New York 1999 - Harry Harrison - E-Book

New York 1999 E-Book

Harry Harrison

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Beschreibung

Glückliches neues Jahrhundert!

New York kurz vor der Jahrhundertwende: 35 Millionen Menschen leben in der Stadt, die längst nicht mehr in der Lage ist, alle mit den einfachsten Mitteln zu versorgen. Alle leben auf engstem Raum, Trinkwasser ist rationiert, und echte Nahrung können sich nur die Reichen leisten. Als Billy Chung durch Zufall entdeckt, dass die Alarmanlage der Wohnung von Big Mike, einem Unterweltboss, ausgefallen ist, macht er sich das zunutze und raubt ihn aus. Mike überrascht ihn dabei, Billy tötet ihn. Dem Polizisten Andy Rusch werden die Ermittlungen übertragen, doch sein Arbeitseifer schlägt zunehmend in Besessenheit um ...

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HARRY HARRISON

NEW YORK

1999

Roman

Vorwort des Herausgebers

1972 erschien der erste ›Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit‹ unter dem Titel Die Grenzen des Wachstums, hrsg. von Dennis Meadows u.a., ein dringender Appell an die Welt und an die Verantwortung der Industrienationen, dass die Menschheit durch ihre unkontrollierte Fortpflanzung zunehmend in eine Krise gerate, die ihre Existenzmöglichkeiten gefährde. Anhand von Statistiken und Hochrechnungen wurde dargestellt, dass das exponentielle Wachstum innerhalb des nächsten Jahrhunderts auf allen Gebieten der Versorgung und Umweltnutzung an Grenzen stoßen werde.

»Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält«, so heißt es in der Einleitung, »werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit führt dies zu einem ziemlich raschen und nicht aufhaltbaren Absinken der Bevölkerungszahl und der industriellen Kapazität.« Und zusammenfassend kommt das Gremium zu dem Schluss: »Jeder Tag weiterbestehenden exponentiellen Wachstums treibt das Weltsystem näher an die Grenzen des Wachstums. Wenn man sich entscheidet, nichts zu tun, entscheidet man sich in Wirklichkeit, die Gefahren des Zusammenbruchs zu vergrößern. Wir können nicht mit Sicherheit voraussagen, wie lange der Mensch die Kontrollmaßnahmen gegen das Wachstum noch hinausschieben kann, ehe er die Möglichkeit dazu verliert. Ausgehend von unserem gegenwärtigen Wissen über die physischen Lasten auf unserem Erdball, ist stark zu vermuten, dass die Wachstumsphase kein weiteres Jahrhundert mehr anhalten kann. Wenn die Menschheit wartet, bis die Belastungen und Zwänge offen zutage treten, hat sie – wegen der zeitlichen Verzögerungen im System – zu lange gewartet.«

Trotz dieser beschwörenden Worte, trotz der dramatisch ansteigenden und dann jäh abstürzenden Kurven bleibt dieser Appell irgendwie abstrakt. Es geht zwar um Menschenleben, sogar um das Leben vieler Millionen, ja vielleicht Milliarden Menschen, das unter diesen fatalen Umständen vorzeitig ein Ende finden wird unter den Qualen des Verhungerns und Verdurstens, der kriegerischen Auseinandersetzungen um die schwindenden Ressourcen und grassierenden, durch Unterernährung begünstigten Seuchen, aber es sind statistische Opfer, statistische Menschen, deren Tod uns nicht persönlich berührt, weil es immer irgendwelche andere, womöglich in fernen Regionen wohnende und weniger vom Glück begünstigte Erdenbürger betrifft, nicht aber einen selbst.

Sechs Jahre vor Die Grenzen des Wachstums erschien in den USA der Roman eines damals noch kaum bekannten SF-Autors, der zunächst wenig Aufsehen erregte, aber der geeignet war, jedem, der ihn las, das Fürchten zu lehren. Sein Titel: Make Room! Make Room! Sein Autor: Harry Harrison.

An diesem Roman lässt sich exemplarisch zeigen, was die Science Fiction im Gegensatz zur Futurologie vermag und was sie – unter anderem – von dieser Zukunftwissenschaft unterscheidet. Wo jene mit Zahlen aufwartet, kann sie ins Bild setzen; wo jene mit Grafiken demonstriert, kann sie ein lebendiges Ambiente schaffen; wo jene mit Mengen argumentiert, stellt sie Menschen in den Mittelpunkt, mit denen man sich identifizieren, mit denen man fühlen und leiden kann; kurzum: die Science Fiction ist in der Lage, eine Welt, die es nicht gibt, noch nicht gibt, erlebbar zu machen; sie ist in der Lage, mit Bildern und Emotionen zu argumentieren.

Der Bericht des Club of Rome wurde gewiss von Hunderttausenden gelesen – und ›zur Kenntnis genommen‹, wie der zweite und der dritte Bericht auch, sicher auch von vielen politisch einflussreichen Zeitgenossen. Auch vom Papst? – Von Rom hätte eine Erschütterung ausgehen müssen, so die Absicht der Initiatoren, doch es bewegte sich wenig. Viel zu wenig. Schon nebenan, im Vatikan, war nichts zu spüren. Doch wie sollte jemals irgend etwas diese entsetzliche Starre zu bewegen in der Lage sein? Jedenfalls nicht die 40 000 Kinder, die Tag für Tag sterben, rund um den Erdball. Geborenes Leben, todgeweiht, chancenlos die Schwächsten. Dort sorgt man sich ums ungeborene Leben, als ob es nicht schon viel zu viel geborenes gäbe, für das gesorgt werden muss.

Der Roman hat sicher viel weniger Leser gefunden als der Bericht des Club of Rome. (Zumal er aus der vermeintlichen literarischen ›Schmuddelecke‹ stammt, als welche die Science Fiction – sie wissen's nicht besser – so vielen immer noch gilt.) Und die Leser, die er erreicht hat, waren erfahrungsgemäß die falschen, weil sie nicht viel zu bewegen in der Lage sind und die Sorgen des Autors längst teilten.

Inzwischen gibt es diese Welt längst: In Mexico City und Caracas, in Manila, Neu Delhi und Kalkutta ist sie längst schaurige Wirklichkeit geworden, ja wurde von der Wirklichkeit übertroffen. Manchem Bewohner dieser Städte mag Harrisons Vision von einem übervölkerten New York vielleicht gar nicht so schlecht dünken angesichts der Verhältnisse, in denen er vegetiert, aber für uns Bewohner der sog. Ersten Welt sind die Bilder, die der Autor vor 33 Jahren schuf, immer noch stark: die Bewohner von Autowracks, die bis zum Tod ihre provisorischen Behausungen gegen andere Obdachlose verteidigen, der Kampf um Wasserstellen mitten in der Großstadt, der kriminelle Schwarzmarkt um echtes Fleisch, die Prostitution ums tägliche Brot, die von den Behörden verfügte Einquartierung einer kinderreichen Familie mit ihrer schwachsinnigen Brut in die Privatsphäre einer Wohnung, in der man seit Jahren lebt. Und doch … und doch wird man mit Unbehagen inne, wie auch da die Gewöhnung bereits eingesetzt hat. Die Bilder aus Biafra, aus Äthiopien, der Sahelzone – sie tun ihre Wirkung, erodieren unmerklich das Mitgefühl, stumpfen ab, verhärten das Herz.

1973 nahm Richard Fleischer den Roman als Vorwurf für seinem Film Soylent Green (deutsch: … Jahr 2022 … die überleben wollen).

Von Make Room! Make Room! blieb wenig übrig (Drehbuch: Stanley R. Greenberg). Den Filmemachern waren die Bilder des Elends und der Verzweiflung zu schwach für ein breites Publikum. Sie glaubten – zum Unwillen des Autors – nicht auf die ›pikante‹ Sensation des Kannibalismus verzichten zu können: ›Soylent Green‹ ist das aufbereitete Fleisch der Toten, das an die hungernden Massen der Lebenden verfüttert wird. Harrison empfand dies als überflüssige, ja kontraproduktive Effekthascherei. Mit Recht! Das – nur nebenbei – ist der Unterschied zwischen Science Fiction und SciFi, dem unsäglichen Schrott, der das Label SF zunehmend und wahrscheinlich irreparabel demoliert. Trotzdem ist Soylent Green immer noch einer der besseren SF-Filme.

Harry Harrison, geb. 1925 in Stamford, Connecticut, ist heute längst ein arrivierter Autor. Er hat keine weitere Dystopie geschrieben, die so düster und beklemmend ist wie dieser Roman. Seine übrigen Romane sind eher lustig, aber mit sozialkritischem Biss und voll von ätzendem Sarkasmus, wenn es ums Militär oder die Macht der Bonzen geht.

Harry Harrison kennt die Welt, hat sie bereist, hat in Italien gelebt und in Mexiko und im stockprotestantischen Dänemark ebenso wie im stockkatholischen Irland. Vom Christentum hält er nichts. Es hat, so seine feste Überzeugung, nur Unglück und Unheil über die Welt gebracht, war und ist ein Nährboden für Falschheit, Heuchelei und Hass.

Soeben hat er zusammen mit dem Historiker und Literaten Tom Shippey (Pseudonym: John Holm) das Monumentalwerk The Hammer and the Cross fertiggestellt, eine umfangreiche Trilogie, die in einer Parallelwelt spielt, in der nicht die christliche, sondern die nordische Religion der Wikinger den Sieg davonträgt und über das Abendland herrscht: Fazit: Um kein Jota besser, nur die Mordinstrumente haben gewechselt: der Streithammer anstatt des Kreuzes führt das Regiment.

Copyright © 1999 by Wolfgang Jeschke

Prolog

Im Dezember 1959 erklärte Dwight D. Eisenhower, der Präsident der Vereinigten Staaten: »Diese Regierung … wird … solange ich hier stehe, keinen positiven politischen Grundsatz in ihrem Programm haben, der sich mit dem Problem der Geburtenkontrolle befasst. Das ist nicht unsere Angelegenheit.« Es war seit diesem Zeitpunkt nie die Angelegenheit irgendeiner amerikanischen Regierung.

Im Jahre 1950 verbrauchten die Vereinigten Staaten mit nur 9,5 Prozent der Weltbevölkerung 50 Prozent der Rohstoffe auf der Erde. Dieser Prozentsatz steigt ständig an, und bei der gegenwärtigen Wachstumsrate werden die Vereinigten Staaten binnen fünfzehn Jahren über 83 Prozent der Jahresproduktion aller Rohstoffe auf der Erde verbrauchen. Wenn die Bevölkerung im gleichen Maßstab weiterwächst, wird dieses Land zum Ende des Jahrhunderts mehr als 100 Prozent der Erdrohstoffe benötigen, falls der derzeitige Lebensstandard gehalten werden soll. Das ist eine mathematische Unmöglichkeit – abgesehen davon, dass es zu diesem Zeitpunkt auf dieser Erde etwa sieben Milliarden Menschen geben wird, die – vermutlich – von den Rohstoffen gerne auch etwas hätten.

Montag, 9. August 1999

NEW YORK – den vertrauensseligen Indianern von den verschlagenen Holländern gestohlen, den gesetzestreuen Holländern von den kriegerischen Briten abgenommen, den friedlichen Briten wiederum von den revolutionären Kolonialisten entwunden. Die Bäume werden seit Jahrzehnten gerodet, die Hügel eingeebnet, die Teiche trockengelegt, während die kristallklaren Quellen unter dem Erdboden eingeschlossen sind und ihr reines Wasser direkt in die Kanalisation ergießen. Verstädternde Greifarme von ihrer Insel ausstreckend, ist die Stadt zu einer Megalopolis geworden. Vier ihrer fünf Bezirke bedecken die Hälfte einer über hundert Meilen langen Insel, umschließen eine zweite Insel und breiten sich den Hudson River hinauf über das Festland von Nordamerika aus. Der fünfte und Ursprungsbezirk ist Manhattan: ein Block aus Urgranit und metamorphem Gestein, auf allen Seiten von Wasser umgrenzt, wie eine Spinne aus Stahl und Stein mitten in ihrem Netz aus Brücken, Tunnels, Röhren, Kabeln und Fähren hockend.

Unfähig, sich in der Fläche auszudehnen, ist Manhattan in die Höhe ausgewichen, von seinem eigenen Fleisch zehrend, wenn es die alten Gebäude niederreißt, um sie durch neue zu ersetzen, höher, immer höher hinaus – aber nie hoch genug, denn für die ungeheuere Zahl der Menschen, die sich hier auf engstem Raum zusammendrängen, scheint es keine Begrenzung zu geben.

Sie drängen von außen herein und gründen ihre Familien, und ihre Kinder und deren Kinder gründen Familien, bis die Stadt bevölkert ist, wie nie eine andere Stadt auf der Erde es zuvor gewesen ist.

1

Die Augustsonne stach durch das offene Fenster und brannte auf Andrew Ruschs nackte Beine, bis ihn der Schmerz aus den Tiefen betäubten Schlafes hochzerrte. Langsam nur kam ihm die Hitze zum Bewusstsein, das feuchte, raue Laken unter seinem Körper. Er rieb sich die verklebten Lider, starrte zur rissigen, fleckigen Decke hinauf, war nur halb wach und fand sich nicht zurecht, wusste in den ersten Augenblicken des Erwachens nicht, wo er war, obwohl er schon seit über sieben Jahren in diesem Zimmer hauste. Er gähnte, und das seltsame Gefühl der Fremdheit verschwand, während er nach der Uhr tastete, die er immer auf den Stuhl neben dem Bett legte, gähnte wieder und betrachtete blinzelnd die hinter dem zerkratzten Glas verschwommen sichtbaren Zeiger. Sieben. Sieben Uhr früh, und in dem kleinen Fenster stand eine ›9‹. Montag, neunter August 1999 und schon jetzt heiß wie in einem Schmelzofen. Die Hitzewelle sengte und erstickte New York nun schon seit zehn Tagen. Andy kratzte sich an der Hüfte, zog die Beine aus der Sonne und knüllte das Kissen unter dem Kopf zusammen. Von der anderen Seite der dünnen Trennwand, die den Raum in zwei Hälften teilte, drang ein rasselndes Surren herüber, das sich schnell zu schrillem Heulen steigerte.

»Morgen«, schrie er hinüber und begann zu husten. Hustend und widerwillig stand er auf, ging durchs Zimmer, um aus der Wandzisterne ein Glas mit Wasser zu füllen. Es rann dünn und bräunlich. Er trank, klopfte mit den Knöcheln an die Skala und sah den Zeiger nahe der Leermarke auf- und niederhüpfen. Der Tank musste aufgefüllt werden, darum hatte er sich zu kümmern, bevor er um vier Uhr im Polizeirevier seinen Dienst antrat. Der Tag hatte begonnen.

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