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Nestlé E-Book

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Beschreibung

Nestlé, die weltweite Nummer 1 im Lebensmittelsektor, ist das Musterbeispiel eines Weltkonzerns. Er pflegt das Image eines qualitätsbewussten Unternehmens, das gute Arbeitsbedingungen bietet und mit seiner Politik den Armen dieser Welt entgegenkommt. Die Autorinnen und Autoren dieses Buches, die sich als globalisierungskritisch verstehen, beschreiben die Realität hinter der schönen Marketingfassade: Während Nestlé enorme Gewinne einstreicht, wird der Konzern von Gewerkschaften in aller Welt beschuldigt, das Arbeitsrecht der Mitarbeitenden mit Füßen zu treten. Nestlé mischt bei der Privatisierung des lebenswichtigen Gemeinguts Wasser mit. Nestlé dreht mit an der Preisspirale, die den Kaffeepreis unter die Produktionskosten drückt und damit Hunderttausende von Produzenten in die Armut abdrängt. Nestlé bringt gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in Umlauf, deren Gefahren für die Welt und ihre Bewohner nicht abschätzbar sind. Schließlich macht Nestlé weiter mit der berüchtigten Pulvermilch für Babys, die dem Konzern schon vor Jahren negative Schlagzeilen gebracht hat, die er jedoch nach wie vor aggressiv vermarktet.

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Nestlé

Anatomie eines Weltkonzerns

Attac Schweiz (Hrsg.)

Nestlé

Anatomie einesWeltkonzerns

Vorwort von Susan George

Aus dem Französischen von Birgit Althaler

Originaltitel: Attac contre Nestlé

Der Text wurde für die deutsche Ausgabe stark überarbeitet und aktualisiert.

© Attac, Lausanne 2004

Groupe mondialisation et multinationales

Attac Vaud

Case Postal 5105

CH-1002 Lausanne

© Rotpunktverlag (deutsche Ausgabe), Zürich 2005

www.rotpunktverlag.ch

Umschlag (unter Verwendung eines Fotos von René Maier, ex-press) und Gestaltung: Patrizia Grab

ISBN 978-3-85869-293-1

eISBN 978-3-85869-549-9

Inhalt

Vorwort von Susan George

Einleitung

1 Das Nestlé-Imperium: Die Eckdaten

Die Anfänge

Nestlé und die WTO: Ein einträgliches Geschäft (1995–…)

Fantastische Einkommen und lohnende Beziehungen

Konkurrenz oder Aufteilung des Weltmarkts?

Produktion im Süden, Konsum im Norden?

2 Nestlé als Arbeitgeber: Weltweit im Zwist mit dem Arbeitsrecht

Vom schlechten Umgang mit dem »wertvollsten Kapital« …

Zum Beispiel Philippinen

Zum Beispiel Ecuador

Zum Beispiel Thailand

Zum Beispiel Südkorea

Zum Beispiel Japan

Zum Beispiel China

Zum Beispiel Frankreich

Zum Beispiel Deutschland

3 Nestlé in Kolumbien: Eine Gewerkschaft kämpft um ihre Rechte

Die Situation bei Cicolac in Valledupar

Druck auf die gewerkschaftlich organisierten ArbeiterInnen

Das Schiedsgericht

Die Verantwortung von Nestlé International

Joint Venture Dairy Partners Americas

Der Konflikt in Bugalagrande

Nestlé und der Bürgerkrieg

4 Nestlé und die Gentechnik: Unannehmbare Doppelstrategie

Lukrativ für wenige, riskant und gefährlich für alle

Doppelte Standards im Kreuzfeuer der Kritik

5 Nestlé und der Kaffeemarkt: Unkontrollierte Liberalisierung

Die Rolle von Nestlé auf dem Kaffeemarkt

Dramatische Folgen der Kaffeekrise

Die Folgen sinkender Preise für die Kaffeebauern

Nestlé profitiert von der Kaffeekrise

Welcher Ausweg?

6 Nestlé und der Wassermarkt: Geschäfte mit dem Durst

Spekulation auf die Wasservermarktung

Nestlé führend auf dem Flaschenwassermarkt

Nestlé kauft Wasserquellen und Konzessionen

Verkaufsstrategien im Westen

Verkaufsstrategien im Süden

Zugang zu Trinkwasser – ein Menschenrecht

7 Nestlé-Milchpulver: Ein nicht enden wollender Skandal

8 Schluss

Anhang

Anmerkungen

Überblick über die Geschichte des Nestlé-Konzerns

Liste der Nestlé gehörenden oder angeschlossenen Marken

Der Internationale Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten

Überblick über den Boykott von Nestlé-Produkten

Vorwort

Von Susan George

Welch ein Gefühl der Verjüngung, des Déjà-vu. Bei der Lektüre dieses Buchs von Attac Vaud fühlte ich mich wie in einer Zeitmaschine, zurückversetzt um dreißig Jahre in eine Zeit, als »GlobalisierungskritikerInnen«, die damals noch nicht als solche bezeichnet wurden, ihren Kampf begannen. Nestlé nahm man ins Visier, weil mehr oder weniger aus der ganzen damals so genannten Dritten Welt übereinstimmende Aussagen vorlagen: Nestlé versuche mit allen erdenklichen Mitteln, Mütter aus ärmeren Schichten vom Stillen abzubringen und sie zur Verwendung von Nestlé-Babymilch zu bewegen. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Der Familie fehlt es an Geld für den Kauf ausreichender Mengen an Milchpulver. Dieses wird demzufolge zu stark verdünnt. Das Wasser ist nicht sauber, Flaschen und Schnuller können nicht sterilisiert werden. Das Kind wird nicht gegen Krankheiten immunisiert, vor denen es die Muttermilch schützen würde. Kurzum, es sterben massenweise Säuglinge.

1974 findet der viel beachtete Prozess statt, in dem sich Nestlé mit einer anderen Schweizer Gruppe, der Arbeitsgruppe Dritte Welt, konfrontiert sieht. Die AG3W hatte eine Broschüre der englischen NGO War on Want mit dem Titel The Baby Killer übersetzt und unter dem veränderten Titel Nestlé tötet Babies herausgebracht. Damit zog sie sich den Zorn des Unternehmens zu. Da ich Nestlé ein Kapitel meiner Dissertation gewidmet hatte, hatte ich Gelegenheit, die damals vom Konzern gewählte Verteidigungsstrategie genauer anzusehen. Das Unternehmen fälschte schamlos Zitate von ÄrztInnen und ErnährungswissenschaftlerInnen, denen mehr oder weniger das Gegenteil dessen in den Mund gelegt wurde, was sie tatsächlich sagten. Ein für Nestlé arbeitender Arzt schreckte nicht einmal vor wissenschaftlichen Fälschungen zurück. Das Gericht in Bern ließ sich übrigens nicht täuschen und stellte in seiner Urteilsbegründung fest, das Beweisverfahren habe klar ergeben, dass durch unreine Saugflaschen und zu starke Verdünnung der Tod von Säuglingen verursacht werde … »Nestlé muss ihre Werbepraktiken ändern, wenn sie sich in Zukunft den Vorwurf unethischen und unmoralischen Verhaltens ersparen will.«

Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir uns weitgehend darauf beschränkt, die Pulvermilch zu geißeln; der Skandal um dieses Nahrungsmittel ist im Übrigen, wie wir in Kapitel 7 sehen werden, noch immer nicht beendet. Unser Augenmerk richtete sich vor allem auf die Ernährungsproblematik und die einem der weltweit führenden Unternehmen im Nahrungsmittelsektor zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, Mütter aus armen Verhältnissen, die oft des Lesens nicht mächtig sind, zur Aufgabe des Stillens zu bewegen, um enorme Gewinne zu machen. Wir beobachteten, wie plump Nestlé in ihrer Öffentlichkeitsarbeit vorging. Unsere Recherchen beschränkten sich jedoch weitgehend auf dieses eine Thema.

Mit umso größerer Befriedigung habe ich daher zur Kenntnis genommen, dass Attac Vaud sich nun daran gemacht hat, weniger bekannte Seiten dieses transnationalen Konzernriesen zu beleuchten und viele Aspekte zu untersuchen, die wir damals vernachlässigt oder verkannt hatten. Zu Recht, denn Nestlé ist nicht nur einer der weltweit umsatzstärksten und gewinnträchtigsten transnationalen Konzerne, sondern sozusagen das Paradebeispiel eines Unternehmens, das seine Geschäftstätigkeit in zahlreiche sensible Bereiche ausgedehnt hat. Vieles davon wird auf den folgenden Seiten untersucht.

Zu erwähnen wäre nur noch, dass Nestlé in den vergangenen dreißig Jahren beachtliche Fortschritte in Sachen Öffentlichkeitsarbeit gemacht hat. Helmut O. Maucher gelang es in seiner Funktion als Präsident des Verwaltungsrats sogar, UN-Generalsekretär Kofi Annan davon zu überzeugen, die Vereinten Nationen bräuchten eine institutionalisierte Partnerschaft mit transnationalen Unternehmen. Annan, der von manchen aus diesem Anlass respektlos als NesKofi bezeichnet wurde, kündigte 1999 in Davos mit der Realisierung des Global Compact schließlich genau jene Art von Organisation an, wie sie Maucher vorschwebte. Um am Global Compact teilnehmen zu können, muss ein transnationaler Konzern lediglich eine Charta mit neun Grundsätzen unterzeichnen. Das verleiht ihm dann das Recht, sich mit der blauen Fahne der Vereinten Nationen zu schmücken, wohl wissend, dass von der UNO keinerlei Kontrolle droht, da diese nach eigener Aussage dazu gar nicht in der Lage wäre. Nestlé nimmt am Global Compact selbstverständlich teil, obwohl das Unternehmen nach wie vor im Kreuzfeuer der Kritik der Weltgesundheitsorganisation (WHO), einer Sonderorganisation derselben Vereinten Nationen, steht.

Ich wünsche dem Buch von Attac Vaud, dass es insbesondere in der Schweiz möglichst große Verbreitung findet und in andere Sprachen übersetzt wird, vor allem aber, dass ihm Taten folgen. Ich möchte nicht, dass eine weitere Gruppe oder Vorwortschreiberin im Jahr 2035 gezwungen sein wird, sich noch einmal denselben Themen und Argumenten zu widmen, und Nestlé noch immer weltweit sein Unwesen treiben kann. Einen herzlichen Dank an Attac Vaud, das heiße Thema erneut aufgegriffen zu haben. Möge es ringsum den Widerstand entfachen.

Susan George ist Politikwissenschaftlerin, Präsidentin des Observatoire de la mondialisation in Paris und Vizepräsidentin von Attac Frankreich. Autorin zahlreicher globalisierungskritischer Bücher, zuletzt Un autre monde est possible si …, Fayard, Paris 2004 (das Buch erschien gleichzeitig auch in englischer und spanischer Sprache).

Einleitung

Heute ist die Gewalt, die von der neoliberalen Globalisierung ausgeht, so offensichtlich, dass selbst die »Herrscher der Welt«1 an ihren verschiedenen Treffen2 davon sprechen, die Welt menschlicher gestalten zu wollen. An ihrem tatsächlichen Verhalten wird allerdings erkennbar, dass es ihnen um die Globalisierung des Geldes, des Profits, um die Globalisierung der Interessen einiger weniger auf Kosten der Rechte der Mehrheit geht. Das einzige »Recht«, das sie anerkennen, ist das Recht der Unternehmen, ihre Profite unabhängig von den dafür zu bezahlenden menschlichen Kosten ins Unermessliche zu steigern. Während eine Minderheit ungeahnte Vermögen anhäuft, wird für die meisten von uns der Preis, den wir für die Globalisierung zu zahlen haben, immer unerträglicher.

Die Minderheit der Globalisierungsgewinner setzt sich vor allem aus Führungskräften und AktionärInnen multinationaler Konzerne zusammen, die ihrerseits, vermittelt über die bedeutenden internationalen Finanzinstitutionen, zu den treibenden Kräften der neuen Weltordnung geworden sind. Dazu ein paar aus einer endlosen Liste3 zufällig ausgewählte Zahlen, die dies veranschaulichen:

– Die 84 reichsten Personen auf dieser Erde besitzen ein Vermögen, das über dem Bruttoinlandsprodukt Chinas, eines Landes mit 1,3 Milliarden EinwohnerInnen, liegt.

– Michael Eisner, Generaldirektor von Disney, verdiente 1998 576,6 Millionen US-Dollar oder 25070 Mal das Durchschnittseinkommen seiner Beschäftigten.

– Das Vermögen eines einzigen Bürgers der Vereinigten Staaten, Bill Gates, überstieg 1999 das Vermögen von 45 Prozent der US-Haushalte.

– Die kaufkräftigsten 5 Prozent der Haushalte in den Vereinigten Staaten verfügen über nahezu 50 Prozent des Nationaleinkommens und die reichsten 1 Prozent über 70 Prozent des gesamten Reichtums, der in diesem Land seit Mitte der 1970er-Jahre erzeugt wurde.

– Das Pro-Kopf-Einkommen von 80 Ländern der Welt ist in den letzten zehn Jahren gesunken. Gleichzeitig lebt die Hälfte der Weltbevölkerung – drei Milliarden Menschen – mit weniger als zwei Dollar pro Tag, 1,3 Milliarden sogar mit weniger als einem Dollar pro Tag.

Natürlich bilden die Multis keinen homogenen Block, sondern verfolgen zeitweise sogar gegensätzliche Interessen. Obwohl sie in ihrem Herkunftsland meist nur noch den Verwaltungssitz haben, während die Fabriken in Länder mit billigen Arbeitskräften ausgelagert wurden und das Kapital in Steuerparadiesen angelegt ist, wahren sie dennoch häufig eine »nationale« Zugehörigkeit. So kann es vorkommen, dass ihre Interessen in den Ländern, in denen sich ihr Konzernsitz befindet, wie nationale Interessen verteidigt und ihnen erhebliche Steuervergünstigungen eingeräumt werden. Die Finanztransaktionen und Standortverlagerungen erfolgen in den allermeisten Fällen völlig undurchsichtig, weshalb es im Sinn einer demokratischeren Kontrolle dieser Unternehmen zu den vordringlichsten Aufgaben gehört, die Informationslage zu verbessern. Wie wir im vorliegenden Buch sehen werden, legen die Multis großen Wert auf ihr Image und lassen sich durch Berichte über ihre Machenschaften manchmal relativ rasch zu Reaktionen bewegen.

Attac trägt seit seiner Gründung dazu bei, über die neoliberale Globalisierung, die treibenden Kräfte – die Mitglieder der internationalen Finanzinstitutionen Weltbank, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Welthandelsorganisation (WTO) – sowie die wichtigsten NutznießerInnen4 zu informieren. Demselben Anspruch fühlt sich auch die Arbeitsgruppe Globalisierung und Multis verpflichtet, die von der Waadtländer Attac-Sektion (Attac Vaud) ins Leben gerufen wurde. Die AutorInnen der hier versammelten Beiträge sind – mit Ausnahme von Stephan Suhner, auf dessen Arbeit sich der Text über Kolumbien im Wesentlichen stützt – Mitglieder dieser Arbeitsgruppe. Dass unsere Wahl auf den Nestlé-Konzern fiel, dessen Firmensitz in Vevey am Genfersee liegt, verdankt sich im Wesentlichen zweierlei: Erstens ist Nestlé – heute de facto der führende Konzern im Nahrungsmittelsektor – das Paradebeispiel eines mit seinen Finanzinteressen weltweit vertretenen transnationalen Unternehmens, dessen Aktivitäten sowohl im Hinblick auf Arbeitsbedingungen als auch in der Handelspolitik Anlass zu Konflikten gaben. Zweitens sind die Informationen über dieses allgegenwärtige Unternehmen einer breiten Öffentlichkeit in der Schweiz relativ wenig bekannt; hier wird die Wahrnehmung von dem Image geprägt, das sich der Konzern selbst gibt und das natürlich ausgesprochen vorteilhaft ausfällt.

Wir haben also begonnen, Unterlagen über einige der Geschäfte zusammenzutragen, in die Nestlé verwickelt ist, und uns dabei strikt an öffentlich zugängliche Informationen gehalten. Natürlich war es notwendig, lokale (schweizerische, aber auch französische und kolumbianische) Publikationen und Spezialberichte über die uns interessierenden Bereiche zu lesen.5

Wir haben uns dafür entschieden, einige bezeichnende Beispiele der weltweiten Machenschaften von Nestlé aufzuzeigen. Sie zeugen davon, wie wenig sich dieser Multi um Umweltschutz, das Grundrecht der ArbeitnehmerInnen auf gewerkschaftliche Organisierung, korrekte Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne oder die Meinungsfreiheit schert, und zeigen einmal mehr, dass letztlich nur der Profit zählt. Das Buch erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist vielmehr ein Versuch, einen Teil der verfügbaren Informationen über dieses schweizerische Unternehmen zusammenzutragen. Viele Aspekte mussten unberücksichtigt bleiben, wie beispielsweise eines der wichtigsten Tätigkeitsfelder von Nestlé, die Schokolade. Den Anfang macht ein kurzer Überblick über das »Nestlé-Imperium« in Form einer knappen Zusammenfassung der Unternehmensgeschichte, gefolgt von einigen aktuellen Zahlen über die Geschäftsergebnisse und einem Kurzporträt der wichtigsten Führungskräfte des Multis sowie dessen Strategien. Danach folgt eine kurze Darstellung der wichtigsten Konflikte, in die Nestlé verwickelt war und die zum Teil noch immer andauern. Unter den Ländern mit Nestlé-Niederlassungen oder Tochterunternehmen gibt es praktisch keines, in dem es nicht zu einer Konfrontation zwischen Geschäftsführung und ArbeiterInnen gekommen wäre; gelöst wurden diese Konflikte zumeist nicht, vielmehr wurden sie von den Geschäftsführungen sozusagen im Handstreich beendet. Auf den Fall Kolumbien werden wir näher eingehen.

Das nächste Kapitel ist der Untersuchung des Kaffees gewidmet, eines Produktes, das für viele Länder des Südens eine wichtige Einkommensquelle darstellt. Der Kaffeemarkt hat eine Phase überstürzter Liberalisierung hinter sich, von der in der langen Kette, die sich von der Produktion bis zum Konsum zieht, ganz bestimmte Akteure profitiert haben. Dabei wird deutlich, dass auch wir als KonsumentInnen über eine gewisse Macht verfügen, das Verhalten der Großkonzerne zu steuern, da wir Einfluss auf das nehmen können, was für sie am meisten zählt: die kontinuierliche Steigerung ihrer Gewinne.

Der momentan von allen Seiten heiß umkämpfte Wassermarkt spielt in der Handelspolitik von Nestlé eine ausgesprochen wichtige Rolle. Dieser Frage ist daher das nächste Kapitel gewidmet. Den Multis ist es gelungen, sich nahezu alle bestehenden Rohstoffe unter den Nagel zu reißen. Nun machen sie sich mit Hilfe internationaler Finanzinstitutionen über das Wasser her, die Grundlage jeden Lebens. Der Zugang zu Wasser ist ein Grundrecht jedes Menschen; dennoch schreitet die Privatisierung des Wassers weltweit scheinbar unaufhaltsam voran.

Als Nächstes greifen wir das Thema der gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf. In der Frage der Gentechnik wird deutlich, wie weit insbesondere in Entwicklungsländern, wo auf die vermeintliche Unwissenheit der KonsumentInnen und eine laschere Gesetzgebung gesetzt wird, die beschwichtigenden Worte der Multis und ihre Handlungen auseinander klaffen können.

Den Schluss bildet der zu trauriger Berühmtheit gelangte Fall der Babymilch. Daran wird deutlich, wie wichtig es ist, aufmerksam zu bleiben, denn trotz zahlreicher Boykottkampagnen und Ordnungsrufe seitens großer internationaler Institutionen wie der Unicef ist die Zahl der Säuglinge, die jährlich im Zusammenhang mit dem Konsum von Säuglingsnahrung sterben, offenbar noch immer gleich hoch.

Dieser Überblick mag deprimierend wirken, gäbe es nicht zu jedem Kapitel, in jedem Land, zu jeder »Affäre« Widerstand und würden sich nicht alternative Bewegungen organisieren. Es ist möglich, anders zu konsumieren, wie es auch möglich ist, anders zu arbeiten und anders zu reagieren. Reines Gewinnstreben befriedigt uns nicht. Die Erde ist reich genug, damit alle satt werden können.6

In der Schlussfolgerung zeigen wir, dass es vielfältige Aktionsmöglichkeiten gibt und dass es mit jedem Tag mehr Menschen werden, die sich für eine andere Welt einsetzen.

Die AutorInnen

Sandra Bott, Ounsi El Daïf, Olivier Goy, Sara Meylan, Nora Natchkova, Isabelle Paccaud, Janick Marina Schaufelbuehl, Béatrice Schmid, Stephan Suhner (Arbeitsgruppe SchweizKolumbien)

Im Herbst 2005 wird in der Schweiz eine öffentliche Anhörung zu den Vorfällen bei Nestlé in Kolumbien stattfinden, begleitet von einem internationalen Forum, an welchem die von Nestlé verursachten Probleme und Konflikte in anderen Bereichen (z.B. Wasser, Kindernahrung) und in anderen Ländern behandelt werden. Diese Veranstaltungen werden getragen von einer breiten Koalition aus sozialen Bewegungen, NGOs und Gewerkschaften.