbogen auf ihre Schulter. Silvia dagegen blickte sie ein wenig traurig, aber dennoch lächelnd, an.

„Was hast du denn?“, wollte Emily wissen.

„Ach, Emily. Es ist nichts.“

„Ich kenne dich, Mum. Also sag mir, was los ist.“

„Du hast ein so schönes Leben. Du bist eine erwachsene und erfolgreiche Frau, aber dennoch habe ich immer meine Zweifel, ob wir tatsächlich immer für dich da waren.“

Auch James schien ein wenig bedrückt zu sein, denn er starrte wortlos auf seine Schuhspitzen.

„Geht es darum, dass ihr mich adoptiert habt? Darum geht es doch, oder?“, fragte Emily geknickt und bekam auch schon die Antwort darauf.

Ihre Mutter schwieg und sah nun ebenfalls auf einen Fleck, der nicht sichtbar war.

„Ich habe es euch doch schon um die tausendmal gesagt: Es ist mir egal, ob ihr meine leiblichen Eltern seid oder nicht. Ich liebe euch wie meine wirklichen Eltern. Und daran wird sich nie etwas ändern. Meine leiblichen Eltern interessieren mich nicht, in Ordnung?“

Silvia kamen bei dieser Aussage die Tränen und sie lächelte. „Ich danke dir.“

Emily nickte daraufhin nur freundlich und blickte zu Hiroki. „Hast du Lust, mit mir und Luna eine Runde durch den Park zu spazieren?“

Er zog beide Augenbrauen hoch und legte die Stirn nachdenklich in Falten. „Solange du bei mir bist, gehe ich überall hin!“, antwortete er mit einem Lächeln und sie begann positiv überrascht zu lachen. Manchmal kam sie sich wie ein verliebtes Teenagermädchen vor.

Sie wandte sich an ihre Eltern, winkte ihnen zu und meinte: „Ihr wisst, wo ich bin.“ Danach zog sie sich eine Jacke über und nahm die Leine ihres Hundes. Hiroki ging bereits voraus in den Garten.

„Pass auf dich auf, Emily“, gab ihr Vater ihr auf den Weg mit.

Draußen legte sie Luna das Halsband an und nahm die Hündin an die Leine. Danach hakte sie sich bei Hiroki unter und sie verließen zusammen den Garten, dessen Mitte mit einem steinigen Weg gepflastert war. Die Blätter der Apfelbäume raschelten um sie herum durch den Wind. Sie betraten den erdigen Pfad und setzten ihren Spaziergang fort.

Emily wohnte in einer friedlichen Umgebung und hatte an Samstagen wie diesen, und auch an Sonntagen, frei. An diesen Tagen nutzte sie immer ihre gesamte Freizeit, um mit Hiroki und Luna verschiedene Dinge zu unternehmen.

Es dauerte nicht lange, bis sie beim Park ankamen. Zu dieser Zeit des Herbstes lagen unglaublich viele bunte Blätter auf dem Boden und der Wind ließ sie wie zur Feier des Tages tanzen.

„Emily?“, fragte Hiroki und sie blickte ihn schweigend an. „Du träumst doch schon wieder, meine Süße.“

Ein wenig ertappt blinzelte sie und entgegnete liebevoll: „Aber nein.“

„Warum hast du Luna dann noch nicht von der Leine gelassen?“ Luna begann mit dem Schwanz zu wedeln.

„Hoppla“, sagte Emily und ging in die Hocke. Sie ließ die Hündin von der Leine. Das Tier lief plötzlich, wie von der Tarantel gestochen, irgendwo in den großen und friedlichen Park hinein. Sie verschwand aus ihrem Sichtfeld und Emily wusste, dass sie sich keine Sorgen machen musste, da sie immer wieder zurückkehrte.

„Du hast also doch geträumt“, stellte Hiroki fest und hielt ihr eine Hand entgegen.

Emily nahm die Hilfe an und stand auf. „Vielleicht von dir“, konterte sie glucksend und tippte ihm an die Brust.

Hiroki schüttelte seinen Kopf. „Du bist meine kleine Emily. Ganz allein meine.“

Sie blinzelte ihn ein wenig irritiert an, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen hakte sie sich wieder bei ihm ein.

„Gehen wir weiter.“

Emily nickte und war gerade in ein Gespräch mit ihm vertieft, als sie das Bellen eines Hundes ablenkte. Der Ursache folgend, blickten sie in die entsprechende Richtung. Luna spielte mit einem anderen Hund und hetzte davon, während ihr dieser folgte. Aber genau in diesem Moment blieb sie vor einer Gruppe von Männern stehen, die den Collie musterten. Emily konnte nicht viel erkennen, aber ihr behagte die Situation nicht. Auch Hiroki schien es nicht anders zu ergehen.

Als Luna dann wieder umdrehte und vor der Gruppe weglief, schien Emilys Freund anscheinend wieder beruhigt zu sein. „Keine Sorge. Die sind so harmlos wie eine Blume.“

Emily begann zu lachen und betrachtete ihn dabei verliebt.

„Was ist?“, wollte er wissen und sie schüttelte bloß den Kopf.

„Deine Vergleiche sind immer sehr amüsant, Hiroki.“

Unschuldig zuckte er mit den Schultern und ging voran. Sie folgte ihm, als er aber überstürzt wieder stehen blieb, sah sie irritiert auf. Er zeigte auf eine Parkbank. „Setzen wir uns.“

Emily tat wie ihr geheißen und er gesellte sich zu ihr.

„Wie lange sind wir jetzt schon zusammen?“, wollte er wissen.

Sie dachte nach und antwortete: „Seit meinem einundzwanzigsten Geburtstag.“

Hiroki beobachtete sie ganz genau. „Stimmt. Also drei Jahre. Damals war ich auch noch jung …“

„Was?“ Sie traute ihren Ohren nicht. „Du bist erst siebenundzwanzig, Hiroki! Du bist nicht alt!“

Er legte lachend einen Arm um sie und drückte sie fest an sich. Emily lehnte ihren Kopf an seine Brust und war, wie schon so oft, die sorgenloseste Frau der Welt. Sie fragte sich immer, wie das möglich war, aber sie liebte Hiroki mit jedem Tag mehr.

„Weißt du was?“, begann er und sie gab ein interessiertes „Hm?“ von sich.

Er ließ sie los und stand auf. Emily wusste zwar nicht was er tat, fragte aber auch nicht nach. Hiroki stellte sich nämlich direkt vor sie und griff in seine Jackentasche.

„Jetzt sind wir schon so lange zusammen und ich liebe dich mehr als am ersten Tag. Darum wollte ich …“, er zog eine kleine Schatulle aus seiner Tasche und kniete vor ihr nieder, „dich fragen, ob du mich heiraten willst.“ Er senkte seinen Blick und sein Haar fiel ihm leicht ins Gesicht. Dabei hielt er ihr die offene Schatulle entgegen. Ein funkelnder Ring kam zum Vorschein und Emilys Herz klopfte schneller.

Sie blickte vollkommen überrascht zu Hiroki und dem Ring und konnte ihr Glück kaum fassen. Erst ihre angekündigte Beförderung und nun das hier! Ihr kamen Tränen der Freude, als sie erwiderte: „Nichts lieber als das, Hiroki!“

Er sah zu ihr hoch und strahlte wie ein kleiner Schuljunge. Danach stand er auf und Emily fiel ihm wieder um den Hals.

„Dann passt es doch!“ Strahlend setzte er sich wieder neben sie und steckte ihr den silbernen Ring an den Finger.

Emily begutachtete ihn erfreut. „Du bist einfach unglaublich.“

„Ist doch klar!“ Hiroki streichelte sie nach diesen Worten sanft am Kinn und küsste sie, doch wieder erschreckte sie das Bellen von Luna. Beide blickten auf, während Hiroki gleichzeitig die leere Schatulle zurück in seine Tasche steckte. Luna lief diesmal allein durch den Park und steuerte genau auf sie zu. Die Männer von zuvor waren jedoch verschwunden.

Hechelnd kam die Hündin zum Stehen und blickte zu Emily auf. Sie streichelte den Hund und fragte besorgt: „Was ist denn los? Alles in Ordnung mit dir, meine Kleine?“

Luna konnte zwar nicht antworten, aber ihre runden Hundeaugen sprühten Funken, die beinahe so wirkten, als plagte sie großes Unbehagen. „Wovor fürchtet sie sich denn so?“, fragte Emily zaghaft und wandte sich Hilfe suchend an Hiroki. Er zuckte mit den Schultern und verzog sein Gesicht zu einem ernsten Ausdruck.

Genau in diesem Moment erklang das Geheul eines anderen Hundes und Luna drehte sich aufmerksam um. Sie warf Hiroki einen Blick zu und verschwand danach so schnell wieder, wie sie gekommen war. Emily verstand nun gar nichts mehr. „Wollte sie uns warnen?“

„Aber wovor?“, fragte er und sie wusste keine Antwort darauf. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus und sie konnte den Gedanken nicht ganz unterdrücken, auf ihren Hund zu hören.

„Mach dir keine Sorgen.“ Er legte ihr seine Hand auf die Schulter und stand auf. „Lass uns einfach weitergehen.“

Sie nickte nicht minder beunruhigt und hakte sich wieder bei ihm unter, danach schritten sie weiter durch den Park.

Es vergingen etliche Minuten, die Emily damit verbrachte, die Gesellschaft von Hiroki zu genießen und über ihr Leben nachzudenken. Sie war über alle Maßen glücklich und freute sich so sehr, dass sie die Sorgen ihrer Eltern gerade am heutigen Tag nicht verstehen konnte. Emily verscheuchte diese unangenehmen Gedanken wieder, blickte auf und nahm eine Gruppe von sieben Männern wahr, die schwarze Mäntel und gleichfarbige Hüte trugen. Es waren jene von zuvor und sie spürte, wie sich ihr Magen krampfhaft zusammenzog. Sie wirkten aus der Nähe noch gefährlicher als aus der Ferne. Emily bemerkte, wie Hiroki seine Muskeln anspannte. Sie schmiegte sich enger und ein wenig ängstlich an ihn. In diesem Moment wusste sie nicht, weshalb sie so empfand.

Einer der Gruppe blickte auf und starrte sie direkt an. „Na, Kleine? Warum gibst du dich denn mit so einem Spießer ab?“, fragte der Fremde und blondes Haar kam unter seinem Hut zum Vorschein.

Emily ignorierte ihn. Hiroki wollte bereits etwas entgegnen, doch sie griff ihm an die Brust, um ihn zu beruhigen. „Nicht. Bitte.“

Die Gruppe passierte sie, blieb aber direkt hinter ihnen wieder stehen. Der Mann mit den blonden Haaren war jedoch direkt neben Emily verharrt. „Komm doch zu uns. Mit uns hättest du bestimmt mehr Spaß als mit diesem feigen Schweigenden.“

Das war zu viel des Guten. Hiroki riss sich los und trat vor sie.

„Nicht!“, fiepte sie ängstlich und hielt ihn an einem Arm zurück. „Nicht, Hiroki! Ich bitte dich …“, flehte sie regelrecht, aber er hörte ihr nicht zu.

Eine Ader trat an seiner Stirn hervor und er bebte vor Zorn. „Lasst sie in Ruhe! Ist das klar?“, knurrte er und der Fremde begann zu lachen.

Seine Stimme war voller Hohn. „Seht mal. Das Baby droht uns.“ Die Gruppe begann auf seine Worte hin zu lachen und er wandte sich wieder an Emily und Hiroki.

„Haltet eure verdammte Fresse! Wenn ihr Hand an Emily legt, bring ich euch um!“, schrie Hiroki außer sich.

Emilys Herz machte einen Satz. „Nicht, Hiroki! Bitte … Lass uns gehen“, flehte sie voller Verzweiflung, doch ihr Freund ignorierte sie weiterhin.

„O, Hiroki also? Du solltest auf deine kleine Freundin hören, asiatischer Bastard.“

Emily schielte ängstlich zu Boden. Sie zog an Hirokis Arm und wiederholte ihre Bitte: „Lass uns gehen.“

Der Fremde warf ihr einen längeren Blick zu, ehe er anschließend wieder zu Hiroki schaute. Der allerdings drehte sich zu Emilys Überraschung um und ging mit ihr zusammen weiter. Dabei zischte er wütend: „Du hast recht. Dieses Affenpack ist es nicht wert.“

„Was?“, bellte einer hinter ihnen und Emily warf einen Blick zurück. Der Blonde sah zornig aus und hielt auf sie zu. Es passte ihm wohl nicht, dass jemand nicht auf sein provokantes Verhalten einging.

„Komm, Hiroki!“, wimmerte Emily. Er blieb ruhig.

Dann passierte alles so schnell, dass sie der Situation nicht vollkommen gewahr wurde: Der Blonde packte ihren Freund am Handgelenk und riss ihn herum. In dieser Drehung hatte Hiroki auch schon seine Finger zu einer Faust geballt und donnerte sie dem fremden Mann ins Gesicht. Dieser reagierte aber und schlug Hiroki in den Magen.

Emily stolperte zurück und hielt sich entsetzt eine Hand vor den Mund. „Nicht! Bitte hört auf!“, flehte sie. Zwei der Gruppe kamen auf sie zu. Sie blieben vor ihr stehen, während sich Hiroki mit dem Blonden schlug. Noch nie hatte sie solche Aggression bei ihrem Freund gesehen. Es war irgendwie anders als sonst. Als Hiroki die Annäherung der beiden Männer bemerkte, schrie er wütend: „Wenn ihr sie auch nur einmal anfasst, dann breche ich euch eure widerlichen Finger!“

Er wollte zu ihr eilen und ihr helfen, der Blonde war jedoch weitaus schneller als angenommen und packte ihn an den Haaren. „Träum weiter.“ Er riss grob an Hirokis schwarzer Mähne und zwei weitere Männer kamen ihm zur Hilfe. Sie gingen nun zu dritt auf Hiroki los.

Emily schossen Tränen in die Augen und die beiden vor ihr blickten sie ausdruckslos an. „Na? Gefällt es dir, wenn dein kleiner Freund dich beschützt?“ Sie deuteten demonstrativ auf Hiroki. Ihr Freund lag bereits auf dem Boden und sie traten rücksichtslos auf ihn ein.

„Hiroki!“, kreischte sie und wollte ihm zur Hilfe eilen, wurde aber am Oberarm gepackt und brutal herumgerissen.

„Denk nicht einmal darüber nach“, drohte er und sie erstarrte. Auch ihm hingen seine Haare, die von einem dunklen Rot waren, unter dem Hut ins Gesicht.

„Warum tut ihr das?“, versuchte sie in Erfahrung zu bringen.

„Zum Spaß. Wir haben gerade Lust darauf. Hast du etwas dagegen? Außerdem gefällst du einem von uns ganz besonders.“

„Aber das ist noch lange kein Grund! Ihr seid solche …“ Noch ehe Emily zu Ende sprechen konnte, erklang ein bösartiges Knurren und der Rothaarige wurde vor ihr zu Boden gerissen. Luna stand auf ihm und biss in seinen Arm, den er schützend vor sein Gesicht hielt. Emily nutzte diese Gelegenheit und wich zurück. Der zweite Mann allerdings, der immer noch neben ihr stand, eilte seinem Freund zur Hilfe. Aber auch diesen fiel Luna zähnefletschend und knurrend an.

„Um Himmels willen …“, keuchte Emily und lief zu Hiroki, der blutend am Boden lag und sich nicht mehr bewegte. Seine Peiniger hatten - Emily bekam lediglich alles am Rande ihres Wahrnehmungsfeldes mit - nach Lunas Angriff von ihm abgelassen. In diesem Moment, als sie bereits auf dem Weg zu Hiroki war, wandte der Blonde sich von der Truppe ab, befahl den restlichen Kerlen, bei dem lädierten Mann zu bleiben, und hielt auf Emily zu. Sie versuchte auszuweichen, musste sich aber eingestehen, dass es vergebens war. Denn der Blonde bemerkte ihr Vorhaben, schon lange bevor sie es überhaupt versuchte, lief auf sie zu und ergriff ihre beiden Handgelenke. Er ließ eine Hand los und packte sie am Hals. Danach presste er sie an einen Baum. Er drückte nur leicht zu und tat ihr dabei kaum weh, zwang sie jedoch in sein Gesicht zu blicken.

„Was willst du nun tun?“, fragte er brummend.

„Gegenfrage“, zitterte ihre Stimme und seine stahlblauen Augen bohrten sich in ihre. Er näherte sich ihrem Gesicht und sie schluckte aufgeregt.

Er entgegnete todernst: „Eine schöne Frau an mich bringen, sie zur Vernunft zwingen und sie in meinen rechtmäßigen Besitz befördern, das will ich.“

Sie traute ihren Ohren nicht und sah, als ein lautes und schmerzerfülltes Quietschen erklang, an ihm vorbei. Luna lag auf dem Boden und winselte wehklagend. Die anderen Männer schlugen auf den Hund ein. Sie traten das Tier und in Emily verkrampfte sich alles.

„Luna!“, begann sie erstickt zu kreischen und versuchte den Fremden von sich zu drücken. Dieser aber lächelte nur siegessicher. Sie hob ihr Knie an und manövrierte es zwischen seine Beine. Er keuchte daraufhin schmerzerfüllt auf und ließ sie los. Diese Gelegenheit ließ sich Emily nicht entgehen, denn sie stieß ihn rücksichtslos beiseite und eilte ihrem Hund sofort zur Hilfe.

„Haltet sie auf!“, schrie der Blonde.

Emily schlug einen Haken zu Hiroki. Ihr Freund lag immer noch blutend auf dem Boden und atmete schwer. Außer sich ließ sie sich zu ihm in die Hocke fallen und ertastete seinen Puls. „Hiroki … Hiroki, komm schon.“

Auch als sie ihn rüttelte, offenbarte sich keine Wirkung. Im nächsten Moment wurde sie an ihren Oberarmen gepackt und hochgezerrt. Emily trat erschrocken um sich und wurde von einem weiteren Mann, diesmal an den Beinen, gepackt.

„Hiroki!“, schrie sie ängstlich auf und begann die Fremden zu kratzen, wo auch immer sie die Übeltäter erwischte. Die Männer nahmen das allerdings nicht so einfach hin, denn einer von ihnen verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. Emily ließ sich das nicht gefallen und wehrte sich weiterhin.

Plötzlich spürte sie einen harten Schlag gegen ihren Kopf und ihr Blickfeld erlosch. Sie spürte nur noch, wie warme Flüssigkeit über ihr Gesicht lief und hörte wie einer der Männer, vermutlich der Blonde, Folgendes fragte: „Woher hast du das Schlageisen?“

Ihr Körper erschlaffte und dann erklang erneut die Stimme des Blonden, der zornig schrie: „So habe ich das nicht gemeint!“

Dann war es vorbei. Sie schwebte in beruhigende Bewusstlosigkeit und vergaß alles um sich herum.

Kapitel 2

Dumpfer Schmerz erfüllte ihren Kopf. Als Emily ihre Augen öffnete, befand sie sich in einem hellen Raum. Alles um sie herum war weiß, blendete und brachte sie zum Blinzeln. Sie hörte ein rhythmisches Signal, welches einem Herzschlag ähnelte und als sie nach der Ursache dafür suchte, erkannte sie, wo sie sich eigentlich befand. Sie lag direkt in einem Hospital und neben ihr befand sich ein Mann, der zu schlafen schien. Es handelte sich um einen Asiaten.

Emily blickte sich um. Sie griff sich an ihren Kopf und fühlte, dass er verbunden war. Aber genau in dem Moment, als sie aufstehen wollte, läutete etwas mit der bekannten Indiana Jones-Titelmelodie neben ihr. Das Mobiltelefon vibrierte an ihrem Nachttisch.

Unbeholfen blickte sie auf das Display, nahm das Handy in die Hand und den Anruf entgegen. Eine aufgeregte Stimme erklang: „Emily? Emily? Geht es dir gut?“

Emily verzog das Gesicht, spürte das dumpfe Klopfen in ihrem Kopf und war ein wenig verstimmt. „Wer zum Teufel bist du?“, fragte sie genervt und die Frauenstimme am anderen Ende verstummte augenblicklich. Warum zum Teufel, sollte sie sich eher fragen, hatte sie den Anruf überhaupt entgegengenommen?

„Ich bin es! Deine beste Freundin! Trisha. Lass diesen unlustigen Scherz. Ich habe von dem Überfall gehört. Ist alles in Ordnung?“

Emily riss der Geduldsfaden, aber es musste sich augenscheinlich um ihr Handy handeln. Sonst wäre ihre Gesprächspartnerin wohl kaum so aufgeregt über ihren Krankenhausaufenthalt. „Welcher Überfall? Und was redest du? Tut mir leid, ich weiß nicht, wer du bist.“ Damit war es für sie erledigt. Sie beendete das Gespräch und warf ihr Handy auf den Tisch. In diesem Augenblick erwachte der Mann neben ihr. Er hatte etliche Verletzungen im Gesicht, die verarztet worden waren, und auch sonst verunzierten vielerlei Verbände seinen Körper.

„Emily!“, keuchte er erleichtert und musterte sie besorgt.

„Was willst du?“, fragte sie und ihm schlief augenblicklich das Gesicht ein.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Ich glaube nicht, dass dich das etwas angehen dürfte. Wer bist du eigentlich?“

Wenn es eine Steigerung von Gesichteinschlafen gab, dann trat sie jetzt bei ihm ein. „Ich bin es doch. Hiroki!“ Er schüttelte fassungslos seinen Kopf und verzog danach schmerzerfüllt das Gesicht. „Emily, was ist mit dir los?“

Sie blinzelte ihn teilnahmslos an. „Soll ich etwa Emily sein?“, fragte sie.

Eine andere Stimme gab ihr die Antwort, auf die sie wartete: „Emily McDawn.“

Sie wandte sich um und erschrak darüber, dass sie nicht bemerkt hatte, dass der Arzt im Türrahmen erschienen war und sie beobachtete. Er trat vollends ein und blieb vor ihr stehen. „Ihre Familie ist kurz vor Ihrem Erwachen nach Hause gefahren. Sie haben Ihren Hund mitgenommen. Er ist außer Gefahr und hat bereits einen erforderlichen Tierarztbesuch hinter sich.“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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