Nebenwirkungen: Tod - Hans-Jürgen Soll - E-Book

Nebenwirkungen: Tod E-Book

Hans-Jürgen Soll

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Beschreibung

Absichtlich werden lebensgefährliche Nebenwirkungen eines neuen Antibiotikums vom Hersteller vertuscht. Aber nicht jeder Mitarbeiter, der davon weiß, will dieses decken. Das kann für sie gefährliche Folgen haben, denn schließlich geht es um viel Geld. So gibt es unerklärliche Unfälle. Sven, ein junger IT-Administrator, wird ungewollt darin verwickelt. Wer sonst hat etwas damit zu tun? Kann Sven Licht ins Dunkel bringen?

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Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Im Gegensatz zum richtigen Leben, hat ein Kriminalroman meistens ein Happy End

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Stefan Kleine

Hans Preuss

Maya Mötel

Rückblick

Albtraum

lna Rupp

Telefongespräch

Mail

Nils Naumann

Göran Attika

Sven Severin

Besäufnis

Luxusdinner

Unfall

Abwesenheit

Kommissar Heise

Erkenntnis

Kuckucksuhr

Sackgasse

Verrat

Zeitungsredaktion

Jobantritt

Gegenmaßnahme

Zweifel

Diebstahl

Verhör

Auftritt

Nachforschungen

Verkehrsunglück

Angst

Überlebt

Zeitungsartikel

Verdächtigung

Verräterin

Date

Handlungsbedarf

Anschlag

Dinner

Vorfreude

Ehrlichkeit

Abwägung

Veröffentlichung

Angriff

Trost

Beschwerde

Wutanfall

Alleinflug

Erleichterung

Schrott

Peinlich

Verhör

Genugtuung

Vorladung

Verdacht

Entscheidung

Wiedersehen

Finale

Aufklärung

Epilog

1 Prolog

 

"Vergib mir, Herr", dachte der Krankenhausseelsorger, "aber manchmal hasse ich meinen Beruf. So wie jetzt. Wo soll ich denn hier nur noch etwas Gutes sehen?"

Ihm gegenüber saß eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern. Obwohl er sich sehr bemühte, behutsam und einfühlsam zu sein, hatte er zwei Heulkrämpfe der Frau nicht verhindern können. Offensichtlich reichte das Beruhigungsmittel, das die Ärzte ihr zuvor sicherheitshalber verabreicht hatten, nicht aus.

Es war schwierig gewesen, aus der Frau etwas herauszubekommen. Ihr Mann war am Vormittag mit einer eitrigen Wunde zum Arzt gegangen und der hatte ihm ein Antibiotikum verschrieben. Zuhause hatte er dann eine dieser Pillen eingenommen und danach war alles sehr schnell gegangen: Ohnmacht, Rettungswagen, Krankenhaus Notaufnahme, und schon 2 Stunden später war er tot. Und jetzt lag er vermutlich in einer Kühlbox in der Pathologie. Man brauchte kein Arzt zu sein um zu wissen, dass man als Todesursache einen allergischen Schock feststellen würde.

"Und dann wird man das Ganze Schicksal nennen", dachte der Krankenhausseelsorger. "Aber war es wirklich nur Schicksal, oder war irgendjemand in der langen Kette vielleicht doch schuldhaft fahrlässig gewesen? Göttliches Schicksal oder Menschenwerk?"

Die weiteren Ereignisse sollten zwar Licht in diese Frage bringen, aber weder der Krankenhausseelsorger noch die arme Witwe sollten jemals davon erfahren.

2 Stefan Kleine

 

„Bsssssss!“

„Dieser elektrische BMW ist wirklich ein geiles Auto“, dachte Stefan Kleine. „Damit werde ich bei Frauen gut ankommen. Und dann.... Zugegeben, mit der Potenz könnte es ein bisschen besser sein, aber wozu gibt es Viagra? Es ist doch nur wichtig, dass ich meinen Spaß habe!“

Stefan überholte auf dem Weg zum Flugplatz Uetersen riskant einen Radfahrer. Vermutlich musste der entgegenkommende Toyota 'etwas' abbremsen, aber das störe Stefan nicht. Er hatte gute Laune.

„Gut, dass ich mir den gekauft habe. Der geht ab wie eine Rakete.“

Er sah auf die Uhr. Wenn er sich nicht beeilte, dann würde der Fluglehrer warten. Also gab er etwas mehr Gas - oder genauer gesagt etwas mehr Strom.

„Wenn ich in der Firma meine Vorgaben erfülle, dann kann ich mir von dem Bonus ein eigenes Flugzeug kaufen. Die Vorgaben werde ich bestimmt hinkriegen. Mit dem Management ist es doch ähnlich wie beim Autofahren. Wenn du ganz brav fährst und dich immer an die Regeln hältst, dann wirst du ausgebremst. Man muss eben klar signalisieren, dass man das Alphatier ist und dann ist man es auch. Ähnlich wie bei selbsterfüllenden Prophezeiungen. Das gilt nicht nur fürs Autofahren.“

Seitdem Stefan das begriffen hatte, war er überaus erfolgreich. Er hatte schon einige kleinere Firmen restrukturiert und saniert, und damit dem Hedgefonds satte Gewinne eingefahren. Deshalb hatte der Fondsmanager ihn jetzt mit der Sanierung von Sanophil beauftragt. Wenn er am Jahresende die erwartete Rendite erwirtschaftete, dann gab es einen guten Bonus. Dieser Auftrag war für Stefan schon so etwas wie ein Sechser im Lotto.

"Alles könnte doch so schön sein, wenn es nicht das Problem mit den Lügen und dem Verrat von Informationen über die Medikamententests gäbe", dachte Stefan. "Warum behauptet jemand, dass wir die Daten über Nebenwirkungen geschönt hätten, und wer hat überhaupt dieses Gerücht gestreut?"

Am Vormittag hatte er das Management zu einer Besprechung zu diesem Thema gebeten. Aber außer betretenem Schweigen war dabei nichts herausgekommen. Danach hatte ihn lediglich Göran, sein Sicherheitschef, angesprochen und den vagen Verdacht geäußert, dass Hans Preuss damit zu tun haben könne. Gerüchten nach hätte er sich in letzter Zeit teilweise komisch benommen. - Was heißt schon komisch? Auch Stefan probierte manchmal ungewöhnliche Wege aus, um ans Ziel zu kommen. Vielleicht war auch irgendjemand nur scharf auf den Job von Herrn Preuss oder wollte ihn aus irgendwelchen anderen Gründen eins auswischen.

Trotzdem wollte er sich morgen sicherheitshalber Herrn Preuss zur Brust nehmen.

"Komm, verdränge diese negativen Sachen und freue dich lieber aufs Fliegen. Heute ist heute, und morgen ist morgen!"

Hätte Stefan geahnt, wie sich die Dinge entwickeln würden, dann hätte er bestimmt anders reagiert.

3 Hans Preuss

 

Hans Preuss hatte derweil keine Ahnung von diesen vagen Beschuldigungen. Es war zwar völlig zutreffend, dass er inzwischen äußerst starke Bedenken gegen den Einsatz dieses neuen Antibiotikums hatte, aber er hatte diese bisher extrem vorsichtig und nur im Kreis seiner engsten Vertrauten geäußert und war sich sicher, dass diese nichts nach draußen trugen. - Ja bisher! Denn er hatte nach vielen schlaflosen Nächten beschlossen, dass er mit einer solchen Schuld nicht leben wollte.

Hans Preuss hatte sich deshalb extra einen kleinen Laptop, ein sogenanntes Netbook, gekauft um keine Spuren zu hinterlassen. Zuhause hatte er den Akku aufgeladen. Jetzt nahm er es aus seiner Aktentasche und führte die Basiseinrichtung durch. Irgendwie kam er sich wie ein Geheimagent vor, dabei war er doch nur Laborleiter bei Sanophil. Er hatte sich auch mit falschen Angaben eine neue Mailadresse besorgt, die er jetzt verwendete.

Wenn er sich die anderen Kunden bei Starbucks anschaute, dann war er mit seinen 62 Jahren deutlich über dem Durchschnitt, und kam sich deshalb etwas amfalschen Platz vor. Aber dafür gab es gratis WLAN und das brauchte er, damit man seine Tat nicht zurückverfolgen konnte.

"Es gibt doch das perfekte Verbrechen", sagte er stolz zu sich selbst und schaute sich dann erschrocken um, ob auch keiner der Anwesenden seine Bemerkung gehört hatte. Niemand schien von ihm Notiz zu nehmen. Das war auch gut so.

Schließlich holte er einen kleinen Zettel aus der Hosentasche. Darauf stand eine Mailadresse, von der er hoffte, dass sie korrekt war. Ina war eine Sportkameradin seines Sohnes gewesen und er wusste, dass Ina Rupp bei der Zeitung arbeitete. Die Mailadresse hatte er sich aus dem Namen und dem allgemeinen Format der Mailadressen der Zeitung zusammengestellt. Das Format hatte er aus dem Internet ermittelt. Er tippte die Mailadresse ein.

Danach nahm Hans einen USB Stick aus der Aktentasche, steckte ihn in das Netbook und fügte das auf dem Stick gespeicherte .zip-Archiv der Mail an. Schließlich schrieb er einige Zeilen Text in die Mail, und überarbeiteten diesen noch einmal. Sollte er die Mail absenden? Dann war er ein Verräter. Schickte er sie aber nicht ab, dann schwieg er und machte sich mit schuldig.

"Ich stecke so oder so in der Klemme", dachte er. "Wenn das herauskommt, dann bin ich meinen Job los. Aber immerhin ist es nicht mehr so lange bis zur Rente. Bloß, was kann das Ganze für strafrechtliche oder gar zivilrechtliche Auswirkungen haben? Das kann ich doch gar nicht abschätzen. Was, wenn ich Millionen an Sanophil zahlen muss?"

Unschlüssig schwebte sein rechter Zeigefinger über der ENTER-Taste. "Nein, lieber nicht. Besser einmal ein Feigling als ein ruiniertes Leben von mir und der Familie." Und damit rückte er den Mauszeiger in die rechte obere Ecke zum 'Schließen' Symbol.

4 Maya Mötel

 

"Scheiße!"

"Mama, das Wort sagt man nicht."

"Ja, Schatzi, aber es ist ganz schlecht, das du so hohes Fieber hast."

"Muss ich ins Krankenhaus?"

"Nein, aber wir müssen morgen früh zum Arzt. Ich mache dir jetzt Wadenwickel um das Fieber zu senken". Maya streichelte sanft die Wangen ihrer Tochter. Dann stand sie auf und ging zu ihrem Handy.

"Ich muss unbedingt Hans Preuss informieren, dass ich morgen später komme. Wenn die Tests nicht pünktlich ausgewertet werden, dann war die ganze Arbeit umsonst gewesen."

5 Rückblick

 

"Ring, ring, ring ....."

Hans erschrak über das laute Klingeln seines Smartphones. Dabei hatte er doch selber diesen markanten und lauten Klingelton ausgewählt, weil er nicht mehr ganz so gut wie früher hörte. Er bekam einen hochroten Kopf, als er um sich sah und bemerkte, wie ihn einige der anderen Gäste anstarrten. Schnell kramt er in seiner Aktentasche nach seinem Firmenhandy.

„Hans Preuss“, schnaubte er, über den späten Anruf verärgert, in sein Handy.

„Hallo Herr Preuss, hier Maya Mötel. Bitte entschuldigen sie die späte Störung, aber ich kann morgen erst später in die Arbeit kommen und die letzten Tests müssen unbedingt ausgewertet werden.“

„Was für Tests?“

„Die Dosis-Wirkungstests von M318.“

„Oh ja, die sind sehr wichtig.“

„Deshalb wollte ich sie bitten, den Praktikanten zu fragen, ob er einspringt. Er hat letztens geholfen und sollte die Auswertung auch alleine durchführen können. Ich sende ihnen auch noch eine Mail, wie das zu machen ist, damit er keinen der Schritte vergisst.“

„Schon gut, aber was ist denn bei ihnen passiert?“

„Ja, äh, ... Ich muss morgen früh ganz dringend etwas Unaufschiebbares erledigen.“

„Wann werden sie voraussichtlich in der Firma sein?“

„Ich hoffe, spätestens bis Mittag. Wenn es aber etwas Schlimmes ist, dann kann es auch länger dauern.“

„Ist in Ordnung", schnaubte Hans missmutig. Dann legte er auf.

„Maya ist eine eigenartige junge Frau", dachte er. „Fleißig und gewissenhaft, aber unnahbar. Keine sozialen Kontakte in der Firma. Genau das Gegenteil von den technischmedizinischen Assistentinnen, die ich früher gehabt habe. Ja, früher, da war sowieso alles anders gewesen. Als der alte Schlombach vor 35 Jahren die Firma noch regiert hatte, da waren wir alle noch eine große Familie gewesen und es gab auch eine richtige Weihnachtsfeier. Komisch, dass ich mich gerade an die Weihnachtsfeiern erinnere. -Dann kam der junge Schlombach ans Ruder und der Leistungsdruck stieg. Vielleicht konnte er ja auch nicht anders, weil sich das wirtschaftliche Umfeld verschlechterte. Aber seitdem dieser amerikanische Hedgefonds die Firma übernommen hat, ist doch alles nur noch Scheiße! Alles nur noch Lug und Trug. Dem muss doch ein Ende gesetzt werden", ereiferte er sich.

Und schon wanderte der Mauszeiger von rechts oben nach links zum 'Senden' Button. „Ich will nicht wegschauen", sagte Hans laut und klickte auf den Button. - Wieder starrten ihn einige Gäste an.

6 Albtraum

 

"Hans ist ein guter Chef", dachte Maya, "auch wenn er am Telefon etwas missgelaunt schien. Einer von der alten Art: gewissenhaft, aufrichtig und ehrlich. Nicht so wie einige der jungen, karrieregeilen Typen."

Dann legte Maya sich neben ihre Tochter, damit sie einschlief. Allerdings schlief Maya zuerst ein.

Es war einer dieser 'Ansichtskarten-Tage‘: Der Himmel tiefblau, und weiße Wölkchen mit harten Konturen, und die Luft so klar, dass auch alles Entferne absolut scharf erschien. Es war angenehm warm aber nicht drückend heiß. Maya ging gutgelaunt durch die Stadt und summte den Ohrwurm aus dem Radio vor sich hin. Doch plötzlich wurden ihre Arme brutal nach hinten und nach oben gerissen. Maya schrie vor Schmerzen auf.

"Halt, Polizei!"

Ein Mann in Jeans und Lederjacke stand mit einer Pistole vor ihr.

"Hinlegen!"

Bevor Maya reagieren konnte, wurde sie von hinten auf den Boden gedrückt. Dann legte die zweite Person ihr offenbar Handschellen an; jedenfalls schloss sie das aus den Schmerzen an ihren Handgelenken. Sie war immer noch zu verwirrt um reagieren zu können und ließ deshalb auch willenlos über sich ergehen, dass sie am ganzen Körper abgetastet wurde.

"In Ordnung", hörte sie dann eine weibliche Stimme hinter sich sagen.

"In Ordnung", wiederholte der Mann, "sie können jetzt aufstehen."

Die Frau hinter ihr zog Mayas Oberkörper leicht nach oben, so dass sie sich mit den auf dem Rücken gefesselten Armen hinstellen konnte. Dabei bemerkte sie, dass sie an den Knien blutige Stellen hatte. Noch während der Mann ihre heruntergefallene Handtasche aufhob, kam ein Streifenwagen herangefahren und zwei Polizisten stiegen aus.

"Sie sind verhaftet. Bitte steigen sie ein, alles Weitere klären wir auf dem Kommissariat."

Dann wurde Maya ins Auto gedrängt. - Sie bemerkte, wie sich ihre Brust verkrampfte und sie kaum noch Luft bekam. Maya wollte schreien, aber ihr Hals war wie zugeschnürt.

Maya öffnete entsetzt die Augen und bemerkte plötzlich, dass sie ja neben ihrer Tochter im Kinderzimmer lag.

"Scheiße", dachte Maya, „dass ich das wieder geträumt habe. Und ich dachte, dass ich das endlich erfolgreich verdrängt hätte.“

Gleich nach dem zwei Jahre zurückliegenden Vorfall hatte sie oft darüber geträumt, aber seit längerem hatte sie nicht mehr daran gedacht. Und ganz plötzlich war jetzt alles wieder so real gewesen.

Erst jetzt merkte Maya, dass sie schwitzte und ihr Atem schnell ging. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ihre Tochter friedlich schlief, nahm sie das Fieberthermometer und kontrollierte ihre Temperatur. "39,5; ich muss morgen auch zum Arzt."

Noch lange grübelte sie über die damaligen Ereignisse nach und was sie damals vielleicht falsch gemacht hatte. Es hätte alles nicht soweit kommen dürfen. - Es dauerte einige Zeit, bis Maya wieder einschlief.

7 lna Rupp

 

Am nächsten Morgen saß Ina Rupp schon um sieben Uhr in der Firma vor ihrem PC. Eigentlich könnte sie viel später kommen, aber sie hielt es für ihre Karriere wichtig, stets vor ihrem Chef dort zu sein. Immerhin hatte sie es mit 21 Jahren schon bis zur Leiterin der Abonnenten- und Anzeigenabteilung gebracht und sechs Mitarbeiter unter sich. Aber das konnte noch nicht alles sein. Sie wollte weiter hinauf auf der Karriereleiter.

Zuerst überflog sie die neuen Mails. Eine davon stach ihr ins Auge. Ina öffnete die Mail, überflog den Inhalt und stutzte. "Was habe ich denn mit Arzneimitteltests von Sanophil zu tun? Da muss bei denen etwas falsch gelaufen sein", dachte Ina. "Außerdem verstehe ich diesen verschroben formulierten Inhalt nicht."

Sie wollte diese Mail schon löschen, aber dann überlegte sie es sich spontan anders. Vielleicht konnte der Chefredakteur etwas damit anfangen. Er tat doch immer so schlau. Mit der etwas hämischen Bemerkung 'wird sie bestimmt interessieren' leitete sie die Mail weiter. - Ina konnte ja nicht ahnen, was für tragische Ereignisse sie damit auslösen sollte.

Eigentlich hätte dieses Thema damit abgehakt sein sollen. Doch ging ihr diese eigenartige Mail immer wieder durch den Kopf. Nach einer Weile wechselte sie deshalb vom Maileingang in die gelöschten Mails und öffnete die Mail erneut. So ganz verstand sie die Zusammenhänge immer noch nicht, aber die angehängten Dokumente schienen, zumindest für den Absender, eine gewisse Brisanz gehabt zu haben.

"Sanophil sollte lieber einmal Werbung bei uns einstellen", dachte sie. Bei diesem Gedanken fiel ihr ein, dass Stefan Kleine doch in der Geschäftsführung von Sanophil saß. Diese Mail war ein guter Vorwand Stefan anzurufen. Ina hatte Stefan auf dem Flugplatz Uetersen kennengelernt.

Ina konnte sich noch gut daran erinnern. Es war am Sonntag, vor ..., ja, vor zwei Wochen gewesen. Sie hatte zusammen mit ihrer Freundin Magdalena eine Radtour zum Flugplatz unternommen. Dort angekommen waren sie doch recht geschafft gewesen und wollten sich im 'Tower Restaurant' erfrischen. Allerdings war das Restaurant proppenvoll und alle Tische besetzt. Trotzdem ließ sich Magdalena nicht von einem Sitzplatz auf der Terrasse abhalten; sie sprach einfach zwei Männer an, die an einem großen Tisch mit noch 4 freien Stühlen saßen. Und schon konnten sie sich dazusetzten. Während sie jeweils einen Eisbecher und eine Cola genossen, schauten sie den startenden und landenden Flugzeugen zu. Dabei kamen sie mit den beiden Männern ins Gespräch.

Der ältere der beiden war Fluglehrer und der jüngere sein Flugschüler. Eigentlich hätten sich Ina und Magdalena denken können, dass es sich um Piloten handelte. Beide trugen Fliegerjacken mit Pelzkragen und vor dem jüngeren lagen ein Kniebrett, eine Landkarte und Kopfhörer mit Mikrofon demonstrativ auf dem Tisch. Außerdem trugen beide große Uhren mit Einstellringen, was wohl Fliegeruhren waren. Wer konnte da noch daran zweifeln, dass es sich um tollkühne Männer, beziehungsweise Piloten handelte?

Der Schüler hieß Stefan Kleine. Dieser Name passte genau zu ihm: seine Beine waren im Verhältnis zum Körper zu kurz geraten, was Ina an einen Gartenzwerg erinnerte. Aber das war nur die eine Seite: seine etwas nach vorn gewölbte Stirn, die kurzen Haare und der muskulöse Körperbau kamen eher einem Bullen näher. Ob er wirklich ein Bulle oder vielleicht nur ein Ochse war, wollte Ina gar nicht erforschen, und deshalb hatte sie auch nicht darauf reagiert, als er ihr seine Handynummer gegeben hatte. -Trotzdem hatten sie sich noch lange gut unterhalten. So hatte sie unter anderem erfahren, dass Stefan eine leitende Position bei Sanophil hat. Sie erinnerte sich so gut daran, weil sie vor kurzem Antibiotika von Sanophil genommen hatte.