Nächstes Jahr in Baden-Baden - Loni Skulima - E-Book

Nächstes Jahr in Baden-Baden E-Book

Loni Skulima

4,9

Beschreibung

Das "Alter auf Probe" oder der "Luxus der Langsamkeit": Nach einem Unfall zur Wiederherstellung in einer sogenannten Seniorenresidenz in Baden-Baden untergeschlüpft, berichtet die Erzählerin in diesem ebenso heiteren wie nachdenklichen Roman, wie sie mit ihrer auf kurze Zeit anberaumten Eingliederung in eine Lebensgemeinschaft des betreuten Alters fertig wird. Das Alter auf Probe. Sie könnte jederzeit weg, wenn sie wollte. Aber der neue Zufluchtsort hält sie magisch fest. Und dabei wird ihr ganz langsam und unterschwellig auch bewusst, dass eines Tages kein Entrinnen mehr möglich sein wird, dass der Tod unausweichbar ist. Besser, man freundet sich mit ihm an. Dahin aber ist noch eine Weile. Und so lässt sie sich Zeit, den aparten Schauplatz und seine Bewohner zu erkunden. Das ungewohnte Milieu inspiriert die Neue, die eigentlich in ihren stressigen Beruf zurückkehren möchte, dass sie unversehens Geschmack findet am Luxus der Langsamkeit und eines kontemplativen Lebensstils - lauter Sonntage eben. Das alles kommt charmant, heiter und selbstironisch daher und ist doch voll Tiefgang und Melancholie, bedeutungsvoll selbst im Alltäglichen. Ein großes Buch über das Altern und eine bewegende Lektüre für alle Generationen.

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Seitenzahl: 397

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Impressum

Loni Skulima: Nächstes Jahr in Baden-Baden oder Die Vorkosterin

Copyright by AQUENSIS Verlag Baden-Baden 2011

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verbreitung, auch durch Film, Funk, Fernsehen, photomechanische Wiedergabe jeder Art, elektronische Daten, im Internet, auszugsweiser Nachruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsunterlagen aller Art ist verboten.

Auf Wunsch der Autorin wurde die Rechtschreibung in der Fassung der ersten Auflage (1998) belassen.

Umschlagfoto: Bernd Weigel Satz: Schauplatz Verlag & Werbeagentur, Baden-Baden 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

ISBN 9783954570034

www.aquensis-verlag.dewww.baden-baden-shop.de

Loni Skulima

Nächstes Jahr in Baden-Baden

oder Die Vorkosterin

AQUENSIS R o m a n

Inhalt

Cover
Impressum
Titel
Inhalt
Über Autorin
Augenschein
Die roten Knöpfe
Hineingeschleudert
Frühlingsfeier
Die Stunde der Begegnung
Lauter Sonntage
Freiheit und Verzicht
Neben der Zeit
Zweitausend Jahre Alter
Lust an der Gesundheit
Wir waren nicht alle reich
Kick aus Askese
Ein ganz gewöhnlicher Tag
Einmal die Woche
Emanzen und Greise
Etwas zum Liebhaben
Unterm Damoklesschwert
Singles
Sommerfest
Spagat
Zweite Blüte
Kontrapunkt: Der Tod
Und zerplatzt die Kaper
Spreu und Weizen
Die Vorkosterin
Das Rebland um uns
Janus
Sinnsuche
Intelligente leben länger
Umzug
Das letzte Zimmer
Reisende soll man nicht aufhalten
Ein Tag, ein Jahr
Der Chor der Tragödie
Auf der Schwelle
AQUENSIS Bücher

Loni Skulima,

Augenschein

Die roten Knöpfe

Beim Betreten des Speisesaals versuchte ich mein Humpeln zu verbergen. Die schon an den kleinen Tischen saßen, meist Damen in hellen Kleidern und mit frisch geplusterten Frisuren, folgten mir in diskreter Neugier mit ihren Augen. Ich spürte, daß sie mir nachsahen, auch wenn sich ihre Haltung nicht änderte, während ich mit verbindlich geneigtem Kopf dem mir zugewiesenen Platz zustrebte.

Ich kannte noch keinen, keiner kannte mich. Ich war eine Neue, eine kleine Sensation unter den obwaltenden Umständen. Ein neues Gesicht tauchte wohl selten hier auf. Nur einem Verschwinden, das meist ein Ableben war, konnte ein Zugang folgen. Denn jeder Tisch wie auch jedes Bett unter diesem Dach waren besetzt. Ich würde von Glück sagen können, wenn mich das Haus zwischen zwei Lebenslänglichen aufnahm nach dem Unfall, der mich niedergestreckt hatte. Nach ein paar Monaten Krankenhaus suchte ich eine Stätte, an der ich in Ruhe und möglichst kurzer Zeit vollends genesen und den Rückweg ins tätige Dasein finden könnte.

Mein Einzug in den Speisesaal war mir auf eine unerklärliche Weise bedeutsam. Dies war schließlich kein Hotel, da hätte ich mich ausgekannt. Wer mochten die Nachbarn sein, und würde man auch mal bei diesem täglichen Mittagessen ein Wort miteinander wechseln? Es herrschte Schweigen. Der Oberkellner eilte mir entgegen, komplimentierte mich an meinen Tisch, rückte den Stuhl, goß den Saft ein, für den ich mich statt der Suppe entschieden hatte, wies auf das Salatbüfett. Die Kellnerin, die das Revier hatte, brachte mir das Menü, das ich angekreuzt hatte.

Während ich die Bissen zum Mund führte, beobachtete ich meinerseits unbewegt die Eintretenden. Einige mühten sich an allerlei Gehhilfen, an Krücken oder Stöcken oder gar an einem Rollwägelchen aus blitzendem Chrom, das sie dann am Tisch möglichst unauffällig parkten. Meinem in der Rehabilitation geschärften Blick entging nicht das gewisse Täppeln bei denen, die von Krankheit oder Alter gezeichnet waren.

Zwischen den Tischen flatterte da und dort ein Wort der Begrüßung auf oder eine Bemerkung über das Essen, das man gerade einnahm, das Wetter oder irgendeine Veranstaltung, leicht, zwitschernd. Als ich nach dem Dessert aufstand, fingerte ich erst einmal nach meinem Handtäschchen, nestelte ein bißchen daran herum, bis ich in der Hoffnung, daß mir meine Gehwerkzeuge nach dem Sitzen wieder gehorchen würden, den Abgang wagte.

Mein Unfall lag schon Monate zurück. Die Krücken hatte ich zu Hause in die Ecke gestellt. Die Ärzte hatten mir versichert, daß das betroffene Bein, jetzt noch nicht ganz belastbar, mit der Zeit durch fleißiges Üben wieder stark würde und ich gehen könnte wie zuvor. Ich durfte mich glücklich preisen, eine so angenehme Unterkunft für die restliche Dauer meiner Wiederherstellung gefunden zu haben, und genoß mein Gastspiel heiter und unverbindlich. Natürlich bemerkte ich, daß auch ich von den ständigen Bewohnern begutachtet wurde. Sie konnten ja nicht wissen, wie bald ich wieder das Weite suchen würde.

Zu diesem Zeitpunkt meines auf ein paar Wochen der Rekreation berechneten Aufenthaltes wandte ich viel Sorgfalt darauf, den Anschein eines unbeschädigten Körpers und eines leichten Schrittes zu erwecken. Wie schon in den Wochen davor in der Klinik, als ich in Gips von Fußsohle bis Hüfte die ersten mühsamen Gehversuche unternommen hatte, war es mir eine gewisse Erleichterung zu bemerken, daß ich mich in meinem durch einen Schlag von außen verursachten und nun doch in der Erwartung von Heilung überschaubar gewordenen Elend ein wenig abhob von jenen anderen Leidenden, die ihre unsicheren, kleinen Schritte wahrscheinlich einem Schlag im Inneren zuzuschreiben hatten. Daß ich meinem Kopf noch trauen konnte, suchte ich mir mit ängstlicher Beflissenheit zu beweisen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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