Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten - Ingo Balderjahn - E-Book

Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten E-Book

Ingo Balderjahn

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Beschreibung

Die ökologischen und sozialen Probleme der Gegenwart zwingen zu gravierenden Änderungen industrieller Produktions- und Wertschöpfungsprozesse und privater Konsumstile. Dieses Buch geht auf beide Seiten der Medaille ein: Es beleuchtet die Beiträge, die Unternehmen durch nachhaltiges Management für eine sozial gerechte und ökologische verträgliche Zukunftsentwicklung leisten können, als auch die Möglichkeiten der Konsumenten, durch ihre Konsumentscheidungen einen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft zu leisten. Jedes Kapitel wird durch eine Lernzielformulierung eingeleitet und durch eine Lernstandskontrolle abgeschlossen. Die zahlreichen Einblicke in die Praxis unterstützen das Verständnis. Aktuelle Links zu Websites von Unternehmen und Institutionen runden das Buch ab. Das Buch richtet sich insbesondere an Studierende der Wirtschaftswissenschaften, aber auch an Personen, die ein Interesse an dieser Themenstellung haben. Fazit: Die kompakte und verständliche Einführung schafft ein tieferes Verständnis für die Verknüpfung von nachhaltigem Management mit Konsumentenverhalten.

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Seitenzahl: 283

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Prof. Dr. Ingo Balderjahn ist Inhaber der Seniorprofessur für Betriebswirtschaftslehre und Marketing an der Universität Potsdam.

Ingo Balderjahn

Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten

2., vollständig überarbeitete Auflage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Umschlagabbildung: © Mvltcelik · iStock

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

2. Auflage 2021

1. Auflage 2013

© UVK Verlag 2021

– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Internet: www.narr.de

eMail: [email protected]

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

CPI books GmbH, Leck

utb-Nr. 3902

ISBN 978-3-8252-5491-9 (Print)

ISBN 978-3-8385-5491-4 (ePDF)

ISBN 978-3-8463-5491-9 (ePub)

Vorwort zur 2. Auflage

Seit der ersten Auflage des Buches 2012 haben sich Entwicklungen, Konzepte und Initiativen zur Nachhaltigen Entwicklung im Allgemeinen und zum Nachhaltigen Management in Unternehmen im Besonderen rasant fortentwickelt. Der zentrale Schritt in dieser Zeit ist die Proklamierung der 2030 Agenda for Sustainable Development auf dem vorerst letzten Gipfel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (United Nations Sustainable Development Summit 2015) in New York. Die Agenda 2030 soll einen Handlungsrahmen (Roadmap) liefern, um 17 neu formulierte Nachhaltigkeitsziele, die Sustainable Development Goals (SDGs), zu erreichen. Das SDG 12 fordert Akteure weltweit auf, für nachhaltige Produktionsprozesse und nachhaltige Konsumformen zu sorgen und dafür Verantwortung zu übernehmen. Dieses Ziel und die damit verbundenen Ansprüche, Forderungen und Erwartungen an Unternehmen und Konsumenten stellen die thematischen Inhalte dieses Buches dar. Nachhaltiges Management in Unternehmen und ein nachhaltiger Konsumstil bei jedem einzelnen sind dringender denn je. Für die Bereitstellung der in Deutschland verbrauchten Ressourcen sind schon heute drei Erden nötig. Wir haben aber nur eine Erde und nehmen deshalb die Ressourcen nicht nur Menschen in ärmeren Ländern weg, sondern auch zukünftigen Generationen. Zudem steuern wir auf eine Klimaerwärmung zu, von der wir nicht wissen, ob wir sie jemals kontrolliert bekommen. Unternehmen und Konsumenten müssen dagegen lenken, umdenken, alte Gewohnheiten und Denkschablonen ablegen, innovativ, kreativ und verantwortungsvoll nach Lösungen für eine soziale und ökologische Wirtschaft und Gesellschaft suchen. Dieses Buch kann vielleicht einen kleinen Beitrag dazu leisten.

Berlin und Potsdam im Januar 2021

Ingo Balderjahn

Vorwort

Vor über 25 Jahren, 1986, veröffentlichte ich meine Dissertationsschrift zum Thema „UmweltbewußtesUmweltbewusstsein Konsumentenverhalten“. Eine Thematik, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal international im Fokus der Wissenschaft stand. Das hat sich aber schnell und umfassend in den Folgejahren geändert. Heute liegen Fachaufsätze, Studien, Sammelbände und Monographien, die im weitesten Sinne Themen des betrieblichen Umweltschutzes, des Umweltmanagements, des Öko-Marketing und des umweltfreundlichen Konsumentenverhaltens behandeln, in einer kaum noch zu überschauenden und nicht mehr beherrschbaren Anzahl vor. Spätestens seit der Erklärung von Rio de Janeiro 1992 wurde der Umweltschutzgedanke in das umfassendere Konzept einer nachhaltigen Entwicklung („Sustainable Development“) integriert. Dieses Leitbild fand nicht nur Eingang in die gesellschaftspolitische Diskussion, sondern auch zunehmend in die wissenschaftliche Forschung. Neben der Umweltverträglichkeit werden seit dem verstärkt auch Fragen nach einer umfassenden Verantwortung von Unternehmen, die auch die Sozialverträglichkeit wirtschaftlichen Handelns umfasst, diskutiert und mit dem Leitbild einer Corporate Social Responsibility (CSR) abgebildet. Nach dem Grünbuch der Europäischen Kommission zur sozialen Verantwortung beinhaltet Corporate Social Responsibility (CSR) „einen Prozess, nach dem die Unternehmen auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in ihre Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern integrieren“. Auf der dritten Nachfolgekonferenz 2012 in Rio de Janeiro („Rio+20“) wurde das Konzept einer „Green Economy“, einer Wirtschaftsform, die der Armutsbekämpfung dient, gesellschaftliche Wohlfahrt und Wachstum schafft sowie die soziale Gerechtigkeit bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorantreibt, auf die Agenda gesetzt. Mit der „Green Economy“ ist nun klar der Fokus einer nachhaltigen Entwicklung auf die Wirtschaft und deren Akteure gerichtet. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie sowohl den gesellschaftlichen Wohlstand fördern als auch sozial- und umweltgerecht handeln. Aber auch die Konsumenten tragen Mitverantwortung (Consumer Social Responsibility) für die ökologischen und sozialen Probleme und Fehlentwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Konsum- und Lebensstile wirken sich mittel- und unmittelbar auf die Umwelt, das Klima, den Ressourcenabbau und die sozialen Bedingungen globaler Produktions- und Handelsstrukturen aus. Das vorliegende Buch betrachtet deshalb sowohl die Beiträge, die Unternehmen durch nachhaltiges Management und soziale Verantwortungsübernahme für eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Zukunftsentwicklung leisten können, als auch die Möglichkeiten der Konsumenten, durch verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen Ressourcen zu schonen, Treibhausgasemissionen zu begrenzen und die Einhaltung sozialer Arbeitsstandards innerhalb globaler Wertschöpfungsketten zu fordern und zu sichern. Mein besonderer Dank gilt meiner Sekretärin, Frau Ines Belitz, für die immer zuverlässige und gewissenhafte Unterstützung bei der Abfassung des Buchmanuskriptes.

Berlin und Potsdam im Dezember 2012

Ingo Balderjahn

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis

Ich bitte um Verständnis, dass aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet wurde. Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Inhalt

Vorwort

Abkürzungen

1Grundlagen

1.1Das Nachhaltigkeitskonzept

1.1.1Begriff und Initiativen der Nachhaltigen Entwicklung

1.1.2Leitprinzipien der Nachhaltigkeit

1.1.3Dimensionen der Nachhaltigkeit

1.2Akteure nachhaltigen Wirtschaftens

1.3Gesellschaftliche Verantwortung (Social Responsibility)

1.3.1Begriff der Verantwortung

1.3.2Corporate Social Responsibility (CSR)

1.3.3Consumer Social Responsibility (ConSR)

1.4Initiativen nachhaltiger Unternehmensführung

2Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung

2.1Elemente nachhaltigen Managements

2.1.1Umweltökonomie und Umweltmanagement

2.1.2Nachhaltigkeit im Management-Konzept

2.1.3Leitbilder und Ziele nachhaltigen Managements

2.2Nachhaltige Planung und Analyse

2.2.1Strategische Nachhaltigkeitsanalyse

2.2.2Operative Nachhaltigkeitsanalyse

2.3Nachhaltige Unternehmensstrategien

2.3.1Strategieausrichtungen und Strategiebezüge

2.3.2Risiko- und Krisenstrategien

2.3.3Dialogstrategien

2.4Nachhaltiges Marketing-Management

2.4.1Konzept und Merkmale

2.4.2Nachhaltige Produktpolitik

2.4.3Nachhaltige Preispolitik

2.4.4Nachhaltige Kommunikationspolitik

2.4.5Nachhaltige Distribution

2.5Organisationsformen und Managementsysteme

2.5.1Nachhaltige Organisationsformen

2.5.2Nachhaltige Managementsysteme

2.5.3Nachhaltigkeitscontrolling

3Nachhaltiges Konsumentenverhalten

3.1Ethisches und nachhaltiges Konsumentenverhalten

3.1.1Ethisches Konsumentenverhalten

3.1.2Nachhaltiges Konsumentenverhalten

3.2Handlungsspielraum nachhaltigen Konsums

3.3Bewusstsein für einen nachhaltigen Konsum

3.4Formen nachhaltiger Konsumstile

3.4.1Umweltverträglicher Konsum

3.4.2Sozialverträglicher Konsum

3.4.3Ökonomisch nachhaltiger Konsum

3.5Das Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens

3.5.1Barrieren und Dilemmata

3.5.2Zahlungsbereitschaft für einen nachaltigen Konsum

3.5.3Motivationskonkurrenz beim nachhaltigen Konsum

3.5.4Förderung nachhaltiger Konsumstile

 

Literatur

Stichwörter

Abkürzungen

BImSchG

Bundesimmissionsschutzgesetz

BMAS

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

BSCI

Business Social Compliance Initiative

BSR

Business for Social Responsibility

CEO

Chief Executive Officer (geschäftsführendes Vorstandsmitglied)

ConSR

Consumer Social Responsibility

CSD

Commission on Sustainable Development

CSR

Corporate Social Responsibility

DCGK

Deutscher Corporate Governance Kodex

DNS

Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

DPSIR

Driving forces, Pressures, States, Impacts and Responses

EEA

European Environment Agency (Europäische Umweltagentur)

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EMAS

Environmental Management and Audit Scheme

EU

Europäische Union

EUA

Europäische Umweltagentur

FLO

Fairtrade Labelling Organizations International

FTA

Foreign Trade Association

GRI

Global Reporting Initiative

IAA

Internationales Arbeitsamt

IAO

Internationale Arbeitsorganisation

ILO

International Labour Organization

ISO

International Organisation for Standardization

LCA

Life Cycle Assessment

MDG

Millennium Development Goals

NABU

Naturschutzbund Deutschland

NGO

Nichtregierungsorganisation (Non-Governmental Organization)

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

SAAS

Social Accountability Accreditation Services

SAI

Social Accountability International

SDG

Sustainable Development Goals

UBA

Umweltbundesamt

UN

United Nations (Vereinte Nationen)

UNCED

United Nations Conference on Environment and Development

UNEP

United Nations Environment Programme (Umweltprogramm der Vereinten Nationen)

VDI

Verein Deutscher Ingenieure

WBCSD

World Business Council for Sustainable Development

WCED

World Commission on Environment and Development

WSSD

World Summit on Sustainable Development

WWF

World Wide Fund For Nature

1Grundlagen

1.1Das Nachhaltigkeitskonzept

Lernziele

Nach Lektüre dieses Kapitels sollten Sie …

»den Begriff der Nachhaltigen Entwicklung erläutern können.

»die Entstehungsgeschichte des Begriffs „Sustainable Development“ kennen.

»die für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung tragenden vier Leitprinzipien begründen können.

»die Inhalte der sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimension der nachhaltigen Entwicklung beschreiben können.

1.1.1Begriff und Initiativen der Nachhaltigen Entwicklung

Begriff der Nachhaltigen Entwicklung

Der Begriff Nachhaltigkeit findet seinen Ursprung vor ca. 300 Jahren in der Forstwirtschaft und erfasste dort die Forderung, nur so viel Holz zu schlagen, wie durch planmäßige Aufforstung auch wieder nachwachsen kann. Ohne den Begriff Nachhaltigkeit zu nennen, kann das 1972 erschienene Buch „Grenzen des Wachstums: Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“ von Dennis L. Meadows, Donella H. Meadows und Erich Zahn als Beginn der neuzeitlichen Nachhaltigkeitsdebatte aufgefasst werden. Dieser Bericht verdeutlichte eindringlich, dass ein weltweit gemeinsames und abgestimmtes Handeln notwendig ist, um den Ressourcenverbrauch, die Umweltverschmutzung und die globale Klimaerwärmung infolge des zu erwartenden Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums soweit zu reduzieren, dass für die Menschheit ein Überleben auf diesem Planeten langfristig (und nachhaltig) möglich ist. Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) stellt nicht nur Länder und Regierungen, sondern insbesondere die Wirtschaft, also Unternehmen und auch Konsumenten, vor große Herausforderungen, denn Produktionsprozesse auf der Grundlage globaler Wertschöpfungsketten sowie die Lebens- und Konsumgewohnheiten der Menschen in den reichen Ländern sind immer weniger kompatibel mit einem nachhaltigen Ressourcenverbrauch und dem Schutz von Klima und Biodiversität.

Das sollten Sie wissen!

Sustainable Development ist ein gesellschaftspolitisches Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung der Menschheit, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtern dürfen (inter-generative Gerechtigkeit) und wonach sich andererseits ein Wohlstandsausgleich zwischen armen und reichen Ländern einstellen soll (intra-generative Gerechtigkeit).

Der Begriff „Sustainable Development“ wurde erstmals im 1987 veröffentlichten Bericht „Our Common Future“ der UN Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) – auch nach deren Vorsitzenden als Brundtland Kommission bezeichnet – mit der folgenden Formulierung definiert: „Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ (WCED 1987, Chapter 2, No. 1). In diesem Bericht wird eine „zukunftsfähige“, über Generationen hinweg aufrechtzuerhaltende umwelt- und gesellschaftsverträgliche Entwicklung entworfen, die gewährleisten soll, dass es künftigen Generationen nicht schlechter gehen wird als den Menschen, die jetzt auf der Welt leben (Prinzip der Generationengerechtigkeit). Die „Generationengerechtigkeit“ fordert von jedem Einzelnen, jedem Konsumenten und jeder Konsumentin, jeder Organisation und jedem Unternehmen für die Folgen eigenen Handelns für Umwelt und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Zudem weist der Bericht „Our Common Future“ auf die starken Einwirkungen (Impacts) von Produktions- und Konsumprozessen auf die Umwelt hin und stellt zudem fest, dass: „Poverty is a major cause and effect of global environmental problems.” (WCED 1987, No. 8). Das Bevölkerungswachstum, globaler Handel und verschwenderische Lebensgewohnheiten in reichen Ländern stellen weitere Faktoren mit erheblichem Potenzial negativer Einwirkungen auf Umwelt, Klima und Gesellschaft dar.

Meilensteine der Nachhaltigen Entwicklung

Sustainable Development stand 1992 in Rio de Janeiro im Zentrum der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development: UNCED). 178 Staaten auf dieser Rio-Konferenz, die auch als Erdgipfel bezeichnet wird, bekannten sich zur gemeinsamen Verantwortung für den Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Konferenz sind die Deklaration (Rio-Erklärung), der Beschluss zur Agenda 21 sowie die Einrichtung einer Kommission der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development). Die Rio-Erklärung umfasst 27 Grundsätze und zielt auf die Förderung der Zusammenarbeit der Staaten bei der Gestaltung und Sicherstellung einer nachhaltigen Entwicklung. So lautet der erste Grundsatz: Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Sie haben das Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur.

Als Meilenstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit gilt die Agenda 21, ein weltweites Aktionsprogramm mit konkreten Handlungsaufträgen in sozialen (u.a. Armutsbekämpfung), ökologischen (u.a. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) und ökonomischen (u.a. Verpflichtung zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik und Unternehmensführung) Feldern. Die Commission on Sustainable Development (CSD) ist eingerichtet worden, um die Implementierung der Agenda 21 auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu verfolgen. Getragen wurden die Debatten auf der Rio-Konferenz von der Erkenntnis, dass sich die Konsum- und Lebensstile der reichen Industrieländer weder auf die ärmeren Länder noch auf die zukünftige Weltbevölkerung übertragen lassen (UBA 1997, S. 4). In der Agenda 21 (1992, S. 18) heißt es dazu: „Während in bestimmten Teilen der Welt ein sehr hoher Verbrauch besteht, bleiben die Grundbedürfnisse eines großen Teils der Menschheit unbefriedigt“. Veränderte, nachhaltigere Konsumgewohnheiten müssen auf die „Deckung der Grundbedürfnisse der Armen, die Verringerung der Verschwendung und der Nutzung endlicher Ressourcen in Produktionsprozessen“ ausgerichtet sein.

Im ersten Fünf-Jahres-Bericht (Earth Summit, „Rio+5“) in New York wurden im Juni 1997 die Fortschritte bei der Implementierung einer nachhaltigen Entwicklung dokumentiert und die Agenda 21 fortgeschrieben. Am 4. September 2002 („Rio+10“) fand der „Weltgipfel“ (World Summit on Sustainable Development, WSSD) in Johannesburg (Südafrika) zur Neubestätigung der Agenda 21 statt. Neben den Themen Ressourcenschutz und -effizienz, Umweltschutz, Armutsbekämpfung und Globalisierung ging es auch um die Bekräftigung der im Jahr 2000 verabschiedeten acht Millenniumsziele (Millennium Development Goals (z.B. die Halbierung des Anteils der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, Verbesserung des Umweltschutzes), die bis 2015 erreicht werden sollten. Vom 20. bis zum 22. Juni 2012 fand die dritte Nachfolgekonferenz „Rio+20“ wieder in Rio de Janeiro unter dem Motto „The Future We Want“ statt (UNCSD 2012). Zentrale Themen dieser Konferenz waren die „Green Economy“, die Armutsbekämpfung sowie die Schaffung notwendiger institutioneller Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung.

Die „Green Economy“

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) hat im Vorfeld der Rio+20 Konferenz das Konzept einer „Green Economy“ zur nachhaltigen Wirtschaft und zur Armutsbekämpfung auf die Agenda gesetzt. Die „Green Economy“ wird von der UNEP definiert als eine Wirtschaftsform, die “improved human well-being and social equity, while significantly reducing environmental risks and ecological scarcities. In its simplest expression, a green economy is low-carbon, resource efficient and socially inclusive” (UNEP 2011, S. 16). Dieses „neue“ Nachhaltigkeitsleitbild der GreenEconomy entwirft eine zukünftige Wirtschaftsform, die gesellschaftliche Wohlfahrt und soziale Gerechtigkeit bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorantreiben soll.

Das sollten Sie wissen!

Die Green Economy zielt auf eine nachhaltige Wirtschaft, die zu einer gesellschaftlichen Wohlfahrt mit genügend Arbeitsplätzen beiträgt, der weltweiten Armut und sozialen Ungleichheit entgegenwirkt und gleichzeitig natürliche Ressourcen schont und ökologische Schäden vermeidet.

Mit dieser UNEP-Initiative wird die Wirtschaft in den Fokus der nachhaltigen Entwicklung gerückt. Allerdings fokussiert das „Green“ zu sehr auf die ökologische Seite der Nachhaltigkeit. Besser wäre die Bezeichnung „Green and Fair Economy“ gewesen, um auch soziale Aspekte wirtschaftlicher Tätigkeit wie Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit schon im Namen zu erfassen (vgl. Germanwatch 2012, S. 6). Im Paragraf 69 des Abschlussdokuments der Rio+20 Konferenz werden Unternehmen direkt aufgefordert, nachhaltig zu wirtschaften und einen Beitrag zur Green Economy zu leisten: „We also invite business and industry […] to contribute to sustainable development and to develop sustainability strategies that integrate, inter alia, green economy policies“. Von Unternehmen, die dem Leitbild der Green Economy Folge leisten, wird erwartet, dass sie Verantwortung übernehmen für die natürliche Umwelt (z.B. Emissionen schädlicher Klimagase reduzieren), die Menschheit (z.B. Einhaltung der Menschenrechte) und die Gesellschaft (z.B. Beiträge zu mehr sozialer Berechtigkeit leisten).

Dem Leitbild der „Green Economy“ folgend, können zwei Bereiche einer nachhaltigen Wirtschaft unterschieden werden: Die Umwelttechnologiebranche (GreenTech-Branche), die mit ihren „grünen Produkten“ direkt einen Beitrag zur Verringerung von schädlichen Emissionen, zum forcierten Einsatz erneuerbarer Ressourcen, zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt leisten (BMU 2018a) und diejenigen Unternehmen außerhalb der GreenTech-Branche, die eine Nachhaltigkeitsstrategie im Management verfolgen. Nach dem Umwelttechnik-Atlas „GreenTechmade in Germany 2018“ wird sich das globale Volumen der „grünen“ Leitmärkte mit einer jährlichen Wachstumsrate von 6,9% im Zeitraum von 2016 bis 2025 entwickeln (BMU 2018a, S. 8). Auf deutsche Unternehmen entfiel 2016 ein Anteil von 14% am Weltmarkt für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz (BMU 2018a, S. 8).

Die „Sustainable Development Goals“

2015 fand der UN Sustainable Development Summit in New York statt. Die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten dort die Agenda 2030 (Transforming our world). Mit ihren 17 Zielen (Abb. 1, Sustainable Development Goals: SDGs) stellt die Agenda 2030 ein Umsetzungsplan für Mensch, Planet und Wohlstand (People, Planet and Prosperity) zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung in vielfältigen Bereichen (u.a. Armut, Hunger, Bildung und Wirtschaft) dar mit der Aufgabe, die Umwelt- und Entwicklungspolitik der nächsten 15 Jahre global zu prägen.

Abb. 1: Sustainable Development Gols (SDGs)

Quelle | https://sustainabledevelopment.un.org/sdgs (United Nations)

Auch im Jahr 2015 fand in Paris die Klimaschutzkonferenz statt auf der sich 195 Länder zum ersten Mal auf ein allgemeines, aber rechtsverbindliches weltweites Klimaschutzübereinkommen geeinigt haben. Das Ziel dieses Abkommens ist es, die Zunahme der Erderwärmung auf maximal 1,5 °C zu begrenzen, damit die katastrophalen Auswirkungen eines ungebremsten Klimawandels verringert bzw. noch verhindert werden können.

Nachhaltige Entwicklung in Europa und Deutschland

Die Europäische Union (EU) hat 2001 erstmals sowie 2006 und 2009 in überarbeiteter Form eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Die Präsidentin der Europäische Kommission, Ursula von der Leyen, hat den European Green Deal auf den Weg gebracht. Danach soll Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Zur Umsetzung der Agenda 2030 hat die Europäische Kommission neben dem Green Deal noch weitere fünf Prioritäten definiert (u.a. An economy that works for people).

In Deutschland wurde 2001 der Rat für nachhaltige Entwicklung von der Bundesregierung mit der Aufgabe einberufen, eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland" wurde die Nachhaltigkeitsstrategie 2002 erstmals publiziert und in Fortschrittsberichten 2004 und 2008 („Für ein nachhaltiges Deutschland“) aktualisiert. 2018 hat die Bundesregierung die neueste Version der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) beschlossen, die im Rahmen der Agenda 2030 als Plan für die Erreichung der 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs) dienen soll. Die bisher gültigen 10 Managementregeln (u.a. „Generationengerechtigkeit und Vorsorge“) wurden durch sechs sehr allgemein gehaltene Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung (u.a. „Globale Verantwortung wahrnehmen und nachhaltiges Wirtschaften stärken“) ersetzt. Zudem hat die Bundesregierung 2016 ein „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“ beschlossen.

1.1.2Leitprinzipien der Nachhaltigkeit

Das gesellschaftspolitische Leitbild der „Nachhaltigen Entwicklung“ kann direkt auf den Wirtschaftssektor und dort auf die beiden Hauptakteure, Unternehmen und Konsumenten, übertragen werden. Zur Umsetzung der Nachhaltigkeit im Allgemeinen und in der Wirtschaft im Besonderen sind vier Leitprinzipien tragend (vgl. auch Souren/Wagner 2010):

Verantwortungsprinzip

Das Verantwortungsprinzip stellt das ethisch-moralische Element nachhaltigen Wirtschaftens bei Unternehmen und Konsumenten dar. Die Moral stellt dem Individuum über Generationen weitergegebene soziale Regeln (oft implizit) zur Verfügung, die ihm als Orientierungshilfe bei Entscheidungen dienen und als Maßstäbe dafür herangezogen werden können, zu beurteilen, ob etwas „gut“ (sozial akzeptiert) oder „falsch“ (sozial nicht akzeptiert) ist (Scherer/Picot 2008, S. 4). Die Ethik dagegen ist eine Wissenschaft, die Werte, Normen und Verhaltensweisen überprüft und beurteilt und insofern, herrschende Moralvorstellungen kritisch reflektiert. Eine solche Norm ist die sog. „Goldene Regel“ der praktischen Ethik: Verhalte dich anderen gegenüber so, wie du möchtest, dass sie sich dir gegenüber verhalten!

Es kann zwischen der deskriptiven und der normativen Unternehmensethik unterschieden werden. Während die deskriptive Unternehmensethik die Existenz und Wirkung von Normen und Werten in Unternehmen beschreibt, nach Erklärungen dafür sucht und deren Wirkungen auf betriebliche Entscheidungen erfasst, werden in der normativen Unternehmensethik Normen begründet und Entscheidungen bzw. Handlungen empfohlen (Balderjahn/Specht 2020, S. 31). Die Unternehmensethik konzentriert sich dementsprechend auf unternehmerische Normen, Werte, Verhaltensweisen und deren Konsequenzen auf Mensch und Umwelt. Im Fokus stehen solche Normen und Werte, an denen sich im Unternehmen tätige Menschen orientieren (z.B. Führungsstile; vgl. Scherer/Picot 2008, S. 5). Insbesondere geht es um die „Untersuchung ethischer Fragestellungen bei wirtschaftlichen Entscheidungen in Unternehmungen“ (Küpper 2011, S. 34).

Umwelt (z.B. biologische Vielfalt und Klima) und Gesellschaft (z.B. Gesundheits- und Bildungssystem) stellen sogenannte öffentliche Güter dar, von deren Nutzung keiner ausgeschlossen werden darf, deren Erhalt und Pflege aber in der Verantwortung aller liegt. Insofern müssen auch Unternehmen, für die aus ihren Entscheidungen und Handlungen folgenden Konsequenzen für Umwelt und Gesellschaft, zur Rechenschaft gezogen werden können. Verantwortung entsteht dann, wenn ein Verantwortungsträger (z.B. die Geschäftsführung) für einen Verantwortungsnehmer (z.B. Mitarbeiter) gegenüber einer „Instanz“ (z.B. einem Gericht, dem Gewissen) hinsichtlich bestimmter „Standards“ (Verantwortungskriterien, z.B. Gesetze, moralische Normen) zur Rechenschaft gezogen werden kann (Balderjahn/Specht 2020, S. 31).

Das sollten Sie wissen!

Unter Verantwortung versteht man die freiwillige, erwartete oder erzwungene Rechtfertigung bzw. Verteidigung einer Entscheidung oder einer Handlung eines Verantwortungsträgers vor einer Instanz.

Die „Generationengerechtigkeit“ des Nachhaltigkeitsgebots fordert, dass jeder einzelne, insbesondere jedes Unternehmen für die Folgen eigenen Handelns Verantwortung übernimmt. Alle Menschen, Organisationen und Unternehmen weltweit tragen nach diesem Leitprinzip die Verantwortung für den Erhalt und die Sicherung der sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen.

Kreislaufprinzip

Das Kreislaufprinzip ist ein Schlüsselprinzip ökologischen Wirtschaftens. Es zielt auf die Schaffung und Aufrechterhaltung geschlossener Stoffströme in allen Wertschöpfungsphasen (Cradle- to-Grave bzw. Cradle-to-Cradle-Prinzip). Das Kreislaufprinzip leitet sich aus der Ökosystemforschung ab, wonach eine nachhaltige Bewirtschaftung der Menschen mit Rohstoffen nur dann sichergestellt werden kann, wenn die Funktionen der natürlichen Umwelt vom Menschen nicht zerstört werden und die Interdependenzen (Austauschbeziehungen) zwischen dem ökologischen und dem ökonomischen System bekannt sind und nachhaltig gestaltet werden.

Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist darauf gerichtet, industrielle Stoffkreisläufe zu schließen (vgl. auch Dyckhoff/Souren 2008, S. 53ff.). Durch einen fortwährenden Wiedereinsatz von knappen Rohstoffen, die aus Produktions- und Konsumabfällen (z.B. Altprodukte) zurückgewonnen und einer erneuten Verwendung zugeführt werden, wird einer Verminderung natürlicher Ressourcenbestände entgegengewirkt. Im Gegensatz zur Kreislaufwirtschaft steht die sog. „Durchfluss- bzw. Wegwerfwirtschaft“, die von der Unerschöpflichkeit der Rohstoffe und einer unbegrenzten Selbstreinigungskraft der Natur ausgeht. Während in der „Wegwerfwirtschaft“ auch gebrauchsfähige Produkte schnell im Mülleimer landen um durch neue Produkte ersetzt zu werden, wird in der Kreislaufwirtschaft versucht, den Produktlebenszyklus dadurch zu verlängern, dass Produkte geteilt, wiederverwendet, repariert und recycelt werden. Durch Recycling werden der Wirtschaft sog. Sekundärrohstoffe zur erneuten Verwendung wieder zugeführt. So werden Ressourcen und Klima geschont und das Abfallaufkommen reduziert. Das Recycling ist somit das Bindeglied zum Schließen von Stoffkreisläufen.

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG: Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen) trat 2012 in Kraft und setzte die EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG, AbfRRL) in deutsches Recht um (www.bmu.de/WS587). Es legt eine fünfstufige Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) mit der nach Vorrang geordneten Stufenfolge Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Recycling, Verwertung von Abfällen (u.a. energetische Verwertung) und schließlich Abfallbeseitigung fest. Darüber hinaus geht das Kreislaufwirtschaftsgesetz vom Grundprinzip einer umfassenden Produktverantwortung von Herstellern (Product Stewardship) aus (Teil 3 KrWG). Hersteller haben die Möglichkeit, über einen produktionsintegrierten Umweltschutz, die Herstellung recyclingfreundlicher Produkte sowie durch Abfallmanagement und den Aufbau von betrieblichen Redistributionssystemen Stoffkreisläufe zu schließen.

Kooperationsprinzip

Das soziale Gemeinwesen, die öffentliche Wohlfahrt, das Rechtssystem sowie die natürliche Umwelt sind Beispiele für sog. „Öffentliche Güter“ (Kollektivgüter, Common Goods) die nur in Kooperation aller, die diese Güter nutzen, auf Dauer erhalten bleiben können. Öffentliche Güter sind dadurch gekennzeichnet, dass niemand von der Inanspruchnahme dieser Güter ausgeschlossen werden darf bzw. kann, unabhängig davon, ob der Einzelne einen Beitrag zum Erhalt solcher Güter leistet. Für die Inanspruchnahme öffentlicher Güter gibt es oft keine Marktpreise. Diese Eigenschaft öffentlicher Güter, von allen ohne Bezahlung oder sonstigen Leistungen genutzt werden zu können, erfordert eine Verständigung aller Nutzer darüber, verantwortungsvoll mit diesen Gütern umzugehen. Das bedeutet, dass die Inanspruchnahme öffentlicher Güter diese in ihrem Bestand und in ihrer Qualität nicht gefährden darf. Möglich ist das nur, wenn alle Nutzer gemeinsam für den Erhalt des öffentlichen Gutes Sorge tragen und opportunistisches Verhalten verhindert wird. Opportunistisch verhält sich jemand, der mit ausschließlich egoistischem Eigeninteresse ein öffentliches Gut nutzt, ohne für negative Konsequenzen dieser persönlichen Nutzung für das öffentliche Gut aufzukommen (Trittbrettfahrer, Free-Rider-Phänomen). Unternehmen würden sich zum Beispiel dann opportunistisch verhalten, wenn zur Güterproduktion aus Brunnen mehr Grundwasser verbraucht wird (unternehmerisches Interesse als durch den natürlichen Grundwasserstrom wieder zugeführt werden kann. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel (Grundwasser als öffentliches Gut), so dass für Menschen und für die Natur nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung steht. Insofern erfordert insbesondere der Schutz des Gemeinswesens und der natürlichen Umwelt zum einen auf der politischen Ebene eine weltweite Zusammenarbeit aller Länder zum Schutz dieser öffentlichen Güter und zum anderen auf wirtschaftlicher Ebene eine Kooperation aller an Wertschöpfungsketten und Stoffkreisläufen beteiligten Akteure (z.B. Unternehmen).

Bei Nachhaltigkeitskooperationen in der Wirtschaft handelt es sich um Formen „freiwilliger“ Zusammenarbeit eigenständiger Unternehmen und Organisationen in sozialen und ökologischen Feldern. Sie dienen hauptsächlich der Festlegung, Durchsetzung und Überwachung von sozialen und ökologischen Mindeststandards über alle Phasen der Wertschöpfungskette bzw. eines Produktlebenszyklus hinweg, also von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und zum Wiedereinsatz (Von-der-Wiege-bis-zur-Bahre-Prinzip). Nachhaltigkeitsstandards sollen eine Überbeanspruchung von Mensch (u.a. Einhaltung humaner Arbeitsbedingungen) und Natur (u.a. Begrenzungen von CO2-Emissionen) verhindern. Nachhaltigkeitsorientierte Kooperationen können folgende Ausrichtungen haben (Schneidewind et al. 1997, S. 42; Müller-Christ 2001, S. 92ff.):

»vertikal entlang der Wertschöpfungskette (z.B. Kontrolle sozialer und ökologischer Standards entlang der Wertschöpfungsketten),

»horizontal innerhalb einer Branche (z.B. Durchsetzen gemeinsamer Umwelt- und Sozialstandards),

»Kooperation mit dem Staat (z.B. in Form von Selbstverpflichtungsabkommen, Entwicklung umweltrelevanter technischer Normen; vgl. auch Lohmann 2000),

»Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) (z.B. Kooperation mit Umweltschutzorganisationen zur Erhöhung von Glaubwürdigkeit und Reputation und zum Know-how-Tansfer).

Praxis | Zusammenarbeit des WWF mit Unternehmen

„Den ökologischen Fußabdruck zu verringern ist der Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft. Deshalb arbeitet der WWF mit Unternehmen zusammen, die sich als Vorreiter einer nachhaltigen Wirtschaftsweise positionieren wollen. Durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen will der WWF Märkte und Branchen verändern und erreichen, dass Lieferketten, Produktion und Stoffkreisläufe nachhaltiger werden.“

Quelle | https://www.wwf.de/zusammenarbeit-mit-unternehmen/

Anspruchsgruppenprinzip

Das Anspruchsgruppenprinzip erfordert, so wie es im Grünbuch der Europäischen Kommission zur sozialen Verantwortung (Europäische Kommission 2001, S. 5) formuliert ist, dass Unternehmen in Wechselbeziehung mit ihren Anspruchsgruppen (Stakeholdern) „auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelage in ihre Unternehmenstätigkeit integrieren“. Anspruchsgruppen eines Unternehmens zeichnen sich dadurch aus, dass sie direkt oder indirekt von den Entscheidungen bzw. Aktivitäten des Unternehmens betroffen sind (z.B. Arbeitnehmer). Unternehmen sollten nach diesem Prinzip über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg die Verantwortung gegenüber Anspruchsgruppen anerkennen, deren Erwartungen und Forderungen ernstnehmen und soweit möglich diese bei betrieblichen Entscheidungen und Aktivitäten berücksichtigen. Unverantwortliches Verhalten von Unternehmen können Anspruchsgruppen durch Entzug ihrer Unterstützung sanktionieren (Verlust der sog. „License to Operate“).

1.1.3Dimensionen der Nachhaltigkeit

Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit

Der Ökologische Fußabdruck

Als Basis nachhaltigen Wirtschaftens werden nahezu übereinstimmend die Bereiche gesellschaftlicher Wohlstand (Prosperity), Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz sowie Schutz der Biodiversität (Planet) und sozial verantwortungsvolles Handeln (People) angesehen (Drei-Säulen-Modell, Triple Bottom Line). Aus diesen drei Bereichen leiten sich ökonomische, ökologische und soziale Ziele und Strategien nachhaltigen Wirtschaftens ab. Mit Blick auf diese drei Dimensionen der Nachhaltigkeit hat die Bundesregierung in der 2018 beschlossenen Deutschen Nachhaltigkeitstragie sechs Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklunge formuliert: „Nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip konsequent in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen anwenden, global Verantwortung wahrnehmen, natürliche Lebensgrundlagen erhalten, nachhaltiges Wirtschaften stärken, sozialen Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft wahren und verbessern und Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung nutzen“ (Die Bundesregierung 2018, S. 46).

Traditionell stellt der Schutz der natürlichen Umwelt den Kernbereich einer nachhaltigen Entwicklung dar. Das lässt sich aus den lebenswichtigen Funktionen der natürlichen Umwelt für den Menschen ableiten:

»Versorgungsfunktion: Bereitstellung aller natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Rohstoffe, Luft und Energie zur notwendigen Befriedigung elementarer Bedürfnisse der Menschen.

»Trägerfunktion: Aufnahme von Schad- und Abfallstoffen aus den Wirtschaftskreisläufen (Emissionen).

»Regelungsfunktionen: Dauerhafte Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts und der Biodiversität.

Ein Maß, das die Intensität der Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen durch den Menschen erfasst, ist der Ökologische Fußabdruck (Ecological Footprint). Er ist ein Ausdruck dafür, wie viel natürliche Ressourcen die Menschen innerhalb eines Jahres zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse in Anspruch nehmen (Nachfrage nach Ressourcen, u.a. Energie und Lebensmittel). Der ökologische Fußabdruck wird verglichen mit der jährlich regenerierbaren Biokapazität (Produktivität ökologischer Ressourcen) einzelner Staaten und der Erde insgesamt (Angebot natürlicher Ressourcen). Nachhaltigkeit liegt vor, wenn der ökologische Fußabdruck die Ressourcenkapazität der Erde nicht übersteigt (vgl. Global Footprint Network:https://t1p.de/q7ds).

Das sollten Sie wissen!

Der ökologische Fußabdruck gibt an, welche Mengen an natürlichen Ressourcen ein Mensch, ein Unternehmen, ein Land oder die gesamte Menschheit innerhalb eines Jahres zur Deckung des Bedarfs verbraucht (z.B. Nahrung, Energie, Infrastruktur). Dabei werden auch die von der Umwelt aufzunehmenden Abfall- und Schadstoffemissionsmengen erfasst.

Nachhaltiges Wirtschaften zeichnet sich dadurch aus, dass die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen (ökologischer Fußabdruck) die Bio-Kapazität der Erde für diese Ressourcen nicht übersteigen darf. Um beide Größen (Nachfrage und Angebot an Ressourcen) miteiander vergleichen zu können, müssen sie in derselben Maßeinheit gemessen werden. Nach dem Modell von Global Footprint Network wird sowohl der Ökologische Fußabdruck als auch die Biokapazität in sog. „Globale Hektar (Global Hectare)“ ausgedrückt mit weltweit standardisierter durchschnittlicher Produktivität. Das Globale Hektar ist ein sehr komplexes Konstrukt zur Messung von globalen Ressourcenverbräuchen und -beständen. Diese Größe misst die durchschnittliche Ressourcenproduktivität der genutzten Land- und Wasserflächen in einem Jahr, die zur Bereitstellung und zur Erneuerung von Ressourcen unter Berücksichtigung gegenwärtiger Technologien benötigt wird, um den gegenwärtigen Konsum der Bevölkerung bestimmter Länder zu befriedigen.

Heute (2020) benötigt die Weltbevölkerung zusammen schon eine Fläche von 1,75 Erden, um den eigenen Verbrauch decken zu können. Die Erde bräuchte demnach ein Jahr und acht Monate, um das zu regenerieren, was in einem Jahr an Ressourcen verbraucht wurde und um das in die Atmosphäre emittierte Kohlendioxid schadlos aufnehmen zu können. Nur diese Zeit geben wir der Erde nicht. Der Earth Overshoot Day (Erdüberlastungstag) gibt den Tag an, an dem die Menschheit insgesamt oder die Bevölkerung eines Landes mehr verbraucht, als an Biokapazität jeweils vorhanden ist. 2019 fiel dieses Datum für die gesamte Weltbevölkerung auf den 29. Juli; Deutschland hatte sein Earth Overshoot Day schon am 3. Mai (vgl. Abb. 2).

Der für Deutschland vom Global Footprint Network für das Jahr 2016 berechnete ökologische Fußabdruck beläuft sich auf 4,9 globale Hektar pro Kopf der Bevölkerung (Abb. 3). Weltweit liegt dieser Wert bei 3,3 globale Hektar. Da die Biodiversität in Deutschland bei 1,6 globale Hektar liegt, ergibt sich eine Überbeanspruchung von 3,3 globale Hektar. Das zeigt, dass bei einem so hohen Ressourcenverbrauch wie in Deutschland die Menschheit insgesamt eine Biokapazität von rund drei Erden benötigte, um diesen Ressourcenverbrauch innerhalb eines Jahres regenerierbar wieder beistellen zu können.

Abb. 2: Erdüberlastungstag von 1971 bis 2019

Quelle | Global Footprint Network

Abb. 3: Ökologischer Fußabdruck und Biokapazität in Deutschland von 1961 bis 2016 (gha: global hectare)

Quelle | Global Footprint Network

Elemente der ökologischen Nachhaltigkeitsdimension

Die ökologische Nachhaltigkeitsdimension umfasst folgende zentrale Ziele:

»Ressourcenschonung,

»Reduktion der Schadstoffbelastungen,

»Klimaschutz sowie die

»Erhaltung von Biodiversität (Artenvielfalt).

Das Ziel der „Ressourcenschonung“ kann unter der Berücksichtigung der Regenerationsfunktion ökologischer Systeme nur dann erreicht werden, wenn die Abbaurate bei erneuerbaren Ressourcen ihre Regenerationsrate nicht übersteigt und das Ausmaß an Schad- und Abfallstoffen die Assimilationskapazität der Natur nicht überfordert. Der „Klimaschutz“ erfordert insbesondere eine deutliche Verminderung der Freisetzung von Treibhausgasen (z.B. Kohlenstoffdioxid CO2 und Methan CH4). Schutz und Erhaltung der Lebewesen (z.B. Vogel- und Insektenarten) fordert das Ziel nach „Artenvielfalt“. Die Artenvielfalt (Pflanzen- und Tierarten) ist ein Teilbereich der biologischen Vielfalt (Biodiversität). Neben der Artenvielfalt umfasst die Biodiversität auch eine genetische Vielfalt und die Vielfalt von Lebensräumen (Ökosystemen).

Die allgemeinen Umweltschutzziele und die daraus abgeleiteten Unterziele werden durch Indikatoren operationalisiert, d.h. messbar gemacht. Nur so ist es möglich, die Ursachen von Umweltbelastungen erkennen und bewerten zu können, die Wirkung Umwelt schützender Maßnahmen zu evaluieren und Veränderungen im Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz über einen längeren Zeitraum verfolgen zu können. Der Indikatorenkatalog des Umweltbundesamtes umfasst 50 Einzelindikatoren aus 10 Bereichen (z.B. Klima, Energie, Wirtschaft und Konsum; vgl. Umweltbundesamt 2017). Ein zentrales Problem des Umweltschutzes stellen die erheblichen Informations- und Wissensdefizite über ökologische Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und über (noch) vertretbare Belastungsgrenzwerte in den verschiedenen Umweltmedien und die daraus resultierenden Entscheidungs- und Handlungsunsicherheiten dar. Das von der Europäische Umweltagentur (European Environment Agency: EEA 2011) entwickelte Drivers-Pressures-State-Impact-Response Framework (DPSIR) ist ein möglicher Ansatz, diesem Unsicherheitsproblem dadurch zu begegen, dass vorhandene Informationen für verschiedene Ökosysteme in einzelnen Themenfeldern des Modells strukturiert und analysiert werden (vgl. Patricio et al. 2016; Abb. 4). Die Driving forces (z.B. Industrie, Transport) verursachen Umweltbelastungen (Pressures, z.B. Meeresverschmutzung, CO2-Emissionen) in bestimmten Umweltkompartiments (States, z.B. Luft, Wasser und Bodenbeschaffenheit), wodurch sich spezifische Umweltschäden ergeben (Impacts, z.B. globale Erwärmung, Verlust an Biodiversität), auf die einzelne Akteure (u.a. Regierungen, Unternehmen) reagieren (Responses, z.B. nachhaltige Produktion, Förderung des öffentlichen Verkehrs, CO2-Emissions-Gesetzgebung; vgl. Abb. 4).

Abb. 4: Das DPSIR-Modell

Quelle | European Environment Agency (EEA 2011; mit eigenen Ergänzungen)

Zentrale Ursachen zunehmender Umwelt- und Klimabelastungen sind u.a. das starke Wachstum der Weltbevölkerung (von 4 Mrd. Menschen im Jahr 1975 auf rund 7,8 Mrd. im Jahr 2020 und von der UN erwarteten 9,7 Mrd. für das Jahr 2050), weitere Urbanisierungsprozesse (z.B. Entstehen von zahlreichen Megacities wie z.B. Shanghai) und Metropolregionen (z.B. Tokio-Yokohama) mit mehr als 10 Millionen Einwohnern, zunehmende Ressourcenknappheit durch Wirtschaftswachstum infolge der Globalisierung (z.B. bei fossilen Energieträgern, Kupfer, Lithium), Zunahme der Güterproduktion und globale Lieferketten sowie verschwenderische Konsumstile in den wohlhabenden westlichen Nationen. Umweltschäden haben eine lokale (z.B. lokal begrenzte Schadstoffemissionen eines produzierenden Betriebes), regionale (z.B. Wassermangel) und globale Dimension (z.B. globale Klimaerwärmung). In erster Linie sind industrielle Produktions- und Konsummuster für die akuten Umweltprobleme verantwortlich (Verbrauch knapper Ressourcen, Emission klimaschädlicher Gase, hohe Wasserverbräuche, oft mangelnder Umweltschutz in vielen Betrieben globaler Wertschöpfungsketten).

Die ökologische Nachhaltigkeitsdimension im Unternehmen

Ökologisches Wirtschaften zielt auf eine Reduzierung von Rohstoffverbräuchen, Schadstoffemissionen und die Beherrschung von Risiken in Produktions- und Konsumprozessen bei zumindest gleichbleibender Lebensqualität (Abb. 5).

Abb. 5: Produktion und Konsum aus ökologischer Perspektive

Zielgrößen einer nachhaltigen Unternehmensführung sind ökologische Effizienz (Eco-efficiency), Konsistenz und Suffizienz. Die ökologische Effizienz richtet sich auf die Ergiebigkeit bzw. Produktivität der Ressourcennutzung. Damit ist verbunden, den Ressourcenverbrauch (Produktionsinput) für eine Leistungseinheit (Produktionsoutput) so gering wie möglich zu halten. Die Öko-Effizienz ist definiert als Quotient aus Leistung (Output) zum Ressourcenverbrauch (Input) (vgl. Behrendt, Göll & Korte 2018, S. 8). Je höher die Ökoeffizienz ist, desto weniger Ressourcen werden zur Herstellung einer Leistungseinheit (z.B. ein Produkt) benötigt. Umfassender definieren DeSimone/Popoff (1997, S. 47) die Eco-efficiency