Mord am linken Brusthügel - Gudrun Heinrichmeyer - E-Book

Mord am linken Brusthügel E-Book

Gudrun Heinrichmeyer

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein idyllisches Hotel, ein verschwundener Bauarbeiter und eine verstrickte Ermittlung - das sind die Zutaten dieses außergewöhnlichen Kriminalromans. Als Anton Petrov nach einem Arbeitstag nicht nach Hause zurückkehrt, stößt seine Frau Elsa auf eine beunruhigende Entdeckung. Mit einer abgenagten Hand, die aus einem Betonfundament ragt, beginnt eine Ermittlung, die nicht nur die Polizei, sondern auch Elsa selbst in die düsteren Geheimnisse des Glauburger Bauprojekts verstrickt. Doch "Mord am linken Brusthügel" ist mehr als nur ein Krimi – es ist eine humorvolle und zugleich tiefsinnige Erkundung menschlicher Abgründe, seltsamer Begegnungen und absurder Situationen, bei der die Leser nicht nur einen spannenden Fall lösen, sondern auch skurrile Figuren und unerwartete Wendungen kennenlernen. Ein Roman voller Überraschungen und tieferer Wahrheiten, der Krimi, Humor und philosophische Reflexionen geschickt miteinander verbindet. Im Buch erwarten Sie unter anderem: - eine bis zum Schluss spannende kriminelle Rahmenhandlung - verwobene Handlungsstränge - humorvolle Bezüge zu aktuellen Themen - verrückte Ereignisse, die den Blick weiten - philosophische Reflexionen - skurrile menschliche und tierische Protagonisten der Seminargruppe ClubMAD - 9 hilfreiche Traumreisen zu verschiedenen Themen - ein Hotelmanager, der zukunftsträchtige Innovationen zur Kundegewinnung und Kostenminimierung nutzt wie... - ein KI-gestütztes Gedanken-Übertragungs-Programm - Inversbionik - gelebte Biodiversität - Semi-Nah-Raum-Technologie - und vieles mehr Viel Vergnügen beim Lesen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Roman

von

Gudrun Heinrichmeyer

Christina-Cornelia Mager

2024

Impressum:

Titel:Mord am linken Brusthügel

Autoren:Gudrun Heinrichmeyer und Christina-Cornelia Mager

Layout und Illustrationen: Gudrun Heinrichmeyer

Copyright ©Gudrun Heinrichmeyer und Christina Mager

Urheberrechtlicher Hinweis:Das Werk und alle seine Teile sind urheber-rechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne vorherige schriftliche Einwilligung der Autorinnen unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Microverfilmungen und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.

Alle Rechte vorbehalten

Erschienen: 2024

Weitere Informationen zu den Autorinnen:

Gudrun Heinrichmeyer

Christina-Cornelia Mager

Theo-Funccius-Str. 16

58675 Hemer

Mail:

[email protected]

Hermannstr. 11

64589 Stockstadt

Mail:

[email protected]

Website: www.nlp-impulse.com

Inhaltsverzeichnis

Autorinnen-Rückblick-Vor-Wort

Sebastians Agenda

Abendessen bei Familie Petrov

Polizeiliche Ermittlungen

Vermisstenmeldung

Erste Ermittlungen

Sebastian plant

Feiertage bei Frau Petrov

Sorgenkarussell

Laien-Ermittlung

ClubMad-1: Wiedersehen

Hühnerträume

Bibliotheks-Träume

Traum 1: Gedankensortierung

InversBionik

Park-Gespräche

Familientreffen Pop

Baufirma

Hinfahrt

Rollator-Schaden

Ankunft

Silvester

Traum 2: Wissensaktivierung

Rückfahrt

Georg ermittelt

Aussprache in der Aquabar

ClubMad-2: Tag 1

Neuankömmling

Polizeieinsatz

Verdeckte Ermittlungen

Fitnessraum-Meditation

Nachmittagskaffee

Ökologie und Ökonomie

Flecken-Botschaften

Erneuter Polizeieinsatz

Ermittlungs-Erinnerungen - 1

Hand-Fund-Ort

Beton-Klotz-Bergung

Todesnachricht

Raunachtsritual-Erinnerungen

Ermittlungs-Erinnerungen - 2

Hypothesenbildung

Alibi

ClubMad-2: Tag 2

Neuerungen

Traum 3: Erfrischung

Technik-Probleme

Bügelperlenbilder

Hühner-Hypnose

Glauberg-Exkursion

Zurück

Traum 4: Farbgebung

Albtraum-Panne

ClubMad-Initiations-Ritus

Schliemann-Team

Exkursions-Präsentation

Kringel-Resumee

Frau Petrovs Erlebnisse

Jenseits-Botschaften

Weitere Ermittlungen

Rückwärts-Geh-Meditation

Vortreffen

Traum 5: Tonfindung

Rückwärts-Geh-Meditation

SpirituTransExperiment ®

KITA-Helfer

ClubMad-3: Tag 1

Wir-Gefühl

Traum 6: Heimatentdeckung

Park-Gespräche

Wuschelball-Warming

Austausch

Männer-Fitness

Traum 7: Körperfreundschaft

Sparmaßnahmen

ClubMad-3: Tag 2

Wald-Erleben

Häkeln für die Schönheit

ClubMad-4: Tag 1

Gehirnfitness

Ameisen-Gehirne

Traum 8: Gehirnfreundschaft

Schwarz-Schaf-Panik

Traum 9: Rucksacknutzung

Begegnung

Krimi-Dinner

ClubMad-4: Tag 2

Urkrötenprojekt

Amphibienschutz

Ziegen-Mensch-Inspiration

Augenring-Korrektur

Busfahrt

Beauty-Simulator

OP-Vorbesprechung

Lasern

Rückfahrt

Familienfeier in Ober-Ohmen

Geburtstagsbrunch

Nachhauseweg

ClubMad-5: Tagesveranstaltung

Neuigkeiten

Befragung

Laichgewässer-Visionen

Geiselnahme

ClubMad-Whatsapp-Gruppe

Beförderung

Zum guten Schluss

Da lachen ja die Hühner

Für Nichthäkler

Autoren-Profil

Gudrun Heinrichmeyer

Autoren-Profil

Christina Cornelia Mager

 

Autorinnen-Rückblick-Vor-Wort

11.11.2024, Zoom-Meeting

Im Buch gibt es eine kriminelle Rahmenhandlung mit eingebauten Trance-Texten zum Träumen und Vorlesen. Wir finden, das widerspricht sich nicht.

Unseren Lesern wünschen wir Neugierde, interessante innere Bilder und gesunden Humor, um die Lektüre zu verkraften!

Im Moment werden wegen der Antidiskriminierung sogar Klassiker umgeschrieben oder zumindest kommentiert. Wir hoffen, dass das bei uns nicht geschieht. Bedauerlicherweise haben wir festgestellt, dass in unseren Texten Diskriminierungen und Tabubrüche jeglicher Art vorkommen. Für jeden Zartbesaiteten ist etwas dabei zum Aufregen.

Außerdem haben wir erfahren, dass Markus Söder pünktlich zum 1. April ein Gender-Verbot für Schulen und Universitäten erlassen hat. Das meint er ernst. Jetzt müssen Schüler- und Studierenden-Arbeiten überarbeitet werden. Wir überarbeiten gar nichts. Regeln zu Formulierungen und Schreibweisen ändern sich sowieso ständig. Deshalb schreiben wir weiterhin was uns gerade einfällt.

Bei uns wird mal gegendert oder nicht,

Je nachdem wer wann was spricht.

Wenn Sie jetzt noch Lust haben, lesen Sie weiter.

Sollte Ihnen der Spaß schon vergangen sein, verschenken Sie das Buch an einen Ihrer Feinde. Und wer weiß, vielleicht machen Sie ihm damit eine Freude. Das kann zur Verständigung beitragen.

Sebastians Agenda

11.11.2023, Hotel Kringel

Sebastian Kringel sitzt zufrieden an seinem Schreibtisch. Sein Hotel ist auf dem besten Weg zu einer Art Weltkulturerbe zu werden. Es boomt und sogar einer der ersten sBarcamp-Teilnehmer hat sich nach langer Pause wieder bei ihm gemeldet. Kultur und Natur im ländlichen Raum gepaart mit modernster Hochtechnologie, all das bietet er seinen Gästen. Die herrliche Umgebung hat Aufforderungscharakter für Alt und Jung. Mit seinem neuen Wellness-Sorglos-Paket und anderen Highlights überrascht und erfreut er immer wieder die Neuankömmlinge. Biodiversität, Freiheit, Abenteuer und Rückzugsmöglichkeiten, auch für länger, stehen auf seiner Homepage.

Es kratzt leise an der Türe. Sebastian bedient den blauen Knopf an seinem Schreibtisch und die Feuerschutztüre schwingt auf. Herein kommt die gute Fee Amalia, eine der bretonischen Ameisen. Sie serviert Cappuccino zusammen mit einem Kringel-Croissant. Das zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Spitzen berühren und es einen fast perfekten Ring bildet… eine runde Sache, wie alles in seinem Hotel-Imperium!

Während des Frühstücks fällt sein Blick auf das Buch von Norbert Sachser: „Das unterschätzte Tier“. Die Gedanken in diesem Buch sprechen ihm voll aus dem Herzen. Sogar in den Bildungsprogrammen der öffentlichen Medien hat eine Revolution des Tierbildes stattgefunden.

Tiere gleichen Menschen mehr, als man früher dachte. Sie sind Persön-lichkeiten, haben Empathie, erfinden Werkzeuge, nutzen einen ausgefeil-ten Sprachcode und besitzen ein Bewusstsein. Ihr Empfinden und Verhal-ten sind dem Menschen sehr ähnlich, vielleicht sogar überlegen? Die For-schung steht noch am Anfang.

Als er noch ein Kind war, fragte sich Sebastian schon: „Woher nehmen Menschen eigentlich die Arroganz zu behaupten, dass Tiere keine Sprache haben und nicht denken können, nur weil sie sie nicht verstehen. Wer ist da eigentlich dämlich?“

Damals herrschte noch die allgemeine Überzeugung, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist. Tiere wurden als dumm, gefühllos und minder-wertig eingestuft. Inzwischen macht die KI Echtzeitübersetzungen von einer Sprache in die andere, Delfin- und Wal-Sprache ist in Vorbereitung. Auch die Ornithologen helfen mit, das vielfältige Gezwitscher der gängig-sten Vogelarten zu entschlüsseln. Da bin ich doch schon viel weiter: Wenn ich mich auf die inneren Bilder meines Gegenübers und auf Mimik und Gestik konzentriere, ist die gesprochene Sprache nur Beiwerk. Gegen-seitiges Verstehen ist kinderleicht. Gedanken enden schließlich nicht an der Stirn.

Es macht Pling und Sebastian erhält eine Nachricht: Eine Gruppe Assistenz-Hunde für bewegungsunfähige Beamte möchte einen Tag Supervision buchen, um herauszufinden, wie sie ihre menschlichen Partner zu effektiverer Teamarbeit anregen können. Dafür soll es einen Schnup-perworkshop zur Teambildung geben.

Sebastian denkt assoziativ: Heutzutage ist es vollkommen normal, dass er Anfragen wie diese erhält. Begonnen hat dieser Trend mit seiner Aus-schreibung zu einem sBarcamp mit dem Titel: „Professionstheoretische Standortbestimmung für Biodiversität im Bereich der Grenzwissenschaften“. Erwartet hatte er damals vor sieben Jahren Anmeldungen von Menschen, denen Biodiversität wichig ist. Wie erstaunt war er, als sich auch andere Wesen angemeldet haben. In manchen abstrakt formulierten Ausschreibungen liegen Chancen, denn jeder kann sie mit eigenen Bildern füllen und sich persönlich angesprochen fühlen.

Wie gut, dass er damals alle Anmeldungen ohne Vorbehalte akzeptiert hatte. Darauf kann er echt stolz sein, welcher andere Hotelier hätte einen Esel, ein Schaf oder gar ein Mischwesen wie den Delfinmenschen in seinen komfortablen Gästezimmern beherbergt? Immerhin hat sich auf diese Weise die Club-Maed-Gruppe formiert, die bisher bereits viermal in seinen Räumen getagt hatte. Clubs sind immer lukrativ für ihn. Inzwischen hat Sebastian den Namen aktualisiert und verkürzt in ClubMAD. Aufgrund der neuen psychologischen Erkenntnisse bieten sich die Buchstaben M für Mindset, A für Achtsamkeit und D für Dankbarkeit an. Das spricht auf jeden Fall noch mehr Menschen an. Darüber hinaus ist dieser Club schon immer bekannt für Toleranz und gelungene Kommunikation unterschiedlicher Wesen.

Seine Smartwatch spricht unaufgefordert mit ihm: „Orientiere dich in der Gegenwart und bleibe frisch im Kopf!“

Sebastian greift zu seinem Spray mit destilliertem Wasser. Damit sprüht er sich ins Gesicht und hat sofort einen frischen Kopf. Es rattert in seinem Gehirn. Die losen Enden fügen sich zusammen: Es geht darum, diesen alten Familienbesitz auch einer breiteren Öffentlichkeit anzubieten, zugänglich zu machen und im neuen Gewand zu präsentieren.

Gerade ist er dabei, die Badezimmer neu auszustatten, um auch für sanfte Momente im Inneren des Hotels zu sorgen. Was soll im Fokus stehen? Was steckt in den etwas älteren Badezimmern? Und was will noch hinaus? Was ist Kunst und was kann weg? Er denkt nach, in welche Richtung sich seine Kreativität dieses Mal entfalten kann. Heute möchte er noch bedruckte Karten und Poster in Haushalte und Bürozimmer bringen aber auch in Krankenhäuser, Kindergärten und Altenheime.

Mit Online-Kursen, transformativen Seminaren und neuen kostengünstigen Mitarbeitern ist es ihm gelungen, sich wirtschaftlich noch mehr zu stabi-lisieren.

Auf jeden Fall möchte er wieder ein neues sBarcamp, die ökologische Sparversion des Barcamps, veranstalten. Eine derartige Konferenz erfor-dert keinerlei Vorbereitung. Lediglich die Zimmer und den Konferenzraum muss er bereitstellen. Den Rest regeln die innovativen Denker vom ClubMad selbst. Er ist gespannt, wohin sich das entwickelt.

Das kleine Badezimmerprojekt mit dem Titel „sanfte Momente“ soll im neuen Hausprospekt erscheinen. Eine LED-Deko-Muschel, neu gestaltete farbige Kringel für die Single-Zimmer, hochwertige Kunstpflanzen nachge-ahmt aus dem nahegelegenen Biotop, ein Abflusssieb aus Silikon für die Waschbecken auf dem eine Kröte mit Eiern am Hinterleib sitzt, sowie neuartige Gesichtsmasken sollen dazu beitragen, dass sich auch an diesem Ort, inklusive Toilette, Potenziale entfalten.

Der Hotelchef hat keine Kosten gescheut. Er möchte alle bevorzugten Sinne seiner Kunden miteinbeziehen. Deshalb hat er sämtliche verfügbare Düfte, die örtliche Supermärkte und Mutter Natur zu bieten haben, besorgt. Auf einem Regal in jedem Badezimmer stehen Pumpspray-Flaschen mit Jasim-Duft, Rosen-Duft, Lavendel-Duft, WC-Duft, Gras-Duft, Feuchtbiotop-Duft, Waldpilz-Duft, Sumpfdotterblumen-Duft und vieles mehr

Abendessen bei Familie Petrov

20.12.2023, Glauburg

Elsa und Anton Petrov sitzen in ihrem antiken Haus in Glauburg beim gemeinsamen Abendessen am reich gedeckten massiven Eichentisch mit geschnitzten Beinen. Die regionalen Dauerwurstspezialitäten passen hervorragend zu dem selbst gebackenen würzigen Sauerteig-Roggenbrot mit Kümmel und Koriandersamen.

Elsa fragt ihren Mann Anton: „Wie war dein Tag?“

Anton: „Frag mich nicht… Ich kann diesen Hugo nicht mehr ertragen! Der Chef hat uns beide wieder zusammen eingeteilt. Dauernd darf ich seinen Pfusch beseitigen! Ich bekomme auch nicht mehr Geld für meinen Job als er. Dafür soll ich den Typen beaufsichtigen. Das ist Chefaufgabe und nicht Aufgabe von einem Kollegen!“

Elsa seufzt: „Anton du bist so gewissenhaft, manchmal zu engagiert für diesen Job“. Dann lenkt sie ab: „Bitte bring deine Unterhemden und langen Feinrippunterhosen mit Eingriff in den Keller, die möchte ich morgen auf jeden Fall noch waschen, du weißt ja, dass übermorgen die Raunächte beginnen.“

Anton grummelt: „Mach ich gleich nach dem Abendessen.“

Elsa: „Übrigens, morgen Abend bin ich mit Iris zum Kartenspielen verab-redet. Hast du auch Lust dazu?“

Anton: „Mal sehen, das kommt darauf an, was ihr spielt. Ist es in Ordnung, wenn ich mich spontan entscheide? Fangt auf jeden Fall ohne mich an! Vielleicht wird es später.“

Tok… tok… tok… Jemand klopft an der Türe. Elsa bittet Anton, sie zu öffnen. Er steht auf und geht zur Haustüre. Draußen steht ein Amazonbote mit einem mittelgroßen Paket in den Händen. Elsa hat bunte Strumpfwolle bestellt, denn bis Weihnachten möchte sie noch ein Paar dicke Wollsocken für Anton stricken. In den Arbeitsschuhen kann es im Winter ganz schön kalt werden.

Anton bringt das Paket herein und wendet sich an seine Frau: „Ich habe den Türklopfer gar nicht gehört. Vielleicht liegt das daran, dass mein Hörvermögen durch den vielen Baulärm schlechter geworden ist? Aber ist ja auch egal. Ich bin für jeden Fall dafür, dass wir uns eine richtig laute elektrische Klingel anschaffen.“

Elsa schnappt nach Luft: „Das kann doch nicht dein Ernst sein… eine elektrische Klingel in unserem schönen denkmalgeschützten mittelalter-lichen Haus! Der Gedanke daran bereitet mir körperliche Schmerzen! Wie furchtbar! Du kannst viel von mir verlangen, aber so etwas nicht! Vielleicht solltest du dir die Ohren mal professionell reinigen lassen!“

Anton schaut betreten nach unten, schmiert sich ein Schmalzbrot, streut Salz und Pfeffer darauf und kaut schweigend. „Für heute ist das Thema verbrannt. Vielleicht ist es besser, sie morgen früh noch einmal darauf anzusprechen, dann kann sie sich damit anfreunden, wenn ich weg bin.“

Nach ein paar Minuten scheint sich Elsa wieder beruhigt zu haben. Anton: „Übrigens, ich habe heute beim Ausschachten des Fundaments grünlich gefärbte Klumpen entdeckt, die sehen aus wie verwitterte Metallstücke mit einer dicken Schicht Grünspan darauf.“

Elsa wird aufmerksam: „Vielleicht ist das Kupfer oder Bronze. Du solltest das auf jeden Fall melden, vielleicht hast du ja antike Gegenstände gefun-den?“

Anton: „Das habe ich auch schon gedacht, aber ich fürchte, dass der Chef nicht wirklich etwas davon hören möchte. Es wäre fatal, wenn der Bau verzögert würde. Der Baufirma geht es in den letzten Monaten sowieso nicht besonders gut.“

Elsa: „Deine Zurückhaltung kann ich gut verstehen. Du bist auf den Arbeitsplatz angewiesen, das ist schließlich die einzige Baufirma in der Ge-gend.“

Anton: „Jetzt bin ich müde, gute Nacht, ich geh ins Bett und schlaf mal drüber.“

Elsa: „Ich komm auch gleich nach. Ich stelle nur noch die Waschmaschine an.“

Polizeiliche Ermittlungen

Vermisstenmeldung

23.12.2023, 7:30 Uhr, Glauburg

Kommissar Rudolf Ernst klopft am Büro seines Chefs und tritt ein: „Guten Morgen, Georg, gerade ist eine Vermisstenmeldung reingekommen. Ein Bauarbeiter ist nach der Arbeit nicht nachhause gekommen. Das war vorgestern. Seine Frau sagt, dass er sehr zuverlässig ist und so etwas noch nie vorkam. Sein Handy ist aus und er reagiert nicht auf Nachrichten. Sonst weiß sie immer Bescheid, wo er ist. Sie hat auch schon alle Leute angerufen, die wissen könnten, wo sich ihr Mann aufhält. Sämtliche Krankenhäuser hat sie auch schon abtelefoniert. Nun hat sie den Verdacht, dass ihm ein Kollege, mit dem er zuvor Streit hatte, etwas angetan hat. Ihr Mann arbeitet bei einer Baufirma, die ein Hotel im geplanten Golfressort auf dem Nachbarhügel des Glaubergs errichtet. Der Mann heißt Anton Petrov und ist Russlanddeutscher. Er lebt schon seit 24 Jahren in Glauburg. Die Frau wirkt etwas verpeilt. Sie wusste nicht einmal den Namen der Maurer-Firma, für die ihr Mann arbeitet.“

Hauptkommissar Georg Pop atmet tief durch und denkt: „Muss das jetzt vor Weihnachten sein? Ich freue mich auf ein paar erholsame und ruhige Tage mit Schatzi!“ Zu Rudi sagt er betont gelassen: „Mach dich mit Anita auf den Weg! Fahrt zur Baustelle und findet heraus, wer den Bauarbeiter zuletzt gesehen hat und wo das war!“

Rudi: „Geht klar, wir sind schon weg.“

Erste Ermittlungen

23.12.2023, 7:45 Uhr, Baustelle am linken Brusthügel

Rudi, der ziemlich feminin wirkt, mit seinen halblangen braunen Locken und seinen hoffnungsvollen grünen Augen, zieht seine Uniformjacke an und setzt seine Polizeimütze etwas schräg auf den Kopf. Das findet er attraktiver, weil er es nicht so steif und formell mag.

Er wirft seiner Kollegin Anita Mann, die gerade einen Kaffee trinkt und ein Hörnchen frühstückt, die Autoschlüssel zu und ruft auffordernd: „Los geht’s, wir haben einen Einsatz!“ Anita glättet mit einer engagierten Bewegung ihr Polizeihemd und stopft es sicherheitshalber noch einmal korrekt in die Uniformhose. Dann zieht auch sie die Jacke an. Ihre Mütze setzt sie gerade auf und kontrolliert ihr Aussehen noch einmal im Spiegel. Sie ist mit ihrer Erscheinung zufrieden, sieht Rudi an und sagt etwas genervt: „Ich bin fertig, wir können los. Du kannst mir auf der Fahrt erklären, worum es geht.“

Die etwas streng wirkende Amazone ist beeindruckend mit ihren kurzen blonden Haaren unter der Uniformmütze. Auch der etwas dunklere Damenbartansatz unterstreicht ihre seriöse Wirkung. Sie steigt zusammen mit ihrem Kollegen in den Streifenwagen und lässt den Motor kurz aufheulen.

Auf der Fahrt bringt Rudi sie leicht stöhnend auf Stand. Er kann die Sorgen der Ehefrau so gut nachvollziehen. Erst vor ein paar Tagen hatte sich sein Meerschweinchen im Gartengehege ein Loch gebuddelt und war verschwunden. Rudi standen die Tränen in den Augen und er dachte: „Das war nur ein Haustier! Wie stark mögen die Verlustgefühle sein, wenn der Partner fehlt?“ Anita äußert sich: „Wahrscheinlich feiert der Mann nur ausgiebig mit seinen Kumpeln und muss jetzt seinen Rausch ausschlafen. Jeder weiß doch, dass Russen viel saufen! Dafür muss ich auf mein Frühstück verzichten!“ Rudi antwortet: „Bist du sicher?“

Die Fahrt führt die beiden übers Land in Richtung Kelten-Fundstätte Glauberg. Kurz vorher biegt Anita auf Rudis Geheiß hin ab und fährt auf den namenlosen Nachbarhügel. Dort befindet sich ihr Ziel, die Baustelle.

Anita parkt direkt neben dem sehr groß dimensionierten Schild, steigt forsch aus und läuft zum Rand der Baugrube. Rudi liest die Aufschrift: „Von den besten Maurern in Glauburg“. Darunter steht in kleinen Buchstaben: „wird ein Golfressort mit Hotel errichtet.“ Rudi brummelt: „Maurer scheinen ganz schön wichtig zu sein.“

Die Baustelle scheint verwaist zu sein. Erst als Anita laut ruft: „Hallo ist hier jemand? Wir sind von der Polizei und haben ein paar Fragen“, taucht der Kopf eines Bauarbeiters aus einer schlecht einsehbaren Vertiefung der Baustelle auf. Er ruft: „Geduld, Geduld, ich komme ja schon.“

Der Mann steigt aus der Mulde, durchquert die Baugrube und klettert nach oben zu den beiden Polizist*innen: „Was ist denn los? Was wollen Sie?“

Anita zückt den Polizeiausweis und teilt dem Bauarbeiter mit: „Ich bin Kommissarin Anita Mann und das ist mein Kollege Kommissar Rudolf Ernst. Wie ist Ihr Name?“

„Ich bin Johann Kübler. Was wollen Sie denn?“

„Wann haben Sie Ihren Kollegen Anton Petrov zuletzt gesehen?“

„Wieso, was ist los mit ihm?“

„Wir stellen hier die Fragen – bitte antworten Sie einfach!“

„Ist ja schon gut, vorgestern Abend, als ich nachhause gegangen bin, war er noch da. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.“

„Waren noch mehr Leute auf der Baustelle, als Sie gegangen sind?“

„Nein, außer Anton bin ich in diesem Saftladen der Einzige, der morgens pünktlich kommt und abends bis zum Ende der Arbeitszeit bleibt. Alle anderen machen einen auf Arbeiterdenkmal oder verschwinden, sobald der Chef weg ist. Und der hat das Arbeiten auch nicht erfunden.“

„Sie waren also der letzte, der ihn hier gesehen hat?“

„Sag ich doch!“

„Außer Ihnen ist heute niemand da?“

„Nein, ich bin der Einzige, der hier ist und nach dem Rechten sieht. Ich dachte ja, dass Anton heute noch arbeitet, aber der scheint ja auch schon Weihnachtsurlaub zu haben. Hat er wohl vergessen mir zu sagen.“

„Wir haben gehört, dass er Ärger mit einem Kollegen hatte. Was wissen Sie darüber?“

„Keine Ahnung, was Sie meinen, da gibt‘s nichts Ernstes. Auf Baustellen herrscht schon mal ein rauer Ton. Ab und zu fetzt er sich mal mit dem Oberpfuscher und Ausländerhasser, dem Hugo. Der versucht immer wieder, ihm seinen Mist in die Schuhe zu schieben. Klar lässt er sich das nicht gefallen.“

„Wie ist denn der Nachname von diesem Hugo?“

„Schneider“

„Und wo wohnt der?“

„Weiß nicht, ich will mit dem auch nichts zu tun haben. Fahren Sie doch mal zum Büro des Chefs. Der muss das ja wissen.“

„Danke für Ihre Hilfe! Bitte halten Sie sich zur Verfügung, falls wir noch etwas von Ihnen brauchen. Mein Kollege notiert vorsorglich Ihre Kontaktdaten und hier haben Sie meine Visitenkarte. Melden Sie sich, falls Ihnen noch etwas einfällt, was uns weiterhilft.“

„Ich weiß ja immer noch nicht, was mit Anton los ist. Da kann ich auch nicht wissen, was helfen kann.“

„Er wird vermisst.“

Rudi notiert zügig die kompletten Kontaktdaten von Johann Kübler und rennt der aktiven Anita hinterher, die schon wieder im Streifenwagen sitzt und den Motor aufheulen lässt.

Ab geht es in die nächste größere Ortschaft, zum Maurer, der Anton Petrov beschäftigt.

Anita: „Ich habe Hunger, lass uns auf dem Weg zu diesem Maurer frühstücken, falls man das noch so nennen kann. Schau, da gibt es eine kleine Bäckerei mit Stehcafé.“

„Geht klar, halt an“, entgegnet Rudi, „ich kann auch einen Kaffee vertragen. Dort können wir planen, wie wir weiter vorgehen.“

Bei einem Pot Kaffee und einem großen Stück Christstollen beschließen sie, sich erst einmal die vollständige Liste aller Mitarbeiter der Baufirma geben zu lassen, damit die, wenn nötig, befragt werden können.

„Zuerst kommt mal der Chef dran, dann die Mitarbeiter, falls das erforderlich ist“, schlägt Rudi vor.

„Das machen wir so“, meint Anita und sie brechen zur Firma auf.

Dort angekommen, betreten sie das Büro. Die Sekretärin ist offensichtlich mit einem Privatgespräch beschäftigt. Sie deutet ihnen an, dass sie sich auf die beiden Stühle in der Ecke des Büros setzen sollen und amüsiert sich weiter am Telefon. Nach zwei unendlich wirkenden Minuten beendet sie ihr Telefonat und wendet sich den beiden Polizist*innen zu: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Na endlich, wir brauchen eine Liste aller Ihrer Mitarbeiter und wir möchten gerne mit dem Chef sprechen“, zischt Anita. Dabei zieht sie erst die linke und dann auch die rechte Augenbraue hoch.

„Was ist mit Datenschutz? Ich kann doch die Mitarbeiterdaten nicht einfach herausgeben“, sagt die Sekretärin aufbrausend und denkt dabei im Stillen an die vielen Schwarzarbeiter.

„Doch, das können Sie, einer Ihrer Mitarbeiter wird vermisst und wir müssen die Kollegen befragen, ob jemand weiß, wo er sein könnte. Wir können natürlich auch einen Durchsuchungsbeschluss beantragen und selbst auf Datensuche gehen, falls Ihnen das lieber ist“, ergänzt Rudi.

„Nein, nein, ich drucke Ihnen die Liste aus. Den Chef können Sie leider nicht sprechen, den habe ich seit vorgestern nicht mehr gesehen. Der wird schon mit Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt sein. Allerdings ist es schon komisch, dass er mir nichts wegen seiner Abwesenheit gesagt hat. Naja, der Zuverlässigste ist er ja nicht. Hier ist seine Privatadresse.“

„Wir brauchen vor allem die Adresse von Hugo Schneider, der soll Zoff mit Anton Petrov gehabt haben. Den möchten wir zuerst befragen. Schreiben Sie uns bitte auch die Telefonnummern, Handynummern und Mailadressen der Leute auf, damit wir sie einbestellen können.“

„Hugo Schneider wohnt in der Mühlengasse 4, das ist gleich um die Ecke.“

Anita zu Rudi: „Da fahren wir hin, vielleicht ist er ja zuhause und danach geht’s zurück ins Revier.“

Rudi zu Anita: „Das machen wir so.“

Beide verabschieden sich von der Sekretärin und wünschen ihr noch viel Spaß bei ihren Privatgesprächen. Sie steigen in den Streifenwagen ein, fahren um die Ecke und parken nach ca. 20 m Autofahrt vor dem Haus von Hugo. Schneider sitzt auf dem Bänkchen neben der Haustüre, raucht eine Zigarette und trinkt eine Flasche Bier.

„Sind Sie Hugo Schneider?“

„Ja, das bin ich, wieso wollen Sie das wissen?“

„Lassen Sie das mal unsere Sorge sein und beantworten Sie einfach unsere Fragen“, spricht Anita forsch, während sie ihren Dienstausweis vorzeigt.

„Ich bin Kommissarin Anita Mann und das ist mein Kollege Kommissar Rudolf Ernst. Wir haben ein paar Fragen. Wann haben Sie Ihren Kollegen Anton Petrov zuletzt gesehen?“

„Vorgestern.“

„Wir haben gehört, dass Sie Ärger mit ihm hatten.“

„Was heißt hier Ärger? Der Blödmann meint immer, er müsste mir sagen, wie meine Arbeit geht. Der mischt sich in alles ein, auch wenn es ihn gar nichts angeht. Was ist los? Ist was passiert?“

„Er wird vermisst.“

„Wenn der weg ist, kann man nur froh sein!“

„Wir ermitteln in alle Richtungen. Halten Sie sich für uns zur Verfügung, falls wir noch Fragen haben“, sagt Anita und steigt wieder ins Auto. Rudi folgt ihr wie immer und niest.

Die Wohnung des Chefs liegt auf dem Rückweg. Dort angekommen steigen Rudi und Anita aus und klingeln. Niemand öffnet ihnen.

Zurück geht es zum Polizeirevier, wo die beiden über ihre bisherigen Erkenntnisse berichten. Da es keinen Hinweis auf ein mögliches Verbrechen gibt, beschließen die Kommissare, in den Weihnachtsurlaub zu gehen. Schließlich ist Anton Petrov ein erwachsener Mensch und kann sich aufhalten, wo er möchte. Rudi denkt noch, dass es sicherlich traurig für Frau Petrov ist, alleine Weihnachten zu feiern, schließt sich aber der Meinung der Kollegen an, dass der Fall bis nach den Feiertagen warten kann.

Im Kommissariat bleiben nur zwei Polizist*innen als Notbesetzung. Zwei weitere Kolleg*innen haben Bereitschaftsdienst.

Sebastian plant

23.12.2023. 17:30 Uhr, Hotel Kringel

Weihnachten steht vor der Tür. Das Jahresende naht. Der Hotelchef Sebastian Kringel möchte dem Jahresprogramm 2024 den letzten Schliff verleihen. Schrille Vogelschreie ertönen, die ihn an die Zeit vor dem Lockdown erinnern. Eine Assoziationskette entsteht: Vor seinen Augen erscheinen ehemalige Stammgäste. Manche befinden sich in extremen Lagen und dringen in den nahe gelegenen Wald vor. Dann hört er innerlich jemanden rufen: „Das ist der Tag der Stimme.“ Nun sieht er die Urschreigruppe ziemlich nahe und groß vor sich. Daraufhin folgen laute Töne die sein schönes Anwesen erbeben lassen. Das Gebrüll hat ihm damals ziemlich gestunken. Sebastian denkt: „Was nimmt man nicht alles in Kauf, um seine Gäste bei der Stange zu halten. Hühnerkacke.“

In diesem Moment lässt seine Alexa das Lied „Komm lieber Mai und mache“ ertönen. Das gibt ihm neuen Schwung. Er riecht den Duft von Waldmeister und schmeckt Maibowle. Dann erscheint der Schriftzug MAI-EVENTS vor seinem geistigen Auge.

Sebastian erinnert sich an sein aktuelles Vorhaben: Ihm geht es haupt-sächlich darum, das ehrwürdige alte Hotel im Familienbesitz zu würdigen und auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schließlich sollen reichlich Flocken nach Flockenberg direkt in die Hotelkasse wan-dern. Die Investitionen sollen sich lohnen.

Vogelgezwitscher löst neue Gedanken aus: Die Anbindung an die Natur-projekte der Wandervögel kann im Winter und auch im kommenden Früh-ling fortgesetzt werden. Wie wunderbar, das bringt noch mehr neue Gäste.

50 Karten-Set für Waldbader mit den Schritt-für-Schritt-Anleitungen hat er zum Mitnehmen im Regal neben dem Haupteingang bereitgelegt. Das leichte Material passt in jeden Rucksack.

Sein Blick fällt auf die Hinterlassenschaften der letzten Gäste. Wieder einmal wurden zahlreiche Hals- und Kopftücher vergessen. Aus Kosten-gründen wird er auf das Nachschicken verzichten. Die leichten Tücher landen zum Jonglieren in der KITA für Hotelgast-Kinder. Die schweren kommen in den Fundus der Theatergruppe.

Zu seiner großen Überraschung hat tatsächlich jemand ein fleckiges, viel gelesenes Buch liegengelassen. Es hat den Titel „Lebenswege am Fluss Flocke“. Beim kurzen Durchblättern wundert sich Sebastian sehr, welche Spuren Künstler hinterlassen haben, die hier nach Flockenberg kamen. In dieser Breite hatte er das noch nie zusammengestellt gesehen. Das Buch ist in DIN A 4 Breitformat gedruckt. Viele kamen als ausländische Werktätige, Wander- oder Gastarbeiter hierher, ähnlich wie sein neues Personal aus der Bretagne. Der allgegenwärtige Ausländerhass war wohl auch schon früher vorhanden. Das könnte er in sein kuratorisches Konzept mit aufnehmen. Erstaunlicherweise beginnt das Buch schon bei den Kunstwerken der Kelten, die im nahe gelegenen Glauberg-Museum ausgestellt werden. Das bringt ihn auf Ideen.

Sebastian notiert: Ankommen in fremder Umgebung, poetische Natu-rimpressionen, Geschichte, Wanderungen, Kelten-Funde, Fotos in höchster Qualität.

Das Buch darf in die weithin bekannte Hotelbibliothek. Das Imaginäre und die Realität sind dort miteinander verschmolzen. Das macht den besonderen Reiz dieser Räumlichkeiten aus. Jeder, der ankommt, kann seinen Aufenthalt dazu nutzen, ohne Registrierung und ohne Body-Scan anonym etwas zu lesen, was andere hinterlassen haben.

Im Raum neben ihm picken die Hühner die Essensreste weg. Was für ein göttlicher Start in den Tag! Er hört sie glucksen, gackern, picken, kratzen. Auch das gehört zu einem glücklichen Leben. Ein Leben in Hülle und Fülle und es gibt immer wieder etwas zu entdecken. Das sind Momente, die er schätzt.

Gute Selbstorganisation ist alles und es ist Zeit, nach einem tiefen Atemzug, beherzt zu handeln. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Sicherlich macht er es sich nicht allzu leicht. Aber durch die innovativen technischen Möglichkeiten kann er es schaffen, noch mehr Gäste zu einer Reise nach Flockenberg in sein zauberhaftes Hotel zu bewegen.

In diesem Moment ertönt die ermunternde Stimme der Smartwatch mit ihrer Reorientierungs-Erinnerungs-Ansprache: „Orientiere dich in der Gegen-wart und bleibe frisch im Kopf!“ Sebastian schreckt auf, sprüht sich destil-liertes Wasser ins Gesicht, nimmt einen tiefen Atemzug und lässt los. Das ist gute Vorbereitung durch Entspannung. Er fragt sich: „In welche Richtung will ich die Kreativität heute noch lenken?“ Dann entwirft er eine weitere Serie von Gesichtsmasken für das Badezimmer und für Rollenspiele, die er vom 3-D-Drucker in der Schaltzentrale nebenan aus Silikon anfertigen lässt. Begeistert vom Ergebnis beschließt er, die Produkte in Serie zu pro-duzieren und online für den Hausgebrauch anzubieten. Im Sinne der Ökologie und Ökonomie sind Material-Mehrfach-Nutzungsmöglichkeiten erstrebenswert.

Feiertage bei Frau Petrov

Sorgenkarussell

24.–26.12.2023, Glauburg

Elsa Petrovs Augen sind staubtrocken und brennen. Ihr Körper produziert keine Tränen mehr, die sie noch weinen könnte.

Sie fühlt sich erbärmlich ohne ihren geliebten Mann, niemand unterstützt sie. Die Polizei scheint auch keine Hilfe zu sein. Die Kommissar*innen arbeiten nur, wenn Hinweise auf ein Verbrechen vorliegen. Denn erwachsene Menschen können ihren Aufenthaltsort frei wählen und müssen auch den Ehepartnern nicht unbedingt mitteilen, wo sie sich befinden, wenn sie das nicht möchten. Solange es also keinen Hinweis auf eine Straftat gibt, warten sie ab. Sie starten frühestens nach den Feiertagen, um Petrovs Kollegen zu befragen. Wer will schon an Weihnachten gestört werden?

Elsas Situation ist schwierig. Durch Antons Verschwinden ist sie ganz auf sich alleine gestellt. Sie hat keine Geschwister und die Eltern sind bereits verstorben. Kinder hat sie nie bekommen. In den 12 Jahren ihrer Ehe war sie so glücklich mit ihrem Mann und jetzt fehlt er ihr sehr. Antons Verwandtschaft lebt in Russland. Sie kennt sie nur von Telefonaten und Videokonferenzen. Das einzige reale Treffen mit der Sippe fand bei ihrer Hochzeit statt, wobei die Verständigung nicht so ganz leicht war. Russlanddeutsche benutzen Begriffe, die es in Deutschland gar nicht mehr gibt, weil sie die Sprache, die zur Zeit der Auswanderung gesprochen wurde, bewahrt haben. Genauso lieben sie alte Traditionen und Gebräuche, wobei Anton eher fortschrittlich ist. Eigentlich liebte sie die merkwürdigen Redewendungen, aber leider verstand Elsa nur die Hälfte davon.

Die Gänsebrust, die sie braten wollte, bleibt in der Gefriertruhe, das Blaukraut im Glas. Der Kloßteig im Kühlschrank verfällt. Elsa ist nicht in der Stimmung, für sich alleine ein Festessen zuzubereiten. Auf den Christbaum verzichtet sie, denn den hat Anton immer besorgt, sie hat ihn dann geschmückt. Kein Anton – kein Christbaum.

Grundsätzlich sind Elsa Traditionen sehr wichtig. Besonders Weihnachten und Ostern. Als engagierte Vertreterin von „Thursdays-for-Past“ pflegt sie die Rituale der Christlichen Feiertage. Auch Gepflogenheiten wie Blumen am Valentinstag von Anton nimmt sie immer gerne entgegen. Am meisten liebt sie Halloween. Wenn die Äste des Weihnachtsbaumes stark genug sind, hängt sie auch kleine Kürbisse daran.

Drei Tage lang schaut sie Löcher in die Luft, während ihr Gehirn auf Hochtouren Befürchtungen produziert und zu Sorgenschleifen verknotet.

Irgendwie geht auch Weihnachten ohne Christbaum vorbei und Silvester steht schon vor der Tür. Da wird es Elsa zu bunt. Sie hat lange genug gewartet und beschließt, selbst tätig zu werden. Sie wird Kontakt mit Antons Chef aufnehmen und auch die Kollegen befragen, um herauszufinden, wo ihr geliebter Gatte sein könnte.

Wie beschlossen, so getan. Ab jetzt ermittelt Frau Petrov auf eigene Faust.

Laien-Ermittlung

27.12.2024, Glauburg

Früh morgens setzt sich Elsa ins Auto und fährt zur Baufirma in Glauburg, für die ihr Mann arbeitet oder vielleicht auch gearbeitet hat? Sie hofft, dass sie dort Antons Chef antrifft, den sie noch nie kennengelernt hat. Vielleicht kann ihr die Sekretärin sagen, wo sie ihn finden kann.

Natürlich ist der Betrieb bis Neujahr geschlossen. Regnerische Jahresendtage sind nicht die beste Zeit für Bauprojekte.

Elsa bleibt nichts anderes übrig als wieder nachhause zu fahren. Von hier-aus versucht sie, die Notfallnummer der Baufirma anzurufen. Vorsorglich hatte Anton ihr diese Nummer vor längerer Zeit auf einen Zettel geschrieben. So konnte sie ihm auf einem anderen Weg eine Nachricht hinterlassen, falls er mal in einem Funkloch war. Nach endlosen Versuchen gibt sie auf. Der Chef geht nicht ans Telefon, weder ans Festnetz noch ans Mobiltelefon. Auf den Anrufbeantworter hat sie schon mehrfach gesprochen, aber auch darauf gab es keine Reaktion.

Nun kann sie nur noch beten. Eigentlich ist sie Atheistin, aber es schadet sicherlich nichts, in der Not alle Register zu ziehen. Beten ist immerhin besser, als Sorgenschleifen zu drehen.

Nach einigen Minuten mit wiederkehrenden Gebeten, die auch nicht das erwünschte Ergebnis erzielt haben, kommt sie auf die Idee, sich die Baustelle anzusehen. Vielleicht findet sie ja dort irgendwelche Hinweise, wo ihr Mann sein könnte.

Elsa fährt zur verwaisten Baustelle am linken Brusthügel, parkt und steigt aus. Der Boden ist glitschig und schlammig vom Regen, aber das stört sie nicht. Sie geht zielstrebig zur Baugrube und klettert hinab, um sich dort unten umzusehen.

Keller und Fundament sind ausgeschachtet und es haben sich kleine Seen in den Gräben gebildet. Nur an der linken hinteren Ecke sind die Fundamentgräben bereits mit Beton gefüllt. Das waren anscheinend die letzten Arbeiten, die vor Weihnachten auf der Baustelle erledigt wurden.

Elsa verspürt den inneren Drang, sich genau diese Ecke anzusehen. Vielleicht findet sie dort das Handy ihres Mannes oder irgendetwas anderes, das ihm gehört. Ein Lebens-Zeichen wäre so tröstlich. Selbst ein Hinweis auf ein Unglück wäre besser als diese Ungewissheit.

Als Elsa bei der betonierten Ecke ankommt, huscht ein Tier weg, vielleicht eine Maus oder eine Ratte? Diese Stelle schaut sie sich genauer an und denkt: „Typisch, da wurde doch wieder gepfuscht. Aus dem Beton ragen kleine Ästchen heraus. Das darf doch nicht sein. Dadurch wird die Stabilität des Fundaments gefährdet. Kein Wunder, dass sich Anton über seine Kollegen aufregt. Das war bestimmt wieder dieser Hugo Schneider, der pfuscht, wo er kann und ist sicherlich zu faul gewesen, die Äste aus dem Fundamentgraben herauszuholen. Einfach Beton drauf und fertig. Ein Skandal! Ich würde mir niemals ein Haus von dieser Firma bauen lassen. Ich kann Anton so gut verstehen. Es ist so schade, dass es in dieser Gegend keinen anderen Bauunternehmer gibt, bei dem er arbeiten könnte.“

Während Elsa das alles durch den Kopf geht, pirscht sich der Nager wieder heran und zupft an einem der Ästchen herum. Anscheinend möchte er dieses Ästchen abbeißen und mitnehmen. „Wie eigenartig, hier gibt es doch genug Äste. Wieso will das Tier denn ausgerechnet diese Ästchen haben?“ Für einen kurzen Moment denkt sie: „Die sehen aus wie Knochen einer Hand.“ Dann läuft ihr ein eisiger Schauer über den Rücken und sie fühlt die Gewissheit, dass das, was die Ratte abbeißen möchte, Antons Mittelfinger der rechten Hand ist. Elsa möchte schreien, aber die Stimme versagt ihr den Dienst. Nur ein stummer Schrei verlässt ihren Kehlkopf, denn ihr ist der Atem gestockt. Nun verschafft sie sich Gewissheit, verscheucht den Nager und sieht noch genauer hin. Die grausige Vermutung bewahrheitet sich. Elsa hat eine Hand gefunden, die aus dem Beton herausragt. Sie bleibt in der Baugrube, um die Ratte weiter fernzuhalten, nimmt ihr Handy zur Hand, macht ein Foto. Dann ruft sie auf dem Kommissariat an. Die Nummer hat sie schon eingespeichert.

„Kommissar Ernst am Apparat. Sie telefonieren mit der Polizei.“

„Elsa Petrov, ich glaube, ich habe meinen Mann gefunden.“

Kommissar Ernst: „Das ist ja prima, wir hatten ja schon geahnt, dass er wieder auftaucht. Wo ist er denn?“

Elsa: „Auf der Baustelle.“

„Dann können wir die Ermittlungen ja einstellen. Danke, dass Sie uns Bescheid gegeben haben. Noch einen schönen Tag“, erwidert Rudi Ernst und legt auf.

Elsa wählt die Nummer erneut. Als Ernst drangeht, schreit sie empört ins Telefon: „Jetzt hören Sie doch mal zu!“

„Was ist denn noch? Sie wissen doch, dass wir Ihnen nicht helfen können, wenn ihr Mann nicht nach Hause kommen möchte.“

„Mein Mann kann nicht nach Hause kommen. Er ist einbetoniert. Aus dem Fundament schaut eine abgenagte Hand heraus und ich vermute, dass der Rest des Körpers meinem Mann gehört. Sie müssen sofort kommen. Eine Ratte hat schon die Finger angenagt.“

„Was sagen Sie da? Sie haben eine Hand gefunden, die aus dem Beton herausschaut? Habe ich das richtig verstanden?“

„Ja, ja, kommen Sie doch endlich!“

„Bleiben Sie vor Ort, wir kommen so schnell wie möglich.“

Elsa wusste immer, dass ihr Anton sie niemals ohne triftigen Grund uninformiert zurückgelassen hätte. Wie beruhigend, dass sie sich nicht in ihm getäuscht hatte.

ClubMad-1: Wiedersehen

Hühnerträume

28.12.2023, 10:00 Uhr, Hotel Kringel, Foyer

Alle Mitglieder des ClubMad sind pünktlich um 10:00 Uhr in Hotel Kringel angekommen. In den Nächten vor ihrer Anreise hatten sie sich auf unerklärliche Weise dieselben Träume geteilt und nun sind sie hier. Es begann am 22.12.2023, als in den Nächten zunächst erstaunlich viele Flecken an ungewohnten Stellen auftauchten. Diese formten sich um zu Kringeln, die auf verschiedenen Alltagsgegenständen erschienen und nicht mehr wegzudenken waren.

Dann erschien ihnen in der Nacht vom 27.12. auf den 28.12. eine bunt gemischte Hühnerschar, die sich zunächst um jeden Träumenden versammelte und aufmerksam zu ihm hinaufschaute. Die Hühner verfolgten jede Bewegung und bauten eine gleiche Wellenlänge mit ihrem Träumer auf. In den Tiefschlafphasen dienten sie ihm als Wunscherfüller. Das machte sie sympathisch und vertrauenswürdig. Danach änderte sich ihr Verhalten. Sie liefen nach Westen und gackerten unaufhörlich. Aus einiger Entfernung forderten sie die Träumenden auf, ihnen zu folgen. Zusätzlich formte sich am tiefblauen Himmel deutlich lesbar das Wort ClubMad aus einigen entzückenden weißen Wölkchen.

Jeder Träumer folgte dem Impuls und setzte sich am nächsten Morgen in Bewegung. Jeder Einzelne verspürte das dringende Bedürfnis,zu dem altbekannten Hotel Kringel zu fahren, in dem sie vor sieben Jahren die Reise zu ihrem wahren Selbst begonnen hatten. Damals hatte der flexible Fleck sie immer wieder zu interessanten Fantasiereisen angeleitet, die sie echt voranbrachten.

„Herzlich willkommen, es ist wunderbar, euch alle wiederzusehen, nach so langer Zeit“, spricht Sebastian Kringel, der Hotelmanager zu den Ankömmlingen. „Lasst uns doch gleich ein Gruppenfoto machen, einverstanden?“ Seine Smartwatch mischt sich unaufgefordert ein: „Ich habe dich nicht richtig verstanden, kannst du das bitte noch einmal wiederholen!“ Sebastian: „Siri, misch dich nicht ein!“ Siri: „Ich soll einen Betonmischer bestellen – richtig?“

Alle ClubMad-Mitglieder stimmen zu. Sebastian bittet die Gruppe, sich in seinem Büro aufzustellen und macht ein Selfie mit dem Handy am Stick.

Personen auf dem Bild: Links oben: Albert Muster, darunter Serafina Engström, unten links: Prof. Dr. Hugo Kirchheim. Daneben Andrea Muster-Caro, Mitte: Sebastian Kringel. Rechts oben: Dr. Engström, davor: Adele Lien Kirchheim, rechts unten von links nach rechts: Elsbeth Schaf, M’elfin, (Delfinmensch), Egbert von Greifenklau.

Smartwatch: „Orientiere dich in der Gegenwart und bleibe frisch im Kopf!“

Sebastian schnauft entnervt : „Siri aus!“

Vorsichtshalber stellt er erst jetzt die Suggestivfrage: „Das Bild darf ich doch sicher auch für Werbezwecke auf die Homepage setzen, oder?“

Die Abgebildeten nicken geistesabwesend und willenlos.

Nicht weit entfernt ändert ein Betonmischer seine Route in Richtung Hotel Kringel.

Veranda-Gespräche

28.01.2023, 10:30 Uhr, Hotel Kringel

Kurz danach sind alle ehemaligen Teilnehmer des sBarcamps auf der inzwischen verglasten Hotel-Terrasse versammelt und sitzen an ihren angestammten Plätzen.

Der Delfinmensch M’elfin lässt einen Pfiff los. Das tut seinen Atemwegen gut. Dann zückt er sein Handy und schreibt seinem Liebsten: „Bin gut angekommen, Schorschi. Empfang sehr angenehm. Hab dich lieb, vermiss dich! ♥♥♥“