Nein ist manchmal das bessere Ja - Lysa TerKeurst - E-Book

Nein ist manchmal das bessere Ja E-Book

Lysa TerKeurst

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Beschreibung

Sind Sie gestresst, weil ihr Leben viel zu hektisch ist? Haben Sie den Eindruck, dass Sie von all den Entscheidungen, die Sie täglich treffen müssen, regelrecht überrollt werden? Haben Sie zu wenig Zeit für die wirklich wichtigen Dinge und für Ihre Beziehung zu Gott? Lysa TerKeurst kennt diese Nöte und weiß, was zu tun ist. Sie lüftet das Geheimnis eines "wohldosierten Neins" und wie Sie mit dem schlechten Gewissen umgehen können, wenn Sie jemanden enttäuschen mussten. Lernen Sie, gute und gesunde Entscheidungen zu treffen. Machen Sie sich Ihr Leben leichter und finden Sie heraus, wie und wann Sie am besten Ja sagen.

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Über die Autorin

Lysa TerKeurst ist eine in den USA weithin bekannte Bestseller-Autorin und Rednerin. Sie leitet ihre eigene Organisation – Proverbs 31 Ministries – hat mittlerweile 15 Bücher geschrieben und eine halbe Million Frauen lesen täglich ihre Online-Andachten. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in North Carolina in den USA.

Kapitel 1

Meine Tochter und Bestellungen an Drive-in-Schaltern – beide passen irgendwie nicht zueinander. Für ihr Alter kann meine Tochter Brooke wirklich schon sehr viel. Sie ist ein großartiges Mädchen, aber an Drive-in-Schaltern gerät sie regelmäßig in Panik.

Selbst wenn wir schon im Voraus alles genau besprochen haben – dass sie sich überlegen soll, was sie bestellen will und dass sie sich ihre Bestellung gut merken soll –, geht immer irgendetwas schief. Sie braucht viel zu lange, um mir ihre Bestellung zu sagen, oder sie ändert in letzter Sekunde noch einen ihrer Wünsche, und zwar erst während ich bereits dabei bin, die Bestellung durchzugeben. Dadurch bringt sie mich total aus dem Konzept, sodass ich mit unserer Bestellung noch einmal von vorne anfangen muss. Ich bekomme dann immer ein schlechtes Gewissen, weil der Stundenlohn der Person, die meine Bestellung aufnimmt, einfach zu gering ist, um sich lange mit Menschen wie uns aufzuhalten.

Ich fühle mich dann immer furchtbar, weil ich das Gefühl habe, irgendwelche in Stein gemeißelten Drive-in-Regeln zu brechen. Außerdem ist mir qualvoll bewusst, dass wir die wartenden Kunden in der Schlange hinter uns verärgern. Sie hupen zwar nicht, aber ich spüre ihre wütenden Blicke im Rücken und höre förmlich, wie sie sagen, dass wir uns doch bitte beeilen sollen. Die Anspannung nimmt stetig zu bis zu dem Punkt, an dem ich weiß, dass jeden Moment doch jemand hupen wird. Ich weiß es einfach. Wenn ich könnte, würde ich dann aus der Schlange ausscheren und mich wieder hinten anstellen, aber das geht ja an einem Drive-in-Schalter nicht, weil rechts und links Begrenzungspfähle stehen, damit die Kundenabfertigung geregelt und zügig vonstattengeht.

Wenn man sich also einmal dazu entschlossen hat, an einem Drive-in-Schalter zu bestellen, dann muss man da durch – auch wenn sich die Tochter nicht entscheiden kann, auch wenn die Schlange hinter einem um das gesamte Gebäude geht, und auch, wenn man der Person am Bestellschalter ansieht, wie sehr sie sich wünscht, man möge doch endlich verschwinden. Man kann nicht weg.

Immer wieder drohe ich Brooke an, dass, wenn so etwas noch einmal passiert, ich ihr mit aller Liebe, derer eine Mutter dann noch fähig ist, sagen werde: „Entweder du sagst mir jetzt sofort, was du haben möchtest, oder wir fahren weiter.“ Ich drohe ihr an, der Person am Bestellschalter zu sagen, es täte uns leid, wir wollten doch nichts bestellen, und dann wegzufahren. Einfach wegzufahren, und zwar nach Hause, wo sie die gefürchteten Reste von gestern essen müsse oder Toast oder gar nichts, weil sie diese Lektion einfach lernen muss.

Und jetzt kommt das Verblüffendste an der Sache: Wissen Sie, bei welchem Restaurant wir am meisten am Drive-in-Schalter bestellen? Es ist das Restaurant, das von ihrem Vater geleitet wird, das Restaurant, das sie schon ihr Leben lang kennt. Seit Tag eins in Utero wird sie mit den hausgemachten Speisen dieses Lokals ernährt, aber wenn es darum geht, sich etwas davon auszusuchen …

Sie isst so gut wie alles, was auf der Speisekarte steht – und zwar mit Genuss – das habe ich mit eigenen Augen gesehen.

Und trotzdem ist sie wie gelähmt, wenn sie etwas bestellen soll.

Woran liegt das?

Es liegt daran, dass sie nicht ihre Bestellung bekommen und sich dann nach nur wenigen Bissen wünschen möchte, sie hätte sich etwas anderes ausgesucht. Dabei findet sie das, was sie da gerade isst, gar nicht schlecht, sondern ihr wird nur bewusst, dass sie mit ihrer Wahl eine andere – vielleicht bessere – Möglichkeit verpasst. Und dieses Gefühl, vielleicht etwas zu verpassen, das können wir Mädels ja bekanntlich so gar nicht leiden. Genau so wenig wie das Gefühl, etwas so richtig vermasselt zu haben. Oder das Gefühl, haarscharf danebengelangt zu haben in Bezug auf das, was eigentlich hätte sein können und auch sein sollen.

Wenn ich an diesen fast panischen Frust am Drive-in-Schalter denke, den meine Tochter so oft erlebt, weil sie sich nicht entscheiden kann, muss ich mich fairerweise auch selbst fragen, ob ich Schwierigkeiten mit Entscheidungen habe, und wenn ja, an welchen Stellen.

Es gibt ja so seltene Momente, in denen man sich selbst gegenüber absolut ehrlich sein kann, und in einem solchen Moment denke ich: Ja, auch ich habe Mühe mit Entscheidungen. Ich möchte keine Chance verpassen, möchte keine Beziehungen vermasseln, indem ich Menschen enttäusche oder nicht tue, was Gott von mir will. Es fällt mir sehr schwer, ein einigermaßen ausgewogenes Leben zu führen. Es macht mir zu schaffen, wenn ich merke, wie wichtig es mir ist, was andere wohl von meinen Entscheidungen halten. Es bedrückt mich, dass ich mich immer wieder frage, ob meine Unfähigkeit, alles unter einen Hut zu bekommen, vielleicht dazu führt, dass meine Kinder eines Tages auf der Couch eines Therapeuten landen. Und es setzt mir zu, dass ich keine Ahnung habe, wie andere Frauen scheinbar alles mit links schaffen.

Ich möchte nicht immer wieder das Gefühl haben, Gott vielleicht zu enttäuschen, und ich überlege, wie ich mich gerade fühle. Dazu fallen mir Aussagen ein wie: Ich bin müde. Ich bin abgelenkt. Ich bin enttäuscht von mir selbst. Ich fühle mich ein wenig ausgenutzt und fertig. Ich bin etwas überfordert und ziemlich ausgepowert.

Aber das sind Gedanken, die ich nur mir selbst eingestehe, unter anderem weil ich eigentlich ein sehr positiver und optimistisch eingestellter Mensch bin und sich solche Eingeständnisse für meinen Geschmack zu negativ anfühlen. Ich mag einfach viel lieber fröhliches Gelb als düsteres Grau. Zum Teil zögere ich aber auch deshalb, derartige Gedanken anderen Menschen mitzuteilen, weil ich keinen blassen Schimmer habe, wie ich daran etwas ändern könnte. Wieso soll ich sie dann überhaupt zum Thema machen?

Ich muss gestehen, dass ich mit der schieren Masse täglicher Anforderungen und wichtiger Entscheidungen nicht wirklich zurechtkomme. Deshalb greife ich jetzt zu Stift und Papier und beschäftige mich intensiv mit diesem Thema als eine Autorin, die hier selbst dringend Hilfe und Orientierung nötig hat.

Das ist gar nicht so leicht für mich, denn jetzt heißt es, mich zu outen, statt einfach den Mund zu halten.

Mir fällt es schwer, so einfach einzugestehen, dass ich ein Thema neu überdenken und einordnen muss. Aber zum Glück ist immer genug Zeit, kurz ein Gebet zu flüstern: „Ich möchte wirklich so leben, wie du es willst, Gott. Deshalb gebe und diene und liebe ich, bringe mich ein und bin auch bereit, dafür Opfer zu bringen. Ich tue das alles mit einem fröhlichen Herzen, einem offenen Geldbeutel und einem Terminkalender, der das Ziel verfolgen soll, eine Frau nach deinem Herzen zu sein. Ich beschäftige mich mit deinem Wort, nehme deine Wahrheit ganz tief in mich auf, und als eine Frau, die mit Zittern und Zagen mutig ist, bin ich entschlossen, jeden Tag Schritte zu tun und mich weiterzuentwickeln.“

Und trotzdem ist da dieses nagende Gefühl, dass in meinem Innern irgendetwas nicht im Lot ist. Da bittet mich beispielsweise jemand um etwas, von dem ich eigentlich von vornherein weiß, dass ich es nicht schaffen kann. Mein Kopf sagt Nein, mein Terminkalender sagt Nein, meine Alltagsrealität sagt Nein, aber mein Herz sagt Ja. Und dann vereitelt mein Mund meine Absicht, Nein zu sagen, und er lächelt und sagt: „Ja, natürlich.“

Ich will eigentlich nicht Ja sagen, bin aber nicht in der Lage, Nein zu sagen. Ich zögere nicht deshalb Ja zu sagen, weil ich die fragende Person nicht leiden kann. Ich habe sie sogar sehr gern, aber ich habe Angst vor dem, was durch dieses Ja mit mir passiert, denn ich habe auch so schon das Gefühl, auf Reserve zu laufen.

Und so marschiere ich einfach weiter, als ob Christinnen so leben müssten, als ob das völlig normal und in Ordnung sei, als ob das meine Berufung sei, und als ob für mich mehr nicht drin sei.

Ich missbrauche die beiden machtvollsten Worte, die es gibt: Ja und Nein. Ich verpasse meinem Ziel und Zweck eine schallende Ohrfeige und stampfe meine Berufung in den Boden, wenn ich mich auf Gedeih und Verderb den Bitten und Anforderungen anderer ausliefere, mit denen ich tagtäglich konfrontiert werde. Denn jede Aufgabe fühlt sich an wie meine Aufgabe.

Du brauchst mich? Du kriegst mich, weil ich zu viel Angst habe oder zu feige bin oder zu beschäftigt oder was auch immer, um einfach ehrlich zu sein und zu sagen: „Im Moment geht es leider nicht.“

Es ist zum Glück mittlerweile möglich, dass wir Frauen ehrlich und aufrichtig sein können, wenn es um unsere Vergangenheit geht, aber im Hinblick auf unsere Gegenwart ist das offenbar noch nicht der Fall. Wir können über unsere Verletzungen aus der Vergangenheit sprechen, aber über das, was uns heute einschränkt und behindert, decken wir lieber den Mantel des Schweigens.

Und währenddessen frisst die Säure der Überaktivität Löcher in unsere Seele, aus denen der Schrei der unerfüllten Berufung dringt. Wir haben zu so vielem Ja gesagt, dass wir leider die Aufgaben, für die ein Ja wirklich wichtig gewesen wäre, verpasst oder gar nicht bemerkt haben – und zwar einfach, weil wir nicht auf die besagten leisen Warnungen aus unserem Inneren gehört haben, diese Warnungen, die da lauten:

Ich bin müde. Ich bin abgelenkt. Ich bin von mir selbst enttäuscht. Ich fühle mich ein wenig ausgenutzt und fertig. Ich bin überfordert und ziemlich ausgepowert.

Wir dürfen das Gebot zu lieben nicht mit dem Wunsch zu gefallen verwechseln, und das nicht nur wegen des Teufelskreises, in den man gerät, wenn man es allen Menschen recht machen will. Ich verpasse manchmal die Chance, ein Ja zu sagen, das richtig und dran ist und die entsprechende Aufgabe zu übernehmen, weil ich einfach nicht weiß, dass sie ein Teil der Gleichung ist. Ich bin so sehr damit beschäftigt zu entscheiden, ob ich Ja oder Nein ankreuzen soll, dass ich das dritte Kästchen gar nicht bemerke, neben dem steht: Das Ja, das dran ist, das richtige Ja.

Wir dürfen das Gebot zu lieben nicht mit dem Wunsch zu gefallen verwechseln.

Was ein solches richtiges Ja, ein Ja, das dran ist, wohl sein mag, werden Sie sich vielleicht fragen. Und genau dieser Frage will dieses Buch nachgehen. Grundsätzlich ist ein solches richtiges Ja, ein Ja, das dran ist, dann gegeben, wenn Sie Ihre Aufgabe übernehmen.

In der Gemeinde.

In Schule und Uni.

Am Arbeitsplatz.

Wo immer Sie gerade sind.

Und was soll daran so toll sein?

Im Plan Gottes ist für Sie eine ganz bestimmte Aufgabe vorgesehen. Wenn Sie das wissen und glauben, dann können Sie Ihr Leben auch entsprechend führen. Dann werden Sie in Ihrem Leben Entscheidungen treffen, bei denen das entscheidende Kriterium darin besteht, was gerade für Sie dran ist, und Sie werden dadurch zu einem großartigen Beispiel für das gelebte Wort Gottes. Ihre ungeteilte, durch nichts abgelenkte Liebe wird dafür sorgen, dass Ihr Glaube glaubwürdig ist. Ihre Weisheit wird Ihnen helfen, Entscheidungen zu treffen, die auch morgen noch gut sind und Bestand haben. Und Sie werden lebendig und ganz bei der Sache sein.

Ein Ja, das dran ist, liegt dann vor, wenn Sie Ihren Part, Ihre Aufgabe übernehmen. Wenn Sie das wissen und glauben, können Sie es auch leben.

Sind Sie bereit, die Frage zu stellen, welches das Ja ist, das für Sie dran ist?

Ich bin jedenfalls bereit. Ich muss nur noch erst schnell die kleine Aktion am Drive-in-Schalter zu Ende bringen. Haben Sie einen Vorschlag für ein stärkeres Deo? Ich habe das Gefühl, dass ich es brauchen könnte.

Kapitel 2

Letztes Jahr zu Weihnachten war ich, wie so oft an den Feiertagen, irgendwie fahrig und gehetzt. Jedes Jahr sage ich mir wieder, dass ich im nächsten Jahr bestimmt früher mit allem anfangen und nicht so viel Aufwand betreiben will, damit ich besser im Blick behalte und mich auf das konzentriere, worum es eigentlich geht. Es gibt auch tatsächlich Momente, in denen mir das richtig gut gelingt, aber dann auch wieder solche, in denen ich erbärmlich versage und wie aufgescheucht in der Gegend herumrase.

Ein Beispiel: Ich fuhr noch rasch ins Kaufhaus, um für eine Weihnachtsfeier Geschenkpapier für Wichtelgeschenke zu kaufen. Als ich wieder herauskam, hatte ich 97 Dollar für was weiß ich nicht alles ausgegeben, und zu Hause stellte ich dann fest, dass ich die Geschenkpapierrollen, die ich ganz nach unten in das Fach für Getränkekisten gelegt hatte, weil sie so lang und sperrig waren, vergessen hatte. Ich hatte sie an der Kasse nicht aufs Band gelegt und deshalb zum Glück auch nicht bezahlt. All meine Bemühungen, in dieser Pinterest-verrückten Welt die gängigen Feiertagserwartungen zu erfüllen und es ganz besonders gut zu machen, waren also vergeblich gewesen.

Weil wir nach meiner Rückkehr, um nicht zu spät zu kommen, sofort zu der Weihnachtsfeier aufbrechen mussten, blieb mir nichts anderes übrig, als die Wichtelgeschenke in bereits verwendete Geburtstagsgeschenktüten mit „Happy-Birthday“-Aufdruck und recyceltes Packpapier zu verpacken. Und dann erinnerte ich mich plötzlich – ach du Schreck –, dass ich ja zu der besagten Feier auch noch Plätzchen mitbringen sollte.

Alle mit Nachnamen von A–M sollten Häppchen mitbringen, alle mit Nachnamen von N–Z waren mit Nachtisch dran.

Aus lauter Verzweiflung über diese leider zu späte Erkenntnis durchsuchte ich meine Vorratskammer und fand schließlich ein paar vergessene Schokoladenostereier in hübscher pastellfarbener Verpackung.

„Ich nenne sie einfach Schoko-Baumanhänger“, redete ich mir ein.

Und während das alles passierte, erzählte mir mein Mann, dass er einer seiner Angestellten Geld schenken wolle.

„Können wir darüber nicht später reden?“, schnauzte ich ihn an, weil es mich ärgerte, dass er ausgerechnet in dieser Phase verschärfter Panik über Geldgeschenke für Hilfsbedürftige reden wollte. Unpassender ging es ja wohl nicht. Bei den Stichwörtern Geld und Geschenk machten sich nämlich in meinem Kopf die Gedanken irgendwie selbstständig. Ich dachte, dass ich doch sowieso ständig nur gebe und gebe und gebe und es manchmal einfach leid bin, ja sogar es richtig satt habe zu geben.

Deshalb bringe ich jetzt auch Ostersüßigkeiten als Nachtisch mit und Geschenke in uralten, abgenutzten Geburtstagsgeschenktüten zu einer Weihnachtsfeier, zu der ich eigentlich gar nicht gehen möchte.

„Warum hast du denn die Geschenke so komisch verpackt, Mama?“, fragte meine Teenagertochter, eine Hand in die Hüfte gestemmt.

Offenbar hatte sie nicht den Hauch einer Ahnung, dass ich gerade ernsthaft überlegte, nicht nur diese Weihnachtsfeier, sondern das gesamte Weihnachtsfest ersatzlos zu streichen.

„Das ist ja noch gar nichts“, entgegnete ich auf ihre Frage. „Wir bringen außerdem noch Ostersüßigkeiten zum Nachtisch mit. Und wenn du auch nur eine kritische Bemerkung über meine offensichtlich so brillanten Fähigkeiten als Gast bei Weihnachtsfeiern machst, dann gehen wir gar nicht.“

Und dann sagte mein Mann sinngemäß, wir müssten aber jetzt unbedingt sofort über die finanzielle Unterstützung seiner Angestellten reden.

Wieder schnauzte ich ihn an. Dieses Mal mit den Worten: „Ich will aber nicht helfen!“

Kennen Sie dieses Gefühl, zutiefst überzeugt zu sein, dass Sie der schlechteste Mensch auf diesem Planeten sind? Dass wenn Ernennungsurkunden für den „schlechtesten Menschen“ in der gesamten Weltgeschichte verliehen würden, Sie in diesem Moment eine in die Hand gedrückt bekämen?

Ich hatte mich in meiner eigenen kleinen Welt in der Hektik oberflächlicher Dinge so verfranzt, dass ich die Hilfeschreie aus der Welt von jemand anderem nicht mehr hören konnte. Gott wollte eigentlich, dass ich meinem Mann einfach ein paar Minuten Zeit schenkte, um ihm aufmerksam und konzentriert und mit ganzem Herzen zuzuhören, aber ich weigerte mich. Ich ließ diesen Moment einfach verstreichen und ich benahm mich auch noch so, als wäre das absolut berechtigt.

Mein Mann wollte die Familie einer Frau, die gerade als Küchenhilfe in seinem Restaurant angefangen hatte, finanziell unterstützen. Es war eine Einwandererfamilie, von deren Mitgliedern bisher noch keiner Englisch sprach. Schon allein deshalb war es nicht einfach für sie, überhaupt mitzuteilen, dass sie Hilfe brauchten. Die Familie hatte es sehr schwer, denn die Frau hatte im Frühjahr eine schwer kranke Tochter zur Welt gebracht und an diesem Morgen war das Kind gestorben.

Während ich mir also einen Kopf darüber gemacht hatte, dass ich das Geschenkpapier im Supermarkt hatte liegen lassen, hatte eine Freundin der Mutter des verstorbenen Kindes bei meinem Mann angerufen und ihn gebeten, die Familie bei den Kosten für die Beerdigung der Kleinen zu unterstützen.

Als ich schließlich erfuhr, was mein Mann mir die ganze Zeit hatte sagen wollen, fühlte ich mich furchtbar, und zwar nicht in erster Linie, weil ich so viel zu tun hatte, sondern wegen meiner knauserigen Reaktion, bezüglich des Anliegens meines Mannes.

Ich kann manchmal wirklich bockig sein.

Und dabei hatte ich Gott noch am selben Morgen gebeten, sich in meinem Alltag zu zeigen. Aber dann war ich aufgestanden und hatte mit meinem Tagwerk begonnen, ohne genau hinzuhören oder hinzuschauen, was das vielleicht ganz praktisch bedeuten könnte. Ich hatte vergessen, ihm wirklich nachzufolgen, hatte vergessen, mich innerlich ganz auf seine Stimme und seine Einladung an mich auszurichten, und das alles nur, weil ich an diesem Tag so viel zu tun hatte und so in Hektik war.

Wenn sich das Leben nur noch wie das Hetzen von einer Aufgabe und Anforderung zur nächsten anfühlt, dann werden wir leicht vergesslich. Dann vergessen wir so einfache Dinge wie zum Beispiel, wo wir den Autoschlüssel hingelegt haben oder die entscheidende Zutat für unser Abendessen, wegen der wir überhaupt noch schnell zum Supermarkt gefahren sind. Aber was noch viel beunruhigender ist: Wir vergessen auch Gott. Mit dem Mund sagen wir zwar, dass wir Gott vertrauen, aber tun wir das wirklich?

Ob es wirklich stimmt, lässt sich leicht daran feststellen, ob wir merken, was Gott will und ob wir bereit sind mitzumachen, wenn Gott uns dazu einlädt.

Ich muss gestehen, dass ich solche Einladungen von Gott oft nicht mitbekomme und dadurch Wichtiges verpasse. Heute bin ich beispielsweise in der Gemeinde an einer Frau vorbeigegangen, die sehr blass war und kein Haar hatte. Ganz kurz verspürte ich den inneren Impuls zu ihr hinzugehen und kurz Hallo zu sagen, aber dann folgte ich diesem Impuls doch nicht, sondern ich verdrängte ihn.

Auf dem Parkplatz des Restaurants, in dem ich zu Mittag gegessen habe, sah ich einen weggeworfenen Pappbecher liegen. Eigentlich war mir klar, dass ich ihn aufheben und in den Mülleimer werfen sollte, aber ich bin einfach daran vorbeigegangen.

Seit zwei Wochen habe ich immer wieder den Impuls, die Freundinnen meiner Tochter zu einem schönen Abendessen mit anschließender Bibelarbeit bei uns einzuladen, aber bisher habe ich weder mit meiner Tochter darüber gesprochen, noch mir einen möglichen Termin überlegt.

Diesen Impulsen nachzugehen wären ganz einfache Gehorsamsschritte gewesen, die ich aber allesamt versäumt habe, und zwar nicht, weil ich die Impulse nicht bemerkt hätte, sondern einfach weil ich zu beschäftigt war – völlig gefangen und verfranzt in der Hektik nicht endender Anforderungen. Und diese ständige Hektik macht rebellisch. Ich wusste genau, was ich hätte tun sollen, aber ich habe es einfach stumpf ignoriert.

In den beschriebenen Fällen ist durch mein Ignorieren der Führung Gottes vielleicht nichts Weltbewegendes passiert. Ein nicht ordnungsgemäß entsorgter Kaffeebecher ist schließlich nichts Weltbewegendes. Und kann ich denn überhaupt sicher sein, dass der Impuls, ihn aufzusammeln, wirklich von Gott kam?

Ich glaube allerdings, dass die Frage eigentlich lauten sollte: „Kann ich sicher sein, dass der Impuls nicht von Gott kam?“

Wenn wir Wert darauf legen, das Ja zu sagen, das wirklich gerade dran ist, dann müssen wir uns nach ständiger und ununterbrochener Gemeinschaft mit Gott sehnen. Der Kaffeebecher war tatsächlich nichts Weltbewegendes, abgesehen davon, dass er der Auslöser dafür war, diesem Impuls von Gott nicht zu folgen. Aber wer heute den Anweisungen und Impulsen Gottes gehorcht, entwickelt ein waches Gespür für seine Führung für morgen. Ich bitte Gott ständig um seine Führung, aber die kann ich natürlich nicht erleben, wenn ich nicht tue, was er sagt.

Wer heute den Anweisungen und Impulsen Gottes gehorcht, entwickelt ein waches Gespür für seine Führung für morgen.

Es sind genau diese kleinen Unterbrechungen in unserer Gemeinschaft mit Gott, in denen sich Verwirrung darüber einstellt, was wir eigentlich tun sollen. In Kapitel 1 habe ich geschrieben, dass wir das Gebot zu lieben nicht mit dem Wunsch zu gefallen verwechseln dürfen. Wenn wir nicht in der Lage sind, die Führung Gottes zu erkennen, zu hören, was er will, dann entsteht eine Verwirrung, die bei vielen Menschen zu Problemen führt.

Kennen Sie den Bibelvers bei Jesaja, in dem es heißt: „Und kommt ihr vom richtigen Weg ab, so hört ihr hinter euch eine Stimme: ‚Halt, dies ist der Weg, den ihr einschlagen sollt!‘“ (30,19).

Ich mag diesen Vers sehr und ich wünsche mir, dass er mir in Fleisch und Blut übergeht. Ich möchte Gott mit meinen eigenen Ohren sagen hören: „Dies ist der Weg, den du einschlagen sollst.“

Das möchte ich mit jeder Faser meines Seins. Geht es Ihnen nicht auch so? Können Sie sich vorstellen, wie viel Angst und Leid wir uns selbst ersparen könnten, wenn wir wirklich so auf Gott ausgerichtet wären?

Diese Ausrichtung ist tatsächlich möglich, aber dorthin zu gelangen, ist ein Prozess. Lassen Sie uns den eben zitierten Vers aus dem Propheten Jesaja noch einmal im Zusammenhang lesen:

So spricht der Herr, der heilige Gott Israels: „Kehrt doch um zu mir, und werdet ruhig, dann werdet ihr gerettet!

Vertraut mir, und habt Geduld, dann seid ihr stark! Doch das wollt ihr nicht. Ihr prahlt: „Wir haben gute und schnelle Pferde, wir bringen uns rechtzeitig in Sicherheit.“

Jawohl – ihr werdet fliehen, aber eure Verfolger bleiben euch auf den Fersen! Ein einziger von ihnen schlägt tausend von euch in die Flucht; und wenn nur fünf euch angreifen, dann lauft ihr alle schon davon.

Zuletzt bleibt nur ein kleines Häufchen von euch übrig,

einsam und verlassen wie eine Fahnenstange auf der Bergspitze.

Doch sehnt sich der Herr danach, euch gnädig zu sein. Bald wird er zu euch kommen und sich wieder über euch erbarmen, denn er ist ein gerechter Gott. Wie glücklich sind alle, die auf seine Hilfe warten.

In der Amplified Bible1 steht außerdem noch, dass diejenigen glücklich sind, „die ernsthaft auf ihn warten, die mit ihm rechnen, ihn suchen und sich nach ihm sehnen (nach seinem Sieg, seiner Gunst, seiner Liebe, seinem Frieden, seiner Freude, seiner einzigartigen ständigen Begleitung)“!

Ja, wer hätte das nicht gerne auch?

Ihr Einwohner Jerusalems, ihr Menschen aus Zion, ihr werdet nicht mehr weinen! Der Herr wird euer Rufen erhören und euch in Liebe antworten.

Und schickt er euch auch Zeiten der Not, in denen Brot und Wasser knapp werden, so lässt er euch doch nicht umkommen. Er wird sich nicht länger vor euch verborgen halten, sondern euch unterweisen. Mit eigenen Augen werdet ihr ihn als euren Lehrer sehen.

Und kommt ihr vom richtigen Weg ab, so hört ihr hinter euch eine Stimme: „Halt, dies ist der Weg, den ihr einschlagen sollt!“

Dann sind eure geschnitzten und gegossenen, mit Gold und Silber überzogenen Götzenfiguren für euch auf einmal nur noch Abfall. Verächtlich ruft ihr: „Bloß weg mit diesem Dreck!“ (Verse 19-22).

Der folgende Prozess wird uns hier in der Bibel aufgezeigt:

Gott fordert uns auf, zu ihm zurückzukehren und uns auszuruhen.Aber wir sagen Nein und rennen weiter unseren eigenen Weg entlang. (Sie erinnern sich: Hektik macht leicht rebellisch.)Der Herr ist barmherzig und liebevoll und freundlich zu uns, selbst wenn wir dabei sind, uns selbst völlig auszupowern.Er hört unser Rufen und reagiert darauf mit Erbarmen.Ja, es stimmt, unsere Weigerung, auf ihn zu hören, hat Folgen, aber es gibt immer eine zweite Chance, diese ständige Gemeinschaft mit ihm zu erleben, wenn wir gespannt auf ihn warten – oder, wie es in der Amplified Bible heißt, wenn wir lange nach ihm suchen.Er flüstert also: „Sag kurz Hallo zu ihr; sammle den Becher auf und wirf ihn in den Mülleimer; lade die Mädchen zum Essen ein. Suche nach mir. Sehne dich nach mir. Erlebe ständige, ununterbrochene Gemeinschaft mit mir.Dann werden wir ihn hören und sehen.Und auf die anderen Götzen, denen wir so gerne nachjagen – auf all das also, was wir über Gott stellen – können wir dann verzichten.

Ob ich das perfekt hinbekomme? Ganz offensichtlich nicht, denn allein heute habe ich drei Chancen, mich so zu verhalten, verpasst. Aber es gab dann noch eine vierte Chance zu einem Ja, das dran ist, die ich nicht ungenutzt habe verstreichen lassen. Zu dieser Chance kam es allerdings erst, nachdem ich zu Gott geflüstert hatte: „Bitte vergib mir. Ich mache jetzt Schluss mit dieser Hektik und will merken, was gerade wirklich wichtig ist, und dann auch gehorchen.“

Und anschließend schenkte Gott mir tatsächlich einen weiteren Versuch.

Ich erinnerte mich wieder an die Frau, an der ich in der Gemeinde vorbeigehetzt war, und ich hatte die Eingebung, sie mithilfe einer gemeinsamen Freundin ausfindig zu machen und ihr eine ganz einfache E-Mail zu schicken. Und das tat ich dann auch. Und zwar nur, weil Gott sagte: „Diese Kontaktaufnahme ist das Ja, das heute für dich dran ist. Versäume es also nicht.“

Jene E-Mail führte schließlich dazu, dass ich mit dieser Frau zusammen einen Kaffee trank, und während unseres Gesprächs gab Gott mir die Antwort auf eine Frage, um die ich ihn schon seit Langem gebeten hatte. Da hatte ich also angenommen, mit unserer Verabredung dieser Frau zu helfen, und am Ende war sie es, die mir half. Ich verstand dadurch, dass das Befolgen einer der Anweisungen Gottes letztlich bewirkt, dass ich seine Führung besser erkennen kann. Ja, diese Verabredung zum Kaffeetrinken war wichtig für mich gewesen, doch es wäre nie dazu gekommen, wenn ich nicht in der Hektik meines Lebens innegehalten und der Frau doch noch eine E-Mail geschrieben hätte, so, wie Gott es wollte.

Durch diesen kleinen Gehorsamsschritt wurde mein geistlicher Gehörgang ein wenig mehr freigepustet. Denn eigentlich ist es gar nicht so, dass wir Gott nicht hören würden. Doch um dies klar und deutlich tun zu können, musste ich mir erst einmal eingestehen, dass ich durch meine Hektik nicht immer alles mitbekomme.

Wenn wir Gott hören wollen, dann müssen wir bekennen, dass wir manchmal direkt an seinen Anweisungen vorbeilaufen und dadurch seine Führung verpassen. Wenn wir uns aber bei unseren Entscheidungen seine Führung wünschen, dann dürfen wir nicht nur nach den großartigen Augenblicken mit spektakulären Aufgaben und Aufträgen Ausschau halten, sondern wir müssen auch die scheinbar kleinen Anweisungen in ganz normalen Alltagsmomenten mitbekommen, in denen Gott sagt: Geh dort hin. Und wenn wir das tun, werden wir Gefährten Gottes, deren Augen und Ohren wirklich offen sind und die immer stärker auf ihn ausgerichtet sein werden.

Doch jetzt noch einmal zurück zu meiner Weihnachtsfeiergeschichte. Mir war es an diesem Tag viel wichtiger, es den anderen Leuten auf der Feier recht zu machen und ihnen zu gefallen, als für meine eigene Familie wirklich ansprechbar zu sein. Mir war meine Außenwirkung wichtiger, als tatsächlich mit Gott in Verbindung zu sein. An diesem Abend bat ich meinen Mann um Verzeihung und er überwies der Familie das Geld, damit sie die Beerdigung ihres Kindes bezahlen konnte.

Ein paar Tage später nahmen wir an dem kleinen Trauergottesdienst für dieses Kind teil. Wir setzten uns in die hinterste Reihe der Kirche und beim Anblick der weinenden Mutter, die sich an den winzigen weißen Sarg klammerte, wurde mir so unbeschreiblich schwer ums Herz.

Nachdem die beste Freundin der Mutter des verstorbenen Kindes diese von dem Sarg weggeholt und zu einem Platz in der ersten Reihe geführt hatte, begann der Gottesdienst in einer Sprache, die wir nicht verstanden. Es waren aber auch gar keine Worte nötig, um uns in die Trauer der Eltern hineinzuversetzen.

Dann flüsterte die Mutter des verstorbenen Babys ihrer Freundin etwas ins Ohr. Diese drehte sich daraufhin zu uns um, stand mitten in der Predigt auf, kam zu uns nach hinten und forderte uns mit einer Geste auf, mit nach vorne zu kommen.

Ich begriff nicht, was das sollte und wurde rot, als uns die Blicke folgten und die Gottesdienstbesucher dadurch von der Predigt abgelenkt wurden. Eigentlich waren wir nur Teil der Trauergemeinde wie alle anderen Anwesenden auch und wir wollten nicht im traurigsten Moment im Leben dieser Familie die Aufmerksamkeit auf uns ziehen.

Die Freundin der Mutter bedeutete uns jedoch erneut mit einer Geste, nach vorne zu kommen und uns zu den Eltern des Kindes in die erste Reihe zu setzen. Eine Ehre, die uns eigentlich nicht zustand.

Und schließlich bat der Pastor jemanden aus der Trauergemeinde, nach vorne zu kommen und den Rest der Predigt extra für uns zu übersetzen.

„Sie haben dieser Familie und unserer ganzen Gemeinschaft geschenkt, dass wir heute diesen Gottesdienst abhalten können“, sagte der Pastor. „Wir werden Ihnen das zwar niemals in Form von Geld zurückzahlen können, aber Sie können sicher sein, dass wir es in Form von Gebeten für Ihre Familie tun werden. Die kleine Emily wurde am 26. Mai geboren und hatte ein kurzes, aber wichtiges Leben …“

Er sagte noch mehr, aber an den Rest kann ich mich nicht mehr genau erinnern, denn ich war so verblüfft, dass es in meinem Kopf drunter und drüber ging. Es war, als ob Gott flüsterte: „Pass auf und schau hin, was ich dir zeigen will.“

Ich hatte an diesem Morgen, bevor wir uns auf den Weg zu dem Trauergottesdienst gemacht hatten, sehr konkret für meine Tochter Ashley gebetet und dann Gott gebeten, mir irgendeine Bestätigung dafür zu geben, dass er mich gehört hatte. Diese Bestätigung schenkte er mir jetzt mitten in diesem Trauergottesdienst in Form der Zusage, dass die ganze Gemeinde für unsere Familie beten werde.

Das waren wirklich unverdiente Gebete. Gebete von Menschen, die mitten in ihrem eigenen Leid und ihrer tiefen Trauer bereit waren zu geben.

Gebete, die so viel wertvoller waren als das bisschen Geld, das wir gegeben hatten.

Und dann, wie als Bestätigung, dass dies hier ein Moment war, den Gott geschaffen und herbeigeführt hatte, stellte sich heraus, dass die kleine Emily und meine Ashley am selben Tag Geburtstag hatten – am 26. Mai.

Ach, wie sehr wünschte ich mir, diese Geschichte würde davon handeln, dass Emily kerngesund auf die Welt gekommen wäre; dass es eine Geschichte wäre, in der Gottes Eingreifen dazu geführt hätte, dass es gar keine Beerdigung hätte geben müssen. Aber in dieser gebrochenen Welt kommen eben gebrochene Geschichten zustande.

Doch inmitten all dessen ist Gott da und weist uns darauf hin, wie wichtig es ihm ist, ständig Gemeinschaft mit ihm zu haben. Ich war absolut überwältigt davon, wie barmherzig und freundlich es von Gott ist, sich zu wünschen, dass wir seine Unterweisung befolgen, damit er uns seine Führung offenbaren kann.

Lassen Sie sich das nicht entgehen. Die ständige Gemeinschaft mit ihm hilft uns, seine Unterweisung zu hören, um schließlich seine Führung erkennen zu können und seine Anweisungen zu befolgen.

Lassen Sie uns erst Buße tun. Lassen Sie uns nicht vergessen, all die kleinen Gelegenheiten zu nutzen, durch die wir die Chance zu dieser ständigen Gemeinschaft mit ihm haben. Denn in dieser Gemeinschaft hören wir seine Stimme hinter uns, die sagt: „Das ist der Weg.“

Der Weg des Ja, das jetzt dran ist.

Und wenn wir erst einmal diesen Weg kennen, an ihn glauben und anfangen, ihn auch praktisch zu gehen, dann sind wir auch bereit für ein bisschen mehr: Zum Beispiel für diese Herzenssache, von der wir träumen, und die uns mitten in der Nacht aufweckt. Für jene Berufung, für die eine Sache, von der wir sagen: „Das möchte ich machen, Gott! Lass mich das machen!“

Und damit wollen wir uns als Nächstes beschäftigen.

1 Hierbei handelt es sich um eine erweiterte Bibelausgabe, die unterschiedliche Textvarianten miteinbezieht und so ein besseres Textverständnis ermöglicht (Anm. des Verlags)

Kapitel 3

Also, bevor es weitergeht muss ich vorausschicken, dass ich zwar mit Sport nicht viel am Hut habe, dafür aber umso mehr mit Geschichten. Wenn Sie vorhaben, mit mir gemeinsam die Sendungen auf einem Sportsender zu schauen, dann wäre es gut für Sie, wenn an diesem Tag nicht reine Sportberichterstattung gesendet würde, sondern eher Interviews, Reportagen und Berichte über Sportler und ihre Familien und über Hindernisse und Widrigkeiten, die sie überwinden mussten, um erfolgreich zu werden. Das interessiert mich, und es würde verhindern, dass ich Sie mit blöden Fragen und verrückten Beobachtungen darüber, wie unmodisch Sportbekleidung sein kann, oder Klagen darüber, wie wenig Style in vielen Sportarten vorhanden ist, wahnsinnig mache.

Wo waren wir noch mal stehen geblieben? Ach ja, ich hab mit Sport nicht viel am Hut. Genau. Aber ich habe folgende Geschichte über einen Sportler gefunden, der seinen Grundansatz, seine Technik, veränderte, und zwar mit ungeahnten Folgen. Er war Hochspringer und hieß Dick Fosbury. Ich erfuhr von ihm, weil meine Tochter sich ausgerechnet Stabhochsprung als ihre Sportart ausgesucht hat – doch davon erst später mehr.

Ich will ganz offen sein, wo und wie ich überhaupt auf diese Geschichte gestoßen bin, nämlich durch einen Werbespot, über den ich zufällig stolperte, als ich versuchte, an den vielen Sportsendern vorbei auf einen Sender mit Wohn- und Gartenreportagen umzuschalten und dabei irgendwie hängen blieb. Und dann konnte ich mich nicht wieder losreißen von diesem Werbespot über einen Mann, der Althergebrachtes auf den Kopf stellte. Dass ich mich nicht wieder losreißen konnte, lag nicht daran, dass mir der Mazda gefiel, für den in dem Spot geworben wurde, sondern an der verschneiten Schwarz-Weiß-Aufnahme von einem Mann, der etwas Bekanntes und Bewährtes völlig auf den Kopf stellte, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Mit der althergebrachten Technik im Hochsprung war damals für Sportler bei einer bestimmten Höhe Schluss gewesen, doch Fosbury hatte die wahnsinnige Idee, doch noch höher zu springen, indem er den Körperschwerpunkt weiter nach unten verlagerte. Dazu musste er nur rückwärts und mit dem Kopf zuerst über die Latte springen. Aus diesem Grund wird er auch heute noch „der Furchtlose“ genannt. Mit dieser neuen Technik – die seine Trainer in Angst und Schrecken versetzte – stellte Fosbury einen olympischen Rekord auf, den er mit der alten Technik niemals erreicht hätte. Er musste seinen Grundansatz verändern, um seine Leistung zu verbessern. Und genau das tat er.2

Er probierte eine neue Technik aus und erfand einen neuen Bewegungsablauf. Er veränderte seinen Grundansatz und hatte damit nicht nur seinen größten persönlichen Erfolg, sondern revolutionierte die gesamte Sportart. Heute, also über vierzig Jahre später, springen so gut wie alle Hochspringer immer noch in dieser Technik. Was würde wohl passieren, wenn wir genau wie Fosbury unseren jetzigen Grundansatz beim Treffen von Entscheidungen auf den Kopf stellen würden?

Unser derzeitiger Ansatz sieht grundsätzlich folgendermaßen aus: Die Anforderungen und Bitten anderer bestimmen, welche Entscheidungen wir treffen. Indem wir unsere Zeitplanung von Anfragen und Bitten anderer diktieren lassen, werden wir zu ihren Sklaven, denn schließlich agieren wir dabei nicht, sondern reagieren immer nur.

Doch ein Leben, in dem wir überwiegend reagieren, führt sehr schnell in die Erschöpfung. Wir bekommen Anfragen über Anfragen und stopfen unsere Terminkalender bis zum Anschlag voll, sodass wir darin kaum noch freie Stellen haben und wir nur noch erschöpft sind. Und weil wir unseren Ansatz und unsere Vorgehensweise nicht ändern, erleben wir auch so gut wie nie tiefe innere Befriedigung.

Wenn ich möchte, dass sich in meinem Leben etwas ändert, wenn ich die Verwendung und den Einsatz der beiden machtvollsten Worte der Welt – nämlich Ja und Nein – ändern will, dann passiert das nicht, indem ich mich noch mehr anstrenge oder noch mehr träume, ja nicht einmal, indem ich mich zu Tode schufte. Nein, ich muss meine Vorgehensweise beim Treffen von Entscheidungen grundsätzlich verändern.

Wenn ich immer nach demselben Muster vorgehe, erhalte ich natürlich auch ständig dieselben Ergebnisse, die dann zur Gewohnheit werden. Solche Gewohnheiten führen wiederum zu immer denselben Entscheidungen. Und wenn ich immer dieselben Entscheidungen treffe, sitze ich irgendwann fest. Aber festsitzen möchte ich nicht.

Ich möchte viel lieber eine furchtlose Fosbury werden.

Ein Mensch, der ständig mit dem Stress eines übervollen Terminkalenders lebt, leidet oft unter der Traurigkeit einer unterforderten Seele, weil so eine Seele nichts mehr aufnehmen kann. Eine solche unterforderte Seele ist eine Seele, der bewusst ist, dass Gott eigentlich noch mehr mit ihr vorhat. Sie möchte das tun, woran sie denkt, wenn sie mitten in der Nacht aufwacht. Jedes Jahr im Januar schreibt sie auf die Liste ihrer Pläne, Projekte und guten Vorsätze, dass sie endlich „ihr Ding“, ihre Herzenssache, in Angriff nehmen will.

Eine Frau, die ständig mit dem Stress eines übervollen Terminkalenders lebt, leidet oft unter der Traurigkeit einer unterforderten Seele.

„Ihre Herzenssache“ könnte beispielsweise sein, …

… ein Buch zu schreiben.… einen Bibelkreis für Kinder und Jugendliche ins Leben zu rufen.… auf Missionsreise zu gehen.… eine kleine Konditorei zu eröffnen.… noch einmal an die Uni zu gehen und das abgebrochene Studium zu beenden.… sich mit dem Fotografieren selbstständig zu machen.… in der Gemeinde ein Seminar anzubieten.… endlich die Schulden loszuwerden.… eine ehrenamtliche Tätigkeit zu übernehmen.

Aber dann kommt der nächste Januar und dann der übernächste und der danach, und Ihre „Herzenssache“ steht immer noch ganz unten auf der Liste. Wenn sie es denn überhaupt auf die Liste geschafft hat. Vielleicht die einzige Stelle, an der diese „Herzenssache“ überhaupt noch vorkommt, sind die nächtlichen Gedanken zwischen Schlafen und Aufwachen oder die kostbaren ruhigen Minuten unter der Dusche. Doch die Zeit, in der man dieses „Herzenssache“ tatsächlich in Gang bringen könnte, zerrinnt offenbar genauso schnell, wie sich der Dampf im Bad nach dem Duschen auflöst. Und dann ist wieder ein Tag vergangen mit einer ganz anderen Liste von Aufgaben und Terminen. Und die Zeit geht einfach immer weiter, ohne dass die betreffende Frau erlebt, dass „ihre Herzenssache“ verwirklicht wird.

Was wäre, wenn wir es tatsächlich wagen würden, diese neue, unerreichte Höhe – um im Bild des Hochsprungs zu bleiben –, dieses große Ziel für unser Leben, „unsere Herzenssache“, diese Sache, die wir uns so sehr wünschen, aber nie wirklich miteinplanen, tatsächlich einmal schriftlich festhalten?

Und was wäre, wenn wir uns ehrlich aufschreiben würden, welche konkreten ersten Schritte erforderlich wären, um diese „Herzenssache“ tatsächlich zu verwirklichen?

Und als Nächstes: Was wäre, wenn wir sogar so kühn wären, tatsächlich einen Zeitplan für diese ersten Schritte aufzustellen? Bitte lesen Sie den letzten Satz noch einmal ganz genau und sorgfältig. Ja, genau, einen Zeitplan aufstellen, um tatsächlich an den ersten Schritten dieser Sache zu arbeiten, die wir als unsere Herzenssache bezeichnen.

Die Entscheidungen, die wir treffen, bestimmen unseren Zeitplan, und unser Zeitplan, der Terminkalender, hat sehr großen Einfluss auf das Leben, das wir führen. Wie wir unser Leben führen, hat wiederum starken Einfluss darauf, wofür wir uns ganz und von Herzen einsetzen und einbringen. Es geht darum, wie wir Gott mit der uns zur Verfügung stehenden Zeit die Ehre geben.

Sie erinnern sich sicher an das letzte Kapitel, in dem von der ständigen Gemeinschaft mit Jesus die Rede war, durch die man Klarheit für alltägliche Dinge bekommt. Aber dann ist da ja auch noch die erwähnte Herzenssache. Es gehört zu dieser ständigen Gemeinschaft mit Jesus, dass wir uns klarer bewusst machen, wofür wir unser Herz, unsere Seele und unsere Zeit einsetzen. Es geht um eine neue Art, genau die Aufgabe zu übernehmen, die Gott uns zugedacht hat.