Nie mehr schüchtern! - Nina Deißler - E-Book

Nie mehr schüchtern! E-Book

Nina Deißler

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  • Herausgeber: Humboldt
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Hemmungen und Selbstzweifel überwinden: Viele Menschen trauen sich oft nicht, das zu tun, was sie eigentlich möchten und ziehen den Kürzeren: Im Job, im Leben, in der Liebe. Aber Schüchternheit ist kein Schicksal! Nina Deißler erklärt nachvollziehbar und praxisnah, wie Schüchternheit entsteht und wie Sie sie „entwaffnen“. Charmant und verständnisvoll zeigt sie Wege auf, wie Sie mutigere Ziele erreichen: Denn wer über den eigenen Schatten springt, wird belohnt!

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Seitenzahl: 248

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INHALT

Nie mehr schüchtern

Welcher Typ sind Sie?

Schüchternheit verstehen

Schüchternheit – die Definition

Im Inneren ist der Teufel los

Kämpfe mit sich selbst steigern die Hemmungen

Die drei Arten der Schüchternheit

Von klein auf schüchtern

Schüchtern durch Erziehung und Prägung

Schüchtern aus der Situation heraus

Der größte Nachteil der Schüchternheit

Innenarbeit

Wie Veränderung geschieht

Was ist NLP?

Eine positive Grundannahme

Negative Denkmuster und Glaubenssätze verändern

Was man glaubt, das wird real

Auf Nummer sicher fürs Überleben

Keinen Kampf gegen sich selbst führen

Wie werden negative Glaubenssätze real?

Dem Glaubenssatz ein Schnippchen schlagen

Scham und Ängste

Ein Glaubenssatz mit Folgen

Von der Angst, nicht gut genug zu sein

So entstehen Ängste

Innere Verletzungen heilen

Der sprichwörtliche „wunde Punkt“

Wie wir den wunden Punkt schützen

Wie wir den Schmerz betäuben

Beenden Sie die Leidensgeschichte

Nehmen Sie Kontakt zu sich auf

Der Umgang mit dem inneren Kritiker

Das Überlebensprinzip

Werden Sie Ihr eigener Programmchef!

Schreiben Sie ein neues Skript

Finden Sie die Wahrheit

Ihr Unterbewusstsein – der „kleine Horrorladen“

Das Fundament festigen

Aufbautraining

Selbstbewusstsein entdecken und Selbstvertrauen aufbauen

Selbstvertrauen – was genau ist das eigentlich?

Sicherheit kommt von innen

Verändern Sie Ihre Sprache

Wer ist eigentlich dieser „Man“?

Vergessen Sie Relativierungen

Glauben heißt nicht wissen

„Müssen“ Sie wirklich?

Streichen Sie Flüche und Schimpfworte

„Und“ statt „aber“

Übungen gegen schüchternes Verhalten und Denken

Fear Setting

Vergleichen Sie die „Kosten“ mit den „Chancen“

Unsicherheit und soziale Akzeptanz

Aktion und Reaktion

Wie stellen Sie diese Fragen?

Für hochsensible Menschen

Eine einfache Rechnung

Wie Sie (echte) Freunde finden

Erweitern Sie die Möglichkeiten

Interesse macht interessant

Ein Risiko, bei dem es viel zu gewinnen gibt

Zeigen Sie Initiative

Organisierte Möglichkeiten

Sich mehr (zu-)trauen

Zustimmung zeigen

Nächste Übung: Fragen Sie nach

Beginnen Sie mit der kleinsten Einheit

Ungefährliche Komplimente

Die Angst vor Ablehnung verlieren

Ängsten begegnen, statt sie zu vermeiden

Flirten und Daten

Sexualität und Scham

Der 10-Punkte-Plan fürs Flirten

Werden Sie ein „Signalgeber“

Die Flucht nach vorn

Schüchternheit ade

So meistern Sie kritische Situationen locker

Routine kommt vom Tun

Der erste Eindruck zählt

Händedruck: Schraubstock oder toter Fisch?

Namen merken leicht gemacht

Starten Sie mit Small Talk

Mit Begeisterung begeistern

Nutzen Sie den „Franklin-Effekt“!

Und was kommt nach dem Small Talk?

Finden Sie Gemeinsamkeiten

Auch Gefühle lösen Gemeinsamkeiten aus

Zeigen Sie Ihren Humor

Nie mehr ausgenutzt werden

Geben Sie aus Freude …

… oder weil Sie etwas wollen?

Geben und Nehmen in Beziehungen

Ausgenutzt werden im Job

Nein sagen können

Wie Sie mit Kritik umgehen

Gekonnt kritisieren lernen

Arten der Kritik unterscheiden lernen

Seien Sie dankbar für Kritik

Werden Sie wichtig für andere

Übungen für mehr Schlagfertigkeit

Verbales Aikido

Die Zwei-Worte-Strategie

Besser als das Gegenteil

Komplimente zur Verteidigung

Imitieren, um das Gleichgewicht herzustellen

Notlösungen für mehr Schlagfertigkeit

Lifehacks für Schüchterne und Introvertierte

Was mache ich, wenn …

Schüchternheit überwinden

Sie entscheiden über Ihr Leben

Quellen und Links

NIE MEHR SCHÜCHTERN

Hurra, der erste Schritt ist getan: Sie haben sich getraut, dieses Buch zu kaufen und aufzuschlagen. Später, wenn Sie es gelesen haben, werden Sie merken, wie froh Sie wirklich darüber sein können. Und noch froher werden Sie sein, wenn Sie es nicht nur gelesen, sondern auch wirklich benutzt haben!

Dieses Buch firmiert zwar unter der Bezeichnung „Ratgeber“, doch einen „Rat“ haben Ihnen bestimmt schon einige Menschen gegeben – und er hat wahrscheinlich nicht viel verändert oder bewegt. Ein Rat ist eben immer gut gemeint, aber deshalb noch lange nicht hilfreich. Ich werde Ihnen daher deutlich mehr als nur „Rat geben“: Ich werde Ihnen zunächst helfen zu verstehen, was genau Sie davon abhält, das zu tun, zu sein oder zu bekommen, was Sie gerne täten, wären oder hätten. Und dann neue, bessere und effizientere Wege zu finden, wie Sie Ihren Kopf so benutzen können, dass Sie sich gut fühlen und Ihre Ziele erreichen.

Sie können dieses Buch natürlich nur lesen. Vielleicht ist es ganz interessant. Oder: Sie benutzen es!

Bevor wir tiefer in das Thema „Schüchternheit“ einsteigen, lassen Sie mich eines vorwegschicken: Es ist nichts Schlimmes daran, schüchtern zu sein. Viele Menschen sind schüchtern, zurückhaltend, introvertiert oder einfach ruhig. Warum auch nicht? Worum es in diesem Buch geht, ist, Ihnen einen Weg zu zeigen, das zu bekommen, was Sie sich wünschen – und dabei wenn möglich auch noch Spaß zu haben.

Wenn Ihnen Ihre Schüchternheit dabei oft im Weg ist bzw. Sie aufhält, dann wäre das ein Grund, etwas zu verändern.

Ich muss Ihnen noch ein Geständnis machen: Dies ist kein „Wie ich mein eigenes Problem bewältigt habe“-Buch. Ich war nie wirklich schüchtern. Und gerade, weil mir vieles von dem, was Ihnen möglicherweise schwerfällt, immer leichtfiel, wurde ich von vielen Menschen um Rat gefragt oder um Hilfe gebeten, wenn sie ihre Schüchternheit überwinden wollten.

Als ich vor über 15 Jahren dann damit begann, Seminare zu geben, in denen es (auch) darum ging, wie man Schüchternheit überwindet, war die größte Aufgabe, herauszufinden, was genau es ist, das schüchterne Menschen davon abhält, das zu tun, was sie eigentlich tun wollen. Ich habe also professionell geforscht und gelernt.

Ich habe unter anderem gelernt, dass die Schüchternheit selbst häufig nicht das ist, was betroffene Menschen stört: Es sind eher die Nachteile, die sie mit sich bringt, und das Gefühl, „nicht richtig“ zu sein in einer Welt, in der das Gesetz des Stärkeren gilt und laute, extrovertierte Menschen oft weiter kommen, während leisere, vorsichtigere Menschen leicht unterschätzt werden. Ich bin einer dieser lauten, extrovertierten Menschen – doch ich weiß gut um die verborgenen Schätze, die in jedem Menschen schlummern. Auch wenn sie oft sogar so gut verborgen sind, dass nicht einmal der betreffende Mensch selbst sie erwartet.

Schüchtern zu sein hat viele Ausprägungen, die Ihnen in vielen Lebenssituationen Nachteile bescheren. Sie selbst müssen nicht laut und extrovertiert werden, um das zu verändern. Aber Ihren Mut finden, das würde durchaus helfen – und darin bin ich eine echte Expertin.

In diesem Buch geht es nicht ums Flirten oder darum, wie Sie einen passenden Partner finden können: Es geht darum, wie Sie es schaffen können, nicht mehr schüchtern sein zu müssen, sondern eine Wahl zu haben, wie Sie sich verhalten möchten. Sie werden hilfreiche Anregungen finden und immer genau das umsetzen können, was Ihnen in der jeweiligen Situation weiterhelfen kann. Schritt für Schritt können Sie so Ihre Ziele erreichen und sich neue setzen, um dann auch diese mit mehr Leichtigkeit erreichen zu können.

Vieles von dem, was ich Ihnen in diesem Buch vorstellen und beschreiben werde, werden Sie sofort verstehen und nachvollziehen können. Sie werden sich in ähnlichen Situationen sehen und wiederkennen und sich selbst zu sich sagen hören: „Ja, das stimmt. Es entspricht dem, was ich erlebt habe.“ An anderen Stellen werden Sie vielleicht erst einmal innehalten und sich fragen, inwiefern diese Aussagen zu Ihren Erfahrungen passen. Sie werden vielleicht nicht sofort etwas damit anfangen können und während Sie darüber nachdenken, werden Sie prüfen, ob das wirklich für Sie und Ihre Situation gilt. Möglicherweise werden Sie erst später erkennen, dass diese Dinge auch auf Sie zutreffen, und nachdem Ihnen der Nutzen meiner Aussagen und Vorschläge klar geworden ist, werden Sie dann zustimmen können. Vielleicht dauert es einige Zeit, bis Sie das bemerken, und Sie werden sehen, wie Sie Stück für Stück immer mehr wagen können, und nach einiger Zeit Dinge, die Ihnen vorher noch ungewohnt erschienen, plötzlich ganz normal geworden sind.

Wenn dieses Buch wirklich zu Ihrer Weiterentwicklung dienen soll, dann wird es auch noch andere Phasen geben: Während Sie sich mit den Inhalten und dem Konzept auseinandersetzen und versuchen, sich in die Szenarien hineinzuversetzen, wie ich Sie Ihnen vorstellen werde, werden Sie diese Vorschläge eventuell anfänglich infrage stellen und anzweifeln oder sogar regelrecht überlesen. Es wird Ihnen vielleicht sogar völlig absurd erscheinen, was ich schreibe. Während Sie einige dieser Ideen möglicherweise anfänglich direkt verwerfen, werden Sie davon dennoch das annehmen können, was Ihnen möglich erscheint. Und später, vielleicht wenn Sie gar nicht mehr daran denken, könnten Sie plötzlich so etwas wie einen Geistesblitz haben: Zum Beispiel könnten Sie erkennen, wie Sie eine bestimmte Situation angehen können, die Ihnen bisher Schwierigkeiten gemacht hat. Während Sie sich selbst zu dieser tollen Idee und Ihrem Mut gratulieren, der so plötzlich gekommen ist, erinnern Sie sich unter Umständen noch nicht einmal daran, wie das geschehen konnte. Dies ist ein ganz normaler Prozess in der Entwicklung eines jedes Menschen. Denn wäre das, was ich Ihnen vorschlage, für Sie von Anfang an und in jeder Hinsicht vollkommen schlüssig und machbar: Würden Sie dieses Buch lesen? Sie wären nicht in der jetzigen Situation!

Viele Menschen, die meine Bücher lesen, berichten mir, dass sie dasselbe Buch Jahr für Jahr erneut in die Hand nehmen und jedes Mal das Gefühl haben, ein neues Buch zu lesen, weil sie andere Aspekte darin finden als zuvor. Dies ist der Ausdruck ihrer eigenen Weiterentwicklung. Ich bin sicher, es wird Ihnen ebenso ergehen.

Ich wünsche Ihnen dabei viele hilfreiche Erfahrungen und vor allen Dingen viel Spaß!

Nina Deißler

WELCHER TYP SIND SIE?

Schüchternheit – was genau ist das eigentlich? Lernen Sie sich selbst besser kennen und finden Sie Ihren Weg!

Schüchternheit verstehen

Wenn ich mich einem Thema nähere, schau ich mir zunächst an, was die Wörterbücher mir darüber sagen können. Die Definitionen aus den verschiedenen Nachschlagewerken halten nämlich sehr viele Informationen bereit, die Ursprünge und Herausforderungen eines Themas zu verstehen. Was also sagen die Quellen?

Schüchternheit – die Definition

Wikipedia erklärt in der Einleitung: „Unter Schüchternheit (hochsprachlich auch Scheu, veraltet Scheue) versteht man die Ängstlichkeit eines Menschen beim Anknüpfen zwischenmenschlicher Beziehungen. Auch bei Scham, Verlegenheit, Lampenfieber und Sexualangst treten ähnliche Verhaltensweisen auf, dort sind diese aber auf spezielle Situationen begrenzt. Schüchternheit bezeichnet dagegen die allgemeine Neigung eines Menschen, auf die Begegnung mit nicht vertrauten Personen mit Verunsicherung oder Furcht zu reagieren. Schüchternheit ist jedoch – soweit sie kein Leiden erzeugt – keine psychische Störung, sondern ein Ausdruck des Temperaments eines Menschen.“

Im Duden findet man zu dem Begriff „schüchtern“:

1. scheu, zurückhaltend, anderen gegenüber gehemmt

2. nur vorsichtig, zaghaft [sich äußernd] in Erscheinung tretend

DWDS, das Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart, erklärt den Begriff „schüchtern“ mit: „Den Menschen, dem anderen Geschlecht, seiner Umgebung gegenüber gehemmt, scheu, ängstlich zurückhaltend.“

Ich mag es, mich den Themen so zu nähern, da ich sehr häufig direkt das finde, was das „Problem“ ist: Vermutlich sind Sie, lieber Leser, ein Mensch, der nun mal zur Vorsicht neigt und von seinem Temperament her eher zurückhaltend ist – zumindest in den Situationen, die für Sie Herausforderungen darstellen. Das Problem ist, dass dies häufig auch mit Hemmungen, Zaghaftigkeit und Angst einhergeht.

Im Inneren ist der Teufel los

Das Vorsichtige und Zurückhaltende allein wäre nicht schlimm, denn das ist die positive Absicht in Ihrem Verhalten. Es sind die „Nebenwirkungen“, die Ihnen zu schaffen machen: Ihre Hemmungen halten Sie davon ab, aktiver, unbefangener, ausgelassener und spontaner zu sein.

Es gibt so viele Momente, in denen Sie etwas zu sagen hätten oder sogar jetzt etwas sagen müssten, damit die Dinge sich für Sie positiv entwickeln – aber Sie trauen sich nicht. Sie haben Hemmungen. Und im Gegensatz zu dem, was der Beobachter von außen sehen kann – nämlich vermutlich nichts –, ist in Ihrem Inneren in vielen Fällen der Teufel los. Ein Gedankenkarussell, das Sie nicht stoppen können und das beständig an Fahrt aufnimmt: Soll ich oder soll ich nicht? Was, wenn das, was ich sage, nicht gut genug ist? Was soll ich überhaupt sagen? Was, wenn ich mich lächerlich mache? Ach, das hat doch sowieso alles keinen Sinn! Lass es lieber gleich ganz. Jetzt hast du dich wieder nicht getraut …

Viele Betroffene berichten auch davon, dass sich in den Momenten, in denen es quasi „drauf ankäme“, totale Leere in ihrem Kopf ausbreitet. Da ist einfach gar nichts, was man sagen könnte. Keine Idee, keine Ahnung. Nur Herzrasen, feuchte Hände und eine trockene Kehle. Es entsteht das Gefühl, am liebsten davonlaufen zu wollen – oder der starke Wunsch, dass sich der Boden auftun und einen einfach verschlucken möge. Hauptsache weg, raus aus der Situation. Bei anderen bildet sich ein regelrechter Knoten im Gehirn – und dann auch in der Zunge. Und vor lauter Angst, etwas völlig Dämliches, Sinnloses herauszuwürgen, lässt man es lieber gleich. Erkennen Sie sich darin wieder?

Das Allerschlimmste daran ist ja, dass Sie durch diese Hemmungen, die Zaghaftigkeit und die Zurückhaltung so oft unterschätzt werden. Und damit entgeht Ihnen so einiges – beruflich wie privat. Wahrscheinlich mussten Sie schon häufig dabei zusehen, wie andere das Lob, die Aufmerksamkeit, die Wertschätzung erhalten haben, die eigentlich (auch) Ihnen zustünde, während Sie stumm und scheu daneben stehen und den Mund nicht aufkriegen. Sie haben erlebt, wie andere, die vermutlich weit weniger qualifiziert waren als Sie, Ihnen Jobs oder Aufgaben zur Profilierung wegschnappten. Sie haben sich schon so oft geärgert, wenn Ihnen jemand gefallen hat und Sie Ihre Chance verpasst haben, weil die Schüchternheit so groß war, dass er/sie nie erfahren hat, dass Sie überhaupt existieren.

Das Problem entsteht in der Beziehung zum Außen, doch sein ganzes, zerstörerisches Potenzial entfaltet es im Inneren.

Ihr gehemmtes, zurückhaltendes Wesen wirkt auf andere zaghaft und möglicherweise sogar schlimmer: desinteressiert oder dumm. Wer kann denn ahnen, ob jemand etwas Gutes zu sagen hätte, wenn er es nie tut? Und das ist Ihnen eigentlich klar, doch dieses Bewusstsein verändert nichts an Ihrem Verhalten und schon gar nicht an Ihren Ängsten.

Kämpfe mit sich selbst steigern die Hemmungen

Im Gegenteil: Nach jedem negativen Erlebnis, in dem Ihre Schüchternheit Sie gehemmt hat, folgt ein Selbstgespräch, in dem Sie sich selbst abwerten. Sie ärgern sich über sich selbst. Manchmal tagelang. Sie bereuen, dass Sie nichts unternommen haben, ärgern sich über andere, die es sich leicht machen. Sind vielleicht sogar neidisch oder missgünstig. Und wahrscheinlich mögen Sie sich selbst so noch weniger. Mit anderen Worten: Sie kämpfen gegen sich selbst – und sorgen so dafür, dass Sie nicht mutiger, spontaner oder optimistischer werden, was Ihr Auftreten angeht. Sie selbst sind Ihr strengster und unerbittlichster Kritiker. Kritischer, strenger, unerbittlicher und garstiger als vermutlich jeder andere Mensch je mit Ihnen sein würde. Und durch diese beständigen Kämpfe in Ihnen selbst – den Dialog, den nur Sie führen und hören und die mangelnde Übung und Erfahrung, sich anderen mitzuteilen – wird die Unsicherheit immer größer, die Hemmung immer stärker, und Ihr Selbstwertgefühl schwindet.

Was dann bei vielen Menschen mit ausgeprägter Schüchternheit folgt, ist eine Art Lethargie – ein Sichabfinden damit, ein Opfer der eigenen Hemmungen zu sein. „Ich bin halt so“, höre ich manchmal von Menschen, die sich aufgegeben haben und deren innerer Kritiker sie davon überzeugt hat, dass es besser ist, im Schatten zu bleiben. Doch den Kontakt zu anderen zu vermeiden, die Herausforderung zu umgehen und die eigenen Wünsche und Ziele kleinzuhalten oder gar ganz zu begraben ist eben keine Lösung, sondern nur ein „Workaround“, ein temporäres Verzögern. Es bringt Sie nicht zum Ziel.

Wenn Sie Ihre Schüchternheit überwinden möchten, müssen Sie eine Sache realisieren: dass das nicht funktioniert, wenn Sie versuchen, gegen Ihre Schüchternheit zu kämpfen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist selbstverständlich möglich, etwas anderes zu sein als schüchtern. Doch dieses Ziel werden Sie nicht erreichen, wenn Sie Ihre Schüchternheit bekämpfen oder überwinden möchten. Denn Ihre Schüchternheit ist ein Teil von Ihnen. Und wenn Sie dagegen kämpfen, dann kämpfen Sie gegen sich selbst. Und das ist ein Kampf, den Sie nie gewinnen können.

Ihre eigenen Denkmuster halten Sie gefangen, und so drehen Sie sich im Kreis, ohne einen Ausweg zu finden. Denn der Ausweg liegt außerhalb Ihrer eigenen Gedankenstrukturen.

Der Weg, Ihre Schüchternheit zu „überwinden“, ist, sie gänzlich zu verstehen und dann die Anteile in Ihnen zu stärken, die Ihnen helfen, nicht schüchtern sein zu müssen.

Und wie das geht und konkret aussieht, darum geht es in diesem Buch.

Die drei Arten der Schüchternheit

Schüchternheit kann sich von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich anfühlen. Es gibt verschiedene Formen und vor allem auch Ursprünge, die es erfordern, anders damit umzugehen.

Grundsätzlich kenne ich drei typische Formen von Schüchternheit:

• Natürlich schüchterne Menschen, bei denen die Schüchternheit eine Begleiterscheinung eines zurückhaltenden oder introvertierten Wesens ist,

• Schüchternheit durch Prägung,

• situationsabhängige Schüchternheit bei „eigentlich nicht schüchternen Menschen“.

Von klein auf schüchtern

Bei den ersten beiden, den quasi „klassisch“ schüchternen Menschen, die immer zurückhaltend sind, ist diese Unterscheidung sehr wichtig: Es gibt schüchterne Menschen, die bereits in der Kindheit zurückhaltend und eher scheu waren. Meistens sind sie von ihrem Wesen her eher introvertiert, sie reden nicht so gerne und haben es auch nie getan oder gewollt. Viele dieser Menschen sind sogar hochsensibel und halten es auf Dauer gar nicht so gut unter vielen Menschen und mit vielen Eindrücken, viel Kommunikation und viel Information aus. Sie brauchen es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Sie wollen es nicht deshalb vermeiden, weil es ihnen peinlich ist, sondern weil es ihnen einfach nicht wichtig ist. Eigentlich kommen sie mit sich und ihrer Art gut klar – es sind eher die anderen, die das Problem sind. Die Menschen um sie herum, die nicht mit ihrer Art klarkommen.

Schüchtern durch Erziehung und Prägung

Bei der zweiten Gruppe, den Menschen, die durch Prägungen schüchtern sind, gibt es Auslöser, die dazu geführt haben, dass sie sich verstecken, zurückhaltend und scheu sind. Oft sind negative Erlebnisse und Erfahrungen aus der Kindheit die Ursache:

• Mobbingerfahrungen in der Schule,

• dramatische Einschnitte im Leben, wie z. B. Trennung der Eltern, Umzug, starke Veränderungen im sozialen Milieu, schwere Krankheit,

• Druck und Überforderung oder Gewalt im Elternhaus.

Das sind typische Auslöser für Ängste und Hemmungen. Sie bilden den Nährboden für Schüchternheit im Erwachsenenalter.

Aber auch gut gemeinte, doch falsche Erziehung mit Regeln wie „Sprich nur, wenn du gefragt wirst“ oder „Sei nicht vorlaut“ kann dazu führen, dass ein Mensch unfreiwillig schüchtern wird und später als Erwachsener unter Hemmungen und sozialen Ängsten leidet. Manchmal sind es Verhaltensmuster, die den Eltern vollkommen unbewusst sind, die von den Kindern aufgenommen und imitiert werden: die Angst davor, was andere („die Nachbarn“) sagen könnten, oder starke Abhängigkeitsverhältnisse in der Partnerschaft oder zu den (Schwieger-)Eltern.

Kinder bekommen viel mehr mit, als Erwachsene oft glauben. Doch da sie selbst noch kein Wertesystem und keine anderen Erfahrungen haben, in die sie diese Wahrnehmungen einordnen können, werden diese frühen Beobachtungen und Erfahrungen zum Maßstab für das eigene Verhalten und die eigenen Möglichkeiten. Die Folge ist ein sehr hohes Maß an Selbstaufmerksamkeit. Viele schüchterne Menschen beobachten und beurteilen sich permanent selbst und sehen die Umwelt eher als Quelle für mögliche Gefahren, vor denen es sich zu schützen gilt.

Ein wichtiger Unterschied

Die Unterscheidung der beiden Gruppen ist deshalb wichtig, weil die erste Gruppe quasi „freiwillig“ schüchtern ist. Sie möchten eigentlich nur die negativen Nebenwirkungen der Schüchternheit loswerden und dennoch gerne introvertiert und/oder zurückhaltend bleiben dürfen. Hier resultieren das schlechte Gefühl und damit die Hemmungen eher aus dem Feedback der Umwelt, was die Zurückhaltung noch weiter bestärkt und damit einen Teufelskreis auslösen kann.

Die zweite Gruppe ist nicht von Natur aus und schon gar nicht freiwillig schüchtern – und oft auch nicht einmal introvertiert. Hier sind meist auch eine Menge Angst und unterdrückte Wut im Spiel. Diese Gruppe sieht in erster Linie nicht die Anforderungen der anderen als Problem, sondern sich selbst, und fürchtet sich daher vor dem Urteil anderer. Die meisten Menschen dieser Gruppe wären die Schüchternheit gerne grundsätzlich los. Sie würden möglicherweise sogar gerne im Mittelpunkt stehen – wenn es positives Interesse und Freundlichkeit wären, die sie erfahren.

Schüchtern aus der Situation heraus

Und dann gibt es da noch die dritte Gruppe: Menschen, die „eigentlich“ gar nicht schüchtern sind – außer in bestimmten Situationen.

Die beliebteste und mir am besten bekannte Situation ist die, dass die Schüchternheit immer dann auftritt, wenn es um Sexualität geht: Wenn dem eigentlich nicht schüchternen Menschen ein anderer besonders gut gefällt, wird er/sie plötzlich schüchtern – sprich ängstlich, zaghaft und gehemmt.

Viele Menschen haben auch Schwierigkeiten mit Autoritäten – ein Vorgesetzter, Lehrer, Professor oder Dozent flößt so viel Respekt ein, dass der in Angst umschlägt und Schüchternheit hervorruft, sodass Gespräche auf Augenhöhe nicht möglich sind. Manch einer hat auch nur eine leichte Schüchternheit, die er gut im Griff hat, aber die zum Beispiel in Konfliktsituationen zum Vorschein kommt, sodass er sich einfach nicht behaupten oder durchsetzen kann und damit immer wieder Nachteile und Grenzüberschreitungen in Kauf nimmt. Gerade in solchen Situation leiden die „punktuell Schüchternen“ ganz besonders, weil diese Art sich zu fühlen und sich zu verhalten eigentlich gar nicht zu ihrem sonstigen Wesen passen will. Das ist insbesondere verhängnisvoll, weil diese Menschen auf andere auch nicht unbedingt schüchtern wirken und ihr Gegenüber nie auf die Idee käme, dass das seltsame Verhalten tatsächlich aus Schüchternheit und nicht aus Desinteresse oder Arroganz heraus geschieht. Die Schere zwischen dem eigenen Gefühl im Inneren und der Wahrnehmung durch andere im Außen ist hier besonders groß.

Wenn man sonst doch gut für sich einstehen kann, nicht auf den Mund gefallen ist, selbstbewusst und vielleicht sogar tough wirkt, kommt niemand auf die Idee, dass bestimmte Situationen oder Menschen Schüchternheit, Ängste, Hemmungen oder Scheu auslösen könnten.

Vorgetäuschte Souveränität oder Coolness ist dann die Devise – da die plötzlich auftretende Schüchternheit ja auch nicht ins eigene Konzept des Selbstbildes passt. Und gerade dieses Schutzverhalten ist es dann, das auf andere arrogant, ablehnend und desinteressiert wirkt.

Der größte Nachteil der Schüchternheit

Diese Wirkung gilt für fast jede Situation, in der Menschen schüchtern sind – egal aus welchem Grund: Kaum jemand kommt auf die Idee, dass die Zurückhaltung nur ein Schutzverhalten ist, das nicht aus Desinteresse entsteht, sondern eben aus Überforderung oder aus Angst und letztlich aus einem Gefühl, das allen schüchternen Menschen wohlbekannt ist: Scham!

Fast immer ist Scham die „vergiftete Zutat“ des Gefühlscocktails, mit dem sich jeder Mensch in einem schüchternen Moment herumschlägt. Es ist nicht die Vorsicht, die Zurückhaltung oder die Ratlosigkeit, sondern es ist die damit einhergehende Scham, resultierend aus der Angst, nicht gut genug zu sein, abgelehnt oder sogar verhöhnt zu werden.

So unterschiedlich die drei Gruppen der Schüchternen sind, das ist es, was sie letztlich auch wieder vereint: die Angst vor negativen Auswirkungen, vor Kontrollverlust und der Wunsch nach mehr Souveränität und Selbstsicherheit.

INNENARBEIT

Veränderung wirkt am besten von innen nach außen – und es gibt tatsächlich ein System dafür. Wissen Sie eigentlich, wie Sie sich Ihre Schüchternheit machen? Oder wie bewundernswert die Prozesse Ihres Gehirns dafür sind?

Wie Veränderung geschieht

Wenn Sie schüchtern sind, dann hat das nichts damit zu tun, in welcher Rolle oder Umgebung Sie sind. Es hat nichts mit den anderen Menschen um Sie herum zu tun. Es hat in erster Linie mit Ihnen zu tun – mit Ihrem Bild von sich selbst und der Welt, Ihren Gefühlen und Ängsten, Ihren Wertvorstellungen, Denkmustern und Glaubenssystemen. Es würde an dieser Stelle überhaupt nichts bringen, Ihnen Tipps zu geben oder neue Fähigkeiten zu vermitteln, solange Sie glauben, dass das nicht zu Ihnen passt oder sogar gefährlich sein könnte.

Ich werde in diesem Buch viele unterschiedliche Ansätze aus den unterschiedlichsten Methoden und Lehren nutzen, die aus meiner Coaching-Erfahrung heraus gute Ergebnisse bei meinen Klienten erzielt haben. Eine dieser Methoden ist NLP, das Neuro-Linguistische Programmieren.

Was ist NLP?

NLP hat bei manchen Menschen einen leider zweifelhaften Ruf (vor allem bei denen, die nicht genau wissen, was es ist), und das hat vor allem einen Grund: Es ist sehr effektiv. Viele Therapeuten und Psychologen verdrehen die Augen, wenn man in ihrer Gegenwart diese drei Buchstaben erwähnt. Und es wundert mich eigentlich gar nicht: Wenn ich aus meinem Wissen heraus überzeugt davon wäre, dass es ungefähr ein Jahr dauert, bis man eine Phobie los ist, und es käme einer und würde sagen: Das geht auch in 20 Minuten – ich würde das stark bezweifeln und wäre skeptisch!

NLP ist wahrlich kein „Allheilmittel“ und in meinen Augen keine Methode, mit der man jedes Problem eines Jeden lösen kann. Und wie so oft kommt es vor allem auf die Fähigkeiten und die Werte desjenigen an, der es vermittelt und anwendet. So wie es nicht empathische Ärzte, miese Anwälte, schlecht ausgebildete Köche, planlose KFZ-Mechatroniker und überdrüssige Klempner gibt, gibt es auch schlechte, wenig ausgebildete oder nicht empathische Coaches – ganz egal welche Zertifikate an ihrer Wand hängen.

NLP lässt sich aus meiner Sicht am besten beschreiben als eine systematisierte Sammlung und der Kombination von logischen Schlussfolgerungen und Methoden zur Beeinflussung von Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen mit dem Ziel, ihn bestmöglich dahin zu führen, wo es ihm nützt.

Ihre Ursprünge nahm diese Sammlung in den frühen 1970er-Jahren in Kalifornien, wo der Student Richard Bandler an der University of California Mathematik, Informationswissenschaften (der frühe Anfang von IT) und Psychologie studierte. Vieles von dem, was er über Psychologie lernte, kam ihm seltsam vor, und er wunderte sich, dass er alles darüber lernte, was „Störungen“ bei Menschen waren – aber nicht, was man dagegen tun konnte. In seinem Nebenjob transkribierte Bandler Sitzungen für den Psychiater Fritz Perls, einen der Mitbegründer der „Gestalttherapie“. Zudem lebte er in der Nachbarschaft des Kybernetikers Gregory Bateson, für den er ebenfalls zeitweise tätig war, und wurde später der bekannten Familientherapeutin Virginia Satir vorgestellt. Da Virginia Satir keinen Führerschein hatte, chauffierte Bandler sie zu außerhalb gelegenen Terminen, wo er sie bei der Arbeit beobachten konnte. Zusammen mit John Grinder, der damals an der UCA Professor für Anglistik und seinerseits Schüler des brillanten Linguisten Noam Chomsky war, veranstaltete Richard Bandler an der Universität Gestalttherapiegruppen, in denen sie bald begannen, mit weiteren Einflüssen und Ideen, wie etwa denen von Virginia Satir, Noam Chomsky oder auch Gregory Bateson und vielen anderen, zu experimentieren.

Letztlich kann man sagen, dass die Entwickler von NLP um Richard Bandler einfach Folgendes getan haben: Sie haben sich angeschaut, wo jemand im Bereich der Psychologie, Therapie und Persönlichkeitsentwicklung besonders erfolgreich ist, wie sie/er das macht und was davon man nachmachen und erfolgreich miteinander kombinieren kann.

Eine positive Grundannahme

Die Grundannahme dabei ist, dass ein Gehirn eine Art hochleistungsfähige Maschine ist und es letztlich einfach darum geht, diese Leistung mit den geeigneten Mitteln in die Richtung zu lenken, die sinnvoll für den Besitzer des Gehirns ist. Es ist Ihrem Gehirn selbst ja vollkommen egal, was es denkt – es wäre aber doch toll, wenn das, was Sie denken, Ihnen nützen kann, das zu erreichen, was Sie sich wünschen. In Ihrem Fall nämlich das, was Sie gerne wären und könnten, wenn Sie nicht mehr schüchtern sind.

NLP geht davon aus, dass Menschen nicht neurotisch, verrückt oder gebrochen sind, sondern stets die beste Wahl aus dem treffen, was ihnen an Optionen zur Verfügung steht. Sie funktionieren in ihrem „Modell der Welt“. Dieses Modell setzt sich zusammen aus dem, was sie über sich und die Welt gelernt haben, und wie sie das, was sie wahrnehmen können, interpretieren. So hat jeder Mensch ein individuelles Modell von der Welt, eine Art „innere Landkarte“, in seinem Kopf, das sich von dem anderer Menschen unterscheidet. Je nachdem wie und wo Sie aufgewachsen sind, welche Rolle eine bestimmte Religion spielt(e), welchem Beruf Sie nachgehen, ob Sie in einer Stadt oder auf dem Land leben, was Ihre Eltern Ihnen vorgelebt und gepredigt haben und so weiter werden unterschiedliche Dinge in Ihrem Modell der Welt wichtig sein. Und manche Aspekte, die für andere Menschen wichtig sind, werden bei Ihnen vielleicht nicht einmal existieren.

Jedes menschliche Verhalten ergibt einen Sinn, wenn es im Kontext der „Landkarte“ der betreffenden Person gesehen wird. Die Schwierigkeit besteht in der Regel deshalb nicht darin, dass Menschen „die falsche Wahl“ treffen, sondern dass ihnen nicht genügend Möglichkeiten zur Verfügung stehen. So wie Sie häufig keine Alternative zu Ihrer Schüchternheit haben, weil Ihnen nicht genügend Optionen zur Verfügung stehen, die Ihnen machbar und/oder sicher erscheinen.

Können, wollen, dürfen und sein

Bevor ich Ihnen neue Möglichkeiten für anderes Verhalten vorstelle, müssen wir zunächst dafür sorgen, dass diese für Sie anwendbar werden. Und das hat sehr viel mit Ihren Überzeugungen und Ihrer Identität zu tun.

Robert Dilts, einer der sehr frühen Schüler und späterer Mitentwickler des Modells NLP, hat ein Modell entwickelt, in dem er Veränderungsebenen in eine Hierarchie bringt, um darzustellen, wie und wo Veränderung am besten funktioniert:

Die (neuro-)logischen Ebenen der Veränderung

Ebene

Bezeichnung

Erläuterung

6

ZugehörigkeitSpiritualitätVision/Mission

überindividuelle EbeneZugehörigkeit zu etwas Größerem oderHöherem

5

Identität

Selbstbild: Wer bin ich?

4

WerteGlaubenssätzeFilter

Entscheidungskriterien: Was ist möglich?Was darf ich?Überzeugungen, LeitideenWahrnehmungsfilter und Biografie

3

Fähigkeiten

Von außen nicht wahrnehmbare innereProzesse: Was kann ich?

2

Verhalten

Von außen wahrnehmbare eigene Handlung:Was tue ich?

1

Kontext

Wahrnehmbare Umwelt, Raum und Zeit:Wo bin ich?

Die Ebene 1, der Kontext, ist die niedrigste Ebene: Wenn Sie wirklich schüchtern sind, dann sind Sie vermutlich in vielen Bereichen schüchtern. Der Vorschlag „Geh doch mal zu einem Speed Dating oder auf eine Singleparty!“, wenn Sie sich eine Partnerschaft wünschen, ist vermutlich wenig hilfreich, denn Sie werden auch dort schüchtern sein, wo andere für ein Kennenlernen grundsätzlich aufgeschlossen sind. Sie müssten sich also anders verhalten als sonst – das wäre Ebene 2. Doch wie? Vielleicht fehlen Ihnen Fähigkeiten? Das wäre Ebene 3.

Fähigkeiten könnten Sie lernen – doch was, wenn Sie davon überzeugt wären, dass das bei Ihnen eh nichts nützt oder dass es zu schwierig oder nicht sicher für Sie ist, weil … Welchen Grund auch immer Sie angeben: Sie bewegen sich auf Ebene 4 – den Werten, Filtern und Glaubenssätzen. Und warum ist das gerade bei Ihnen so, wo es doch erkennbar für andere Menschen möglich ist? Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, für wen Sie sich halten. Das wäre Ebene 5: Ihr Selbstbild, Ihre Identität. Ganz hart wird es, wenn Gott oder Ihre Religion Ihnen verbieten würde, irgendetwas anderes zu sein als zurückhaltend. Oder wenn Sie vielleicht der Meinung sind, dass Sie überhaupt nicht hier sein sollten. Denn das ist Ebene 6.

Und tatsächlich gibt es nicht wenige Menschen, die extrem schüchtern sind, weil sie sich haben einreden lassen, dass sie eigentlich gar keine Berechtigung zum Leben haben, dass sie nichts wert sind oder ein Unfall oder dass sie „stören“.