Natur-Streiflichter - Gerwin Bärecke - E-Book

Natur-Streiflichter E-Book

Gerwin Bärecke

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Beschreibung

Rückblickend kommt in 10 Jahren so einiges zusammen, wenn man Reisetagebuch führt, Naturbeobachtungen aufzeichnet, Buchrezensionen schreibt sowie Exkursionen und Vorträge vor- und nachbereitet. Das Problem ist, dass vieles im Laufe der Zeit in Vergessenheit gerät, selbst wenn es im Internet nach wie vor erreichbar ist. Man sagt, dass das Internet nichts vergisst. Das mag sein, aber die Menschen vergessen. Außerdem sind die Artikel, Berichte und Rezensionen zwar noch da, aber so verteilt, dass sie nur ganz mühselig gefunden werden - wenn überhaupt. Auch und gerade in Zeiten des Internets und der Digitalisierung ist eine Zusammenfassung dieser Art sinnvoll. Vielleicht bin ich ein Fossil, aber ich liebe das gedruckte Buch in der Hand und den Anblick vieler gedruckter Bücher im Bücherregal!

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Inhalt

Das Leberblümchen - Blume des Jahres 2013

Harzwasser mal elektrisch - Wasserkraft aus dem Okertal

Purpur-Knabenkraut - Orchidee des Jahres 2013

Harz 2013: Der Romkerhaller Wasserfall im Okertal wird 150 Jahre alt

Hamburger Hallig - ornithologisches Kleinod im Wattenmeer

Fehmarn - Vogelzug im Herbst

Das Wasservogelreservat Wallnau auf Fehmarn

Tipperne: Vogelparadies im Ringkøbing-Fjord, Dänemark

Skjern Enge - Naturparadies am Ringkøbing-Fjord in Dänemark

Die Steilküste von Ferring - Landschaftsjuwel in Jütland

Buntzecke - Plagegeist auf dem Vormarsch

Sechsundfünfzig Weidepfähle

Sag' mir, wo die Käfer sind...

Der Huflattich - gewöhnlich ungewöhnlich

Kurios, seltsam, erstaunlich, dramatisch ..., Part 1

Kurios, seltsam, erstaunlich, dramatisch ... Part 2

Funde seltener Spinnen im Raum Goslar und Oker

Noch eine Spinne und viele Insekten ...

Neuigkeiten aus der Welt der Arthropoden (Goslar und Umgebung)

Wie man sich irren kann...!

Zwei weitere bemerkenswerte Insektenfunde

Neues von den Sechsbeinern

Buchbesprechung: Die Libellenarten im Landkreis Goslar

Buchbesprechung: Die Natur im Remstal

Vierundsechzig ...

Seltene Krabbel- und Flattertiere, Neu- und Wiederfunde in Oker und Umgebung

NWV Goslar - Handout zur Winterwanderung, Jahresabschluss 2019

Arachnes Erben

NWV Goslar - Handout zur Exkursion an der Okerpromenade

NWV Goslar - Handout zur Exkursion am Sudmerberg, Ostflanke

Bericht zur Wanderung an der Ostflanke des Sudmerberges

NWV Goslar - Handout zur Exkursion an den Morgensternteichen bei Hahndorf und Döhren

Bericht zur Exkursion an den Morgensternteichen bei Hahndorf und Döhren

Wasser - Lebenselement und Lebensraum

Vortrag Gepanzerte Schönheiten - Käfer am Nordharzrand

Vorwort

Rückblickend kommt in 10 Jahren so einiges zusammen, wenn man Reisetagebuch führt, Naturbeobachtungen aufzeichnet, Buchrezensionen schreibt sowie Exkursionen und Vorträge vor- und nachbereitet. Das Problem ist aus meiner Sicht, dass vieles im Laufe der Zeit in Vergessenheit gerät, selbst wenn es im Internet nach wie vor erreichbar ist. Man sagt, dass das Internet nichts vergisst. Das mag sein, aber die Menschen vergessen. Außerdem sind die Artikel, Berichte und Rezensionen zwar noch da, aber so verteilt, dass sie nur ganz mühselig gefunden werden - wenn überhaupt. Sogar als Autor hat man, oder besser habe ich das Problem, manche meiner eigenen Artikel und Berichte wiederzufinden. Obwohl das Internet angeblich nichts vergisst, sind viele meiner Artikel in der Tat nicht mehr vorhanden. So schrieb ich seinerzeit viele Artikel für ein Online-Portal, das aber im Jahre 2014 eingestellt wurde. Auch die Inhalte sind nicht mehr zugänglich, sie wurden aus dem Internet entfernt. Einige dieser Artikel hatte ich glücklicherweise noch gespeichert, so dass sie in dieses Buch einfließen konnten. Nun bin ich aber nicht so vermessen zu glauben, dass ich mit solch einem Buch zur Kulturleistung der Menschheit beitrage. Es gibt aber einen ganz persönlichen, vielleicht sogar einen egozentrischen Aspekt, der hier hineinspielt. Ich habe in meinem Leben einige Menschen gehen sehen, deren Dasein außer der bloßen Erinnerung nichts hinterlassen hat. Bei vielen davon ist das Wissen und, ja, auch die Weisheit eines langen Lebens für immer verloren. Insofern bin ich in der Tat egozentrisch. Wenn ich eines Tages gehen muss, möchte ich in der diesseitigen Welt Spuren hinterlassen, und zwar positive Spuren. Nichts materielles, das interessiert mich nicht. Meine Erfahrung und etwas Intuition sagen mir, dass der Inhalt eines Buches dafür der richtige Weg sein kann. Auch und gerade in Zeiten des Internets und der Digitalisierung. Vielleicht bin ich ein Fossil, aber ich liebe das gedruckte Buch in der Hand und den Anblick vieler gedruckter Bücher im Bücherregal - ebenso wie meine Frau!

Da dies kein Bestimmungsbuch ist und ich in diesem speziellen Fall die Texte für wichtiger halte als die Bilder, gibt es zwei Gründe dafür, dass die Abbildungen in Schwarzweiß gehalten sind. Der andere Grund ist der Verkaufspreis, der bei Farbabbildungen mehr als doppelt so hoch wäre.

Goslar, im Februar 2022 Gerwin Bärecke

Aufsatz für das Online-Portal Suite 101, Dezember 2012

Das Leberblümchen - Blume des Jahres 2013

Loki Schmidt rief den Titel „Blume des Jahres“ ins Leben, die nach ihr benannte Loki Schmidt Stiftung kürte für 2013 einen Frühblüher: das Leberblümchen

Zieht man auf der Landkarte eine Linie vom Jadebusen im Norden bis zum Rheinfall bei Schaffhausen, so wird man links oder besser westlich davon kein Leberblümchen (Hepatica nobilis) finden. Die Vorkommen in Deutschland liegen östlich dieser Linie. Alte Laubwaldstandorte wie lichte Buchen- oder Eichenwälder mit genügend Kalk im Boden und mindestens hundert Jahre alt: Das sind die Biotope, in denen man dieses botanische Kleinod findet. Das zeigt den hohen Anspruch, den die Pflanze an den Wuchsort stellt. Diesen Anspruch teilt sie übrigens mit anderen selten gewordenen Pflanzen; wo sie wächst, findet man oft auch den Türkenbund, das Maiglöckchen, den Seidelbast und auch viele Orchideen. Die „Loki Schmidt Stiftung“ in Hamburg ist bundesweit tätig. Sie ist das Ergebnis einer Fusion der Stiftung Naturschutz Hamburg sowie der von Loki Schmidt ins Leben gerufenen Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen. Seit 1980 wird der Titel Blume des Jahres vergeben, zu Lebzeiten der leidenschaftlichen Naturschützerin immer von ihr selbst vorgestellt. Kurz vor ihrem Tod 2010 erlebte sie noch, dass ihre Lieblingsblume, die Sibirische Schwertlilie, diesen Titel erhielt. An vielen Orten sind die bereits erwähnten alten Waldstandorte „verschwunden“, d. h. in der Regel einer „modernen“, nur noch kommerziell ausgerichteten Forstwirtschaft gewichen. Mit diesen Standorten musste auch das Leberblümchen weichen und hat seine frühere Häufigkeit weitgehend eingebüßt. Da hilft ihm auch nicht, dass es im Volksmund wegen seines frühen Blühtermins „Vorwitzchen“ oder weiter südlich sogar „Schneebrecher“ genannt wird; implizieren doch beide Bezeichnungen Eigenschaften, die auf eine gewisse Robustheit schließen lassen. Die hat diese Pflanze auch, aber nur im Hinblick auf die klimatisch harten Bedingungen so früh im Jahr.

Die einzelne Pflanze blüht nur etwa eine Woche lang, je nach Standortbedingungen oft schon Anfang bis Mitte März, oft aber auch erst im April. In den meisten Fällen blühen alle Pflanzen eines Standortes gleichzeitig, so dass richtige Teppiche aus blauvioletten Blüten entstehen. Das Leberblümchen ist streng geschützt und darf weder ausgegraben noch abgepflückt werden, auch wenn es als eine der ersten farbigen Blüten des Waldfrühlings noch so reizvoll ist. Viele der so früh blühenden Blumen haben nämlich weiße Blüten (Schneeglöckchen, Märzenbecher, Buschwindröschen) und erinnern damit an den eben erst geschmolzenen Schnee.

Die extrem langsame Verbreitung des Leberblümchens hängt mit seiner Fortpflanzungsstrategie zusammen. Viele Pflanzen lassen ihre Samen vom Wind, von Fluginsekten oder gar von Vögeln verbreiten. Das Leberblümchen nutzt Ameisen, die seine winzigen Nüsschensamen weitertragen. Ameisen sind natürlich weitaus weniger mobil, was letztlich zu einer zwar zuverlässigen, aber eben auch extrem langsamen Verbreitung führt.

Die zu den Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceen) gehörende Pflanze wird zwischen fünf und 15 Zentimeter hoch und erhielt ihren deutschen Namen aufgrund der Blattform: in drei (auch bis fünf) Lappen geteilt erinnert diese im Umriss an die menschliche Leber. Die Blüte ist zwar blau bis blauviolett, es kommt aber auch eine rosafarbene Variante vor. Die gesamte Pflanze ist giftig, sie enthält das Gift Protoanemonin, ein heftig wirkendes Reizmittel für Haut und Schleimhäute. Oral aufgenommen verursacht es Übelkeit, Durchfälle, Blutungsneigung und kann zu Nierenschädigungen führen. Die Bedeutung als Heilpflanze hat sie heute weitgehend verloren (das mit der Giftwirkung ist natürlich immer eine Frage der Dosierung!), allenfalls wird sie noch in homöopathischen Dosen bei Lebererkrankungen, Katarrhen und Bronchitis eingesetzt.

Wie alle Hahnenfußgewächse überwintert auch das Leberblümchen mit Wurzelstöcken, aus denen im Frühjahr zuerst die Blüten getrieben werden, lange vor den Blättern. Das hat ihr auch den Namen „Dochder vor de Moder“ eingetragen (für alle Nicht-Norddeutschen: Tochter vor der Mutter). Dann aber ist endlich Frühling!

Quellen: Eigene Beobachtungen; Henning Haeupler/Peter Schönfelder: Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland, Ulmer 1989; Burkhard Bohne/Peter Dietze: Taschenatlas Giftpflanzen, Ulmer 2007; Buff/von der Dunk: Giftpflanzen in Natur und Garten, Augsburger Druck- und Verlagshaus GmbH, 1980

Aufsatz für das Online-Portal Suite 101, Dezember 2012

Harzwasser mal elektrisch - Wasserkraft aus dem Okertal

Das Okertal im Harz ist bekannt für seine wildromantische Schönheit, hat aber auch eine wirtschaftliche Seite

Wasserkraft - nur mechanisch genutzt

Wasser ist eine Substanz, die bis heute noch Geheimnisse birgt. Die Forschung bringt immer neue, überraschende Einzelheiten über dieses flüssige Lebenselement ans Tageslicht.

Eines ist jedoch seit Jahrtausenden bekannt: Die Kraft des Wassers. Auf der einen Seite zerstörerisch, wussten die Menschen seit jeher auch die andere, die segensreiche Seite der Wasserkraft zu nutzen. Das geschah zunächst mechanisch mittels Wassermühlen, jahrtausendelang wurde das fließende Wasser von Flüssen und Bächen beispielsweise genutzt, um Mühlräder anzutreiben und Getreide zu mahlen. Eine technische Weiterentwicklung bestand später darin, Wasser aus Fluss oder Bach abzuleiten und einer Mühle zuzuleiten. Damit wirkte man schwankenden Wasserständen sowie der Hochwassergefahr entgegen.

Das war aber noch lange nicht das Ende der Innovationen. Kluge Köpfe aus dem Bereich des Bergbaues entdeckten, dass man mittels Wasserrädern Pumpen betreiben und auf diese Weise Bergwerke entwässern konnte. Namentlich im Harz kamen Erfindungen dieser Art zum Einsatz. Im Harzer Bergbau fand eine weitere, mittels Wasserkraft betriebene Erfindung ihre praktische Anwendung: die sogenannte Fahrkunst. Mit ihrer Hilfe konnte das anstrengende Ein- und Ausfahren der Bergleute aus den Gruben mittels Leitern (korrekt: Fahrten), das zum Teil Stunden in Anspruch nahm, erheblich verkürzt werden. Zudem fiel die körperliche Belastung weg, die fast ebenso groß war wie die gesamte Schicht vor Ort.

Die Elektrizität gab den Innovationsschub

Nach der Entdeckung der Elektrizität und ihrer vielfältigen Möglichkeiten war es nur eine Frage der Zeit, bis der Generator erfunden war, der die Drehbewegung des Wasserrades in elektrischen Strom umwandeln konnte. In Kombination mit genügend Gefälle, um den benötigten Wasserdruck aufzubauen, einer Wasserturbine, einem Generator sowie dem entsprechenden Leitungsnetz war es bald möglich, die vor Ort erzeugte elektrische Energie an nahezu beliebige Orte zu transportieren. Im Okertal im Harz waren die natürlichen Voraussetzungen gegeben, so dass auch schon vor dem Bau der Talsperre die Wasserkraft genutzt wurde. Das ist bis heute so.

Grobrechen

Feinrechen

Abgesehen vom Kraftwerk bei Romkerhalle, welches direkt vom Wasser der Talsperre betrieben wird, findet man eine erste Einrichtung zur Wassergewinnung an der Marienwand. Dort am Ende der großen Westschleife der Oker gibt es nämlich eine Ableitung des Okerwassers in ein Grabensystem und am Beginn des letzteren einen so-genannten Grobrechen. Der Graben führt an der westlichen Talflanke entlang mit wenig Gefälle mehrere hundert Meter talabwärts, streckenweise sogar mittels Tunnel durch die Granitfelsen. Der Grobrechen am Beginn des Grabens hat die Aufgabe, große Äste oder vielleicht sogar Stücke von Baumstämmen aufzuhalten. Sie könnten die Turbine beschädigen. In festgelegten Abständen oder bei akuter Notwendigkeit wird der Rechen von Hand gereinigt.

Am Ende des Grabens, einige hundert Meter talabwärts, stößt man auf die zweite Anlage, die schon wesentlich „technischer“ wirkt als der Grobrechen weiter oben. Es ist eine Feinrechenanlage, deren Gitter wesentlich enger ist und die die Aufgabe hat, weitaus kleinere Gegenstände herauszufiltern. So ist diese Anlage denn auch automatisch betrieben und schaltet sich in bestimmten Abständen selbsttätig ein. Die Abstände sind variabel und beispielsweise im Herbst wesentlich kürzer als im Sommer, um das vom Wasser transportierte Laub zurückzuhalten. Ralf Trenke vom der Harzenergie aus Osterode am Harz spricht denn auch vom Laub als exzellentem Dichtmittel, das durchaus in der Lage sei, die gesamte Stromerzeugung zum Erliegen zu bringen.

Eine große Druckleitung führt schließlich von der Feinrechenanlage bis hinunter zum Kraftwerk, etwa 300 Meter mit einem Gefälle, durch das der notwendige Wasserdruck für den Antrieb der Turbine aufgebaut wird. Dort schlägt das Wasser auf die Turbine und treibt so einen Generator an. 450 Kilowatt können im Schnitt erzeugt werden, was etwa für 150-250 Haushalte ausreicht. Die maximale Kapazität liegt allerdings sogar noch um ein Drittel höher, so Ralf Trenke in einem Fernsehinterview.

Die Größe machts...

Es ist also ein vergleichsweise kleines Kraftwerk, das hier den Strom für ein kleines Dorf liefert. Andererseits wird man nur bei gezielter Suche auf die Kraftwerksanlagen stoßen, sie fügen sich beinahe harmonisch in die Landschaft ein. Keinerlei der sonst heute üblichen Gigantomanie stört das Bild. Das Wasser der Oker wird nicht verschmutzt, lediglich seine Temperatur ist beim Auslauf etwas höher. Das ist zwar für bestimmte Wasserorganismen auch nicht gut, wird aber unterhalb des Kraftwerkes schnell wieder ausgeglichen. Das Erstaunliche: Insgesamt sieben solcher kleineren Kraftwerke nutzen das Wasser der Oker unterhalb der Sperrmauer nacheinander zur Stromerzeugung.

Stichwort Wasserorganismen: natürlich gibt es Auflagen bezüglich der Entnahmemenge: Der Oker muss auf jeden Fall ein bestimmter Anteil des Wasser ungenutzt zur Verfügung stehen, eben um Wasserorganismen nicht zu gefährden oder gar zu schädigen. Sofern also ökologische Belange ausreichend dabei berücksichtigt werden, scheint die Grundidee der Energiegewinnung aus Wasserkraft möglicherweise gar nicht so schlecht zu sein. Die Anlagen dürfen eben gewisse Größen nicht überschreiten. Angesichts der Geschehnisse im Japan und des Atomausstiegs in Deutschland, angesichts des wachsenden Widerstandes gegen Windenergie, bleiben unserer Gesellschaft vielleicht auch gar nicht so viele Alternativen zur Wasserkraft. Auf elektrische Energie verzichten möchte ja auch niemand.

Quelle: Fa. Harzenergie, Osterode am Harz

Aufsatz für das Online-Portal Suite 101, Januar 2013:

Purpur-Knabenkraut - Orchidee des Jahres 2013

Die Orchideen gehören zu den beliebtesten Blütenpflanzen überhaupt, auch das Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea)

Orchideen sind die wohl artenreichste Familie der höheren Pflanzen, gleichzeitig sind sie wahrscheinlich eine der jüngsten Pflanzenfamilien. Botaniker vermuten, dass sie bis zu 10 Prozent aller Blütenpflanzen stellen; verschiedene Anzeichen deuten außerdem darauf hin, dass sich diese Pflanzenfamilie aktiv entwickelt. Bastardierungen zwischen verschiedenen Spezies der Familie lassen Experten vermuten, dass die Evolution der Orchideen noch lange nicht abgeschlossen ist.

Anlocken, täuschen, manipulieren

Gerade bei den Orchideen werden viele hochspezifische Anpassungen gefunden, mit denen sie ihre Bestäuber anlocken. So täuschen beispielsweise die Ragwurz-Arten, von denen mindestens sechs auch in Deutschland heimisch sind, ihre Bestäuber dergestalt, dass sie ihnen mittels Blütenform und -farbe einen Geschlechtspartner vorgaukeln. Die Männchen der entsprechenden Insektenart versuchen (geradezu verzweifelt, ist man versucht zu sagen), das vermeintliche Weibchen zu begatten. Sie nehmen dabei die Pollen mit und bestäuben so beim nächsten Versuch eine andere Pflanze. Diese Anpassungen haben zur Vielgestaltigkeit der Orchideen beigetragen und sind letztlich damit indirekt der Grund für die Faszination, die diese Pflanzenfamilie auf viele Menschen ausübt.

Der Gedanke liegt nahe, diese Pflanzengruppe sei die besterforschte und alles, was es dazu zu sagen gebe, sei gesagt. Das ist aber bei weitem nicht der Fall, schon die vielen Vermutungen im ersten Absatz lassen darauf schließen. Selbst die in Deutschland heimischen 55 echten Arten, übrigens alles Erdorchideen, geben immer noch viele Rätsel auf. Ihre tropischen Verwandten, in der überwältigenden Mehrzahl Epiphyten, tun das in noch weit größerem Maße. Epiphyten leben auf anderen Pflanzen wie Bäumen, ohne deshalb aber Schmarotzer zu sein.

Spezialisten für karge, flachgründige und trockene Böden

Trockenrasen sind extrem flachgründige Böden, meist in Hanglage und oft zusätzlich noch zur Sonne ausgerichtet; natürliche Lebensräume dieser Art gibt es wenige in Süddeutschland (Kaiserstuhl!). Die weitaus häufigere „künstliche“, als Folge extensiver menschlicher Bewirtschaftung entstandene Form nennt sich „Halbtrockenrasen“. Kommt dazu noch Kalk im Boden, ist der typische Lebensraum für viele unserer Orchideenarten perfekt: der Kalk-Halbtrockenrasen. Dort findet man fast ein Viertel der bei uns überhaupt heimischen Blütenpflanzen, darunter sind die Orchideen nur die spektakulärsten.

Und da liegt auch das Problem. Kalk-Halbtrockenrasen sind Menschenwerk. Nach der Industrialisierung der Landwirtschaft und damit dem Ende der extensiven Bewirtschaftung (z. B. durch Schafbeweidung) werden diese Flächen schlicht vergessen und fallen der natürlichen Sukzession wieder anheim. Das bedeutet, dass sie über verschiedene Stadien der Verbuschung in wenigen Jahrzehnten wieder zum Wald werden, der natürlichen Pflanzendecke in Mitteleuropa. Die Umwandlung solcher Flächen in wirtschaftlich nutzbares Land mittels Bewässerung und Kunstdünger ist eine weitere Variante des Verlustes, im Extremfall werden sie einfach überbaut.

Horte der Artenvielfalt

Die große Zahl der dort vorkommenden Blütenpflanzen (ein Viertel, s. o., in Zahlen: über 600!) zeigt schon Ansatzweise die Bedeutung solcher Lebensräume für die Artenvielfalt. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange: die Blüten locken Schmetterlinge und andere Bestäuberinsekten, Raubinsekten folgen, Spinnen, Eidechsen, Kleinsäuger, Vögel und letztlich sogar große Beutegreifer wie Bussard, Habicht und ihre Verwandten, sogar Hase, Reh, Dachs und Fuchs finden sich bei entsprechender Lebensraumstruktur ein.

Die Arbeitskreise Heimische Orchideen (AHO's) in Deutschland wählen nun ihre Orchidee des Jahres nicht einfach willkürlich aus. Das Purpur-Knabenkraut oder wissenschaftlich Orchis purpurea soll unter anderem auch auf die Gefährdung dieser Lebensräume aufmerksam machen. Sie wächst nämlich mit Vorliebe auf Kalk-Halbtrockenrasen, an Gebüschrändern, allerdings auch in lichten Kalk-Bu-chenwäldern. Für letztere gilt aber ebenfalls, dass sie infolge moderner Forstwirtschaft bedroht sind. So setzen sich die AHO's für Pflege- und Entwicklungspläne für die Kalk-Halbtrockenrasen sowie für eine langfristige und nachhaltige Bewirtschaftung von Walbiotopen ein. Viele kleine und große Naturschutzverbände haben sich dies ebenfalls auf die Fahnen geschrieben.

Stattliche Schönheit

Die Purpurorchis, wie sie auch genannt wird, gehört zweifellos zu den schönsten der einheimischen Orchideen. Eine kräftige, oft bis zu 70 cm hohe Pflanze mit eindrucksvollem Blütenstand, der bis zu 5 cm Durchmesser und eine Länge bis zu 20 cm haben kann. Die Einzelblüten sind die größten aller einheimischen Knabenkräuter. Drei der Blütenblätter bilden einen Helm, der außen purpurfarben ist und der Pflanze ihren Namen gegeben hat. Die glänzenden Grundblätter, die als Rosette auf dem Boden stehen, sind ebenfalls die kräftigsten unter den Knabenkräutern.

Je nach Standort blüht sie von Mitte April bis Anfang Juni, gefunden wird sie in fast ganz Mitteleuropa bis östlich vom Schwarzen Meer.

Quelle: Eigenbericht sowie Mitteilungen der Arbeitskreise heimische Orchideen (AHO's);

Aufsatz für das Online-Portal Suite 101, Dezember 2012:

Harz 2013: Der Romkerhaller Wasserfall im Okertal wird 150 Jahre alt

Das Okertal im Harz ist bekannt für seine wildromantische Schönheit, der Romkerhaller Wasserfall ist allerdings eine technische Leistung

Das Eisschloss der Schneekönigin

Winter mit strengem, langdauerndem Frost verwandeln jene Felswand, an der das Wasser der Romke 64 Meter tief ins Okertal stürzt, in ein fast mystisches Gebilde aus Eis und manchmal auch Schnee, das ein wenig an das Märchen von der Schneekönigin erinnert. Oft gibt es sogar Wagemutige, die das Herz der Schneekönigin erobern wollen und die Eismauern erklimmen: Eiskletterer. Sie kommen zum Teil von weither, um diese (nicht ganz ungefährliche) Herausforderung zu meistern. Aber zurück zu den nüchternen Fakten. Der Wasserfall ist mit Abstand der höchste im Harz und gehört daneben sogar zu den zehn höchsten in Deutschland, wenn man die Alpen außer Betracht lässt. Die Wasserführung lässt ihn allerdings eher klein erscheinen, nach längeren Trockenzeiten verkümmert er zu einem kleinen Rinnsal. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Wasserfall zu den touristischen Anziehungspunkten im Okertal gehört. Was nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar ist und bei Außenstehenden manchmal Erstaunen hervorruft, ist die Tatsache, dass es sich hier um ein Kunstprodukt handelt. Betrachtet man das in Naturstein gefasste Auffangbecken und die kleine Aussichtsplattform oberhalb des Falles, so sind das schon Hinweise darauf. Beides könnte aber auch einem natürlichen Wasserfall nachträglich hinzugefügt worden sein.

Ein Idyll für das Königspaar

König Georg V. von Hannover ließ 1862 hier einen Jagdsitz errichten, den er aber wohl nicht lange als solchen nutzte. Kurz nach der Errichtung schenkte er ihn nämlich seiner Frau, Königin Marie, vormals Prinzessin von Sachsen. Es ist nicht überliefert, ob der König das Umfeld für seine Gattin besonders idyllisch gestalten wollte oder ob sie selbst die treibende Kraft dahinter war; Fakt ist, dass 1863 das Wasser der Romke umgeleitet und über die (natürliche) Plattform ins Tal hinuntergeschickt wurde - die Touristenattraktion war geboren.

Heute ist der einstige königliche Jagdsitz ein beliebtes Ausflugsrestaurant mit Hotel und firmiert unter der Bezeichnung „Kleinstes Königreich der Welt“. Die Geschichte dazu ist mal ausnahmsweise nicht typisch deutsch: Bei einer Gebietsreform im Harzraum wurde dieser kleine Fleck schlicht vergessen und keiner der Harzgemeinden zugeordnet - nicht gerade ein Aushängeschild für deutsche Gründlichkeit. Irgend jemand kam später (genau:1988) auf die Idee, hier ein Königreich, nämlich das kleinste der Welt, auszurufen. Der Marketinggag kam an.

Ein Relikt der Erdgeschichte

Verblüffend ist der erdgeschichtliche Aspekt: Vorgänge, die dreihundert Millionen Jahre zurück liegen, haben dafür gesorgt, dass heute dort eine der Touristenattraktionen des Harzes zu finden ist. Seinerzeit erhob sich in der sogenannten „Variskischen Faltung“ ein gewaltiges Gebirge aus dem Meer der Karbonzeit, das sich vom französischen Zentralmassiv aus quer durch Europa bis in den Osten Polens erstreckte. Auch Schwarzwald, Thüringer Wald und Harz sind in ihrer Urform bei dieser Faltung entstanden. An die Alpen war übrigens zu jener Zeit überhaupt noch nicht zu denken, die sollten erst rund zweihundert Millionen Jahre später entstehen.

Im Bereich um das heutige Romkerhall muss die Faltung dazu noch überaus dramatisch gewesen sein. Die Gesteinsschichten sind hier nämlich nicht nur senkrecht gestellt, sondern sogar um neunzig Grad überkippt. Genau diese Überkippung ließ jene natürliche Felsplattform entstehen, von der das Wasser heute 64 Meter tief ins Okertal fällt. Es lohnt sich auch, einmal einen Blick auf die Gesteine selbst zu werfen. Eines der merkwürdigsten ist der sogenannte Kramenzelkalk. Alte, von Rossameisen durchlöcherte Baumstümpfe sehen fast genau so aus. Die Ursache: weiche Kalklinsen in härterem Gestein, die mit der Zeit herauswittern und kleine Löcher hinterlassen. In einem sauerländischen Dialekt heißen Ameisen „Kramenzeln“, und so kam das Gestein zu seinem Namen.

Ausgangspunkt für interessante Ausflüge

Romkerhall selbst bietet nicht nur den Wasserfall. So ist schräg gegenüber das Mundloch des Oker-Grane-Stollens, durch den bei Bedarf Wasser aus dem Einzugsgebiet der Oker zur Granetalsperre geleitet wird. Letztere ist eine Trinkwasser-sperre. Nicht zu übersehen ist neben dem Wasserfall das Elektrizitätswerk mit den gewaltigen Rohren, die das Wasser aus der Okertalsperre auf die Turbinen leiten.

Nur wenig südlich findet sich die mächtige Bogenmauer der Okertalsperre, sowohl Aussichtspunkt als auch Startpunkt für eine Wanderung rund um den Stausee. In nördlicher Richtung wandert man rechts oder links des Tales mit dem Okerwasser durch eines der schönsten Täler des Harzes; nicht umsonst nennt man es auch das „Bodetal des Westharzes“ oder auch „kleines Bodetal“. Die Einheimischen bevorzugen allerdings den Begriff „wildromantisch“, weil solche Vergleiche in der Regel keinem gerecht werden. Den schönsten Ausblick auf diese „wilde Romantik“ hat man vom Großen Ahrendsberg aus, der hinter dem Elektrizitätswerk in den Himmel ragt. Der Aufstieg ist allerdings ziemlich anstrengend.

Der fünfzigste Jahrestag der Inbetriebnahme der Okertalsperre im Jahre 2006 blieb in der Öffentlichkeit eher unbemerkt. Man darf daher gespannt sein, ob im Jahr 2013 irgend jemand im Harz an den Geburtstag dieser kleinen, aber feinen Touristenattraktion denkt.

Quelle: Gerwin Bärecke: Oker - lebendige Vielfalt, Ein Stadtteil und seine Naturschätze; Verlag Fotostudio Schadach, Goslar; September 2011

Aufsatz für das Online-Portal Suite 101, Dezember 2012:

Hamburger Hallig - ornithologisches Kleinod im Wattenmeer

Es gibt viele Halligen an der Westküste Schleswig-Holsteins, aber nur eine, die eine „Landverbindung“ hat: das Vogelparadies Hamburger Hallig.