Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
21 Kurzgeschichten. Kurzgeschichten sind abgeschlossene Momentaufnahmen, Ereignisse, Ideen zum Lachen und Weinen über sich selber, sich Erkennen und oft auch zum Lernen, aber auch herzhaft Lachen über Andere.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Für Bärbi
Claude Wehrli ist ehemaliger Lehrer und Unternehmer, Eisenplastiker, Schauspieler, Gestalter und Schreiberling, Phantast, voller Ideen und Kreativität, Hobbyschreiner für Familie und Freunde. Liebt Citroen 2CV und DS, liebt gar nicht Angeber, Vortäuscher Pseudoschönlinge.
Fräne Stucki ist Lokführer, Privatpilot, Motorradfan, Olivenpflücker in Südfrankreich, begabter Aquarellist und Zeichner, hat alle unsere Oldtimer gemalt. Sagt von sich selber, dass er alles liebt, was Räder hat, ausser den Staubsauger.
Das Alter
Der Roman
Die Ente
Der Kater
Vielleicht doch gute Freunde
Die feinen Herren
Die Damen
Frau Saxer
Hühnchen in Kokos-Bananensauce
Der Landadel
Benno Gradwohl
Mathilde Ohnsorg
Der Standard
Spiegeleier
Das Sofa
Die Frau
Weisswein
Die Tante Melanie
Gummibärchen
Sternerestaurant
Uhr und Zeit
Also: alt werden ist eigentlich eine angenehme Einrichtung. Man muss nicht mehr müssen! Man muss kein Handy mehr abnehmen. Man muss keine E-Mails mehr lesen. Die Türe muss man nur öffnen, wenn man Lust hat. Einfach Ruhe! Rundum Ruhe! Herrlich nach den letzten fünfzig Jahren.
Tilo Krummenacher geniesst seinen Ruhestand. Jeden Tag. Und da die Krummenacherin ziemlich jünger ist und noch arbeitet, geniesst er die Ruhe doppelt. Nicht, dass er nicht gern mit ihr zusammen ist, im Gegenteil. Aber so kann er den ganzen Tag die Musik hören, die alle Andern furchtbar finden, er kann auch volle Lautstärke hören. Er kann lesen, wenn er Lust hat. Oder er kann mitten am Tag ein Glas Wein trinken. Nirgends eine hochgezogene Augenbraue oder ein fragender Blick in Sicht. Und was er besonders geniesst, er kann seinen Gedanken nachhängen, plötzlich Dinge begreifen, die er sein ganzes Leben weder verstanden, geschweige denn begriffen hat. Dies betrifft besonders politische Diskussionen. Er liebt Zusammenhänge zwischen Geschichte und Zukunft. Apropos Zukunft: je länger, desto mehr kommen ihm politische Diskussionen im Fernsehen oder Radio eher vor wie eine Sendung von «Basteln mit Gerda Conzetti». Alle wollen etwas, wollen möglichst viel von Allem, wobei die einen ein bisschen dafür, und die, auf der anderen Seite ein bisschen dagegen sind. Manchmal sind die auf der anderen Seite ein bisschen mehr dagegen, aber wenn der Sitznachbar dafür ist, kann man ja auch ein bisschen dafür sein. Und die, die dafür sind, sind dann manchmal auch ein bisschen dagegen und bei der Schlussabstimmung sind sie dann total dagegen. Oder umgekehrt. Aber so funktioniert nun mal Politik. Darum ist es ja so verdammt schwierig, irgendeine nebensächliche Verordnung über Käse zusammen zu basteln. Oder über die Motorfahrzeugsteuer. Oder Bündnerfleisch. Oder über Energie.
Aber Tilo Krummenacher findet es herrlich und spannend, ausser es ist langweilig. Aber er muss nicht mehr müssen. Wobei er sich schon auch Gedanken über die weitere Zukunft macht. Irgendwann wird ja dann wohl Schluss sein. Aber jetzt mal ehrlich: Können sie sich den Tilo Krummenacher vorstellen? Ohne Haare, zwei wackelige Zähne, Mundgeruch, triefende Nase, beige fleckige Strickjacke, gelblich verfärbte Jeans, morgens um Sieben auf dem Bänkli sitzend und auf den Fressnapf um elf Uhr wartend? Kartoffelstock und Rosenkohl vermüllert! Mmmhhh fein, gudi gudi! Igitt! Und all die Sehnsüchte seines Lebens wie Zärtlichkeit, Verlangen, Gelüste, Leidenschaft, das ewige Suchen nach Liebe sind irgendwann um Mitternacht abhanden gekommen. Am Schluss weiss er nicht mal mehr, ob man Krummenacher mit doppel m schreibt. Können sie sich das vorstellen?
Sorry, der Tilo Krummenacher muss jetzt staubsaugen und den Geschirrspüler ausräumen. Wenn nur das verdammte Kreuz nicht so weh täte. Aber er freut sich auf die Krummenacherin!
Mit vierzig beschloss er, einen Roman zu schreiben, Thema natürlich: Sex, Begierde, Zärtlichkeit, Geselligkeit, andere Mühseligkeiten, vermeintliche Liebe und schliesslich eine tragische Geschichte über eben Diese. Ok, war vielleicht dem Zeitgeist entsprechend und würde heute vermutlich, wenn überhaupt, nur noch in Brockenhäusern zu finden sein. Vielleicht noch in Bibliotheken von alten Männern, oder zwölfjährigen Jungs. Sollte ja auch ein Aufklärungsbuch werden. Wobei er selber auch nach der x. Ehe ums Verrecken kein Frauenversteher geworden war. Aber damals hatte er wenigstens ein bisschen Ahnung. Was seiner Meinung nach reichte für einen so weltbewegenden Roman.
Leider ist, oder Gott sei Dank, nach 218 Seiten sein Haus samt Roman und ein paar andern Kleinigkeiten bis auf die Grundmauern abgebrannt. Traurig! Klar, es gab natürlich keine Schreibmaschine mit Speicher, jedenfalls nicht für sein nicht vorhandenes Budget, was er ja schliesslich mit dem Roman äufnen wollte.
Nuja, danach war er jahrelang mit Bauen, Heiraten und Scheiden beschäftigt. Folglich blieb das Schreiben aus. Seine Pläne, allerdings mit etwas modernisierten Themen. Die blieben irgendwo in seinem etwas gross geratenen Kopf im Dunkel der Fantasie hängen. Bis heute. Nehmen sie mir bitte diese Tatsache nicht übel! Ich versuche my very best!
So wurde und wird eines der wohl unmöglichsten je gebauten Fahrzeuge zärtlich genannt. Eigentlich gar kein Fahrzeug, obwohl es ja fuhr und fährt, schon eher ein Anachronismus. Ein Ding, wo man schlichtweg alles vergessen hatte zu montieren, sogar das, was es noch gar nicht gab, z.B. Navi, Abstandsanzeige, Blinker im Blinker, Steuerradheizung, also lauter unnützes Zeug! Oder errinnern sie sich an Pferdehalfter mit Heizung? Aha, sehen sie! Ja?
Nein es ist heute schlichtweg ein Kultobjekt, und was für eines! Einen Riesenvorteil gibt es allerdings: Die Ente kann nicht kippen. Okay ja, richtige Enten können auch nicht kippen, ausser, wenn sie besoffen sind, das sind sie aber eher selten! Nein, eine Ente kann nicht kippen, auch nicht mit Vollgas um eine rechteckige Kurve. Was heisst Vollgas! Drücken sie mal das Gaspedälchen. Grösse von einem Damenbrieföffner, also drücken sie mal! Nun scheint es, dass die Ente zuerst nachdenken müsste, ob sie heute event. vielleicht Lust hat, jetzt los zu seckeln. Ich weiss, das sagt man nicht, aber wir sind ja hier unter uns! Und überhaupt ist das ja kein Kinderbuch! Dasselbe gilt übrigens auch für die Scheibenwischerchen, die, wenns heftig schifft entweder aus Ärger, dass es Arbeit gibt, einfach wegfliegen, oder aber ist das Motörchen immer am Überlegen ist, ob es noch eine Runde drehen will. Es übrigens empfehlenswert, immer einen grösseren Backstein bei sich zu haben. Weil auf längeren Strecken, also sagen wir mal von hier nach dort, das Gaspedälchen brechen könnte. Also lege ich immer einen Backstein darauf, damit es sich still hält. Zudem muss ich ja vom dritten in den vierten Gang nicht zwischengasen oder zwischenkuppeln. Diesen Gang kann die Ente ohne hebeln und fummeln fast direkt selber einlegen.
Zudem ist der Backstein auch hilfreich, wenn wieder mal ausgerechnet an der dümmsten Stelle das Handbremsseilchen reisst, was es nämlich öfters tut!