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Vier Prinzipien zur Entwicklung lebensdienlicher Männlichkeiten
Männer leben nicht nur 5 Jahre weniger, sie sind auch die schlechteren Führungskräfte und führen eine Reihe negativer Statistiken an – vom Gesundheitsverhalten über die Kooperationsfähigkeit bis hin zum CO2-Fußabdruck. Wie kann das sein? Dieses Buch sucht und findet Antworten auf eine Frage, mit der wir uns oft schwertun: Wie können wir verkrustete und limitierende Rollenbilder traditioneller Männlichkeit infrage stellen und neue, lebensdienliche entwickeln?
Die Autoren ermutigen, sich mit dem Wertekorsett traditioneller Männlichkeit auseinanderzusetzen und sich durch ein tieferes Verständnis von dessen destruktiven Aspekten zu befreien. Darauf aufbauend geben sie einen praxisorientierten Leitfaden an die Hand, um durch Meditation, Selbstreflexion und dialogische Übungen persönlich zu wachsen, die eigene mentale Gesundheit zu stärken und relevante Kompetenzen für die Arbeitswelt im 21. Jahrhundert zu kultivieren.
„New Work Men ist ein erfrischend provokantes Manifest, das Männer dazu aufruft, sich von den starren Regeln der traditionellen Männlichkeit zu lösen. Die beiden Autoren ermutigen uns, tief in unsere Emotionen einzutauchen und neue Männlichkeitsbilder zu entwickeln, die nicht nur persönliches Glück fördern, sondern auch die Arbeitswelt revolutionieren können. Eine inspirierende Lektüre für alle, die mehr als nur Heldenmythen suchen!“
Dr. Michael Trautmann, Unternehmer, Autor von On the Way to New Work
„Wesentliche Elemente von New Work wie Kollaboration, Empathie und postheroische Führung sind bislang oft weiblich konnotiert. Jacomo und Daniel zeigen, dass – und wie – auch Männer in der neuen Arbeitswelt erfolgreich sein können. Und sogar glücklich. Dieses Buch ist ein lange überfälliges Plädoyer für die gute Zusammenarbeit aller Geschlechter."
Monika Frech, Co-Gründerin Dark Horse Innovation, Top 40 under 40
„New Work Men ist ein kraftvoller Aufruf zur Selbstreflexion und Veränderung. Daniel Pauw und Jacomo Fritzsche zeigen eindrucksvoll, wie Männer alte Rollenbilder überwinden und neue Wege der Zusammenarbeit und des Miteinanders entdecken können. Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, persönlichen Geschichten und praktischen Leitfäden inspirieren sie zu mehr Authentizität, emotionaler Intelligenz und echtem Wachstum – nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im persönlichen Bereich.”
Ali Mahlodji, Unternehmer, Autor & EU-Jugendbotschafter
Daniel Pauw ist Organisationspsychologe und systemischer Berater. In seiner Arbeit begleitet er Organisationen, Teams und Einzelpersonen auf dem Weg zu mehr New Work und kompetenter Selbstführung. Dafür baut er Brücken zwischen fundierter Wissenschaft und erprobter Praxis und verbindet agile Methoden mit psychologischem Tiefgang.
Jacomo Fritzsche arbeitet als Trainer, Coach und Familienvater. Neben der Co-Leitung des Instituts für Inklusive Organisationsentwicklung ist er als Interventionstrainer für das Social Neuroscience Lab der Max-Planck-Gesellschaft tätig. Mit Freude befähigt er Menschen dazu, ihre inneren Ressourcen zu entdecken, zu kultivieren und für den (Arbeits-)Alltag nutzbar zu machen.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
»New Work Men ist ein erfrischend provokantes Manifest, das Männer dazu aufruft, sich von den starren Regeln der traditionellen Männlichkeit zu lösen. Die beiden Autoren ermutigen uns, tief in unsere Emotionen einzutauchen und neue Männlichkeitsbilder zu entwickeln, die nicht nur persönliches Glück fördern, sondern auch die Arbeitswelt revolutionieren können. Eine inspirierende Lektüre für alle, die mehr als nur Heldenmythen suchen!«
DR. MICHAEL TRAUTMANN,Unternehmer, Autor von On the Way to New Work
»Wesentliche Elemente von New Work wie Kollaboration, Empathie und postheroische Führung sind bislang oft weiblich konnotiert. Jacomo und Daniel zeigen, dass – und wie – auch Männer in der neuen Arbeitswelt erfolgreich sein können. Und sogar glücklich. Dieses Buch ist ein lange überfälliges Plädoyer für die gute Zusammenarbeit aller Geschlechter.«
MONIKA FRECH,Co-Gründerin Dark Horse Innovation, Top 40 under 40
»New Work Men ist ein kraftvoller Aufruf zur Selbstreflexion und Veränderung. Daniel Pauw und Jacomo Fritzsche zeigen eindrucksvoll, wie Männer alte Rollenbilder überwinden und neue Wege der Zusammenarbeit und des Miteinanders entdecken können. Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, persönlichen Geschichten und praktischen Leitfäden inspirieren sie zu mehr Authentizität, emotionaler Intelligenz und echtem Wachstum – nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im persönlichen Bereich. Dieses Buch ist ein Manifest für eine neue Männlichkeit, die Mut, Verletzlichkeit und wahre Stärke vereint.«
ALI MAHLODJI,Unternehmer, Autor & EU-Jugendbotschafter
Daniel Pauw ist Organisationspsychologe und systemischer Berater. In seiner Arbeit begleitet er Organisationen, Teams und Einzelpersonen auf dem Weg zu mehr New Work und kompetenter Selbstführung. Dafür baut er Brücken zwischen fundierter Wissenschaft und erprobter Praxis und verbindet agile Methoden mit psychologischem Tiefgang.
Jacomo Fritzsche arbeitet als Trainer, Coach und Familienvater. Neben der Co-Leitung des Instituts für Inklusive Organisations- entwicklung ist er als Interventionstrainer für das Social Neuroscience Lab der Max-Planck-Gesellschaft tätig. Mit Freude befähigt er Menschen dazu, ihre inneren Ressourcen zu entdecken, zu kultivieren und für den (Arbeits-)Alltag nutzbar zu machen.
Wie wir Männer glücklicher werden und dabei die Evolution der Arbeitswelt mitgestalten
von JACOMO FRITZSCHE und DANIEL PAUW
Wir widmen dieses Buch all jenen Männern, die den Mut haben, sich auf den Weg zu machen und dem Leben zu dienen.
Vorwort von Waldemar Zeiler
Fünf Jahre weniger
Die richtige Zeit ist jetzt, aber ...
Safer Spaces für Männer?!
Geschlecht, Gender und Identitäten
Der Mann an sich
Auf der Flucht vor sich selbst – traditionelle Männlichkeit verstehen
Die Entstehung traditioneller Männlichkeit
Wann ist ein Mann ein Mann?
Die Vermessung traditioneller Männlichkeit
1. Keine Gefühle haben – hart und durchsetzungsfähig sein
2. Kein Versagen – gewinnen und recht haben
3. Keine weiblichen Attribute verkörpern – ein »echter« Mann sein
4. Keine Hilfe benötigen – Selbstständigkeit beweisen
Ein unendliches Spiel: Männlichkeit ist hart erkämpft und schnell verloren
8Die Folgen für uns Männer
New Work needs New Men
New Work braucht Organisationen und Menschen
Männer: Der Sand im Getriebe von New–Work–Transformationen?
Der New–Work–Männlichkeits–Gap
Die Folgen für (Arbeits–)Systeme
Toxisches Verhalten
Führungsdynamiken
Petromaskulinität
Fazit: Traditionelle Männlichkeit und das verborgene Potenzial
Intermezzo: Was wäre, wenn ...
Nach Hause kommen – der Weg zu radikal neuen Männlichkeiten
Traditionelle Männlichkeit: Auflösung eines Entwicklungstraumas?
Achtsamkeit und emotionale Intelligenz als Basiskompetenzen
Prinzip 1: Fühlen statt verdrängen
Prinzip 2: Brauchen statt beeindrucken
Prinzip 3: Entwickeln statt festhalten
Prinzip 4: Dienen statt dominieren
Gemeinsam neue Wege gehen – New Work Men Circle
Rück– und Ausblick
Epilog: eine Brücke für den New–Work–Männlichkeits–Gap
Über die Autoren
Danksagungen
Als Daniel und Jacomo mich erstmals ansprachen, in ihrem neuen Podcast New Work Men als Gast dabei zu sein, war ich zunächst superskeptisch. Ich konnte mir nichts vorstellen unter dem von ihnen genannten Thema ihrer Forschungsreise »New Work mit Fokus auf Männlichkeit«.
Dabei habe ich zum Thema New Work schon in vielen Podcasts und Interviews sprechen dürfen und glaubte, mich auszukennen. Meistens ging es um die Erfahrungen und die zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen Experimente, die ich als Gründer und Teammitglied von einhorn (einem Start-up für Kondome und Menstruationsprodukte) erlebte. Und es ging oft auch um die zahlreichen Begegnungen auf Vorträgen oder Panels und den Austausch mit anderen Menschen aus »klassischeren« Unternehmen, dem Mittelstand und Konzernen sowie Politik und Gesellschaft. Häufig stand dabei die Fragestellung im Fokus, wie die Wirtschaft sich verändern muss, um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.
Ein ganzes Buch habe ich sogar während der Coronazeit im Jahr 2020 mit Katharina Höftmann Ciobotaru darüber geschrieben. Unter dem Titel »Unfuck the economy« haben wir darin die wesentlichen Lessons learned unserer New Work-Reise bei einhorn beschrieben.
Auch beschäftige ich mich schon seit einiger Zeit mit intersektionalem Feminismus, schaue kritisch auf die Folgen des Patriarchats 10und habe einige Bücher über Männlichkeit und ihre verschiedenen Formen gelesen. Weiterhin habe ich mich intensiv mit meiner eigenen Männlichkeit im Rahmen eines zweijährigen trauma-informierten Inner Work-Trainings auseinandergesetzt.
Diese zwei Themen jetzt zu verbinden, New Work und Männlichkeit, machte mich also erst einmal skeptisch, da ich schon viele New Work Hypes erlebt habe. Gleichzeitig überwog jedoch meine Neugier, denn irgendwas räsonierte sehr stark in mir mit dieser spannenden Kombi, und so stimmte ich dem Podcast schließlich zu.
Wie Schuppen von den Augen fiel es mir, als ich den Begriff »New-Work-Männlichkeits-Gap« von Jacomo und Daniel das erste Mal hörte. Auch mir ist in den letzten Jahren vermehrt aufgefallen, dass New Work-Konzepte immer wieder in Unternehmen scheitern. Und auch, dass viel mehr Frauen als Männer in diesem Bereich aktiv sind und sehr oft frustriert das Handtuch werfen und innerlich kündigen, weil es einfach nicht vorangeht in ihren Organisationen.
Bisher erklärte ich mir das meist mit dem »unwilligen« Kapitalismus, der aufgrund des »shareholder value only«-Mantras nichts von dem kostspieligen und vermeintlich unproduktiven New Work hören wollte. Aber dass vor allem Männer, die in Deutschland immerhin über 70 % der Führungspositionen bekleiden, und ihre traditionelle Vorstellung von Mann-Sein eine Brandmauer für New Work sind, war für mich zugleich supereinleuchtend und superspannend, um weiterzuforschen.
Durch den Austausch mit Daniel und Jacomo im Podcast und durch das Lesen ihres wunderbaren Buches wurde ich Stück für Stück mit vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Praxisbeispielen liebevoll dazu eingeladen, meine eigenen Glaubenssätze zum Thema Neues Arbeiten und Wirtschaft neu zu denken und im Hinblick auf meine Sozialisierung und Identifizierung als Mann nochmals radikal zu hinterfragen. Nicht ganz einfach, wenn man regelmäßig selbst Vorträge als Experte für New Work hält;).
Während ich das schreibe, muss ich schmunzeln, denn meine Rippen tun weh und erinnern mich schmerzlich daran, dass ich noch so viele tolle Reden über New Work schwingen und feministische Bücher lesen kann und dennoch ein weiter Weg vor mir liegt. Denn 11wie viele andere Männer wurde ich traditionell männlich erzogen und sozialisiert. Im Buch wird dabei auf die psychologische Forschung eingegangen und daraus 4+1 Prinzipien traditionell männlicher Norm-Überzeugungen abgeleitet. Diese umfassen Aspekte wie innere Gefühlsabwehr, Dominanz und insbesondere auch Macht über Frauen anstreben, Arbeit an erster Stelle, Verachtung von Homosexualität, um jeden Preis Eigenständigkeit bewahren oder auch das Streben nach Status.
Aber zurück zu meinen Rippen. Sie sind geprellt, vielleicht sogar angebrochen. Ich schäme mich etwas, darüber zu schreiben, aber irgendwas sagt mir, dass es wichtig ist. Ausgerechnet auf einem traumainformierten Retreat mit vielen tiefen Gesprächen, Meditationen, Tanz und spirituellen Praktiken prelle ich mir meine Rippen im Kampf mit einem anderen Mann. Richtig gehört. Nach all den ruhigen Elementen des Retreats hat ein Teilnehmer in einer Pause liebevoll mit Meditationskissen und Yogamatten einen Ring ausgelegt und zu einem Playfight geladen. Ein Playfight ist eigentlich ein spielerischer Weg, körperlich in Kontakt miteinander zu gehen und sich auch zu messen, ohne einander wehzutun. Kniend ringt man miteinander und versucht, den anderen auf seine beiden Schultern zu drücken. Dann ist der Kampf zu Ende, und der Gewinner steht fest. Magisch wurde ich und viele andere, vor allem männliche Teilnehmer, aber auch Frauen und Kinder davon angezogen. Sofort ging ich in den Kreis, ohne mich aufzuwärmen, und ein sympathischer junger Mann stand auf Knien vor mir. Ich fragte ihn noch kurz, ob er irgendeine Erfahrung mit Kampfsport hat. Als er antwortete, dass er Brazilian Jiu Jitsu praktiziert, legte sich ein roter Schalter in meinem Kopf um. Ohne jeglichen Raum für Reflexion, fast automatisch kam ich in einen berauschenden Wettbewerbsmodus, Adrenalin rauschte durch meinen Körper. Es fühlte sich an, also ginge es um Leben und Tod – und wenn ich mein Gegenüber nicht sofort »platt« mache und dominiere, wird er das mit mir tun. In einer Millisekunde ging ich meine Optionen durch und kam zu dem Entschluss, dass ein Überraschungsmoment meine einzige Chance war. Ich wusste ja, dass er aktiver Kampfsportler ist, aber er wusste nicht, dass ich als Kind fünf Jahre lang im Verein gerungen hatte. Meine Muskeln konnten sich auch noch an meinen Lieblingsangriff 12von damals – einen Kopf-Hüft-Wurf – erinnern. Wir klatschen ab, als Signal, dass es losging, und wie von einer Tarantel gestochen sprang ich meinen verdutzten Gegner an, schmiss ihn über meine Hüfte und drückte seine Schultern zu Boden, während ich seinen Arm und Kopf in meinem festen Griff hatte.
Nicht nur er war von meiner ehrgeizigen Interpretation eines Playfights sichtlich überrascht, auch die Zuschauerinnen und Zuschauer wirken etwas irritiert. Meine Euphorie ob des geglückten Überraschungsangriffs währte nur kurz, denn zwei Sekunden später umschlangen seine beiden Beine gekonnt meinen Kopf und machten kurzen Prozess mit mir. Resultat waren einige kleinere Zerrungen und die besagte Rippenprellung.
Erst Stunden später realisierte ich etwas beschämt, wie die oben beschriebenen Prinzipien traditioneller Männlichkeit, u.a. Dominanz, Gewinnen müssen und eine hohe Risikobereitschaft, meinen Autopilot haben starten lassen und ich deswegen wochenlang keinen Sport machen und nur schlecht schlafen konnte. Und vor allem machten sich Traurigkeit und Reue bei mir darüber breit, dass ich diesen eigentlich schönen Moment mit einem wirklich coolen Mann so verschwendet habe Nicht ganz, denn ich habe auch daraus gelernt. Unter anderem, wie tief meine traditionell männliche Sozialisierung in meinem Körper sitzt und wie gern ich mehr Raum zwischen Reiz und Reaktion bringen möchte. Die Wege dahin sind unterschiedlich und dieses Buch und die darin enthaltenen Erklärungen und Praxisübungen können ein erster Denkanstoß dazu sein, sich glücklicher und vor allem lebendiger zu fühlen, indem man seine (oft unbewusst gelernten) Glaubensmuster hinterfragt. Nicht nur bei der Arbeit, aber da diese einen wesentlichen Teil der Lebenszeit insbesondere bei Männern ausmacht, eine gute Idee für einen Anfang!
Waldemar Zeiler, Berlin im Juli 2024
Die Initialzündung für dieses Buch entstand aus einer Reihe von persönlichen Beobachtungen: In unserer Arbeit mit und in Unternehmen, sei es als Trainer, Berater oder Coach, stellten wir immer wieder fest, dass sich mehr Frauen als Männer für New Work interessieren. Und sich nicht nur dafür interessieren, sondern auch ein größeres Talent für »New Work-Kompetenzen« und die Entwicklung des entsprechenden »Mindsets« zu haben scheinen. Wir fragten uns: Ist New Work weiblich?
Die Antwort auf diese Frage können wir vorwegnehmen: Nein, New Work ist natürlich nicht weiblich. Aber New Work zu leben und mit anderen zu gestalten, fordert ein hohes Maß an Selbstführung und sozialen Kompetenzen. Nach den ersten Stunden unserer Recherche fiel uns bereits auf, dass es eine bisher nicht thematisierte Kluft zwischen unseren Vorstellungen von Männlichkeit und den Idealen von New Work gibt. Um nur ein paar zu nennen: Da waren die Forschungsergebnisse von Thomas Malone, die aufzeigen, dass die kollektive Intelligenz von Arbeitsgruppen mit der Anzahl der männlichen Mitglieder abnimmt, da Männer im Durchschnitt aufgrund ihrer Sozialisation geringere soziale Sensitivität aufweisen. Oder die verzerrte Selbstwahrnehmung von männlichen Führungskräften, die sich systematisch überschätzen und im Mittel schlechter abschneiden als ihre weiblichen Kolleginnen. Diese Kluft bildete gewissermaßen 14den Startpunkt für dieses Buch. Was wir beim Erforschen dieser Kluft fanden, ließ uns nicht mehr los. Wir begannen tiefer in die Thematik einzutauchen:
Haben andere Praktiker und Praktikerinnen1 ähnliche Erfahrungen gemacht? Was sagt die wissenschaftliche Forschung? Gibt es Studien, die unsere persönlichen Erfahrungen stützen oder eine neue, andere Perspektive eröffnen? Machen wir hier aus einer Mücke einen Elefanten?
Wir stießen bald auf das Thema traditionelle Männlichkeit als ein Set an Werten, Verhaltensweisen und anderen Identitätsvorgaben, die uns sagen, wie Männer »zu sein« haben. Wir waren überrascht, wie tief in uns als Einzelpersonen und breit in der Gesellschaft diese traditionellen Identitätsmuster wirken. Auch deshalb, weil wir in Schule, Studium, Beruf oder anderen Kontexten eigentlich nie etwas darüber gelernt haben. Wir bemerkten immer mehr, welche Erwartungen an Männlichkeit wir selbst bedienen und dass wir damit eigentlich oft nicht glücklich oder okay sind. Als wir im Laufe unseres eigenen Erkenntnisprozesses immer mehr erkannten, wo wir überall – rückblickend unnötig, aber oft alternativlos – hart zu uns selbst waren, fühlten wir uns manchmal ertappt. Wir spürten Traurigkeit, wenn wir bemerkten, wo es uns selbst immer wieder schwergefallen ist, über emotional bewegende Themen zu sprechen oder mit ihnen in Kontakt zu kommen. Und manchmal waren wir fassungslos, wenn wir wieder Neues über die weitreichenden Auswirkungen von traditioneller Männlichkeit erfuhren.
Nach vielen Gesprächen zwischen uns als Autorenteam, mit inspirierenden Gästen in unserem New Work Men Podcast und vielen anderen Menschen sowie der Recherche eines breiten Fundus an wissenschaftlichen Studien und praxisorientierten Initiativen konnten wir eine eindeutige Bilanz ziehen: Unsere – überwiegend unbewusst 15erlernten – Männlichkeitsbilder sind nicht nur schädlich für New Work und den Arbeitskontext, sondern auch für unsere eigene Gesundheit, unsere Fähigkeit, ein erfülltes Leben zu leben und liebevoll für uns selbst und andere bis hin zum Planeten Erde zu sorgen.
Die Fakten liegen auf dem Tisch: Wir Männer haben ein Problem. Und das Problem ist nicht das Mann-sein per se. Sondern wie sich Männlichkeit durch uns ausdrückt – wie wir Männlichkeit leben. Und als »Bonus-Problem« reden wir Männer nicht bzw. sehr wenig über unsere eigenen Schwierigkeiten. Es handelt sich also auch um ein Problem-Problem. Wir haben nicht nur ein Problem, sondern wir thematisieren auch insgesamt zu wenig eigene Herausforderungen, wodurch es besonders schwierig wird, in einen Lösungsraum zu gehen und uns weiterzuentwickeln. Was hier vielleicht noch etwas kompliziert klingt, wollen wir später im Buch genauer beleuchten. Und pragmatische Ansätze für Lösungen diskutieren und dazu einladen, diese individuell und gemeinsam umzusetzen.
Falls du noch etwas ungläubig bist, haben wir eine Zahl für dich: Fünf. Diese Fünf beschäftigte uns entlang des Schreibprozesses immer wieder. Sie ist für uns Ergebnis und gleichzeitig Ausdruck für das stille Leiden der Männer: Rund fünf Jahre leben wir Männer in Deutschland kürzer als Frauen.2 Warum? Ein kleiner Teil lässt sich genetisch erklären: Durch die zwei X-Chromosomen ist der weibliche Genpool, stark vereinfacht gesagt, etwas resilienter. Viel bedeutender sind jedoch der individuelle Umgang mit Belastungen und Stress, der Konsum von schädlichen Substanzen wie Alkohol und Zigaretten, das Maß an gesundheitsschädlichem Verhalten oder auch die Risikobereitschaft bis hin zu Suiziden. In all diesen Bereichen schneiden Frauen im statistischen Mittel mit Blick auf die Lebenserwartung (teils deutlich) besser ab. So erklärt sich der Unterschied in der Lebenserwartung letztlich vor allem aus der Gestaltung und Führung des eigenen Lebens. Etwas platt formuliert: Im direkten Vergleich kümmern wir 16Männer uns einfach (viel) schlechter um uns selbst als Frauen. Und, wie wir später aufzeigen werden, auch oft um andere und unser ökologisches Umfeld.
Man könnte es als Wahrnehmungslücke, vielleicht auch als Tabuthema bezeichnen; in jedem Fall als ein Phänomen, welches unserer Meinung nach nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommt: das oftmals stille, emotionale Leiden der Männer selbst unter dem mentalen Korsett tradierter männlicher Normen. Die Autorin bell hooks3 beschreibt es treffend in einem ihrer Bücher: »Der erste Akt der Gewalt, den das Patriarchat4 von Männern verlangt, ist nicht die Gewalt gegen Frauen. Stattdessen verlangt das Patriarchat von allen Männern, dass sie sich auf Handlungen der psychischen Selbstverstümmelung einlassen, dass sie die emotionalen Teile ihrer selbst abtöten«5.
Es waren Zitate wie dieses und die Arbeiten vieler Pioniere und Vordenkerinnen, die uns schließlich inspirierten, durch diese »Brille« auf das Thema Männlichkeit allgemein und im Speziellen weiterhin im Kontext von New Work zu schauen. Ebenso wie eine Vielzahl persönlicher Erfahrungen der letzten Jahre, die uns berührt haben: Momente mit unseren männlichen Freunden, wo auf einmal die Maske gefallen ist und lang unterdrückte Gefühle zum Vorschein kamen. Situationen in Workshops, wo Männer den Mut hatten, andere Menschen hinter ihre eingespielte Fassade blicken zu lassen und dadurch mehr Verbundenheit entstand. Eigene Erfahrungen, bei denen in Seminaren für uns selbst spürbar wurde, wie limitierend Mann-sein sein kann und wie fantastisch (und auch immer wieder herausfordernd bis schmerzhaft) es sich anfühlen kann, mehr Gefühle zuzulassen. Es sind genau solche Situationen, in denen plötzlich eine emotionale 17Tiefe und Authentizität sichtbar wurde, verschollen geglaubte Bedürfnisse nach Nähe und Verbundenheit ihren Weg an die Oberfläche und in den Kontakt zu anderen Menschen gefunden haben, die eine tiefe Resonanz in uns ausgelöst haben.
Uns wurde immer klarer, dass dies nicht nur ein New Work-Buch mit dem Fokus »Männer in der Arbeitswelt« werden sollte, sondern insbesondere ein Buch über die innere Arbeit, die wir Männer mit und für uns selbst neu denken und machen dürfen. Wir wollten Antworten und Ansatzpunkte auf eine große Frage finden: Wie können wir Männer glücklicher werden und dabei nicht nur uns selbst, sondern auch die Entwicklung der Arbeitswelt retten?
Also Männer, die die Welt retten? Klingt das nicht nach überholtem männlichen Heldenmythos und Größenwahn? Ja und nein. Ja, weil es höchste Zeit ist, damit aufzuhören, Männer oder irgendeine Gruppe von Menschen in einer Weise zu glorifizieren, die andere Menschen und Gruppen abwertet. Und nein, weil wir davon überzeugt sind, dass eben auch wir Männer nicht nur die Verantwortung mittragen, sondern auch ein enormes Potenzial haben, die notwendige Transformation von Arbeit und Gesellschaft mitzugestalten. Wir haben diese Frage bewusst provokant gestellt, um genau an diesem Narrativ des handlungsstarken und wirkmächtigen Mann anzuschließen, es dann aber infrage zu stellen und dadurch Möglichkeiten für neue Männlichkeitsbilder zu entwickeln, die unserem Lebensglück, der Gemeinschaft und letztlich auch der Gesellschaft wirklich wirklich dienen können. Wir begeben uns daher mit diesem Buch auf die Suche nach lebensdienlichen Männlichkeiten.
Genug zu tun gibt es auf jeden Fall. Und wir wollen in diesem Buch nicht um den heißen Brei reden, sondern konkret und praktisch werden. Also: Bereit, auf diese Fragen neue Antwortmöglichkeiten zu finden?
1 Wir verwenden in diesem Buch für den Lesefluss entweder geschlechtsneutrale, beide oder wechseln offensichtlich zwischen den maskulinen und femininen Endungen. Wir sind uns bewusst, dass es Lesende gibt, die sich nicht eindeutig dem einen oder anderem Geschlecht zuordnen und möchten darauf hinweisen, dass wir in der Regel alle mit einbeziehen. Wenn explizit eine bestimmte Geschlechtsgruppe gemeint ist, wird die Endung kursiv dargestellt.
2 Angaben des statistischen Bundesamtes auf Basis der Daten 2020/2022; eine lesenswerte Aufarbeitung internationaler statistischer Daten finden sich hier: Dattani, S. & Rodés-Guirao, L. (2023). Why do women live longer than men?. Zugriff über OurWorldInData.org, abgerufen am 10. August 2024.
3 Der Name ist ein Pseudonym und beabsichtigt kleingeschrieben. Die international einflussreiche Autorin und Feministin wollte damit ausdrücken, dass ihre Ideen und nicht ihre Identität im Vordergrund stehen sollen.
4 Das Patriarchat baut auf dem Wertekorsett traditioneller Männlichkeit auf und beschreibt laut verschiedener Gesellschaftstheorien ein (vaterrechtliches) System sozialer Beziehungen, Werte, Normen und Verhaltensmuster, die vorwiegend von Männern geprägt sind und eine bevorzugte Stellung von Männern begünstigen.
5 bell hooks (2022): Männer, Männlichkeit und die Liebe – Der Wille zur Veränderung. Elisabeth Sandmann Verlag.
Was vielen Frauen und anderen Gender-Identitäten schon lange klar ist, wird zunehmend auch für uns Männer im Allgemeinen spürbar: Es gibt ein Spannungsfeld zwischen den gesellschaftlichen Entwicklungen und unseren Selbstverständnissen des Mann-seins. In Talkshows, in ehrlichen Gesprächen mit Freundinnen und Freunden, auf der Arbeit oder auch an anderer Stelle merken wir immer wieder: Das alte Männlichkeitsideal wird infrage gestellt und gerät zunehmend unter Druck. Es passt nicht mehr so richtig. Neue und progressive Ideale entstehen hier und da, sind aber noch fern davon, greifbar oder konkret zu sein. Es gibt ein »Weg-von«, aber noch kein neues »Hin-zu«.
Der Veränderungsdruck kommt von verschiedenen Richtungen. Er führt häufig zunächst zu einer Haltung der Verteidigung (»fight«), Verneinung (»flight«) oder lähmenden Ignoranz (»freeze«). Und nur wenn Neugier und die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden sind, wird daraus potenziell ein Suchprozess außerhalb des bekannten Rahmens.
Aus dieser aktuellen Lage entsteht ein Identitätsvakuum der Männlichkeit. Dieses kann auf der individuellen Ebene zu Unsicherheit führen: Wer bin ich als Mann? Wie darf oder soll ich mich als Mann zeigen und ausdrücken? Aber auch in der Arbeitswelt und mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen führt dieses Vakuum dazu, dass viele Gestaltungsräume von Männern nicht aus einem gesunden Selbst-bewusst-sein heraus gefüllt werden. Der »Männerpsychologe« Björn Süffke spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Existenzgründungskrise moderner Männlichkeit, die im Wesentlichen darin besteht, dass »viele von moderner Männlichkeit sprechen, aber eigentlich keiner so genau weiß, wie diese aussieht und wofür wir sie überhaupt brauchen«6. Und das ist in einem gewissen Sinne auch gut so. Denn Emanzipation heißt auch, bestehende Rollenmuster gerade nicht mit einem neuen Muster zu ersetzen. Deshalb müssen wir jetzt über neue Männlichkeiten sprechen.
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