Nicht zielen, dann triffst du ! - Jens Mellies - E-Book

Nicht zielen, dann triffst du ! E-Book

Jens Mellies

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Beschreibung

Nach jahrzehntelang zurückgehaltener Sehnsucht hat Jens Mellies nun endlich der Begeisterung für das Bogenschießen nachgegeben und hat sich auf den Bogenweg eingelassen. Er schildert, wie er sich weitgehend selbst auf scheinbar paradoxe Weise - am ZEN orientiert - das Bogenschießen beibrachte. Es ist der Erfahrungsbericht eines Autodidakten, der einen Weg beschreibt mit dem das Intuitive Bogenschießen als Achtsamkeitsübung erlernt werden kann. Mit ausführlichem Lern- und Übungsplan. Diese Darstellung hilft nicht nur Anfängern sich zurechtzufinden, sondern gibt auch fortgeschrittenen Bogenschützen wichtige Hinweise für die mentalen Anteile des Bogenschießens. In dieser vierten Auflage wurden nur kleine Ergänzungen vorgenommen und das Layout und die Schrift geändert.

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INHALT

Vorwort und Einleitung

Meine ersten Schritte - Herrigel und Österle

Herrigel

Österle

Bogen und Zubehör

Bogen

Zubehör und Maße

Kosten

Ziel(-Scheibe)

1. Exkurs: Abenteuer Einlassen

Der Schuss

Vorbereitung zum Schuss

Pfeil einlegen (A)

Stehen (B)

Atmen (B)

Phasen des Schusses

Konzentrieren (B)

Ausatmen und Hinschauen (E)

Einatmen und Arme heben (F)

Ausatmen und Sehne spannen (G)

Schuss lösen (H)

Das Innere des Schusses

Üben

Vorbereitungen

Raum und Zeit

Bogen spannen

Gymnastik

Vor und nach dem Schuss

Erste Übungsphase

Quantität

2. Exkurs: Dranbleiben

Zweite Übungsphase

Erinnern (K)

Einpendeln

Konzentration auf das Ganze

Dritte Übungsphase

Neuer Anfang

Entfernung 15 Meter!

Weiterüben

Körperhaltung (C + D)

Vierte Übungsphase

Beim Bogen-ZEN-Lehrer

Besuch eines Bogenschützen

Pfeilfangnetz

Experimente

Bogenhand und Zughand

Konzentration – carpe diem

Nacken- und Schulterschmerzen

Bogen-Neigung

Blindflug

Winter

3. Exkurs: Autogenes Training und Yoga

Entfernung 40 Meter

Entfernung 70 Meter

Vorsicht Falle

Pfeil- und Bogen-Technik

Fünfte Übungsphase

Ein halbes Jahr später: noch einmal Technik

Was sein muss, muss sein

Meine Ausrüstung

Ein Bogen Marke Eigenbau

ZEN

Ausflug zum KYUDO

Einige Gedanken zum ZEN (-Buddhismus)

Die Sinnfrage: meine Konstruktion

Nach zehn Jahren

Nachsätze

Anhang

Zusammenfassungen

Empfohlene Übungsphasen

Ergänzende und weiterführende Literatur

Internet-links

Der Anfänger sagt: Bogenschießen ist wie WOLLEN, aber nicht KÖNNEN, weil er nicht trifft.

Der geduldig Übende sagt: Bogenschießen ist wie KÖNNEN ohne WOLLEN, denn er trifft.

Vorwort und Einleitung

Die fernöstlichen Lehrmeister haben einen besonderen Stil ihre Kunst zu lehren. Sie brauchen insgesamt viel mehr Zeit als wir es beim Lernen gewohnt sind. Sie unterweisen und erklären wenig. Sie lassen den Schüler gewähren und beobachten ihn dabei. Wenn der Schüler etwas falsch macht, unternehmen sie erst mal nichts und lassen ihn eine gewisse Zeit das Falsche tun, bis er von selbst merkt, dass etwas nicht stimmt. Wenn der Schüler etwas richtig macht, wird er dezent bestätigt. Herrigel1 beschreibt es so und ich habe es am eigenen Leibe bei einem TAI CHI CHUAN-Lehrer, den ich mehrere Monate besuchte, erlebt.

Da gibt es gewisse Ähnlichkeiten mit dem autodidaktischen Lernen. Vieles von dem was ich weiß und kann habe ich mir selbst beigebracht. Irgendwo her beschaffe ich mir grobe, grundsätzliche Informationen, dann folgt das Herumspielen, dann das aufmerksame Experimentieren, so, dass sich Fragen einstellen, denen ich dann nachgehen kann und deren Antworten dann eine andere Qualität für mich haben, als hätte irgend jemand es mir beigebracht.

So war es bei mir auch mit dem Bogenschießen.

Wichtige und komplizierte Sachen kann ich mir gut merken, wenn ich mir Notizen mache, die ich dann später noch einmal nachlesen kann. (Max Frisch sagt: "Schreiben heißt: sich selber lesen!") Das Aufschreiben hat auch den Vorteil, dass ich es vorher genau durchdenken muss um es klar formulieren zu können. Damit wird dann auch deutlich, worum es eigentlich genau geht und wo Unsicherheiten und Fehler sich einschleichen.

Das ist der Grund, weshalb ich mir beim Bogenschießen Notizen gemacht habe. Zuerst entstanden die Kapitel "Phasen des Schusses" und "Das Innere des Schusses". Danach dann bekam ich Lust alles aufzuschreiben und eventuell weiterzugeben.

Nun ist ein zusammenhängender Erfahrungsbericht daraus geworden, der eine Unterstützung für Anfänger und auch für Fortgeschrittene sein kann. Es hat sich sogar so etwas wie eine Methode (ein bestimmtes, unter ähnlichen Bedingungen wiederholbares Vorgehen) herauskristallisiert: so kann man das Intuitive2 Bogenschießen erlernen.

Hier ist ein Weg der Mitte beschrieben. Das Intuitive Bogenschießen kann eine Symbiose sein aus westlichem und östlichem 'In-der-Welt-sein'. Nicht das westliche Extrem: das wettbewerbs- und leistungsbezogene High-Tec-Sport-Bogenschießen. Auch nicht die östliche Extremposition: das strenge japanische Kyudo. Sondern ein Bogenschießen, das unkompliziert ist und Spaß macht, das nicht zu viel Umstände erfordert und das ich auch grundsätzlich alleine - ohne Verein - lernen kann. Zumindest wird so der Grundstock gelegt. Später kann dann entschieden werden, ob es so bleibt, oder ob es eine andere Richtung sein soll: Sportbogenschießen, Kyudo, Feldbogenschießen oder noch irgendeine andere der vielen Möglichkeiten.

Ein wichtiger Punkt beim Bogenschießen ist die Herausforderung des Charakters. Persönliches Wachstum – neudeutsch personal growth und altmodisch Charakterbildung – entsteht durch die Auseinandersetzung mit der Welt, die mich umgibt; überwiegend mit den Menschen in meiner Nähe. Damit persönliches Wachstum stattfinden kann, braucht man immer ein Stück seiner Umwelt, ein Gegenüber, ein Objekt. Unser Selbst kann nicht der einzige Gegenstand der Auseinandersetzung sein; wenn es doch so ist, werde ich wohl krank oder zumindest ein nörgeliger, unleidlicher Miesepeter. Meistens sind die Objekte Personen mit denen ich zusammen lebe (besonders die Kinder) oder mit denen ich zusammen arbeite. Aber es kann auch etwas Anderes sein, eine große Aufgabe, eine Freundschaft, eine Krankheit oder eine Trennung; aber auch ein bestimmtes, tief verankertes Interesse wie zum Beispiel das Bogenschießen. Vielleicht sollte ich das Bogenschießen doch nicht gar so ernst und bedeutend darstellen, soo wichtig ist es nun auch wieder nicht; aber es geht schon in die Richtung, dass es weit mehr ist als nur ein netter Zeitvertreib. Es kann zum Begleiter und Förderer in meinem Leben werden.

Dennoch muss ich genau prüfen ob das Bogenschießen wirklich meine Sache ist, ob es zu mir passt. Ich habe zwei meiner Enkelinnen beim Umgang mit dem (Kinder-)Bogen beobachtet: sie sind Schwestern aber zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten. Die eine – sieben Jahre alt – hat trotz ihrer Jugend eine ruhige, gerade und fast schon gelassene Haltung beim Umgang mit dem Bogen. Die Schwester jedoch – zehn Jahre alt – ist wesentlich lebhafter und schafft es kaum eine halbe Minute stillzustehen. Sie ist zwar auch am Bogenschießen interessiert, aber es ist erkennbar, dass es nicht ihre Sache ist – sie wird sicherlich etwas anderes finden, das ihr Leben begleitet.

Diese hier vorliegenden Aufzeichnungen sind in einer bestimmten Art gegliedert: siehe Inhaltsverzeichnis. Das muss so sein und geht nicht anders, weil ich ja nicht alles auf einmal lesen kann, sondern Zeile für Zeile und Seite für Seite nacheinander lese. Aber im Ergebnis muss alles Beschriebene gemeinsam und zusammen gesehen werden. Denn (nicht nur) Bogenschießen ist eine ganzheitliche Angelegenheit. Ganzheitlich ist ein Modewort geworden, aber es steckt etwas sehr Wichtiges dahinter: es hängt Alles mit Allem zusammen und wenn wir die Welt und unser Leben verstehen wollen, dann müssen wir nicht nur das im Augenblick Wichtige betrachten, sondern immer das Drumherum mit beachten. Manche Leute nennen diese Betrachtungsweise auch systemisch.

Dieser systemische Blickwinkel ist auch der Grund dafür, dass ich die Exkurse eingefügt habe; es sind sozusagen flankierende Maßnahmen. Sie behandeln Themen, die nur indirekt mit dem Bogenschießen zusammenhängen, aber doch zum Erlernen des Umgangs mit dem Bogen sehr hilfreich sein können.

Also: nicht die einzelnen Kapitel, sondern nur alle zusammen können ein Bild über das Bogenschießen ergeben.

Die Folgerung daraus lautet: dieses Buch sollte mehrmals gelesen werden.

Die vielen technischen Details, die man in den anderen Büchern findet, wiederholen sich ständig. Deshalb habe ich sie hier nicht mit aufgenommen, sondern habe im Anhang einige Bücher erwähnt, die diese vielen Einzelheiten technischer Art ganz genau beschreiben.

In der zweiten Auflage habe ich jedoch einige Technik-Informationen, die sich als wichtig erwiesen haben, hinzugefügt. Außerdem wurde an manchen Stellen das Thema ZEN etwas vertieft und es wurde im Anhang der empfohlene Übungsplan angefügt.

Jens Mellies, April 2003

Die dritte Auflage erhält noch einmal eine Ergänzung: das Kapitel "Nacken- und Schulterschmerzen" wurde hinzugefügt.

Jens Mellies, September 2008

In dieser vierten Auflage wurden nur einige Ergänzungen hinzugefügt und das Layout und die Schrift überarbeitet. Außerdem wird zusätzlich eine Paperback-Ausgabe gedruckt.

Jens Mellies, September 2012

Viel Spaß beim mehrmals Lesen!

1 siehe erstes Kapitel

2 Viele Leute sagen: Instinktives Bogenschießen. Der Brockhaus definiert: Instinktvolkstümlich: natürliches, unbewusstes Verhalten in Entscheidungssituationen (Instinktverhalten), im Gegensatz zum bewusstverstandesmäßigen, erlernten Verhalten.Intuition: Das unmittelbare Gewahrwerden eines Sachverhaltes in seinem Wesen, ohne dass bewusste Reflexion darauf hingeführt hat. Man kann es halten wie man will; mir scheint "Intuition" angemessener.

Meine ersten Schritte - Herrigel und Österle

Herrigel

Vor etlichen Jahren schon interessierte ich mich für das Bogenschießen und auch für den ZEN.

Das Bogenschießen gefiehl mir, weil ich als kleiner Junge schon mehrmals aus Weidenzweigen Pfeil und Bogen gemacht und damit geschossen hatte. Waffen, also Gewehre, Pistolen und deren Attrappen zum Spielen waren bei uns zuhause und auch bei meinen Spielkameraden verpönt – als ich ein kleiner Junge war, war gerade der Zweite Weltkrieg vorbei. Aber ein Flitzbogen aus Weidenholz wurde akzeptiert. Wir Jungs spielten oft damit. Und so erhielt sich das Interesse am Bogen bis ins Erwachsenenalter.

Mit dem ZEN kam ich in Berührung als ich in einem Buch über Japan, das ich in der Stadtbibliothek ausgeliehen hatte, Bilder von den buddhistischen Klöstern und den wunderbaren Gärten aus geharktem Sand und großen Steinen sah. Diese Einfachheit faszinierte mich. Und was ich über ZEN las, fand ich so beruhigend undogmatisch.

Eines Tages dann fiel mir ein kleines Buch in die Hände: Eugen Herrigel, ZEN in der Kunst des Bogenschießens. Herrigel, ein deutscher Philosophie-Professor, beschreibt darin seine jahrelange ZEN-Schulung in Japan. Ich erinnere mich noch daran, dass er darstellt wie sein ZEN-Meister ihn ein ganzes Jahr lang über die richtige Handhabung des Bogens im Ungewissen ließ. Erst nach sehr langer Zeit kam er dahinter, dass das Atmen eine zentrale Rolle spielt und der Schlüssel zum Bogenschießen schlechthin ist.

Ich habe seinerzeit auch versucht mit dem Bogen umzugehen (mit einem richtigen Bogen natürlich – nicht einer aus Weidenholz), aber ich hatte nicht die nötige Ausdauer und Geduld. Und so verschwand das Interesse am Bogen wieder aus meinem Leben, anderes war wichtiger. Obwohl ich die Einzelheiten des Buches von Herrigel vergaß blieb ZEN und auch das Bogenschießen seitdem immer in meiner Aufmerksamkeit und ich las gelegentlich etwas darüber.

Aber das Buch von Eugen Herrigel werde ich vorläufig nicht noch einmal lesen, sondern erst meine eigenen Erfahrungen sammeln.

Österle

Das Odenwald-Institut ist eine Bildungseinrichtung mit einem breiten Angebot von Kursen, die sich im Wesentlichen an der Humanistischen Psychologie orientieren. In seiner Angebotsbroschüre finde ich in diesem Sommer (2000) den Kurs "ZEN und Bogenschießen". Ich bin wie elektrisiert und melde mich sofort an.

Der ehemalige evangelische Pfarrer Kurt Österle ist jetzt ZEN-Lehrer und leitet den Kurs. Er dauert von Freitagabend bis Sonntagnachmittag und findet in den schönen Räumen und auf dem Freigelände des Odenwald-Instituts auf der Tromm in der Nähe von Wald-Michelbach im Odenwald statt. Wir sind eine Gruppe von 12 Leuten. Ein großer Teil der Zeit wird mit der ZEN-Zeremonie verbracht, die das gemeinsame Meditieren zeitlich umrahmt. Und dann natürlich das Bogenschießen: wir lernen die grundsätzliche Handhabung des Bogens und der Utensilien. Kurt Österle ist nicht nur ZEN-Lehrer, sondern hat auch eine Ausbildung zum Bogentrainer. Bei ihm bleibt uns dieser mühsame Umweg, den Herrigel beschrieben hat, erspart. Er zeigt uns gleich zu Anfang das Wichtigste: den Atem-Rhythmus.

Und ich merke: jetzt ist für mich die Zeit reif für das Bogenschießen, ich werde mich einlassen und dran bleiben.

Bogen und Zubehör

Weil ich nicht sicher bin, wie sich meine Übungen entwickeln werden, will ich nicht viel investieren und gebe mich deshalb mit der minimalen Ausstattung zufrieden.

Bogen

Der Bogen, mit dem ich anfange, ist ein normaler Sportbogen, ein Recurve-Bogen. Es ist ein dreiteiliger Bogen, an dem man die Wurfarme austauschen kann, man nennt das take-down. Auf diese Weise kann man das Gewicht, gemeint ist damit die Schleuderkraft der Sehne, durch andere Wurfarme verändern. Ich fange mit einem Gewicht von 20 lbs (sprich pound) an. Das ist sehr wenig für einen halbwegs kräftigen Mann und wird zu gegebener Zeit erhöht.

Aber zu Beginn wird nicht weit geschossen und das Trainieren der Muskulatur ist noch nicht so wichtig. Wichtig sind zuerst die Bewegungsabläufe und diese lassen sich mit einem leichten Bogen einfacher einüben.

Zubehör und Maße

Als weiteres Zubehör benötigt man natürlich Pfeile, einen Fingertab und einen Armschutz. Für den Anfang reichen sechs Pfeile aus. Einfachste Ausführung. Da die Nocks3 leicht brechen ist es ratsam einige zusätzliche Nocks zu kaufen, die ich dann selbst einkleben kann.

Der Bogen und das Zubehör sollte in einem Bogen-Fachgeschäft besorgt werden. Es lohnt sich, selbst in das Geschäft zu gehen, auch wenn man eine Strecke fahren muss und es einen Nachmittag Zeit kostet. Man wird bezüglich der Ausstattung und der Maße für Bogen und Pfeile beraten.