Mutterbild in amerikanischem Rahmen - Miklós Vajda - E-Book

Mutterbild in amerikanischem Rahmen E-Book

Miklós Vajda

4,8
18,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Aus der Sicht eines kleinen Jungen bis hin zu der des Familienvaters entfaltet sich in Vajdas berührendem Roman nicht nur eine von gegensätzlichen Gefühlen beladene Mutter-Sohn-Beziehung, sondern das wechselhafte Schicksal einer starken Frau des 20. Jahrhunderts. In den Wirren der politischen Umbrüche Ungarns gerät sie ständig aufgrund ihres familialen Hintergrundes in Schwierigkeiten: Im Zweiten Weltkrieg wegen der jüdischen Wurzeln ihres Mannes; während der kommunistischen Diktatur sitzt sie wegen ihrer aristokratischen Herkunft sogar im Gefängnis. Nach der ungarischen Revolution 1956 emigriert sie nach Amerika, wo sie sich ein bescheidenes neues Leben aufbaut. Ihr einziger Sohn, der Schriftsteller und Ich-Erzähler, bleibt zurück. Wie sich mit Amerika in den 1960er- und 70er-Jahren - Inbegriff des Kapitalismus - und dem kommunistischen Ungarn zwei gegensätzliche politische Systeme mit Unverständnis, aber ebenso Faszination gegenüberstehen, so leben auch der ungarische Sohn und die "amerikanische" Mutter in unterschiedlichen Welten und bleiben doch untrennbar miteinander verbunden. Miklós Vajda gelingt mit Mutterbild in amerikanischem Rahmen ein ausgewogenes, sprachlich präzises und weises Werk von seltener Reife.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 254

Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Miklós Vajda

Mutterbild inamerikanischem Rahmen

Roman

Miklós Vajda

Mutterbild inamerikanischem Rahmen

Roman

Aus dem Ungarischen

von Timea Tankó

braumüller

Der Verlag dankt dem Nationalen Kulturfonds Ungarn für die freundliche Unterstützung der vorliegenden Übersetzung.

Die Übersetzerin dankt dem Deutschen Übersetzungsfonds für die großzügige Unterstützung ihrer Arbeit.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel Anyakép, amerikai keretben im Verlag Magvető, Budapest.

Printed in Austria

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

1. Auflage 2012© 2012 by Braumüller GmbHServitengasse 5, A-1090 Wien

http://www.braumueller.at

Lektorat: Angelika KlammerCoverfoto: photosbykatie / istockphotoISBN der Printausgabe: 978-3-99200-046-3

E-Book-Ausgabe © 2012ISBN 978-3-99200-060-9

„Denn dann nur sind die Stimmen gut,wenn Schweigsamkeiten sie begleiten,wenn hinter dem Gespräch der SaitenGeräusche bleiben wie von Blut;und bang und sinnlos sind die Zeiten,wenn hinter ihren Eitelkeitennicht etwas waltet, welches ruht.“

Rainer Maria Rilke: Der Sohn

1.

Sie steht in der Küche, in einer Küche, nicht unserer Küche, unserer ehemaligen Küche, einer unserer ehemaligen Küchen, sondern in ihrer eigenen Küche, die mir fremd ist, nicht meine Küche, und kocht, rührt in einem Topf. Sie kocht für mich. Auch das ist neu, fremd. Aber sie steht da und tut immer wieder das, was ich will, dort, wo ich will, ja, wo ich, was ich gerade will. Sie ist nicht mehr, ich bin noch. Und ich will. Aber auch wenn ich es gerade nicht will, geht sie umher, macht dies und jenes, ist in meinem Kopf, ruft mich, spricht und schweigt, freut sich und leidet, denkt oder sieht mich an, telefoniert, fragt, schreibt mir, als würde sie leben. Ich bin maßlos; mich interessiert auch ihr Dasein außerhalb von mir, das private, vor und nach mir, ohne mich, auch das versuche ich, aus den aufgeklaubten Mosaiksteinchen zusammenzufügen, aber, ich kann nichts dafür, egal, was sie in letzter Zeit macht, alles ist – genauer gesagt war – immer für mich, wegen mir, durch mich und mit mir verbunden.

Jetzt will ich gerade, dass sie dort steht, in dieser Küche, und kocht. Sagen wir eine ihrer dort erlernten Spezialitäten, Kapernsauce für das auf dem Grill brutzelnde Steak. Aber ich lasse sie auch viele andere Handlungen wiederholen; in letzter Zeit sehe ich ihr zum Beispiel gerne heimlich von meinem Bett aus dabei zu, wie sie sich, bevor sie sich schlafen legt, an ihrem unter einem antiken, venezianischen, silbergerahmten Spiegel stehenden Schminktisch mit großer Sorgfalt abschminkt, sich in ihrem ebenfalls antiken Standspiegel fachkundig mustert, mit in Creme getunkten Wattebällchen kleine kreisende Bewegungen vollführt, methodisch, stets haargenau die gleichen, wenn notwendig, schneidet sie Grimassen, wenn gerade erforderlich, bläst sie eine Gesichtshälfte auf, bearbeitet ihre Haut, dann schmiert sie sich unter anderem mit einer Flüssigkeit ein, die sie „Schüttelmixtur“ nennt, diese trocknet sofort und verleiht ihr das weiße Gesicht eines Clowns. Dann wischt sie sie ab und ich schlafe wieder ein. Das Zimmer ist voller Spiegel, auch alle sechs Türen des Einbauschrankes sind durchgängig Spiegel. Mein Bett steht hier, in ihrem Schlafzimmer, im Kinderzimmer schläft mein deutsches Kindermädchen, das . Manchmal werde ich wieder wach, wenn sie spät in der Nacht in ihrem gelben Seidenmorgenmantel leise aus dem Bad kommt und ich noch höre, wie sie nach dem Auftragen weiterer Cremes, diesmal Nachtcremes, auch zu Bett geht, es sich bequem macht, sich räuspert, dann einen Seufzer des Wohlbehagens ausstößt und schließlich einschläft. Sie atmet mit offenem Mund laut, zufrieden aus, genauso, wie ich mich heute manchmal dabei ertappe, es zu tun. Oder ich beobachte sie dabei, wie sie sich vormittags gegen elf Uhr geschminkt, in Kostüm, Hut, Handschuhen und Schuhen mit hohem Absatz ins Auto setzt, den modischen, grobmaschigen Schleier vor ihrem Gesicht hebt, im Rückwärtsgang aus der Garage fährt, im Garten wendet und auf der linken Seite – es wird noch links gefahren – die damalige Sashegyi-, heute Hegyalja-Straße, hinunterfährt, um in der Stadt und sich dann in dem vor Kurzem eröffneten Café Mignon, in Ungarn das erste seiner Art, oder im Gerbeaud mit ihren Freundinnen zu treffen, eventuell auch mit meinem Vater, der manchmal aus seinem Büro hinüberspaziert, dann besprechen sie das Abendprogramm oder das, was sie gerade beschäftigt. Danach kommen sie gemeinsam nach Hause zum Mittagessen. Oder wie sie in Márianosztra, vielleicht auch später in Kalocsa, am Ende des monatlichen Besuchs von dem mit einem Maschinengewehr bewaffneten Gefängniswärter abgeführt wird und sich zwischen der Gruppe der unter den Stalin- und Rákosi-Porträts durch die zweiteilige Eisentür aus dem mit dichtem Drahtnetz geteilten Raum hinausgetriebenen Gefangenen und der der Gefängniswärter plötzlich ein kleiner Spalt auftut, was sie wahrscheinlich spürt, denn für einen Augenblick hält sie inne, blickt über die Schulter hinweg zu mir zurück, sie ahnt, dass ich noch dastehe und ihr nachsehe. Die Tellermütze des Wärters verdeckt ihr Gesicht bereits zur Hälfte, ihre leicht zusammengekniffenen Augen, ihr Nicken, ihr angedeutetes Lächeln und ihr verdächtig glänzender Blick sagen mir jedoch mehr, als sie mir in Anwesenheit des Wärters in den fünfzehn Minuten hat mitteilen können.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!