Moon & Midnight − Ein BISSchen Magie schadet nie - Katy Birchall - E-Book

Moon & Midnight − Ein BISSchen Magie schadet nie E-Book

Katy Birchall

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Beschreibung

Moon und Midnight sorgen für allerbeste Unterhaltung – mit Magie, Witz, Slapstick und einem ordentlichen Schuss Blut(orangensaft)Maggie Moon stammt aus einer Vampirjägerfamilie, aber das hindert sie nicht daran, mit dem (vegetarischen!) Vampirmädchen Theodora Midnight befreundet zu sein. Theodoras Zuhause, Skeleton Castle, ist für normale Menschen unsichtbar, ein magischer Zauber verbirgt das Schloss vor allzu neugierigen Blicken. Doch der Schutzzauber wird auf mysteriöse Weise schwächer, und Theodora gerät in Gefahr! Als ein Monsterjäger in die Stadt kommt, um allem Übernatürlichen ein Ende zu setzen, müssen die Freundinnen handeln, um das einzig wirksame Gegenmittel zu beschaffen: Draculas Ring!- Der zweite Band der neuen »bissigen« Mädchenbuch-Dilogie von Erfolgsautorin Katy Birchall (»Emma Charming«)- Perfekt für alle Fans von lustigen Gruselgeschichten- Ideales Geschenk für Halloween und spannende Lektüre für die Herbstferien- Witzig, originell und voller Magie- Mit lustigen Vignetten von Alexandra Helm

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Seitenzahl: 340

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Ähnliche


Katy Birchall

Moon & Midnight

Ein BISSchen Magie schadet nie

Band zwei

 

Aus dem Englischen von Verena Kilchling

 

Mit Vignetten von Alexandra Helm

Über dieses Buch

 

 

Diese Freundschaft ist »zahntastisch«!

 

Maggie Moon stammt aus einer Vampirjägerfamilie, aber das hindert sie nicht daran, mit dem (vegetarischen!) Vampirmädchen Theodora Midnight befreundet zu sein. Theodoras Zuhause, Skeleton Castle, ist für normale Menschen unsichtbar, ein magischer Zauber verbirgt das Schloss vor allzu neugierigen Blicken. Doch der Schutzzauber wird auf mysteriöse Weise schwächer, und Theodora gerät in Gefahr! Als ein Monsterjäger in die Stadt kommt, um allem Übernatürlichen ein Ende zu setzen, müssen die Freundinnen handeln, um das einzig wirksame Gegenmittel zu beschaffen: Draculas Ring!

 

Der zweite Band der neuen »bissigen« Mädchenbuch-Dilogie von Erfolgsautorin Katy Birchall (»Emma Charming«) – zum Gruseliglachen!

 

Alle Bände über Moon & Midnight:

Band 1: Die beste Freundin beißt man nicht

Band 2: Ein BISSchen Magie schadet nie

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Katy Birchall lebt nach einem Studium der Englischen Literatur- und Sprachwissenschaft wieder in ihrem Geburtsort London, England, und ist als Schriftstellerin und freiberufliche Journalistin tätig. Nach ihrem erfolgreichen Jugendbuchdebüt Plötzlich It-Girl bewies sie mit der Dilogie über Emma Charming, dass sie auch den Ton für etwas jüngere Leser*innen perfekt trifft. Katy Birchall liebt ihre drei Labradore abgöttisch, begeistert sich für Marvel-Comics ebenso wie für Jane-Austen-Romane und würde zu gerne einmal als Elfe die magische Welt aus Der Herr der Ringe hautnah erleben.

Inhalt

[Widmung]

Prolog

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Epilog

Dank

Für alle, die schon mal das Gefühl hatten, nicht dazuzugehören. Dieses Buch ist für euch.

Prolog

Im Schutz der Dunkelheit schleicht eine Gestalt auf die Skeleton Woods zu.

Ein Zweig knackt unter ihrem Fuß, und sie bleibt stehen und wagt kaum zu atmen. Das Einzige, was zu hören ist, ist das Plätschern eines Bachs, der am Waldrand entlangfließt. Sonst ist alles still.

Grimmwolf setzt sich wieder in Bewegung. Er ist groß und breitschultrig, mit dunklen, zottigen Haaren und einem struppigen, üppig wuchernden Bart. Normalerweise ist er nicht zu übersehen, aber hier fühlt er sich sicher, denn er weiß: Es ist meilenweit niemand in der Nähe, bis auf die Bewohner einer kleinen windschiefen Villa am Waldrand.

Doch es brennen keine Lichter in den Fenstern dieser Villa, und er geht davon aus, dass die Familie schon schläft. Es ist fast Mitternacht. Der Mond scheint hell vom klaren Himmel und verleiht den Bäumen einen matten, silbrigen Schimmer. Es ist Anfang Januar, und Grimmwolf trägt trotz der eiskalten Winterluft nur ein T-Shirt.

Er spürt die Kälte nicht.

Als er die ersten Bäume erreicht, kauert er sich langsam auf den Boden, und seine auffälligen eisblauen Augen blicken wachsam umher, halten Ausschau nach allem, was in der Dunkelheit lauern könnte. Erleichtert darüber, es unbemerkt zum Wald geschafft zu haben, schöpft er Atem, saugt genüsslich die kühle Nachtluft ein. Seine Gedanken sind bei dem, was sich jenseits dieser Bäume befindet.

Skeleton Castle.

Seit Jahrhunderten waren die Geheimnisse dieses rätselhaften Schlosses sicher im Wald verborgen, aber es geht das Gerücht um, dass sich daran etwas geändert hat. Der Wald ist nicht mehr das, was er einst war. Es wird gemunkelt, die hinter den Burgmauern eingeschlossenen Schätze – streng bewacht von den Untoten, die dort leben – wären nicht mehr so unerreichbar, wie sie es einmal waren.

Grimmwolf ist von weither gekommen, um zu erfahren, ob die Gerüchte stimmen.

Vorsichtig streckt er die Hand aus.

Seine Fingerspitzen streichen über die Rinde des Baums, der sich vor ihm erhebt.

Als nichts passiert, richtet er sich zu seiner vollen Größe auf und presst die Hand fest gegen den Stamm.

Niemand erscheint.

Er spürt etwas, eine Art Energie, die von den Bäumen ausgeht und ihm befiehlt, kehrtzumachen und diesen Ort zu verlassen. Aber es ist eine schwache Energie. Und sie versetzt ihn nicht in einen Trancezustand, der ihn panisch die Flucht ergreifen lässt, wie es laut den uralten Geschichten mit allen passiert, die es wagen, sich dem Wald zu nähern. Der Schutzzauber existiert noch, ist jedoch deutlich abgeschwächt.

Und er wird nicht mehr lange Bestand haben.

Ein Lächeln umspielt Grimmwolfs Lippen, und er entblößt seine ungewöhnlich langen, spitzen Zähne. Er muss zu seiner Familie zurück, um ihr die frohe Botschaft zu verkünden. Nachdem er dem Wald den Rücken gekehrt hat, beginnt er zu rennen.

Während er sich immer weiter von den Bäumen entfernt, fangen an seinem Körper die Haare an zu sprießen, bis er von Kopf bis Fuß mit dichtem, dunklem Fell bedeckt ist. Seine Hände und Füße werden zu gewaltigen Pfoten, und seine Fingernägel wachsen zu rasiermesserscharfen Krallen heran. Seine Ohren werden lang und spitz, und sein Kopf verwandelt sich in den eines großen Wolfs, mit langen Tasthaaren und glänzend weißen Reißzähnen.

Der Werwolf bleibt am Rand der Wiese stehen, legt den Kopf in den Nacken und heult laut zum hell leuchtenden Mond hinauf, bevor er in der Dunkelheit verschwindet.

Es ist Zeit, hinter die Geheimnisse von Skeleton Castle zu kommen.

Kapitel eins

»VAMPIRANGRIFF!«

Ein Vampirmädchen springt hinter dem Baum hervor, und ihr schwarzer Umhang mit dem hohen, spitzen Kragen wogt hinter ihr her. Im selben Moment stößt eine kleine Fledermaus mit riesigen Ohren aus den Ästen herab und umflattert ihren Kopf. Im trüben Abendlicht erkenne ich die langen, silbernen Haare des Vampirmädchens, ihre gefährlich spitzen Eckzähne und ihre funkelnden blutroten Augen.

Ich zucke dennoch nicht mit der Wimper, sondern verschränke nur die Arme und seufze. »Theodora, du hast es schon wieder getan.«

Das Vampirmädchen zögert, ein unsicherer Ausdruck huscht über ihr Gesicht. »Was? Habe ich es falsch gemacht, Maggie?«

»Ja«, antworte ich. »Ich hab dir doch lang und breit erklärt, wie man Verstecken spielt: Die eine Person versteckt sich, wie der Name schon sagt, und die andere sucht. Man springt nicht vorher schon raus, brüllt VAMPIRANGRIFF! und gibt sein Versteck preis.«

»Oh.« Sie lässt sich enttäuscht auf den Boden plumpsen und lehnt sich mit dem Rücken gegen den Baum, während ihre Fledermaus Segelohr auf ihrer rechten Schulter landet und missmutig die Flügel zusammenfaltet. »Das ist echt ein komisches Menschenspiel. Ich verstehe nicht, wie euch das Spaß machen kann, herumzusitzen und zu warten, bis ihr gefunden werdet! Meine Version ist viel besser, finde ich.«

Segelohr piepst zustimmend.

»Ich glaube, da würden dir die meisten Menschen widersprechen. Die finden Vampirangriffe nämlich nicht besonders spaßig«, merke ich an.

»Da könntest du recht haben«, sagt sie mit einem Nicken. »Es haben schließlich nicht alle Menschen einen Vampir als beste Freundin, so wie du.«

Ich grinse sie an. »Stimmt.«

Auch ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass ich mal mit einem Vampirmädchen befreundet sein würde. Als ich mit meinen Eltern vor ein paar Monaten nach Ghoston gezogen bin, habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, Freunde zu finden, geschweige denn solche, die eigentlich – so dachte ich jedenfalls – nur in Gruselgeschichten existieren.

An meiner früheren Londoner Schule war ich die totale Außenseiterin. Das lag hauptsächlich an einem klitzekleinen Vorfall bei einer Übernachtungsparty: Ich hatte darauf bestanden, dass wir einen Horrorfilm anschauten, der alle zum Heulen brachte und wochenlang für Albträume sorgte. Seither hielten mich die anderen für einen Freak, der behauptete, noch nie Albträume gehabt zu haben, und auf unheimliche Geschichten, Monster und Halloween abfuhr.

Ich bekomme tatsächlich keine Albträume – ehrlich nicht. Und dass ich auf Gruselgeschichten, Monster und Halloween stehe, stimmt auch. Es gab also nichts, was ich dem Gerede entgegensetzen konnte.

Aber dann starb mein Großonkel Bram, den ich nie persönlich kennengelernt hatte, und hinterließ meinen Eltern seine alte schiefe Villa am Rand der Skeleton Woods in Ghoston. Mum und Dad hatten sich immer schon gewünscht, auf dem Land zu leben, also packten wir sofort unsere Siebensachen zusammen und zogen ein. Ich freute mich einerseits, weil das bedeutete, dass ich meine alte Schule hinter mir lassen konnte, und hatte andererseits Angst, weil ich nun auf eine neue musste.

Wenn ich heute daran zurückdenke, wie nervös ich vor meinem ersten Tag an der Ghoston School war, kommt mir das total absurd vor, denn ich könnte mir inzwischen keine tollere Schule mehr vorstellen. Meine zwei besten Freunde auf der ganzen Welt (von meiner Vampirfreundin abgesehen) haben es geschafft, dass ich mich sofort willkommen gefühlt habe: Ari und Miles.

Keiner der beiden fand mich seltsam, weil ich mich für Gruselgeschichten interessierte – ganz im Gegenteil. Ich sei in genau die richtige Stadt gezogen, teilten sie mir aufgeregt mit. Ghoston habe nämlich eine RICHTIG gruselige Vergangenheit, was hauptsächlich mit den Skeleton Woods zu tun habe. Dort sei der Zutritt seit Jahrhunderten verboten. Warum? Weil niemand, der den Wald betrete, je wieder lebend zurückkehre …

Nachdem ich das gehört hatte, wollte ich natürlich sofort selbst herausfinden, ob das stimmte.

Kann schon sein, dass das eine ziemlich seltsame Reaktion ist, aber im Gegensatz zu allen andere Bewohnern Ghostons habe ich nun mal keine Angst vor den Skeleton Woods. Ich fühlte mich von Anfang an magisch angezogen von diesem Wald, trotz all der Geschichten über Gespenster, Monster und Vampire, die sich um ihn rankten. Ich schaffte es sogar, Ari und Miles zum Mitkommen zu überreden, was keine einfache Aufgabe war – vor allem nicht bei Miles.

Die beiden haben ihr ganzes bisheriges Leben in Ghoston verbracht und sind mit den Anekdoten über den Wald und darüber, was mit Leuten passiert, die ihn zu betreten wagen, aufgewachsen. Vor allem Miles nahm das alles furchtbar ernst. Irgendwann erklärte er sich dann aber doch bereit, und wir schmiedeten gemeinsam den Plan, uns in den Wald zu schleichen und nach dem geheimnisumwobenen Skeleton Castle zu suchen. Schon der Anfang unseres Ausflugs war nervenaufreibend, das gebe ich zu, weil überall um den Wald herum Schilder standen, die mein Großonkel Bram aufgestellt hatte. Darauf waren Warnungen zu lesen wie die folgende:

SKELETON WOODS

HÖCHSTE GEFAHR

SOFORT UMKEHREN!

Aber ich war fest entschlossen, weiterzugehen, auch dann noch, als Ari und Miles schon nach den ersten Schritten im Wald Panik bekamen und die Flucht ergriffen. Unbeirrt setzte ich meinen Weg durch die Bäume fort, deren Kronen so dicht waren, dass kaum Sonnenlicht durch die Zweige drang. Dann erreichte ich tatsächlich Skeleton Castle.

Es war der Moment, der mein Leben für immer veränderte.

Natürlich hatte ich gehofft, dass es dieses Schloss wirklich gab, hatte mir ausgemalt, dort irgendwelche coolen alten Gegenstände zu finden, einen Kerzenleuchter oder so was. Nicht mal in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir vorstellen können, was mich stattdessen dort erwartete: eine ganze Vampirkolonie, die sich in dem alten Gemäuer häuslich eingerichtet hatte!

Ja, ich weiß. Für mich war es auch ein ziemlicher Schock.

Zum Glück war der erste Vampir, dem ich über den Weg lief, Theodora Midnight, ein VEGETARISCHES Vampirmädchen, das sich von Rote-Bete-Saft ernährte. Wenn ich nicht zuerst sie kennengelernt hätte, sondern stattdessen, sagen wir mal, auf Graf Blutrunst gestoßen wäre, den gruseligen Obervampir, oder auf einen von Theodoras Vampirfreunden, zum Beispiel Adalbert, Luna, Mecki oder Kralle, hätte alles ganz anders ausgehen können.

Aber ich hatte wie gesagt das Glück, auf Theodora zu stoßen, und nachdem wir uns ein paar Mal heimlich getroffen hatten, wurden wir Freundinnen. Wir waren total fasziniert voneinander. Ich wollte alles über die Welt der Vampire erfahren, und sie interessierte sich brennend für alles Menschliche. Ich zeigte ihr Dinge, von denen sie noch nie gehört hatte: Musik, Romane, Handys und Tomatenketchup. Sie wiederum unterhielt mich mit geradezu unglaublichen Fakten über Vampire. Ich erfuhr, dass sie Superkräfte besitzen, Unterricht in Fächern wie Umhang-Herumwirbeln bekommen und jeweils eine Fledermaus haben, die sie auf Schritt und Tritt begleitet.

Graf Blutrunst hat sogar gleich mehrere Fledermäuse, die er nach Lust und Laune herumkommandieren kann. Er ist sozusagen ihr Oberbefehlshaber.

Cool, oder? Wenn du mal eine Fledermaus über den Nachthimmel flattern siehst, überbringt sie wahrscheinlich gerade eine Botschaft für ihn.

Theodora konnte mir erklären, warum Ari und Miles wie in Trance aus dem Wald geflüchtet waren: Vor langer Zeit hatte eine Hexe den Vampiren dabei geholfen, den Wald mit einem Zauber zu versehen, der seither das Schloss beschützte und dafür sorgte, dass alle, die dort nicht hingehörten, dem Wald fernblieben. Auf diese Weise waren die Menschen sicher vor den Vampiren, und die Vampire wiederum konnten ungestört in ihrem Schloss hausen. Was wir uns beide nicht erklären konnten, war, warum der Zauber nicht auch mich zum Umkehren gezwungen hatte.

Es waren meine Eltern, die mir schließlich verrieten, woran das lag.

Wie sich herausstellte, gibt es einen guten Grund dafür, dass ich mich derart von den Skeleton Woods angezogen fühle, keine Albträume bekomme und immun gegen den Schutzzauber bin.

Ich stamme einer Familie von Vampirjägern ab.

Kein Witz.

Und zwar nicht irgendeiner Familie, sondern der Familie Moon.

Das ist mein Nachname: Moon. Für mich war es immer nur ein ganz normaler Name, aber anscheinend sind aus meiner Familie die besten Vampirjäger ALLER ZEITEN hervorgegangen. Und zwar WELTWEIT! Bei den Moons gibt es in jeder Generation einen wahren Vampirjäger, und dieser Auserwählte schreibt sein Wissen und seine Erfahrungen in ein Buch, das er an den jeweils nächsten Vampirjäger weitergibt. Mein Großonkel Bram hinterließ es meinen Eltern. Es heißt:

Wie man ein Vampirjäger wird

Und jetzt ratet mal, wer sich als Nachfolger von Großonkel Bram herausgestellt hat.

Ich.

Nicht etwa mein Dad. Nein, ich. Maggie Moon.

Das nenne ich mal eine überraschende Entwicklung. Die unscheinbare, langweilige Maggie. Eine Vampirjägerin! Dabei habe ich vorher noch nie irgendwas Aufregendes getan in meinem Leben, geschweige denn, Vampire gejagt und GETÖTET! Ich bin schließlich erst elf!

Zumal es da natürlich noch das kleine Problemchen gab, dass ich rein zufällig ein VAMPIRMÄDCHEN ALS BESTE FREUNDIN hatte!

Mein Leben in Ghoston war also schon kompliziert genug, aber dann kam der Bürgermeister ins Spiel, und alles wurde noch VIEL schlimmer. Bürgermeister Bloomingdale – oder Blumenkohl, wie ihn alle nannten – versuchte, sich die Skeleton Woods unter den Nagel zu reißen, die Bäume abzuholzen und auf dem Gelände einen privaten Golfplatz zu errichten. Ich war fest entschlossen, das nicht zuzulassen, genau wie Ari und Miles. Zu dem Zeitpunkt waren auch die beiden längst mit Theodora befreundet, und wir wollten auf keinen Fall, dass sie ihr Zuhause verliert.

Bürgermeister Blumenkohl – Verzeihung, Bloomingdale – gab sich alle Mühe, die Bewohner Ghostons von der Gefährlichkeit der Vampire in den Skeleton Woods zu überzeugen, und er hätte es fast geschafft, seinen Willen durchzusetzen. Aber wir widersprachen ihm hartnäckig und versicherten den Leuten, die Vampire würden niemandem etwas tun. Sie ließen die Menschen schon seit URZEITEN in Ruhe, was daran lag, dass die Vampirjäger der Familie Moon und die Vampire von Skeleton Castle einst einen Pakt geschlossen hatten: Die Vampire durften im Schloss leben, das durch einen Zauber geschützt wurde, und sich von den Tieren des Waldes ernähren, während immer ein Mitglied der Familie Moon am Waldrand wohnte und dafür sorgte, dass die Vampire sich an den Pakt hielten und den Bewohnern Ghostons keine Gefahr drohte.

Erst durch Bürgermeister Bloomingdales Habgier wurde mir bewusst: Wir Moons sind nicht nur dazu da, die Menschen vor den Vampiren zu schützen, sondern müssen die Vampire auch vor den Menschen bewahren. Zusammen mit meinen Eltern und Freunden stellte ich mich diesem hinterhältigen, egoistischen Bürgermeister in den Weg, damit er den Wald nicht abholzen konnte.

Und dann geschah etwas Unglaubliches: Der Bürgermeister musste tatsächlich klein beigeben! Wir konnten die restlichen Bewohner auf unsere Seite ziehen, und er wurde aus der Stadt gejagt und ist nie wieder aufgetaucht. Den waren wir los. Er hatte sich selbst an erste Stelle gesetzt, statt im Sinne seiner Bürger zu handeln, hatte sich nur dafür interessiert, seinen Luxusgolfplatz zu bauen, den er auch noch ALLEIN nutzen wollte, ohne die Leute von Ghoston im Geringsten daran teilhaben zu lassen. Meine Eltern haben erzählt, sein einstiges Wohnhaus – das nicht weit von unserem entfernt liegt – sei schon an eine neue Familie vermietet. Ich hoffe, sie ist nett.

Aber eigentlich wäre JEDER besser als der fiese, griesgrämige Bürgermeister Blumenkohl.

In ein paar Wochen wird das neue Stadtoberhaupt gewählt. Ich drücke die Daumen, dass es jemand wird, der wirklich das Beste für Ghoston und seine Bewohner im Sinn hat.

Das Verrückteste an der Geschichte mit dem Bürgermeister und dem geretteten Wald ist, dass es die Menschen irgendwie geschafft haben, sich einzureden, sie hätten sich alles nur eingebildet. Obwohl sie selbst dabei waren und die glutroten Augenpaare der Vampire gesehen haben, die ihnen vom Waldrand entgegenleuchteten, während der Bürgermeister etwas von bösartigen übernatürlichen Wesen faselte, glauben sie bis heute nicht an ihre Existenz.

»Wie albern von uns zu denken, es wären Vampire!« Diesen Satz habe ich seither schon öfter gehört.

»Ich dachte kurzzeitig, es gäbe sie wirklich!«

»Wir sind dem Bürgermeister VOLL auf den Leim gegangen, als er meinte, im Wald würden Vampire hausen! Was haben wir uns nur dabei gedacht?«

»Wie schlau von den Schülern der Ghoston School, rote Lämpchen im Wald zu verteilen, damit es aussieht, als würden uns Vampiraugen entgegenstarren! Die Kinder haben unseren Wald vor dem Abholzen bewahrt! Das wunderbare geschichtliche Erbe von Ghoston ist unangetastet, und das haben wir ihnen zu verdanken. Um die Zukunft der Skeleton Woods müssen wir uns zum Glück keine Sorgen mehr machen!«

Total bescheuert. Aber irgendwie ist es auch ganz gut, dass die Leute glauben, die Vampire wären nicht echt gewesen. Je weniger Menschen von ihnen wissen, desto besser. So können Theodora und ihre Freunde weiterhin ungestört im Schloss leben. Außerdem bleibt so auch mein Geheimnis gewahrt. Ich glaube, ich fände es nicht so toll, wenn meine Mitmenschen wüssten, dass ich von einer Familie weltberühmter Vampirjäger abstamme.

Wahrscheinlich würden sie von mir erwarten, dass ich wie eine Superheldin durch die Luft wirbele und meinen Feinden Tritte verpasse oder so was.

Aber ich bin keine Vampirjägerin, wie die Leute sie sich vorstellen. Ich bin überhaupt keine Vampirjägerin. Eigentlich bin ich genau das Gegenteil: Eine Vampirbeschützerin.

Und diese Aufgabe macht mich sehr glücklich, auch wenn sie bedeutet, dass ich meine Abende damit verbringe, Theodora alles über die menschliche Kultur beizubringen, wozu natürlich auch Spiele gehören, deren Regeln sie leider KOMPLETT ignoriert.

»Sollen wir uns ein bisschen stärken und danach weiterspielen?«, fragt Theodora mit vor Vorfreude leuchtenden Augen.

»Ich hätte da ganz zufällig eine volle Flasche Ketchup in meinem Ruck…«

»ICH HOLE SIE!«, unterbricht sie mich und flitzt zu der Stelle, an der ich meinen Rucksack abgestellt habe. Bevor ich auch nur blinzeln konnte, ist sie schon wieder da.

An das hohe Tempo, mit dem Vampire sich fortbewegen, musste ich mich erst mal gewöhnen.

Sie gleiten so schnell über den Boden, dass man sie nur verschwommen wahrnimmt. Außerdem sind sie bärenstark, extrem gelenkig und haben so gute Ohren, dass sie es im Inneren des Schlosses hören, wenn sich jemand dem Waldrand nähert.

Mich hören sie hingegen nicht. Sie riechen mich auch nicht. Ich bin der einzige Mensch, der nicht diesen köstlichen Geruch besitzt, von dem sie gern sprechen, was ziemlich beunruhigend ist. Das scheint mit meinem Erbe als Vampirjägerin zu tun zu haben. Deshalb waren wir Moons seit jeher eine Bedrohung für die Vampire – weil wir die Einzigen sind, die sich unbemerkt an sie heranschleichen können.

Ich bezweifle, dass die Vampirjäger von früher dabei Theodoras Taktik angewendet und laut »MENSCHEN-ANGRIFF!« gebrüllt haben.

»Wird dir Ketchup nicht langsam langweilig?«, frage ich Theodora und sehe ihr dabei zu, wie sie das Zeug gierig direkt aus der Flasche trinkt.

»Wem könnte denn KETCHUP langweilig werden?«, fragt sie verwundert zurück und hält mir die Flasche hin. »Willst du auch was?«

»Nein, danke«, antworte ich und muss grinsen. »Ich esse Ketchup normalerweise nur als Beilage zu anderen Gerichten.«

»Dabei kann ich nur immer wieder betonen, wie lecker das Zeug ohne alles schmeckt – als Vorspeise, Hauptgericht und Dessert!«, versichert mir Theodora und schraubt die Flasche zu. »Okay, sollen wir noch eine Runde Verstocken spielen? Ich verspreche auch, dass ich mich diesmal an die Regeln halte. Gibt es bei diesem Spiel eigentlich auch Mannschaften und Turniere, so wie beim Knöchelball?«

»Es heißt Verstecken, nicht Verstocken«, verbessere ich sie kichernd. »Und nein, es gibt keine Mannschaften wie beim Fußball. Verstecken ist eher ein Kinderspiel als ein Sport. Der Wald ist übrigens der ideale Ort dafür.«

»Weil es hier so viele gute Verstecke gibt, oder? Wie der Baum, hinter dem ich vorhin war.«

»Genau.«

»Wenn ich nicht rausgesprungen wäre und VAMPIRANGRIFF! geschrien hätte, hättest du mich dann gefunden?«

»Na ja, als Vampirjägerin spüre ich es, wenn ein Vampir in der Nähe ist«, erkläre ich. »Es ist also eigentlich unfair, wenn ich mit dir spiele. Aber ein NORMALER Mensch hätte dich bestimmt nicht gefunden.«

»Und dann hätte ich gewonnen?«

»Ja.«

»Hm, verstehe.« Theodora hält inne und murmelt dann: »Ich finde trotzdem, dass meine Version mehr Spaß macht.«

»Weißt du was? Ich auch«, gestehe ich und beobachte, wie Segelohr auf ihrer Schulter die Augen schließt und einnickt. Irgendwann fällt er nach vorn und bleibt fest schlafend an ihrem Ärmel hängen, festgekrallt mit seinen kleinen Fledermausklauen. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. »Hey, Ari und Miles müssten schon unterwegs zum Waldrand sein. Wollen wir ihnen entgegengehen?«

»Ja! Ich kann ihnen Verstocken auf Vampirart beibringen«, verkündet Theodora aufgeregt.

»Super Idee. Miles wird begeistert sein«, antworte ich, wohl wissend, dass er vor Schreck in Ohnmacht fällt, wenn ihm von irgendwoher ein Vampir entgegenspringt. Obwohl er inzwischen mehrere Vampire persönlich kennt, stellen sich immer noch seine Nackenhaare auf, wenn er auch nur an etwas Gruseliges denkt.

Ich schnappe mir meinen Rucksack und bestehe darauf, dass Theodora die Ketchupflasche trägt, für den Fall, dass sie auf dem Weg noch einmal Hunger bekommt. Wir steuern auf eine Wiese am Waldrand zu, unseren üblichen abendlichen Treffpunkt. Dort wirkt der Schutzzauber des Waldes nicht mehr, was bedeutet, dass Ari und Miles auch dabei sein können. Wir treffen uns nur nach Sonnenuntergang, damit Theodora keine Angst haben muss, im Sonnenlicht zu Staub zu zerfallen.

Es ist wirklich kompliziert, wenn Menschen und Vampire zusammen Zeit verbringen wollen – man muss auf so vieles achten!

Theodora erzählt mir gerade, dass Graf Blutrunst seit Weihnachten total von Christbaumkugeln fasziniert ist, als mich plötzlich ein seltsames Gefühl überkommt.

Ich bleibe wie angewurzelt stehen.

»Was ist los?«, fragt Theodora und sieht mir forschend ins Gesicht.

»Ich … ich weiß es nicht.«

Ich sehe mich um und betrachte die umliegenden Bäume.

Alles ist still und friedlich, nirgendwo bewegt sich etwas.

»Irgendwas fühlt sich heute anders an«, sage ich und beiße mir auf die Lippe. »Als … als müssten wir uns vor etwas in Acht nehmen.«

Theodora hebt überrascht die Augenbrauen. »Schon vergessen, dass ich ein Vampir bin, Maggie? Ich höre alles, was im Umkreis passiert. Neulich hatten wir gerade Unterricht im Schloss – Graf Blutrunst hat uns einen stinklangweiligen Vortrag über die Geschichte des Speisekürbis gehalten – und haben mitbekommen, wie eine Art Hund bis zum Waldrand geschlichen kam und dort herumgeschnüffelt hat. Ich höre sogar, wie Miles und Ari auf ihren Fahrrädern in unsere Richtung rumpeln. Sie müssten jeden Moment da sein.«

»Ich höre gar nichts. Es ist eher ein Gefühl. Irgendetwas stimmt nicht, Theodora!«

Sie sieht mich verwirrt an. »Was meinst du?«

»Ach, egal. Wahrscheinlich ist es doch nichts. Lass uns weitergehen.«

Sie erzählt ihre Geschichte mit den Christbaumkugeln weiter, und ich versuche neben ihr zuzuhören und an den richtigen Stellen zu nicken. Aber hin und wieder sehe ich mich um, um herauszufinden, was sich plötzlich so anders anfühlt an den Skeleton Woods.

Was auch immer es ist, es jagt mir einen kalten Schauder über den Rücken.

Kapitel zwei

Ari lässt ihren Rucksack auf den Boden plumpsen und setzt sich mit wütend gerunzelter Stirn daneben.

»Du wirst nicht glauben, was vorhin passiert ist, Maggie!«, erzählt sie aufgebracht. »Ich musste schon WIEDER nachsitzen!«

Miles und ich sehen uns an. Es überrascht uns kein bisschen, dass unsere Freundin sich mal wieder Nachsitzen eingebrockt hat. Sie gerät öfter mit den Lehrern aneinander, weil sie so rebellisch und aufsässig ist. Dafür bewundere ich sie insgeheim zutiefst.

»Du hattest doch eigentlich nur Kunst heute Nachmittag«, sage ich und lasse mich im Schneidersitz neben ihr nieder, während Miles Theodora einen Fußball gibt, den sie blitzschnell von uns wegdribbelt.

In den wenigen Sekunden, bis Ari antwortet, hat sie schon dreimal die Wiese umrundet. Obwohl Miles ihr Tempo mittlerweile gewohnt sein müsste, blickt er ihr ungläubig hinterher und träumt vermutlich von dem Tag, an dem Vampire in seiner Schulmannschaft spielen dürfen und die Ghoston School bei jedem Spiel den Sieg davonträgt.

»Stimmt«, bestätigt Ari. »Und davor hat mich Miss Woods dabei erwischt, wie ich in Mr. Kelvins Klassenzimmer geschlüpft bin. Ist es jetzt schon verboten, ein Klassenzimmer zu betreten?«

»Du hast in seiner Schreibtischschublade herumgewühlt«, stellt Miles klar. »Das ist definitiv verboten.«

»Ich hab was gebraucht, was er da drin hatte«, rechtfertigt sich Ari und wirft Miles einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ist ja wohl kein Verbrechen.«

»Du wolltest was zurückstehlen, was er dir im Unterricht abgenommen hatte.«

»Ich habe mir nur mein Eigentum zurückgeholt!«

Ari funkelt Miles wütend an, und ich verkneife mir ein Lachen über ihren Gesichtsausdruck.

Die beiden sind Nachbarn und wie Geschwister miteinander aufgewachsen. Dabei könnten sie nicht unterschiedlicher sein. Vielleicht geraten sie deshalb ständig aneinander.

Ari ist extrovertiert, laut und unordentlich. Ihre Bluse ist nie in den Rock gesteckt, ihre dunklen Haare sind nur selten gebürstet, und ihr Zimmer gleicht einer Müllhalde. Miles hingegen ist eher ruhig und stolz darauf, immer wie aus dem Ei gepellt auszusehen. Seine Schuluniform wirkt nagelneu, und wenn er Bücher liest, öffnet er sie nur einen Spalt und späht umständlich hinein, weil er die Buchrücken nicht knicken will. Er mag es, wenn alles seine Ordnung hat, und ist Klassenbester in jedem Fach außer Kunst. Da ist Ari die unangefochtene Königin.

Ich selbst bin in keinem einzigen Fach die Beste, was völlig okay ist. Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt und bin sowieso am liebsten in der Bibliothek, um die neusten Gruselromane auszuleihen, die Mr. Frank für mich bestellt hat.

Mr. Frank ist der Schulbibliothekar und mit Abstand mein Lieblingslehrer. Er hat immer super Buchtipps und liest genauso gern über Ghostons Vergangenheit wie ich, daher war ich bei ihm an der richtigen Adresse, als ich nach historischen Aufzeichnungen über die Skeleton Woods gesucht habe. Mr. Frank ist total fasziniert von den vielen unheimlichen Legenden, die sich um diesen Wald ranken.

Wie er wohl reagieren würde, wenn er wüsste, dass ich aus einer Familie echter Vampirjäger stamme?

Ich glaube, er würde ausflippen vor Begeisterung.

»Ari, wenn du nicht in Mr. Kelvins Stunde herumgekritzelt hättest, hätte er dir nicht deinen Zeichenblock und deine Bleistifte weggenommen«, sagt Miles wichtigtuerisch.

»Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«, fragt Ari und verschränkt die Arme. »Außerdem habe ich nicht gekritzelt. Ich habe ein Kunstwerk geschaffen, was ja wohl wichtiger ist als sein gähnend langweiliger Unterricht! Wie sollte ich denn ohne meinen Block und meine Stifte am Nachmittag in Kunst gehen, hä? Und wie genau …«

PENG!

Der Knall lässt uns alle drei herumfahren. Theodora steht mit schuldbewusstem Gesicht auf der Wiese, während der Fußball schlaff an ihren Eckzähnen herunterhängt.

»Nicht schon wieder!«, sagt Miles stöhnend. »Theodora, ich hab dir doch gesagt, dass man beim Fußball nicht seine Zähne benutzen darf!«

»Ups«, erwidert sie, kommt zu uns herüber und schüttelt den Ball von ihren Zähnen. »O nein, Segelohr habe ich auch aufgeweckt!«

Ihre Fledermaus spreizt die Flügel und erhebt sich aufgebracht kreischend in die Luft. Sie wirkt alles andere als erfreut darüber, dass sie so unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde.

»Äh … ich war’s nicht!«, behauptet Theodora schnell. »Miles hat den Lärm gemacht!«

Segelohr stürzt sich übellaunig auf Miles und schwirrt wild mit den Flügeln schlagend um seinen Kopf herum.

»Theodora!«, protestiert Miles und hält sich schützend die Arme vors Gesicht. »Sag ihm die Wahrheit!«

»Also gut«, sagt sie und hebt die Hände. »Ich hab den Fußball zum Platzen gebracht, Segelohr. Aber es ist nicht meine Schuld, dass die Dinger so empfindlich sind!«

Segelohr beschließt, Theodoras Klarstellung zu überhören und weiterhin Miles zu ärgern.

»Ich glaube, die Hersteller haben nicht das Ziel, Fußbälle vampirsicher zu machen.« Ari grinst. Ihre Laune hat sich durch Theodoras Missgeschick schlagartig gebessert. Miles versucht unterdessen weiter, Segelohr zu verscheuchen. »Wie viele hast du jetzt schon auf dem Gewissen, Theodora?«

»Ein oder zwei«, antwortet sie mit Unschuldsmiene.

»Fünf«, teile ich ihr mit.

»SECHS!«, korrigiert Miles mit zusammengebissenen Zähnen. Segelohr lässt endlich von ihm ab und fliegt zurück, um auf Theodoras Kopf zu landen.

Sie zuckt mit den Schultern und setzt sich Ari gegenüber ins Gras. »Hast du uns heute wieder gezeichnet im Kunstunterricht?«

»Ja, hab ich«, antwortet Ari fröhlich und greift in ihren Rucksack. »Willst du das nächste Kapitel der Geschichte sehen?«

»Ja, gern!« Theodora strahlt und wirft mir einen Blick zu. »Ist das nicht mega-cool, Maggie? Ich kann es immer noch nicht glauben, dass Segelohr und ich die Hauptfiguren in einem Menschenroman sein werden!«

Seit wir Bürgermeister Bloomingdales Versuch vereitelt haben, die Skeleton Woods dem Erdboden gleichzumachen, arbeitet Ari an einer Graphic Novel über Theodora und ihre Vampirabenteuer. Mit Theodoras Zustimmung, natürlich.

Jetzt durchblättert sie ihren Zeichenblock auf der Suche nach der richtigen Seite. »Ich hoffe, es gefällt dir.«

Theodora betrachtet Aris Skizzen, und ihre roten Augen fangen an zu leuchten. »Wow«, flüstert sie. »Deine Zeichnungen sind echt unglaublich! Was meinst du, Segelohr?«

Er flattert von ihrem Kopf auf den Rand des Blocks hinunter, klammert sich daran fest und schielt auf Aris neueste Comic-Skizzen. Dann hüpft er auf dem Papier herum und stößt eine Reihe hoher Piepstöne aus.

»Er findet sie toll!«, teilt Theodora Ari mit. »Besonders gut gefällt ihm, wie furchteinflößend du ihn gezeichnet hast. Du hast seine grausame Ader perfekt getroffen!«

Segelohr spreizt stolz die Flügel, damit Theodora seinen flauschigen kleinen Bauch kraulen kann.

»Ja, ich hab selbst Angst vor ihm gekriegt beim Zeichnen«, bestätigt Ari und zwinkert mir zu.

»Wie war’s heute beim Fußballtraining, Miles?«, frage ich, während Theodora weiter Aris Zeichnungen bewundert und jedes kleine Detail genau studiert.

»Anstrengend«, antwortet er und setzt sich, um den kaputten Fußball in seinen Rucksack zu stopfen, nicht ohne einen letzten vorwurfsvollen Blick in Theodoras Richtung zu werfen. »Ich glaube, der Trainer ist immer noch sauer auf mich, weil ich vor den Weihnachtsferien so oft das Training geschwänzt habe. Ich muss ihm erst beweisen, dass er mir wieder vertrauen kann, bevor ich zurück in die Mannschaft darf.«

Ich verziehe teilnahmsvoll das Gesicht. In gewisser Hinsicht trage ich Mitschuld daran, dass Miles seinen Platz in der Schulmannschaft eingebüßt hat, obwohl er mit Abstand der beste Spieler ist. Nachdem ich ihm und Ari Theodora vorgestellt hatte, war er so abgelenkt von unseren gemeinsamen Treffen, dass er einfach nicht mehr zum Training erschien. Irgendwann machte er sich nicht einmal mehr die Mühe, sich für sein Fernbleiben zu entschuldigen, woraufhin sein Trainer anfing, sich Sorgen um seinen einstigen Fußballstar zu machen. Miles schien jede Begeisterung für seine frühere Lieblingssportart verloren zu haben.

Seine Eltern beschlossen, zu mir nach Hause zu fahren und ihren Sohn zur Rede zu stellen. So kam es, dass sie uns dabei erwischten, wie wir auf dieser Wiese Frisbee mit einem Vampir spielten. Zuerst flippten sie völlig aus, weil sie furchtbare Angst um Miles hatten, aber dann halfen sie uns dabei, die Vampire der Skeleton Woods vor dem bösartigen Bürgermeister zu beschützen. Inzwischen haben sie Theodora voll akzeptiert, genau wie meine Eltern. Aris Eltern, die noch nie einen Vampir mit eigenen Augen gesehen haben, halten das Ganze hingegen nach wie vor für einen Scherz, ein Komplott von uns Kindern, in das Miles’ Eltern eingeweiht sind.

»Du darfst bestimmt bald zurück in die Mannschaft«, tröste ich ihn. »Und dann bist du auch wieder Kapitän.«

»Hoffentlich«, murmelt er und lächelt mir dankbar zu.

»Weißt du, was mir wirklich helfen würde bei meinem Comic über dich, Theodora?«, fragt Ari und sieht ihrer Vampirfreundin dabei zu, wie sie bewundernd durch den Block blättert.

»Ketchup?«, rät Theodora.

»Nein. Aber es wäre mega-cool, wenn ich euer Schloss so zeichnen könnte, wie es tatsächlich aussieht. Schau mal, hier zum Beispiel. Auf diesen Bildern bist du mit Segelohr dabei zu sehen, wie du an Graf Blutrunsts Unterricht teilnimmst«, erklärt sie und greift nach dem Block, um eine bestimmte Seite aufzuschlagen.

»Ah ja.« Theodora nickt. »So ganz originalgetreu ist die Szene nicht, das stimmt.«

»Das liegt daran, dass ich erst einmal bei euch im Skeleton Castle war, bei der Party, die Graf Blutrunst veranstaltet hat«, erklärt Ari. »Ich war so aufs Tanzen und Feiern konzentriert, dass ich gar nicht richtig auf meine Umgebung geachtet habe.«

Ein paar Tage nach Bürgermeister Bloomingdales Flucht hatte uns Graf Blutrunst auf eine Party ins Schloss eingeladen, um uns für unsere Hilfe zu danken. Er bat eine alte Hexenfreundin, den Schutzzauber des Waldes für den betreffenden Abend auszuschalten, damit auch Ari, Miles und meine Eltern mit zum Schloss kommen konnten. Der Abend wurde ein rauschendes Fest, wenn auch ein ziemlich eigenartiges.

Vampire dabei zu beobachten, wie sie abwechselnd unter einer Limbo-Stange hindurchtanzen, ist definitiv eine unvergessliche Erfahrung.

Direkt nach der Party aktivierte Graf Blutrunsts Hexenfreundin den Schutzzauber wieder, und seither wurden Ari und Miles nicht noch einmal ins Schloss eingeladen.

»Ich meinte gar nicht das Aussehen des Schlosses«, stellt Theodora klar und zeigt auf eine Zeichnung, auf der Graf Blutrunst lächelt. »Ich meinte seinen Gesichtsausdruck im Unterricht. Vampire lächeln normalerweise nicht. Ich selbst kann es auch nur dank Maggie.«

»Daran erinnere ich mich noch gut!« Ich muss kichern, als ich daran zurückdenke, wie sich ihre Mundwinkel zum ersten Mal zu einem schiefen Lächeln nach oben gezogen haben. Sie riss vor lauter Panik weit die Augen auf, weil sie nicht verstand, was mit ihrem Gesicht passierte.

»Wenn Graf Blutrunst sich doch mal über irgendetwas freut oder amüsiert, erscheint eher so etwas wie ein boshaftes Grinsen auf seinem Gesicht«, erklärt Theodora fröhlich. »Dann schmiedet er niederträchtige Vampirpläne.«

»Verstehe«, sagt Miles und schluckt.

»Außerdem gibt es für Graf Blutrunst nicht viel Anlass zur Freude, wenn er mich unterrichtet«, fährt Theodora mit einem Seufzen fort. »Ich bin nicht unbedingt seine beste Schülerin.«

»Dafür bist du die auserwählte Anführerin«, erinnere ich sie an ihre Rolle als Nachfolgerin des Vampiroberhaupts.

Alle hundert Jahre erfährt der auserwählte Anführer der Vampirgemeinde durch eine Prophezeiung, welcher Mensch sein Nachfolger wird. Danach muss er diesen in einen Vampir verwandeln und ihm alles beibringen, was er wissen und können muss.

Der aktuelle Anführer ist Graf Blutrunst. Die Prophezeiung verriet ihm, dass die nächste auserwählte Anführerin ein kleines Mädchen aus einem Waisenhaus sein würde. Als er dort ankam, fand er das richtige Mädchen und wollte es gerade in einen Vampir verwandeln, als sich ihm ein anderes Mädchen in den Weg stellte und mit allen Mitteln zu verhindern versuchte, dass er ihrer Freundin weh tat. Er war so beeindruckt von der Tapferkeit dieses zweiten Mädchens, dass er beschloss, sich über die Prophezeiung hinwegzusetzen und anstelle des ursprünglich auserkorenen Mädchens sie zur nächsten auserwählten Anführerin zu machen.

Und dieses starke, mutige Mädchen war Theodora.

Ihr Beschluss, Vegetarierin zu werden, kam anfangs nicht besonders gut in der Vampirgemeinde an, aber inzwischen sind alle auf den Zug aufgesprungen und ernähren sich rein pflanzlich. Das macht es erforderlich, dass die Vampire spätabends und in Verkleidung Supermärkte aufsuchen und kistenweise Ketchup-Flaschen und Rote-Bete-Saft-Kartons zurück ins Schloss schleppen.

Meine Eltern und ich haben ihnen zu Weihnachten einen Entsafter geschenkt, damit sie ihren eigenen Rote-Bete-Saft herstellen können. Die Vampire sind buchstäblich vor Freude in die Luft gehüpft, was ziemlich beeindruckend war. Vampire können nämlich aus dem Stand mehrere Meter hoch springen! Es war die beste Weihnachtsbescherung, die ich je erlebt habe, besser als in jedem YouTube-Video!

»Dass ich die auserwählte Anführerin bin, heißt leider nicht, dass ich auch die beste Vampirschülerin bin«, sagt Theodora wehmütig. »Ihr solltet mal sehen, wie gut Kralle darin ist, aus großer Höhe herabzustoßen! Bei ihm sieht es irgendwie ganz einfach aus! Als ich neulich im Unterricht dran war, bin ich zwar unbeschadet gelandet, habe mich beim Aufspringen aber in meinem Umhang verheddert. Graf Blutrunst hat nur völlig entgeistert den Kopf geschüttelt.«

Miles schüttelt sich. »Ich habe seinen finsteren Blick genau vor Augen.«

»Okay, dann ändere ich die Szenen mit Graf Blutrunst noch mal ab«, verkündet Ari. »Aber jetzt mal im Ernst, Theodora: Meinst du, er lässt uns noch mal zum Schloss kommen? Es wäre so schön, wenn ich mich dort in Ruhe umsehen könnte, um alle Einzelheiten richtig zu Papier zu bringen!«

Theodora denkt über ihre Frage nach. »Ich weiß nicht. Er müsste erneut seine Hexenfreundin bitten, den Zauber auszuschalten, damit ihr durch den Wald könnt, und du weißt ja, wie sehr er es hasst, Hexen um einen Gefallen zu bitten!«

»Man sollte eigentlich meinen, dass sich Vampire und Hexen gut verstehen«, sagt Miles.

Theodora runzelt die Stirn, und Segelohr stößt ein empörtes Kreischen aus. »Wie kommst du denn darauf?«

»Weil ihr beide … äh …« Miles sucht nach dem richtigen Wort. »… keine Menschen seid.«

»Das heißt noch lange nicht, dass wir uns mögen!«, teilt ihm Theodora mit angewidertem Gesichtsausdruck mit. »Es gibt die verschiedensten Arten von Nicht-Menschen, und die meisten von uns können sich nicht ausstehen. Es fängt schon damit an, dass wir Vampire den Hexen haushoch überlegen sind.« Sie reckt stolz die Brust. »Wir brauchen keine Zaubersprüche, um besondere Fähigkeiten zu entwickeln.«

»Das stimmt. Ihr seid auch so mega-stark und schnell«, gibt ihr Ari recht. »Aber es wäre doch trotzdem cool, wenn ihr außerdem noch zaubern könntet!«

»Vampire können zaubern«, erwidert Theodora würdevoll.

Ich sehe sie überrascht an. »Wirklich?«

»Na ja, mehr oder weniger.« Sie rutscht unbehaglich auf dem Boden herum. »Es gibt zumindest etwas, das sich Vampirmagie nennt. Es kommt nur selten vor, aber gerade das macht es so besonders.«

Ari und ich sehen uns an. »Und was genau ist Vampirmagie?«, hake ich nach.

»Ich weiß nicht viel darüber, aber es ist eine sehr STARKE Magie. Viel stärker als die der übelriechenden Hexen. Ich glaube, man braucht bestimmte Gegenstände, um sie heraufzubeschwören.«

»Zauberbücher zum Beispiel?«, fragt Miles neugierig.

Theodora zuckt mit den Schultern. »Das müsst ihr Graf Blutrunst fragen.«

»Machen wir, wenn wir euch bald im Schloss besuchen«, sagt Ari und schenkt Theodora ihr einnehmendstes Lächeln. »Meinst du, du könntest mal mit ihm darüber reden?«

»Na klar.« Theodora nickt. »Ich frage ihn, und dann sehen wir ja, was er sagt.«

»Super!« Ari strahlt. »Ich hoffe so sehr, dass er ja sagt!«

»Hey, Theodora«, setzt Miles an und runzelt sorgenvoll die Stirn. »Als du vorhin gesagt hast, es gäbe viele verschiedene Arten von Nicht-Menschen … äh … was meintest du damit genau?«

Sie starrt ihn verständnislos an. »Na ja, genau das, was ich gesagt habe: dass es viele verschiedene Arten von Nicht-Menschen gibt.«

»Also … Vampire. Und Hexen, das wissen wir ja inzwischen. Aber sonst gibt es keine Nicht-Menschen, die in unserer Mitte leben und um die wir uns Sorgen machen müssten, oder?«, hakt er ängstlich nach.

»Überhaupt keine«, bestätigt sie und wedelt wegwerfend mit der Hand. »Wenn man Monster, Gespenster, Werwölfe, Zombies, Mumien und andere harmlose Wesen mal außer Acht lässt.«

»Z-z-zombies?«, wiederholt Miles flüsternd. »Und M-monster?«

»Noch jemand Lust auf einen Snack?«, fragt Theodora, die Miles’ entsetzte Reaktion überhaupt nicht mitbekommen hat. »Ich hab so einen Kohldampf, ich könnte einen ganzen Menschen verdrücken!«

Miles gibt einen heiseren Schrei von sich und kippt ohnmächtig ins Gras.

»Ups!« Theodora schlägt sich die Hand vor den Mund. »Das ist doch nur so ein Vampirausdruck.«

Kapitel drei

»Wie kommt Theodora eigentlich mit ihrer neuen Zahnbürste zurecht?«, fragt mich Dad, als wir am nächsten Morgen vor der Schule halten.

Ich löse auf dem Rücksitz meinen Anschnallgurt. »Sie braucht eine neue.«

»Nicht dein Ernst!«, sagt Mum vom Beifahrersitz. »Sie hat schon wieder eine zerbissen?«

»Ja. Angeblich war es ein Versehen.«

»Dann holen wir ihr heute eben eine neue aus der Praxis«, verspricht Dad lachend. »Sie muss sich einfach daran gewöhnen, vorsichtiger zu sein.«

Mum und Dad sind Zahnärzte. Als wir hierher nach Ghoston gezogen sind, ging der hiesige Zahnarzt in Rente, und sie konnten sofort dessen Praxis übernehmen. Inzwischen behandeln sie auch kostenfrei die Vampire aus dem Skeleton Castle und halten am Waldrand regelmäßig Kontrolltermine für sie ab.

Als Erstes haben sie die Vampire mit Zahnbürsten und Zahnpasta vertraut gemacht, was leider nicht so gut angenommen wurde, wie sie es sich erhofft hatten. Den ersten Satz Zahnbürsten haben die Vampire einfach in kleine Stücke zerbissen und wieder ausgespuckt, weil sie nicht verstanden hatten, was sie damit tun sollten. Von der Zahnpasta waren sie auch nicht wirklich begeistert.

»BÄH, PFUI TEUFEL!«, schrie Theodora, nachdem sie eine winzige Portion auf einen ihrer Eckzähne aufgetragen und probiert hatte. »Wonach schmeckt die denn? Das ist ja EKELHAFT!«

»Nach Minze«, antwortete mein Vater erstaunt. »Das ist doch ein schöner, frischer Geschmack!«

»SCHRECKLICH