Mordversuch und Häkeltuch - Karin Kehrer - E-Book

Mordversuch und Häkeltuch E-Book

Karin Kehrer

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Beschreibung

Der dritte Fall für die Hobbydetektivin aus Cornwall Das Leben im schönen England könnte so friedlich sein für Bee Merryweather, wäre da nicht ihre Cousine Mildred, der sie Unterschlupf gewährt hat. Das bereut sie gründlich, denn Mildred hat an allem etwas auszusetzen, hasst Bees Katzen und findet ihr Hobby – das Häkeln von Eierwärmern – einfach lächerlich. Sogar die Beziehung zu Bees neuer Liebe Marcus manipuliert sie! Als gehässige Kommentare auf Bees Häkelwebseite auftauchen und eine ihrer Katzen verschwindet, hat sie Mildred im Verdacht. Doch dann kommt ihre Cousine bei einem mysteriösen Unfall ums Leben und Bee erhält weiterhin Drohungen. Langsam wird es ungemütlich im Cottage. Wer hat es auf Bee abgesehen? Lust auf mehr Krimis mit englischem Charme?  - Band 1: Todesklang und Chorgesang - Band 2: Leichenschmaus im Herrenhaus  - Band 3: Mordversuch und Häkeltuch - Band 4: Todesschrecken hinter Gartenhecken

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Mordversuch und Häkeltuch

Die Autorin

Karin Kehrer lässt sich für ihre Romane von ihrer Heimat und ihren unzähligen Reisen auf die Britischen Inseln inspirieren. Die gebürtige Österreicherin liebt das Lesen und Schreiben und verbringt als Ausgleich zum Schreibtisch viel Zeit in der Natur. 

Das Buch

Das Leben im schönen Cornwall könnte so friedlich sein für Bee Merryweather, wäre da nicht ihre Cousine Mildred, der sie Unterschlupf gewährt hat. Das bereut sie gründlich, denn Mildred hat an allem etwas auszusetzen, hasst Bees Katzen und findet ihr Hobby – das Häkeln von Eierwärmern – einfach lächerlich. Sogar die Beziehung zu Bees neuer Liebe Marcus manipuliert sie! Als gehässige Kommentare auf Bees Häkelwebseite auftauchen und eine ihrer Katzen verschwindet, hat sie Mildred im Verdacht. Doch dann kommt ihre Cousine bei einem mysteriösen Unfall ums Leben und Bee erhält weiterhin Drohungen. Langsam wird es ungemütlich im Cottage. Wer hat es auf Bee abgesehen?

Karin Kehrer

Mordversuch und Häkeltuch

Ein Cornwall-Krimi

Ullstein

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Originalausgabe bei UllsteinUllstein ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH,Berlin Juli 2022 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-8437-2866-9

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

DANKSAGUNG

Leseprobe: Leichenschmaus im Herrenhaus

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Für meine Schwester Elisabeth

Kapitel 1

Die Kirchturmuhr schlug sieben Mal. Der Klang breitete sich vom Turm aus, eilte über die Senke der Main Street, über die Ring Road und gelangte bis zum Herrenhaus, das auf dem gegenüberliegenden Hügel lag. Allerdings wurde das Anwesen – Waterford Manor – durch eine Mauer und dichte Hecken von der Außenwelt abgeschirmt. Es war also nicht sicher, ob die Schläge irgendjemanden im Haus geweckt hätten. Es spielte auch keine Rolle, denn es stand leer – genau wie das Witwenhaus, das sich in der Ecke des Gartens hinter dichtem Efeu versteckte.

Nichts regte sich. Kein Wunder, was sollte an einem Sonntagmorgen im Januar in diesem verschlafenen Nest South Pendrick mitten in Cornwall geschehen?

Mildred Stillwater ließ ihren Blick über die Main Street schweifen. Eine Ansammlung von Cottages aus Schiefersteinen, entlang der Straße in einer ordentlichen Reihe aufgestellt wie Schüler im Turnsaal. Von Weitem sah das recht manierlich aus, nur wenn man auf Details achtete …

Sie runzelte die Stirn. Die Straßenlaternen warfen in unregelmäßigen Abständen gelbliche Lichtkreise auf die Mauern. Manche Laternen waren kaputt, auch die vor dem einzigen Pub, dem Tin Bell. Ausgerechnet am Heiligen Abend hatte ein betrunkener Farmer sie als Zielscheibe benutzt und zertrümmert. Das war jetzt einen Monat her, und sie war noch immer nicht repariert. Mildred holte ihr Notizbuch aus der Umhängetasche und machte einen entsprechenden Eintrag.

Das spärliche Licht enthüllte weitere Spuren von Vernachlässigung. So zum Beispiel vor dem leer stehenden Haus gleich neben dem Friedhof, das vormals von einem gewissen Peter Bartholomew bewohnt worden war. Er war unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen, genau wie einige andere Bewohner des Dorfes. Manchmal beschäftigte sie die Vorstellung, ob womöglich ein Fluch auf South Pendrick lag.

Das Pfarrhaus, das sich zu ihrer linken Seite erhob, stand ebenfalls leer. Dass sich hinter ihr die Kirche wie ein schützendes Bollwerk erhob, gab ihr auch keinen Trost. Wenigstens durfte sie sich auf den Gottesdienst heute Vormittag freuen. Seit Weihnachten hatte sie keine Messe mehr besuchen können, weil in diesem von Gott verlassenen Nest schlichtweg keine gehalten wurde. Was für ein Jammer!

Mildred ging langsam die Straße hinunter, spähte in die nächste Quergasse, den Vicar’s Close. Die Beleuchtung des Schildes an der Polizeistation war defekt, sie flackerte. Sie machte eine entsprechende Notiz.

Im Laden der Trotters ging das Licht an. Sie blieb wie erstarrt stehen. Das fehlte noch, dass Gladys sie hier entdeckte! Womöglich würde sie dann im ganzen Dorf verbreiten, dass Mildred Stillwater an seniler Bettflucht litt und schon in aller Herrgottsfrühe durch das Dorf schlich. Diese Frau war die Klatschsucht in Person. Zugegeben, Gladys’ Kuchen und Torten schmeckten unvergleichlich, aber Mildred gönnte sich selten einen derart sündigen Genuss.

Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken. Ein Junge bremste sein Fahrrad vor dem Laden. Das war bestimmt dieser rotznasige Bengel von den Horners. Sie behielt recht. Die Ladentür öffnete sich, und Gladys Trotter übergab ihm einen Packen Zeitungen. Der Junge lieferte das Sonntagsblatt aus. Jedes Mal, wenn Mildred ihn zu Gesicht bekam, musste sie dem Impuls widerstehen, ihm ein Taschentuch für seine laufende Nase zu geben.

Sie huschte in den Schatten des Schulgebäudes zu ihrer Linken. Der Junge radelte den Vicar’s Close entlang, dann bog er pfeifend in die Main Street ein.

Sie stieß den Atem aus.

Mildred lugte den Burgess Close hinunter. Das Gässchen war nach dem ersten Schulleiter Noah Burgess benannt, der vom Earl Edward of Waterford eingesetzt worden war. Der Earl hatte die Ansiedlung in den Siebzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts gegründet. Ihre Cousine Bee, die ganz vernarrt in dieses Dorf und seine Geschichte war, hatte ihr das erzählt.

Hinter der Schule – einem ebenerdigen, weitläufigen Klotz – befand sich das Cottage, das vom befohlenen Lehrer bewohnt wurde. Zurzeit war das eine gewisse Dorothy Longford, ein loses Frauenzimmer, das mit dem Dorfpolizisten David Sprouts in einer wilden Beziehung lebte.

Mildreds Lippen verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln. Sie schrieb Privatauto Constable Sprouts vor Cottage der Lehrerin, vermerkte Datum und Uhrzeit im Notizbuch.

Sie ging zurück auf die Main Street. Das Schild des Pubs, das eine graue Glocke zeigte, quietschte in einer aufkommenden Brise. Sie warf einen missbilligenden Blick darauf. In diesen Sündenpfuhl setzte sie bestimmt keinen Fuß!

Dann spähte sie verstohlen auf die andere Straßenseite. Hier war gerade ein anderes Ärgernis am Entstehen. Der ehemalige Souvenirladen dieses Peter Bartholomew, der sich als Komponist und Chorleiter betätigt hatte, war gerade dabei, eine neue Eigentümerin zu bekommen. Eine Frau mit einem seltsamen Namen, eindeutig eine Hexe. Das Geschäft hatte noch nicht eröffnet, aber die Auslage war bereits mit einigen sehr merkwürdigen Artefakten bestückt, von denen sie gar nicht wissen wollte, wozu man die brauchte.

Mildred unterdrückte einen Schauder. Das Böse lauerte überall, sogar unter den Augen des Herrn! Sie warf einen Blick zurück zur Kirche und schlug ein Kreuzzeichen.

Beherzt schritt sie aus. Sie würde dafür sorgen, dass Zucht und Ordnung in dieses Dorf einkehrten! Im Geiste begann sie schon, die Briefe zu formulieren, die sie an die entsprechenden Stellen schicken würde. An den Bischof, an den National Trust, und wenn es sein musste, würde sie auch die Presse kontaktieren.

Kurz zögerte sie, als sie die Ring Road erreichte, wie hier der einzige Kreisverkehr passenderweise bezeichnet war. Sollte sie die Abkürzung über den Feldweg nach Hause nehmen? Sie hatte keine Angst vor den angeblichen Geistern, die im Witwenhaus von Waterford Manor spuken sollten. Allerdings war der Weg nicht beleuchtet. Unschlüssig blieb sie stehen. Ein Windhauch brachte den Geruch von feuchter, toter Vegetation mit. Mildred hüllte sich fester in ihr Cape. Nun, eigentlich war es das Cape ihrer Cousine Bee, aber sie borgte es sich ab und zu aus. Bee hatte nichts dagegen, sie besaß noch ein zweites. Die gute Beatrice!

Mildred machte sich große Sorgen um sie. Ihre Cousine hatte sich verliebt. Unglücklicherweise in diesen Dr. Marcus Strong. Zugegeben, ein sehr gut aussehender und gepflegter Mann mit Brille, grau meliertem Vollbart und Haar, das im Gegensatz zu dem ihres eigenen Ehemannes, der bereits mit Ende dreißig eine Halbglatze hatte, noch voll und dicht war. Doch Dr. Strong hatte einen schwerwiegenden Fehler – er war verheiratet. Dass er sechs Jahre jünger als Bee war, machte die Sache auch nicht besser. Was er an Bee fand, war für Mildred nicht nachvollziehbar. Gut, Männer waren immer empfänglich für Bewunderung, und so, wie die arme Bee ihn anhimmelte, mochte es kein Wunder sein, dass er sich für sie interessierte.

Mildred schnaubte grimmig. Sie war gerade rechtzeitig gekommen, um das Schlimmste zu verhindern! Vielleicht hatte Gott es genauso gefügt, und Oscar, der Feigling, hatte sich deshalb ausgerechnet vor Weihnachten aus dem Staub gemacht und sie allein zurückgelassen!

Entschlossen holte sie ihr Handy aus der Tasche und knipste die Lampe an. Der Herr war auf ihrer Seite und würde ihr auch weiterhin den Weg weisen, also musste sie kein Unheil fürchten.

Sie betrat den Feldweg und wurde sofort von kalter, feuchter Düsternis umgeben. Aber sie ließ sich nicht beirren und stapfte wacker durch das alte Laub.

Vor ihr tauchte das Witwenhaus auf. Es starrte aus blinden Fenstern auf sie herab. Man mochte tatsächlich glauben, dass es von missgünstigen Seelen bewohnt war.

Im letzten Herbst hatte es hier Tote gegeben, wie Bee ihr erzählt hatte. Seit ihre Cousine in dieses merkwürdige Dorf gezogen war, schien sie sich als Hobby-Detektivin zu betätigen. Sie war schon zweimal knapp dem Tod entronnen.

Ein Geräusch ließ sie zusammenfahren. Auf dem Pfad vor ihr tauchte plötzlich eine vermummte Person auf. Mildred schrie. Sie ließ das Handy fallen. Verdammter Mist! Sie bückte sich, suchte hektisch nach dem Telefon.

Schritte näherten sich. Wo war das Handy? Endlich bekam sie es zu fassen, hob es hoch und leuchtete den Vermummten an. Der hob geblendet die Hand und stieß einen Laut aus. Mildred erhaschte einen Blick auf ein blasses Gesicht unter einer schwarzen Kapuze, zwei blaue Augen, die sie wütend anstarrten. Die Person zischte und versetzte ihr einen groben Stoß. Mildred fiel zu Boden.

Für einen Moment blieb sie benommen sitzen. Was war das gewesen?

Sie sah sich vorsichtig um, aber der oder die Unbekannte war verschwunden. Mit einem Ächzen rappelte sie sich auf und wischte den Schmutz von Bees Cape. Leute gab es! Wahrscheinlich einer von diesen irren Geisterjägern, die das Witwenhaus auf paranormale Aktivitäten untersuchten. Es waren einige sehr merkwürdige Gestalten darunter. Denen sollte man das Handwerk legen! Oder vielleicht war es diese Hexe, die neu in das Dorf gekommen war?

Die Frau war ihr seit dem ersten Zusammentreffen vor ein paar Tagen suspekt. Ihr Name fiel Mildred nicht ein. Irgendetwas Überkandideltes, Blumiges.

Grimmig stapfte sie weiter. Endlich entdeckte sie vor ihr Tulip Cottage, Bees Zuhause. Und das von ihr, wenn auch nur vorübergehend.

Ein schwarzer Schatten mit glühenden Augen sauste auf sie zu. Wieder schrie sie auf. Der Schatten blieb stehen, starrte sie an. Mildred stieß die Luft aus. Es war nur Bees schwarzer Kater. Othello. »Sch, sch, du Biest!« Sie wedelte mit den Armen. Der Kater sprang zur Seite und verschwand im Gebüsch.

Mildred atmete tief durch. Das war genug Aufregung für einen Morgen! Jetzt hatte sie sich ein kräftiges Frühstück verdient! Ob Bee schon aufgestanden war? Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Halb acht. Sie war eineinhalb Stunden unterwegs gewesen. Nun gut, ein Spaziergang am Morgen war gesund und kräftigte die Lebensgeister.

Sie öffnete erst das niedrige Gartentor, dann die Haustür und drückte auf den Lichtschalter. Heimelige Wärme empfing sie, und ihre kalten Wangen prickelten. Ein gemütliches Zuhause. Nur war es leider nicht ihres. Mildred seufzte. Irgendwann musste sie sich der Tatsache stellen, dass sie ganz allein war. Aber nicht jetzt.

Die Küche war leer und dunkel, ebenso das Wohnzimmer. Auf der Couch entdeckte sie einen großen weißen Fleck. Nein, nicht schon wieder! Sie knipste das Licht an. Die langhaarige Katze lag mitten auf ihrem Nachtlager!

»Raus mit dir, du Mistvieh!« Die Katze blinzelte schläfrig. »Na warte!« Sie packte das Tier, hob es hoch. Die Katze, zuerst überrascht, begann sich zu wehren. Aber Mildred hielt sie unerbittlich fest. »Verschwinde! Das ist mein Bett! Mein Bett!« Sie öffnete die Haustür und warf die Katze hinaus. Die blieb verdattert draußen sitzen.

Mildred ging zurück ins Wohnzimmer. So eine Schande! Ihre dunkelblaue Bettwäsche war völlig mit weißen Haaren verunziert! Jeden Tag das gleiche Theater! Sie würde den Stoff später abbürsten, jetzt brauchte sie erst einmal Frühstück.

Eigentlich hatte sie gehofft, Bee hätte schon etwas zu essen vorbereitet, aber die schlief sich wieder einmal aus. Na schön, dann eben nicht! Selbst ist die Frau!

Mildred stampfte in die Küche und holte Eier aus dem Kühlschrank. Die Katzenklappe schepperte. Sie verdrehte die Augen. Nicht schon wieder! Als sie sich umwandte, sah sie statt der weißen Katze den schwarzen Kater in die Küche laufen. Er miaute lautstark. »Halt die Klappe, du Biest!«, fauchte Mildred ihn an. Der Kater war nicht besonders beeindruckt. Er strich um ihre Beine und brachte sie beinahe zum Stolpern.

»Weißt du was? Du verschwindest hier!« Sie packte den Kater am Nacken, was gar nicht so einfach war, denn er wog einiges. Er fauchte, strampelte mit den Beinen, aber sie hielt ihn mit kräftigem Griff, trug ihn zur Tür und warf ihn hinaus. Die weiße Katze saß noch immer auf den Eingangsstufen und wimmerte kläglich. Das Vieh war wohl zu blöd, um durch die Klappe hereinzukommen! Was man von dem Kater nicht behaupten konnte, er sauste sofort wieder ins Haus. Sie schnaufte. Das war eindeutig zu viel!

Als sie zurück in den Flur kam, entdeckte sie Bee, die auf der Treppe stand und sie schlaftrunken anblinzelte. »Was ist denn hier los?«, murmelte ihre Cousine.

»Na, was schon! Deine verdammten Katzen machen mir das Leben zur Hölle. Vielleicht wäre es gut, wenn du dich um sie kümmertest, damit ich endlich in Ruhe frühstücken kann!«, fauchte Mildred.

Bee starrte sie an. War da so etwas wie Zorn in ihren Augen?

»Was hast du getan? Ist das Dessy da draußen? Wie kannst du nur!« Bee drängte sich an ihr vorbei, öffnete die Haustür und hob die weiße Katze auf, die noch immer jammerte. »Na komm, du Arme. Ist schon gut.« Sie streichelte sanft über das Fell, sah dann Mildred an. »Weißt du, manchmal wünschte ich, du würdest …« Bee verstummte.

Mildred erstarrte. »Was?«

Ihre Cousine schüttelte den Kopf. »Nichts.« Sie ging an ihr vorbei in die Küche.

Oh ja, ich kann mir vorstellen, was du möchtest. Ich soll gehen. Ich störe dich nur. Aber ich kann nicht. Noch nicht. Mildred presste grimmig die Lippen zusammen. Es gab noch einiges zu tun hier.

Kapitel 2

Bee betrachtete Mildred verstohlen, während sie so tat, als würde sie die Zeitung lesen. Ihre Cousine hatte einen kräftigen Appetit und widmete sich ausgiebig ihrem Frühstück, schaufelte Baked Beans, Spiegeleier und Toast in sich hinein. Wahrscheinlich war sie schon seit Stunden auf den Beinen und hatte bereits eine ausgiebige Wanderung unternommen, die ihren Appetit förderte.

Sie war ein unruhiger Mensch, und Bee hatte oft Mitleid mit ihr. Genau das hatte sie bewogen, ihre Cousine aufzunehmen, als Oscar Stillwater, Mildreds Mann, ein paar Tage vor Weihnachten plötzlich aus dem Leben schied. Sekundentod durch Herzinfarkt. Nicht verwunderlich bei seinem Übergewicht, und wenn man den lieben langen Tag auf der Couch saß, keinen Finger rührte, nur fernsah, dabei Unmengen von Knabberzeug futterte und Bier trank. So hatte Mildred es zumindest geschildert, in einem Tonfall, der zugleich wütend und verletzt klang. Die gemeinsame Tochter Abigail hatte eine eigene Familie und keinen Platz für ihre verwitwete Mutter. Also blieb Mildred nichts anderes übrig, als mit Bee Kontakt aufzunehmen. Und die konnte ihr natürlich den Wunsch nicht abschlagen, die Feiertage mit ihr – der einzigen noch übrigen Verwandten – zu verbringen. Das Dumme war, dass Bee sie verstand. Auch sie war damals nach dem plötzlichen Unfalltod ihres Mannes Wilbur einsam gewesen. Aber sie hatte neue Freunde gefunden und vor allem – Marcus.

Wie immer, wenn sie an ihn dachte, schlug ihr Herz schneller. Weihnachten hätte so schön sein können. Er hätte gerne mit Bee gefeiert. Aber dann tauchte Mildred auf, mit ihrer Abneigung gegen Katzen, ihrer bigotten Einstellung und ihrer Pingeligkeit.

Mittlerweile bereute Bee, sie so bereitwillig aufgenommen zu haben. Denn es sah nicht so aus, als würde sie jemals wieder gehen wollen …

Gleichzeitig schämte sie sich für diesen Gedanken. Ihre Cousine brauchte noch ein wenig Zeit, das war alles. Oscar war gerade einmal einen Monat tot, da konnte man nicht verlangen, dass sie schon zurück in den Alltag fand. Sie selbst hatte beinahe zwei Jahre gebraucht, um Wilburs Tod einigermaßen zu überwinden.

Bee warf einen Blick auf die Uhr. Halb neun. In einer halben Stunde war die Probe für den heutigen Gottesdienst angesetzt, sie musste sich beeilen.

Sie trank einen Schluck Tee und knabberte an ihrem Toastbrot. Eigentlich hatte sie keinen Hunger. Im Gegensatz zu Mildred, die bereits das dritte Spiegelei verdrückte und nebenbei in einem ihrer unvermeidlichen Notizbücher blätterte, die sie stets bei sich trug. Was hatte sie heute wieder notiert?

Bee hatte wenig Lust, sie danach zu fragen. Mildred war eine notorische Beschwerdebrief-Schreiberin. Nichts entging ihr. Hatte sie dieses seltsame Hobby schon immer gehabt, oder hatte sie es erst nach Oscars Tod entwickelt? Bee wusste es nicht. In Wahrheit kannte sie ihre Cousine kaum. Sie hatten als Kinder manchmal miteinander gespielt, sich dann aber aus den Augen verloren. Eine gemeinsame Basis zu entdecken, war äußerst mühsam mit einer Person wie ihr. Was sie wohl jetzt wieder ausheckte? Das gehässige Lächeln, das über ihr Gesicht huschte, während sie ihre Notizen vervollständigte, gefiel Bee gar nicht.

Mildred sah auf, und Bee guckte ertappt weg. Ihre Cousine lächelte. »Ich werde das in Ordnung bringen«, sagte sie selbstgefällig.

»Was?« Bee sah sie fragend an.

Mildred zuckte zusammen, dann lächelte sie wieder. »Ach, entschuldige, ich habe laut gedacht. Du wirst es zu gegebener Zeit erfahren.«

»Ach so.« Bee hatte auf einmal ein mulmiges Gefühl. Das klang fast wie eine Drohung. Mildred würde sich wieder in Dinge einmischen, die sie absolut nichts angingen.

Kapitel 3

Der Ton ihres Handyweckers weckte Dorothy. Sie blinzelte und tappte träge nach dem Telefon, das auf dem Nachttisch lag. Warum zum Teufel hatte sie eigentlich den Wecker gestellt? Dann fiel es ihr wieder ein. Heute war Gottesdienst und um neun Uhr eine Probe angesetzt.

Sie gähnte und rekelte sich. Eigentlich hatte sie wenig Lust, das warme Bett zu verlassen und den Mann, der neben ihr schlief. Liebevoll betrachtete sie Davids roten Haarschopf, der unter der Decke hervorlugte. Sie hatte auf ihn gewartet, obwohl er erst nach Mitternacht von seinem Einsatz zurückgekommen war. Wieder einmal Geisterjäger, die ihr Unwesen im Witwenhaus trieben. Laut David ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem nichts herauskam. Die unsägliche Mrs Stillwater hatte die Polizei alarmiert, nachdem sie bei einem ihrer nächtlichen Streifzüge Licht in dem verlassenen Gebäude bemerkt hatte. Natürlich musste David dem nachgehen, und aus dem gemütlichen Fernsehabend zu zweit mit einer neuen Folge von Midsomer Murders wurde nichts. Tja, ihr Los war zeitweise ähnlich wie das der armen Mrs Barnaby, die auch immer wieder von ihrem ermittelnden Mann sich selbst überlassen wurde!

Sie war stolz auf David. Er war kein normaler Dorfpolizist, der sich mit Fahrraddiebstählen, sporadischen Fällen von Vandalismus oder Raufereien auseinandersetzen musste. Er hatte schon in Mordfällen ermittelt! Und sie selbst war auch dabei gewesen! Letzte Nacht allerdings hatte er wahrscheinlich nur mit irgendwelchen Spinnern verhandeln müssen.

Das Bett knarzte, als David sich zu ihr herumdrehte. »Wie spät ist es?«, nuschelte er.

»Gerade acht vorbei«, erwiderte Dorothy. »Ich muss zur Probe.«

»Okay. Macht es dir was aus, wenn ich nicht zur Messe gehe?«, brummte er.

»Nein, schlaf nur. Du versäumst bestimmt nichts.« Sie drückte ihm einen Kuss auf den Mund, den er mit einem Knurren quittierte. Am liebsten wäre sie bei ihm geblieben, aber sie hatte Bee versprochen, bei der Probe dabei zu sein.

Er drehte sich wieder um und zog die Decke über die Schultern. Auf Zehenspitzen verließ sie das Schlafzimmer, summte leise, während sie ins Bad ging. Gott, war sie glücklich! Noch immer erschien es ihr wie ein Wunder, dass sie mit David zusammen sein durfte.

Sie hatte es am Anfang nicht leicht gehabt mit ihm, war er doch in die schöne Lavinia Sheldrake verliebt gewesen. Aber die hatte zum Glück South Pendrick verlassen. Die aufgetakelte Blondine hatte ohnehin nicht her gepasst. Dorothy hingegen fühlte sich sehr wohl im Dorf, auch wenn sie ebenfalls eine Zugereiste war, und es machte ihr Spaß, hier zu unterrichten. Sie verstand sich mit Andrea, der zweiten Lehrerin, mittlerweile besser. Das lag sicher daran, dass Dorothy an Selbstvertrauen gewonnen hatte. Was sie zum einen Bee und zum anderen natürlich David verdankte.

Sie lächelte kurz ihrem Spiegelbild zu. Sie würde bestimmt nicht zulassen, dass er sich noch mal für irgendeine Blondine mit Silikonbusen interessierte! Sie verließ das Badezimmer und machte sich eine Tasse Kaffee. Frühstücken würde sie nach der Messe mit David.

Ein einheitlich grauer Himmel empfing sie, als sie das Cottage verließ. Der Wind roch nach Meer, und die Straße war nass. Am Vorabend hatte es geregnet. Beschwingt lief sie den Burgess Close entlang in Richtung Kirche, ein großes Gebäude aus Schieferstein, so wie alle anderen Bauwerke in South Pendrick auch. Die Bauweise des Turms wirkte ein wenig zu wuchtig im Verhältnis zur Größe des Kirchenschiffs.

Dorothy überquerte den Parkplatz davor. Dr. Strongs Kombi stand bereits da. Wie immer würden sie sich im Probenraum treffen, einem Anbau, der ursprünglich als Kapelle gedacht war. Sie fröstelte in Gedanken an die klamme Kälte darin.

Der schwere Türflügel knarrte leise, als sie ihn aufstieß. Marcus Strong war gerade dabei, den Deckel des Klaviers zu öffnen. Er sah auf, als sie hereinkam. »Guten Morgen, Dorothy.«

»Hallo, Marcus.« Sie sah sich um. »Hast du Bee nicht mitgebracht?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich bin direkt von Bodmin gekommen.« Sein trauriges Lächeln machte sie beklommen.

Dorothy schnaubte. »Du solltest dir von dem alten Drachen nichts gefallen lassen.«

»Wie?« Er sah sie verwirrt an.

»Ich meine Mrs Stillwater. Ich finde, sie sollte endlich verschwinden. Diese alte Hexe ist wirklich die Pest.«

Er seufzte. »So einfach ist das nicht. Es geht nicht nur darum, das weißt du doch.«

»Ja, natürlich.« Dorothy nickte. Es ging auch darum, dass er mit einer psychisch kranken Frau verheiratet war, die von einer Scheidung nichts wissen wollte. Was ein Jammer war. Bee und er passten gut zusammen, wie sie fand. Aber offenbar stand es nicht zum Besten zwischen den beiden. Marcus wirkte müde und traurig, und sie wagte nicht, weiterzubohren. Die beiden mussten dieses Problem selbst lösen.

Kapitel 4

Bees Herzschlag setzte kurz aus, als sie Marcus’ Wagen auf dem Parkplatz vor der Kirche entdeckte. Sie hatten nicht vereinbart, dass er sie zu Hause abholen sollte, aber heimlich hatte sie das gehofft. Sie hatten sich in den letzten drei Wochen kaum gesehen, was nicht nur an Mildreds Anwesenheit oder am Problem seiner Ehefrau Hillary lag, sondern auch daran, dass er als Arzt viel beschäftigt war.

Sie stellte ihr Fahrrad neben seinem Wagen ab und betrat den Proberaum. Ihr Blick fiel sofort auf ihn. Er saß am Klavier und spielte ein paar Akkorde. Als sie eintrat, hob er den Kopf und sah sie an. Sie erschrak darüber, wie blass und mitgenommen Marcus wirkte, und eine Welle von Zuneigung überschwemmte sie. Bee ging auf ihn zu und küsste ihn leicht auf die Wange. Er quittierte es mit einem Lächeln und drückte ihre Hand.

Dorothy, die gerade dabei war, die Noten aus dem Schrank zu holen, strahlte sie an. Man sah deutlich, dass sie bis über beide Ohren verliebt war. Für einen Moment empfand Bee so etwas wie Neid. Für junge Leute schien die Liebe viel unkomplizierter zu sein.

»Okay, ich glaube, ich habe alles«, meinte Dorothy betont heiter und nahm den Stapel Notenmappen auf. Sie warf Bee einen forschenden Blick zu, aber bevor die etwas sagen konnte, wurde sie von Bernards »Guten Morgen allerseits« abgelenkt.

Der Bass näherte sich mit wuchtigen Schritten, fuhr sich durch das dichte rotbraune Haar und gähnte. »Sorry, hab verschlafen.«

»Alles klar.« Marcus lächelte flüchtig. »Dann starten wir das Einsingen.« Er spielte ein paar Töne vor, und sie absolvierten die Übungen, die ihnen der ermordete Chorleiter Peter Bartholomew beigebracht hatte.

Bee dachte, dass es wohl Zeit wurde, auch einmal etwas anderes zu probieren, aber wer sollte es mit ihnen einstudieren? Das Quartett, das sie bildeten, war noch immer provisorisch, und es gab niemanden, der das ändern würde. Wozu auch? Die Gottesdienste fanden in South Pendrick nur sporadisch statt, und Vicar Richardson, der sie leitete, war zu ihrem Leidwesen nicht unbedingt positiv gegenüber Neuerungen eingestellt. Also beschränkten sie sich auf ein immer wiederkehrendes Repertoire, das wenig Anreiz bot und das sie beinahe auswendig konnten. Dementsprechend fehlte ihnen der Enthusiasmus.

Normalerweise spornte Marcus sie dazu an, selbst vielfach gesungenes Liedgut nicht einfach herunterzuleiern, aber heute enthielt er sich jeglichen Kommentars. Was Bee zeigte, dass es ihm nicht gut ging.

Sie atmete auf, als die Probe endete. Inzwischen war es Viertel vor zehn, und sie gingen in die Kirche hinüber. Bis auf die verschrobene Miss Turner, die in einer der hintersten Bankreihen saß, waren noch keine Gottesdienstbesucher anwesend. Sehr viele würden es ohnehin nicht werden. Die Predigten des Pfarrers weckten die Begeisterung der Schäflein von South Pendrick nicht. Neben seinen konservativen Ansichten hatte er manchmal etwas Fanatisches an sich, das Bee erschreckte.

Die Tür der Sakristei stand halb offen, und seine sonore Stimme klang bis in die Kirche. Er sprach mit einer Frau. Bee konnte nicht anders. Auf Zehenspitzen schlich sie näher, um zu lauschen. Er unterhielt sich mit Mildred. Gut, das war weiter nichts Unübliches, und sie hatte sich das schon gedacht. Die beiden hegten ähnliche Ansichten, was Frömmigkeit und Gottesfurcht betraf. Doch plötzlich drehten die beiden sich um. Ob sie ein Geräusch gemacht hatte?

Bee lächelte verlegen. »Verzeihung, ich wollte nicht …«

Der Pfarrer musterte sie aus stahlgrauen Augen, überging ihre Verlegenheit mit einem »Ah, Mrs Dings – äh Merryweather. Kommen Sie doch – äh – herein, ich wollte ohnehin – dings – mit Ihnen – äh – sprechen.«

»Ja bitte?« Sie sah ihn beunruhigt an. Bee hatte die letzte Strafpredigt noch nicht vergessen, als sie es gewagt hatte, gemeinsam mit Lavinia Sheldrake Henry Purcells Arie der Luftgeister nach einem Gottesdienst zu singen. Einen derart heidnischen Gesang duldete er nicht unter dem heiligen Dach seiner Kirche.

»Ich werde es – äh – kurz machen. Sie werden ab sofort – äh – nicht mehr für die – Dings – die Gottesdienstgestaltung – äh – zuständig sein.«

Sie schluckte. »Aber – aber wieso?«

Der Pfarrer rieb sich die Hände. »Nun – äh – mir ist zu – Dings – zu Ohren gekommen, dass Ihr – Dings – Lebenswandel nicht unbedingt – äh – den Vorgaben der – Dings – Kirche entspricht.«

»Mein Lebenswandel?«, echote Bee. Sie verstand kein Wort.

»Muss ich es Ihnen – äh – tatsächlich – Dings – erklären?«

»Vicar Richardson weiß Bescheid«, sagte Mildred sanft. Bee hatte sie bis jetzt nicht beachtet, aber das triumphierende Grinsen auf dem Gesicht ihrer Cousine sprach Bände. Es war klar, wer ihn aufgeklärt hatte – worüber auch immer.

»Ich weiß leider nicht …« Bee schüttelte den Kopf, völlig perplex.

Mildred lächelte hinterlistig. »Bist du tatsächlich so begriffsstutzig? Du glaubst doch nicht wirklich, dass deine unziemlichen Gefühle für einen verheirateten Mann zu einem so wichtigen Amt in der Kirche passen?«

Bee schnappte nach Luft. »Du … was hast du dem Pfarrer gesagt?«

»Genau das. Es schickt sich nicht«, bekräftigte Mildred.

»Sie werden das doch – äh – einsehen.« Der Vicar musterte Bee kalt.

»Nein, das … ich sehe das gar nicht ein.« Ihr war mit einem Mal, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. »Ich habe nichts … wir haben nicht …«

»Was ist hier los?« Sie zuckte zusammen, als Marcus ihren Arm berührte.

»Du wirst es nicht glauben.« Bees Stimme hörte sich in ihren eigenen Ohren fremd an. »Ich wurde gerade beschuldigt, ein unziemliches Verhältnis mit dir zu haben.«

»Was?« Er musterte Mildred, die seinem scharfen Blick auswich. Aber wieder konnte sie den Triumph nicht verbergen.

»Sie sollten sich – äh – schämen. Ein – Dings – Mann in Ihrer – äh – gesellschaftlichen – Dings – Position«, bekräftigte der Vicar.

»Das darf doch wohl nicht wahr sein!« Marcus schnaubte. »Was geht Sie oder diese missgünstige Hexe meine Beziehung zu Bee an? Sind wir hier im Mittelalter, oder wie? Wie kommen Sie überhaupt auf diese Idee? Wir sind Freunde, das ist doch wohl nicht verboten!«

Das versetzte Bee einen Stich. Freunde. Natürlich. Sie legte die Hand auf seinen Arm. »Lass nur. Das ist doch alles lächerlich.«

»Hey, was gibt’s denn?« Dorothy kam näher, angelockt durch den Disput. Bernard war gleich hinter ihr.

»Wir dürfen nicht mehr in der Kirche singen. Wir sind moralisch zu verwerflich«, fauchte Marcus. Er war noch nie so wütend vor ihnen gewesen.

»Was? Das glaube ich nicht! Was soll das denn?« Dorothy warf Mildred einen bösen Blick zu. »Okay, ich kann mir denken, auf wessen Mist das gewachsen ist. Die alte Hexe mit ihren Notizbüchern, in die sie jeden Furz hineinschreibt. Bestimmt steht auch über mich etwas drin, nicht wahr?« Die junge Lehrerin funkelte Mildred zornig an.

Die lächelte milde. »Natürlich. Sie leben in einer sündigen Beziehung mit diesem Polizisten. Jemand wie Sie ist ebenfalls nicht würdig, ein Amt in der Heiligen Kirche auszuüben.«

Dorothy starrte sie mit offenem Mund an.

»Wissen Sie auch über mich etwas?«, mischte sich Bernard ein. Er funkelte Mildred drohend an. Die schüttelte langsam den Kopf. »Noch nicht. Aber ich finde bestimmt etwas.«

»Wenn das nicht alles so armselig wäre, würde ich darüber lachen«, brummte er. »Das heißt dann wohl im Klartext, es gibt kein Quartett mehr, das den Gottesdienst gestalten darf?«

»Äh – so ist es.« Die Äußerung des Pfarrers war endgültig.

Es herrschte Stille. Bee brauchte einen Moment, um die Bedeutung des Gehörten zu erfassen. Sie durfte nicht mehr singen.

»Also schön. Dann gehe ich. Kann genauso gut zu Hause meine Zeitung lesen, ist sogar gemütlicher, als mir irgendwelche verstaubten Ansichten und mühsame Predigten anhören zu müssen.« Bernard warf Mildred einen verächtlichen Blick zu. Und an den Pfarrer gewandt: »Mich sehen Sie hier nie wieder.« Er drehte sich um. Bee wollte ihm etwas sagen, ihn bitten, zu bleiben, aber ihre Kehle war zugeschnürt.

Marcus fasste ihren Arm, dirigierte sie auf die vorderste Kirchenbank zu, setzte sich demonstrativ neben sie. »Wir geben nicht klein bei«, flüsterte er ihr zu. Sie nickte schwach.