Müller hoch Drei - Burkhard Spinnen - E-Book

Müller hoch Drei E-Book

Burkhard Spinnen

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Beschreibung

Sieben Tage vor seinem 14. Geburtstag wird Paul Müller von seinen Eltern verlassen. Die gehen mal eben auf Weltreise. Paul, ein zögerliches und übervorsichtiges Einzelkind, soll jetzt fix erwachsen werden und alleine zurechtkommen. Das findet er nicht so toll. Im Gegenteil, das haut ihn um. Aber das ist erst der Anfang. Mit einem Mal scheint Pauls behütetes Leben im verschlafenen Neustadt Kopf zu stehen. Kurz nacheinander platzen in seine Verwirrung: ein unerzogener Hund mit gefährlichem Appetit sowie seine Zwillingsschwester Paula, die auf der Flucht vor ihrem indischen Stiefadoptivvater ist. Und dann erzählt ihm die multipel allergische Tante Elke seine vertrackte Familiengeschichte. Paul würde sich jetzt gern seine geliebte Patchworkdecke über die Ohren ziehen, aber dafür ist es definitiv zu spät. Stattdessen beginnen Paul und Paula mitsamt dem Hund eine abenteuerliche Reise.

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Seitenzahl: 294

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Inhalt

[Cover]

Titel

Widmung

Müller hoch Drei

Überraschung

Piet Montag

Paula Rosa

Tante Elke

Die Müller-Drillinge

Fräulein Wachsmuth

Meine Ex-Eltern

Such das Geld!

Wir essen was

Wir planen was

Nach Berlin!

Bruno Hochschmidt

Wir machen Geschäfte

Verschnaufpause

Marseby an der Schlei

Ein Fall von Bestechung

Pauline Zankapfel

Der kranke Hund

Wieder in Berlin

Auf und davon

Im Seuchen-Express

Auf Hochschmidts Hof

Das Bohnerwachs

Hund Null Null Zwei

Nachbars Garten explodiert

Guten Morgen, Schönewinds!

Finale mit Rettungshund

Das Ende vom Anfang

Autorenporträt

Über das Buch

Impressum

Für die drei, ohne die es dieses Buch nicht gäbe: Caspar, Jacob und Monty

Müller hoch Drei

Überraschung

Es war am ersten Sonntag der großen Sommerferien, sieben Tage vor meinem vierzehnten Geburtstag, da verkündeten mir meine Eltern, sie würden sich trennen. Und zwar jetzt. Auf der Stelle. Sie standen vor mir im Flur, luftig gekleidet, sie hatten sich bei den Händen gefasst wie zwei Schulkinder, und wie aus einem Munde sagten sie: »Wir trennen uns.«

Zuerst brachte ich kein Wort heraus. Ich war bloß erschüttert. Und mir stand leuchtend hell eine Zahl vor Augen: die Dreiunddreißig. Nach meiner letzten Kontrollrechnung waren nämlich genau dreiunddreißig Prozent meiner Klassenkameraden Scheidungskinder, die Sitzenbleiber und die Klassenüberspringer nicht einmal mitgerechnet. Ich hatte ziemlich viel Zeit damit verbracht, über die Scheidungen in meiner Klasse Buch zu führen und die Betroffenen eingehend zu befragen. Man muss ja schließlich wissen, was um einen herum passiert.

Doch erst jetzt ging mir auf, dass ich nie damit gerechnet hatte, es könnte mich selbst einmal erwischen. Ich kam mir vor wie ein Afrikaforscher, der Tag für Tag Giftschlangen untersucht und keine Sekunde lang fürchtet, er könnte gebissen werden. Aus Verzweiflung, mehr aber noch aus Scham über meine Naivität, wurde ich knallrot. Jedenfalls fühlte sich mein Gesicht von innen knallrot an.

Außerdem stand wohl darauf zu lesen, was ich dachte. »Es ist nicht, was du denkst!«, sagte meine Mutter rasch. »Von Scheidung kann keine Rede sein. Papa und ich verstehen uns glänzend. Wir bleiben sicher ein Leben lang zusammen.« Sie machte eine kleine Pause. Dann sagte sie: »Wir trennen uns bloß von dir.«

»Ach so.« Mehr sagte ich nicht, weil ich in dieser Sekunde erfuhr, wie das ist, wenn einem die Worte im Hals stecken bleiben.

»Deine Mutter und ich«, sagte mein Vater, »haben beschlossen, uns in Zukunft mehr mit uns selbst zu befassen. Wir wollen unsere Beziehung vertiefen. Wir werden älter, da wird es Zeit, inniger zueinanderzufinden. Und was dabei am meisten stört, bist du. Deshalb werden wir uns von dir trennen.«

Aha! Ich sollte also kein Scheidungskind werden, sondern – was? Eine Verlassenswaise? Gab es das überhaupt? Ich versuchte mir meine Zukunft ohne Eltern auszumalen, doch dazu fehlte mir in diesen Sekunden die Fantasie. Außerdem verstopften die vielen Worte, die ich sagen wollte, jetzt endgültig meine Luftröhre von unten her, so dass ich von oben keine Luft mehr bekam. Das wollte ich auch gerne mitteilen, weil ich es für wichtig hielt, brachte aber nur eine Art Pfeifen heraus, ähnlich wie ein Fahrradschlauch, der gerne platzen würde, aber nicht kann.

Papa schien das zu bemerken und gab mir eine leichte therapeutische Ohrfeige. Der Wortstau in meinem Hals löste sich auf, ich sagte »Danke« und bekam wieder Luft. Aber es war nicht viel, und als ich dann Sätze sagte wie: »Seid ihr verrückt geworden!«, »Was soll der Unsinn!« und »Das könnt ihr doch nicht machen!«, da klang das gar nicht vorwurfsvoll, sondern eher ein bisschen verquietscht und albern.

Mama hob einen Zeigefinger. »Hab dich ein bisschen besser unter Kontrolle. Und werd möglichst schnell erwachsen! Du bekommst natürlich das Haus. Ab sofort lebst du hier alleine, da solltest du besser ruhig und souverän sein, wie es sich für allein lebende Menschen gehört.«

»Und du solltest endlich darüber Bescheid wissen, wie es im richtigen Leben zugeht«, sagte Papa. »Aber keine Angst! Wir haben dir einen Grundkurs in Lebensbewältigung hinterlassen. An die wichtigsten Sachen haben wir Zettel geklebt. Da steht alles drauf. Wie du die Waschmaschine bedienst. Wie du den Müll trennst. Wie du die Beutel im Staubsauger wechselst. Eben alles, was man braucht, wenn man für sich selbst verantwortlich ist.«

Meine Mutter schaute auf die Uhr. »Aber für lange Erläuterungen ist jetzt leider keine Zeit mehr.« Und dann wiesen meine Eltern auf die Koffer, die sie unbemerkt, jedenfalls unbemerkt von mir, gepackt und in den Flur geschafft hatten.

»Wir haben auch nicht viel Zeit für gefühlvolle Abschiede«, sagte mein Vater. »Wir beginnen unser neues Leben nämlich mit einer Weltreise. Und unser Flug in die Karibik geht in zwei Stunden.« Darauf sagte meine Mutter »Hach!« und küsste meinen Vater auf eine Art und Weise, dass ich dringend weggucken musste. »Wie sehr ich mich darauf gefreut habe«, sagte sie, als sie mit dem Küssen fertig war. »Antigua, Barbados, Jamaika. Und anschließend New York, London, Rom, Paris. Ich denke, das wird wunderbar!«

Ich dachte nur: Neustadt.

Das ist die Stadt, in der wir wohnen. Pardon, in der ich jetzt den Rest meines Lebens in Einsamkeit zubringen sollte. Denn wenn die Reiseroute meiner Eltern stimmte, würde ich ihre Rückkehr vielleicht gar nicht mehr erleben.

Bei dieser Gelegenheit und für alle, die es nicht wissen: Unser Neustadt ist nicht neu, sondern heißt nur so. Es ist allerdings auch nicht alt. Und außerdem ist Neustadt weder groß noch klein, weder aufregend noch langweilig, sondern in allem und jedem auf eine etwas aggressive Art und Weise mittelmäßig. Mir hatte das bislang nicht allzu viel ausgemacht. Ich war überhaupt mit dem, was ich hatte, ziemlich zufrieden. Außerdem hieß es immer, ich würde demnächst, wahrscheinlich am Morgen meines achtzehnten Geburtstags, das mittelmäßige Neustadt verlassen und in die sogenannte große weite Welt ziehen, um dort Glück und Reichtum zu erwerben. Ich hatte dazu immer genickt und so getan, als würde ich mich darauf ganz wahnsinnig freuen. Gleichzeitig hatte ich mir allerdings vorgenommen, das Achtzehnwerden möglichst lange hinauszuschieben. Vielleicht fände ich ja einen Trick und könnte es komplett verhindern.

Doch jetzt lag der Fall ganz anders. Meine Eltern, die kürzlich fünfunddreißig geworden waren, verzogen sich in die große weite Welt – und ich durfte in Neustadt bleiben, allerdings nur, um in bitterer Armut zu leben und unglücklich vor die Hunde zu gehen.

Meine Mutter zerrte schon an den Koffern, aber mein Vater hatte offenbar meine Gedanken gelesen. »Um Geld mach dir keine Sorgen. Es liegt genug im Haus. Das wirst du beizeiten finden. Ich hab es dir eigentlich gleich geben wollen, aber Mama hat gesagt: Lass nur, er soll ein bisschen suchen, damit er uns nicht gleich hinterherkommt. Wir brauchen einen kleinen Vorsprung.«

Es ist kein schöner Moment im Leben eines fast Vierzehnjährigen, wenn er herausfindet, dass die eigenen Eltern zu genau jenem grenzenlosen Egoismus fähig sind, den sie ihrem Sohn seit Jahren unterstellen. Betreffender Sohn zweifelt dann augenblicklich an allem und verlangt sehr heftig nach Trost und Geborgenheit. Und obwohl ich nicht der besonders verschmuste Typ bin, wollte ich mich spontan wie ein Dreijähriger an eines meiner Elternteile klammern. Doch meine Mutter schien das zu ahnen und gab mir rasch zwei Küsse, die so flüchtig waren wie sie selbst.

»Tschüssi«, sagte sie. »Und versuch nicht, uns anzurufen. Von unseren Handys haben wir uns nämlich auch getrennt.« Tatsächlich lagen die beiden friedlich nebeneinander auf dem kleinen Schrank im Flur.

Als meine Eltern kurz darauf mit unserem ehemaligen Familienauto um die Ecke rauschten, stand ich barfuß im Vorgarten und sah dabei wahrscheinlich so albern aus wie unsere beiden Punk- und Hippie-Gartenzwerge. Ich winkte meinen Eltern kein bisschen nach; das war der einzige Protest, zu dem ich fähig war. Außerdem hatte ich das Gefühl, gleich wieder keine Luft zu bekommen. Und winkend in Ohnmacht zu fallen sieht sicher besonders dämlich aus. Überhaupt wollte ich mich nie mehr bewegen. Ich wollte selbst ein Gartenzwerg werden, kein Hippie- oder Punk-, sondern ein Trennungszwerg, dem allmählich Regen und Wind die billige Farbe vom Plastik waschen.

Doch da trat unsere Nachbarin zur Linken vors Haus, Frau Glossbach. Sie sah mich merkwürdig an, dann machte sie eine lockende Handbewegung wie die Hexe im Märchen. Wer weiß, dachte ich, was meine Eltern sonst noch alles arrangiert hatten, um sich den Rücken frei zu halten. Womöglich hatten sie sich sogar mit ihren Feinden verbündet, von denen Frau Glossbach der schlimmste war. Und vielleicht hatte die in ihrem Keller schon ein gemütliches kleines Verlies für mich eingerichtet. Ich raffte also meine Restkräfte zusammen, verschob den Verzweiflungstod durch Vergartenzwergung auf später und ging zurück ins Haus.

In der Küche fand ich prompt den ersten der angekündigten Zettel; er war gelb und klebte am großen Kühlschrank. Darauf stand: Achtung! Alle in diesem Gerät verwahrten Lebensmittel sind genießbar. Aber Vorsicht! Du musst vor dem Essen die Verpackung entfernen. Und wenn du klug bist, wirfst du die Verpackung nicht weg. So weißt du, was du im Supermarkt kaufen solltest, damit du nicht verhungerst.

Ich öffnete den Kühlschrank. Er war nicht sehr üppig, dafür aber genau richtig gefüllt. Einige Schälchen Milchreis, ein Dutzend Becher Götterspeise und Karamellpudding, dazu ein paar Flaschen Multivitaminsaft. Das passte exakt in mein eher schmales Lebensmittel-Beuteschema. Oder anders gesagt: Es waren die einzigen Sachen, die ich wirklich mochte. Ich war also vorläufig gerettet, daher gestattete ich mir das erste Aufatmen des Tages und komponierte eine kleine Mahlzeit: Milchreis mit Götterspeise. Dazu trank ich Multivitaminsaft.

Als ich zum Nachtisch einen Karamellpudding wählen wollte, bemerkte ich allerdings auf dem hintersten Milchreis im Kühlschrank einen zweiten gelben Zettel, der mehr als doppelt so groß war wie der erste. Vermutlich würde darauf eine Generalbelehrung meiner ehemaligen Eltern stehen, vielleicht ein Vortrag über gesunde Ernährung im Allgemeinen und die Schädlichkeit von Fertigpudding im Besonderen.

Danach war mir nun gar nicht, und so verzichtete ich dankend auf den Nachtisch. Doch den Zetteln entging ich nicht. Denn als ich die leeren Packungen in die Mülltonne werfen wollte, glänzte dort ein weiteres Exemplar: Sehr brav! Du schonst die Umwelt. Aber leider weißt du jetzt nicht mehr, was du kaufen willst, du unselbstständiger und weltfremder Taugenichts.

Ich wollte nur noch ins Bett. Der Tag sollte nicht weitergehen. Schon immer hatte ich die Fähigkeit besessen, im Handumdrehen einzuschlafen, wenn die Dinge nicht gut standen. Davon wollte ich jetzt Gebrauch machen. Doch als ich die Bettdecke zurückschlug, fand ich darunter den nächsten Zettel: Was soll das heißen? Ins Bett, ohne die Zähne zu putzen? Ich fasse es nicht. Ab ins Badezimmer, du Ferkel!

Gehorsam putzte ich mir die Zähne, dann kroch ich in mein Bett und zog mir meine Lieblingsbettdecke über den Kopf, ein kunterbuntes Monstrum von sechs Quadratmetern, das eine Bekannte meiner Mutter aus Hunderten von ganz verschiedenen Stofffetzen zusammengenäht hat. Und obwohl ich befürchtet hatte, es könnte diesmal nicht funktionieren, schlief ich ein, kaum dass die Welt hinter der Patchworkdecke verschwunden war.

Piet Montag

Am nächsten Morgen erwachte ich aus einem Traum. Im Traum war Folgendes passiert: Nur eine Stunde nachdem sie mich verlassen hatten, kamen meine Eltern wieder zurück. »Überraschung!«, sagten sie und schwenkten alberne kleine Fähnchen. »Natürlich haben wir uns nicht von dir getrennt! Das war nur eine scherzhafte kleine Lektion.« Sie kicherten. »Du solltest bloß aus pädagogischen Gründen einmal spüren, wie trostlos ein Leben ohne Eltern ist.«

»Allerdings«, sagte mein Traumvater darauf mit veränderter Stimme, »wird sich eine Kleinigkeit in deinem behüteten Leben ändern.« Er packte die Fähnchen wieder ein. »Wir, deine mildtätigen Eltern, haben nämlich sieben arme Kinder aus drei Kontinenten adoptiert, damit die kleinen Hascherln auch von unserem Reichtum und unserer liebevollen Fürsorge profitieren. Denn es ist ja eine Schande, wie viel liebevolle Fürsorge und wie viel gutes Geld wir ausschließlich an einen melancholischen Tagträumer wie dich verschwenden.«

Ich wollte etwas antworten, bekam aber auch im Traum die Zähne nicht auseinander.

»Husch«, sagte da mein geträumter Vater, »geh schon mal in dein Zimmer und mach ein bisschen Platz. Jetzt wird es nämlich eng.– Hopp, ihr Kleinen!«

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