Mysterienschule Tarot - Ludwig Rogalla - E-Book

Mysterienschule Tarot E-Book

Ludwig Rogalla

0,0

Beschreibung

In vielen Kulturen gab es Mysterienschulen, deren Lehren und Riten nur den Eingeweihten bekannt waren und vor allen anderen Personen geheim gehalten wurden. Ein Aspirant konnte durch eine Einweihung in einen dieser Geheimkulte aufgenommen werden. Stammen die uns überlieferten Tarotkarten aus dem Weisheitstempel einer solchen spirituellen Schule, die vor langer Zeit existierte? Was lehrten diese Bildkarten? Welche Bedeutung hatte jede dieser Karten für den Mysterienschüler? Die Antworten auf diese Fragen versucht dieses Buch zu geben. Was hinter den einzelnen Karten (Rider-Waite-Tarot) an spirituellem Wissen steckt, das wird Karte für Karte anhand von Mythen, Fabeln, Gleichnissen, Märchen und Sagen archetypisch geklärt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 259

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ludwig Rogalla

MYSTERIENSCHULE TAROT EIN EINWEIHUNGSWEG

Engelsdorfer Verlag Leipzig 2023

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über https://dnb.de abrufbar.

Copyright (2023) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Illustrationen: Tarot von A.E. Waite (Rider-Waite-Tarot)

mit freundlicher Genehmigung des Königsfurt-Urania Verlags

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

INHALT

Cover

Titel

Impressum

Einleitung

Eine Legende

Kartendecks

Mysterienkulte

Der Einweihungsweg

Mit den Kartenbildern arbeiten

Die großen Arkana

Der Tagträumer – 0 Der Narr

Wunsch nach Befreiung – I Der Magier

Eine ägyptische Göttin – II Die Hohepriesterin

Blumensamen – III Die Herrscherin

Das Gebet des Kaisers – IV Der Herrscher

Die Frage des Novizen – V Der Hierophant / Der Hohepriester

Die vollkommene Frau – VI Die Liebenden

Der eitle Rabe – VII Der Wagen

Die kleine Welle – VIII Kraft

Der alte Einsiedler – IX Der Eremit

Schicksal oder Karma? – X Rad des Schicksals

Das Urteil des Königs – XI Gerechtigkeit

Hinter die Fassade schauen – XII Der Gehängte

Ein neuer Anfang – XIII Tod

Der Novize am Fluss – XIV Mäßigkeit

Der erfolgreiche Versucher – XV Der Teufel

Die Gefangenen im Turm – XVI Der Turm

Rückkehr aus der Unterwelt – XVII Der Stern

Der Mann im Mond – XVIII Der Mond

Der Bauer und der König – XIX Die Sonne

Die Sonne als Zeuge – XX Gericht

Erfahrungen des Lebens – XXI Die Welt

Die kleinen Arkana

Münzen

Bergwanderung – Ass der Münzen

Der Löwe und die Maus – Zwei der Münzen

Wiederaufbau – Drei der Münzen

Bezahlung im Jenseits – Vier der Münzen

Ein Blick durchs Fenster – Fünf der Münzen

Der freigebige Löwe – Sechs der Münzen

Die drei Samenbeutel – Sieben der Münzen

Der Fürstbischof und die Alchemie – Acht der Münzen

Ein wahrer Freund – Neun der Münzen

Der Traum vom Schatz – Zehn der Münzen

Die Goldmünze – Page der Münzen

Das Turnier am Hof des Königs – Ritter der Münzen

Die Wohltaten der Königin – Königin der Münzen

Friede und Versöhnung – König der Münzen

Kelche

Die beiden Pferde – Ass der Kelche

Ungenutzte Chance – Zwei der Kelche

Die drei Mägde – Drei der Kelche

Das lebendige Wasser – Vier der Kelche

Die volle Tasse – Fünf der Kelche

Spuren im Leben – Sechs der Kelche

Die Versuchung – Sieben der Kelche

Der Prophet – Acht der Kelche

Maßlosigkeit – Neun der Kelche

Das Universum und wir – Zehn der Kelche

Die Suche nach dem Gral – Page der Kelche

Ritter Parzival – Ritter der Kelche

Die Gralsburg – Königin der Kelche

Der Hüter des Grals – König der Kelche

Stäbe

Das Gesetz des Ausgleichs – Ass der Stäbe

Wunder oder Zufall? – Zwei der Stäbe

Beharrlichkeit – Drei der Stäbe

Erneuerte Freundschaft – Vier der Stäbe

Die kleine Hütte – Fünf der Stäbe

Der besonnene Hauptmann – Sechs der Stäbe

Die sieben Stäbe – Sieben der Stäbe

Der Wettlauf – Acht der Stäbe

Glück im Unglück – Neun der Stäbe

Brennholz – Zehn der Stäbe

Karma ausgleichen – Page der Stäbe

Erinnerungen – Ritter der Stäbe

Die schwarze Katze – Königin der Stäbe

Der König der Lüfte – König der Stäbe

Schwerter

Das Toastbrot – Ass der Schwerter

Die beiden Schmuckstücke – Zwei der Schwerter

Wie die Eifersucht ins Paradies kam – Drei der Schwerter

Die vier Ehefrauen – Vier der Schwerter

Fünf Engel – Fünf der Schwerter

Die Prüfung – Sechs der Schwerter

Das Zeltlager – Sieben der Schwerter

Die dunkle Nacht der Seele – Acht der Schwerter

Ein schlimmer Traum – Neun der Schwerter

Der Geldschein – Zehn der Schwerter

Aller Anfang ist schwer – Page der Schwerter

Der Raubritter – Ritter der Schwerter

Der perfekte Baum – Königin der Schwerter

Der Traum des Königs – König der Schwerter

Ausklang

Literaturliste

EINLEITUNG

Die meisten Menschen nehmen das Leben als gegeben hin und fragen nicht nach, ob hinter dem Sichtbaren und dem mit den anderen Sinnen Wahrnehmbaren möglicherweise ein Konzept steht. Sie stolpern durch das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, manche verirren sich sogar darin und brauchen Hilfe. Andere sind auf der Suche nach einem Sinn des Lebens, den ihnen Religionen, Philosophien und Wissenschaften nicht vermitteln können.

Mysterienschulen, wie sie schon in der Antike existierten, bieten auch heute als Lebensschulen diesen Suchern ein Studium der Beziehung der Seele zum göttlichen Urgrund. Dabei bedienen sie sich bestimmter Symbole, Bilder, Gleichnisse und Fabeln, um ihre Botschaften zu übermitteln, die dann erlebt und erfahren werden sollen. In der Symbolik der Alchimisten ist es Intention jeder Mysterienschule, Blei in Gold zu verwandeln.

Normalerweise ist ein Lehrbuch so aufgebaut, dass der Lehrstoff von der ersten bis zur letzten Seite durchgearbeitet, geübt und wiederholt werden muss. Dabei muss nacheinander Seite für Seite bearbeitet werden. Eine oder mehrere Seiten auszulassen, funktioniert in einem solchen Lehrwerk leider nicht, weil es Schritt für Schritt aufgebaut ist und beim Überspringen von Seiten Grundlegendes ausgelassen wird und fehlt. Ein Schüler, der in Mathematik gerade Addition und Subtraktion gelernt hat, wird sich als nächsten Schritt nicht mit Potenzieren und Radizieren befassen, denn er muss zuerst Multiplikation und Division begreifen. In der Schule des Lebens ist das anders. Da gibt es keinen gemeinsamen Plan für alle Menschen, wie ein jedes Leben Schritt für Schritt ablaufen muss. Kein Mensch gleicht dem andern und kein Leben gleicht dem andern. Alle Menschen sind verschieden und auch ihre Erlebnisse und Erfahrungen unterscheiden sich. Für den einen sind bestimmte Erlebnisse wichtig, weil er bisher aus ihnen nichts gelernt hat, ein anderer braucht diese Erfahrung nicht zu machen, weil er sie möglicherweise in einem früheren Leben schon begriffen und verinnerlicht hat. Deshalb eignen sich in einer Mysterienschule einzelne Bilder und Karten, wie die Tarotkarten, deren Reihenfolge individuell verändert werden kann, um bestimmte Situationen zu deuten, aus ihnen zu lernen und sich in ihnen zu bewähren.

Carl Gustav Jung sprach vom kollektiven Unbewussten und meinte damit einen überpersönlichen gemeinsamen Bereich, in dem wir alle wurzeln. Träume, Märchen, Mythen und Religionen vermitteln uns einen Zugang zu diesem Urgrund. Bestimmte Muster, Carl Gustav Jung nannte sie Archetypen, sind in der gesamten Menschheit gegenwärtig. Wir kennen sie als Urbilder und symbolische Vorstellungen des kollektiven Unbewussten. Aus diesem Raum stammen die Bilder der Tarotkarten.

In vielen Mythen, Märchen, Romanen und Filmen steht ein Held archetypisch im Mittelpunkt, der sich aufmacht, auf eine Heldenfahrt begibt, um an einzelnen Stationen Prüfungen und Herausforderungen zu bestehen. Diese Reise des Helden symbolisiert den Lebensweg, auf dem jeder von uns sich bewähren muss.

Hier kommt die Mysterienschule ins Spiel. In einem Einweihungsprozess wird dem Schüler bewusst, dass er das wahre Selbst in sich findet, die Seele, die mit dem wahren Selbst eines jeden Menschen und mit dem göttlichen Sein verbunden ist. Die Prüfungen, denen er sich stellen muss, hält das Leben selbst für ihn parat.

Dieses Buch ist so aufgebaut, dass jede Tarotkarte zu einer Geschichte – einem Erlebnis, einem Gleichnis, einer Fabel oder einem Märchen – in Verbindung steht.

Hinweis: In den Kapiteln des Buches ist von Schülern, Novizen und Meistern die Rede, das heißt aber nicht, dass es keine Schülerinnen, Novizinnen und Meisterinnen gab bzw. gibt. Der Einfachheit halber beschränkt sich das Buch auf die maskuline Form.

EINE LEGENDE

In einer lange vergangenen Zeit gab es in einem Land einen Tempel der Weisheit, ein spirituelles Zentrum, wo Mysterien bewahrt und gelehrt wurden. Viele Menschen kamen in diese Mysterienschule, um von dem Meister zeitloser Weisheit die geheimen Lehren zu erfahren. Nach einer gewissen Zeit des Lernens verließen die Schüler dann den Tempel, um sich wieder in den Alltag einzugliedern, Familien zu gründen, sich im Beruf weiterzubilden und das Gelernte im täglichen Leben anzuwenden. Einige der Schüler blieben aber weiterhin als Mönche im Tempel. Als der Meister alt geworden war, wählte er unter seinen Anhängern den am weitesten Fortgeschrittenen aus und machte ihn zu seinem Nachfolger. Auch dieser Meister lehrte die Mysterien wie sein Vorgänger und unterwies bereitwillig seine Schüler. Gegen Ende seines Lebens bestimmte er ebenfalls einen Nachfolger, der daraufhin wie sein Lehrer die Menschen, die zu ihm kamen, unterrichtete. So ging das einige Jahrhunderte lang. Immer wieder wurde unter den Schülern ein neuer Meister auserwählt.

Aber die Zeiten änderten sich; die Menschen hatten irgendwann kein Verlangen mehr, sich spirituell zu entfalten, sondern wandten sich dem Vergnügen und den Leidenschaften zu. Immer weniger Sucher kamen in den Tempel, bis dann eine Handvoll noch übrig blieb. Als der Meister einsah, dass er keinen Nachfolger bestimmen konnte, dass er der letzte in einer Reihe von Meistern war, beschloss er, die Lehren, welche bisher immer nur mündlich weitergegeben wurden, aufzuschreiben.

Da zu jener Zeit die meisten Menschen aber weder lesen noch schreiben konnten, beauftragte er einen begabten Künstler, nach seinen Vorgaben dem Text entsprechende Illustrationen als handliche Karten anzufertigen. Als das Buch mit den Lehren und die bebilderten Karten fertig gestellt waren, übergab er beides seinen Schülern, damit sich jeder eine Kopie davon anfertigen konnte, denn damals kannte man noch keinen Buchdruck.

Nach dem Tod des Meisters waren sein Buchtext und seine illustrierten Karten noch viele Jahre im Umlauf, aber irgendwann waren nur noch die Karten vorhanden, weil die Menschen mit den schriftlichen Aufzeichnungen des Meisters nicht viel anfangen konnten. Der Text geriet in Vergessenheit und war irgendwann verschollen. Mit den Bildkarten, vermuteten die Menschen, waren irgendwelche Geheimnisse verbunden, und so erhielten diese den Namen „Arkana“ (Geheimnisse, von arcanum, lat. Geheimnis). Im Laufe der Jahrhunderte wurden diese Karten, die großen und die kleinen Arkana, die wir heute als Tarotkarten kennen, immer wieder kopiert und neu konzipiert. Da man ihre ursprüngliche Bedeutung vergessen hatte, wurden sie als Wahrsagekarten zur Zukunftsvorhersage und Schicksalsdeutung benutzt. – Soweit die Legende.

Auch heute noch werden Tarotkarten esoterisch als Wahrsagekarten verwendet. Eine oder mehrere aufgedeckte Karten werden dabei im Kontext der Synchronizität gesehen. Carl Gustav Jung prägte diesen Begriff für zwei Ereignisse, die in keinem kausalen Zusammenhang stehen, aber dennoch eine sinnvolle Beziehung aufweisen. Folglich könnten die gelegten Karten sich direkt auf Ereignisse im Leben des Suchenden beziehen.

Neben dieser divinatorischen Auslegung existiert die psychologische Deutung der gelegten Tarotkarten. Das Tarotbild wird dabei als Spiegelbild innerer und äußerer Vorgänge und Erfahrungen des Suchenden gesehen. Auf diese Weise können die Tarotkarten als eine therapeutische Möglichkeit zur Selbstfindung benutzt werden. Wenn man Tarot nämlich als ein Weisheitsbuch aus alter Zeit auffasst, dann kann man in diesen archetypischen Bildern einen Lebensweg des Menschen sehen. Woher die Tarotkarten ursprünglich stammen, dies bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen. Jedenfalls sind sie seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in Europa bekannt. Das Wort Tarot stammt aus dem Französischen und war der Name eines Kartenspiels, das in Italien als Tarocchi und im Deutschen als Tarock populär wurde. Die 78 Tarotkarten sind eingeteilt in die großen Arkana, 22 Symbolkarten von 0 bis 21, und die kleinen Arkana, die 56 Karten. Diese bestehen aus vier Gruppen (Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter) mit jeweils 4 Bildkarten und 10 Zahlenkarten.

Symbolisierten die 78 Tarotkarten ursprünglich das Spiel des Lebens selbst, so verblasste deren Bedeutung im Laufe der Zeit und die Tarotkarten wandelten sich zu reinen Spielkarten. Ein französisches Kartendeck besteht heute aus vier Farben: Karo (Münzen), Herz (Kelche), Pik (Schwerter) und Kreuz (Stäbe), also 4 mal 13 gleich 52 Spielkarten bzw. 4 mal 8 gleich 32 Spielkarten.

KARTENDECKS

Seit ihrem Auftauchen irgendwann in der Vergangenheit wurden die Tarotkarten im Laufe der Zeit immer wieder kopiert und auch neu gestaltet. Recht bekannt wurde Mitte des 18. Jahrhunderts das Tarot de Marseille, ein nach den alten Vorlagen neu konzipiertes Kartendeck, das dank neuer Drucktechniken weite Verbreitung fand. Als Vorlage für die kolorierten Kartenbilder dienten alte Holzstiche, weshalb uns die Figuren darauf antiquiert und ungelenk erscheinen.

Ein weiterer Meilenstein war das im Jahre 1909 erschienene Rider-Waite-Tarot, benannt nach dem Londoner Verleger William Rider & Son und dem Herausgeber Arthur Edward Waite (1857–1942), der die Karten entworfen hatte. Der Okkultist und Mystiker Waite war Mitglied im „Order of the Golden Dawn“, einem magisch-mystischem Orden, dem auch die Künstlerin Pamela Colman Smith (1878–1951) angehörte. Pamela Colman Smith war es, die dieses Kartendeck nach den Entwürfen von Arthur Edward Waite gestaltete.

Der in New York geborene Waite verbrachte viele Jahre seines Lebens in England, wo er sich als esoterischer Schriftsteller einen Namen machte. Bei seinen okkulten Studien stieß er auf das damals unbekannte Sola-Busca-Tarot, ein Kartendeck aus dem späten 15. Jahrhundert, das aus dem Besitz der Familie Sola-Busca in Mailand stammte. Diese 78 Tarotkarten gelten als das älteste bekannte Tarot. In Anlehnung an diese Karten tragen die großen Arkana von Arthur Edward Waite Namen und Nummern. Allerdings vertauschte Waite die Nummern der beiden Karten „Kraft“ und „Gerechtigkeit“, wie sie im bekannten Tarot de Marseille festgelegt waren.

Anders als bei anderen bekannten Tarotdecks sind die Zahlenkarten (kleine Arkana) des Sola-Busca-Tarot und des Rider-Waite-Tarot als Bildszenen gestaltet. Zusätzlich ist das Rider-Waite-Tarot mit vielen Symbolen angereichert.

Pamela Colman Smith, die mit ihren Illustrationen erheblich zum Bekanntheitsgrad der Karten betrug, darf hier nicht vergessen werden. Die Tochter eines Amerikaners und einer Jamaikanerin zog 1893 mit ihrem Vater nach New York, wo sie in Brooklyn das Pratt-Institut, eine private Kunstschule besuchte. Pamela soll die Gabe besessen haben, Musik nicht nur als Töne, sondern auch als Farben wahrzunehmen. Diese Fähigkeit wurde von ihrem Lehrer Arthur Wesley Dow (1857 – 1922) gefördert, der die Malerei durch das Hören von Farben oder das Sehen von Klängen begreifbar machen wollte. Dieser Einfluss zog sich wie ein roter Faden durch Pamelas Bilder. Sie illustrierte verschiedene Bücher und veröffentlichte 1899 drei eigene Bücher. In England bebilderte sie Arbeiten von Bram Stoker (1847 – 1912) und William Butler Yeats (1865 – 1939). Nach ihrer Zusammenarbeit mit Arthur Edward Waite und der Fertigstellung des Rider-Waite-Tarot hielt sie sich mit Buchillustrationen über Wasser und zog nach Cornwall um, wo sie dann die letzten Lebensjahre verbrachte. Leider sind die meisten ihrer Arbeiten wie auch die Originale des Rider-Waite-Tarot verschollen.

Da die gedruckten Karten dieses Tarots heute allgemein bekannt sind, beziehen sich das Bildmaterial und die Texte des Buches auf das Rider-Waite-Tarot.

MYSTERIENKULTE

Nehmen wir einmal an, es habe ein spirituelles Zentrum existiert, von dem nur noch die Tarotkarten übrig geblieben sind, wo Mysterien (griech. Geheimnisse) gelehrt und weitergegeben wurden. Aus der antiken Welt sind uns einige Mysterienschulen bekannt, deren Lehren und Riten nur den Eingeweihten bekannt waren, vor allen anderen wurden sie geheim gehalten. Ein Aspirant (Bewerber) konnte durch eine Initiation (Einweihung) in einen solchen Geheimkult aufgenommen werden. Die Mysterien von Eleusis waren in der Antike wohl die bekanntesten; daneben gab es den Kybele- und Attiskult, den Dionysoskult, den aus Ägypten stammenden Isis- und Osiriskult, die Mysterienschule des Pythagoras und weitere religiöse Gruppierungen, die jeweils auf eine Gottheit oder Götter ausgerichtet waren.

Im römischen Reich konnte sich der Mithraskult ausbreiten. Diese Religion stammte aus Kleinasien und leitete sich von dem persischen Kult um den Gott Mithras her. Bei den Römern wurde Mithras als „Sol Invictus“ (Unbesiegter Sonnengott) verehrt, dessen Geburt zur Zeit der Wintersonnenwende am 25. Dezember gefeiert wurde. Schon in der Jungsteinzeit war die Wintersonnenwende ein markantes Datum im Jahr, wenn nach den immer kürzer werdenden Tagen die Sonne bzw. der Sonnengott als Sieger hervorging und von diesem Zeitpunkt an der Sonnenbogen am Himmel langsam wieder größer wurde und die Tage länger wurden. Es ist jedoch kein Zufall, dass die Geburtstage der beiden Religionsstifter Mithras und Jesus auf denselben Tag fallen. Bei Mithras, der mit dem römischen Sonnengott gleichgesetzt wurde, kam als Geburtsdatum nur die Wintersonnenwende in Frage, die man nach dem Julianischen Kalender am 25. Dezember feierte. Als dann nach Ende der Christenverfolgungen das Christentum immer mehr Anhänger fand und schließlich im Jahre 391 durch Kaiser Theodosius I. Staatsreligion wurde, wurde der Geburtstag des Mithras einfach in den von Jesus Christus umgewandelt. Der christliche Kaiser verbot im Römischen Reich alle heidnischen Kulte und deren Ausübung, und dies bedeutete praktisch das Ende der Mithrasreligion.

Die Mitglieder der Mithraskultgemeinden, die sich ausnahmslos auf Männer beschränkten, wechselten innerhalb weniger Generationen zum Christentum; die Mithräen, die unterirdischen Tempelhöhlen, wurden aufgegeben und darüber teilweise christliche Kirchen errichtet.

Der Sonntag war der Wochentag, der dem Mithras als Sonnengott geweiht war. Als „Sol invictus“ wurde Mithras auf vielen Darstellungen mit einem Strahlenkranz um den Kopf abgebildet. Der Mithraiskult kannte sieben Weihegrade oder Initiationsstufen für seine Anhänger.

Zur Blütezeit des Mithraismus ließen sich selbst römische Kaiser in diesen Mysterienkult einweihen, der als verschworene Männergemeinschaft nicht nur beim Militär seine Gläubigen fand. Mittelpunkt des Mithrastempels (Mithraeum) war meist ein steinernes Altarrelief, das die Stiertötungsszene (Tauroktonie) zeigte. Dargestellt war der Jüngling Mithras, wie er mit dem Dolch einen Stier tötet. Neben Mithras und dem Stier sind weitere allegorische Figuren erkennbar: Hund, Schlange, Skorpion, Rabe und Löwe stellen die Beziehung zu den Sternenbildern und zum Tierkreis her.

In den oberen Ecken sind der Sonnengott (Sol) und die Mondgöttin (Luna) zu sehen.

Mithras wird von zwei Fackelträgern begleitet. Während Cautes seine Fackel nach oben hält, hält Cautopates die Fackel gesenkt. Diese beiden Begleiter symbolisieren die Tag-und-Nacht-Gleiche zum Frühlingsbeginn und zum Herbstanfang.

Mithras soll dem Mythos nach von einer Jungfrau in einer Felsenhöhle geboren worden sein, die Zeremonien seiner Religion fanden in einer Grotte (Mithraeum) statt. Wie Jesus im Christentum war im Mithraismus Mithras der Erlösers und Retter. „Auch uns hast du gerettet, indem du das ewige Blut vergossest“ (et nos servasti aeternali sanguine fuso). (Merkelbach, Mithras, S.145) Wenn man diesen Satz unvoreingenommen liest, könnte man glauben, es handle sich um einen Ausspruch aus dem Christentum. Jesus Christus, Opferlamm und Erlöser, opfert sich selbst am Kreuz und vergießt sein Blut. Jedoch dieser Satz stammt aus einem Mithraeum und muss folglich dem Mithraismus zugeordnet werden. In Rom wurde dieser Vers entdeckt; er steht im ehemaligen Mithraeum unter der Kirche Santa Prisca an der Wand geschrieben und bezieht sich auf das Stieropfer des Mithras, wodurch die Anhänger dieses Mysterienkultes, wie sie glaubten, gerettet wurden.

DER EINWEIHUNGSWEG

Wenn wir davon ausgehen, dass es ein Buch gegeben hat, in dem die Lehren der Mysterienschule aufgezeichnet worden waren, von der wir nur die überlieferten Bildkarten als Tarot kennen, dann stellt sich die Frage, was wohl in diesem Text beschrieben worden war. Worum ging es in dieser Schrift? Von was handelte der Text? Um eine Ahnung davon zu bekommen, müssen wir wie die Archäologen vorgehen. Wenn ein Archäologe ein Fundstück ausgegraben hat, nehmen wir einmal an, es ist ein Gefäß, dann stellt er dazu Überlegungen an: Wie ist das Gefäß geformt? Zu welchem Zweck wurde es gefertigt? Aus welchem Material wurde es hergestellt? Wo wurde das Gefäß produziert? Wer hat es produziert? Wer hat es benutzt? Wahrscheinlich kann ein Archäologe nicht zu allen Fragen eine Antwort finden. Uns geht es ähnlich; auch wir können auf die Frage nach dem Buchtext nur ungefähr eine Deutung abgeben.

Ein Mysterienkult war in Einweihungsstufen aufgebaut, deren Herausforderungen jeder Schüler meistern musste. Auf diese Weise war es einem Schüler möglich, einen Initiationsgrad nach dem anderen zu durchlaufen.

Wenn wir uns die 56 Karten der kleinen Arkana vornehmen, so stellen wir fest, dass sie in vier Gruppen (Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter) eingeteilt sind. Nehmen wir einmal an, dass jede Gruppe eine Einweihungsstufe symbolisiert, dann stellt sich die Frage: Warum sind es gerade vier? Sind sie den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten, den vier Evangelien oder den vier Enden eines Kreuzes zugeordnet? Mit den vier Temperamenten (Sanguiniker, Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker) haben die Weihegrade wahrscheinlich nichts zu tun, denn die Temperamente geben die Grundwesensart eines Menschen an und sind eher als Ausgangspunkt für die Beschreitung eines Initiationsweges zu sehen.

Warum werden ausgerechnet Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter als Symbole benutzt? Hätte man als Sinnbilder auch Pfeile, Scheren, Fackeln, Besen, Spaten, Äxte oder Hämmer verwenden können? Wenn wir die Vier-Elemente-Lehre als Wegweiser für einen Einweihungsweg heranziehen, dann wird uns klar, dass Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter als Symbole für die vier Elemente stehen. Erde, Wasser, Feuer und Luft spielen in der Magie, der Alchimie und der Astrologie seit jeher eine bedeutende Rolle. Den Münzen können wir das Element Erde zuordnen, das für Materie und für das Greifbare steht. Die Kelche repräsentieren das Element Wasser, das Gefühle und Emotionen symbolisiert. Die Stäbe verkörpern das Element Feuer, welches Willenskraft und Vorstellung darstellt. Die Schwerter sind Sinnbild für das Element Luft, das für den Verstand und das Denken steht.

Ein Aspirant begann sein Studium mit der Welt des Materiellen; als Schüler des Tempels sollte er dann auf der nächsten Stufe seine Emotionen unter Kontrolle bringen, danach musste er die Gesetzmäßigkeit von Ursache und Wirkung verstehen und richtig anwenden; wenn er diese Stufen gemeistert hatte, musste er im intellektuellen Bereich die richtigen Entscheidungen treffen.

Die kleinen Arkana stellen diesen Einweihungsweg dar.

Die Münzen symbolisieren die Initiation in die materielle Welt.

Die Kelche stehen für die Einweihung in die Astralwelt.

Die Stäbe stellen die Initiation in die Kausalwelt dar.

Die Schwerter symbolisieren schließlich die Einweihung in die Mentalwelt.

Jeder Mensch ist ein individuelles, einzigartiges Wesen und macht seine eigenen Erfahrungen. Diese Erfahrungen sind von Mensch zu Mensch verschieden. Auch nach einer Einweihung macht nicht jeder Initiierte die gleichen Erfahrungen, denn die Lebenswege sind unterschiedlich. Bei den kleinen Arkana sind die Karten jeder Gruppe zwar durchnummeriert, der Mysterienschüler macht seine Erfahrungen aber wahrscheinlich nicht in der vorgegebenen Reihenfolge, weil, wie gesagt, sein Lebensweg individuell ist. Ebenso verhält es sich mit den großen Arkana. Hier beginnt jeder Wahrheitssucher zuerst einmal als „Der Narr“ mit der Karte 0, sein Fortschritt, seine gemeisterten Erlebnisse, seine Erfahrungen und Erkenntnisse sind allerdings individuell und stimmen chronologisch wahrscheinlich nicht mit der Reihenfolge der Karten von I bis XXI überein.

Dieses Buch ist an die Mysterienschule von Eckankar angelehnt. Eckankar bezeichnet sich zwar als „Der Weg spiritueller Freiheit“, kann aber auch als eine Mysterienschule gesehen werden. (www.eckankar.de und www.eckankar.org)

MIT DEN KARTENBILDERN ARBEITEN

Natürlich kannst du das Buch von vorne bis hinten durchlesen und dann weglegen. Du kannst es aber auch als Arbeitsbuch benutzen und immer wieder zur Hand nehmen.

Stelle dir einfach vor, du wärst ein Aspirant, der an die Tür der ehemaligen Mysterienschule klopft und um Aufnahme bittet. Als Mysterienschüler (Myste) wirst du dann in die Bedeutung der Tarotkarten eingeweiht. Dies bedeutet, dass du die Kartenbilder des Tarot nicht als Orakel benutzen sollst, wie es normalerweise üblich ist, sondern als archetypische Bilder eines Weisheitsbuches ansiehst.

Die großen Arkana beschreiben in 22 archetypischen Bildern die Individuation (Selbstwerdung, Selbstverwirklichung) des Menschen. Sie beziehen sich auf den archetypischen Lebensweg des Menschen, als „Heldenreise“ aus Mythen und Märchen bekannt.

Die kleinen Arkana, 56 Karten, bestehen aus vier Gruppen (Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter) mit jeweils 4 Bildkarten und 10 Zahlenkarten. Diese vier Gruppen stehen für die vier Bereiche, mit denen ein Mensch befasst ist.

1. Münzen

Wir leben auf dem Planeten Erde in einer materiellen Welt. Jeder Mensch hat einen materiellen Körper, um in dieser Welt leben und handeln zu können. Mit den fünf Sinnen nehmen wir diese Welt wahr. Die 14 Karten der Münzen beziehen sich auf die materielle Welt und den physischen Körper. Die Münze ist das Symbol für Geld und Vermögen.

2. Kelche

Jeder Mensch ist in eine Gefühlswelt eingebunden. Wir können uns freuen, traurig sein, niedergeschlagen, wütend, ängstlich, begeistert usw.; unsere Emotionen beziehen sich auf eine Emotionsebene. Die 14 Karten der Kelche weisen uns auf die Astralwelt und den Astralkörper hin. Symbolisch steht der Kelch wie das Herz als Gefäß für Gefühle.

3. Stäbe

Das Gedächtnis ist der Speicher für Vergangenes; die Erinnerungen und die karmischen Aufzeichnungen sind auf dieser Ebene abgelegt. Die 14 Karten der Stäbe verweisen auf die Kausalwelt und den Kausalkörper. Der Stab aus Holz, ehemals Teil eines Baumes mit Jahresringen, ist Symbol für die Aufzeichnungen im Leben.

4. Schwerter

Der Verstand, der Intellekt, funktioniert auf einer anderen Ebene. In der Welt der Gedanken begreifen, denken und beurteilen wir. Die 14 Karten der Schwerter deuten auf die Mentalwelt und den Mentalkörper hin. Das zweischneidige Schwert symbolisiert den scharfen Verstand.

Diese vier Gruppen stehen für die vier Stufen, die ein Mysterienschüler bearbeiten und absolvieren muss.

Wie arbeiten wir mit den Tarotkarten?

Zuerst arbeitest du mit den Karten der Münzen. Schau dir alle 14 Karten aus diesem Bereich an, dann wähle eine der Karten aus, die dir besonders ins Auge fällt oder die einen Bezug zu deinem Leben in der Gegenwart oder der Vergangenheit hat. Schau dir diese Tarotkarte genau an, lies dazu den Text im Buch und kontempliere mit geschlossenen Augen darüber.

Das nächste Mal, möglicherweise am nächsten Tag oder zu einem späteren Zeitpunkt, schaust du dir die 22 Karten der großen Arkana an und wählst eine Karte aus, die für dich eine Bedeutung hat. Lies dann den Text im Buch dazu und kontempliere mit geschlossenen Augen darüber.

Die nächste Tarotkarte, die du auswählst, ist wieder eine Karte der Münzen.

Danach wieder eine Karte der großen Arkana. Also immer abwechselnd.

Du brauchst nicht immer eine neue Karte zu wählen, du kannst auch wiederholen und dir bekannte Karten vornehmen.

Wenn du mit allen 14 Karten der Münzen gearbeitet hast, wechsle zu den 14 Karten der Kelche, danach zu den 14 Karten der Stäbe und anschließend zu den 14 Karten der Schwerter.

Wenn du alle 56 Karten der kleinen Arkana durchgenommen hast, dann schaue dir zum Schluss die Karte „XXI Die Welt“ (Erfahrungen des Lebens) an, die du dir bis zum Schluss aufsparen sollst.

Die ersten beiden Karten, mit denen du dich beschäftigst, sind festgelegt:

Die erste Karte, die du dir vornimmst, ist die Karte „Ass der Münzen“ – Der Aspirant. Schau dir diese Tarotkarte genau an, lies dazu den Text im Buch und kontempliere mit geschlossenen Augen in aller Ruhe darüber. Dies ist der erste Schritt auf dem spirituellen Weg.

Die nächste Karte, mit der du arbeitest, ist die Karte „Der Narr“ – Der Tagträumer. Schau dir diese Tarotkarte genau an, lies dazu den Text im Buch und kontempliere mit geschlossenen Augen darüber.

Wenn du die Karten der Münzen abgeschlossen hast und zur nächsten Stufe, den Karten der Kelche, weitergehst, beginne wieder mit der Ass-Karte. Bei den Stäben- und bei den Schwerterkarten sollst du ebenfalls mit der Ass-Karte beginnen.

Solange wir uns in der materiellen Welt aufhalten, haben wir keinen der vier Bereiche endgültig abgeschlossen; immer wieder werden wir mit materiellen, emotionalen, kausalen und mentalen Problemen konfrontiert. Folglich sind weiterhin alle Tarotkarten für uns von Bedeutung.

Und nun fang mit der Tarotkarte „Ass der Münzen“ an!

DIE GROßEN ARKANA

DER TAGTRÄUMER 0 DER NARR

Ein Fischer fand einmal in einer Muschel eine wunderschöne große Perle. Dieser einmalige Fund machte den Fischer glücklich und ließ ihn jubeln. Er überlegte, was er mit der Perle machen könne. Wenn er sie verkaufen würde, könnte er sich ein Haus bauen und müsste nicht mehr in einer Hütte wohnen. Oder er könnte ein neues besseres Boot kaufen, andere Fischgewässer damit erreichen und mehr Fische fangen. Er könnte aber auch seinen Beruf aufgeben, in die Stadt ziehen und dort ein Geschäft eröffnen, in dem Fische verkauft werden. Allerdings müsste er zuerst einmal für die Perle in der Stadt einen Käufer finden. Weil die Stadt eine halbe Tagesreise entfernt war, wollte der Fischer sich nicht sogleich auf den Weg machen. Deshalb dachte er nach, wo er die Perle bis zu seinem Stadtbesuch aufbewahren könne. Da fiel ihm ein alter Krug ein, der im Küchenschrank hinter den anderen Krügen stand. Dieser Krug war vor Jahren oft benutzt worden, bis er einmal zu Boden fiel und einen Sprung hatte. Deshalb war er nicht mehr in Gebrauch. Dieser Krug, meinte der Fischer, sei ein gutes Versteck für die Perle. Also wickelte er sie in Papier ein und steckte dieses unten in den Krug. In den nächsten Tagen schaute er immer wieder nach, ob die Perle noch in ihrem Versteck war, und freute sich jedes Mal bei ihrem Anblick. Aber ein paar Tage später war der alte Krug mitsamt der Perle verschwunden. „Weißt du, wo der alte Krug, der hinten im Küchenschrank stand, hingekommen ist?“, fragte er daraufhin seine Frau. „Jawohl, das kann ich dir sagen“, antwortete diese. „Gestern kam ein Bettler an die Tür, der durstig war und um einen Schluck Wasser bat. Da gab ich ihm den alten Krug und forderte ihn auf, den Krug draußen am Brunnen mit Wasser zu füllen, was er dann auch machte. Auf diese Weise konnte er seinen Durst löschen. Den Krug, sagte ich ihm, könne er behalten.“ Erschrocken und bleich musste sich der Fischer bei dieser Nachricht zuerst einmal auf einen Stuhl setzen. Alle seine Träume hatten sich mit einem Mal in Luft aufgelöst.

Tarotkarte

Die erste Karte der großen Arkana mit der Nummer 0 (null) hat die Bezeichnung „Der Narr“. Diese Karte zeigt einen Jüngling, der ohne einen Führer oder Lehrer in einer Gebirgslandschaft beschwingt und unbekümmert auf einen Abgrund zugeht. Der junge Mann ist kein Landstreicher oder Bettler mit ärmlicher, schäbiger Kleidung, ganz im Gegenteil, er trägt ein feines, edles Gewand, was auf eine begüterte, wohlhabende Herkunft schließen lässt. Als Träumer und „Hans-guck-in-die-Luft“ achtet er nicht auf seinen Weg. In der linken Hand hält er eine weiße Rose, ein Zeichen für Schönheit und Unverderbtheit. Über seiner rechten Schulter trägt er einen Wanderstab, an dessen Ende ein Bündel als Symbol für sein erworbenes Karma hängt. Ein kleiner weißer Hund, der für die innere Stimme steht, begleitet ihn und versucht ihn zu warnen, aber der Jüngling bemerkt es nicht.

Der junge Mann hat noch nicht den Weg eines spirituellen Suchers eingeschlagen. Sein Lebensweg führt ihn über Stock und Stein; gerade noch erfreut er sich unbeschwert am sonnigen Wetter und an der Natur, doch schon im nächsten Augenblick stürzt er in einen Abgrund, aus dem er sich erst wieder langsam hocharbeiten muss. Der Sturz, vielleicht eine Krankheit, eine Depression oder ein Unfall, kann die Folge einer karmischen Handlung sein. Im Leben hat er mit seinen Handlungen Ursachen gesetzt, deren Wirkungen er irgendwann erfahren muss.

Wie in Trance geht der Jüngling als Tagträumer durchs Leben, aber es ist an der Zeit aufzuwachen. Wenn er die innere Stimme vernimmt und bereit ist, sich zu ändern, findet er eine Mysterienschule, in die er aufgenommen werden kann.

Der Lebensweg auf dem Planeten Erde ist ein Lernprozess, eine spirituelle Schulung, die vom göttlichen Spirit eingerichtet worden ist, damit jede Seele in dieser Welt lernen kann, Liebe zu geben und auf diese Weise gottähnlich zu werden.

In der Parabel von dem Fischer symbolisiert die gefundene Perle den spirituellen Weg, der dem Menschen offen steht. Wer im Leben sich spirituell entfalten will, sollte sich aufmachen und diesen Weg gehen.

Der Fischer versteckt die Perle und lässt die Gelegenheit, sich spirituell zu entfalten, verstreichen. Irgendwann ist die wertvolle Perle verschwunden und die Chance ist verpasst.

WUNSCH NACH BEFREIUNG I DER MAGIER

Ein junger Mann kam einst zu einem erleuchteten Meister, weil er als Schüler angenommen werden wollte. „Verehrter Meister“, begann er, „wie lange wird es dauern, bis ich wahre Befreiung erlangt habe?“ „Möglicherweise zehn Jahre“, antwortete der Meister. „Und wenn ich mich besonders anstrenge, wie lange dauert es dann?“, fragte der Schüler. „In dem Fall wird es vielleicht zwanzig Jahre dauern“, erwiderte der Meister. „Ich will so schnell wie möglich das Ziel erreichen und bin wirklich bereit, alle Härten auf mich zu nehmen. Wie lange wird es dann dauern?“, meinte der junge Schüler. „Wenn du verbissen und mit Gewalt die Sache angehen willst“, sprach der Meister, „dann kann es bis zu vierzig Jahre dauern.“

Tarotkarte