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Dieser erste von zwei Bänden liefert aktuelle Informationen und Hinweise zu gründungsrelevanten rechtlichen Themen für den Weg in die vertragsärztliche bzw. psychotherapeutische Praxis und das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ). Dabei wird unter anderem auf die Bedarfsplanung, Kooperationsmöglichkeiten und verschiedenen Varianten der Ausübung der Tätigkeit als Vertragsärztin bzw. -arzt oder Vertragspsychotherapeutin bzw. -therapeut eingegangen. Themen zur Abrechnung - umfangreiche Grundlagen u. a. zum EBM, zur GOÄ sowie UV-GOÄ - und weitere Praxismanagementaspekte wie beispielweise das Personalmanagement, das Qualitätsmanagement und die IT-Sicherheit werden aufgezeigt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 339
Veröffentlichungsjahr: 2021
Olivier P. Nehls
Niederlassungshandbuch für Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
Mit Checklisten und Informationen zum Praxismanagement
Alle Rechte vorbehalten © Olivier Pascal Nehls, Kiel, 2021
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverarbeitung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, Verbreitung sowie öffentliche Zugänglichmachung.
Autor: Olivier Pascal Nehls
Umschlaggestaltung: Olivier Pascal Nehls
Lektorat: Irina Sehling
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-30286-0
Hardcover:
978-3-347-30287-7
e-Book:
978-3-347-30288-4
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind abrufbar unter:
http://dnb.-d-nb.de
Vorwort
Das vorliegende Werk richtet sich an Sie als Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Es soll Ihnen als Niederlassungshandbuch einen Niederlassungsfahrplan zur Verfügung stellen.
Im Hinblick auf den ständigen Wandel der Rahmenbedingungen und die Vielschichtigkeit der Thematik möchte Ihnen dieses Buch zum einen als Entscheidungshilfe und Informationsbasis zur Vorbereitung auf Niederlassungsthemen und -gespräche dienen. Sollten Sie bereits niedergelassen sein, soll es zum anderen eine Informationsbasis für das Management Ihrer Praxis bzw. Ihres MVZ bieten. Zugleich kann dieses Buch auch Privatärzten und privat praktizierenden Psychotherapeutinnen als Nachschlagewerk zur Praxisführung dienen.
Dieser erste von zwei Bänden liefert aktuelle Informationen und Hinweise
• zu gründungsrelevanten rechtlichen Themen der vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Praxis, zum Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ), zur aktuellen Bedarfsplanung und zu Kooperationsmöglichkeiten;
• zu verschiedenen Varianten der Ausübung der Tätigkeit als Vertragsärztin bzw. -arzt oder Vertragspsychotherapeutin bzw. -therapeut;
• zur Tätigkeit als Jobsharerin bzw. Jobsharer;
• zur Abrechnung (umfangreiche Grundlagen u. a. zum EBM, zur GOÄ, zur UV-GOÄ);
• zu weiteren Praxismanagementaspekten, u. a.
○ zum Personalmanagement,
○ zum Qualitätsmanagement,
○ zur IT-Sicherheit.
Die beiden Bände folgen in ihrer Kapitelstruktur dem Planungsprozess einer vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Existenzgründung.
Der zweite Band wird 2022 erscheinen. Darin werden u. a. die Standortanalyse und die Entwicklung eines Businessplans entsprechend den ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Bedürfnissen sowie Praxisbewertungsmethoden erläutert. Zudem hält auch der zweite Band Checklisten und Umsetzungshilfen für Sie bereit.
Ich bedanke mich bei Frau Dr. med. Andrea Petersen, Hausärztin mit Spezialisierung Flugmedizin, sowie bei Herrn Mustapha Ibrahim Trad, A. i. W., für ihr Feedback zu diesem Handbuch.
Mein Dank gilt aber insbesondere Herrn Prof. Dr. jur. Andreas Teubner für das Korrekturlesen der niederlassungsrechtlich relevanten Inhalte sowie Herrn Christian Heß für das Korrekturlesen der versicherungsrelevanten Themen.
Kiel, im April 2021
Olivier Nehls
Hinweis für meine Leserinnen und Leser
Mit dem vorliegenden Band stelle ich Ihnen Informationen zur Verfügung, die Ihnen in ihrer Gesamtheit als Fahrplan für die Niederlassung dienen sollen. Die notwendigen niederlassungsrechtlichen Grundlagen möchte ich Ihnen praxisnah vermitteln. Damit Sie auf wichtige Ereignisse vorbereitet sind, stelle ich Ihnen verschiedene Checklisten im Anhang bereit.
Mit Hilfe dieses Niederlassungshandbuchs werden Sie viel Zeit und somit Kosten sparen, indem Sie wichtige Informationen unmittelbar zur Hand haben, wenn Sie diese benötigen. Googeln ist zu dieser Thematik ein sehr zeitaufwendiges und zugleich wenig effizientes Vorgehen, da Niederlassungswissen aus verschiedensten (Rechts-)Quellen gespeist wird.
Ich bemühe mich um eine möglichst geschlechterneutrale Sprache, und zwar mit Bezeichnungen wie „vertragsärztlich bzw. vertragspsychotherapeutisch tätige Person“. Dennoch ist es notwendig, stellenweise folgende oder ähnliche Formulierungen zu wählen, um den Zielgruppen dieses Werks gerecht zu werden: „Ärztin bzw. Arzt und Psychologische Psychotherapeutin bzw. -therapeut“. Somit gewichte ich eine gendergerechte Sprache bewusst höher als die oftmals angeführte gute Lesbarkeit. Auch wird die Bezeichnung „Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut“ sowohl für ärztlich tätige Psychotherapeutinnen bzw. -therapeuten, Psychologische Psychotherapeutinnen bzw. -therapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen bzw. -therapeuten verwendet.
Dieses Handbuch wird regelmäßig aktualisiert.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und freue mich natürlich über Ihr Feedback!
Herzlichst
Olivier Nehls
Autor
Olivier Pascal Nehls
Dipl.-Kfm. (FH), Master of Arts
Kurzporträt:
Olivier P. Nehls (geb. 1984) studierte nach fachgebundener Hochschulreife und einer Ausbildung zum Bankkaufmann Europäische Betriebswirtschaftslehre an der Europäischen Fernhochschule Hamburg und absolvierte dort seinen Abschluss als Bachelor of Arts und Dipl.-Kfm. (FH). Seinen Masterabschluss in Business Management erlangte Herr Nehls in Form eines Präsenzstudiums an der Fachhochschule Kiel.
Von 2015 bis 2020 war er – anschließend an seine unternehmensberatende Tätigkeit in der Finanzwirtschaft – im Gesundheitswesen beratend aktiv. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag dabei auf der betriebswirtschaftlichen Beratung von MVZ und Arzt-/Psychotherapeutenpraxen. Die Tätigkeit umfasste sowohl die Abrechnungsberatung als auch eine strategische und organisationsbezogene Beratung. Seit 2017 lehrt Herr Nehls an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in den Modulen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Consulting und Business Planning. Daneben schrieb er Studienhefte zu den Studienmodulen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre sowie Investition und Finanzierung. Zurzeit ist Herr Nehls als kaufmännischer Leiter eines Klinik-MVZ in Niedersachsen tätig.
Fachspezifische Abkürzungen
AQUIK
Set der ambulanten Qualitätsindikatoren und Kennzahlen des aQua-Instituts
AWMF
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
AöR
Anstalt des öffentlichen Rechts
Ärzte-ZV
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte
ÄZQ
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin
BAG
Berufsausübungsgemeinschaft
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BSG
Bundessozialgericht
BSI
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
BWG
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrts pflege
DMP
Desease Management Programm
eAU
elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
EBM
Einheitlicher Bewertungsmaßstab
EFQM
European Foundation for Quality Management
e. G.
eingetragene Genossenschaft
eGK
elektronische Gesundheitskarte
EHIC
European Health Insurance Card
eMP
elektronischer Medikationsplan
ePA
elektronische Patientenakte
G-BA
Gemeinsamer Bundesausschuss
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GOÄ
Gebührenordnung für Ärzte
GOP
Gebührenordnungsposition
HBSNR
Hauptbetriebsstättennummer
HNO
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
HzV
Hausarztzentrierte Versorgung
IGeL
Individuelle Gesundheitsleistung
IoT
Internet of Things
KBV
Kassenärztliche Bundesvereinigung
KH
Krankenhaus
KIM
Kommunikation im Medizinwesen
KPQM
KV-Praxis-Qualitätsmanagement
KTQ
Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen
KV
Kassenärztliche Vereinigung
LÄK
Landesärztekammer
LPK
Landespsychotherapeutenkammer
MBO
Musterberufsordnung
MFA
Medizinische Fachangestellte
MVZ
Medizinisches Versorgungszentrum
OPK
Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer
PartG
Partnerschaftsgesellschaft
PDCA
Plan – Do – Check – Act
PK
Psychotherapeutenkammer
PVS
Privatärztliche Verrechnungsstellen
QEP
Qualität und Entwicklung in Praxen®
QM
Qualitätsmanagement
QS
Qualitätssicherung
QZV
Qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen
RLV
Regelleistungsvolumen
SGB V
Sozialgesetzbuch Fünftes Buch
UV-GOÄ
Gebührenordnung für Ärzte in der Unfallversicherung
VÄndG
Vertragsarztrechtsänderungsgesetz
ZA
Zulassungsausschuss
Inhaltsverzeichnis
1 Erster Schritt: Überprüfung der eigenen Unternehmerpersönlichkeit
1.1 Stärken-Schwächen-Analyse
1.2 Analyse der Lebenssituation
1.3 Auflistung Ihrer Motive und Ziele
1.4 Einfaches Entscheidungsmodell
2 Zweiter Schritt: Klärung wichtiger Grundlagen und Voraussetzungen zur Existenzgründung
2.1 Pflichtmitgliedschaft in der KV
2.2 Rechtsbeziehungen im Vertragsarztrecht
2.3 Grundlagen der Bedarfsplanung
2.3.1 Versorgungsebenen
2.3.2 Arztgruppen
2.3.3 Planungsbereiche
2.3.4 Verhältniszahlen
2.3.5 Morbiditätsfaktor
2.4 Bewertung der Versorgungsgrade
2.4.1 Gesperrter Planungsbereich
2.4.2 Partiell entsperrter Planungsbereich
2.4.3 Unterversorgter Planungsbereich
2.4.4 Gesonderte Regelungen für Psychotherapeutinnen
2.4.5 Anrechnung von Teilnehmenden bei der Bedarfsplanung
2.5 Arzt- und Psychotherapeutenregistereintragung und Warteliste
2.5.1 Arzt- und Psychotherapeutenregister
2.5.2 Warteliste
2.6 Vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Zulassung
2.6.1 Zulassungsvarianten und -verfahren
2.6.2 Hälftiger Versorgungsauftrag
2.6.3 Gesperrter Planungsbereich: Ausnahmezulassungen
2.6.4 Arztregistereintragung und Zulassungsantrag
2.6.5 Praxisaufnahmefrist
2.6.6 Sprechstunden
2.6.7 Nebentätigkeiten
2.6.8 Wesentliche Pflichten der vertragsärztlich/-psychotherapeutisch tätigen Personen
2.7 Zulassung eines MVZ
2.7.1 Grundvoraussetzungen
2.7.2 MVZ – voller und hälftiger Versorgungsauftrag
2.7.3 Gründung und Zulassung 34
2.8 Teilnahmeformen der vertragsärztlichen Versorgung
2.9 Kooperationsmöglichkeiten
2.9.1 Praxisgemeinschaft
2.9.2 Apparategemeinschaft
2.9.3 Laborgemeinschaft
2.9.4 Zweigpraxis
2.9.5 Ausgelagerte Praxisräume
2.9.6 Betriebs- bzw. Betreibergesellschaft
2.9.7 Berufsausübungsgemeinschaft
2.9.8 Sicherstellung der vertragsärztlichen Pflichten
2.10 Formulare und Vertragsarztstempel
2.11 Meldepflichten
2.12 Versicherungsschutz
2.12.1 Versicherungen für den Praxisinhaber
2.12.2 Versicherungen für die Arztpraxis
2.13 Abrechnung und Honorar
2.13.1 Honorarverteilung
2.13.2 Sachleistungs- und Kostenerstattungssystem
2.13.3 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)
2.13.4 Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
2.13.5 Abrechnung von Unfällen nach UV-GOÄ
2.13.6 Abrechnung in der hausarztzentrierten Versorgung
2.13.7 Abrechnung bei sonstigen Kostenträgern
2.13.8 Quartalsabrechnung über die KV
2.14 Wirtschaftlichkeitsprüfung
2.14.1 Zuständigkeit
2.14.2 Regressmanagement
2.15 Werberecht
2.15.1 Heilmittelwerbegesetz
2.15.2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
2.15.3 Musterberufsordnungen
2.16 Personalmanagement
2.16.1 Personalbedarfsplanung
2.16.2 Personalbeschaffung
2.16.3 Personalmarketing
2.16.4 Personaleinsatz
2.16.5 Personalreduzierung
2.16.6 Entgeltgestaltung
2.16.7 Personalentwicklung
2.16.8 Mitarbeiterführung als Kreislaufmodell
2.16.9 Personalmanagement in der Aufbauorganisation der Praxis
2.17 Qualitäts- und Prozessmanagement
2.17.1 Qualitätsbegriff
2.17.2 Qualitätsmanagement
2.17.3 Ziele des QM
2.17.4 Grundlegende Methodik
2.17.5 Grundelemente
2.17.6 Methoden und Instrumente
2.17.7 Umsetzung und Weiterentwicklung
2.17.8 Qualitätsmanagementsysteme
2.18 Telematikinfrastruktur
2.19 IT-Sicherheit
2.19.1 IT-Sicherheitsrichtlinie nach § 75b SGB V
2.19.2 Bedrohungsanalyse
2.19.3 IT-Sicherheitskultur
2.19.4 Zertifizierungen
2.19.5 Cyberkriminalität
2.19.6 Quellen zum Datenschutz und zur Datensicherheit
2.20 Zusammenfassung
Anhang
Checklisten
Checkliste zur Niederlassung
Checkliste zum Kreditgespräch
Checkliste zur Praxis-IT
Checkliste für die Etablierung eines Praxismanagements
Checkliste zur Quartalsabrechnung
Checkliste zu arbeitsrechtlichen Grundlagen des Personalmanagements
Checkliste zu Arbeitsverträgen
Checkliste zur Gründung eines Praxisnetzes
Checkliste zum Praxisübernahmevertrag (Sicht Praxisübernehmer)
Muster und Arbeitshilfen zum Praxismanagement
Abrechnungsmanagement: Überreichungsform notwendiger Abrechnungsunterlagen an die KV und Aufbewahrungsfristen
Die Arztpraxis als Unternehmen: Ebenen und Kontextfaktoren
Die Arztpraxis als Unternehmen: Wertschöpfungsprozess
Finanzen: Musterabdingung
Finanzen: Musterrechnung/ Musterliquidation
Personalmanagement: Tariflöhne Medizinische Fachangestellte
Personalmanagement: Stellenbeschreibung
Praxismarketing: Patientenfragebogen
Praxismarketing: Zehn goldene Patientenregeln und Empfehlungen zur Patientenkommunikation
Praxismarketing: Serviceleistungskatalog
Praxiscontrolling: Kennzahlen für die Praxis
Praxis-IT: Beispielpraxis mit KV-SafeNet
Qualitätsmanagement: Mustergliederung eines Hygieneplans
Steuern: Umsatzsteuerpflichtige Leistungen
Terminmanagement: Übersicht zu wichtigen Terminen der laufenden Praxisführung
Terminmanagement: Nicht planbare Termine – Notfallmanagement
Terminmanagement: Methodik zur Erstellung der Praxisterminplanung
Genehmigungspflichtige Leistungsbereiche
Landesärztekammern
Psychotherapeutenkammern
Übersicht zu den Kassenärztlichen Vereinigungen
Ärztliche und psychotherapeutische Organisationen und Verbände
Behörden zur Überwachung von Praxen
Übersicht Förderinstitute
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Glossar
Rechtsquellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Erster Schritt: Überprüfung der eigenen Unternehmerpersönlichkeit
Im Laufe des Berufslebens stellen sich die meisten vertragsärztlich bzw. vertragspsychotherapeutisch tätigen Personen konkrete Fragen nach ihrer beruflichen Zukunft. Eine wesentliche Alternative zur Anstellung in einem Krankenhaus oder einer Praxis ist der Weg in die Niederlassung.
Als Existenzgründerin bzw. -gründer stehen Sie mit Ihrer gesamten Persönlichkeit im Mittelpunkt der Praxis. Von Ihren Fähigkeiten hängt deren Erfolg ab: Sie selbst sind Ihr bedeutendster Erfolgs-, aber auch Risikofaktor. Daher sollten Sie sich nicht nur mit den allgemeinen Anforderungen an die Niederlassung auseinandersetzen – darunter die hohe Orientierung an Patientinnen und Patienten, hohe Belastbarkeit, Eigenverantwortlichkeit, Risikobereitschaft, Verkaufstalent und Führungsfähigkeiten –, sondern Sie sollten sich auch fragen, ob Sie eine Unternehmerpersönlichkeit sind.
Um besser einzuschätzen, ob der Weg in die Niederlassung zu Ihrem Profil passt, können sie verschiedene Methoden anwenden:
• Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils
• Analyse Ihrer Lebenssituation
• Auflistung Ihrer Motive und Ziele
• Erstellung eines einfachen Entscheidungsmodells
Abbildung 1: Der erste Schritt auf dem Weg in die Niederlassung
1.1 Stärken-Schwächen-Analyse
Als Vertragsärztin bzw. -arzt oder Vertragspsychotherapeutin bzw. -therapeut ist es für Sie und die sich Ihnen anvertrauenden Menschen wichtig, kontaktfreudig zu sein, Patientinnen und Patienten zu begeistern und mit fachlicher Kompetenz zu überzeugen. Erfahrungen im Umgang mit Menschen sind genauso wichtig wie die Fähigkeit, Chancen zu erkennen, der Mut zum Risiko sowie die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung. Eine Selbstanalyse sowie das Befragen von Freundinnen und Freunden sowie Bekannten können Ihnen bei der Beurteilung der persönlichen Unternehmereigenschaften sehr hilfreich sein. Gleichen Sie hierbei Ihr Eigen- mit dem erhobenen Fremdbild ab.
1.2 Analyse der Lebenssituation
Für Ihre erfolgreiche Gründung ist auch eine ehrliche Einschätzung Ihrer individuellen Lebenssituation notwendig. Die Selbstständigkeit, für die Sie sich eventuell entscheiden oder bereits entschieden haben, führt erfahrungsgemäß zu größeren Veränderungen und möglichen Einschränkungen, auch im Familienumfeld. Besprechen Sie die Lebensverhältnisse, die Einkommenserwartungen sowie die betriebliche und private Aufgabenverteilung in der Familie und regeln Sie Letztere nach Möglichkeit.
1.3 Auflistung Ihrer Motive und Ziele
Maßgebend für die Entscheidung, eine Praxis führen zu wollen, sind Überlegungen zu persönlichen Motiven und zur Motivation. Halten Sie diese am besten schriftlich fest. Wenn Sie wissen, wohin der Weg gehen soll, vergrößern sich Ihre Chancen, mit Ihrer Niederlassung erfolgreich zu sein. Planen Sie Ihre unternehmerische Zukunft mit Vorlauf und nehmen Sie sie nicht übereilt in Angriff.
1.4 Einfaches Entscheidungsmodell
Nachdem Sie die zuvor festgehaltenen Methoden angewandt haben, können Sie die Ergebnisse in einem einfachen Entscheidungsmodell synthetisieren. Die im Folgenden präsentierte Tabelle zeigt grundsätzliche Aussagen auf, denen Punktwerte von null (unwichtig) bis zehn (sehr wichtig) zuzuordnen sind.
Das Ergebnis gibt Ihnen eine weitere Entscheidungshilfe, ob die Niederlassung das Richtige für Sie ist oder nicht.
Einstellung
Bewertung
Bewertung (Bsp.)
Ich arbeite mit langfristigen Zielen, setze mir aber auch kurz- und mittelfristige Ziele.
7
Die wirtschaftliche Verantwortung für eine Arztpraxis zu tragen reizt mich.
10
Ich möchte ein Team führen und motivieren.
9
Ich gebe gern einen Rahmen für zu erledigende Arbeiten vor.
9
Variable Arbeitszeiten sind für mich in Ordnung, da auch der Notdienst eine wichtige Rolle spielt.
8
Ich bin mir bewusst, dass ein großer Teil meiner Energie in organisatorische Tätigkeiten fließen wird.
8
Die Chance auf ein höheres Einkommen verbunden mit wirtschaftlichen Risiken bevorzuge ich gegenüber einem sicheren, dafür geringeren Einkommen.
10
Ich bin bereit, vor allem in der Startphase, mich persönlich und zeitlich stärker zu engagieren.
10
Zufriedene Patientinnen und Patienten sehe ich als Positivmultiplikatoren, die zur Steigerung meines Praxiswerts beitragen.
10
Ich kann mir eine Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen vorstellen.
5
Gesamtpunktzahl
86
Tabelle 1: Einfaches Entscheidungsmodell
2 Zweiter Schritt: Klärung wichtiger Grundlagen und Voraussetzungen zur Existenzgründung
Dieses Kapitel soll Ihnen viele notwendige niederlassungsrelevante Informationen zur Verfügung stellen, die Sie u. a. für Gespräche mit der für Sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und erfahrenen praxisabgebenden Personen sowie für den späteren Businessplan (in Band 2) nutzen können.
Abbildung 2: Der zweite Schritt auf dem Weg in die Niederlassung
Hinweise:
• Dieses Kapitel behandelt verschiedene businessplanrelevante Themen, z. B. die Bedarfsplanung (Zielmarkt), die Rechtsform von BAG/MVZ (Organisation) und die Abrechnung (Finanzen). Nutzen Sie somit gern die Erkenntnisse aus diesem Kapitel für die Erstellung Ihres Businessplans. Erläuterungen zur Entwicklung eines Businessplans finden Sie in Band 2.
• Sofern Sie steuerliche Themen vermissen, finden Sie hierzu eine Checkliste im Anhang. Auf Marketinginhalte wurde im Sinne des Werberechts und aufgrund des Umfangs verzichtet. Ich empfehle Ihnen folgendes Werk zum Marketing: „Marketing in der Arztpraxis“ von Klaus-Dieter Thill.
2.1 Pflichtmitgliedschaft in der KV
Nach Gründung der gesetzlichen Krankenversicherung im Zuge des Bismarck’schen Krankenversicherungsgesetzes standen sich auf der einen Seite die Krankenkassen und auf der anderen Seite eine Vielzahl einzelner Ärztinnen und Ärzte als Vertragspartner gegenüber. Sofern ein Arzt Behandlungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen wollte, musste er Einzeldienstverträge mit den jeweiligen Krankenkassen abschließen, in denen er meist einer Pauschalvergütung für die Behandlung aller Patienten einer Kasse in seinem Bezirk zustimmen musste. Da am Ende des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig viele Ärzte verfügbar waren, konnten sich die Kassen ihre Vertragspartner aussuchen. Diese Situation führte dazu, dass die Krankenkassen teilweise öffentlich Kassenarztstellen ausschrieben und der Zuschlag dann dem Arzt mit der geringsten Honorarforderung erteilt wurde (vgl. KBV, o. J. a).
Nach dem ersten Zusammenschluss von Ärztinnen und Ärzten als Reaktion hierauf folgten weitere Entwicklungsstufen, bis sich die heutige Form der KVen etablierte. KVen werden jeweils in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt. Das bedeutet, dass
• sich das Satzungsrecht der KV auf alle Teilnehmenden der vertragsärztlichen Versorgung erstreckt, d. h. auf zugelassene und ermächtigte Ärzte sowie ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen.
• die KV bei schwerwiegenden Verstößen gegen gesetzliche, vertragliche oder satzungsmäßige Pflichten Sanktionen aussprechen kann.
• das Pflichtmitglied bei Austritt aus der KV seine Zulassung verliert.
In Deutschland existieren 17 KVen. Jede der KVen bildet sich aus Vertragsärztinnen und -ärzten des entsprechenden KV-Bezirks. Daneben sind auch Vertragspsychotherapeutinnen, ermächtigte Krankenhausärzte und angestellte Ärzte ordentliche Mitglieder der jeweiligen KV. Die 17 KVen bilden gemeinsam die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit Sitz in Berlin.
Abbildung 3: Die 17 KVen in der Bundesrepublik Deutschland
Die KVen unterliegen in ihrer Arbeit drei Hauptaufträgen.
1. Gewährleistungsauftrag: Die KVen überprüfen u. a. die Abrechnungen ihrer Mitglieder vor Weitergabe an die Krankenkassen auf Schlüssigkeit sowie sachlich-rechnerische Richtigkeit. Diese Überprüfung gewährleistet, dass den Krankenkassen nur Leistungen in Rechnung gestellt werden, die nach den jeweiligen Gebührenordnungen berechnungsfähig sind.
2. Sicherstellungsauftrag: Die KVen regeln die vertragsärztliche Versorgung, damit eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten gewährleistet ist – hierzu gehört u. a. die Organisation des ärztlichen Notdienstes, die Bedarfsplanung, das Zulassungs- und Ermächtigungswesen (gemeinsam mit den Krankenkassen im Zulassungsausschuss) und das Führen des Arztregisters.
3. Interessenwahrung: Zur Interessenwahrung gehört die Vertretung der Vertragsärztinnen- und -psychotherapeuten ggü. den Krankenkassen sowie die berufspolitische Vertretung, die Weiterentwicklung der vertragsärztlichen Versorgung, die wirtschaftliche Existenzsicherung und die Beratung und Information der Vertragsärztinnen bzw. -therapeuten.
Die KBV übernimmt u. a. folgende Aufgaben:
• Vertretung der Vertragsärzte bei Gesetzgebungsverfahren
• Abschluss von bundesweit geltenden Verträgen und Vereinbarungen zur Qualitätssicherung (QS)
• Erlass von QS-Richtlinien
• Führung des Bundesarztregisters
Hinweis:
Für die Verwaltung der KVen fallen für Sie als Vertragsärztin bzw. -arzt Kosten zwischen 2,5 und 5 % des Honorarvolumens an. Die Höhe hängt u. a. davon ab, ob online oder manuell abgerechnet wird. Die genaue Höhe können Sie bei Ihrer KV erfragen.
2.2 Rechtsbeziehungen im Vertragsarztrecht
Die öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung werden im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geregelt. Vereinfacht lassen sich hier folgende drei Rechtsbeziehungen festhalten:
• Rechtsbeziehung zwischen Arzt und KV
• Rechtsbeziehung zwischen KV und Krankenkassen bzw. deren Landesverbänden
• Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Versicherten
Als Rechtsgrundlage für die Beziehung zwischen Ärztin bzw. Arzt und Patientin bzw. Patient, die miteinander einen Behandlungsvertrag schließen, gilt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Hiernach gehen beide Parteien einen privatrechtlichen Dienstvertrag ein (vgl. §§ 611, 630a BGB). Die Ärztin ist zur Leistung von Diensten, der Patient zur Leistung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Behandlungsvertrag kommt durch schlüssiges Handeln zustande, da er in der vertragsärztlichen Versorgung fast nie schriftlich abgeschlossen wird.
Eine Ausnahme bildet bei Privatpatienten eine mögliche schriftliche Abdingungserklärung (s. Anhang), hier gilt die amtliche Gebührenordnung für Ärzte, die im späteren Verlauf dieses Handbuchs tiefergehend erläutert wird.
Der Antrag des Patienten auf Abschluss eines Behandlungsvertrages kann in einem telefonisch vorgetragenen Terminwunsch oder in einem Besuch der Sprechstunde bestehen. Die Annahme des Antrags seitens der Ärztin ist dann gegeben, wenn sie die Behandlung beginnt, die MFA die Versichertenkarte einliest oder einen Behandlungstermin vergibt.
Hinweis:
Gesetzlich Krankenversicherte belegen Ihnen ihren Anspruch auf eine vertragsärztliche Behandlung durch Vorlage der Gesundheitskarte oder eines Überweisungsscheins.
Die Ärztin erfüllt ihre vertraglichen Verpflichtungen, indem sie eine dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende Behandlung durchführt, ohne für einen Erfolg einstehen zu müssen. Der Patient wiederum erfüllt seine Pflicht, indem er die Ärztin für ihre Dienste bezahlt – Privatpatienten begleichen ihre Schuld mithilfe einer Liquidation, Kassenpatienten müssen der Ärztin lediglich einen Behandlungsausweis, bspw. die Gesundheitskarte, überreichen. Zudem müssen Kassenpatienten die Anweisungen der Ärztin befolgen.
Ärztin und Patient sind beide verpflichtet, die vereinbarten Termine einzuhalten. Tut der Patient dies nicht, so kann die Ärztin im Rahmen von Schadenersatzansprüchen z. B. für Leerlaufzeiten in der Praxis dem Patienten eine Rechnung stellen. Umgekehrt kann der Patient auch Ersatz für entgangenen Lohn bzw. entgangenes Gehalt von der Ärztin verlangen.
Die Rechtsgrundlage für die Arbeit der Vertragsärztinnen und -psychotherapeutinnen bilden Verträge, die zwischen der KBV und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen oder zwischen KVen und Kassenverbänden auf Bundes- und Landesebene abgeschlossen werden. Darin sind
• die Rechte und Pflichten der Vertragsärztinnen und -psychotherapeutinnen,
• die Rechte und Pflichten der Versicherten
• und die Rechtsbeziehungen zwischen den Verbänden der Krankenkassen und ihren Mitgliedern sowie den KVen auf Bundes- und Landesebene bei der Abrechnung zur Vergütung ärztlicher Leistungen geregelt.
Für die Organisation und Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere der Bundesmantelvertrag auf Bundesebene und die Gesamtverträge auf Landesebene relevant. Die wesentlichen Bestandteile des Bundesmantelvertrags sind zum einen der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) und zum anderen die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Die Gesamtverträge werden auf Landesebene zwischen den KVen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie dem Verband der Ersatzkassen abgeschlossen.
2.3 Grundlagen der Bedarfsplanung
Im Jahr 1993 war die Bedarfsplanung bei ihrer Einführung von dem Wunsch geleitet, das Niederlassungsverhalten der Ärzte und Psychotherapeutinnen angesichts einer befürchteten Ärzteschwemme zu regeln. Konkret sollte eine Überversorgung verhindert werden. Diese Situation hat sich verändert. Inzwischen stehen immer weniger Ärzte und Psychotherapeutinnen für die Versorgung zur Verfügung. Einerseits ist zwar in attraktiven Regionen ein sehr gutes Versorgungsangebot festzustellen, andererseits zeigen sich aber in strukturschwachen Regionen bzw. in solchen mit geringer Kaufkraft deutliche Anzeichen von Versorgungsdefiziten.
Aus diesem Grund hat sich die Bedarfsplanung mehrmals verändert. Das Versorgungsstrukturgesetz vom 1.1.2012 und das Versorgungsstärkungsgesetz vom 23.7.2015 reformierten die Bedarfsplanung. Zum 21.12.2019 hat der G-BA Anpassungen bei den Allgemeinen Verhältniszahlen insbesondere bei Kinderärztinnen, Nervenärzten, Psychotherapeutinnen und Internisten vorgenommen. Eine Mindestquote wurde für Nervenärzte und Rheumatologinnen und eine Maximalquote für andere internistische Schwerpunkte eingeführt. Auch wurde ein neues Kriterium zur Beurteilung der Versorgungssituation aufgenommen – die Erreichbarkeit. Der bisherige Demografiefaktor wurde zu einem komplexen Morbiditätsfaktor weiterentwickelt. Dies hat sich unmittelbar positiv auf die Versorgungssituation ausgewirkt, da durch die stärkere Berücksichtigung der Morbiditätsentwicklung im Schwerpunkt Haus- und Augenärzte mehr Arztsitze zur Verfügung stehen.
Vor der letzten Anpassung der Bedarfsplanung waren die Allgemeinen Verhältniszahlen aus den 90er Jahren fortgeschrieben worden. Nun erfolgt alle zwei Jahre eine Anpassung unter Berücksichtigung der Morbidität der Bevölkerung. Im Wesentlichen sind folgende Bestandteile für die Bedarfsplanung relevant:
• vier verschiedene Versorgungsebenen,
• Arztgruppen,
• vier verschiedene Planungsbereiche,
• Verhältniszahlen und
• der Morbiditätsfaktor.
Diese Bestandteile werden Ihnen in den folgenden Unterkapiteln erläutert.
2.3.1 Versorgungsebenen
Die Bedarfsplanung definiert insgesamt vier Versorgungsebenen. Für jede von ihnen gelten, je nach Spezialisierung, unterschiedliche Planungsgrößen (s. Kap. 2.3.3) als Grundlage für die Bedarfsplanung. Es existieren folgende Ebenen:
• Hausärztliche Versorgung
• Allgemeine fachärztliche Versorgung
• Spezialisierte fachärztliche Versorgung
• Gesonderte fachärztliche Versorgung
2.3.2 Arztgruppen
Um die verschiedenen Facharztrichtungen in die Bedarfsplanung einzubeziehen, werden diese in Arztgruppen zusammengeführt. Folgende Arztgruppen sind den Versorgungsebenen zugeordnet:
• Hausärztliche Versorgung (§ 11 Abs. 2 BPL-RL):
○ Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeinmedizin
○ Praktische Ärztinnen und Ärzte
○ Hausärztliche Internistinnen und Internisten
• Allgemeine fachärztliche Versorgung (§ 12 Abs. 2 BPL-RL):
○ Augenärztinnen und -ärzte
○ Chirurginnen und Chirurgen sowie Orthopädinnen und Orthopäden
○ Frauenärztinnen und -ärzte
○ Hautärztinnen und -ärzte
○ HNO-Ärztinnen und -Ärzte
○ Nervenärztinnen und -ärzte
○ Psychotherapeutinnen und -therapeuten (Ärztliche und Psychologische Psychotherapeutinnen bzw. -therapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen bzw. -therapeuten)
○ Urologinnen und Urologen
○ Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte
• Spezialisierte fachärztliche Versorgung (§ 13 Abs. 2 BPL-RL):
○ Anästhesistinnen und Anästhesisten
○ Fachinternistinnen und -internisten (fachärztlich tätig)
○ Kinder- und Jugendpsychiaterinnen bzw. -psychiater
○ Radiologinnen und Radiologen
• Gesonderte fachärztliche Versorgung (§ 14 Abs. 2 BPL-RL):
○ Humangenetikerinnen und -genetiker
○ Laborärztinnen und -ärzte
○ Neurochirurginnen und -chirurgen
○ Nuklearmedizinerinnen und -mediziner
○ Pathologinnen und Pathologen
○ Fachärztinnen und -ärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin
○ Strahlentherapeutinnen und -therapeuten
○ Transfusionsmedizinerinnen und -mediziner
2.3.3 Planungsbereiche
Die Planungsbereiche bilden die räumliche Grundlage für Feststellungen zur Über- oder Unterversorgung innerhalb der Bedarfsplanung. Sie werden vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung erstellt und von der KV angepasst, sofern Mittelbereiche und Raumordnungsregionen die jeweiligen KV-Bezirke überschreiten. Zu den Planungsbereichen zählen:
• Mittelbereiche,
• Kreise sowie kreisfreie Städte,
• Raumordnungsregionen und
• KV-Bezirke.
Abbildung 4: Planungsbereiche anhand des Beispiels Schleswig-Holstein
Nachdem die einzelnen Bestandteile der Bedarfsplanung erläutert wurden, lassen sie sich in tabellarischer Form wie folgt zusammenführen:
Tabelle 2: Übersicht der Bestandteile der Bedarfsplanung (vgl. Bedarfsplanungs-Richtlnie, 2019)
Hinweis:
Fragen Sie die für Sie zuständige KV an, ob sie Ihnen den jeweiligen Planungsbereich Ihrer Arztgruppe (in Form einer Landkarte) in DIN A4 aushändigen kann. So lässt sich unkompliziert der Bewegungsrahmen der eigenen Niederlassung feststellen.
2.3.4 Verhältniszahlen
Die Allgemeinen Verhältniszahlen beschreiben die tatsächliche sowie die angestrebte Einwohnerzahl pro Ärztin für die jeweilige Arztgruppe und Planungsregion. Ihnen kommt eine besondere Rolle zu, nachdem die Planungsbereiche definiert wurden. Mit ihrer Hilfe wird die Zahl und die Verteilung der Ärzte im Land gesteuert (vgl. § 8 i. V. m. §§ 11–14 BPL-RL). Hierzu ein fiktives Beispiel:
Wenn 7.500 Einwohner je Hautärztin als Soll-Versorgungsniveau festgelegt sind und das Ist-Versorgungsniveau im Planungsbereich „Kreis“ 150.000 Einwohner sowie 25 Hautärztinnen aufweist – also 6.000 Einwohner je Hautärztin –, so ergibt sich ein Versorgungsgrad von 125 % (Rechnung: 7.500 * 100 / 6.000). Es werden hiernach zu wenig Patienten pro Ärztin behandelt, daher ist dieser Planungsbereich überversorgt und wird vom zuständigen Landesausschuss gesperrt.
Verhältniszahlen bilden somit das zentrale Steuerungsinstrument der Bedarfsplanung, da sie das Soll- und das Ist-Versorgungsniveau kennzeichnen, aus denen man den allgemeinen Versorgungsgrad ableitet.
2.3.5 Morbiditätsfaktor
Der Morbiditätsfaktor dient zur Anpassung der örtlichen Verhältniszahlen. Dabei wird wie folgt vorgegangen:
1. Bei Festlegung der Verhältniszahlen wird die bundesweite demografische Entwicklung im Zeitverlauf einbezogen.
2. Darauf folgt eine regionale Gewichtung der benötigten Kapazitäten anhand der regionalen Alters- und Geschlechtsstruktur sowie der Morbiditätslast. Dabei spielt die tatsächliche Inanspruchnahme der jeweiligen Arztgruppen nach Alters- und Geschlechtsstruktur sowie Morbiditätslast eine Rolle.
3. Der regionale Versorgungsbedarf leitet sich nun von der regional gemessenen Morbidität ab: Dabei wird in Regionen mit einer überdurchschnittlich alten und morbiden Bevölkerung ein höheres Versorgungsniveau sichergestellt. Regionen mit einer überdurchschnittlich jungen und gesunden Bevölkerung bekommen weniger Ärzte (vgl. § 9 BPL-RL).
Die morbiditätsbeeinflussenden Faktoren werden alle zwei Jahre aktualisiert (vgl. § 9 Abs. 13 BPL-RL).
Hinweis:
Arztsitze, die aufgrund des Morbiditätsfaktors ausgeschrieben sind, sollen gemäß BPL-RL von der jeweiligen KV bevorzugt an Bewerber und Bewerberinnen vergeben werden, die zusätzlich über eine gerontologische/geriatrische Qualifikation verfügen (vgl. § 9 Abs. 12 BPL-RL).
2.4 Bewertung der Versorgungsgrade
Eine stabile vertragsärztliche bzw. -psychotherapeutische Versorgung wird gemäß der KBV durch drei Faktoren ermöglicht:
• den Budgetschutz, d. h., die budgetierte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung kann nur eine bestimmte Zahl von Vertragsärztinnen finanzieren – im Sinne der Sicherung der Wirtschaftlichkeit –,
• den Konkurrenzschutz, d. h., jeder Vertragsarzt sollte mit einer ausreichenden Patientenversorgung rechnen können, und
• die Verteilungsfunktion, d. h. die Sicherstellung des Zugangs aller gesetzlich Versicherten zur Versorgung.
Diese drei Faktoren wiederum werden durch den Steuerungsmechanismus der Zulassungsbeschränkung unterstützt. Hierzu prüfen und beschließen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen der Bundesländer in regelmäßigen Abständen, ob und ggf. in welcher Höhe ein Planungsbereich aufgrund von Änderungen für eine Facharztgruppe zu sperren oder (partiell) zu entsperren ist.
Mittels eines Soll-Ist-Vergleichs der Verhältniszahlen wird der Versorgungsgrad des betrachteten Versorgungsbereichs ermittelt. Der folgenden Abbildung können Sie die verschiedenen Versorgungsgrade mit den entsprechenden Klassifizierungen entnehmen, die bei Feststellung der Versorgungsgrade vorgenommen werden.
Abbildung 5: Versorgungsgrade (vgl. KBV, o. J. b)
2.4.1 Gesperrter Planungsbereich
Sobald die Allgemeine Verhältniszahl für eine konkrete Fachgruppe um 10 % größer ist als die angesetzte Einwohner-Arzt-Relation, besteht Überversorgung, d. h. eine Überschreitung der 110-%-Grenze. Der jeweilige Planungsbereich wird sodann vom Landesausschuss gesperrt. Dies bedeutet, dass die Zulassung abgesehen von Sonderregelungen, bspw. zu Praxisnachfolge, Sonderbedarf oder Jobsharing, nicht möglich ist.
2.4.2 Partiell entsperrter Planungsbereich
Sinkt in einem bereits gesperrten Planungsbereich der Versorgungsgrad unter die 110-%-Grenze, wird die Zulassungsbeschränkung wieder aufgehoben. Neuzulassungen dürfen dann so lange vorgenommen werden, bis für die jeweilige Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist – man spricht hier von einer sogenannten partiellen Öffnung. Die maximal mögliche Zahl von Zulassungen wird vom Landesausschuss vorgegeben.
2.4.3 Unterversorgter Planungsbereich
Sinkt in einem Planungsbereich der Versorgungsgrad unter 75 % in der hausärztlichen oder unter 50 % in der allgemeinen oder spezialisierten fachärztlichen Versorgung, so wird vom Landesausschuss Unterversorgung festgestellt. Zudem kann eine drohende Unterversorgung abgeleitet werden, wenn u. a. die jeweilige Leistungsfähigkeit, Altersstruktur und Praxisstruktur der vertragsärztlich tätigen Personen darauf hinweist. In diesen Planungsbereichen kann die jeweilige KV durch finanzielle Fördermaßnahmen Anreize zur Niederlassung für das jeweilige Fachgebiet setzen (vgl. § 29 BPL-RL).
Der Landesausschuss kann seit 2019 auf die Feststellung einer (drohenden) Unterversorgung verzichten, wenn durch den flächendeckenden Einsatz nicht-ärztlicher Praxisassistentinnen und -assistenten (NäPa) im Planungsbereich der Vertragsärztinnen und -ärzte eine angemessene Versorgung sichergestellt werden kann (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der BPL-RL: Änderungen zur Weiterentwicklung der BPL-RL).
2.4.4 Gesonderte Regelungen für Psychotherapeutinnen
Gemäß der BPL-RL gehören zur Fachgruppe der Psychotherapeuten die Ärztlichen und die Psychologischen Psychotherapeutinnen bzw. -therapeuten sowie die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen bzw. -therapeuten (vgl. § 101 Abs. 4 SGB V). Für diese Fachgruppe macht der Gesetzgeber bestimmte Vorgaben. So ist in der BPL-RL eine separate Quote für Ärztliche Psychotherapeutinnen in Höhe von 25 % und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen in Höhe von 20 % des rechnerischen Solls für die Psychotherapie insgesamt festgesetzt. Im Falle einer Unterschreitung dieser Mindestquote besteht bis zu deren Erreichen eine Niederlassungsmöglichkeit (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BPL-RL).
2.4.5 Anrechnung von Teilnehmenden bei der Bedarfsplanung
Sie können in der Niederlassung einen vollen oder einen halben Versorgungsauftrag übernehmen und zählen so in der Bedarfsplanung entweder mit dem Faktor 1,0 oder 0,5. Sofern Sie bei einer Kollegin bzw. einem Kollegen oder einem MVZ angestellt werden wollen, gilt – je nach vertraglich vereinbarter Wochenarbeitszeit – eine differenziertere Anrechnung mit folgenden Faktoren:
• 0,25 bei bis zu 10 Stunden
• 0,50 bei über 10 bis einschließlich 20 Stunden
• 0,75 bei über 20 bis einschließlich 30 Stunden
• 1,00 bei über 30 Stunden
Die Psychotherapie weist eine Besonderheit in der Bedarfsplanung auf. Hier erfolgt neben der Anrechnung von Niederlassungen im Bereich der Arztgruppe Psychotherapie zusätzlich eine Anrechnung für andere Facharztgruppen, die einen bestimmten Anteil an psychotherapeutischen Leistungen erbringen.
2.5 Arzt- und Psychotherapeutenregistereintragung und Warteliste
2.5.1 Arzt- und Psychotherapeutenregister
Die Arzt- bzw. Psychotherapeutenregistereintragung stellt eine Grundvoraussetzung für die Zulassung zur vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter dar. Dieses Register wird direkt bei der für Sie relevanten KV geführt. Die Eintragung ist ebenso notwendig, wenn Sie sich in einer Praxis oder einem MVZ anstellen lassen möchten (vgl. §§ 1 ff. Ärzte-ZV).
Für Sie ist jene Registerstelle zuständig, in deren Bereich Sie zum Zeitpunkt der Beantragung Ihren Wohnsitz haben. Liegt dieser just im Ausland, können Sie für die Eintragung ein Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister in der Bundesrepublik frei auswählen. Verlegen Sie Ihren Wohnsitz in einen anderen Zulassungsbezirk nach Eintragung, aber vor Zulassung, so wird die Umschreibung nur auf Ihren Antrag hin vorgenommen. Eine Umschreibung von Amts wegen – durch die jeweilige KV – erfolgt, wenn Sie zuvor in einem Zulassungsbezirk zugelassen wurden (vgl. §§ 4 und 5 Ärzte-ZV).
Nehmen Sie Eintragungen in jedem relevanten Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister vor, wenn Sie Teilzulassungen in verschiedenen Zulassungsbezirken planen.
Für die Registereintragung reichen Sie folgende Unterlagen ein:
• Geburtsurkunde oder Nachweis aus dem Personenstandsregister
• Ggf. Staatsangehörigkeitsnachweis
• Approbationsurkunde als Ärztin, Psychologische Psychotherapeutin oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
• Urkunde über die Fachärztin- bzw. Facharztanerkennung bzw. die Qualifikation in einem der drei Richtlinienverfahren für Psychotherapie (Verhaltenstherapie, Analytische Psychotherapie und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie)
• Nachweise und Zeugnisse über die ärztliche bzw. psychotherapeutische Tätigkeit nach der Approbation
• Urkunde(n) über abgeschlossene Weiterbildung(en)
• Nachweis über die Berechtigung zum Führen erworbener akademischer Grade (vgl. § 4 Ärzte-ZV)
Für die Eintragung in das Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister fällt eine Antragsgebühr in Höhe von zurzeit 100 Euro an (vgl. § 46 Abs. 1 Buchstabe a Ärzte-ZV).
2.5.2 Warteliste
Sofern Sie sich für eine Praxisübernahme in einem zulassungsbeschränkten Planungsbereich interessieren, sollten Sie sich von der für Sie zuständigen KV in die Warteliste eintragen lassen. Die Aufnahme in diese setzt die Eintragung in das Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister voraus. Dem Eintrag in die Warteliste kommt insofern besondere Bedeutung zu, als die Dauer dieser Eintragung Einfluss auf die Entscheidung der Zulassung hat (vgl. § 103 Abs. 4 und 5 SBG V).
Für die Eintragung in die Warteliste benötigen Sie eine Kopie Ihres Arzt- bzw. Psychotherapeutenregisterauszuges.
Hinweise:
• KVen können Beglaubigungen von Originalurkunden vornehmen. Wenden Sie sich auch an diese Registerstellen, wenn es um die Glaubhaftmachung nachzuweisender Tatsachen geht – falls Sie also Urkunden nicht mehr auffinden können.
• Lassen Sie sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die Warteliste eintragen. Sollten Sie Widerspruch beim Berufungsausschuss einlegen, so haben Sie mindestens ein gewichtiges Argument, das Sie in die Waagschale werfen können.
2.6 Vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Zulassung
Möchten Sie GKV-Patienten behandeln, so benötigen Sie hierfür eine Zulassung zur vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Versorgung. Die Zulassung und die Aufnahme der ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Tätigkeit erlauben es Ihnen, in der eigenen Praxis als niedergelassene Ärztin bzw. Arzt oder Psychotherapeutin bzw. -therapeut tätig zu werden. Die Zulassung wird Ihnen auf Ihren Antrag hin durch den für Sie zuständigen Zulassungsausschuss (ZA) erteilt. Rund um die Zulassung sind verschiedene Aspekte zu beachten, die im Folgenden beleuchtet werden.
2.6.1 Zulassungsvarianten und -verfahren
Grundsätzlich können Zulassungen in vollem oder halbem Umfang erteilt werden. Was im Einzelfall sinnvoll ist, richtet sich nach Ihren individuellen Interessen. Denkbar sind u. a. folgende Möglichkeiten:
• Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag
• Teilzulassung mit halbem Versorgungsauftrag
• Zwei Teilzulassungen für unterschiedliche Fachgebiete mit zwei Vertragssitzen (ggf. KV-übergreifend)
• Kombinationszulassung für zwei oder mehr Fachgebiete bzw. Facharztanerkennungen
• Doppelzulassungen (Vertragsärztin und -psychotherapeutin) (vgl. § 95 SGB V; § 19a Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV)
Grundsätzlich werden Zulassungen in Abhängigkeit von der Bedarfsplanung erteilt bzw. sie werden vom Versorgungsgrad abhängig gemacht. Ist der Planungsbereich gesperrt, können nur noch in bestimmten Ausnahmefällen Zulassungen erteilt werden. Hierzu gehören
• die Übernahme einer bestehenden Vertragsarztpraxis (Nachfolgezulassung),
• die gemeinsame Tätigkeit mit einer bereits zugelassenen Kollegin bzw. einem Kollegen innerhalb der Grenzen der bestehenden Zulassung (Jobsharing-Zulassung),
• die Zulassung im Wege des Sonderbedarfs,
• die Belegarztzulassung (vgl. § 103 Abs. 7 SGB V) sowie
• die Quoten-Zulassung für Psychotherapeutinnen.
Gesperrte Planungsbereiche, die durch den Wegfall einer oder mehrerer Zulassungen nicht mehr überversorgt sind, bieten Raum für Neuzulassungen. Bei einer solchen partiellen Öffnung eines zuvor gesperrten Planungsbereichs findet eine Ausschreibung des zu besetzenden Vertragsarztsitzes durch den Landesausschuss statt.
Dieses Verfahren lehnt sich an das Ausschreibungsverfahren zur Übernahme einer bestehenden Vertragsarzt- bzw. Vertragspsychotherapeutenpraxis an und besteht aus
• der Veröffentlichung der Ausschreibung im regionalen Ärzteblatt,
• der Nennung der Zahl der möglichen Zulassungen,
• der Bekanntgabe der Bewerbungsfrist, in der alle verfahrensrelevanten Unterlagen einzureichen sind, und
• dem Zulassungs- bzw. Auswahlverfahren bei mehreren Bewerbern durch den ZA.
Sollten mehrere Bewerbungen vorliegen, hat der ZA die Bewerberin bzw. den Bewerber nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Folgende vom ZA zu berücksichtigende Kriterien hat der Gesetzgeber hierzu vorgegeben:
• Berufliche Eignung
• Approbationsalter
• Dauer der bisherigen ärztlichen oder psychotherapeutischen Tätigkeit
• Dauer der Eintragung in die Warteliste
• Bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarzt- bzw. -psychotherapeutensitzes
• Weitere Versorgungsgesichtspunkte
Für den Antrag auf Zulassung als Vertragsärztin bzw. -arzt oder Vertragspsychotherapeutin bzw. -therapeut sind die folgenden Angaben und Unterlagen von Ihnen einzureichen:
• Auszug aus dem Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister
• Angabe der Facharztbezeichnung
• Künftige Praxisanschrift
• Bescheinigung über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Tätigkeiten
• Lebenslauf
• Polizeiliches Führungszeugnis (Belegart O)
• Erklärung über Drogen- oder Alkoholabhängigkeit innerhalb der letzten fünf Jahre
• Erklärung über bestehende Beschäftigungsverhältnisse
Antragsformulare zur Zulassung erhalten Sie bei jeder KV bzw. den Geschäftsstellen der Zulassungsausschüsse. Hier sollten Sie auf die Fristen zu den Sitzungsterminen des ZA besonderes Augenmerk richten. Die Antragsunterlagen sind komplett bis zum Ende der genannten Frist einzureichen.
2.6.2 Hälftiger Versorgungsauftrag
Sie können den aus der Zulassung resultierenden Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränken und so im Rahmen einer Teilzulassung tätig werden. In diesem Fall halbiert sich die Mindestpräsenzzeit von 25 Stunden (bei Vollzeit) auf
12,5 Sprechstunden in der Woche. Dies schafft Raum für eine anderweitige Halbtagsbeschäftigung oder etwa Familienzeit.
Die Variante der Teilzulassung ist zudem eine Alternative für Sie, wenn Ihnen – mit einer Zulassung für zwei Fachgebiete – keine Genehmigung zur Führung einer Zweigpraxis erteilt wurde. Die Erteilung von zwei Teilzulassungen kommt auch dann in Betracht, wenn zwei in räumlicher Nachbarschaft befindliche Vertragsarztsitze desselben Fachgebiets besetzt werden sollen.
Entscheiden Sie sich für die Reduzierung Ihres Versorgungsauftrages auf 50 % – dies ist jederzeit möglich durch schriftliche Erklärung ggü. dem ZA –, so sollte Ihnen bewusst sein, dass eine Wiederaufstockung auf einen vollen Versorgungsauftrag nicht ohne weiteres möglich ist und von der Bedarfsplanung bzw. dem Versorgungsgrad abhängt.
Eine Teilzulassung kann in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich von einem Nachfolger ausschließlich im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erlangt werden.
2.6.3 Gesperrter Planungsbereich: Ausnahmezulassungen
Für Sie existieren verschiedene Optionen, sich in gesperrten Planungsbereichen niederzulassen. Hierzu gehören
• die Nachfolgezulassung,
• die Jobsharing-Zulassung,
• der Sonderbedarf und
• die Zulassung zur Förderung des Belegarztwesens.
Diese Möglichkeiten werden Ihnen in den folgenden Abschnitten erläutert.
2.6.3.1 Nachfolgezulassung
In überversorgten, gesperrten Planungsbereichen können Praxissitze übernommen und fortgeführt werden. Die Übernahme eines solchen Sitzes erfolgt in zulassungsbeschränkten Planungsbereichen ausschließlich im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens.
Der Gesetzgeber macht diverse Vorgaben zur Ausgestaltung von Ausschreibungsverfahren, die aus vier wesentlichen Schritten bestehen (vgl. § 103 Abs. 3a und 4 i. V. m. § 100 SGB V; §§ 36 ff. Ärzte-ZV):
1. Schritt, 1. ZA-Sitzung: Die abgebende Person beantragt die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zur Ausschreibung eines Vertragsarzt- bzw. -psychotherapeutensitzes beim zuständigen ZA. Der ZA kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Hat der Landesausschuss einen Versorgungsgrad von über 140 % festgestellt, so soll der ZA den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn keine Versorgungsgründe eine Nachbesetzung notwendig machen. Dies gilt auch für die Abgabe hälftiger Versorgungsaufträge. Lehnt der ZA den Ausschreibungsantrag rechtskräftig ab, hat die KV der abgebenden Person eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes zu zahlen. Dabei wird der Verkehrswert, der bei der Fortführung der Praxis maßgeblich wäre, herangezogen. Wird dem Antrag auf Ausschreibung hingegen stattgegeben, führt die KV das Ausschreibungsverfahren durch. Eine Prüfung von Versorgungsgründen entfällt,
• wenn die Praxis von einer Person aus dem begünstigten Personenkreis (Ehegatte, Lebenspartner, Kind) der bisherigen Vertragsärztin oder
• von einer dort angestellten Ärztin oder BAG-Partnerin fortgeführt werden soll. Der gemeinsame Betrieb der Praxis sowie das Anstellungsverhältnis müssen mindestens drei Jahre angedauert haben.
• wenn sich die Praxisnachfolgerin bei Antrag verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereiches mit Versorgungsbedarf zu verlegen.
• wenn der Praxisnachfolger mindestens fünf Jahre als Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut bzw. ärztlich oder psychotherapeutisch angestellt in einem Gebiet tätig war, in dem der Landesausschuss das Bestehen von Unterversorgung feststellte, und seine Tätigkeit nach Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes (27.7.2015) erstmals aufgenommen hat.
Der ZA wird die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens unter den zuvor genannten Punkten beschließen.
2. Schritt, 1. ZA-Sitzung: Bei positiver Entscheidung des ZA wird die Praxis oder der Praxisanteil in einem amtlichen Blatt anonymisiert von der zuständigen KV ausgeschrieben, z. B. im Ärzteblatt – i. d. R. erfüllen Bekanntmachungen über die Website der KV die Verwaltungsvorschriften im Sinne einer elektronischen Bekanntmachung.
Der abgebenden Person werden die eingehenden Bewerbungen zur Kontaktaufnahme zur Verfügung gestellt. Auf den freiwerdenden Sitz kann sich auch eine ärztlich bzw. psychotherapeutisch tätige Person bewerben, die sich anstellen lassen möchte – Gleiches gilt für ein MVZ. Die praxisabgebende Person führt anschließend Gespräche mit den sich bewerbenden Personen und klärt die Möglichkeit einer Praxisübernahme.
3. Schritt, 2. ZA-Sitzung: Sofern dem ZA mehr als ein Zulassungsantrag zur Praxisübernahme vorliegt, hat er die Praxisnachfolgerin nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
• Die berufliche Eignung
• Das Approbationsalter
• Die Dauer der ärztlichen bzw. therapeutischen Tätigkeit
• Eine mindestens fünf Jahre dauernde Tätigkeit in einem Gebiet, in dem ein Landesausschuss das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat
• Ein Ehegatten- oder Kindesverhältnis der antragstellenden zur praxisabgebenden Person
• Ein Anstellungsverhältnis bei der praxisabgebenden Person
• Die Bereitschaft der sich bewerbenden Person, das in der KV-Ausschreibung definierte besondere Versorgungsbedürfnis zu erfüllen
• Die Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung
• Die Ergänzung des Versorgungsangebotes eines MVZ
• Die Eintragungsdauer in die Warteliste
4. Schritt, 2. ZA-Sitzung: Nach Abwägung der zuvor genannten Kriterien trifft der ZA eine Entscheidung und die ausgewählte praxisnachfolgende Person erhält die Zulassung in einem rechtsmittelfähigen Beschluss. Mit dieser Entscheidung sind die Anträge der übrigen sich bewerbenden Personen abgelehnt.
Alle Verfahrensbeteiligten (abgebende und übernehmende Person, die KV, die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen) können innerhalb eines Monats Widerspruch beim zuständigen Berufungsausschuss einlegen. Dieser Widerspruch hat aufschiebende Wirkung, d. h., dass Sie als übernehmende Person Ihre Tätigkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch nicht aufnehmen können (vgl. § 96 Abs. 4 SGB V).
Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses kann, in einem letzten Schritt, Klage vor dem Bundessozialgericht eingereicht werden.
Abbildung 6: Prozess der Nachfolgezulassung bzw. des Nachbesetzungsverfahrens (vgl. § 103 Abs. 3a und 4 i. V. m. § 100 SGB V; §§ 36 ff. Ärzte-ZV; § 96 Abs. 4 SGB V)
In Band 2 finden Sie den Zulassungsprozess ergänzt um die zeitliche Komponente, die bzgl. des planerischen Aspekts hochrelevant ist.
2.6.3.2 Jobsharing-Zulassung
Sofern in Ihrem Wunschplanungsbereich arztgruppenbezogene Zulassungsbeschränkungen festgelegt wurden, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam mit einer bereits niedergelassenen Person Ihre Tätigkeit ausüben.
Grundvoraussetzungen hierfür sind die Fachidentität, die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und die Verpflichtung zur Leistungsbegrenzung.
Als Jobsharing-Partnerin bzw. -Partner sind Sie gleichberechtigte Gesellschafterin bzw. gleichberechtigter Gesellschafter mit allen unternehmerischen Folgen. Besteht der Wunsch, eine Jobsharing-Partnerin in eine bestehende BAG aufzunehmen, so reicht die Übereinstimmung ihres Fachgebietes mit einem der in der BAG tätigen Ärztin oder Psychotherapeutin (vgl. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. §§ 40 ff. BPL-RL).
Bei Aufhebung bestehender Zulassungsbeschränkungen in dem entsprechenden Fachgebiet im jeweiligen Planungsbereich werden Jobsharing-BAG in reguläre BAG umgewandelt – die Leistungsbeschränkung gilt dann nicht mehr. Diese Umwandlung erfolgt nach der Dauer der gemeinsamen Tätigkeit. Sollte innerhalb von zehn Jahren gemeinsamer Tätigkeit der Planungsbereich nicht entsperrt werden, so endet die Beschränkung des Leistungsumfangs automatisch (vgl. § 26 Abs. 2 BPL-RL).
2.6.3.3 Sonderbedarf
Der G-BA hat in der Bedarfsplanungsrichtlinie die Voraussetzungen festgelegt, unter denen in von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereichen Zulassungen vom zuständigen ZA ausgesprochen werden können.
Grundvoraussetzung für eine solche Sonderbedarfszulassung ist die Annahme eines dauerhaft bestehenden Versorgungsbedarfs. Bei einem nur vorübergehenden Bedarf wird die Versorgung durch Erteilung einer Ermächtigung sichergestellt (vgl. § 36 Abs. 5 BPL-RL).
Folgende Sachverhalte liegen einer Sonderbedarfszulassung zugrunde (vgl. § 36 Abs. 1–3 BPL-RL):
• Lokaler Versorgungsbedarf
• Qualifikationsgebundener Versorgungsbedarf
Die Zulassung ist an den Ort der Niederlassung gebunden, eine Verlegung des Sitzes ist nicht möglich.
Die Deckung des Sonderbedarfs kann auch durch die Anstellung einer weiteren ärztlich bzw. psychotherapeutisch tätigen Person in der Praxis der antragstellenden Person erfolgen (vgl. § 36 Abs. 8 BPL-RL).
2.6.3.4 Zulassung zur Förderung des Belegarztwesens