Natürlich sitzen! - Helga Pohl - E-Book

Natürlich sitzen! E-Book

Helga Pohl

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Schlüssel zu unserer Gesundheit: das Übungsprogramm für gesundes Sitzen »Die meisten Beschwerden entstehen durch falsches Sitzen«, sagt Dr. Helga Pohl, die Begründerin der Pohltherapie®. In diesem praktischen Gesundheitsratgeber teilt sie zusammen mit der Pohl- und Physiotherapeutin Birgit Kaemper ihre jahrelange Erfahrung zum Entstehen unerklärlicher Schmerzen im Körper. Entspannt und aufrecht sitzen mit der Pohltherapie Die ganzheitlichen Körpertherapeutinnen zeigen, wie man entspannt und aufrecht sitzen kann und welche Folgen falsche Sitzhaltungen für unser ganzes Körpersystem haben können. Sie erklären die ca. 30 häufigsten Beschwerden von Kopf bis Fuß und welche Körperhaltungen ihnen zugrunde liegen. Die Liste reicht von Kopfschmerzen, Schulterschmerzen und Schwindel über Sodbrennen, depressive Verstimmungen bis hin zu Knieschmerzen und Fußproblemen. Mit Step-by-Step-Anleitungen und Übungsvideos (über QR-Codes) selbst aktiv werden und schmerzfrei leben Mit vielen Übungen kann man selbst aktiv werden, Beschwerden lindern und heilen und auch präventiv vermeiden, dass falsche Haltungsmuster entstehen. Denn solange wir nicht mitbekommen, wie wir sitzen, können wir unsere Schmerzen nicht dauerhaft loswerden. In der  Pohltherapie® geht darum, die eigenen ungesunden Gewohnheiten zu erkennen und mit einem geschärften Körperbewusstsein dauerhaft vital und schmerzfrei zu leben.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 273

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Helga Pohl / Birgit Kaemper

Natürlich sitzen!

Beschwerden durch falsches Sitzen mit der Pohltherapie auflösen

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Der Schlüssel zu unserer Gesundheit: das Übungsprogramm für gesundes Sitzen

»Die meisten Beschwerden entstehen durch falsches Sitzen«, sagt Dr. Helga Pohl, die Begründerin der Pohltherapie®. In diesem praktischen Gesundheitsratgeber teilt sie zusammen mit der Pohl- und Physiotherapeutin Birgit Kaemper ihre jahrelange Erfahrung zum Entstehen unerklärlicher Schmerzen im Körper.

 

Entspannt und aufrecht sitzen mit der Pohltherapie

Die ganzheitlichen Körpertherapeutinnen zeigen, wie man entspannt und aufrecht sitzen kann und welche Folgen falsche Sitzhaltungen für unser ganzes Körpersystem haben können. Sie erklären die ca. 30 häufigsten Beschwerden von Kopf bis Fuß und welche Körperhaltungen ihnen zugrunde liegen. Die Liste reicht von Kopfschmerzen, Schulterschmerzen und Schwindel über Sodbrennen, depressive Verstimmungen bis hin zu Knieschmerzen und Fußproblemen.

Mit Step-by-Step-Anleitungen und Übungsvideos (über QR-Codes) selbst aktiv werden und schmerzfrei leben

Mit vielen Übungen kann man selbst aktiv werden, Beschwerden lindern und heilen und auch präventiv vermeiden, dass falsche Haltungsmuster entstehen. Denn solange wir nicht mitbekommen, wie wir sitzen, können wir unsere Schmerzen nicht dauerhaft loswerden. In der  Pohltherapie® geht darum, die eigenen ungesunden Gewohnheiten zu erkennen und mit einem geschärften Körperbewusstsein dauerhaft vital und schmerzfrei zu leben.

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de

Inhaltsübersicht

1 Warum dieses Buch?

Ist Sitzen generell schädlich? Führt Sitzen immer zu Beschwerden?

Wir sitzen zu viel – der quantitative Aspekt

Wir sitzen falsch! Der qualitative Aspekt

Die Macht der Gewohnheit

So werden Sitz-Gewohnheiten »eingefleischt«

Gefangen in der Fehlhaltung

… auch nachts

Eine »sensomotorische Amnesie« entwickelt sich

Verflixt, warum kann ich mir meine schlechte Sitzhaltung so schwer abgewöhnen?

2 Ist Stehen gesünder als Sitzen?

3 Das Sitzen verstehen

Die Komplexität des Einfachen

Die Macht der Augen

Die Rolle der Schwerkraft

Schwerkraft und Fehlhaltung

Schwerkraft und Alter

Die äußeren Faktoren

Der gute Sitz (Stuhl, Sessel, Hocker, Bank, Couch, Sattel etc.)

Die Arbeitsplatte, der Tisch

Der Bildschirm

Die Tastatur

Das Handy/Smartphone

Und die Kinder?

Und die Lehrer*innen?

Die inneren Faktoren

Wie steht man vom Sitzen richtig auf?

4 Natürliches, entspannt aufrechtes Sitzen

Entspannt und aufrecht

Bei der natürlichen, entspannt aufrechten Sitzhaltung sitzt man auf den Sitzbeinen

Beim natürlichen Sitzen ist der untere Rücken gerade

In der entspannt aufrechten Sitzhaltung sitzt man beweglich

Um natürlich aufrecht zu sitzen, müssen Rücken- und Bauchmuskeln weder angespannt noch besonders stark sein

In der natürlichen Sitzhaltung versteift man auch über längere Zeit nicht

Mit entspanntem, geradem Rücken können Sie sich auch anlehnen

Entspannt aufrecht sitzen kann jedes kleine Kind

Aus der Evolution

Die natürliche Beinhaltung beim Sitzen

Die 90-Grad-Regel

Die entspannte Arm- und Schulterhaltung beim Sitzen

Fazit: Die natürliche Sitzhaltung von Körper, Beinen und Armen macht auch nach Stunden keine Beschwerden!

5 Schädliche Sitzhaltungen allgemein – und was dagegen hilft und was nicht

Was leider auf die Dauer nicht hilft oder alles noch schlimmer macht

Die ergonomische Ausstattung allein

»Halte dich gerade!«

Kräftigen

Dehnen

Ungezieltes Bewegen

Einfaches Massieren

Was generell hilft: die Methoden der Pohltherapie®

Gezieltes Bewegen

Absichtlich in die Fehlhaltung hineingehen – und wieder hinaus

Pandiculations

Aktive Schmerzpunkt-Behandlung der Muskeln und umgebenden Faszien

Bindegewebsbehandlung der Haut und Unterhaut

Einbeziehen des ganzen Spannungsmusters

Körperbewusstseinstraining

Änderung der äußeren Umstände

Sensomotorische Übungen, die sich genau auf das Verspannungsmuster des Patienten beziehen

Wie man seine schädlichen Sitzgewohnheiten erkennt und loswird

6 Die Hauptarten des ungesunden Sitzens und was man dagegen tun kann

Körperfehlhaltung: oben nach vorn gebeugt sitzen

Was für das Problem der vorgebeugten Haltung auch schon erfunden wurde

Was wirklich hilft bei einer chronisch vorgebeugten Haltung

Kopffehlhaltungen

Achtung: Körperfehlhaltung!

Achtung: Augenstellung!

Die Erklärung für eine ständig wiederkehrende Fehlhaltung des Kopfes

Die »Schildkröte«, der »Nerdneck«

Der gesenkte Kopf, der »Handynacken«

Was ein/e Pohltherapeut*in für Sie tun kann

Sitzen mit rundem Rücken von unten

Sitzen mit »Schwanzeinziehen«, Steißbein-Einziehen

Unten, d.h. in den Hüftgelenken vorgebeugt sitzen

Sitzen mit Hohlkreuz von unten, mit gekipptem Becken

Die überaufgerichtete Haltung: Sitzen mit Hohlkreuz von oben

Schief sitzen

Schief sitzen von unten her

Verdreht sitzen

»Gemischte« Sitz-Fehlhaltungen

7 Verquere Haltungen der Beine und Füße beim Sitzen

Wie wir auf die Beine beim Sitzen kamen

Zurückgeklappte Beine, stark gebeugte Knie

Das Problem der gestreckten Beine beim Sitzen auf dem Boden

Beine hochlegen auf den Tisch

Außenrotierte, weit auseinanderstehende Beine

X-Bein/e im Sitzen

Übereinandergeschlagene Beine

Variation des Beine-Übereinanderschlagens: Beine umeinanderwinden

Auf einem Bein/einem Fuß sitzen

8 Und was machen die Schultern und Arme beim Sitzen?

Die ideale/gute Haltung von Schultern und Armen beim Sitzen

Sitzen mit hochgezogenen Schultern

Sitzen mit zurückgezogenen Schultern

Sitzen mit abgespreizten Armen

Sitzen mit nach vorn gestreckten Armen (Serratus-anterior-Buckel)

9 Die Beschwerden durch falsches Sitzen von Kopf bis Fuß

Kopf und Nacken

Kopfschmerzen

Nackenschmerzen

Steifer Nacken

Ohrgeräusche

Schwindel

Schwindel durch falsche Atmung?

Schwarze Gedanken

»Zahnschmerzen« ohne Befund

Kieferverspannungen

Hals vorn

Schluckbeschwerden

Räuspern

Reizhusten

»Kloß im Hals«

Schultern und Arme

Schmerzen oben auf der Schulter

Schmerzen zwischen den Schulterblättern

Schmerzen am Oberarm außen

Eingeschlafene oder taube Hände

Oberkörper/Brustkorb

Schmerzen hinter dem Brustbein

Gefühl der Atemnot

Atemeinschränkung

Herzschmerzen, funktionelle Herzbeschwerden

Engegefühl, Druck auf der Brust

Stimmung

Depressive Stimmung

Beklemmung

Angst

Rücken und Gesäß

Rückenschmerzen

Einseitige Rückenschmerzen

Schwächegefühl

Schmerzen im »untersten Rücken«

Taubheitsgefühl im Damm- oder Intimbereich

Magengegend, Bauch und Beckenboden

Sodbrennen

Magenschmerzen

Verdauungsstörungen

Blasenstörungen

Beschwerden im Intimbereich

Leistenschmerzen

Hüften, Beine, Knie, Füße

Hüftschmerzen

Oberschenkelschmerzen

Knieschmerzen

Wadenschmerzen, Wadenkrämpfe

Achillessehnenschmerzen

Fußschmerzen

Fersenschmerzen

Zehenschmerzen

Einschlafende Beine

Kalte Füße

10 Quellen und Tipps zum Weiterlesen

11 Stichwortverzeichnis

12 Zu guter Letzt

1Warum dieses Buch?

Wir beide, Helga Pohl (Psychologische Psychotherapeutin) und Birgit Kaemper (Physiotherapeutin und Heilpraktikerin), behandeln seit vielen Jahren schwer leidende Patienten mit Beschwerden, bei denen ihnen oft jahrelang niemand helfen konnte.

Es handelt sich dabei nicht nur um »die üblichen Verdächtigen« wie Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, sondern auch um viele Beschwerden, die als »psychisch« oder »psychosomatisch« oder gar als »eingebildet« gelten wie Schwindel, depressive Verstimmungen, »Kloß im Hals«, Tinnitus, »unerklärliche« Magen- und Darmbeschwerden, eine Vielzahl von Blasen- und urogenitalen Beschwerden, Bein-, Knie- und Fußbeschwerden sowie manche Leiden, die zum Teil so individuell sind, dass sie überhaupt noch nirgends beschrieben wurden. Gemeinsam ist all diesen Beschwerden, dass sie sämtlichen Behandlungen bisher trotzten und dass sie vor allem niemand nachhaltig heilen konnte.

Von Anfang an wussten wir, dass es mit rein physiotherapeutischen und/oder mentalen, psychologischen Maßnahmen allein nicht getan ist (auch wenn es sehr gut ist, wenn man die richtigen davon anwendet!), sondern dass wir auf Dauer nur dann nachhaltig helfen können, wenn zuerst wir selbst und dann die Patienten

erkennen und verstehen,

wie die jeweiligen Beschwerden entstanden sind und wie sie aufrechterhalten werden.

Im Laufe der Zeit fanden wir heraus:

Die meisten Beschwerden kommen von – oft ganz banal anmutenden – Alltagsgewohnheiten.

Daher fragen wir uns heute schon dann, wenn der Patient/die Patientin das erste Mal in der Praxis erscheint und seine/ihre Leiden schildert:

Und was tut sie/er, sodass sie/er diese Leiden erzeugt?

Das klingt zunächst vielleicht zynisch, ist es aber überhaupt nicht. Denn das Selbsterzeugen geschieht ganz unbewusst, niemand macht das absichtlich, niemand will das – auch nicht unbewusst. Oft wird es auch gefördert durch ungünstige, aber glücklicherweise meist änderbare äußere Umstände.

Dem nachzugehen, wie man selbst, ohne es zu wollen, seine Beschwerden erzeugt und wie man das ändern kann, erwies sich als das Wichtigste bei der Behandlung mit der Pohltherapie® überhaupt. Mit der Zeit erkannten wir immer mehr, dass die Antwort auf die Frage, was man selbst zur Entstehung seiner Leiden beiträgt, lautet:

Die meisten der als unerklärlich geltenden Beschwerden unserer Patienten entstehen durch falsches Sitzen.

Sodass wir unsere Eingangsfrage und -beobachtung eigentlich abwandeln können in:

Und wie sitzt jemand, dass er/sie diese Beschwerden hat?

Diesen Zusammenhang können wir oft schon erkennen, wenn die Patient*innen das erste Mal vor uns sitzen. Das Sitzen als Erklärung gilt selbst dann, wenn ursprünglich eine Verletzung, ein Unfall o.Ä. dazu geführt hat, dass jemand dauerhaft nach vorn, nach hinten, zur Seite gebeugt oder verdreht sitzt. Denn anschließend, so erkannten wir, erhält das falsche Sitzen diese Fehlhaltung aufrecht und schleift sie immer mehr ein.

Diese Erklärung mit dem falschen Sitzen gilt nicht nur für Patien*innen, sondern für so ziemlich alle von uns. Denn leider mussten wir entdecken:

Die allermeisten von uns sitzen falsch.

Da das schädliche Sitzen insgesamt sehr verbreitet ist (wie auch die entsprechenden Beschwerden), werden Sie es bald erkennen können, nicht nur bei sich selbst, Ihrer Familie und Ihren Freunden, Nachbarn und Bekannten, sondern auch bei sehr vielen anderen Menschen. Wenn Sie sich in Büros oder in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Parkbänken einmal umschauen, werden Sie ganz verschiedene Arten zu sitzen entdecken – und meistens sind das nicht die besten.

 

Gibt es denn überhaupt eine »richtige« Art zu sitzen?, werden Sie sich jetzt fragen. Ja, die gibt es, Gott sei Dank!

Die richtige/gesunde Art zu sitzen ist die entspannt aufrechte Sitzhaltung.

Man kann diese Haltung genau beschreiben. Sie ist vollkommen natürlich, jedes kleine Kind kann sie und nimmt sie von Natur aus ein.

Dabei macht es überhaupt nichts, wenn wir Erwachsenen mal so oder anders sitzen, wir Menschen sind ja flexibel und können uns an alle möglichen Umstände anpassen. Auf die Dauer aber sollten wir besser die Umstände an uns anpassen. Dafür muss man wissen:

Von welchen Faktoren hängt es ab, wie wir sitzen?

Das sind ganz andere, als man zunächst denkt. So erfahren Sie in diesem Buch, welche Rolle

Ihre Augen,

die Schwerkraft,

Ihre Büroeinrichtung und

seelische Faktoren

für Ihr Sitzen spielen.

 

Natürlich erfahren Sie auch,

wie die äußeren Faktoren für das natürliche Sitzen idealerweise beschaffen sein sollen,

z.B. die Höhe und Entfernung

des Stuhls,

des Sessels,

der Couch,

des Tischs,

des Schreibtischs,

und wie Sie sie an Ihre Bedürfnisse anpassen können. Und natürlich auch, wo sich

der Bildschirm,

die Tastatur,

die Handarbeit,

das Schriftstück usw.

am besten befinden sollten.

 

Damit können Sie die Grundvoraussetzungen schaffen, um gut und richtig und vor allem auch auf Dauer beschwerdefrei zu sitzen.

 

Aber auch dann ist es nicht leicht, die natürliche, entspannt aufrechte Haltung einzunehmen, denn:

Die meisten von uns haben eingefleischte schädliche Sitzgewohnheiten,

die uns daran hindern, richtig zu sitzen. Daher zeigen wir Ihnen, wie diese unterschiedlichen Sitzgewohnheiten aussehen, sodass Sie bei sich selbst (und bei anderen) erkennen können, welche Sitz-Fehlhaltungen zu welchen Beschwerden führen.

Umgekehrt finden Sie auch eine Aufstellung der unterschiedlichen Beschwerden und können erkennen, welche Beschwerden von welcher Sitz-Fehlhaltung kommen.

 

Im Kapitel über die schädlichen Sitzhaltungen erfahren Sie viel zum Problem des »Geradesitzens«. Damit Sie sich – oft schmerzvolle – Umwege sparen, indem Sie selbst erst alles ausprobieren, was Ihnen bei Ihren Beschwerden helfen könnte, erfahren Sie von uns, was es noch alles gibt, was nicht hilft und warum.

 

Und dann wollen Sie natürlich wissen, was Sie tun können, um Ihre Beschwerden loszuwerden.

Daher erfahren Sie von uns, was wirklich hilft,

um ihre schädlichen Sitzgewohnheiten abzustellen und das natürliche Sitzen wieder zu erlernen.

Sie bekommen viele Übungen, Selbstbehandlungen und Tipps, mit denen Sie sich selbst von Ihren schädlichen Sitzgewohnheiten befreien können. Im Buch werden Sie QR-Codes finden, die Sie mit Ihrem Smartphone einlesen können. So werden Sie direkt zu unseren Übungsvideos weitergeleitet und können sofort mit den Übungen loslegen. Natürlich finden Sie die Videos und Playlists auch direkt bei YouTube, falls es mit dem Einlesen nicht klappen sollte. Geben Sie bei YouTube einfach »Pohltherapie« ein und den vorgeschlagenen Titel, und schon kann es losgehen! Viel Freude und vor allem Erfolg beim Üben! Übrigens werden im Laufe der Zeit noch weitere Videos erscheinen, die Sie dann automatisch in »Ihrer« Playlist finden werden.

Falls diese Selbstbehandlung für Ihre Beschwerden noch nicht ausreicht, finden Sie auch Hinweise darauf, was ein/e ausgebildete/r, erfahrene/r Pohltherapeut*in für Sie außerdem tun kann, und erhalten einen Link zu einer Liste von qualifizierten Pohltherapeut*innen.

Viel Erfolg und viel Spaß beim guten, natürlichen Sitzen wünschen Ihnen

Helga Pohl und Birgit Kaemper

Ist Sitzen generell schädlich? Führt Sitzen immer zu Beschwerden?

Sitzen ist in letzter Zeit ins Gerede gekommen, um nicht zu sagen: in Verruf geraten. Es gilt neuerdings generell als schädlich. Slogans wie »Sitzen ist das neue Rauchen« machen die Runde.

Aber: Sitzen gehört zur Grundausstattung des Menschen. Noch bevor es stehen oder gehen kann, sitzt das Kleinkind auf dem Arm oder dem Schoß der Mutter. Das ist ein wichtiger Entwicklungsschritt, den jedes gesunde Kind mit etwa sechs Monaten vollzieht. Es kann nicht sein, dass die Evolution sich so geirrt hat – sonst wären wir vermutlich schon lange ausgestorben.

Unserer Erfahrung nach ist Sitzen auch keineswegs als solches schädlich. Auch der Vergleich mit dem Rauchen ist einfach falsch und irreführend. Rauchen ist von Haus aus gesundheitsschädlich, schon kleine Mengen tun dem Körper nicht gut. Außerdem kann man vom Rauchen fatal süchtig werden und sich wider besseres Wissen immer weiter selbst schädigen. All das trifft auf das Sitzen überhaupt nicht zu!

Wenn wir das Sitzen mit dem Rauchen vergleichen, schrecken wir womöglich auch vor einer ganz normalen und in der richtigen Art gesunden Position zurück. Einer Position, die durch nichts zu ersetzen ist. Stehen ist zum Beispiel weitaus ungesünder als natürliches Sitzen! (siehe Kapitel 2).

Was die Beschwerden macht, ist vielmehr das falsche Sitzen.

Wir sitzen zu viel – der quantitative Aspekt

Natürlich stimmt auch: Viele von uns sitzen wie festgenagelt, angewurzelt und unbeweglich den lieben langen Tag, unterbrochen allenfalls von ein paar Schritten zur Toilette oder zur Kantine und dann zum Auto, zum Essen, zum Fernsehen, wo wir überall wieder sitzen. Das ist definitiv zu viel. Und zwar nicht, weil dieses Zuviel an Sitzen selbst Beschwerden und Krankheiten erzeugt, sondern weil unsere Bewegung insgesamt, und zwar die des ganzen Körpers, zu kurz kommt.

Wir sitzen nicht zu viel, sondern bewegen uns zu wenig!

Rohkohl hat 2018 die Studien – und zwar vor allem die Metaanalysen und Reviews – bezüglich der gesundheitlichen Folgen des Sitzens zusammengefasst, also quasi die Zusammenfassung der Zusammenfassungen geschrieben und sich dabei auf qualitativ hochwertige Studien konzentriert. Es gab damals bereits weltweit Hunderttausende Studien zum Thema »gesundheitliche Schäden durch Sitzen«, allerdings immer nur zur Quantität des Sitzens, und dabei fast ausschließlich des beruflichen Sitzens.

Dabei wurden über alle Studien, Länder, Jahre hinweg eindeutige Zusammenhänge zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Dauer des beruflichen Sitzens festgestellt. Auch bei einzelnen Erkrankungen wie Diabetes hat man solche Zusammenhänge aufgedeckt.

Insofern stimmt: Langes Sitzen macht krank!

Keine Zusammenhänge ergaben sich zwischen der Sitzdauer und muskuloskelettalen Erkrankungen – wobei die Untersuchungen sich auf Schmerzen im unteren Rücken beschränkten. Dieser fehlende Zusammenhang darf als sehr gesichert gelten, denn Rohkohl hat in seine Analyse zweiundvierzig Studien mit insgesamt 95603 Stichproben einbezogen (über fünfundneunzigtausend ist nicht die Anzahl der untersuchten Personen, sondern die Anzahl der Stichproben!). Mehr geht nicht an Beweis. Es ist also gesichert nachgewiesen:

Langes Sitzen verursacht keine Schmerzen im unteren Rücken!

Dieser Fokus auf den unteren Rücken mutet uns Pohltherapeut*innen sehr seltsam an. Warum soll langes Sitzen Schmerzen im unteren Rücken erzeugen? Offensichtlich hatten die Autoren dieser Studien einen solchen Zusammenhang aber vermutet bzw. als selbstverständlich vorausgesetzt und deshalb wieder und wieder untersucht. Die Hypothese muss immer wieder gelautet haben: Je länger man sitzt, desto mehr bekommt man Schmerzen im unteren Rücken. Sitzen ist als solches schädlich für den unteren Rücken … oder so ähnlich.

Auch in der Laienpresse und im Internet wird praktisch als selbstverständlich und bewiesen dargestellt, dass Sitzen zu Rückenschmerzen führt. Deshalb führen moderne Unternehmen zur Vermeidung von Rückenschmerzen Stehpulte ein. Sehr befremdlich, wenn man bedenkt, dass durch fast 100000 Untersuchungen nachgewiesen ist, dass das Sitzen gar nicht zu Rückenschmerzen führt! Wir werden später sehen, welche Fehlhaltungen beim Sitzen tatsächlich Schmerzen im unteren Rücken erzeugen können. Die häufigste ist ironischerweise als Mittel gegen Schmerzen im unteren Rücken gedacht (siehe Kapitel 5). So viel vorweg: Der runde Rücken ist es nicht! Und die »schlechte Haltung« ist es auch nicht!

Hätte man vor allem Nackenschmerzen und Schmerzen im oberen Rücken untersucht, dann wäre man wahrscheinlich viel eher zu aussagekräftigen Ergebnissen gekommen. Allerdings hätte man das nicht als Folge von »normalem« Sitzen feststellen können, sondern als Folge einer häufigen Fehlhaltung beim Sitzen im heutigen Büro bzw. Homeoffice.

Unsere These lautet: Je länger man in einer Fehlhaltung sitzt, desto mehr bekommt man Beschwerden – und zwar je nach Fehlhaltung unterschiedliche!

Fehlhaltungen beim Sitzen wurden bisher noch nicht untersucht, wie Rohkohl betont. Die Ergebnisse der Untersuchungen zum langen Sitzen sind aber fast deckungsgleich mit den Untersuchungen zum Bewegungsmangel. Das dürfte der fatale Faktor sein beim langen Sitzen.

Daher gilt einstweilen und wurde immer wieder und wird immer häufiger nachgewiesen:

Bewegungsmangel macht krank – und die häufigste Form von Bewegungsmangel ist ununterbrochenes langes Sitzen.

Einer aktuellen Übersicht der AOK zufolge ist Bewegungsmangel mitverantwortlich für Adipositas (Fettleibigkeit), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, verschiedene Krebsarten und psychische Erkrankungen. Ohne sportlichen Ausgleich kann ein Alltag im Sitzen zu Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Stress führen. Schätzungen zufolge verkürzt Bewegungsmangel sogar die Lebenserwartung: Die Lebenszeit für wenig aktive Männer ist ein halbes Jahr kürzer, für Frauen sogar eineinhalb Jahre. Man geht davon aus, dass circa sieben Prozent aller Todesfälle in Deutschland auf mangelnde körperliche Aktivität zurückzuführen sind.

 

Wir können das Rad nicht zurückdrehen, uns nicht in die Steinzeit zurückbeamen und die meiste Zeit des Tages jagen und sammeln. Wir können auch nicht alle körperlich anspruchsvolle Jobs wie z.B. Tierpfleger*in oder Reinigungskraft haben, um tagsüber genügend Bewegung zu bekommen. Selbst als Landwirt*in sitzt man heute viel an Maschinen oder auf Fahrzeugen.

Und sehr viele von uns haben heutzutage nun einmal Sitzberufe. Die meisten sitzen im Büro oder im Homeoffice. Wenn man konzentriert arbeiten will, kann man leider auch nicht auf dem Laufband vor dem Schreibtisch sein Leben fristen. Irgendwann möchte man sich setzen, um sich in Ruhe auf etwas zu konzentrieren.

Wenn wir bei der Arbeit nicht sitzen würden, müssten wir viel stehen (was viel schädlicher ist, siehe Kapitel 2: Ist Stehen gesünder als Sitzen?). Auch die Hocke mit den stark gebeugten Knie- und Hüftgelenken und dem runden Rücken ist keineswegs gesundheitlich besser als das Sitzen. Irgendeine stationäre Position brauchen wir für viele unserer Tätigkeiten, und da ist (richtiges!, natürliches!) Sitzen noch die gesündeste.

Es ist aber eine gute Idee, das Sitzen zwischendrin immer wieder zu unterbrechen.

Da hat die Anti-Sitz-Kampagne der letzten Jahre bei vielen schon eine größere Sensibilität für die Länge ihres Sitzens und den Mangel an Bewegung bewirkt. Manche lassen sich z.B. von ihrem Handy jede Stunde daran erinnern, dass sie zumindest kurz aufstehen, herumgehen, Übungen machen etc. Es gibt viele Lösungen.

Fallbeispiel: Bei mir selbst (H.P.) ergibt sich das von ganz alleine: Ich unterbreche mein Sitzen beim Schreiben automatisch, weil ich zum Nachdenken zwischendurch immer wieder aufstehe und herumgehe. Wie so viele Menschen kann ich im Gehen am besten denken (das wusste schon Sokrates). Und: Ich laufe beim Telefonieren herum, auch das aus eigenem Antrieb. Ich stecke mir meine kleine, schnurlose Freisprechanlage an und tigere herum – nicht, weil es mir der Arzt oder meine Vernunft geraten haben, sondern weil es mir ein Bedürfnis ist.

Die Forderung nach mehr Bewegung und weniger Stillsitzen gilt natürlich für Kinder erst recht. Manche Lehrer*innen lassen inzwischen ihre Schüler*innen während des Unterrichts aufstehen und sich bewegen und bieten Alternativen zum starren Sitzen beim Frontalunterricht. Auch in Kindergärten ist man längst hellhörig geworden und hat nach Abhilfen gesucht.

Ein neues Problem stellt sich heute durch die Faszination von Handy, Tablet, Spielekonsolen, Fernsehen bereits für die Jüngsten. Schon Dreijährige sieht man wie gebannt vor allerlei Bildschirmen sitzen.

Aber auch hier wächst das öffentliche Problembewusstsein, sinnt man auf Abhilfen, erprobt Lösungen.

Wir sitzen falsch! Der qualitative Aspekt

Unserer Erfahrung nach liegen die funktionellen Beschwerden, vor allem die allgegenwärtigen chronischen Schmerzen, nicht so sehr an der Quantität, dem Wieviel des Sitzens, sondern an der Qualität des Sitzens.

Die oben aufgezählten quälenden Alltagsbeschwerden ohne organischen Befund sind nicht dadurch entstanden, dass wir zu viel sitzen, sondern dadurch, dass wir falsch sitzen. Dieser Aspekt wurde aber bis jetzt praktisch noch nie untersucht.

So schreibt Rohkohl 2018: »Offene Fragen sind weiterhin, ob die Sitzdauer tatsächlich die wichtigste zu überprüfende Variable in diesem Kontext ist. Nicht betrachtet werden konnte der Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Sitzhaltungen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit.«

Das heißt: In keiner der Darstellungen, die auf die Schädlichkeit des Sitzens verweisen, die sie sogar anhand physiologischer Parameter festgestellt haben (»Sitzen macht krank« – »Sitzen trägt zur Entstehung/Förderung vieler Krankheiten bei«), wird bisher das Wie des Sitzens berücksichtigt, und daher wird auch nie zwischen schlechtem und gutem, also natürlichem Sitzen unterschieden.

Dabei scheint jeder zu wissen, wie gutes, richtiges Sitzen aussieht.

Wenn wir über dieses Thema sprechen, setzt sich unser Gegenüber meist automatisch »gerade« hin (wir würden sagen: übergerade, unnatürlich gerade, angestrengt gerade). Hier wirken offensichtlich frühe Ermahnungen: »Setz dich ordentlich hin!« – »Kind, wie sitzt du denn da?« – »Setz dich mal gerade hin!« – »Lümmel nicht so herum!« – »Fläz nicht so auf der Couch rum!« usw. Die Älteren unter uns kennen auch noch das berühmte »Bauch rein, Brust raus!« als Haltungsideal.

Wie ist es Ihnen beim Durchlesen der ersten Zeile dieses Absatzes gegangen? Hat es schon auf die Ferne gewirkt?

Doch nach kurzer Zeit rutschen alle wieder in ihre alte, für sie typische Sitzposition zurück. Der Knick vorn, die Querfalte im Pullover ist z.B. genau wieder an der gleichen Stelle, direkt unter der Brust. Von der Seite sieht man genau die gleiche nach vorn geneigte Kopfstellung wie zuvor. Von vorn sieht man die gleiche Seitneigung wie zuvor. Die Beine werden wieder genauso wie vorher übereinandergeschlagen oder unter dem Stuhl überkreuzt usw. Jede/r findet sich nach ein paar Minuten genau in seiner/ihrer individuellen Sitzhaltung wieder. Wie kommt das?

Die Macht der Gewohnheit

Wir alle haben nicht nur Verhaltensgewohnheiten (z.B., dass wir immer abends vor dem Schlafengehen die Zähne putzen), sondern wir haben auch automatisierte Bewegungen. Das ist gut, denn wir können nicht bei jedem Griff, jedem Schritt überlegen, wie es geht, und uns erst dann entscheiden.

Wir haben sogar die meiste Zeit bei unseren Bewegungen im Alltag auf Automatik geschaltet. Sie merken das, wenn Sie z.B. ein neues Auto haben, das etwas anders zu bedienen ist als Ihr vorheriges. In der ersten Zeit werden Sie sich immer wieder dabei ertappen, dass Sie mit der Hand auf die alte Stelle zur Bedienung gehen wollen. (Glücklicherweise sind lebenswichtige Funktionen wie Gas und Bremse bei allen Fahrzeugen gleich!) Diese Gewohnheit können Sie aber relativ leicht loswerden: Innerhalb von ein paar Tagen haben Sie die neuen Bedienungsgriffe automatisiert.

Bei vielen unserer Alltagsgewohnheiten geht das aber nicht ganz so einfach.

Warum …

steht jemand immer wieder mit durchgedrückten Knien, obwohl er weiß, dass das nicht gut für Beine und Knie ist?

haut ein anderer immer die Hacken auf beim Gehen?

lässt eine Dritte immer wieder den Kopf hängen?

sitzen Teenies immer wieder krummbucklig da, trotz aller Ermahnungen?

haben viele Menschen im Alter einen kleinschrittigen Tippelgang – andere Gleichaltrige aber nicht?

Und schließlich: Warum sitzen die meisten Menschen immer in der gleichen, für sie charakteristischen Weise da? Man erkennt sie häufig schon von Weitem nur an ihrer persönlichen Sitzhaltung.

Die Antwort ist einfach: Sie haben eingefleischte Gewohnheiten in Form von Fehlhaltungen, die sie immer wieder einnehmen, in die es sie auf magische Weise immer wieder hineinzieht. Das heißt, es gibt einen Unterschied zwischen automatisierten Bewegungen und automatisierten Haltungen.

Der Unterschied zwischen Bewegung und Haltung

Man denkt, »eingefleischte Gewohnheit« ist nur eine Redensart. Hätten Sie gedacht, dass es »eingefleischte« Gewohnheiten wirklich gibt? Dass sie im wahrsten Sinne des Wortes wirklich im Fleisch, d.h. in Muskeln, Faszien, Sehnen, Bändern »drin« sind? Und dass Sie selbst mit großer Wahrscheinlichkeit auch mindestens eine eingefleischte Gewohnheit haben?

Eingefleischt ist eine schlechte Angewohnheit, eine Fehlhaltung deshalb, weil Sie die ganzen Muskelverspannungen nicht ohne Weiteres wieder wegbekommen. Sie kommen aus Ihrer Sitzhaltung nicht mehr raus! Jedenfalls nicht, wenn Sie diese Haltung jahrelang von früh bis spät immer wieder eingenommen haben, wenn Sie den ganzen Tag über so gesessen haben: z.B. das rechte Bein über das linke, die Schultern hochgezogen, den Kopf nach vorn gestreckt, die Beine stark abgeknickt unter dem Stuhl, die linke Schulter zurückgezogen, den Bauch eingedrückt, den Oberkörper nach links geneigt usw.

Ihre Muskeln, Faszien und Ihr Haut-Bindegewebe sind dann so verkürzt, dass sie Sie automatisch immer wieder in die gleiche Position ziehen, jede/n in seine/ihre spezifische. Sosehr Sie sich auch Mühe geben, sobald Sie sich auch nur zwei Minuten nicht darauf konzentrieren: Schwupp!, machen Sie wieder den alten schädlichen Blödsinn, den Sie doch lassen wollten.

So werden Sitz-Gewohnheiten »eingefleischt«

Wenn Sie z.B. Ihren Kopf bewegen, indem Sie ihn senken, müssen Sie dazu die vorderen Halsmuskeln anspannen, verkürzen, während Sie die hinteren Halsmuskeln, also die Nackenmuskeln, länger werden lassen.

Probieren Sie es aus: Legen Sie sich eine Hand leicht vorn auf Ihren Hals und die andere hinten. Senken Sie dann den Kopf und spüren Sie, was dabei passiert: Ihr Hals wird vorn kürzer und hinten länger. Machen Sie das als wechselnde Bewegung. Wenn Sie jetzt Ihren Kopf noch tiefer senken, können Sie spüren, wie zusätzlich Ihre Bauchmuskeln am Oberbauch, in der »Magengegend«, sich verkürzen und fester werden.

 

Probieren Sie es aus: Legen Sie sich eine Hand auf Ihren Oberbauch, senken Sie dann Ihren Kopf weit nach vorn und spüren Sie, was unter Ihrer Hand passiert: Es wird auch hier kürzer und fester. Und spüren Sie auch, was passiert, wenn Sie sich wieder aufrichten: Wie sich alles zurück in den Ausgangszustand verlängert und weicher wird, wenn Sie den Kopf wieder heben.

Außerdem können Sie vielleicht spüren, wie Ihr oberer Rücken sich beim stärkeren Kopfsenken verlängert und wieder in die Ausgangslänge geht, wenn Sie Ihren Kopf wieder aufrichten.

So weit, so wunderbar! So funktioniert die funktionelle Anatomie, die wir alle ständig und ganz selbstverständlich nutzen. Das ist sehr praktisch.

Was aber, wenn Sie Ihren Kopf nicht nach unten bewegen, sondern ihn gesenkt halten? Um zum Beispiel längere Zeit auf Ihr Handy zu schauen?

Probieren Sie es aus: Legen Sie sich eine Hand auf den Nacken, halten Sie mit der anderen Hand Ihr Smartphone direkt vor sich, direkt am Körper in Höhe Ihres Oberbauchs, und schauen Sie hinein. Spüren Sie, was dabei mit Ihren Nackenmuskeln passiert: Sie werden fest, weil sie sich ja jetzt nicht bewegen sollen, sondern Ihren Kopf gegen die Schwerkraft halten müssen. Wenn das nicht wäre, würden Sie nach vorn zusammensacken und schließlich nach vorn umfallen. (Bitte daher nur ganz leicht ausprobieren!)

Und was passiert, wenn Sie viele Stunden am Tag, und das jeden Tag, nach unten schauen, weil Sie z.B. vor einem Tablet sitzen, das Sie auf dem Tisch liegen haben, um daran zu arbeiten? Das können Sie jetzt hier natürlich nicht sofort ausprobieren. Aber Sie können es sich vielleicht denken: Nicht nur die Muskeln Ihrer Vorderseite bleiben verkürzt, sondern auch die Ihrer Schulter-, Nacken- und oberen Rückenmuskeln – weil Sie ja jetzt ständig Ihren Kopf gegen die Schwerkraft halten müssen. Alle diese Muskeln kommen in Dauerkontraktion, die Faszien darauf und das Bindegewebe der Haut schrumpfen zusammen, sodass sie genau diese Form annehmen.

Sie bekommen eine vorgebeugte Haltung, die Sie jetzt, ohne es zu merken, immer wieder einnehmen. Wirklich immer! Sie sitzen dann auch so vor dem Fernseher, beim Essen, beim gemütlichen Sitzen in der Runde mit Familie oder Freunden. Ja, selbst auf der Parkbank und im Fitnessstudio haben Sie jetzt eine vorgebeugte Haltung, denn Sie nehmen zwangsweise die Sitzhaltung überallhin mit. Man erkennt Sie schon von Weitem daran. Und Sie richten sich die Dinge in Ihrer Umgebung entsprechend ein, sodass sie zu Ihrer Haltung passen: Das Handy halten Sie dann immer so tief, und wenn Sie etwas mit den Händen tun (z.B. Kartoffeln schälen oder Zeitung lesen), halten Sie alles so tief, dass es zu Ihrer Haltung passt. Sogar die Rückspiegel in Ihrem Auto passen Sie vermutlich an diese Fehlhaltung an. Alles andere käme Ihnen jetzt unbequem vor.

Gefangen in der Fehlhaltung

Das Schlimme ist: Sie empfinden Ihre eigene Fehlhaltung selbst als sehr entspannend und nehmen sie daher, ohne es zu merken, bei jeder Gelegenheit gern immer wieder ein. Dadurch verstärken Sie sie, schleifen sie immer weiter ein. Nichts ist gemütlicher als die eigene Fehlhaltung, da man damit dem eigenen Spannungsmuster nachgibt. Das empfindet man als ganz normal, entspannt und wohltuend – und spürt weder Fehlhaltung noch Muskelspannung.

Und so bringen Sie es allmählich auch nicht mehr fertig, zu Hause am Küchentisch oder vor dem Fernseher aufrecht zu sitzen.

Dumm gelaufen! (oder dumm gesessen?)

… auch nachts

Ja, selbst wenn Sie morgens aufwachen, werden Sie feststellen, dass Sie genau in Ihrer Fehlhaltung geschlafen haben (bei vorgebeugter Haltung zusammengekrümmt, meist in Seitenlage).

Das Ganze ist im Schlaf zwar entspannter, weil Sie im Liegen nicht mehr das Gewicht Ihres Kopfes und Oberkörpers gegen die Schwerkraft zu halten brauchen, aber die Verkürzung von Muskeln, Faszien und Bindegewebe bleibt – und mit ihr bleiben die Beschwerden. Sie wachen vielleicht schon mit Kopf- und Nackenschmerzen auf. Tatsächlich sind alle Menschen morgens nach der Unbeweglichkeit der Nacht am steifsten. Wer etwas hat, hat es morgens am schlimmsten, und viele denken sich, es liegt am Kissen oder an der Matratze. Von diesem Irrtum lebt ein ganzer Industriezweig, der Ihnen verspricht, eine dort gekaufte Bettausrüstung werde Ihr Problem lösen. Leider tut sie das nicht.

Eine »sensomotorische Amnesie« entwickelt sich

»Daher kann es nicht kommen, denn das tut mir ja nicht weh!«, sagen manche Patient*innen, wenn wir ihnen ihre Fehlhaltung zeigen. Leider tut aber eine Fehlhaltung nicht weh – sonst würde man sie ja nie und nimmer einnehmen.

Doch wenn andere Menschen, die vielleicht keine Beschwerden (das soll ab und zu vorkommen!) oder eine andere Fehlhaltung als die Ihre haben, Ihre Position einnehmen, empfinden sie das wahrscheinlich als sehr anstrengend.

Probieren Sie es aus: Ahmen Sie einmal die Fehlhaltung eines anderen Menschen nach, die Ihrer eigenen gar nicht entspricht. Sehr anstrengend!

Sie merken nämlich noch, welche Muskeln Sie dabei stark angespannt halten müssen, nämlich vermutlich ganz andere als die Ihrer eigenen Fehlhaltung. Die anderen wundern sich vielleicht, wie Sie es in Ihrer Haltung den ganzen Tag aushalten. Sie dagegen spüren von der ganzen Anspannung, die mit Ihrer eigenen Fehlhaltung verbunden ist, nichts mehr.

Das geht jedem so bei der eigenen Fehlhaltung, der eigenen schlechten Sitzgewohnheit: Man spürt die Anspannung nicht, die damit verbunden ist. Es entwickelt sich nämlich eine »sensomotorische Amnesie« (ein Ausdruck, den der amerikanische Körpertherapeut Thomas Hanna prägte).

Damit ist Folgendes gemeint: Unsere ganze Wahrnehmung – Sehen, Hören, Riechen, Spüren – beruht auf Unterschieden. Wenn alles gleich ist, können wir nichts wahrnehmen. Ein Beispiel, das Sie alle kennen: Sie sitzen eine Weile mit anderen zusammen in einem engen Raum ohne Belüftung. Wenn Sie jetzt mal kurz auf die Toilette gehen und zurückkommen, haut es Sie fast um: Was für ein Mief in diesem Raum herrscht! Alle anderen, die inzwischen sitzen geblieben sind, merken davon überhaupt nichts. Ihr Rausgehen, bei dem Sie etwas anderes gerochen haben, hat Ihnen den Unterschied bewusst gemacht.

Die meisten Unterschiede erzeugen wir ständig selbst durch Bewegung. Das gilt für alle Sinneskanäle. Hier ein Beispiel aus dem Bereich des Sehens:

Probieren Sie es aus: Machen Sie eine leichte Faust und strecken Sie den Daumen dieser Hand nach oben. Halten Sie die Hand in einer Entfernung, sodass Sie den Daumen gut sehen können.

Studieren Sie jetzt Ihren Daumennagel in allen Einzelheiten. Umfahren Sie mit den Augen die Kontur. Betrachten Sie den kleinen weißen Halbmond, vergleichen Sie, wie kurz der Daumennagel geschnitten ist, vergleichen Sie die Länge des überstehenden Randes auf beiden Seiten und in der Mitte usw. Sie werden bemerken, dass Sie dabei Ihre Augen in alle Richtungen bewegen, um das alles genau zu studieren. Sie sehen alles sehr klar.

Starren Sie Ihren Daumennagel jetzt längere Zeit an. Dabei halten Sie Ihre Augen starr, bewegen Sie möglichst überhaupt nicht (was durchaus schwierig ist). Nach einer gewissen Zeit werden Sie bemerken, dass Sie Ihren Daumennagel immer verschwommener, undeutlicher sehen.

Je starrer Sie Ihre Augen halten, je weniger Sie sie bewegen, desto weniger gut sehen Sie.