Müde Ehe? - Rüdiger Opelt - E-Book

Müde Ehe? E-Book

Rüdiger Opelt

4,9

Beschreibung

Treue ein Leben lang, den Seelenmenschen finden, gemeinsam alt und glücklich werden. Das hätten wir gerne. Anders die Realität: Die Romantik von damals ist inzwischen eine ferne Erinnerung, es herrscht Langeweile seit Jahr und Tag. Man sehnt sich nach mehr Zärtlichkeit, nach Bewunderung und Abenteuer. Also Seitensprung, Scheidung, Neubeginn? Rüdiger Opelt, selbst seit mehr als 20 Jahren verheiratet, lüftet in seinem neuen Beziehungsratgeber das Geheimnis alter Paare und zeigt, dass die Trennung nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist. Er führt anhand vieler Fallbeispiele und praktischer Tipps vor, wie man die Bilder im Kopf und das Muster des Beisammenseins ändern kann – damit der Partner in neuem Licht erscheint und die Liebe wieder Aufwind bekommt. Und sollte es doch keinen Weg zurück in die Liebe geben, zeigt der Familientherapeut, wie man sich respektvoll trennen kann. Aus dem Inhalt: Der ultimative Beziehungstest, der zeigt, ob Sie gehen oder bleiben sollen – Ihre Liebesbilanz: Vertane Chancen, böse Taten und hohe Erwartungen oder Sinnlichkeit, Vertrautheit und Optimismus? – Wie man Liebe (wieder) lernen kann

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Seitenzahl: 265

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Gewidmet der

Ehe

von Traudl und mir,

gestiftet in unseren Herzen,

bekannt vor unseren Freunden,

in vielen Gesprächen erkämpft,

gelebt an jedem einzelnen Tag,

bei Sonne und bei Regen.

Sie ist mehr

als der eine und der andere,

umgibt uns wie ein großes Feld

aus tausend bunten Blumen.

Vorwort

Scheiden oder bleiben? 20 Jahre verheiratet – was nun?

20 Jahre verheiratet, die Ehe ist ein sicherer Hafen, die Stürme der Jugend sind überstanden. Die Romantik von damals ist eine ferne Erinnerung, Langeweile herrscht seit Jahr und Tag. Gewohnter Mangel, Hunger nach Zärtlichkeit. Sex und Bewunderung gibt’s nur noch für frisch Verliebte.

Was nun? Was tun? Zufrieden, unzufrieden, so lala? Seitensprung, Scheidung, Neubeginn? Paartherapie, Urlaub, Geschenke, den erkalteten Ofen neu erhitzen? Oder Frust, Kritik, Dauerzynismus?

Früher oder später landet das Paar bei der Scheidung – oder den Wegen, sie zu verhindern. Dem kirchlichen Gebot zum Trotz scheint der Mensch nicht geboren zu sein für ein lebenslanges Zusammensein – anders als Gänse und Pinguine, die das mühelos schaffen. Frauenfeindliche Witze, übertroffen nur von männerfeindlichen, geben Zeugnis vom Leid, das in einer langen Partnerschaft schwelt:

Kennen Sie den?

Ein Ehemann wird von einer guten Fee vor folgende Alternative gestellt:

A: die ganze Nacht durcharbeiten,

B: eine unbeschreiblich heiße Nacht mit seiner Frau verbringen.

„A!“, schreit der Mann. „A!“

Oder folgenden:

Nach zwanzig Jahren stupst eine Frau ihren Lebensgefährten an: „Du, Heinz, meinst du nicht, dass wir endlich heiraten sollten?“

Heinz: „Gute Idee, aber wer nimmt uns denn noch?“

Beide Witze lassen sich ebenso gut andersrum erzählen.

Sie finden das nicht witzig, sondern eher traurig? Ist es auch. Humor ist das Letzte, was uns bleibt, wenn wir keine Alternative sehen. Glück in der Partnerschaft scheint mit den Jahren abzunehmen, wie Marmelade in einem Glas, das langsam leer wird. Deshalb die vielen Trennungen. Dennoch träumen wir tapfer vom Seelenpartner, vom lebenslangen Glück. Ein Märchen. Aber vielleicht gelingt es doch, wenn man es oft genug probiert. Mit der Zahl der LAPs (Lebensabschnittspartner) steigt die Chance, den Richtigen zu treffen. Leider auch das Risiko, nach lauter Nieten die Ehe als Enttäuschung abzuschreiben.

Wie finde ich die richtige Beziehung? Wie finde ich Liebe immer wieder? Darüber zerbrechen sich Paare den Kopf, seitdem es Paare gibt. Die Antwort ist: Glück muss man schmieden, Glück braucht Training, braucht Knowhow. Denn das bringt uns keiner bei, wenn nicht zufälligerweise unsere Eltern Glück in der Liebe hatten.

Werfen Sie die Flinte nicht ins Korn (und ziehen Sie liebeswichtige Objekte nicht zu rasch aus dem Verkehr). Vielleicht halten Sie Ihr Glück ja schon in Händen. Sie müssen nur erkennen, was Sie glücklich macht. Tun, was Sie glücklich macht. Zeigen, was Sie glücklich macht.

Teil I: Alte Liebe rostet doch

Das Unglück schleicht sich ein

Wie konnte es dazu kommen, dass Monika und Fred sich scheiden ließen? Es hatte doch alles so gut angefangen. Die ersten Jahre waren toll, Fred, der Traummann, super im Bett, und das junge Paar über beide Ohren verliebt. Hochzeit, gemeinsame Wohnung, Schwangerschaft, Sohn Lukas machte das Glück perfekt. Da Fred gelernter Maurer war und inzwischen als Marketing-Fachmann gut verdiente, schlug er vor, selbst ein Haus zu bauen, denn wie das ging, das wusste er ja. Gesagt, getan, Grund gekauft und los ging’s. Fred arbeitete viel, zuerst in der Firma und dann am Haus, Monika half, soweit es neben dem Kleinen ging. Wenn man alles selbst macht, dann ist das aber doch viel Arbeit – und während der nächsten zwei Jahre hatten sie praktisch keine Freizeit. Leider auch keine Zeit, miteinander zu reden, außer über Technisches. Als sie in das halbfertige Haus einzogen, waren beide verständlicherweise schon ziemlich k.o.

Beim Innenausbau fing es an, sich zu spießen. Fred wurde immer mürrischer, da er eigentlich Urlaub gebraucht hätte, und Monika beklagte sich über seine ruppige Art. Fred fühlte sich missverstanden. Da schuftete er Tag und Nacht bis zur Erschöpfung für seine Familie und dann war es seiner Frau erst nicht recht. Er strafte sie mit Schweigen, denn zum Diskutieren hatte er nun wirklich keine Energie mehr. Monika war entsetzt, dass ihr Traummann sich so verändert hatte, und forderte Gespräche, zu denen Fred aber nicht bereit war. Da verging Monika die Lust auf Sex, denn mit einem mies gelaunten Mann wollte sie nicht schlafen. Nach einem weiteren Jahr war alles fertig: Das Haus, Monika mit Fred, Fred mit Monika. Endlich brachte sie ihren Mann dazu, eine Partnertherapie zu besuchen, in der Fred sich über die fehlende Sexualität und Monika sich über das fehlende Verständnis beklagte. Nach einigen Stunden, die zwar eine Besserung, aber noch keine völlige Lösung ihrer Probleme brachten, war Fred nicht mehr bereit, Geld für das „Gequatsche“ zu zahlen. Er zog bald aus und suchte sich eine neue Freundin. Scheidung, Ende vom Lied.

Das Unglück kommt bei vielen Paaren auf leisen Sohlen, schleicht sich allmählich ein. Ungelöste Probleme häufen sich an, die Stimmung wird schlecht. Gereiztheit und fehlende Lust sind die Folge. Die Frauen versuchen meist noch, die Beziehung zu retten, wollen darüber reden, fordern, dass der Mann sich ändert. Der ist oft nicht bereit, sich in Frage zu stellen, fühlt sich nur angegriffen und schlechtgemacht, verteidigt seine Eigenschaften und sein Verhalten. Partnerberatung könnte helfen, wird aber oft viel zu spät begonnen und zu schnell abgebrochen. Wenn sich die schlechte Stimmung über Jahre hinzieht, überwiegt bei beiden die Wut auf den anderen. Schließlich wird Bilanz gezogen. Die Beziehung bringt mehr Frust als Lust, also ist sie wohl die falsche. Eine frische Liebe ist schnell gefunden und ist eindeutig schöner als die frustrierende Ehe.

Das Problem dabei ist, dass die Veränderung als Charaktereigenschaft des Partners interpretiert wird und nicht als Folge der Belastungen, die auf Paare in der Regel einströmen. Mit so einem schlechten Charakter, so einem bissigen Partner will man nichts mehr zu tun haben. Vergessen ist, wie liebevoll derselbe Mensch einst war.

Das muss man halt aushalten

Peter Handke beschrieb das Leben seiner Mutter als „wunschloses Unglück“. Diese arrangierte sich mit ihrem privaten Leid und versuchte gar nicht mehr, etwas daran zu ändern. Sie gab es auf, sich Gutes zu wünschen.

Ähnlich erging es vielen Frauen in früheren Generationen. Man war ja vom Mann abhängig, hatte Kinder. Wo sollte man denn hin? Dann ertrug man eben die Aggressionen, den Alkoholismus, die Seitensprünge. Man tat es ja den Kindern zuliebe, damit die eine Familie hatten. Man opferte sein Leben, flüchtete in die Religion, die dieses Opfer guthieß. Man tröstete sich mit den Vorteilen des Familienlebens: Die Kinder wurden groß, das machte Freude, man hatte eine sichere Existenz. Liebe, die muss man sich halt abschminken.

„Das muss man halt aushalten. Eheprobleme sind normal und so schlimm ist es auch wieder nicht.“ Solchen Rat bekommen unglückliche Ehefrauen oft von ihren Müttern und Schwiegermüttern. Wenn es gar noch einen gemeinsamen Familienbetrieb gibt, dann wird das Durchhalten eingefordert. „Du kannst uns doch nicht im Stich lassen, deine Familie braucht dich.“ Das sieht man dann ein, besonders wenn man selbst ein Scheidungskind war und sich geschworen hat, den eigenen Kindern dieses Leid zu ersparen. So hält man es eben aus. Jahrelang, manchmal jahrzehntelang. Hofft, dass es mit der Zeit besser wird. „Man muss sich halt zusammenraufen“, sagen die Verwandten. Aber es wird nicht besser, nur die Verbitterung wächst. Man muss doch bleiben, bis die Kinder groß sind, aber dann …

Iris und Peter haben sich in den ersten Jahren zusammengerauft und schließlich geheiratet. Das erste Kind ist unterwegs und sie wollen eine Wohnung kaufen. Da meldet sich Peters Mutter zu Wort: „Aber ihr könnt doch bei mir wohnen, ich lebe allein in einem Riesenhaus. Das kostet euch gar nichts.“ Das Angebot ist verführerisch, denn Peters Elternhaus ist eine alte Villa mit traumhafter Architektur, großem Garten für die Kinder, und die Oma würde babysitten. Peter zögert, denn er kennt seine Mutter. Der konnte er noch nie etwas recht machen und ist deshalb früh von zu Hause weg. Soll er sich das wirklich antun? Aber die Aussicht, die Villa zu besitzen (die würde Mutter ihm überschreiben, wenn sich erst alles eingespielt hat) überwiegt die Bedenken.

Zwei Wochen lang ist alles eitel Sonnenschein. Dann beginnt die Mutter sich überall einzumischen und dem Paar Vorschriften zu machen. Sie taucht auch ständig in der Wohnung des Paares auf und respektiert deren Privatsphäre nicht. Streit ist vorprogrammiert und Peter scheut sich auch nicht, seiner Mutter Grenzen zu setzen, was die aber wenig beeindruckt, denn es ist ja immer noch ihr Haus, nicht wahr? Peter flüchtet sich in die Arbeit, macht Überstunden und überlässt Iris die tägliche Auseinandersetzung mit der Schwiegermutter. „Wir schaffen das schon, so lange lebt sie wahrscheinlich gar nicht mehr. Ein paar schwierige Jahre noch, dann haben wir es gut“, tröstet Peter seine Frau, die das Ganze nicht mehr aushält. So halten die beiden durch. Es kommen noch zwei Kinder, das Haus wird renoviert und dafür nimmt das Paar hohe Kredite auf. Jetzt kann man erst recht nicht mehr weg, auch wenn Iris immer öfter vom Wegziehen redet.

Iris hält durch, bis die Kinder groß sind. Aber sie ärgert sich immer mehr darüber, dass sie sich in das Haus hat locken lassen. Als das letzte Kind auszieht, zieht auch Iris aus. Und kommt nicht mehr zurück.

Die Angst vor der Veränderung

Veränderung macht Angst. Man ist sein Leben gewohnt, so wie es ist. Und es ist ja nicht alles schlecht daran. Auch wenn man zu wenig Liebe hat, die zumindest hat man sicher. Man kennt seinen Partner und hat gelernt, dessen Fehler auszuhalten. Wer weiß, ob es wirklich besser wird, wenn man sich trennt? Vielleicht kommt man vom Regen in die Traufe. Dann liest man noch, dass gebundene Menschen länger leben, Verheiratete gesünder sind als Singles, dass Einsamkeit das Leben verkürzt usw. Und einsam will man nun wirklich nicht sein.

Andererseits steht in den gescheiten Büchern auch, dass fehlende Liebe krank macht. Wenn man sich in der Ehe einsam fühlt, dann graut einem davor, dass man den Rest seines Lebens neben einem schweigenden Partner verbringt. Wenn man vom Partner nichts bekommt, könnte man deswegen sogar früher sterben. Auch nicht gut. Man hat ja viele Geschiedene im Bekanntenkreis. Manche sind glücklich, aber nicht allen geht es gut. Manchen sogar schlechter.

Christian verliebt sich Hals über Kopf in eine Urlaubsbekanntschaft. Petra ist schön und sexy, die Stunden mit ihr sind romantisch und leidenschaftlich. So zieht Christian zu ihr, findet in ihrer Stadt einen neuen Job. Scheidung, Besuchsrecht, alles geklärt. Wunderbar – sollte man meinen.

Doch Christian vermisst seine Kinder, 400 Kilometer weit weg, die Besuchstage sind doch aufwendig. Petra wird eifersüchtig, weil sich alles um die Kleinen dreht. Christian zieht zurück nach Stuttgart, wo seine Kinder sind. Petras Eifersucht wird dadurch nicht besser. Nach drei Jahren auf und ab und hin und her ist Christian Petra los. Und Valerie, seine Ex-Frau, will ihn auf keinen Fall zurück. Zu groß war die Verletzung und außerdem ist sie jetzt mit Jonny verheiratet.

Christian bleibt allein in seiner Stuttgarter Wohnung. Zwar verliebt er sich oft, aber jedes Mal ein bisschen weniger. Mit einer Frau zusammenziehen, das scheint ihm doch riskant. Und er hat ja die Kinder als Lebensinhalt.

Schließlich sind die Kinder groß und leben ihr eigenes Leben. Christian ist geübter Single. Seine Freiheit gibt er nicht auf. Im Ruhestand wird ihm allerdings langweilig. Was tut man den ganzen Tag allein? Die Freunde werden weniger, Hobbys sind auch nicht alles.

Manchmal denkt er zurück an die Ehe mit Valerie. So schlecht war die gar nicht. Aber das hat er sich selbst vermasselt.

Wenn man solche Geschichten hört, ist man doch wieder zufrieden mit dem, was man hat. Nicht wirklich zufrieden, aber na ja. Das Leben ist kein Wunschkonzert.

Machen wir es doch anders

Wenn es in der Liebe hakt, versuchen die Partner, es mit jenen Mitteln hinzukriegen, die sie kennen und bei ihren Eltern gelernt haben. Es gibt alle möglichen Hausmittel, einen Ehestreit beizulegen – ein Blumenstrauß, Geschenke, eine Einladung, eine Entschuldigung, Abwarten, Diskutieren. Normalerweise kommt die Beziehung damit auch wieder in Gang, wenn beide dies wollen.

Aber bei bestimmten Themen bleibt man stecken. Beide sind völlig verschiedener Meinung, es geht ums Prinzip, einer ist gekränkt und fühlt sich unverstanden. Dabei handelt es meist um Verletzungen, die derjenige in der Vergangenheit erlitten hat, oder um ungelöste Probleme, die die Familie schon seit Generationen belasten. Dann spielt sich ein Streitmuster ein, das sich wie eine Schallplatte wiederholt und aus dem man einfach nicht rauskommt. Weil das Ungelöste so lange auftaucht, bis man es erkennt und die richtige Antwort findet. Viele suchen die Lösung im Gespräch mit Freunden, in Ratgeberbüchern und finden sogar ganz gute Tipps. Aber sie schaffen es nicht, diese anzuwenden, weil sie im alten Muster gefangen sind, das sie in der Kindheit geprägt hat.

Die Frauen sind meist die treibende Kraft, wenn es um die Beziehung geht. „Machen wir es doch anders, verändern wir uns.“ Lösungen werden versucht, aber zu schnell wieder aufgegeben. Wenn sich etwas nicht ändern lässt, findet man sich damit ab und gibt auf. Der Frust geht aber weiter und staut sich auf, bis er explodiert.

Nach vielen Ehejahren entdeckt Maria, dass ihr Mann eine Freundin hat. Drama, Heulen, Wut und Streit, sie schmeißt ihren Mann hinaus. Der kommt reumütig zurück, sagt, dass es ihm leidtut, das alles ein Fehler war, dass mit der Freundin Schluss sei und er nur Maria liebe. Nach einigem Hin und Her verzeiht ihm Maria, stellt aber die Bedingung, dass Horst eine Therapie macht, um die Gründe für sein Fehlverhalten zu erforschen. Nach drei Stunden beim Psychologen verkündet Horst freudestrahlend, dass der Psychologe keinen Fehler gefunden habe und somit alles in Ordnung sei. Er würde es ja sowieso nie wieder tun. Eine Zeitlang geht das gut, Maria ist mit ihrem Eheleben wieder zufrieden.

Nach einem weiteren Jahr entdeckt sie, dass die Nebenbeziehung munter weitergegangen ist. Wieder Drama, Krise und doch Verzeihen. Wieder alle Versprechungen, die Maria am Schluss doch glauben will. Und so dreht sich das Spiel bis heute weiter. Es ist wohl nur mehr eine Frage der Zeit, bis es Maria endgültig reicht.

Hätte Horst ernsthaft Therapie gemacht, wäre ihm klargeworden, dass er unbewusst seinen Vater imitiert, der ein Weiberheld war und deshalb die Familie früh verlassen hat. Den Verlust des Vaters kompensiert Horst, indem er so handelt wie dieser.

Irgendwann spitzt sich die Krise zu. So geht es nicht weiter. Der lange aufgestaute Frust entlädt sich: Streit, Aggression, Diskussionen. Die Beziehung steht auf der Kippe. Es muss sich etwas ändern, aber was?

Am Höhepunkt der Krise müssen wir entscheiden, in welcher Richtung wir das Liebesglück wiederfinden wollen. Sollen wir die alte Beziehung erneuern, auf Neudeutsch gesagt: einen Relaunch machen? Die Reset-Taste drücken und die Beziehung neu starten? Oder benötigt der Neustart auch einen neuen Partner?

Trennung oder Treue

Treue ein Leben lang, wer träumte davon nicht? Den Seelenpartner finden, gemeinsam alt und glücklich werden, vertrauen, dass man gehalten wird. Der Partner als Fels in der Brandung, der die Stürme des Lebens bannt. Was Gott verbunden hat, kann der Mensch nicht trennen. So hätten wir´s gern. Lebenslang fordert die Kirche. Die Ehe als Sakrament schafft eine Bindung, die unauflöslich ist.

Die Realität sieht anders aus. Viele Menschen benötigen viele Partner, um das Liebesglück zu fassen. Liebe ist eine Wohnung, die einige Zeit gut passt. Wenn sie eng wird, unbehaglich, kündigt man den Mietvertrag, sucht eine größere, neuere, schönere. Man will die Scheidung, zieht zu einem „besseren“ Partner. Das kann und darf man auch. Treue und Trennung, beides hat vieles für sich. Lebenspartner bieten Vertrautheit, gemeinsame Geschichte, Toleranz gegenüber Eigenschaften, die man nicht ändern will. Lebensabschnittspartner bieten den Reiz des Neuen, Altes wirft man über Bord, lernt aus Fehlern, entdeckt beim neuen, was dem alten Partner fremd war. Holen uns die Probleme ein, egal wie oft wir die Partner wechseln?

Dauer und Veränderung haben beide ihre Adepten und die halten die Banner hoch. Auf der einen Seite glühende Verfechter der ewigen Ehe, auf der anderen Anhänger des gepflegten Neuanfangs. Wir wollen nicht werten, ob das eine oder das andere von Vorteil ist. Das entscheide ein jeder für sich. Gott sei Dank leben wir in einer Epoche, in der die Diener Gottes nicht mehr vorschreiben können, was zu verteufeln ist!

Jetzt ist das Zeitalter der Psychologie. Diese liefert Entscheidungshilfen, damit jeder sein Leben frei wählen kann. Die freie Wahl der Partnerschaft ist Voraussetzung für das moderne Liebesglück. Ob man dranbleibt oder aufgibt, das wird in geistigen Grabenkämpfen erfochten. Selbst Paartherapeuten, offiziell neutral, sind überzeugt von der einen richtigen Haltung. Manche raten zur Scheidung, sobald die Beziehung mühsam wird. Andere preisen die Entwicklung, raten durchzuhalten, da den Lohn nur erntet, wer seine Konflikte löst.

Scheidung war lange eine Sache der Jungen. Im verflixten siebten Jahr, wenn die Kinder geboren sind, das Haus halb fertig, die Karriere stressig war, die Schatten des Partners offensichtlich wurden, hatte man die Nase voll von Treue, ein neuer Liebhaber lockte. Die Hochzeit war ein Fehler. Jung und naiv hat man jemanden gewählt, der nicht zu einem passte. Erwachsen geworden weiß man nun, was gut für einen ist. Also wieder auf zum Standesamt, der Protest des Pfarrers wird mit dem Kirchenaustritt quittiert.

Neuerdings boomt die Scheidung älterer Paare. Zwanzig Jahre durchgehalten, Kinder großgezogen, Karriere gesichert, Haus gebaut – nun könnte man endlich gemeinsam genießen. Will man aber nicht mehr. Zwanzig Jahre lang hat man sich voneinander entfernt. Der junge Held, einst angehimmelt, erscheint nun als alter Misanthrop. Die strahlende Schönheit trägt Reifen an den Hüften und keift wie ein altes Waschweib. Streitigkeiten morden die Liebe, wir empfinden nichts mehr füreinander, die Vernunft hält uns beisammen. Wer gibt schon Haus und Sicherheit auf? Aber was ist mit den Träumen von Leidenschaft? Selbige findet sich schnell. Mit jemand, der neu, unverbraucht, charmant ist – also nicht mit dem Feind im eigenen Bett.

Frauen brechen aus der Rolle und gleich auch aus der Ehe aus. Der antiquierte Mann, Hemmschuh für die Entfaltung, hält einen klein, entwickelt sich nicht, und wenn, dann weg von der Frau. Männer verlassen schon lange – ein altes Vorrecht des Patriarchats. Ist die Frau nicht mehr jung und sexbesessen, wird sie durch eine junge ersetzt. Erfolgreiche Männer können sich´s leisten und unterstreichen ihren Status durch die schöne Geliebte.

Für manche ist es ein Befreiungsschlag, eine Erleichterung, das Gefühl, dem Gefängnis entronnen zu sein. Für alle die, die einstmals verliebt waren, steigen aber die Risiken. Man hat viel zu verlieren – Haus, Einkommen, Ersparnisse, den Kontakt zu den Kindern, den Freundeskreis, die Familie, die man aufgebaut hat. Ganz zu schweigen von den Illusionen, die man sich über Liebe gemacht hat. Scheiden tut weh, auch wenn man es will.

Als Paartherapeut fällt mir Folgendes auf: Paaren, die nie zusammenwuchsen, nie zusammenpassten, sich nie aufeinander einließen, gelingt die Scheidung schnell. Was man nie gehabt hat, lässt man leicht los. Wo viel gemeinsam erreicht wurde, schlägt Scheidung schmerzhafte Wunden. Wer tief verbunden war, kommt voneinander nicht los. Liebe wird zur Aggression, die Auseinandersetzung immer heftiger. Vielleicht ist man mit dem Neuen glücklich, der Alte aber funkt ständig dazwischen.

Trennung will überlegt sein. Ihre Bekannten haben es hinter sich? Macht ein Neuer glücklicher? Wägen Sie ab, was für Treue spricht und was für Trennung. Zerbrochene Krüge sind schwer zu kitten, auch wenn sie am lange begangenen Brunnen brachen.

Scheidung kommt teuer. Seien Sie sicher, dass Sie Ihren Partner nicht mehr lieben, sonst ist der Preis zu hoch. Sie sollten wissen, ob die Entscheidung unumgänglich ist. Solange Sie zögern, reden Sie lieber mit Ihrem Partner. Vielleicht lässt sich ändern, was unveränderlich schien. Dann dürfen Sie behalten, was an Gutem aufgebaut wurde.

Die Narben des Geschlechterkriegs

Was tun, wenn Streitigkeiten und Missverständnisse zu Verletzungen führten, die nicht verheilen wollen? Ist es dann nicht vernünftiger, sich scheiden zu lassen und dem Wahnsinn ein Ende zu setzen? Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende? Das mag so sein. Wenn die Verletzungen ein Ausmaß erreichen, dass man sie nicht mehr ertragen kann, dann wird man den Neuanfang wagen.

Wenn sich schlimme Konflikte nicht lösen lassen, wenn Fehler nicht abgehakt, durch besseres Verhalten ersetzt werden können, wenn der Partner partout nicht auf Wünsche eingeht – dann zieht man die Konsequenz und verlangt die Scheidung. Gewitzt durch die schlechten Erfahrungen sucht man sich einen besseren Partner.

Die Rechnung „Ungelöste Konflikte bedeuten Scheidung“ ist aber nur auf den ersten Blick eine klare. Tatsachen wollen bedacht sein:

Jede Beziehung hat Konflikte, die Frage ist, ob man damit leben kann.Jeder Konflikt ist eine Aufforderung, nach einer Lösung zu suchen.Jede neue Beziehung hat Konflikte, die in der alten schon gelöst waren.Die Narben aus der alten Beziehung nimmt man in die neue mit.

Frisch verliebt ist es einfach, sich das Neue als problemlos vorzustellen, denn Glückshormone trüben den Blick. Ein Schelm, wer denkt, im gemeinsamen Alltag gäbe es nichts zu streiten. Manche kommen vom Regen in die Traufe, denn die Probleme mit dem alten Partner verschwinden nicht, dafür kommen die Sorgen mit dem neuen dazu.

Es ist den Versuch wert, eine festgefahrene Beziehung wiederzubeleben. Man steckt fest und kommt seit Jahren nicht weiter – ist man nicht bereits am entscheidenden Punkt, der Lösung ganz nahe? In der Mitte des Flusses ist die Strömung am stärksten, man fürchtet zu ertrinken. Wenn man den Kopf über Wasser hält, ist bald das andere Ufer erreicht. Und nur wegen des neuen Ufers ist man schließlich ins Wasser gesprungen.

Sehen wir die Beziehung als Körper, mit und in dem wir leben. Wir hätten gern einen besseren, aber unser Körper ist, wie er ist. Um einen neuen zu erhalten, müssten wir sterben und neu geboren werden – sofern wir an Wiedergeburt glauben. Da uns das keiner garantieren kann, nehmen wir das, was wir haben, und machen das Beste draus. Kennen Sie jemanden, dessen Körper nie krank war, nie operiert oder verletzt wurde? Kommt vor, ist aber selten. Jeder Mensch hat seine Krankengeschichte, die Liste der Verletzungen, die er überstanden hat. Jeder Mensch hat seine Unverträglichkeiten, Dinge, von denen er die Finger lässt, weil sie ihn umbringen würden.

Mit Beziehungen ist es ähnlich: Jede hat Schwachstellen, Konfliktpunkte, die zu Streitigkeiten führen. Die Spannung zwischen Mann und Frau kann in Kriege ausarten und man kriegt dabei seine Narben ab. In jeder Beziehung kann man auf die Schnauze fallen, und das tut weh. Man kann sich über den Partner ärgern, denn der ist an der Verletzung schuld. Wer sonst? Hätte er nicht, wäre sie …, würde er …, dann wäre das Ganze ja nicht passiert. Oder doch?

Die Krise, das Schicksal, der liebe Gott – woran immer wir glauben, dieses Etwas spricht zu uns. Wenn wir die Verantwortung übernehmen, dann sehen wir, was es zu lernen gilt. Wie Schuppen fällt es von den Augen, denn die Lösung liegt auf der Hand. Mit gutem Willen und etwas Übung erlernt man ein neues Verhalten. Das tut der Beziehung gut. Wir kommen weiter. Die Wunden heilen, wenn wir die Antwort finden. Die Narben bleiben, aus gutem Grund: Sie erinnern daran, die neue Erkenntnis nicht zu vergessen.

In einer „normalen“ Beziehung tragen wir die Narben wie Indianer, die damit beweisen, welch gute Kämpfe sie geliefert haben. Narben zeugen von Mut, Tapferkeit, Stärke. Wer nie riskiert, hat sein Leben nicht gelebt. Wer seine Wunden trägt wie Orden, wird als Erwachsener ernst genommen.

Wir werden uns immer wieder ärgern und immer wieder vermuten, dass der Partner zu Fleiß in die Fettnäpfchen tritt. (Ebenso vehement wird dieser dies bestreiten.) Wenn wir Krisen durchlebt haben, erinnern uns die Narben an Lösungen, die wir gemeinsam gefunden haben. Sie zwingen uns auf den neuen Weg, der meist nicht der bequeme ist. Dann wird das, was einst wehtat, zum guten Symbol.

Die Neuorientierung

Erna, Johanna und Herta, drei alte Freundinnen, treffen sich im Kaffeehaus. Erna jammert, dass ihre Ehe in einer Krise steckt: „Ich habe wirklich Pech. Hans und ich taumeln von einer Krise in die nächste. Vielleicht ist er doch der falsche Mann.“

Johanna beruhigt sie: „Krisen sind normal. Werner und mir geht es gut, aber in den letzten zwanzig Jahren wollten wir uns auch schon zwei Mal trennen.“

Da schreit Herta auf: „Was, nur zwei Mal? Ihr Glücklichen!“

Krisen sind normal. Beziehungen müssen sich immer wieder ändern, weil sich das Leben ändert. Es ist normal, dass Sie immer wieder neu entscheiden müssen, ob Sie bei Ihrem Partner bleiben, ob diese Beziehung Sie noch glücklich macht oder ob es Zeit für einen neuen Menschen ist. Dies ist kein Misstrauen Ihrem Partner gegenüber, sondern die Verantwortung, die Sie für sich selbst und Ihr Leben haben.

Selbst ist die Frau und selbst ist der Mann. Sie können niemand anderen dafür verantwortlich machen, ob Sie im Unglück verharren oder Ihr Glück neu schmieden. Die Zeiten, wo man in die Ehe gezwungen und beim Versuch der Trennung gesteinigt wurde, sind – zumindest in einer demokratischen Gesellschaft wie der unseren – vorbei. Sie sollten sich Ihrer Entscheidung aber sicher sein. Nehmen Sie sich Zeit dafür – alle Zeit der Welt, denn nichts ist wichtiger als Ihr Liebesglück, vor allem wenn es verloren gegangen ist. Überstürzen Sie nichts und überlegen Sie gut. Wägen Sie die Vor- und Nachteile Ihres Partners ab. Vergleichen Sie ihn ruhig mit anderen möglichen Partnern. Ist er wirklich der richtige? Ist er immer noch der richtige? Oder sieht mein Traum von der Liebe ganz anders aus als meine bisherige Ehe?

Dieses Buch kann Ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, denn diese ist Ihre ganz persönliche. Es gibt Gott sei Dank keine allgemeinen Gesetze mehr, wie lang eine Ehe zu dauern hat. Mein Buch kann Ihnen aber bei Ihrer Entscheidung helfen, Ihre Entscheidungsgrundlagen vertiefen, gestützt auf die Erfahrung von hunderten Paaren, die in der gleichen Situation steckten wie Sie und bei mir Rat suchten.

Lesen Sie in Teil II über die Probleme, die einen aus der Beziehung treiben.

Lesen Sie in Teil III von den schönen Dingen, die einen in der Beziehung halten.

Testen Sie in Teil IV Ihre Beziehung und treffen Sie dann die Entscheidung, ob Sie gehen oder bleiben wollen.

Wie Sie Ihre Beziehung neu aufbauen, erfahren Sie in Teil V.

Wie Sie sich in Respekt trennen, beschreibt Teil VI.

Was immer Ihr Ergebnis ist, es ist Ihr gutes Recht, Ihr Liebesglück zu finden, und Ihre Pflicht sich selbst gegenüber, daran immer wieder zu arbeiten. Auch wenn böse Zungen sich das Maul zerreißen, die Besserwisser Sie mit Ratschlägen erschlagen, die Moralisten alles verurteilen, was nicht in Bibel oder Koran steht – die sollen sich lieber um die eigene Beziehung kümmern und sich aus der Ihren heraushalten.

Liebe ist ein Dialog der Herzen. Wer weiß, wenn Sie sich weiter bemühen, offen bleiben, auf Ihr Herz hören, vielleicht entdecken Sie es noch – das Geheimnis der alten Paare.

Teil II: Was uns am anderen stört

Schwierige Beziehungen

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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