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Das Be6! Leadership Framework der Haufe Akademie zeigt, wie dies gelingen kann und ist damit ein Kompass, der Unternehmen auf ihrem Weg zur nächsten Führungsgeneration begleitet. Es bietet praxisnahe und leicht verständliche Ansätze und Lösungen für die heutigen Herausforderungen von Führungskräften. Die praktische Anwendung des Be6! Leadership Frameworks wird durch spannende Use-Cases und mutmachende Interviews mit Stakeholdern veranschaulicht. Das Buch bietet Personalentwicklerinnen, HR-Verantwortlichen und Führungskräften Inspiration, Tools und praktische Einblicke, um eine erfolgreiche Führungskräfteentwicklung in Zeiten von New Work und New Leadership zu gestalten. Inhalte: - Warum Sie ein neues Framework für Ihre Führung benötigen: aktuelle Megatrends der Arbeitswelt und (neue) Anforderungen an Führung heute - Welche Haltungen und Kompetenzen Führungskräfte brauchen, um Ihr Team erfolgreich in die Zukunft zu führen: das "Haufe Be6! Leadership Framework" - Wie das Be6! Leadership Framework Sie unterstützen kann: Use Cases aus der PraxisDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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Seitenzahl: 278
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Simon Beck
Next Generation Leadership
1. Auflage 2024, Januar 2024
© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): © gettyimages, Tom Werner
Produktmanagement: Bettina Noé
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In einer Zeit von tiefgreifenden Veränderungen in Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft ist es essentiell, dass Führungskräfte ihre Rolle zukunftsfähig interpretieren und umsetzen, dass sie Next Generation Leader werden, die in der Lage sind, vom reaktiven Survivalmodus in eine proaktive Gestalterrolle umzuschalten. Das Be6! Leadership Framework der Haufe Akademie zeigt, wie dies gelingen kann. Es ist ein Kompass, der Unternehmen auf ihrem Weg zur nächsten Führungsgeneration begleiten kann, und bietet praxisnahe und leicht verständliche Ansätze und Lösungen für die aktuellen Herausforderungen von Führungskräften.
Dieses Buch richtet sich somit in erster Linie an Professionelle aus den Bereichen der Personal- und Organisationsentwicklung und des HR-Bereichs allgemein, welche für die Führungskräfte in ihren Unternehmen einen neuen Zugang zu einer modernen Führungskräfteentwicklung suchen. Aber auch Führungskräfte selbst können von den weiterführenden Gedanken zum Be6! Framework profitieren und anhand der vielen Reflexionsfragen in einem Selbstcoaching neue Einsichten entwickeln. In erster Linie aber wollen wir allen Professionellen und Interessierten zeigen, welche Haltungen und Kompetenzen Führungskräfte heute benötigen, um ihr Team erfolgreich in die Zukunft zu führen und wie sie das Be6! Leadership Framework in ihrer täglichen Führungspraxis einsetzen können.
Auch wenn hier nur ein Autor genannt wird, ist das Be6! Framework und schlussendlich auch dieses Buch als Ergebnis der intensiven Diskussion und Weiterentwicklung von Ideen innerhalb von agilen Teams der Haufe Akademie entstanden. Besonders danken möchte ich daher den Mitgliedern des Product Councils Führung und Leadership und des Be6! Councils sowie allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich Inhouse Consulting in Neu-Isenburg und in Freiburg. Ihr habt mich in vielen Gesprächsrunden, Kundenprojekten und Workshops immer wieder inspiriert, mir weitergeholfen, neue Ideen eingebracht und geschärft und so das Framework laufend weiterentwickelt.
Ebenfalls vielen herzlichen Dank an alle Interviewpartner und -partnerinnen, welche das vierte Kapitel mit Erfahrungswerten aus der täglichen Führungspraxis bereichert haben. Großen Dank auch an alle weiteren externen Expertinnen und Experten, die uns im Be6! Trainer Lab der Haufe Akademie unterstützen. Besonders danken möchte ich unserem Geschäftsführer Holger Schmenger, der als Auftraggeber und Sponsor zur Erarbeitung des Be6! Leadership Frameworks wesentlichen Anteil am Gelingen dieses Projekts hatte. Ein großer Dank geht auch an meine ehemaligen und heutigen Kolleginnen und Kollegen im Be6! Kernteam: Nicole d’Ascenzo, Sophie Both, Dr. Johannes von Mikulicz-Radecki, Antonia Mehrhoff, Gina Rumsauer, Lea Helmboldt, Lara Adam und Jeniffer Malsam.
Nun sind Sie dran! Setzen Sie das Be6! Leadership Framework in Ihrem Team und im Unternehmen ein und berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen. Unter [email protected] freuen wir uns über Ihre Rückmeldungen, Eindrücke, Fragen, Anregungen, Ergänzungen, Kommentare und jegliche Form von konstruktivem Feedback. And don’t forget: Be brave! – Be6!
Dr. Simon Beck
Ravensburg, 09.10.2023
»May leadership be for you
A true adventure of growth.«
(John O’Donohue)
Es ist der 29. April 2023, ein sonniger Samstagabend in Zürich, als Barack H. Obama, der 44. Präsident der Vereinigten Staaten, um 20 Uhr die Bühne betritt. 10.000 Menschen jubeln dem globalen politischen Rockstar zu, ich in ihrer Mitte. Obama ist das erste Mal in der Schweiz und spricht über seine Hoffnung auf eine friedliche Weltordnung, über das Vermächtnis seiner Präsidentschaft und über das Verhältnis zu seinen beiden Töchtern. Insgesamt ein routinierter und doch sehr inspirierender Auftritt einer unglaublich charismatischen Persönlichkeit. Der Funke springt über, auch wenn die Bühne 100 m entfernt ist und eigentlich wenig Neues von ihm zu erfahren ist.
An diesem Abend aber spürte ich sie wieder einmal, diese enorme Anziehungskraft, welche von großen Führungspersönlichkeiten ausgeht. Solche Menschen können begeistern, Orientierung vermitteln und inspirieren. Und gleichwohl wissen wir, längst im postheroischen Zeitalter angekommen, dass die Storys der großen, geborenen Führer im Grunde auserzählt sind.1 Selbst Obama weiß es und spricht über die überschätzte Macht eines amerikanischen Präsidenten: »Vielleicht kannst Du die Richtung des Tankers [USA] um ein Grad ändern. Im Rahmen Deiner Amtszeit ist das kaum bemerkbar und das frustriert Deine Anhänger und Dich selbst. Aber dann kommt das Schiff in zehn Jahren doch am Ziel an, auch dank Deiner Interventionen und Entscheidungen. Dann hast Du etwas erreicht. Das hat mich motiviert.«2
Wer aber schaut schon so ehrlich und demütig auf sich und seine Wirksamkeit und bringt zudem genügend Ausdauer und Resilienz für so lange Zeiträume in Führung und Verantwortung mit? Viele Menschen suchen eher nach einfachen und schnellen Lösungen und übertragen entsprechende Erwartungen auf den Star auf der Bühne genauso wie auf ihre Führungskraft im Betrieb. Natürlich wollen Mitarbeitende3 ihren Beitrag leisten, gleichzeitig aber auch durch klare Entscheidungen »von oben« Entlastung und Orientierung spüren, denn sie fühlen sich – nicht nur in ihrem beruflichen Alltag – zunehmend belastet und überfordert.4
Hier zeigt sich die enorme Spannweite von Erwartungen, welche in den Zeiten der »Polykrisen«5 von heute an Führungskräfte gerichtet sind. Diese müssen mehr denn je einen ganzheitlichen, weiten Blick auf sich selbst, ihre Mitarbeitenden, ihre Führungsverantwortung und ihren Kontext entwickeln, von der Teamsituation bis zum globalen Umfeld. Weitblick und die Fähigkeit zur ganzheitlichen Betrachtung entlasten und helfen, den Anforderungen an die Führungsrolle gerecht zu werden. Für einen ganzheitlichen Blick aber benötigen Führungskräfte mentale Modelle, welche ihnen helfen, sich selbst in der Gemengelage von mehrdeutigen, ambivalenten bis hin zu konkurrierenden Erwartungen zu verorten und zu organisieren. Dieses Buch stellt ein solches Modell vor und will Führungskräfte damit unterstützen, sich in unsicheren Zeiten zu orientieren und zu strukturieren.
Wir alle spüren die Herausforderung, uns in dieser global vernetzten, digital transformierten und hochkomplexen Welt zurechtzufinden. Globale Megatrends wie die der Globalisierung, der Digitalisierung und der Klimakrise fordern die Führungskräfte und Entscheider heraus und zwingen sie zu einer Transformation in eine ungewisse Zukunft. Mitarbeitende wiederum klagen über mangelnde Unterstützung durch das Unternehmen und deren Führungskräfte. Sind diese doch dazu da, in unsicheren Zeiten Antworten zu geben und Orientierung zu vermitteln, oder nicht?
Führungskräfte sehen sich also vielfach gefordert: Durch die Umweltbedingungen von außen und den Ansprüchen von innen, hier vor allem durch ihren Mitarbeitenden, aber auch durch ihre Vorgesetzten in der Geschäftsführung. Dieser Druck verunsichert und kann die Entscheidungsträger lähmen.6Und das mit ernsten Folgen, von Performanceverlusten bis hin zum »Quiet Quitting« oder tatsächlichem Exit von qualifizierten und ambitionierten Mitarbeitenden.7
Auf die veränderten Umweltbedingungen einer komplexen Welt reagieren die Unternehmen mit neuen flexibleren Organisationsmodellen, welche sich schneller und agiler an die komplexen und volatilen Umweltbedingungen anpassen können: hybride Arbeitsformen, interdisziplinäre agile Teams, bereichsübergreifende Kollaborationen, oft noch im internationalen Kontext, sind Ausdruck davon.
Von den Führungskräften wird individuell erwartet, dass sie die neuen Organisationsformen nutzen, agile Prozesse implementieren und die Mitarbeitenden darin adäquat führen. Sie sollen auf die veränderten Ansprüche ihrer Mitarbeitenden eingehen, auf eine moderne Führungskultur hinarbeiten und diese vorleben.
So verstanden wird die »Neue Führung«, meist »New Leadership« genannt, zu einem zentralen Future Skill unserer Zeit.8 Aber auch zu einem der anspruchsvollsten, sollen doch ganz unterschiedliche ökonomische Ziele gleichzeitig erreicht werden: auf der Outputseite die Verbesserung der Unternehmensperformance und auf der Inputseite die Sicherstellung von genügend qualifizierten, loyalen sowie leistungsbereiten und motivierten Mitarbeitenden, auch durch die Schaffung einer attraktiven Führungskultur, welche sich wiederum in einem positiven Employer Branding niederschlägt.
Führungskräfte sind eminent wichtig für die Erreichung dieser Ziele, denn insbesondere die Mitarbeiterbindung und die Arbeitgeberattraktivität werden durch die führenden Personen maßgeblich beeinflusst, zeigen sich diese beiden Indikatoren durch die zunehmende Verknappung des Angebots an qualifiziertem Fachkräftenachwuchs immer stärker als zentrale Erfolgsfaktoren zum Erhalt einer leistungsfähigen und motivierten Workforce.9
Wir stellen fest, dass die neuen Anforderungen von außen und innen große Herausforderungen an die Führungskräfte darstellen und aktives Handeln verlangen. Wie kann das aussehen? Wie bleiben Führungskräfte mit ihren Teams auch unter erschwerten Bedingungen produktiv und erfolgreich? Wie schaffen es die eingesetzten Führungskräfte, sich auf die veränderten Umweltbedingungen einzustellen, ihr Mind- und Skillset neu auszurichten und einen neuen, passenden Führungsstil zu finden? Wie werden Führungspositionen selbst wieder attraktiv und auch als Chance zur persönlichen Entwicklung begriffen?
»Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.«10 Schon Hölderlin empfahl uns, in schwierigen Zeiten nach den neu entstehenden Chancen und naheliegenden Lösungen zu suchen, auch wenn das meist eine persönliche, strategische oder organisatorische Veränderung außerhalb des bisherigen Denkraums verlangt. Um tatsächlich weiterzukommen und Krisen kreativ und innovativ zu überwinden, braucht es Führungskräfte und Manager, die vom reaktiven Survivalmodus in eine initiative Gestalterrolle umschalten können. Proaktives Handeln und Out-of-the-box-Denken sind gefragt. Wir brauchen einen neuen Führungsstil und ein neues Selbstverständnis der Führungskräfte.
Woraus entwickeln sich nun die Sicherheit und das Vertrauen, welche benötigt werden, um diese Haltungsänderung einzuleiten? Der traditionelle Stil der bisher dominierenden Leadership-Kohorten der 1960er und 1970er Jahrgänge hilft hier nicht weiter. Führung von morgen sieht anders aus. Vor allem jüngere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden durch den eher traditionellen autoritären Führungsstil abgeschreckt. Sie haben hohe Ansprüche an ihren Arbeitgeber bzw. an dessen Führungskräfte und stimmen zunehmend mit den Füßen darüber ab, welche Führungskultur für sie attraktiv erscheint.11
Darauf reagieren die Führungskräfte. Schon seit einigen Jahren zeigt sich, dass sich eine Mehrheit von ihnen auf eine agile Selbstorganisation der Mitarbeitenden und nicht auf hierarchische Strukturen stützt.12 Vor allem junge Führungskräfte forcieren ein neues Skillset und eine moderne Führungskultur. In ihrer Realität ist Führung nicht mehr das, was sie mal war: Statt traditioneller Hierarchien und Führung mit »Command and Control« sind jetzt moderne, agile und digital gestützte Führungsansätze gefragt.13
Führung von morgen muss also neu gestaltet werden. In diesem Buch bezeichnen wir die neuen Ansätze für eine zukunftsfähige Führung insgesamt als »Next Generation Leadership« und betrachten diesen Begriff synonym zu »New Leadership« oder »Future Leadership«. Es geht darum, eine »ambidextre«, also gleichzeitig agile und performanceorientierte Führungskultur zu schaffen, anpassungsfähig an die Zukunft und wirksam in Bezug auf die Unternehmensziele.
Bewusst blenden wir in der weiteren Diskussion eine ebenfalls hier naheliegende Unterscheidung in der Führung nach Generationencluster aus (Gen X, Y and Z usw.). Die Unterschiede in der Einstellung zur Arbeit zwischen den Generationen sind zu gering, um eine grundsätzliche Neuausrichtung der Personalarbeit zu begründen. Zu diesem Ergebnis kamen bereits 2013 ein Forscherteam der Universität Mannheim und der FOM Bonn und eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Automobilzulieferers Continental.14
Wie kann nun Next Generation Leadership oder allgemein gesagt, New Leadership entwickelt und in der betrieblichen Praxis umgesetzt werden? Welche Haltungen (Mindset) und welches Handwerkszeug (Skillset) benötigen Führungskräfte heute, um sich selbst, ihre Mitarbeitenden und das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, erfolgreich auch deshalb, weil Agilität und Performance zusammen gedacht und verfolgt werden (Ambidextrie).
Mit diesem Buch wollen wir den Führungskräften und Verantwortlichen in der Führungskräfteentwicklung ein Konzept für die Gestaltung des Next Generation Leadership zur Verfügung stellen und sie damit in ihrer individuellen Leadership-Transformation unterstützen. Zur Ausgestaltung des neuen Führungsstils haben wir in der Haufe Akademie das »Be6! Leadership Framework« entwickelt. Dieser Ansatz ist gleichzeitig Landkarte und Kompass, welcher die Unternehmen und ihre Führungskräfte auf ihrem Weg zur nächsten Generation der Führung begleiten kann.
Das Framework zeigt leicht verständlich, fundiert und praxisbezogen, wie die Führung von morgen gestaltet werden kann. Führungskräfte und Professionelle in der Personalentwicklung erhalten Orientierung und Sicherheit, um
Führungsfragen zu strukturieren,
komplexe Herausforderungen zu analysieren und
passende Lösungsbausteine zu entwickeln.
In diesem Buch beschreiben wir in vier Teilen das neue »Be6! Leadership Framework«, seine Entwicklung, die zentralen Elemente und die Einsatzmöglichkeiten in der Praxis.
Nach dieser Einführung in das Thema analysieren wir im zweiten Kapitel, welche (neuen) Anforderungen aufgrund der massiven Veränderungen der Umweltbedingungen auf Führungskräfte zukommen und leiten daraus die Fundierung des Frameworks ab.
Der dritte Teil beschreibt das neue Ordnungsmodell mit seinen zwei Ebenen, der werteorientierten Fundierung mit Führungsverständnis und Prinzipien und der praxisorientierten Ausgestaltung mit seinen verschiedenen Elementen wie Haltungen, Handlungsfeldern und Kompetenzen.
Im vierten Abschnitt wird das Be6! Leadership Framework auf seine Praxistauglichkeit hin untersucht. Es wird anhand von Praxisbeispielen und Verprobungen im Echtbetrieb gezeigt, wie es sowohl für strategische Entscheidungen in der Führungskräfteentwicklung als auch im täglichen Führungshandeln erfolgreich eingesetzt werden kann. Anwendungsbeispiele aus der Praxis und Interviews mit Kundinnen und Kunden, Trainierenden und Teilnehmenden ergänzen dieses Kapitel.
1 Baecker, Dirk (1994): Postheroisches Management. Ein Vademecum. Berlin.
2 Aus dem Gedächtnis protokolliert und übersetzt am 29.04.2023 durch den Verfasser.
3 Bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch wird versucht, eine neutrale Form und wenn das sich nicht anbietet, sowohl die weibliche als auch die männliche Form gleichverteilt zu verwenden. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die ggf. verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und stellt keine Wertung dar.
4 Vgl. Techniker Krankenkasse (2021): Entspann dich, Deutschland! TK Stressstudie 2021. Hamburg.
5 Vgl. https://www.risknet.de/wissen/glossar-eintrag/polykrisen/. Abrufdatum: 08.11.2023.
6 Vgl. Beck, Simon (2021): Leadership Lost. https://newmanagement.haufe.de/leadership/die-zukunft-von-fuehrung. Abrufdatum: 22.08.2023.
7 Vgl. Kanning, Uwe (2023): Quiet Qutting ist keine innere Kündigung. https://www.haufe.de/personal/hr-management/das-wahre-definition-von-quiet-quitting_80_574924.html. Abrufdatum: 22.08.2023; Spilker, Martin (2020): Jede dritte Führungskraft in Deutschland steckt in einer Identitätskrise. https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2020/februar/jede-dritte-fuehrungskraft-in-deutschland-steckt-in-einer-identitaetskrise. Abrufdatum: 22.08.2023.
8 Vgl. Edelkraut, Frank/Sauter, Werner (2023): Future-Skills-Training. Zukunftsfähigkeit professionell erfassen und gezielt entwickeln. Stuttgart.
9 Vgl. F.A.Z. Business Media (2022): Mitarbeiterbindung 2030. Eine befragungsbasierte Trendstudie. Frankfurt am Main; Bruch, Heike/ Fischer, Josef A./Färbe, Jessica (2015): Arbeitgeberattraktivität von innen betrachtet – eine Geschlechter- und Generationenfrage. Konstanz.
10 Hölderlin, Friedrich (1803): Pathmos, in: Sattlers, Friedrich D. E. (Hrsg.): Friedrich Hölderlin. Sämtliche Werke. Frankfurter Ausgabe (FHA). Bd. 7, Frankfurt am Main, S. 402.
11 Vgl. Deloitte Touche Tomatsu Limited (2018): The 2018 Deloitte Millennial Survey. https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/de/Documents/Innovation/Millennial-Survey-2018_Report_Deutschland.pdf. Abrufdatum: 08.11.2023.
12 Vgl. Hernstein Institut für Leadership und Management (2020): Hernstein Management Report 2020.
13 Ebd.
14 Vgl. Biermann, Torsten/Weckmüller, Heiko (2013): Generation Y: Viel Lärm um fast nichts, in: Weckmüller, Heiko (Hrsg.): Exzellenz im Personalmanagement. Neue Ergebnisse der Personalforschung für Unternehmen nutzbar machen. Freiburg, S. 105–112; Haufe Online-Redaktion (2023): Studie räumt mit Mythen zur Generation Z auf. https://www.haufe.de/personal/hr-management/genz-studie-widerlegt-mythen_80_602302.html. Abrufdatum: 22.08.2023.
»Fear is a reaction, courage is a decision.«
(Winston Churchill)
Wir befinden uns in Zeiten des Umbruchs und massiven Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft. Die neue, digital transformierte Welt der 2020er Jahre stellt insbesondere Menschen mit Führungsverantwortung vor große Herausforderungen und sie fragen sich, wie sie auch in Zukunft in ihren Führungsrollen handlungsfähig und wirksam bleiben können. Gleichzeitig eröffnen sich aber auch ungeahnte Chancen und Potenziale, für die Unternehmen in Form von neuen digital basierten Geschäftsfeldern, Produkten und Dienstleistungen, für die Führungskräfte und Entscheider als Entwicklungspotenziale und Chancen für persönliches Wachstum in Richtung agiler und neuer Führung in der digitalen Transformation.
Firmeninternen Ansprechpartnerinnen in der Personal- und Organisationsentwicklung und externen Anbietern von Weiterbildungsformaten wie Führungsakademien und Management-Trainerinnen stellt sich einezentrale Frage: Welche Unterstützung und welche Tools benötigen Führungskräfte, um in den großen Umwälzungen unserer Zeit nicht nur weiter einen guten Job zu machen, sondern dies auch als Chance zur persönlichen Weiterentwicklung nutzen zu können?
Im Einzelnen sind es folgende Fragen:
Welche Auswirkungen hat die digitale (globale) Transformation auf die Führung?
Wie bleiben Führungskräfte und Managerinnen wirksam?
Welche neuen Kompetenzen und »Future Skills« benötigen sie?
Mit welchen (neuen) Weiterbildungsformaten lassen sich diese Future Skills entwickeln?
Wie kann das Führungspersonal in diesem massiven Veränderungsprozess durch interne oder externe Dienstleister insgesamt unterstützt werden?
Wie können die internen Dienstleister wie z. B. die Personal- und Organisationsentwicklung durch externe Provider unterstützt werden?
In der Haufe Akademie in Freiburg hat sich für diese Fragestellungen ein selbstgeführtes Team von etwa zehn Kolleginnen gebildet, welches sich als »Community of Practice (CoP)«15 regelmäßig zu aktuellen Fragen und Herausforderungen von Führungskräften austauscht. Das CoP analysierte die eben gestellten Fragen anhand ihrer täglichen Erfahrungen in der Berufspraxis und es ergaben sich unter anderem die folgenden Hypothesen:
Mut zur (doppelten) Lücke: Führungseinsteigerinnen benötigen sehr viel Weiterbildung. Vor allem jüngere Führungskräfte und Einsteigerinnen müssen in kürzerer Zeit mit weniger Erfahrung anspruchsvollere Jobs bewältigen als ihre Vorgängerinnen vor 10–15 Jahren. Warum ist das so? Durch die Digitalisierung lassen sich ganze Führungsebenen aus den Organisationen herausnehmen, die Hierarchien werden flacher und viele Führungsaufgaben, auch strategischer Natur, werden zunehmend »nach unten« delegiert. Die Einsteigerebenen der Team- und Gruppenleiterinnen treffen also auf höherqualifizierte Anforderungsprofile und gestiegene Erwartungen, während gleichzeitig aufgrund der demographischen Lücke an Nachwuchsführungskräften deren Einstiegsalter und -niveau tendenziell sinkt. Der Weiterbildungsbedarf, der sich aus dieser »doppelten Hierarchielücke« für die Einsteigerinnen und Einsteiger in Führungspositionen ergibt, ist enorm.
Von VUCA zu BANI: Die (fast) unerträgliche Komplexität des Managerseins: Eine Skilloffensive darf auch vor langjährigen, älteren Führungskräften nicht Halt machen. Diese finden sich in ihrem zunehmend komplexen, hochdynamischen und unübersichtlichen Führungsalltag oft nicht mehr zurecht und laufen Gefahr, Sinn und Orientierung zu verlieren.16 Es treibt sie die Sorge um, den Anschluss zu verpassen und sie fürchten, ihre Führungsposition nicht mehr adäquat ausüben zu können. Sie haben zwar gelernt, mit der turbulenten »VUCA-Welt« umzugehen, benötigen heute aber zusätzliche Skills für die Herausforderungen in der neuen »BANI-Welt«. Was ist damit gemeint?
Die Geschäftswelt ist seit den 1980er Jahren von einer zunehmenden Volatilität und Komplexität geprägt. Diese Entwicklung wird von Führungskräften heute als Norm betrachtet und das korrespondierende VUCA-Konzept wird seit Langem genutzt, um diese Zustände zu beschreiben und »manageable« zu machen.17Doch das neue BANI-Modell geht noch einen Schritt weiter und ergänzt diese Sichtweise, indem es Lösungsansätze für die neuen chaotischen und völlig unvorhersehbaren Auswirkungen beschreibt, welche wir im Angesicht von globalen Pandemien über die drastischen Folgen des Klimawandels bis hin zu wirtschaftlichen Turbulenzen und politischen Konflikten derzeit erleben.
Abbildung 1:
VUCA vs. BANI-World
18
Konnten Führungskräfte die äußere, sichtbare Komplexität der VUCA-Welt (»How the world looks like«) mit den entwickelten »Outer Management Skills« wie etwa Komplexitätsverarbeitungsfähigkeit, Strategic Forecasting und Risk Management noch einigermaßen verarbeiten, so sind sie in der BANI-Welt (»How the world feels like«) nun gefordert, die durch chaotische Rahmenbedingungen entstandene Komplexität und daraus resultierende Gefühlslagen im Inneren zu verarbeiten.
Zur Komplexitätsverarbeitung bedarf es zusätzlich »Inner Personal Skills« wie z. B. Reflexionsfähigkeit und das »Management« der eigenen Ängste, des Selbstwerts und der Selbstwirksamkeit, um nur einige zu nennen.19 Zukunftsfähige Führung benötigt also beides: Innere Persönlichkeitskompetenzen zur Reflexion und Entwicklung von Werten und Haltungen in der chaotischen BANI-Welt und äußere Managementkompetenzen zur Umsetzung ihrer Ziele im Führungsalltag der komplexen VUCA-Welt. Next Generation Leadership benötigt »Inner Development for Outer Performance«.20
Durch ein Modell wird’s hell: Warum eine Landkarte nie verkehrt ist! Führungskräfte und Manager beider Altersgruppen suchen in dieser Situation nach Hilfestellungen und Konzepten, die ihnen wieder mehr Klarheit über ihre (veränderten) Aufgabenstellungen und Sicherheit im Umgang damit verschaffen können. Ein Führungsmodell könnte eine solche Lösung sein, denn in komplexen Situationen ist es immer hilfreich, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen, also eine Metaperspektive auf die Problemlage einzunehmen. Dazu helfen vereinfachte Darstellungen der realen Welt, also Modelle und (Land-)Karten, welche die Komplexität reduzieren und uns helfen, den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Im Beratungskontext sind Modelle unterschiedlichster Formate und Zielrichtungen schon immer das wichtigste »Handwerkszeug«.
Wir dürfen nur nicht die Landkarte, also die Annäherung an die Wirklichkeit mit der tatsächlichen Landschaft, sprich mit der Realität verwechseln, denn um zu überprüfen, was wirklich stimmt, müssen wir hinausgehen und das Gelände inspizieren.21 Auch ein oder eine CEO kann sich nicht auf Umfragen verlassen, um die Unternehmenskultur zu verstehen. Er oder sie muss sich regelmäßig durch seine Büros und Werkhallen bewegen und ins Gespräch mit den Mitarbeitenden kommen, um selbst die Kultur zu erspüren.
Auf Grundlage dieser Hypothesen war es der Auftrag an den Autor, mit Unterstützung der Kollegen und Kolleginnen aus dem CoPein neues, zukunftsfähiges Führungsmodell zu entwickeln. Dieses soll als eigenständiges Tool und in Kombination mit bekannten Formaten der Führungskräfteentwicklung einsetzbar sein und die Führungskräfte bei der Bewältigung ihrer vielfältigen Aufgaben in der digital getriebenen Transformation der 2020er Jahre unterstützen. Gleichzeitig soll es den Professionellen in der Personal- und Organisationsentwicklung Orientierung, Unterstützung und Hilfestellung in der Entwicklung und Implementierung von Angeboten und Lösungen für ihre Führungsklientel im Unternehmen sein.
Zentrale Fragestellungen in der Entwicklung des Leadership-Frameworks
→
Wie kann ein alltagstauglicher Orientierungsrahmen für Führung in komplexen und herausfordernden Zeiten aussehen?
→
Wie kann ein entsprechendes Modell entwickelt werden?
→
Wie kann es sinnvoll und nutzbringend eingesetzt werden?
Folgende Prämissen ergänzten Auftrag und Zielsetzung:
Das Entwicklungsprojekt zielt auf die Verwendung des Frameworks im Business-to-Business-Kontext (B2B-Kontext). Zielgruppe sind also HR-Professionelle von (Profit- und Non-profit-) Unternehmen sowie die Führungskräfte dieser Organisationen.
Das zu entwickelnde Modell oder Framework22 soll es den Nutzern ermöglichen, die Komplexität von Führung und Management möglichst schnell zu erfassen und in einer gemeinsamen Modellsprache über dessen Inhalte und Konsequenzen zu diskutieren. Dazu werden wichtige Merkmale und Zusammenhänge der realen Führungswelt vereinfacht dargestellt. Das Modell ist damit ein Ordnungs- und Kommunikationsmodell, welches sich auch zur Analyse und Diagnose einsetzen lässt und hat nicht den Anspruch eines theoretischen Erklärungs- und Prognosemodells.
Es wird konsequent vom Markt und Kunden her gedacht und entwickelt. Das neue Leadership Framework soll schnell zu einem ersten Stand entwickelt und dann im Sinne einer agilen Projektentwicklung rasch und in mehreren Schleifen beim Kunden verprobt und iterativ verbessert werden.
Dieses Vorgehen folgt dem Ansatz Planning → Research → Development → Prototyping → Roll-out. Daraus ergab sich das folgende Bearbeitungsmodell in fünf Phasen.
Phasen der Projektbearbeitung
Phase 1 – Planning: Von der Problemidentifikation zum Forschungsdesign (06/19 – 09/19)
Aus Auftrag und Zielsetzung wurde zuerst das Forschungsproblem bzw. die zentrale Fragestellung herausgearbeitet: Wie kann ein alltagstauglicher Orientierungsrahmen für Führung in komplexen und herausfordernden Zeiten aussehen? Danach ergab sich in der Konsequenz der weiteren o. g. Prämissen die Wahl eines stark praxisbezogenen, pragmatischen Ansatzes in der Modellentwicklung. Die methodischen Schwächen gegenüber einer stärker wissenschaftlichen Vorgehensweise23 wurden in einem iterativen Entwicklungsprozess durch schnelle Verprobungen der aufgestellten Hypothesen und Teilmodelle (Prototyping) teilweise kompensiert.
Phase 2 – Research: Von der Datenerhebung zur Modellbildung (09/19 – 01/20)
Die Datenerhebung und -analyse erfolgte in einer Mischung aus Sekundär- und Primärforschung. In einem ersten Schritt wurden bereits vorhandene (Sekundär-)Daten analysiert und ausgewertet. Eine umfangreiche Literatur- und Materialrecherche zu den oben genannten Forschungsfragen innerhalb und außerhalb der Haufe Akademie (Fachliteratur; Websites und Blogs; interne und externe Studien, Kataloge und Broschüren; Führungsansätze und -modelle aus internen und externen Quellen; Daten aus internen Angeboten und Fotoprotokollen) ergab eine Schärfung der ersten Arbeitshypothesen für die Modellbildung. Es zeigte sich, dass eine zusätzliche qualitative Erhebung und Analyse primärer Daten alsgeeignet erschien, um die Forderung nach der Notwendigkeit eines neuen Führungsmodells zu verifizieren und inhaltlich zu ergänzen.
Dazu wurden (Primär-)Daten speziell für die aktuellen Fragestellungen gesammelt und ausgewertet. Im Sinne des pragmatischen Forschungsansatzes entschieden wir uns für qualitative Interviews mit Kundinnen, Praktiker und Expertinnen innerhalb und außerhalb der Haufe Akademie. Insgesamt wurden 35 Interviews mit einer Dauer von jeweils einer Stunde anhand eines halbstrukturierten Leitfadens durchgeführt, dokumentiert und ausgewertet. Ziel war es, von den Befragten Informationen zu Haltungen, Erwartungen und Vorstellungen zum Thema Leadership und bezüglich eines zu entwickelnden Leadership-Modells zu gewinnen. Die erhobenen Daten wurden in ein erstes Modell integriert.
Inhaltliche Schritte der Analyse
Inhaltlich wurde schrittweise analysiert, welche globalen Markt- und Umweltveränderungen zu beobachten sind, wie sich diese auf die Unternehmen und deren Führungskräfte auswirken und welche Folgerungen sich für ein Führungsmodell ableiten lassen. Die Schritte der inhaltlichen Analyse und deren Ergebnisse bis hin zur Modellentwicklung werden in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels vorgestellt. Darin fließen die Ergebnisse sowohl aus der Quellenrecherche als auch aus der empirischen Befragung mit ein. An geeigneter Stelle wird dies gekennzeichnet.
Phase 3 – Development: Von der Beta-Version zum Proof of Concept (02/20 – 06/21)
Das entstandene Beta-Modell wurde im Rahmen von mehreren Development Sprints der Community of Practice untersucht und getestet. Das Ziel war es, die erarbeiteten Modellvorschläge interdisziplinär zu diskutieren und in regelmäßigen Development Sprints weiterzuentwickeln. Dadurch ergaben sich zusätzliche Perspektiven, Feedback, ergänzende Ideen sowie die Validierung und Ergänzung bisheriger Entwürfe.
Nach Einarbeitung der Arbeitsergebnisse folgten erste Verprobungen mit Kundinnen und Kunden und damit eine weitere Validierung für den Einsatz im Echtbetrieb. Uns interessierte vor allem, ob in der Wahrnehmung von Führungskräften und Experten der präsentierte Ansatz tatsächlich als praxistauglich für den Führungsalltag eingeschätzt wird und welche Verbesserungsvorschläge zur Zielerreichung wir erhielten.
Im Ergebnis stellten wir fest, dass das Beta-Modell funktionierte und die gewünschten Ergebnisse lieferte, auch wenn das Modell nur ein vorläufiges Design und noch nicht die vollständige Funktionalität zeigen konnte. Es entstand also ein Proof of Concept, die erste einsatzbereite Version eines »Be6! Leadership Circle« und damit der Nachweis, dass dieses Konzept als Leadership-Modell den Führungskräften Orientierung geben und in den abgeleiteten Be6! Programmen und Tools viele Anwendungsmöglichkeiten und Hilfestellungen bieten kann. Coronabedingt konnten in dieser Phase jedoch nur Onlineveranstaltungen beim Kunden durchgeführt und evaluiert werden.
Phase 4 – Prototyping: Von der Einsatzreife zum Standardprozess (07/21 – 06/23)
Der in Phase 3 entstandene Prototyp wurde nun zunehmend wieder in Präsenzveranstaltungen, über Co-Creation-Workshops in der gemeinsamen Programmentwicklung mit dem Kunden weiter verprobt und über laufende Evaluierung geschärft. Daraus entstand ein Best-Practice-Prozess von der beraterisch geprägten Analyse des Kundenanliegens über den Einsatz diagnostischer Verfahren bis hin zur Co-Creation individueller Kundenlösungen und der anschließenden Umsetzung in den drei Produktkategorien Be6! Keynote, Be6! Workshops und Be6! Entwicklungsprogramme.
Phase 5 (laufend) – Roll-out: Von der Kommunikation zur Skalierung (07/23 – 06/25)
Diese Phase ist nicht mehr Teil des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens. Es ist die Phase der Kommunikation und Anwendung der Ergebnisse und Lösungsansätze für eine breitere Kundenschicht.
15 Vgl. Wenger, Etienne/McDermott, Richard/Snyder, William M. (2002): Cultivating communities of practice. A guide to managing knowledge. Boston.
16 Vgl. Diehm, Curt (2021): Das 60-plus-Syndrom: Was ältere Manager in die Sinnkrise stürzt. https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-expertenrat-das-60-plus-syndrom-was-aeltere-manager-in-die-sinnkrise-stuerzt/27440288.html. Abrufdatum: 08.11.2023.
17 Vgl. Mack, Oliver/Khare, Anshuman/Krämer, Andreas/Burgartz, Thomas (Hrsg., 2016): Managing in a VUCA World. Heidelberg.
18 Eigene Darstellung in Anlehnung an die Ansätze von Jamais Cascio: »Facing the age of chaos« in https://medium.com/@cascio/facing-the-age-of-chaos-b00687b1f51d und Stephan Grabmeier, vgl. https://stephangrabmeier.de/bani-vs-vuca/Abrufdatum: 08.11.23.
19 Vgl. The Inner Development Goals: The 5 dimensions with the 23 skills and qualities. https://www.innerdevelopmentgoals.org/framework. Abrufdatum: 08.11.23.
20 Die im Abschnitt 3.6 beschriebene Bewegung der »Inner Development Goals« ist eine direkte Antwort darauf.
21 Vgl. Korzybski, Alfred (1933): Science and Sanity. An introduction to non-Aristotelian systems and general semantics. New York City.
22 Die beiden Begriffe werden hier synonym verwendet. Zu Beginn des Entwicklungsprojekts wurde eher der Modellbegriff verwendet, während wir heute nur noch vom »Framework« sprechen.
23 Vgl. Döring, Nicola/Bortz, Jürgen (2015): Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften. Berlin/Heidelberg.
Warum überhaupt (noch) Führung?
Warum beschäftigen wir uns noch mit »Führung« und was ist das eigentlich? Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass dieses grundlegende Konzept menschlicher Kollaboration nicht mehr in die scheinbar hierarchiefreien Räumen des »New Work« passt. Folgt man aber dem Stand praxisorientierter Studien, kann festgehalten werden, dass dem Thema »Führung« auch in Zukunft große Bedeutung beigemessen wird.24 Mehr noch, Führung in Zeiten von »New Work« – genannt »New Leadership« oder »Next Generation Leadership« muss sogar ganz neu gedacht werden, denn neue Anforderungen unter veränderten Rahmenbedingungen brauchen ein grundlegend neues Führungsverständnis, ein neues Führungskonzept und somit auch aus dieser Denkrichtung kommend, ein neues Modell der Führung.
Wenn wir aber über Führung und Führungsmodelle sprechen, sollten wir uns zuerst fragen, wie wir denn Führung grundsätzlich verstehen und welche Definition wir zugrunde legen.
Was ist Führung? – Versuch einer Definition
Für den Begriff der Führung gibt es viele Definitionen. Was darunter verstanden wird, hat sich im historischen Verlauf im Kontext der jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen, Werte und Menschenbilder, sowie den weiteren wirtschaftlichen, technologischen, politischen und ökologischen Rahmenbedingungen stark verändert und sich in den unterschiedlichsten Führungstheorien, vom Taylorismus bis hin zur destruktiven Führung, niedergeschlagen.25
Je nach Theorie wird Führung unterschiedlich definiert. Blessing und Wick haben Definitionen aus sieben Jahrzehnten Führungsforschung ausgewertet und zusammen mit den Arbeiten von Becker können folgende Elemente als gemeinsamer Nenner benannt werden:26
Führung …
ist ein Prozess
entsteht im sozialen System
zielt auf die Beeinflussung von Einzelpersonen und Gruppen
findet innerhalb von Organisationen statt
beinhaltet die Erreichung von Zielen
kann geteilt ausgeübt werden
ist nicht an eine formelle Position gebunden
Ausgehend von einem betrieblichen Kontext, nehmen wir hier eine mikroökonomische Perspektive ein. Wir klassifizieren Führung anlehnend an Becker27 also wie folgt:
Führung im betrieblichen Kontext …
richtet sich im engeren Sinn an die weisungsgebundenen, »unterstellten« Mitarbeitenden. Sie wird auch als »disziplinarische« Führung beschrieben.
erweitert im weiteren Sinn die Perspektive auf die Führung »nach oben« (Vorgesetzte) und die (laterale) Führung von Kolleginnen »zur Seite«, also mit allen Zielen der Führung, aber ohne Weisungsbefugnis. Diese kann sogar noch auf die Führung von Kunden und anderen Interaktionspartnern erweitert werden, insoweit diese ebenfalls nachhaltig beeinflusst werden sollen und können.
Diesen Führungsbegriff wollen wir ein zweites Mal ausweiten, indem wir drei weitere Perspektiven hinzufügen:
Den wichtigsten Menschen, den ich führe, bin ich selbst. Führung im Kern bedeutet mit Götz Werner gesprochen, »immer erst einmal Selbstführung«.28
Führung bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch und in der Unternehmensrealität auch auf Themen, Projekte, Prozesse, Betriebe, Geschäfte usw. (Themen führen, Projekte führen, Geschäfte führen). Führung wird, so verstanden, oft synonym zum Begriff des »Managements« verwendet, so z. B. bei Malik.29 Jeder Leader ist ein Manager, jeder Manager ist auch ein Leader.
Transformationale Führung wird oft mit den weichen Faktoren, der menschlichen Komponente von Führung gleichgesetzt, während in der transaktionalen Führung die sachliche Austauschbeziehung in Vordergrund gestellt und im Begriff »Management« abgebildet wird. Wir wollen hier beide Sichtweisen auf Führung integrieren und auf diese eher theoretisch-abstrakte Unterscheidung nicht weiter eingehen.
Für »Führung für die Zukunft« verwenden wir statt dem Begriff des »New Leadership« den unserer Ansicht nach besser passenden Begriff des »Next Generation Leadership« (NGL).
Im Ergebnis wird deutlich, dass Führung, Leadership und Management zwar unterschiedliche Bedeutungen und Färbungen haben, in der Unternehmenspraxis jedoch meist zusammen gedacht und ausgeführt werden.