Moonlit Thorns - Piper Rayne - E-Book

Moonlit Thorns E-Book

Piper Rayne

0,0
5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein verwunschenes altes Anwesen, vier Milliardärsbrüder und ihre dunklen Geheimnisse: Willkommen in Midnight Manor!  Niemand weiß, was in Midnight Manor vor sich geht. Das Anwesen der Brüder Voss thront über unserer Kleinstadt und die vier Milliardäre sieht man kaum außerhalb der Mauern. Und so häufen sich die Gerüchte …  Als mein Vater stirbt, muss ich feststellen, dass meine Familie bei dem ältesten Bruder, Asher Voss, hoch verschuldet ist. Notgedrungen gehe ich einen Deal mit ihm ein: Ein Jahr lang soll ich für ihn arbeiten – und er wird es mir nicht leicht machen. Doch am schlimmsten ist diese verdammte Hitze zwischen uns. Asher sieht gut aus, aber es ist seine dunkle Natur, die mich unwiderstehlich anzieht. Er mag zu alt für mich sein, und er wird definitiv von seinen eigenen Dämonen verfolgt, aber die Leidenschaft zwischen uns droht, mich zu zerstören.  MOONLIT THORNS ist eine düstere, zeitgenössische Romance, in der Die Schöne und das Biest neu erzählt wird.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mehr über unsere Autorinnen, Autoren und Bücher: www.piper.de

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, schreiben Sie uns unter Nennung des Titels »Moonlit Thorns« an empfehlungen@piper.de, und wir empfehlen Ihnen gerne vergleichbare Bücher.

Deutsche Erstausgabe

© 2024. MOONLIT THORNS by P. Rayne

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Moonlit Thorns«, 2024

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2025

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Anne Morgenrau

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Giessel Design

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Triggerwarnung

Kapitel 1

Anabelle

Kapitel 2

Annabelle

Kapitel 3

Anabelle

Kapitel 4

Asher

Kapitel 5

Anabelle

Kapitel 6

Anabelle

Kapitel 7

Anabelle

Kapitel 8

Anabelle

Kapitel 9

Anabelle

Kapitel 10

Anabelle

Kapitel 11

Anabelle

Kapitel 12

Anabelle

Kapitel 13

Anabelle

Kapitel 14

Anabelle

Kapitel 15

Asher

Kapitel 16

Anabelle

Kapitel 17

Anabelle

Kapitel 18

Anabelle

Kapitel 19

Anabelle

Kapitel 20

Asher

Kapitel 21

Anabelle

Kapitel 22

Anabelle

Kapitel 23

Asher

Kapitel 24

Anabelle

Kapitel 25

Asher

Kapitel 26

Anabelle

Kapitel 27

Asher

Kapitel 28

Anabelle

Kapitel 29

Anabelle

Kapitel 30

Asher

Kapitel 31

Anabelle

Kapitel 32

Asher

Kapitel 33

Anabelle

Kapitel 34

Asher

Kapitel 35

Anabelle

Kapitel 36

Asher

Kapitel 37

Anabelle

Kapitel 38

Asher

Kapitel 39

Anabelle

Kapitel 40

Asher

Kapitel 41

Anabelle

Kapitel 42

Asher

Kapitel 43

Anabelle

Epilog

Asher

Neun Monate später …

Dank

Triggerwarnung

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Triggerwarnung

In diesem Buch sind Themen enthalten, die triggernd wirken können. Am Ende des Textes findet sich eine Aufzählung, die jedoch den Verlauf der Geschichte spoilern kann.

Wir wünschen ein bestmögliches Leseerlebnis.

Kapitel 1

Anabelle

Ich reiße den Briefumschlag ab, der an der Haustür unseres Familiensitzes hängt. Ich ziehe das Blatt daraus hervor, und es zittert in meinen Händen, als ich die gedruckten Worte überfliege. Anfangs bin ich verwirrt, aber als ich zu begreifen beginne, zieht sich mein Magen krampfhaft zusammen, und meine Knie fangen an zu zittern.

Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Ich lese weiter, suche nach den relevanten Details.

… wir Ihre Zahlung nicht erhalten haben …

… Ihr Konto im Rückstand ist …

… räumen wir Ihnen hiermit eine Frist von zehn Tagen ein, um das Anwesen zu verlassen …

Was zur Hölle …? Es muss sich um einen Fehler handeln. Oak Haven befindet sich seit über einem Jahrhundert im Besitz meiner Familie. Weder liegt eine Hypothek auf dem Landgut, noch sind Zahlungen an eine Bank zu leisten, wie können wir also im Rückstand sein?

Vermutlich ist vor einigen Monaten bei der Abwicklung des Nachlasses meines Vaters etwas durcheinander geraten, und die Kündigung wurde uns irrtümlich zugestellt.

Beim Gedanken an meinen geliebten Vater durchzuckt ein Schmerz meine Brust, und ich betrachte die Säule zu meiner Linken. Sie war mein Lieblingsversteck, als ich noch klein war. Dad tat immer so, als könnte er mich nicht finden, während ich mich um die Säule herum drückte, um nicht entdeckt zu werden.

Ich schalte diese Erinnerungen ab. Im Augenblick habe ich keine Zeit, in der Trauer zu versinken. Ich hatte überhaupt noch keine Zeit dazu, seit ich den Anruf erhielt, er sei auf einem benachbarten Grundstück tot aufgefunden worden, angefallen von irgendeinem Tier.

Ich schlucke hart, um dieses Bild loszuwerden, das mich in Gedanken verfolgt, und überfliege den restlichen Text der Kündigung, der aus juristischem Zeug besteht, bis ich zum Ende gelange und sehe, wer sie unterschrieben hat. Ein kalter Schauer überläuft mich, die Härchen in meinem Nacken stellen sich auf. Meine Mutter sagte immer, das bedeute, dass gerade jemand über unser Grab geht, aber ein rascher Blick zur Grabstelle meiner Familie in der Ferne verrät mir, dass dort niemand ist.

Ich versuche, die ungute Vorahnung abzuschütteln, aber als ich den Namen lese, der mit tiefschwarzer Tinte auf das reinweiße Papier gedruckt ist, überläuft mich ein weiterer Schauer.

Asher Voss, CEO Voss Enterprises

Nun bin ich mir nicht mehr so sicher, dass es sich um einen Irrtum handelt, und als ich die Tür aufstoße und ins Haus gehe, steigt Panik in mir auf. Dreh nicht durch, es kann immer noch ein Fehler sein.

Obwohl ich mir sicher bin, dass die Familie Voss nur selten Fehler begeht.

Ich knülle das Stück Papier zusammen.

Wie erwartet, sitzen alle im Speisezimmer beim Frühstück. Grandma Boudreaux, die Mutter meines Vaters, ist bereits angekleidet. Ihr kurzes Haar ist perfekt gewellt, und sie trägt nur einen Hauch Make-up. Rechts neben ihr am Kopfende des Tisches sitzt Frances, meine Mutter. Ihre Züge sind angespannt, sie hat dunkle Ringe unter den Augen wie an jedem Tag seit dem vorzeitigen Tod meines Vaters, aber heute ist sie wenigstens aufgestanden. Ein Fortschritt.

Ich hasse den Gedanken, was mit ihr passieren wird, wenn die Botschaft auf dem Papier, das ich in Händen halte, tatsächlich wahr ist. Sie balanciert auf einem schmalen Grat zwischen geistiger Gesundheit und Verzweiflung, und ich frage mich jeden Tag, zu welcher Seite sie fallen wird.

Nur aus diesem Grund halte ich mich nach drei Monaten noch immer in Magnolia Bend auf, meiner Heimatstadt, und bin nicht nach Nashville zurückgekehrt, wo ich ein Praktikum bei einem kleinen Verlag mache. Nur weil ich Praktikantin bin, haben sie mir einen derart langen Urlaub überhaupt bewilligt. Sie bezahlen mich ohnehin nicht. Seit ich mein Studium abgeschlossen habe, lebe ich von monatlichen Zuwendungen meiner Familie. Zuwendungen, die von jetzt an vermutlich ausbleiben werden.

Luke, mein zwei Jahre jüngerer Bruder, sitzt neben Mom. Mit nur zwanzig Jahren muss er nun die Leitung des Gutshofs übernehmen, einschließlich des Anbaus von Baumwolle und Sojabohnen und der Bourbon-Destillerie, die mein Vater vor einigen Jahren eröffnet hat.

Meine Großmutter sieht mich in der Tür stehen. »Was wolltest du so früh schon da draußen?«

Am liebsten würde ich antworten, dass es keine Rolle spielt, aber ich werde meiner Großmutter, der Matriarchin unserer Familie, nicht respektlos gegenübertreten … vor allem jetzt, wo Mom praktisch abgemeldet ist. »Ich bin vor dem Frühstück eine Runde gelaufen.«

Tatsächlich bin ich heute Morgen sehr früh mit einem Hörbuch laufen gegangen. Die Handlung näherte sich dem spannenden Abschnitt – meinem Lieblingsteil in jedem Roman –, in dem der Held kurz davor ist, der Heldin seine Liebe zu gestehen. So sehr ich das Laufen verabscheue, so sehr liebe ich Hörbücher, und so erlaubt mir die Kombination dieser Sache, die ich hasse, mit einer anderen, die ich liebe, immerhin, beim Sporttreiben Geschichten zu hören.

Solange ich zu Hause bin, brauche ich etwas, das mir hilft, geistig gesund zu bleiben. Obwohl ich hier aufgewachsen bin, habe ich mich immer vor dem gefürchtet, was sich jenseits der Dorfgrenze befinden. So lange ich zurückdenken kann, wollte ich diesen Ort verlassen und die Welt erkunden. Das College bot mir den Anlass, den ich brauchte, und obwohl ich immer gern nach Hause gekommen bin, um meine Familie zu besuchen und Zeit auf dem Anwesen zu verbringen, wünscht sich ein Teil von mir nach wie vor, mehr von dem zu erforschen, was die Welt zu bieten hat.

Ich schlucke hart, ehe ich das Speisezimmer betrete, und versuche, die Panik zu unterdrücken, denn ich will meine Mutter nicht beunruhigen, falls es sich tatsächlich nur um ein großes Missverständnis handelt. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto größer werden meine Zweifel. »Als ich zurückkam, hing etwas an der Haustür.«

Luke setzt sich aufrechter hin, spürt die veränderte Energie.

»Was denn, Liebes?«, fragt meine Großmutter.

Mom schiebt lustlos die Eier auf ihrem Teller herum. Ich weiß nicht, ob sie dem Gespräch überhaupt folgt.

Ich reiche meiner Großmutter den zerknüllten Zettel, und sie streicht ihn mit ihren altersfleckigen Händen mit den geschwollenen Knöcheln neben ihrem Teller auf dem Tisch glatt. Sie hält das Papier auf Armeslänge von sich, weil sie ihre Lesebrille nicht dabei hat. Offenbar liest sie den Teil, in dem es heißt, dass wir das Anwesen verlassen müssen, denn nun schaut sie mich an, unfähig, ihre Beunruhigung zu verbergen. Nachdem sie alles gelesen hat, legt sie sich eine Hand auf die Brust und lässt das zerknitterte Blatt Papier wortlos wieder auf den Tisch sinken.

»Was ist denn?«, fragt Luke. Als niemand antwortet, schiebt er seinen Stuhl zurück und beugt sich über den Tisch, um nach dem Schreiben zu greifen.

»Es ist ein Irrtum, oder?« frage ich meine Großmutter, während Luke noch liest. Obwohl ich mir sicher bin, dass die Familie Voss sich niemals irrt, vor allem nicht der älteste der vier Brüder.

»Ich weiß es nicht«, wispert sie leiser, als ich sie jemals zuvor gehört habe.

»What the fuck!« Das Papier entgleitet Lukes Griff und landet erneut auf dem Tisch.

»Hüte deine Zunge«, rügt Großmutter, um ihre übliche elegante Gelassenheit bemüht.

»Verzeihung.« Er senkt den Kopf. »Anabelle hat recht, es ist eine Verwechslung, oder jemand spielt uns einen üblen Streich.«

»Die Mitglieder der Familie Voss sind nicht gerade als Witzbolde bekannt«, widerspricht Grandma.

Das ist noch milde ausgedrückt. Die vier Brüder, die oben auf dem Hügel in ihrem Herrenhaus namens Midnight Manor leben, sind für vieles bekannt – für ihr Milliardenvermögen, für unlösbare, rätselhafte Todesfälle, für die große Anzahl Fahrzeuge ohne Kennzeichen, die einmal im Monat auf ihr Grundstück gefahren kommen –, aber Sinn für Humor gehört definitiv nicht dazu.

»Es muss ein Irrtum sein. Dieses Anwesen befindet sich seit mehr als einhundert Jahren im Besitz unserer Familie. Dad hat garantiert kein Darlehen aufgenommen und Oak Haven auf Spiel gesetzt, schon gar nicht bei den Voss-Brüdern.«

»Frances?«, sagt meine Großmutter leise.

Ausnahmsweise reagiert meine Mom, als sie ihren Namen hört. »Ja?«

»Als der Notar dir die Unterlagen für den Gutshof gegeben hat, war da etwas dabei, das mit der Familie Voss zu tun hatte?«

Die Augen meiner Mutter werden feucht. »Weißt du, wann Heath nach Hause kommt?«

Ein gequältes Geräusch ähnlich dem eines verletzten Tiers entringt sich meiner Kehle. Es ist nicht das erste Mal, dass meine Mutter nach dem Tod meines Vaters nach ihm fragt, als weilte er noch unter den Lebenden. Ich weiß nicht, ob sie gerade völlig den Verstand verliert oder ob ihre Verwirrung eine Nebenwirkung der Medikamente ist, die der Arzt ihr nach der Todesnachricht verschrieben hat, um ihr über diese schwierige Phase hinwegzuhelfen.

»Sie wird dir wohl kaum eine Hilfe sein«, murmelt mein Bruder spöttisch.

Wütend starre ich ihn an. Er nimmt die neue Geisteshaltung unserer Mutter persönlich, doch ich kann seinen Zorn verstehen. Unsere Mutter war immer temperamentvoll und lebendig; sie hat ihre Familie sehr geliebt. Sicher, es ist schrecklich, ohne unseren Vater weiterzumachen, aber sie muss es doch wenigstens versuchen.

Meine Großmutter schiebt ihren Stuhl zurück. »Ich hole die Unterlagen des Anwalts. Mal sehen, was sich finden lässt.«

Ich schnappe mir das Schreiben vom Tisch und verkünde: »Nein, ich warte nicht länger. Ich gehe direkt zur Quelle.«

Der Stuhl meines Bruders schrammt über den Boden. Er kommt um den Tisch herumgestapft, bis er vor mir steht, legt mir die Hände auf die Schultern und beugt sich herab, sodass wir auf Augenhöhe sind. »Du wirst nicht nach Midnight Manor gehen, Belle.«

Meine Brust zieht sich zusammen, als ich den Kosenamen meines Vaters für mich höre. »Aber so bekommen wir am schnellsten Antworten, und wenn das hier stimmt, ist es außerdem die einzige Möglichkeit, herauszufinden, was wir tun können, um den Gutshof zu behalten.«

Luke schüttelt den Kopf. »Auf keinen Fall. Wir lassen uns etwas anderes einfallen. Dieser Ort …« Er beendet den Satz nicht, das muss er nicht. Midnight Manor ist der Ort, an dem unser Vater gestorben ist.

»Es geht nicht anders. Wenn die Gefahr besteht, dass wir das Haus unserer Vorfahren verlieren, muss ich in Erfahrung bringen, ob und wie es sich verhindern lässt. Dad hätte es so gewollt.«

Lukes Lippen sind eine schmale Linie. Er beißt die Zähne zusammen, denn wir wissen beide, dass ich recht habe. »Dann gehe ich.«

»Auf keinen Fall, kleiner Bruder. Du bleibst hier und hilfst Großmutter, nach den Unterlagen des Anwalts zu suchen. Und hab ein Auge auf Mom.«

Er wirkt erleichtert, und ich kann es ihm nicht verdenken. Midnight Manor ist auch für mich kein Ort, den ich gern aufsuche, aber die Angelegenheit ist zu wichtig, um sie aufzuschieben. Er nickt. »Sei vorsichtig.«

»Das werde ich. Aber bevor ich aufbreche, muss ich noch duschen und mich umziehen.« Auf keinen Fall werde ich dort auftauchen und wie ein zerrupftes Huhn aussehen.

Großmutter kommt auf mich zu und legt mir eine Hand auf den unteren Rücken. »Sei vorsichtig, wenn du es mit Asher Voss zu tun hast. Du willst ihn nicht verärgern.«

Das Band um meine Brust zieht sich fester zusammen. »Ich weiß.«

Mit dem Schreiben in der Hand verlasse ich ohne ein weiteres Wort das Speisezimmer und mache mich auf den Weg zum Treppenhaus. Bei jedem Schritt wird mein Zorn größer.

Mit der Aussicht konfrontiert, vielleicht nie wieder nach Oak Haven zurückkehren zu können, wird mir klar, wie wichtig mir das Haus meiner Kindheit ist. Ich will hinaus in die Welt und alles erkunden, ja, aber genauso will ich wissen, dass ich in die Sicherheit meines Elternhauses zurückkehren kann, an einen Ort voller warmer Erinnerungen. Erinnerungen an meinen Vater, den ich hier zum letzten Mal lebend gesehen habe.

Luke ist sein Leben lang auf die Leitung unseres Landguts vorbereitet worden. Er hat keine anderen Qualifikationen, und selbst wenn er sich etwas anderes suchen würde – wer sollte sich dann um unsere Mutter und um Großmutter kümmern? Wenn Voss etwas mit der Sache zu tun hat, wenn er glaubt, dass er uns Oak Haven so mühelos nehmen kann, wie man ein Blatt Papier zerreißt, dann hat er sich getäuscht.

Oak Haven wird im Besitz der Familie Boudreaux bleiben.

Es muss.

Und ich werde alles tun, was dafür nötig ist.

Kapitel 2

Annabelle

Ich werfe einen letzten kritischen Blick in den Spiegel, begutachte mich selbst auf die Art, wie Asher Voss es vermutlich tun wird.

Persönlich bin ich ihm höchstens fünfmal begegnet, aber sein Ruf eilt ihm voraus. Er ist jemand, mit dem man sich besser nicht anlegt. Das gilt für jeden der Voss-Brüder.

Meine braunen Haaren hängen in großen Wellen herab, und meine ebenfalls braunen Augen habe ich dezent mit etwas Lidschatten und Mascara betont. Mein blaues Sommerkleid mit den überschnittenen Ärmeln ist mit kleinen weißen Blumen gemustert und reicht mir bis knapp über die Knie. In dem Kleid komme ich mir niedlich und ein bisschen kindlich vor, aber etwas Besseres habe ich hier auf dem Gutshof nicht. Eigentlich würde ich bei einem Treffen mit Asher Voss lieber einen Designer-Hosenanzug tragen, aber die habe ich alle in Nashville gelassen, weil ich ursprünglich nicht vorhatte, so lange in Magnolia Bend zu bleiben.

Was mich daran erinnert, dass ich meiner Mutter möglicherweise doch nicht helfen kann und besser nach Nashville zurückkehren sollte. Oder dass ich auf unbestimmte Zeit offiziell wieder nach Magnolia Bend ziehen und meine Sachen packen sollte.

»Darum kümmere ich mich später«, sage ich zu meinem Spiegelbild.

Zufrieden, weil ich gepflegt genug aussehe, um Asher Voss zu begegnen, nehme ich den Räumungsbescheid von meinem Frisiertisch und stecke ihn in meine Handtasche. Es klopft an der Tür, und als ich sie aufschwingen lasse, steht Luke davor.

»Du wirst mich auf keinen Fall begleiten«, wehre ich ab.

»Ich wollte dir nur mitteilen, dass Galen gekommen ist.«

Ich lasse die Schultern hängen. Eine Begegnung mit meinem narzisstischen Ex ist das Letzte, was ich momentan gebrauchen kann. »Schick ihn weg.«

»Ich hab’s versucht. Du weißt, wie er ist. Er besteht darauf, dich zu sehen. Immerhin habe ich ihn überredet, draußen auf der Veranda auf dich zu warten.«

Seufzend schwinge ich mir meine Handtasche über den Kopf, sodass der Riemen auf einer Schulter landet. »Dann habe ich es heute wohl mit zwei Idioten zu tun«, murre ich und mache mich auf den Weg zur Treppe.

»Er kann wirklich kein Nein akzeptieren, stimmt’s?«, sagt Luke, der mir gefolgt ist.

»Konnte er noch nie. Nicht zu fassen, dass ich mal mit ihm zusammen war.« Als ich die unterste Stufe erreicht habe, drehe ich mich zu meinem Bruder um.

»Du warst noch ein Teenager. Alle Teenager stellen mal etwas Schwachsinniges an.« O ja, mein Bruder weiß, wie er mich trösten kann.

Galen ist drei Jahre älter als ich, darum habe ich mich erst im letzten High-School-Jahr auf Dates mit ihm eingelassen. Anfangs dachte ich, es wäre aufregend, mit ihm zusammen zu sein, aber ich begriff schnell, dass er im Grunde unausstehlich und egozentrisch ist. Wir trennten uns noch vor dem Ende des Schuljahres, weshalb ich mir wenigstens nicht bis in alle Ewigkeit Fotos von ihm als mein Begleiter beim Abschlussball anschauen muss.

Seit ich wieder zu Hause bin, hat Galen klar zum Ausdruck gebracht, dass er bereit ist, eine Familie zu gründen, und zwar mit mir. Ich weiß wirklich nicht, warum er dermaßen auf mich fixiert ist. Er ist der Sheriff und außerdem ein attraktiver Mann, in Magnolia Bend könnte er fast jede haben. Als wir noch zusammen waren, fand ich es peinlich, wie viele Frauen ihn vor meinen Augen anzumachen versuchten.

Ich gehe zur Tür, aber Luke schiebt sich rasch vor mich und nimmt mich in die Arme. »Bist du sicher, dass du es schaffst?«

Ich weiß, was er meint, er muss es nicht aussprechen. Vermutlich wird es schmerzhaft sein, den Ort zu besuchen, an dem mein Vater getötet wurde, aber noch schmerzhafter wäre es, sein Vermächtnis zu verlieren. »Ja. Es wird … schwierig, aber ich schaffe es schon. Ich muss.«

Luke lehnt sich zurück und sieht mir ins Gesicht, die Hände noch auf meinen Schultern. »Sei bloß vorsichtig da oben. Wenn dir etwas irgendwie … falsch vorkommt, gehst du. Sofort.«

Ich schlucke hart und nicke. »Glaub mir, ich werde nicht länger dort bleiben als nötig.«

Er nickt mir kurz zu, dann dreht er sich um und geht zur Rückseite des Hauses. Er ist bereits im Rückstand mit all dem, was an diesem Morgen in Oak Haven erledigt werden muss.

Resigniert seufzend trete ich zur Haustür hinaus. Links von mir erblicke ich Galen, der auf der Veranda auf mich wartet, aber ich bleibe nicht stehen, sondern gehe weiter die Treppe hinunter.

»Guten Morgen, Sheriff LeBlanc.«

Sein tiefes Lachen hallt hinter mir durch die Luft. »Komm schon, Anabelle, für solche Höflichkeiten kennen wir uns zu gut.«

Ich laufe weiter auf mein Auto zu, die Maisonne steht bereits hoch am Himmel und brennt mir in den Nacken. »Tut mir leid, aber ich habe jetzt keine Zeit zum Reden.«

»Was kann wichtiger sein, als mich auf den letzten Stand zu bringen?«

Bei meinem Wagen angekommen, drehe ich mich ruckartig zu ihm um und sehe ihm in die Augen. »So ziemlich alles.«

Galen lächelt. Seine schwarzen Haare sind zurückgekämmt, die blauen Augen funkeln vor Belustigung.

Andeutungen hat er noch nie verstanden, und ihn zu beleidigen, ist praktisch unmöglich. Offenbar kann er sich nicht vorstellen, dass jemand etwas Schlechtes über ihn sagen könnte.

Er legt seine Hände auf das Wagendach, nimmt mich zwischen seinen Armen gefangen und beugt sich zu mir herab. »Ich finde, wir sollten heiraten.«

Ich huste, verschlucke mich an meiner eigenen Spucke. »Wie bitte? Wir sind kein Paar mehr, Galen.«

»Aber wir waren mal eins, und du hast seitdem nichts Besseres gefunden. Mir ist bislang keine begegnet, die auch nur annähernd so toll gewesen wäre wie du. Warum tun wir uns nicht einfach wieder zusammen?«

Der Unsinn, den er von sich gibt, verschlägt mir die Sprache. »Ich werde dich nicht heiraten.«

»Komm schon, Anabelle. Überleg doch mal, wie gut wir es zusammen hätten.« Mit den Fingerknöcheln streicht er mir über das Gesicht, und ich zucke zusammen, versuche, ihm auszuweichen, bis ich mit dem Hinterkopf an den Wagen stoße. »Wir würden prächtige Kinder bekommen. Du könntest deinen Job in Nashville aufgeben und zu mir ziehen. Wenn wir unsere Familie dann gegründet haben, kannst du in der Schule und im Schulelternrat mitarbeiten. Ich trainiere unsere Söhne beim Football. Es wäre ein perfektes Leben.«

»Klingt, als hättest du dir alles schon genau überlegt.«

»Dann bist du also einverstanden?« Er zieht eine dunkle Augenbraue hoch.

»Absolut nicht. Ich bleibe nicht in Magnolia Bend, das habe ich dir gesagt.«

Seine Mundwinkel verziehen sich nach unten. »Das war, bevor du einen Grund hattest, hierzubleiben.« Er stößt sich von meinem Wagen ab und wirft sich in die Brust wie ein Pfau, der mit seinen Farben protzt.

Ich halte es nicht mehr aus. Das Papier in meiner Handtasche fühlt sich an, als würde es mir ein Loch in die Hüfte brennen. »Ich kann jetzt wirklich nicht mit dir diskutieren, Galen. Es muss reichen, wenn ich dir sage, dass wir nicht heiraten werden. Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche nach einer zukünftigen Mrs LeBlanc.«

Ohne mich noch einmal umzudrehen steige ich ein, und sobald der Motor läuft, fahre ich die Fenster herunter, um die stickige Hitze zu mildern.

»Ich werde dich niemals aufgeben, Anabelle Boudreaux!«, ruft Galen.

»Ich wünschte, du würdest es endlich tun!«, schreie ich im Wegfahren zurück.

Auf der langen Zufahrt des Haupthauses fahre ich die Fenster wieder hoch und drehe die Klimaanlage voll auf. Wenn ich in Midnight Manor eintreffe, will ich auf keinen Fall aussehen, als käme ich gerade vom Windsurfen.

Bei dem Gedanken, wohin ich unterwegs bin, zieht sich mein Magen zusammen.

Ich habe Midnight Manor noch nie betreten. Fast niemand aus Magnolia Bend ist jemals dort gewesen. Zum ersten Mal, seit ich meinen Plan gefasst habe, kommt mir der Gedanke, dass man mir den Zutritt zu dem Herrenhaus mit großer Wahrscheinlichkeit verwehren wird. Vermutlich wird man mich am Eingangstor abweisen, und ich werde Asher Voss nicht zu Gesicht bekommen, geschweige denn mit ihm reden.

Meine Hände krallen sich fester um das Lenkrad, als ich auf der kleinen Brücke über den Fluss fahre, der sich zwischen unseren Grundstücken entlangschlängelt und als natürliche Grenze zwischen ihnen fungiert.

Auf keinen Fall. Auf die eine oder andere Art werde ich heute mit Asher Voss reden und sicherstellen, dass unser Elternhaus noch an viele weitere Generationen der Familie Boudreaux weitergegeben wird.

Wenn nicht meiner Mutter und meinem Bruder, dann meinem Vater zuliebe. Er hätte es so gewollt.

Kapitel 3

Anabelle

Vor den Eisentoren, die das ausgedehnte Grundstück von der Straße trennen, halte ich an, und mein Herzschlag beschleunigt sich, als wäre ich noch bei meinem Morgenlauf.

Seit Midnight Manor vor annähernd zweihundert Jahren erbaut wurde, spinnen sich Mysterien und Sagen darum. Wie auch unser bescheideneres Anwesen befindet sich Midnight Manor seit seiner Errichtung im Besitz derselben Familie. Aber im Gegensatz zu Oak Haven wurde es nicht im klassischen Antebellum-Stil errichtet, den die meisten Gutsbesitzer zu jener Zeit bevorzugten. Durch seine Größe und weil es auf einem Hügel hoch über der Stadt Magnolia Bend liegt, wirkt Midnight Manor eher wie ein gotischer Palast.

Ich hole tief Luft, fahre das Fenster herunter und nehme all meinen Mut zusammen, um auf die Klingel zu drücken. Kaum habe ich das getan, erklingt die Stimme eines Mannes aus dem Lautsprecher. »Ja, bitte?«

»Ich bin hier, um mit Mr Voss zu sprechen«, verkünde ich und verstärke den Griff um das Lenkrad, um das Zittern meiner Hände zu unterdrücken.

»Mit welchem?«, versetzt die gesichtslose Stimme.

Ach ja. Hier leben vier Männer namens Voss. »Mit Asher Voss.«

»Haben Sie einen Termin?« Ich höre die Verachtung in der Stimme des Mannes.

»Nein, aber ich muss ihn unbedingt sprechen.«

»Wenn Sie keinen Termin haben, müssen Sie wieder gehen.«

Ich presse die Lippen zusammen. »Ich werde nicht gehen, bevor ich mit Asher Voss gesprochen habe. Bitte, sagen Sie ihm, dass Anabelle Boudreaux auf ihn wartet.«

Der Mann schweigt eine Weile, und mir sinkt der Mut bei dem Gedanken, dass er mich möglicherweise einfach ignoriert. Endlich sagt er: »Warten Sie.«

Beinahe fünf Minuten lang passiert nichts, und meine innere Anspannung steigt mit jeder Sekunde. Ich überlege, erneut zu klingeln, komme aber zu dem Schluss, dass man mir vermutlich nur Zutritt gewähren wird, wenn ich mich an die Anweisungen halte. Also sitze ich in meinem Wagen und werde immer nervöser. Was soll ich tun, wenn Asher Voss für mich nicht zu sprechen ist?

Ein lautes Brummen erschreckt mich, dann öffnen sich langsam die Flügel des eisernen Tores. Rasch stelle ich die Automatik auf Drive und fahre mit angehaltenem Atem hindurch.

Zum ersten Mal befinde ich mich auf dem Grundstück von Midnight Manor.

Als Kinder wurden wir immer ermahnt, den kleinen Fluss nicht zu überqueren, der unsere Anwesen voneinander trennt, denn dann hätten wir mit schrecklichen Konsequenzen zu rechnen. Was den Tod meines Vaters noch rätselhafter macht … Was hatte er an dem Tag, an dem er umgebracht wurde, auf der anderen Seite des Flusses zu suchen?

Ich fahre weiter die lange, von Sumpfzypressen gesäumte Zufahrt hinauf. Obwohl erst später Vormittag, ist es hier dunkler als vor den Toren. Es scheint fast, als würde das Sonnenlicht von einem schwarzen Flor gefiltert. Als ich das Ende der Zufahrt erreiche, sind keine Zypressen mehr zu sehen, und vor mir erhebt sich das Herrenhaus. Mir stockt der Atem.

Midnight Manor wirkt noch bedrohlicher, als ich es mir vorgestellt habe. Das Gebäude besteht aus dunkelgrauem Stein, und von seinem Hauptteil geht links und rechts in stumpfem Winkel je ein Flügel ab. Am Ende jedes Flügels befindet sich ein Turm mit einer Spitze, die in den Himmel ragt.

Ich parke den Wagen auf der kreisförmigen Zufahrt und nehme einen tiefen, beruhigenden Atemzug, ehe ich nach meiner Handtasche greife und aussteige. Die Luft fühlt sich hier schwerer an, dichter; sie schluckt das Geräusch, das meine Sandalen auf dem steinernen Boden erzeugen.

Oben auf dem Herrenhaus thront eine Reihe steinerner Wasserspeier. Ich habe das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, und die Härchen an meinen Armen richten sich auf. Über der Eingangstür befindet sich eine Fensterrose aus Buntglas. Ehe ich klopfen kann, öffnet sich die Tür wie von selbst.

Ich weiche zurück, als ein großer, dünner Mann dahinter hervortritt. Sein warmherziges Lächeln beruhigt mich ein wenig. Ich würde ihn auf über fünfzig schätzen, denn seine braunen Haare sind von grauen Fäden durchzogen.

»Mademoiselle.« Er verbeugt sich, und ich weiß nicht recht, was ich von der Geste halten soll. Dies ist nicht die Begrüßung, die ich erwartet habe.

»Ähm … hi.«

»Ich bin Marcel Lacour. Freut mich, Sie kennenzulernen.« Trotz seines sehr französischen Namens spricht er ohne jeden Akzent.

Die strenge Erziehung durch meine Mutter tut ihre Wirkung, und ich lächle ihn trotz meiner Nervosität gezwungen an. »Anabelle Boudreaux.«

Er zieht die Brauen hoch. »Ah, von dem Gutshof gleich nebenan.«

Ich nicke. »Ja. Ich bin hier, um mit Mr Voss zu sprechen … ich meine, mit Asher Voss.«

Er klatscht in die Hände, und ich erschrecke. »Selbstverständlich. Bitte, hier entlang. Mr Voss ist in seinem Büro.«

Der Mann wartet, bis ich eingetreten bin, dann schließt er die Tür hinter mir und führt mich durch das Haus. Dass Midnight Manor groß ist, überrascht mich nicht, aber wie riesig es tatsächlich ist, wird mir erst klar, als ich dem Mann durch die Räume folge. Die Menschen, die ich hier sehe, sind allesamt Bedienstete. Obwohl es überall in dem Haus Bogenfenster gibt, ist es am helllichten Tag dunkel. Die Räume sind in Schatten gehüllt, abgesehen von denjenigen, in denen alle Lichter brennen. Und selbst dort ist es dunkler, als es um diese Uhrzeit sein sollte.

Als Monsieur Lacour mich einen langen Flur entlang führt, dessen Decke ein Kreuzrippengewölbe aufweist, wird mir klar, dass wir uns vom Hauptteil des Gebäudes entfernen und uns einem anderen Flügel nähern. Ich bin derart orientierungslos, dass ich keine Ahnung habe, ob es einer der Flügel ist, die ich von außen bereits gesehen habe, oder ein ganz anderer.

Vor einer Tür aus dunklem Holz bleiben wir schließlich stehen, und Lacour dreht sich zu mir. »Wenn er heute ein wenig … schwierig sein sollte, sehen Sie es ihm bitte nach. Der Tag war schon lang, dabei ist noch nicht einmal Mittagszeit.«

Meine Augen weiten sich. Wundervoll. Ich besuche einen Mann, der Gerüchten zufolge ein Raubtier ist, und das an einem schlechten Tag.

Der Diener wartet meine Antwort nicht ab. Er wendet sich rasch zur Tür um und klopft an, ehe er sie etwa einen Meter weit aufschwingen lässt. »Eine Miss Anabelle Boudreaux wünscht Sie zu sprechen, Sir.«

Dann stößt er die Tür ganz auf und zieht sich in den Flur zurück, lässt mich allein mit einem Mann, der Macht und Überlegenheit ausstrahlt. Selbst jetzt, als seine Aufmerksamkeit auf einige Dokumente gerichtet ist, die auf dem großen hölzernen Schreibtisch vor ihm liegen, ist die Gefährlichkeit dieses Mannes klar zu erkennen.

Wie erstarrt stehe ich da. Meine Beine versagen mir den Dienst, sie bewegen sich nicht, als ich es ihnen befehle. Ich stehe mitten in dem Haus, das die Legenden und Albträume meiner Kindheit genährt hat. Und als wäre das noch nicht genug, beobachtet mich nun auch noch der größte und schlimmste Albtraum von allen.

»Sind Sie gekommen, um mich den ganzen Tag lang anzustarren, oder gibt es einen Grund für Ihren unangekündigten Besuch? Fassen Sie sich kurz, Miss Boudreaux. Ich habe zu tun.« Seine Stimme ist tief und klingt bedrohlich, und als er den Kopf hebt und mich ansieht, stockt mir der Atem.

Ich habe durchaus schon Fotos von Asher Voss gesehen – obwohl es im Netz nicht viele gibt –, aber die wenigen Bilder werden ihm nicht gerecht. Sicher, gelegentlich bin ich ihm auf der Straße begegnet, aber auch dort habe ich ihn nicht richtig wahrgenommen.

Er mustert mich aus tiefblauen Augen. Die Art, wie ihm die dunklen Locken bis zu den Ohren reichen und ihm einige Strähnen in die Stirn fallen, weckt den Wunsch in mir, eine Hand auszustrecken und sie ihm aus dem perfekt geformten Gesicht zu streichen.

Er ist vollkommen. Es ist, als wäre seine Schönheit dazu geschaffen, andere Menschen anzulocken.

Ich stehe auf der Schwelle zu seinem Büro und komme mir vor wie ein Kaninchen, gefangen im Blickfeld eines Jägers, zu ängstlich, um wegzurennen, weil es befürchtet, damit erst recht die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Asher Voss mustert mich weiterhin mit gemessener Geduld. Endlich füge ich mich in mein Schicksal und betrete den Raum, schließe die Tür hinter mir und gehe auf den Schreibtisch zu. Sein gelangweilter, leicht verärgerter Gesichtsausdruck ist nicht gerade förderlich für mein Selbstvertrauen.

»Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, mich zu empfangen.« Ich räuspere mich, denn ich finde, dass meine Stimme piepsig klingt. »Es handelt sich um eine dringende Angelegenheit, die nicht länger warten kann.«

»Das dachte ich mir bereits.« Er deutet auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch.

Vorsichtig, um mein Kleid nicht zu zerknittern, lasse ich mich darauf nieder. Ich bemerke ein Tattoo mit einem tödlich aussehenden Bären auf seiner Hand. Die Augen des Tiers wirken wütend, sein Maul ist aufgerissen wie zu wildem Gebrüll, die scharfen Zähne entblößt.

Sobald ich sitze, greife ich in meine Handtasche, hole das Schreiben heraus und lege es vor mir auf den Schreibtisch, wobei ich darauf achte, auf Abstand bleiben. Ich bin nicht dumm genug, mich Voss zu nähern. »Das hier hing heute Morgen an unserer Tür. Es muss sich wohl um einen Irrtum handeln.«

Er wirft einen flüchtigen Blick auf das Papier und lehnt sich dann in seinem Sessel zurück, als wäre dieses Gespräch reine Zeitverschwendung. »Es ist kein Irrtum, das kann ich Ihnen versichern.«

Ich blinzle mehrmals. Natürlich habe ich gehofft, er würde meine Annahme bestätigen. Vielleicht würde er unhöflich und abweisend sein, weil er sich mit mir abgeben musste, aber er würde mir sagen, dass der Brief nicht für uns bestimmt ist.

»Wie kann das sein? Meine Familie lebt seit Jahrhunderten in Oak Haven. Auf dem Anwesen liegt keine Hypothek, keine Pfandverschreibung.«

»Ich fürchte, Ihr Vater brauchte Geld, Miss Boudreaux. Ich habe es ihm gegeben, und die Abmachung lautete, dass Oak Haven mir zufällt, wenn er mit den Zahlungen in Verzug gerät.«

»Warum sollte er zu Ihnen kommen, wenn er Geld brauchte?« Meine Stimme ist lauter und klingt schnippischer, als sie sollte.

Asher Voss’ Augen werden schmal. Jetzt sieht er aus wie das Biest, das er ist. »Vorsicht, Kleine. Sie haben Glück, dass Sie mich heute überhaupt sprechen dürfen. Ich erlaube es Ihnen aus reiner Höflichkeit, weil Sie gerade Ihren Vater verloren haben, aus keinem anderen Grund. Ich kann Sie genauso gut hinauswerfen, ohne Ihnen die Informationen zu geben, die Sie haben wollen.«

Daddy, was hast du nur getan? Warum hast du dich auf einen Pakt mit dem Teufel eingelassen? Tränen brennen in meinen Augen, aber ich werde vor diesem Mann auf keinen Fall weinen.

»Um Ihre Frage zu beantworten: Ihr Vater hatte keine andere Wahl. Die Banken hätten ihm keinen Cent geliehen. Er kam zu mir, weil er wusste, dass ich Geld habe und weil ich sein letzter Ausweg war.«

Die Vorstellung, diesen Mann nach Informationen über meinen Vater, den ich so gut kannte, fragen zu müssen, tut weh, aber noch schlimmer ist die Aussicht, Oak Haven zu verlieren. »Wofür brauchte er das Geld? Warum hat die Bank ihm keins gegeben?«

Stumm betrachtet Asher Voss mich eine Weile, unter seinem Schweigen verbirgt sich Herablassung. Er legt den Kopf schief, als wäre ich ein Kind, was ich für ihn vermutlich auch bin. Zweiundzwanzig im Gegensatz zu seinen – laut Google – sechsunddreißig Lebensjahren.

»Sie wissen tatsächlich nichts von der Spielsucht Ihres Vaters?«

Jeder Muskel meines Körpers spannt sich an, und Zorn strömt mir durch die Adern. »Mein Vater war nicht spielsüchtig.«

Er lacht leise in sich hinein, das tiefe Timbre seiner Stimme erinnert an ein knurrendes Tier. »Offenbar kannten Sie Ihren Vater weniger gut, als Sie dachten.«

Ich springe von meinem Stuhl auf. »Ich kannte meinen Vater sehr gut! Ich habe ihn geliebt.«

So langsam wie ein Raubtier, das sich zum Angriff bereit macht, erhebt sich Asher Voss aus seinem Sessel, legt die Hände auf die Tischplatte und beugt sich zu mir vor. Ohne den Schreibtisch zwischen uns würde er über mir aufragen. »Ich nehme an, es gibt eine Menge, was Sie nicht wissen, Miss Boudreaux.«

Angesichts seines tadelnden Blickes und weil er mit mir redet, als stünde ich weit unter ihm, balle ich an den Seiten die Fäuste. »Wenn das stimmt, was Sie da sagen, dann will ich die Dokumente sehen, die mein Vater unterschrieben hat. Er hätte Oak Haven niemals aufs Spiel gesetzt. Ich glaube Ihnen nicht.«

Asher Voss stößt sich von der Schreibtischplatte ab, richtet sich zu voller Größe auf und streicht sich die Krawatte glatt. Obwohl er vollständig bekleidet ist, lässt der definitiv maßgeschneiderte Anzug seine breiten Schultern und die schmale Taille erahnen. Unter diesem Anzug befindet sich vermutlich ein prachtvoller Körper. »Meine Assistentin in der Zentrale wird sie Ihnen per Kurier übermitteln, sobald Sie dieses Haus verlassen. Also jetzt.« Er deutet auf die Tür hinter mir.

»Das war’s?« Keine Ahnung, warum es mich derart fassungslos macht, dass er mich einfach wegschickt.

»Das war’s.« Er nickt. Als ich keine Anstalten mache, aufzustehen, kommt er um den Schreibtisch herum auf mich zu und baut sich in voller Größe vor mir auf. Seine Nasenflügel beben. »Gehen Sie. Jetzt.«

In den Tiefen seiner blauen Augen blitzt etwas auf, aber ich kann nicht erkennen, was es ist. Eine Sekunde lang denke ich, es könnte Panik sein, aber was sollte einem Mann wie Asher Voss Angst einjagen?

»Ich gehe erst, wenn ich weiß, was ich tun muss, um das Anwesen zu behalten.«

»Sie können gar nichts tun. Und jetzt gehen Sie.« Er fasst mich am Oberarm.

Das Gefühl seiner großen Hand auf meiner nackten Haut lässt mich nach Luft schnappen. Er hingegen zieht mich völlig unbeeindruckt zur Tür. Aber als er nach der Klinke greift, entwinde ich mich seinem Griff.

»Irgendetwas muss ich doch tun können.« Flehend blicke ich zu ihm auf.

»Sie können nichts tun. Es sei denn, Sie haben die Mittel, um den gesamten restlichen Kredit zu tilgen, jetzt, wo Sie mit den Raten im Rückstand sind.«

»Wie viel ist es?« Vielleicht kann ich meinen Wagen verkaufen … Ich wohne nur zur Miete … Vielleicht kann ich selbst ein Darlehen über den Betrag aufnehmen, wenn ich …

»Drei Millionen Dollar.«

Mein Magen stürzt ins Bodenlose, und meine Beine zittern so sehr, dass ich fast zusammenbreche. Mein Vater hat drei Millionen Dollar verspielt.

Als könnte er meine Gedanken lesen, sagt Asher: »Er hat viel Geld beim Spielen verloren. Den Rest musste er in die Destillerie und die Farm stecken, weil er auch noch ein mieser Geschäftsmann war.«

Empört hebe ich den Kopf, um Voss in die Augen zu sehen. Wer ist dieser Kerl, dass er derart gefühllos mit der Tochter des Mannes sprechen kann, der vor wenigen Monaten auf seinem Grundstück getötet wurde?

Ich erinnere mich an all den Überfluss, den ich beim Gang durch dieses Herrenhaus gesehen habe. Die nutzlose Zurschaustellung von Generationen altem Reichtum. Für einen Milliardär wie Asher Voss sind drei Millionen Dollar eine Kleinigkeit, und doch scheint er Freude daran zu haben, mir diesen Schmerz zuzufügen. Wenn er wollte, könnte er sich mit mir eine Lösung überlegen. An seinen Profiten würde sich dadurch nichts ändern.

»Mein Vater mag ein Spieler und ein schlechter Geschäftsmann gewesen sein, aber als Mensch war er tausendmal besser als Sie!«

Ein gönnerhaftes Lachen umspielt seine Lippen. »Bitte, Miss Boudreaux, hören Sie auf, mir zu schmeicheln. Das ändert nichts daran, dass ich in weniger als zwei Wochen der neue Eigentümer von Oak Haven sein werde.«

Übelkeit steigt in mir auf, aber ich werde ihm auf keinen Fall auf die teuren Lederschuhe kotzen. Wir dürfen die einzige Verbindung nicht verlieren, die wir zu unserem Vater und seinem Andenken noch haben. Meine Mutter … Ich möchte nicht wissen, wie sie reagieren würde, wenn man uns von dem Anwesen verjagte. Sie würde sich nie wieder davon erholen.

»Sagen Sie mir, was ich tun kann. Es muss doch etwas geben. Ich tue, was immer Sie wollen, Mr Voss, bitte.« Ich bin eine stolze Frau und hasse die Verzweiflung in meiner Stimme, aber genau das bin ich nun einmal … verzweifelt.

Er mustert mich durchdringend. Es ist fast unmöglich, unter seinem Blick nicht innerlich zu schrumpfen, aber ich halte ihm stand. Dann macht er einen Schritt auf mich zu, und ich weiche zur Tür zurück.

»Warum sollte ich etwas anderes tun als das, was der Vertrag vorsieht, den Ihr Vater unterzeichnet hat? Ich habe nichts Hinterhältiges getan. Er wusste, was er da unterschreibt, und er hat sich an seinen Teil der Abmachung nicht gehalten. Darum habe ich jedes Recht, Oak Haven als mein Eigentum zu betrachten. Und doch sehen Sie mich an, als wäre ich der Schurke und nicht Ihr geliebter Vater, der Ihre Familie in diese Situation gebracht hat.«

Seine Worte klingen wahr, aber es ist mir egal. Er ist es, der das Darlehen gewährt hat. Und er kann die Sache auch beenden, wenn er nur will.

»Ich darf das Anwesen nicht verlieren. Es ist alles, was von meinem Vater noch übrig ist. Mein Bruder kümmert sich jetzt um die Farm und die Destillerie. Er kann dafür sorgen, dass wir profitabler arbeiten, und wir können einen Zahlungsplan aufstellen. Bitte.« Ich lege die Hände zusammen wie zum Gebet. »Ich würde alles dafür tun.«

Er schiebt die Hände in die Hosentaschen und schweigt. Ich wage nicht, zu atmen.

»Nun … dann mache ich Ihnen einen Vorschlag.«

Mein Puls beschleunigt sich. »Was immer Sie wollen.« Er wird einen lächerlich hohen Zinssatz für die Rückzahlung des Kredits verlangen, aber das spielt keine Rolle. Wenn wir Oak Haven behalten können, ist es das wert.

Ohne Vorwarnung schließt er eine Hand um meine Handgelenke, die immer noch erhoben sind. Er drückt meine Arme ruckartig über meinen Kopf und benutzt sie als Hebel, um mich ein paar Schritte rückwärts zu schieben, bis ich mit dem Rücken an der Tür stehe. Meine Brust hebt und senkt sich bei jedem Atemzug, und meine Augen weiten sich, während die Angst die Kontrolle über meine Gliedmaßen übernimmt und ich wie erstarrt dastehe.

Er lässt den Blick über meinen Körper wandern, ehe er mir erneut aus blauen Augen ins Gesicht sieht. »Arbeiten Sie ein Jahr lang für mich, und ich betrachte die Schuld als beglichen. Sie können Ihren geliebten Gutshof behalten.«

Verwirrt blinzle ich ihn an. Er will, dass ich für ihn arbeite? »W…was soll ich tun?«

Erneut tastet er mit dem Blick meinen Körper ab, ehe er mir wieder in die Augen sieht. »Was immer ich will.«

Etwas an der Art, wie er das sagt, lässt es wie eine sexuelle Anspielung klingen, aber so kann es auf keinen Fall gemeint sein. Wahrscheinlich soll ich acht Stunden am Tag Ablage machen oder ihm den Kaffee bringen.

Ich nehme all meinen Mut zusammen und hebe den Kopf, obwohl er definitiv im Vorteil ist, weil er mich nach wie vor an die Tür drückt. »Arbeiten Sie immer im Homeoffice?« Werde ich umziehen müssen, um in der Zentrale von Voss Enterprises tätig zu sein?

»Nein. Aber Sie werden hier arbeiten. Tatsächlich werden Sie sogar hier wohnen.« Er scheint sich diese Regeln auszudenken, während wir hier stehen, Brust an Brust und derart nahe, dass ich die Minze in seinem Atem riechen kann.

»Hier? In Midnight Manor?«

Er zieht eine dunkle Augenbraue hoch. »Angst, dass die Gerüchte wahr sind, die man sich im Ort über mich erzählt?«

Ich erinnere mich an die zahlreichen Geschichten, die ich im Lauf der Jahre gehört habe. Dass es in diesem Herrenhaus spukt, dass es sogar mit einem Fluch beladen ist. Dass mehr als ein Mensch auf verdächtige Weise auf diesem Gelände gestorben ist … einschließlich meines Vaters. Dass niemand viel über die Brüder Voss weiß. Dass einmal im Monat am Samstagabend teure Autos mit verdunkelten Scheiben durch die Stadt und den Hügel hinauf nach Midnight Manor fahren.

Wie soll ich hier ein Jahr lang leben?

Aber wie könnte ich es verhindern?

Gedanken an meine Familie und Erinnerungen an Oak Haven verdrängen all meine ängstlichen Fragen, die Midnight Manor betreffen. Um hier zu arbeiten, werde ich meinen Praktikumsplatz in Nashville aufgeben müssen. Aber wenn das Jahr rum ist, kann ich erneut versuchen, in der Verlagsbranche Fuß zu fassen, und dann weiß ich mit Sicherheit, dass Oak Haven Eigentum meiner Familie bleibt.

»Ich hätte gern schriftlich, dass wir quitt sind, wenn ich ein Jahr lang für Sie gearbeitet habe.«

»Sie trauen mir nicht?«

»Kein bisschen.«

Er grinst und lässt meine Hand los, ist aber nach wie vor nur Zentimeter von mir entfernt. »Sie sind weniger naiv, als ich geglaubt habe.«

»Ich bilde mir keineswegs ein, dass Sie es mir leicht machen werden.«

»Kluges Mädchen. Sie können darauf wetten, dass ich es Ihnen sehr hart und unangenehm machen werde.«

Ich recke den Hals, um ihm ins Gesicht zu sehen. Das raubtierhafte Glitzern in seinen Augen, dazu die sexuelle Anspielung, sorgen dafür, dass sich unter dem Kleid meine Nippel zusammenziehen. Warum reagiere ich auf diese Art?

»Gut.« Ich nicke, und er tritt einige Schritte zurück, sodass ich endlich durchatmen kann. »Wann fange ich an?«

»Seien Sie morgen früh um acht Uhr hier«, sagt er in abweisendem Ton, dreht sich um und geht zurück zu seinem Schreibtisch.

»Ihre Anwälte, oder mit wem auch immer Sie zusammenarbeiten, können derart schnell einen Vertrag aufsetzen? Ohne schriftliche Vereinbarung fange ich nicht an.«

Er spart sich die Mühe, in meine Richtung zu schauen, als er hinter dem Schreibtisch Platz nimmt und nach den Unterlagen greift, in die er vor meiner Ankunft vertieft war. »Ich zahle großzügig, damit ich bekomme, was immer ich will, wann immer ich es will, Miss Boudreaux. Marcel wird Sie jetzt hinausbegleiten.«

Die Tür hinter mir schwingt auf, und als ich mich ruckartig umdrehe, sehe ich in Lacours freundlich lächelndes Gesicht.

Ohne ein weiteres Wort von Asher Voss verlasse ich sein Büro. Erst als ich dem Diener durch das Herrenhaus folge, drängt sich mir die Frage auf, warum ich für Asher Voss arbeiten soll. Die Arbeiten, die ich für ihn erledigen soll, sind doch sicherlich kein Jahresgehalt von drei Millionen Dollar wert. Aber wer bin ich, einen Mann wie Asher Voss infrage zu stellen? Er wird seine Gründe haben.

Wichtig ist nur, dass Oak Haven im Besitz meiner Familie bleibt.

Kapitel 4

Asher

Am Morgen nach Anabelle Boudreaux’ Besuch beende ich meine morgendliche Schwimmrunde und geselle mich wie üblich zu meinen Brüdern, die im Esszimmer beim Frühstück sitzen. Nero und Kol sind schon da, aber Sid fehlt.

»Wie war das Schwimmen?«, fragt Nero und schenkt sich einen Kaffee ein.

»Gut.« Ich setze mich auf den Stuhl neben seinem und schiebe meine Tasse in seine Richtung, damit er sie füllen kann. Ich nehme einen Schluck und stelle die Tasse wieder ab, um mir Eier, Toast und Beeren auf den Teller zu legen.

»Du bist länger geschwommen als sonst. Normalerweise tauchst du morgens als Erster hier auf«, stellt Kol fest.

»Was soll das werden, ein Verhör?« Ich steche mit der Gabel in die Eier. Allerdings bin ich tatsächlich länger geschwommen als sonst. Seit gestern bin ich aufgeregt, voll unruhiger Energie, und die wollte ich in der Hoffnung auf einen produktiveren Tag abarbeiten.

Kol kichert, als hätte er einen Insider-Witz gehört, aber ich ignoriere sein kindisches Benehmen.

»Weiß jemand, wo Sid ist? Ich muss ihn etwas fragen wegen diesem Bullshit mit der Umweltschutzbehörde in Delaware.« Voss Enterprises hat ein Stück Land gekauft, um ein High-End-Resort direkt am Meer zu bauen, und die Umweltbehörde sitzt uns im Nacken, weil wir ein paar verdammte Vögel vertrieben haben, die dort jedes Jahr nisten.

»Keine Ahnung, wo er ist«, sagt Nero.

Wir essen schweigend, bevor ich beschließe, die beiden über unsere neue Mitarbeiterin zu informieren, die heute anfängt. Irgendwie graut mir davor, den vermutlich werden sie etwas in diese Abmachung hineininterpretieren, was nicht zutrifft.

»Hört zu, ich habe Anabelle Boudreaux von Oak Haven Estates eingestellt. Sie wird das ganze Jahr hier wohnen und für mich arbeiten.«

Die Gabel rutscht aus Kols Hand und landet klirrend auf dem Teller. »Warum zum Teufel machst du so etwas?« Er starrt mich an.

»Nur zu meiner Belustigung«, versetze ich und greife wieder nach meiner Tasse Kaffee.

»Wenn du dieses verdammte Anwesen mal verlassen würdest, müsstest du vielleicht keine Streunerinnen mehr anschleppen, um dich zu amüsieren.« Kol schiebt seinen Stuhl zurück und verlässt den Raum, vorbei an Sid, der uns nun endlich mit seiner Anwesenheit beehrt.



Tausende von E-Books und Hörbücher

Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.