No Perfect Hero & No good Doctor - Nicole Snow - E-Book
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No Perfect Hero & No good Doctor E-Book

Nicole Snow

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Beschreibung

Band 1 und 2 der "Heroes of Heart's Edge" Reihe in einem E-Book!

No perfect Hero.

Bossy. Schlechtgelaunt. Unfreundlich. Ein Herz aus Stein. Kurzum: er ist der absolute Albtraum.

Und er wohnt direkt nebenan… In letzter Zeit ging bei Haley alles schief. Sie hat nicht nur ihren Job verloren, sondern ihr Verlobter hat sie auch noch mit ihrer Brautjungfer betrogen, die dazu noch ihre beste Freundin war. Kurzerhand entschließt sich Haley zu einem Mädels Road Trip mit ihrer kleinen Nichte Tara, die ihre Ferien bei Haley verbringt. Aber ihre Pechsträhne hält an, denn ihr alter Ford Mustang entschließt sich mitten im Nirgendwo den Geist aufzugeben. Und jetzt sitzen Haley und Tara in einem kleinen Kaff namens Heart´s Edge fest und müssen sich zudem den Hotelbungalow mit einem absoluten Ekelpaket teilen.

Warren Ford – Alphatier, Eigenbrötler, launisch, unhöflich und absolut nicht an Gesellschaft interessiert. Denn Warren ist aus einem bestimmten Grund nach Hearts Edge zurückgekehrt und keinesfalls darf er sich ablenken lassen. Zu lange hat er darauf gewartet, seine Vergangenheit endlich aufzuklären. Die Vergangenheit, die ihn nicht loslässt, ihm das Herz zerreißt und jeden Tag quält. Eine neue Frau in seinem Leben wäre fatal. Und könnte für alle tödlich enden…


No good Doctor.

Smart und clever. Gutaussehend. Schlecht gelaunt. Darf ich vorstellen: mein neuer Chef.

Ember arbeitet gerne in ihrer neuen Stelle als Tierarzthelferin, allerdings sind ihre vierbeinigen Patienten alle kerngesund. Dafür sitzen im Wartezimmer unzählige, angeblich besorgte, Tierhalterinnen, die nur ein Ziel haben: eine Audienz bei dem überaus attraktiven Doktor Gray Caldwell, genannt Doc. Der heißeste Tierarzt aller Zeiten, umschwärmt, begehrt und ungemein sexy. Auch Ember kann Docs Ausstrahlung kaum widerstehen, aber natürlich lässt sie sich das nicht anmerken, schließlich ist Doc ihr neuer Chef. Stattdessen interessiert sich Ember immer mehr für seine Vergangenheit und ahnt nicht in welche Gefahr sie Doc und sich damit bringt…

Doc hat als einziger Tierarzt von Hearts Edge alle Hände voll zu tun. Kurzerhand stellt er die sympathisch klingende Ember Delwen nach einem Telefonat als seine neue Assistentin ein. Doch er hat niemals damit gerechnet, dass diese schüchterne, unscheinbare und nicht zuletzt auch ungeschickte Frau sein Herz so anrühren würde. Doch er wird seinen Gefühlen niemals nachgeben, denn er weiß um die Geheimnisse in seiner Vergangenheit und welche Gefahr sie bergen. Gefühle zu zeigen und eine Frau in sein Leben zu lassen, wäre lebensgefährlich.

Kann Doc Ember widerstehen oder wird seine Vergangenheit die beiden einholen und vernichten?


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Seitenzahl: 1280

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Über das Buch

Band 1 und 2 der "Heroes of Heart's Edge" Reihe in einem E-Book!

No perfect Hero.

Bossy. Schlechtgelaunt. Unfreundlich. Ein Herz aus Stein. Kurzum: er ist der absolute Albtraum.

Und er wohnt direkt nebenan… In letzter Zeit ging bei Haley alles schief. Sie hat nicht nur ihren Job verloren, sondern ihr Verlobter hat sie auch noch mit ihrer Brautjungfer betrogen, die dazu noch ihre beste Freundin war. Kurzerhand entschließt sich Haley zu einem Mädels Road Trip mit ihrer kleinen Nichte Tara, die ihre Ferien bei Haley verbringt. Aber ihre Pechsträhne hält an, denn ihr alter Ford Mustang entschließt sich mitten im Nirgendwo den Geist aufzugeben. Und jetzt sitzen Haley und Tara in einem kleinen Kaff namens Heart´s Edge fest und müssen sich zudem den Hotelbungalow mit einem absoluten Ekelpaket teilen.

Warren Ford – Alphatier, Eigenbrötler, launisch, unhöflich und absolut nicht an Gesellschaft interessiert. Denn Warren ist aus einem bestimmten Grund nach Hearts Edge zurückgekehrt und keinesfalls darf er sich ablenken lassen. Zu lange hat er darauf gewartet, seine Vergangenheit endlich aufzuklären. Die Vergangenheit, die ihn nicht loslässt, ihm das Herz zerreißt und jeden Tag quält. Eine neue Frau in seinem Leben wäre fatal. Und könnte für alle tödlich enden…

No good Doctor.

Smart und clever. Gutaussehend. Schlecht gelaunt. Darf ich vorstellen: mein neuer Chef. Ember arbeitet gerne in ihrer neuen Stelle als Tierarzthelferin, allerdings sind ihre vierbeinigen Patienten alle kerngesund. Dafür sitzen im Wartezimmer unzählige, angeblich besorgte, Tierhalterinnen, die nur ein Ziel haben: eine Audienz bei dem überaus attraktiven Doktor Gray Caldwell, genannt Doc. Der heißeste Tierarzt aller Zeiten, umschwärmt, begehrt und ungemein sexy. Auch Ember kann Docs Ausstrahlung kaum widerstehen, aber natürlich lässt sie sich das nicht anmerken, schließlich ist Doc ihr neuer Chef. Stattdessen interessiert sich Ember immer mehr für seine Vergangenheit und ahnt nicht in welche Gefahr sie Doc und sich damit bringt… Doc hat als einziger Tierarzt von Hearts Edge alle Hände voll zu tun. Kurzerhand stellt er die sympathisch klingende Ember Delwen nach einem Telefonat als seine neue Assistentin ein. Doch er hat niemals damit gerechnet, dass diese schüchterne, unscheinbare und nicht zuletzt auch ungeschickte Frau sein Herz so anrühren würde. Doch er wird seinen Gefühlen niemals nachgeben, denn er weiß um die Geheimnisse in seiner Vergangenheit und welche Gefahr sie bergen. Gefühle zu zeigen und eine Frau in sein Leben zu lassen, wäre lebensgefährlich. Kann Doc Ember widerstehen oder wird seine Vergangenheit die beiden einholen und vernichten?

Über Nicole Snow

Nicole Snow ist eine Wall Street Journal und USA Today Bestseller Autorin. Sie entdeckte ihre Liebe zum Schreiben, als sie sich in ihren Mittagspausen oder in langweiligen Büromeetings Liebesszenen ausdachte und sich in Liebesgeschichten wegträumte.

Im Mittelpunkt von Nicole Snows Büchern stehen sexy Alpha-Helden, viel Spannung und noch mehr Leidenschaft.

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Nicole Snow

No Perfect Hero – Warren& No good Doctor – Gray

Band 1 und 2 der "Heroes of Heart's Edge" Reihe in einem E-Book!

Übersetzt dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sonja Fehling

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

Informationen zur Autorin

Newsletter

No perfect Hero

I: Zusammenbruch oben ohne (Haley)

II: Die Flammen werden höher (Warren)

III: War da was? (Haley)

IV: Spiel, Satz und … (Warren)

V: Sieg (Haley)

VI: Geduldsspiele (Warren)

VII: Ein streunender Kater hat auch seinen Stolz (Haley)

VIII: Chaos im Kopf (Warren)

IX: Ich spiele nicht (Haley)

X: Zeit, zuzuschlagen (Warren)

XI: Katastrophengebiet (Haley)

XII: Feindliche Übernahme (Warren)

XIII: Bedeutsames schweigen (Haley)

XIV: Beziehungsfragen (Warren)

XV: Im Himmel zu Hause (Haley)

XVI: Alptraumbalsam (Warren)

XVII: Warte nicht auf mich (Haley)

XVIII: Kleiner Abstecher (Warren)

XIX: Zum letzten Mal davongelaufen (Haley)

XX: Über die Grenze (Warren)

XXI: Ich sage, wann (Haley)

XXII: Erdlöcher (Warren)

XXIII: Sprung ins (Un)gewisse (Haley)

Epilog: Kein perfekter Ehemann (Warren)

No good Doctor

I: Ein verrückter Hund (Ember)

II: Welpenschutz (Doc)

III: So ein Hundeleben (Ember)

IV: Wie Hund und Katze (Doc)

V: Auf den Hund gekommen (Ember)

VI: Vorsicht vor dem Hunde (Doc)

VII: Wie ein bunter Hund (Ember)

VIII: Fledermaushaar, Hundeszahn (Doc)

IX: Wie ein Hund an meinen Fersen (Ember)

X: Ein trauriger Hund (Doc)

XI: Mal die Pfoten hochlegen (Ember)

XII: Gassi gehen (Doc)

XIII: Kampfgebell (Ember)

XIV: Ein geprügelter Hund (Doc)

XV: Wo der Hund begraben liegt (Ember)

XVI: Schlafende Hunde soll man nicht wecken (Doc)

XVII: Eine läufige Hündin (Ember)

XVIII: Wilde Hunde (Doc)

XIX: Hundeelend (Ember)

XX: Vor die Hunde gegangen (Doc)

XXI: Den Letzten beißen die Hunde (Ember)

XXII: Höllenhunde (Doc)

XXIII: Höllenhunde (Ember)

XXIV: Himmelhundjauchzend (Doc)

XXV: Treu wie ein Hund (Ember)

Epilog: Kein Hundeleben (Doc)

Impressum

Nicole Snow

No perfect Hero

Warren

Übersetzt dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sonja Fehling

I: Zusammenbruch oben ohne (Haley)

Es gibt nichts Besseres für eine Frau, um sich wieder wie ein Mensch zu fühlen, als eine Fahrt durch die Pacific-Northwest-Region mit offenem Verdeck und dem Sommerwind im Haar.

Sicher ist das auch irgendwie ein Klischee.

Ein klassischer Mädels-Roadtrip: meine Nichte und ich im Cabrio, alle hundertfünfzig Kilometer einen Erdbeersmoothie schlürfend, während die Götter uns wohlgesonnen sind und die Sonne vom Himmel strahlen lassen. Eigentlich viel zu perfekt.

Wer würde da schon vermuten, dass ich eigentlich vor meinen Problemen davonrenne, mich ins Nichts flüchte, um mich selbst zu finden, nachdem mir grausam das Herz gebrochen wurde.

Aber wenn man seinen Ex-Verlobten mit seiner Ex-besten-Freundin-Schrägstrich-Brautjungfer in einer Umkleidekabine erwischt, während das hässliche Brautjungfernkleid – für das du bezahlt hast – um ihre Hüften hängt und sein nicht maßgeschneiderter Smoking um seine Knöchel …

Ich glaube, dann hat man auch das Recht, klischeehaft zu reagieren.

Ich würde sogar sagen, ich habe das Recht zu noch viel mehr.

Vor allem, nachdem ich auch noch meine Kündigung in meinem Posteingang gefunden habe.

Gesundschrumpfen. Das war der Grund für die Entlassungen, die der gesichtslose Megakonzern durchgeführt hat, für den ich gearbeitet habe. Eine peinlich berührte Umarmung und eine halbherzige Entschuldigung meines Vorgesetzten später war ich draußen.

Und von diesem Zeitpunkt an lief dann alles so richtig scheiße.

Meine Nebenbeschäftigung – und meine wahre Leidenschaft – erledigte sich, als die Galerie, in der ich ausgestellt habe, meine Bilder buchstäblich in die Tonne kloppte.

Zu geringe Verkaufszahlen, hieß es. Mangelndes Interesse.

Ich kam mir vor wie in einer dieser Serien, in denen die weibliche Hauptfigur ihren Ex-Freund rausschmeißt.

Nimm deinen Scheiß und verschwinde.

Also habe ich meinen Scheiß genommen.

Ich habe ihn in den Kofferraum des Oldtimers meiner Schwester gepackt – einem wunderschönen nachtblauen 88er Ford Mustang Cabrio – und deren zehn Jahre alte Tochter Tara gekidnappt, weil sie eine viel bessere Gesellschaft ist als eine beste Freundin, die einem das Messer in den Rücken rammt, indem sie einem den Verlobten ausspannt.

Bei all den Klischees wünschte ich, wir würden zumindest gerade Las Vegas verlassen. Tatsächlich ist es nur Seattle, und wir sind auf dem Weg nach Chicago, wo ich ein neues Leben beginnen will. Zunächst werden wir uns ein bis zwei Monate bei meiner alten College-Freundin Julie einquartieren, bis ich einen neuen Job gefunden habe und mir eine eigene Wohnung leisten kann.

Irgendwann werde ich das Kind dann zurückbringen – denke ich.

Vielleicht in ein paar Wochen, wenn ihre Eltern aus Hawaii wiederkommen.

Über das Thema Verantwortung mache ich mir dann später Gedanken.

Jetzt, umgeben von hohen Wäldern, mit dem Blick auf die Berge am Horizont, dem Wind in meinem Haar, der Sonne im Gesicht und einer gewaltigen Wut auf das Leben im Bauch, finde ich es ganz angenehm, erst mal eine Zeit lang keine großen Entscheidungen treffen zu müssen.

Was ich tun werde, überlege ich mir, wenn ich in Chicago bin und mir die örtlichen Stellenanzeigen durchlese. Es handelt sich immerhin um eine Großstadt. Da wird es wohl genügend Möglichkeiten geben.

Bis dahin genieße ich einfach die Fahrt. Die Weite um mich herum.

Die süße Freiheit, für die ich mit einem schmerzhaften Stich in meinem Herzen bezahlt habe.

Tara ist auf dem Beifahrersitz eingeschlummert, obwohl der Fahrtwind ihr das dunkelbraune Haar ins Gesicht peitscht. Sie liebt die Sonne und hat sich eingerollt wie eine vor sich hindösende Katze auf einem warm beschienenen Stein.

Der Radiosender wechselt, als wir von einem Sendegebiet ins nächste fahren, und das Knistern und Rauschen weckt Tara auf. Gähnend hebt sie den Kopf und reibt sich über ein Auge. »Tante Hay?«, murmelt sie.

Ich hasse es, wenn sie mich so nennt. Hauptsächlich, weil ich mir dabei so alt vorkomme und mein erster Impuls die Antwort »Man sagt nicht Hey, sondern Hallo« ist. Und für diesen Alte-Oma-Spruch bin ich mit meinen fünfundzwanzig Jahren nun wirklich noch zu jung.

Aber Tara ist viel zu süß, um sie wegen so was zu ermahnen, deshalb nehme ich nur kurz den Blick von der Straße und lächle sie an. »Guten Morgen.«

Benommen kneift sie die Augen zusammen. »Es ist doch schon Nachmittag … oder nicht?«

»Für dich anscheinend nicht.« Ich werfe einen Blick aufs Navi.

Gerade haben wir den Lolo National Forest und die Stadt Missoula hinter uns gelassen, nach einem kurzen Boxenstopp im Glacier-Nationalpark, weil Tara unbedingt die Aussicht genießen wollte. Unser nächster Halt wird wohl Billings sein, schätze ich. Danach werden wir noch etwa ein bis zwei Tage bis Chicago brauchen, aber nach einem Hotel für die Nacht suche ich später.

Tara gähnt hinter vorgehaltener Hand.

»Hast du Hunger? Ich denke, es sollte bald der nächste Ort kommen.«

Meine Nichte zieht die Nase kraus. »Hm, ja. Ich muss auch mal aufs Klo. Nur pinkeln«, jammert sie.

Ich verkneife mir das Lachen. Kinder und ihre unverblümte Ehrlichkeit – immer wieder erfrischend.

Und momentan kann ich definitiv ein bisschen Ehrlichkeit in meinem Leben gebrauchen.

Erneut blicke ich aufs Navi. Vor uns scheint sich irgendein Ort zu befinden, der nicht einmal einen Namen hat – nur ein kleiner Punkt auf der Landkarte mit einer Abfahrt in circa fünf Minuten Entfernung.

Na, wenigstens gibt es dort eine Tankstelle. Hoffentlich eine mit einer Toilette – und einem Restaurant oder so was.

Blinzelnd schaue ich durch die Windschutzscheibe, erkenne schließlich das reflektierende grüne Schild in der Ferne und ordne mich in die rechte Spur ein, um die Ausfahrt zu nehmen, die durch ein sanft abfallendes, von Bäumen gesäumtes Stück Land führt.

Doch genau in dem Moment, als wir von der Straße abfahren, fängt der Motor des Mustangs an zu stottern.

Mein Magen zieht sich zusammen.

O-oh. Das ist nie ein gutes Zeichen.

Allerdings fährt der Mustang noch.

Irgendwie gelingt es mir, ihn bis zum Ende der Abfahrt zu steuern, wo die Straße eine Kurve in Richtung einer kleinen Stadt beschreibt, die in einiger Entfernung zu sehen ist – ein idyllisches Panorama wie aus einer vergangenen Zeit, das mich ein wenig zu sehr an die Bilder von Norman Rockwell erinnert. Es sieht fast so aus, als hätte man es direkt aus einem dieser Gemälde herausgeschnitten, die immer in den Hotelzimmern hängen, von irgendwelchen Malern, von denen man noch nie etwas gehört hat, die aber wahrscheinlich ein Vermögen damit verdient haben, dass sie ihre Drucke an sämtliche Motelketten entlang der Panamericana verkauft haben.

Ich bin mir nur nicht sicher, ob wir es bis zu dieser Rockwell’schen Kleinstadt schaffen.

Nicht, solange der Mustang ächzend und hustend immer langsamer wird. Als ich fluchend das Gaspedal mit meinem Fuß durchdrücke, zieht Tara hörbar die Luft ein und murmelt: »Schimpfwörter kosten zehn Cent«, bevor dem Auto die Puste ausgeht.

Wenigstens kommen wir noch um die Kurve.

Und rollen sogar noch dreißig Meter weiter, bis der Mustang mit einem letzten Pfff auf den Standstreifen gleitet, wie eine überdimensionale Yacht in der Strömung.

Genauso fühlt es sich an, dieses lange, wuchtige Gefährt zu manövrieren, nachdem es den Geist aufgegeben hat – so, als müsste ich ein großes, schweres Schiff gegen die Strömung steuern und irgendeine Kraft würde es die ganze Zeit Richtung Meeresboden ziehen.

Mit einem letzten Stottern geht der Mustang aus, als wollte er mir damit sagen, dass er keine Lust mehr hat zu kämpfen und sich hier lieber häuslich niederlassen will.

Ich versuche noch einmal, den Schlüssel umzudrehen, doch der Motor gibt nur ein schnaufendes Rattern von sich und weigert sich, wieder anzuspringen. Hm. Scheiße.

Verdammte Scheiße.

Meine Schwester bringt mich um, wenn ich ihr Auto geschrottet habe. Es war ein Geschenk von ihrem Mann zu ihrem dreißigsten Geburtstag.

Sie gehört zu den glücklichen Frauen, die einen Mann gefunden haben, der sie versteht. Anstatt mit ihrer besten Freundin zu schlafen, macht John ihr Geschenke, die ihr tatsächlich gefallen.

Wahrscheinlich hat sie sich den letzten guten Typen auf diesem Planeten geangelt, denn ich schwöre: Jeder Mann, der mir in den letzten fünf Jahren begegnet ist, war ein Scheißkerl – einschließlich dem, den ich heiraten wollte.

Puh.

Okay, ich bin verbittert. Und wütend. Einatmen, ausatmen.

Das Leben geht weiter.

Genau das sage ich mir täglich, wie ein Mantra.

Eigentlich kann es auch nicht sein, dass mein Schwager der letzte vernünftige Typ auf Erden ist.

Davon abgesehen habe ich gerade ganz andere Sorgen.

Ich kralle die Finger ums Lenkrad und starre durch die Windschutzscheibe. »Hm, Kleines«, sage ich zu Tara. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, neben der Straße zu pinkeln.«

»Kann ich denn nicht da drüben hingehen?«, fragt sie. »Die haben doch bestimmt ein Klo.«

Sie lehnt sich aus dem Beifahrerfenster und schaut blinzelnd nach rechts über das Feld. Ich folge ihrem Blick und muss ebenfalls die Augen zusammenkneifen, weil mich die Sonne blendet.

Ich war so auf das verfluchte Auto konzentriert, dass ich die Landschaft um mich herum gar nicht beachtet hatte.

Doch da hinten befindet sich eine Art … Hotel? Oder ein Gasthof?

Ich habe keine Ahnung, was es ist, aber das Anwesen sieht aus wie das reinste Urlaubsparadies. Am hinteren Ende des Grundstücks kann ich ein großes, zweistöckiges Haus erkennen, dessen Fassade sich hinter einer Reihe von Säulen versteckt. Das Gebäude ist von einer gepflegten Rasenfläche mit hübschen, Schatten spendenden Bäumen umgeben. Schmale Kieswege winden sich in regelmäßigen Abständen durch das akkurat gemähte Gras und führen auf eine Ansammlung von Holzhäusern für ein oder zwei Parteien zu.

Dahinter ragt eine steile Felswand auf, Dunst behangene Bergketten wachsen in den Himmel. Das Gefühl, mich in einem Gemälde von Rockwell zu befinden, steigert sich sogar noch, als ich auf das Schild vor mir sehe.

Charming Inn.

Hm.

Kein schlechter Name – das Haus hat tatsächlich Charme, zumindest von außen.

Und ich hoffe, die Leute dort sind freundlich, auch zu einer Großstädterin wie mir, die wahrscheinlich sofort auffällt, oder wenigstens so höflich, dass sie ein kleines Mädchen ihre Toilette benutzen lassen.

Ich kann Tara nicht viel länger leiden lassen. Sie windet sich schon in ihrem Sitz und hat die Oberschenkel fest zusammengepresst. Mit einem aufmunternden Lächeln steige ich aus, knalle die Autotür hinter mir zu und beuge mich über den Rücksitz, um meine Reisetasche und Taras Rucksack herauszunehmen.

»Komm«, sage ich dann und strecke ihr die Hand entgegen. »Schauen wir mal da rein.«

Gemeinsam öffnen wir das süße, kleine Gartentörchen in dem Lattenzaun, der das Anwesen von der Straße trennt, und hasten den Weg zum Haupthaus hinauf. Das Gebäude erinnert an eine Südstaatenplantage – sehr ungewöhnlich, so etwas hier im Mittleren Westen vorzufinden –, aber wie es aussieht, hat man es zu einem Hotel umgebaut.

Neben der Tür befindet sich eine Bronzeplakette, auf der die Zeiten stehen, zu denen die Rezeption besetzt ist. Als wir die mit Teppichboden und viktorianischen Möbeln ausgestattete Lobby betreten, ertönt eine kleine Klingel über der Tür. Hinter der breiten, auf Hochglanz polierten Theke ist leises Schnarchen zu hören. Gefolgt von einem Krachen, als der eben noch schlafende Besetzer eines zurückgeklappten Sessels hochschreckt und zu Boden stürzt.

Tara stößt ein überraschtes Keuchen aus – dann ein Quieken und ein Wimmern, während sie von einem Fuß auf den anderen hüpft und meine Hand noch fester umklammert. »Tante Hay …«

Hastig sehe ich mich um und entdecke ein Schild an der gegenüberliegenden Wand, auf dem ein Pfeil und die kleinen Symbole für Männer und Frauen abgebildet sind. »Da drüben, Süße«, sage ich und deute in die Richtung. »Den Flur runter. Geh einfach.«

Mit x-beinigen Schritten eilt Tara davon. Ich schaue ihr noch einen Moment lang nach, dann lehne ich mich über die Theke und wage einen zaghaften Blick dahinter. »Äh … Hallo? Sir? Ist alles in Ordnung?«

Ein älterer Herr mit wässrigen Augen stemmt sich vom weinroten Teppich hoch und zieht sich an dem umgekippten Ohrensessel nach oben, den er anschließend mit einem Grunzen wieder in eine aufrechte Position befördert.

Mit einer Hand streicht er über sein kurzes graues Haar, so dass die Stoppeln nach oben stehen, und beäugt mich, als wäre er sich nicht ganz sicher, was er von mir halten soll. Schließlich stößt er ein weiteres Grunzen aus und begrüßt mich mit einem zögerlichen Lächeln.

»Alles bestens, Ma’am. Die alte Pumpe hier ist noch recht fit.« Er schlägt sich auf seine schmale, flache Brust. »Da braucht’s ’n bisschen mehr als so ’nen Sturz aus ’nem Sessel, um die tot zu kriegen. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

»Das hoffe ich«, entgegne ich mit einem Lächeln. »Meine Nichte musste dringend auf die Toilette, tut mir leid. Aber wir haben noch ein anderes Problem. Unser Auto hat direkt vor Ihrem Hotel den Geist aufgegeben, und ich fürchte, wir stecken hier fest.«

»Hm … mhm …«

Er streicht sich über sein stoppliges Kinn. Für einen Mann, der so dünn und schlaksig ist, hängen seine Wangen erstaunlich schlaff herunter, wodurch es so aussieht, als würde sein Gesicht schmelzen. So etwas sehe ich nicht zum ersten Mal und muss mich bemühen, nicht die Stirn zu runzeln. Er ist ein Trinker, weswegen er schneller altert.

Dank meines Dads werde ich diese typischen Merkmale nie wieder vergessen.

Ich weiß nicht, ob diese Tatsache mein Herz in Bezug auf diesen alten Mann erweicht. Oder ob es einfach nur meine Verbitterung gegenüber meinem Dad verstärkt, der mir gezeigt hat, dass Menschen immer irgendeinen Weg finden, um sich zu ruinieren – und für gewöhnlich brauchen sie danach nicht mal lange zu suchen.

Dad hat gleich die erste Gelegenheit dazu ergriffen, als es bei ihm mal nicht so gut lief – zuerst nur mit einer Flasche.

Der Rezeptionist reißt mich aus meinen Erinnerungen, indem er erneut lächelt; ein entwaffnendes, fast selbstkritisches Lächeln, als wüsste er, welchen Eindruck er macht und was die Leute über ihn denken. Er zuckt die Achseln. »Wir haben ’ne Werkstatt hier in der Stadt, ’ne ganz gute sogar. Aber es ist schon spät. ’nen Abschlepper werden Sie vielleicht noch kriegen, aber bis heute Abend ist der Wagen garantiert nich repariert. Unsere Zimmer für Kurzaufenthalte sind leider alle ausgebucht … aber wir hätten noch ein halbes der Ferienhäuser frei. Da haben Sie sogar Blick auf die Berge.«

Jetzt runzle ich doch die Stirn. Das klingt zwar gut, aber das kostet Geld, und mein Budget ist ziemlich ausgeschöpft, seit ich mehr oder weniger meinen gesamten Besitz verschleudert habe. Ich lebe nur noch von meinem letzten Gehaltscheck und der Kostenerstattung für die Hochzeit, die nie stattgefunden hat und für die meine gesamten Ersparnisse draufgegangen sind.

Für die Reparatur des Wagens muss ich auch bezahlen. In meinem Kopf addiere ich die Beträge, und das Ergebnis sieht leider nicht gut aus. »Ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann.«

»Was anderes hab ich nich, und wir sind das einzige Hotel in der Stadt.« Der alte Mann verschränkt die Arme, stützt sie auf der Theke auf und beugt sich zu mir vor. Ein Hauch von Rum weht zu mir herüber, aber nicht so schlimm, dass ich zurückweiche. »Passen Sie auf, ich bin kein Unmensch, der ’ne Dame in Not und ’n kleines Mädchen in ’ner fremden Stadt in ihrem Auto schlafen lässt. Ich mache Ihnen ’nen Sparpreis: Sie zahlen nur das, was ich Ihnen für ’n Einzelzimmer berechnen würde. Na, wie hört sich das an?«

Ich verziehe den Mund. »Sagen Sie mir erst den Preis.«

»Fünfundsechzig pro Nacht. Wie hört sich das an?«

Ich stoße ein leises Pfeifen aus. »Das klingt wirklich nicht schlecht.«

In Seattle bekäme man für fünfundsechzig Dollar die Nacht nicht mal ein Zimmer in der Motelkette, in der die besagten Bilder unbekannter Künstler hängen. Höchstens eins in einer dieser Unterkünfte, wo die Leute nur unter der Woche wohnen und jede Nacht die Polizei vor der Tür steht. Aber hier: eine ganzes halbes Haus?

Yay. Ich würde mal sagen, zumindest mit dem Ort, an dem das Auto den Geist aufgibt, haben wir echt Glück.

Ich blicke aus dem Fenster und tue so, als müsste ich noch länger darüber nachdenken.

Was habe ich zu verlieren?

Die Landschaft ist schön, die Atmosphäre angenehm, die Unterkunft günstig … Und außerdem könnte ich eine kleine Auszeit an einem ruhigen, idyllischen Ort durchaus gebrauchen, um meinen miesepetrigen Zustand zu beenden und wieder fröhlicher in die Zukunft zu schauen.

Vielleicht war das ja Schicksal.

Deshalb nicke ich, während ich in Gedanken die kommende Woche durchgehe. Wir bleiben, bis der Mustang repariert ist, und fahren dann weiter nach Billings.

»Okay. Einverstanden«, sage ich und krame in meiner Handtasche nach meinem Portemonnaie beziehungsweise meiner Kreditkarte. »Wer wohnt denn in der anderen Hälfte? Nicht, dass ich die Leute störe.«

»Ach … Er.« Seine Antwort klingt ziemlich abfällig, fast schon unheilvoll, doch er schwächt seine Reaktion ab, indem er den Kopf schüttelt. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Miss. Von dem werden Sie nichts mitkriegen. Der is nur ’n harmloser Muffelkopp. Kümmert sich nich um andere, macht nur sein eigenes Ding. Wahrscheinlich sehen Sie den nich mal.«

Ich hebe eine Augenbraue, zucke dann aber die Achseln und reiche meine Kreditkarte über die Theke.

Jeder Mensch ist anders, und ich verurteile niemanden. Ich schätze, mir ist es sogar lieber, meine Ruhe zu haben, abgesehen von der stets unterhaltsamen Gesellschaft meiner kleinen Begleiterin natürlich.

»Hat die Werkstatt schon zu, oder kann man da noch anrufen, um zumindest eine Einschätzung zu bekommen?«, frage ich, während ich dem alten Mann hinter dem Tresen dabei zusehe, wie er meine Daten in den Computer eingibt.

»Nee, ich kann da für Sie anrufen, während Sie sich in Ihrem Zimmer einrichten. Für die Abrechnung brauch ich noch Ihre Sozialversicherungsnummer.«

»Vielen Dank.« Ich rattere meine Nummer herunter, gefolgt von meiner alten Adresse für die Rechnung.

Technisch gesehen bin ich wohl derzeit obdachlos. Nach Eddys treuloser Eskapade wollte ich nur noch weg und bin direkt aus unserem Mietvertrag ausgestiegen, aber fürs Erste sollte die Adresse in Seattle wohl noch gelten.

Während mein vertrauensseliger Rezeptionist vor sich hin summt, drehe ich mich um und nehme zum ersten Mal meine Umgebung in Augenschein.

Die Lobby ist sehr hübsch eingerichtet, überall stehen kleine Vasen mit frischen Pfingstrosen, und vor den Fenstern hängen durchsichtige weiße Vorhänge, die im Sonnenschein glänzen. Das Licht verleiht dem Raum eine friedliche, gedämpfte Atmosphäre.

Es ist angenehm. Am liebsten würde ich diese besondere Stimmung malen; wie das Licht durch die Fenster hereinströmt und fast dunstig wirkt, dort, wo es schräg auf den Teppich fällt. Der Eigentümer dieses Hauses, wer immer das sein mag, hat auf jeden Fall einen Blick fürs Gemütliche, und in der Annahme, dass es nicht der Rezeptionist ist, schaue ich zum Empfangstresen zurück.

Perfektes Timing. Der alte Mann ist fertig, druckt gerade meine Rechnung aus und schiebt einen Schlüssel über die Theke. Genau in diesem Moment geht die Tür zur Toilette auf, und Tara kommt mit ihrem vornehmen, prinzessinnengleichen Gang auf mich zugeschritten, was mir zeigt, dass sie zu ihrer alten Form zurückgefunden hat, nachdem ihre Blase nun mindestens ein Kilo leichter ist.

Grinsend sehe ich sie an, bevor ich mich wieder zu dem alten Mann umwende und mir im Austausch für meine Unterschrift Schlüssel und Kreditkarte schnappe.

»Vielen Dank«, sage ich. »Wie heißen Sie?«

»Flynn«, antwortet er. »Flynn Bitters. Jederzeit zu Ihren Diensten.«

»Danke, Mr. Bitters«, entgegne ich. »Bitte sagen Sie doch einfach in der Werkstatt Bescheid, dass die mich anrufen sollen. Es ist nicht ganz so eilig. Ich denke, wir können noch ein paar Tage hierbleiben.«

Tara schaut mich mit großen Augen an, während wir nach draußen in den warmen Sommernachmittag treten. »Wir … bleiben hier?«

»Nicht lange«, informiere ich sie. »Nennen wir es einen Kurzurlaub, bis das Auto repariert ist. Wir werden einfach die Sonne genießen, ein bisschen Spaß haben, uns vielleicht die Gegend ansehen und die örtliche Küche ausprobieren. Ich finde es ganz schön hier.«

Tara rümpft die Nase. »Also, ich weiß nicht, Tante Hay. Hier ist doch kaum was los … Dieser Ort hat ja nicht mal einen Namen auf Google.«

»Auf dem Schild, an dem wir vorbeigekommen sind, stand ein Name«, stelle ich mit einem Grinsen fest. »Herzlich willkommen in der idyllischen Stadt Heart’s Edge, meine liebe Reisebegleiterin.«

* * *

Das nummerierte Doppelhaus, das Flynn uns gegeben hat, befindet sich ein ganzes Stück hinter dem Haupthaus, fast schon am Ende des Grundstücks.

Sehr gut. So haben wir richtig viel Privatsphäre.

Unsere Hütte ist eine der größeren, aus unbearbeitetem dunklem Holz, vielleicht Zeder oder Tanne. Ihr Anblick mit der Rundum-Veranda und den deckenhohen Fenstern schreit förmlich: Ich bin schlicht modern und rustikal gemütlich.

Was ihr allerdings wirklich Seele verleiht, ist das Panorama. Vom Haus aus blickt man auf einen langen Abhang, der zu einer Klippe hinunterführt, hinter der sich wiederum ein atemberaubendes Tal bis zum Fuß der Berge erstreckt.

Mein Herz schlägt einen Purzelbaum, als ich endlich die Zeit finde, stehen zu bleiben, die frische Luft einzuatmen und den Ausblick in mich aufzunehmen.

Hinter dem Haus gibt es sogar einen Whirlpool, wie ich feststelle, als wir um die Hütte herumlaufen. Der Pool befindet sich in der Mitte der Veranda, so dass die Bewohner beider Haushälften ihn sich entweder teilen oder sich irgendeinen Benutzungsplan überlegen müssen. Da gerade niemand hier ist, spekuliere ich allerdings schon darauf, ein kleines Bad zu nehmen und meinen vom Fahren müden Gliedern etwas Gutes zu tun, nachdem wir uns hier häuslich eingerichtet haben.

Am Ende unseres Erkundungsrundgangs gehen wir die Treppe zur Veranda hoch und stecken den Schlüssel ins Schloss der linken Tür. Als ich ihn umdrehe, ruckelt es ein wenig und … nichts passiert.

Die Tür geht nicht auf. Sehr seltsam.

Anscheinend hat Mr. Bitters uns die falsche Nummer gegeben. Er hat uns gesagt, dass wir die Hütte 31-A haben, nicht 31-B.

Na ja, egal. Ich probiere es einfach bei der 31-B auf der rechten Seite, und diese Tür lässt sich sofort öffnen.

Wir betreten einen heimeligen, lichtdurchfluteten Raum aus hellem Holz, der mit dunklen, urigen Möbeln eingerichtet ist. Es sieht ein bisschen so aus wie Joanna Gaines trifft auf Haus gesucht in den Rocky Mountains, und ich liebe diese Atmosphäre.

Meine Nichte schlüpft hinter mir ins Haus und sieht sich vorsichtig um.

»Alles gut. Sieht moderner aus hier drin, als ich dachte.« Ich schenke Tara ein entwaffnendes Lächeln und schmeiße meine Tasche aufs Sofa. »Sehen wir uns mal die Schlafzimmer an. Das Haus ist so groß – vielleicht haben wir sogar jeder ein eigenes Zimmer.«

»Wenn nicht«, entgegnet Tara fröhlich und ist schon auf dem Weg durch den Flur, »spielen wir, dass ich bei dir übernachte! Wie bei meinen Freundinnen aus der Schule.«

Liebevoll blicke ich ihr hinterher, während ich ihr ins Haus folge.

Sie ist einfach entzückend, so unverwüstlich, so anpassungsfähig, dass sie immer alles von der positiven Seite betrachtet. Ich sehne mich zu der Zeit zurück, als ich auch noch so optimistisch war und mich so leicht für etwas begeistern konnte. Aber hey, vielleicht kann ich ja auch von einer zehnjährigen kleinen Hummel noch was fürs Leben lernen.

Sieh das Gute in allem, freue dich über das Neue und hake das Alte einfach ab.

Ich bin so sehr damit beschäftigt, mir das erste Schlafzimmer anzuschauen, als unverhofft das Nächste passiert.

Eine große, raue Hand packt mich bei der Schulter, dreht mich herum, und im nächsten Moment knalle ich mit dem Rücken gegen eine harte Wand.

Heilige …

Nicht mal einen Wimpernschlag später ragt ein Koloss vor mir auf, der wie aus dem Nichts aufgetaucht ist und mir den Weg abschneidet wie ein angriffslustiger Stier, während er mich mit seiner Muskelmasse, einem herben Geruch von Kiefernnadeln und stechend dreinblickenden Augen bedrängt.

Ich bin so geschockt, dass ich nicht mal schreien kann.

Stattdessen schnappe ich nur nach Luft, während mein Herz so wild klopft, dass es mir fast aus der Brust springt, und mein Puls nach oben schießt.

Eine halbe Sekunde später starre ich nach oben in ein grimmiges, verschlossenes, aber durchaus attraktives Gesicht und ein wütendes Paar blauer Augen, mit dem dieser Hüne von einem Mann mich durchbohrt, während er mir zu Leibe rückt.

Er verstärkt seinen Griff, drängt mich so fest gegen die Wand, dass ich mir vorkomme wie eine winzige Mücke, und sein Körper strahlt so viel Hitze aus wie ein Hochofen, das ich sie am ganzen Körper spüre.

»Wie zur Hölle sind Sie hier reingekommen?«, schnauzt er mich mit einer tiefen, knurrigen Stimme an, deren Vibrationen ich förmlich spüren kann. »Wer hat Sie hergeschickt? Weiß Bress Bescheid? Kommt er her?«

Heilige Scheiße.

Was ist hier los? Ich bin wie zu Eis erstarrt.

Ich bin es einfach nicht gewohnt, von riesigen Männern gepackt und mit Fragen bombardiert zu werden.

Mein Hirn kann sich nicht entscheiden, ob es in Panik oder in Wut geraten soll und ob dieses Arschloch mich betatschen will.

Schließlich kommt meine Schaltzentrale zu der Eingebung, mich einfach nur wie ein Reh im Scheinwerferlicht dastehen zu lassen – oder wohl eher wie ein Opossum. Jepp, das passt besser zu mir: eine Beutelratte.

Wird mein Kampf- oder Fluchtinstinkt geweckt, mache ich meist gar nichts.

Ich erstarre einfach nur zur Salzsäule.

Bittet mich besser nie, euch bei einer Prügelei zu verteidigen – dazu bin ich absolut nicht zu gebrauchen.

Tara dabeizuhaben ist dagegen wesentlich nützlicher, denn als sie aus dem anderen Schlafzimmer kommt und mit einem Blick die Lage erfasst, stößt sie einen so gellenden Schrei aus, dass die Leute in einem Kilometer Umkreis sicher auch noch was davon mitbekommen.

Der Hüne fährt zu Tara herum und löst dabei eine Hand von meiner Schulter.

Vielleicht bin ich doch nicht so regungslos.

In der Sekunde, als mir der Gedanke kommt, dass er auf meine Nichte losgehen könnte, lodert nämlich ein Feuer in mir auf, und im nächsten Moment stoße ich seine andere Hand mit einem heftigen Schlag beiseite.

»Fass mich nicht an, du Arschloch!«, schreie ich und starre ihm finster ins Gesicht.

Verwirrt kneift er die Augen zusammen, und plötzlich lässt er seine wuchtigen Hände sinken.

Er ist groß – mammutbaummäßig groß, so dass ich mich frage, wie er überhaupt in den Flur hineinpasst, da er mit dem Kopf schon fast die Decke berührt, und höchstens ein Zentimeter Abstand zwischen seinem verwuschelten schwarzen Haar und der Holzvertäfelung liegen kann.

Sein T-Shirt wirkt wie etwas, das auf seine harten, definierten Muskeln gemalt wurde. Nichts an seinem Oberkörper ist auch nur annähernd weich – im Gegenteil: Sein wie aus Stein gemeißeltes Sixpack zeichnet sich so scharfkantig unter dem Kleidungsstück ab, dass man sich daran vermutlich verletzen könnte. Der blaue Stoff hat die gleiche Farbe wie seine Tattoos, die sich über seine breiten, durchtrainierten Arme schlängeln – ein Labyrinth aus Mustern, stilisierten Buchstaben und dem Namen Jenna in schlichter, winziger Schrift.

Den Blick immer noch auf Tara geheftet, fährt der Typ sich über sein bärtiges Gesicht. Ein Kratzen ist zu hören, als er mit seinen schwieligen Händen über seine Stoppeln fährt.

»Scheiße«, knurrt er. »Das ist ja ein Kind.«

»Ach nein, Sherlock«, gebe ich barsch zurück. »Und sie gehört zu mir. Also Hände weg.«

Erneut dreht er sich zu mir um.

Großer Fehler.

Bevor ich die Chance verpasse, brate ich ihm eins mit meiner Handtasche über seinen attraktiven Schädel und hoffe, der Hieb war so heftig, dass das Krokoleder einen Abdruck auf seiner dunklen Wange hinterlässt.

Mit einem Brummen taumelt er nach hinten. Ich nutze die Gelegenheit, an ihm vorbeizustürmen, schnappe mir Taras Hand und stürze auf die Tür zu. »Schnell, lauf!«

Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass ich nicht weit kommen würde. Goliath mag zwar wuchtig aussehen, aber er bewegt sich wie eine Kobra – blitzschnell und tödlich. Wir schaffen gerade mal drei Schritte, bevor er um uns herum ist und uns den Weg nach draußen abschneidet. Tara und ich bleiben abrupt stehen und stolpern zurück.

»Lassen Sie uns durch«, sage ich und hebe drohend meine Handtasche.

Sicher kann ich damit nicht viel ausrichten, aber es ist auch bestimmt nicht so lustig, wenn man eine Ladung Krokodilleder in die Fresse bekommt.

Goliath verschränkt die Arme vor der Brust, plustert sich auf und sieht eindringlich auf mich herab. »Nicht, bevor Sie mir nicht ein paar Antworten gegeben haben, Lady«, entgegnet er unfreundlich.

»Antworten auf was? Ich bin nur hier reingekommen, und im nächsten Moment haben Sie mich rumgeschubst wie einen verdammten Tischtennisball!«

»Stimmt genau. Sie sind einfach in mein Haus reingestiefelt, deshalb …«

»Irrtum: Das hier ist unser Haus«, kontere ich und fuchtele mit dem Schlüssel vor seiner Nase herum, als wäre er ein Minidolch. Vor lauter Wut sind meine Wangen ganz heiß. »Ich hab schon dafür bezahlt, und ich frage mich, was Sie hier machen. Vielleicht sollten Sie mir ein paar Antworten geben.«

Noch bevor ich die Hand wegziehen kann, reißt er den Schlüssel an sich.

Der Scheißk…

»Verdammt«, flucht er und beäugt den Schlüssel von allen Seiten. Dann streicht er sich erneut übers Gesicht und stößt ein müdes Stöhnen aus. Als er den Blick wieder auf mich richtet, wirkt er tatsächlich zerknirscht, und seine mitternachtsblauen Augen nehmen die Farbe von glühendem Kobalt an. »Flynn hat Ihnen den falschen Schlüssel gegeben. Sorry.« Seine Kiefermuskeln spannen sich an. »Und jetzt raus hier, ich regle das.«

Verärgert beiße ich mir auf die Zunge. Ich kann es gar nicht leiden, wenn man mich so herumkommandiert.

Aber ich will auch nicht hier im Haus vom Unglaublich-angepissten-Hulk rumstehen.

Deshalb begebe ich mich widerwillig mit Tara im Schlepptau nach draußen, als er uns die Tür aufhält.

Gott, ich hoffe, er ist tatsächlich der Einsiedlertyp. Der Gedanke, diesem Arschloch in den nächsten Tagen erneut über den Weg zu laufen, hat meinem Plan, hier einen entspannten Kurzurlaub zu verbringen, nämlich gerade einen mächtigen Dämpfer versetzt.

Als er allerdings auf die Veranda heraustritt, die Tür zuknallt, abschließt und davongeht, kann ich es mir nicht verkneifen, seinen knackigen, V-förmigen Körper zu betrachten.

Wieso haben ausgerechnet die heißen Typen immer eine ätzende Persönlichkeit?

Er mag zwar ein Arschloch sein, aber er ist nett anzuschauen.

Seine Jeans schmiegt sich um seine Hüften und schmeichelt auch seinen Oberschenkeln.

Er rollt mit den Schultern, während er mit dieser geballten Kraft davonmarschiert, die zur Hälfte daraus entspringt, dass er seine gewaltige Masse mit sich herumschleppen muss.

Und seine Tattoos … Gott steh mir bei. Wir sprechen hier von so wilden, so ausdrucksstarken und ineinanderlaufenden Motiven, dass sie meine Künstlerseele anziehen wie ein loderndes Feuer die Motten.

Sein finsteres Gesicht war nicht gut zu erkennen, aber das, was ich gesehen habe, war auch nicht schlecht.

Mitternachtsblaue Augen. Kurz geschnittener Bart. Dunkles, dichtes Haar, das mir persönlich ein wenig zu dunkel und dicht ist und in Kombination mit seinem Bart einen rauen Kranz aus explosivem Testosteron um sein Gesicht zieht.

Das hat irgendwas.

Etwas, das mir durchaus gefällt.

Vielleicht liegt es daran, weil er so ganz anders aussieht als Eddy mit seinem zarten, schlanken Körper und dem hübschen, jungenhaften Gesicht.

Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass Eddy seinen miesen Charakter so gut versteckt hat, während man Mr. Goliath seine Arschloch-Attitüde auf fünf Meilen gegen Wind ansieht.

Vielleicht versuche ich auch nur noch immer zu verstehen, was zum Teufel hier gerade abgegangen ist.

Da, seht ihr? Ich schaue mir tatsächlich was von Tara ab und sehe das Positive in den Dingen.

Meine Nichte runzelt die Stirn und schlingt die Arme um das Geländer der Veranda, während sie dem Typen hinterherblickt. »Was für ein Knackarsch, oder, Tante Hay?«

»Das kostet zehn Cent«, erinnere ich sie und lehne mich seufzend neben sie ans Geländer. »Ich schätze, der ist in den nächsten Tagen unser Nachbar.«

»Wo geht er denn jetzt hin?«

»Ich nehme mal an, er tauscht unseren Schlüssel um.«

Irgendwie kann ich dieses komische Bauchgefühl nicht abschütteln, das mich überkommt, während wir warten.

Bitte, lass dieses eine Mal alles gut gehen.

Bitte mach, dass dieses Drama mit dem Höhlenmenschen und seinen Wutausbrüchen nach dem Schlüsseltausch beendet ist.

* * *

Wie sich allerdings herausstellt, wollte er unseren Schlüssel gar nicht umtauschen.

Tara und ich haben uns vorläufig auf die hintere Veranda zurückgezogen und uns dort auf den sehr bequemen, weichen Liegestühlen ausgestreckt, während wir auf unseren neuen Schlüssel warten.

Wo soll ich auch anders hin.

Meine Tasche liegt noch bei diesem Mistkerl im Haus auf der Couch, und er hat uns ausgeschlossen. Zum Glück herrscht hier draußen genau die richtige Temperatur, um sich an diesem späten Nachmittag, der so langsam in den Abend übergeht, in der Sonne zu räkeln – es ist so angenehm, dass man das Sonnenbad genießen kann, ohne in der Hitze zu schmoren oder sich Sorgen machen zu müssen, ob man genügend Sonnenschutz aufgetragen hat.

Ich bin kurz davor einzudösen, als ich abrupt dadurch geweckt werde, dass meine Tasche auf meinem Bauch landet.

»Uff!«

Ich reiße die Augen auf, schnappe mir die Tasche und krümme mich ein wenig.

Mr. Unvergleichliches-Arschloch ragt über mir auf, hat erneut die Arme vor der Brust verschränkt wie ein fleischgewordenes Bollwerk, und mustert mich aus seinen harten blauen Augen. Ich hab nicht mal gehört, dass er zurückgekommen ist; er hat sich so leise angeschlichen wie ein Löwe auf Beutezug.

Düster blicke ich zu ihm hoch und stelle meine Tasche zwischen den Liegen auf dem Boden ab. »War das wirklich nötig?«, frage ich, gebe ihm aber erst gar nicht die Gelegenheit, darauf zu antworten. Stattdessen strecke ich ihm die Hand entgegnen und presse die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. »Wo ist der Schlüssel?«

»Es gibt keinen«, sagt er bestimmt. »Ich hab gerade Ihre Hälfte der Hütte auch noch gemietet. Verziehen Sie sich also mit Ihrem Zwerg. Ich brauche Ruhe.«

»Ich bin kein Zwerg«, korrigiert Tara ihn schnaubend. »Ich bin schon zehn!«

»Sie ist schon zehn«, wiederhole ich und starre ihn böse an. »Und Sie haben nicht das Recht, uns hier rauszuschmeißen. Wir sind zahlende Gäste, und Sie sind nicht der Besitzer dieses Hotels.«

»Falls es Ihnen ums Geld geht: Ich zahle Ihnen das Doppelte von dem, was Flynn Ihnen für das Zimmer abgeknöpft hat.«

Verblüfft schaue ich ihn an. Was?

So langsam wird das Ganze … seltsam. Und suspekt.

Warum hat er seine Privatsphäre so nötig, dass er nicht nur unsere Hälfte mietet, sondern sogar noch mehr ausgibt, indem er mir mein Geld zurückzahlt? Ist dieser Typ kriminell oder so was?

Ich schüttle den Kopf. »Also, selbst wenn ich Ihr Angebot annehmen wollte: Ich fahre nirgendwo anders hin. Ich kann nicht.«

Er hebt eine seiner dichten Augenbrauen. »Und wieso zum Teufel nicht?«

»Weil unser Auto den Geist aufgegeben hat. Nicht, dass Sie das irgendwas anginge und ich mich vor Ihnen rechtfertigen müsste«, füge ich hinzu. »Und da dies hier das einzige Hotel in der Stadt ist und es nur noch dieses eine Zimmer gibt, gehe ich nirgendwohin. Es sei denn, Sie bieten mir an, mein Auto bis in die nächste Stadt zu schieben.«

Die Gesichtszüge des Arschlochs durchlaufen eine merkwürdige Wandlung.

Einen Moment lang sieht er tatsächlich besorgt aus. Zumindest denke ich, es ist Sorge und nicht Sodbrennen.

Dann legt sich der gewohnt finstere Ausdruck wieder auf seine Miene, als würde er sich über sich selbst ärgern, weil er ein schlechtes Gewissen hat. Sofort blitzt wieder Sorge in seiner Miene auf, doch auch dieser Gefühlsausbruch währt nur kurz und wird von einer Art grimmiger Resignation abgelöst.

Goliath stößt einen Seufzer aus, schließt die Augen, runzelt die Brauen und reibt sich mit einer seiner Pranken übers Gesicht.

»Ich vermute mal, Flynn hat schon Stewart von der Werkstatt wegen Ihrem Wagen angerufen?«

»Keine Ahnung. Das Einzige, mit dem ich mich befassen konnte, seit ich hier bin, sind Sie. Es würde mich nicht wundern, wenn Flynn die ganze Sache mit meinem Auto abgeblasen hat, da Sie ihm ja offensichtlich gesagt haben, dass ich so schnell wie möglich weiter muss.«

Wieder zieht der sorgenvolle Ausdruck über sein Gesicht. Er hebt die Hand und kneift sich in die Nasenwurzel, bis es fast so aussieht, als hätte er Schmerzen. Dann schließt er erneut die Augen und presst Daumen und Zeigefinger gegen seine Lider. »Sie fahren nirgendwohin.«

Jetzt kneife ich die Augen zusammen. »Bitte?«

»Ich hab gesagt«, antwortet er mit einem weiteren Knurren, »dass Sie das vergessen können. Ich werde Sie sicher nicht auf die Straße setzen, mit einem kaputten Auto und einem Zwer…«, er wirft Tara einen Blick zu, »… einer jungen Dame.«

Ausdruckslos starre ich ihn an.

Wow. Versucht dieser stachlige Muskelprotz gerade tatsächlich, ein Gentleman zu sein? Das geht ja fast zu leicht.

Deshalb kaufe ich ihm das auch nicht ab. Und akzeptiere es auch nicht.

Stattdessen verschränke ich nun ebenfalls die Arme vor der Brust und wende den Blick ab.

»Das glaube ich erst, wenn ich einen Zimmerschlüssel in der Hand halte.«

Ein weiterer schwerer Seufzer entringt sich seiner Brust, und er fährt sich durchs Haar, bis die dichte, dunkle Mähne in alle Richtungen absteht und ihm ein geradezu jungenhaftes Aussehen verleiht, das seine harten Gesichtszüge weich zeichnet. »Ach ja. Da war ja was. Geben Sie mir eine Minute.«

Diesmal höre ich ihn energisch davonmarschieren. Anstelle des leisen, katzenartigen Schleichens klingen seine Schritte nun müde und schwer, und ich brauche nicht einmal hinzusehen, um mir vorstellen zu können, wie seine massigen Schultern dabei vor- und zurückschwingen.

Der Mann ist mir definitiv zu viel. In jeder Hinsicht.

Und ich weiß nicht mal seinen Namen.

* * *

Es dauert weitere zwanzig Minuten, bis er wiederkommt.

Zwanzig Minuten, die ich damit verbringe, die aufgewühlte Tara zu beruhigen und ihr zu versprechen, dass wir morgen etwas Spaßiges unternehmen, um diesen ganzen Zirkus hier zu vergessen.

Die Namen, die sie Goliath gibt, werde ich nicht wiederholen. Sie sind zwar nicht so schlimm, dass man dafür zehn Cent zahlen müsste, aber doch auf einem ziemlich fiesen Grundschulniveau.

Wobei wir beide kichern müssen, als sie den Kerl als Kackakopf bezeichnet.

Vielleicht nennen wir ihn einfach weiter so, bis wir abfahren.

Als er zurückkommt, drückt er mir wortlos den Schlüssel in die Hand – dann wendet er sich ab, betritt sein Haus durch die Terrassentür, die er hinter sich zuschlägt, und schließt ab, ohne sich noch einmal nach uns umzusehen. Nicht mal eine Entschuldigung hat er für uns übrig, und dieses Sorry von vorhin zählt nicht.

Na ja, soll er alleine vor sich hin schmollen und brüten, wenn er das will.

Ich dagegen habe die beste Gesellschaft der Welt und finde, wir haben uns einen Filmmarathon verdient.

Mit dem Schlüssel in der Hand betreten wir das Haus, das für die nächsten paar Tage unser trautes Heim sein wird. Wir verbringen eine kurze Zeit damit, uns häuslich in unseren Zimmern einzurichten und unsere Sachen auszupacken, bevor ich einen Blick in die Informationsmappe des Hotels werfe.

Offensichtlich ist Heart’s Edge nicht so klein, dass es keine Pizzeria im Ort gäbe mit Lieferservice.

Und so dauert es keine halbe Stunde, bis Tara und ich es uns mit einer Peperoni-Ananas-Pizza auf dem Sofa gemütlich gemacht haben und durch die Kanäle zappen, auf der Suche nach irgendwas mit Hugh Grant.

Tara ist zwar noch ein Kind, aber sie hat einen guten Geschmack.

Trotzdem: Während wir die kostenpflichtigen Programme durchstöbern, wandern meine Gedanken gegen meinen Willen zu dem grimmigen, blauäugigen Koloss, der keinen Mucks mehr von sich gibt, seit er die Tür hinter sich zugeknallt hat.

Wer zum Geier ist er?

Was hat er für ein Problem?

Und wieso lässt er mich nicht nur zweifeln, was meinen Aufenthalt hier in Heart’s Edge angeht, sondern auch, was meinen Plan betrifft, mein ganzes Leben umzukrempeln?

Will ich wirklich vollkommen neu anfangen? Diese Frage drehe ich in meinem Kopf auf links, kaue sie gewissermaßen durch wie die Pizza zwischen meinen Zähnen.

Oder laufe ich gerade vor einem Problem davon, um direkt ins nächste zu stolpern?

II: Die Flammen werden höher (Warren)

Haley West.

Diesen Namen hat Flynn mir genannt, als ich ihm wegen der Scheiße mit den Zimmern die Hölle heiß gemacht habe. Wenn Blicke töten könnten …

Er fing an zu stammeln und zu zucken, als könnte ich ihm mit meinem Blick tatsächlich etwas antun. Na ja, das ist nichts Neues.

Flynn hat einfach kein Rückgrat. Er besteht bloß aus einer Wirbelsäule mit einer Hülle drumherum, und in der ist nichts weiter drin als Whisky oder was auch immer er gerade trinkt. Ich frage mich wirklich, wieso zur Hölle Grandma ihn weiter beschäftigt. Der Typ ist ziemlich schnell eingeknickt, als ich ihm zu verstehen gegeben habe, dass ich Haley West nicht hierhaben will.

Ich hätte wissen müssen, dass mehr hinter der ganzen Sache steckt, als er mir erzählt hat.

Bei Frauen wie ihr ist das immer so.

Und Frauen wie sie bringen einem auch immer Ärger ein.

Ich konnte diese heißblütige kleine Giftnatter schlecht auf die Straße setzen, verdammt – ohne Unterkunft und dann auch noch mit einem kaputten Auto.

Aber ich muss sie hier irgendwie rauskriegen.

Sie hätte fast meine Tarnung auffliegen lassen. Solange mich alle für den Einsiedler aus der Stadt halten, der nach Hause zurückgekehrt ist, um kurz mal Hallo zu sagen, achtet keiner auf mich. Und es fragt sich auch niemand, wieso ich in Grandmas Hotel übernachte.

Natürlich wohne ich in einer der Hütten und nicht bei Grandma im Haus. Ein erwachsener Mann braucht schließlich seine Privatsphäre, und außerdem geht im Ort das Gerücht um, dass ich nur so lange hierbleibe, bis ich ein eigenes Haus in der Stadt gefunden habe.

Manchmal können Gerüchte durchaus nützlich sein.

Einfach so wenig wie möglich erzählen, dann denken sich die Leute schon eine eigene Geschichte für dich aus, ohne dass du irgendwas sagen musst.

In Wahrheit kann ich einfach nicht zulassen, dass meine dreckigen Geschäfte meiner Großmutter schaden – oder die harte Arbeit zunichtemachen, die sie ins Charming Inn gesteckt hat.

Aus diesem Grund erledige ich meine Angelegenheiten hinter verschlossenen Türen – und dann kommt diese grünäugige kleine Hexe in mein Haus und trippelt fast in meinen War Room.

Scheiße.

Wenn sie meine Whiteboards, die Zeitungsausschnitte oder die Karten mit den Verfolgungsrouten gesehen hätte – keine Ahnung, was sie dann gedacht hätte. Wahrscheinlich säße ich jetzt in Handschellen vor Sheriff Langley und müsste mich seinem Verhör stellen.

Jedenfalls weiß ich genau, was ich gedacht habe, als sie plötzlich in meiner Hütte stand.

Dass Dennis Bress sie geschickt hat.

Weil er herausgefunden hat, dass ich ihm dicht auf den Fersen bin und sicher keiner schönen Frau was zuleide tue, die da ganz lässig in mein Haus marschiert kommt, um herauszufinden, wie viel ich weiß. So ganz überzeugt davon, dass sie nicht zu diesem Zweck hier ist, bin ich immer noch nicht.

Aber der kaputte Ford Mustang, der direkt vor dem Zaun parkt, ist schon ein plausibles Indiz dafür, dass ihre Geschichte stimmt.

Trotzdem muss sie hier verschwinden.

Sie ist ein Störfaktor, sie lenkt mich ab. Eine Ablenkung der schlimmsten Sorte mit ihren knackigen Kurven. Davon abgesehen scheint sie mir zu sehr auf enge Jeans und kurze Shirts zu stehen, so dass jedes Mal, wenn sie auch nur Luft holt, ihre schmale, gebräunte Taille hervorblitzt.

Und dann diese Art, wie ihre dunkelbraunen langen Haare schwingen und ihr ins Gesicht fallen, wenn sie wie wild gestikuliert … Es gibt kaum bessere Methoden, um meinen Schwanz so hart wie Titan zu machen.

Nichts, was ich gerade gebrauchen könnte.

Nichts, wovon ich mich gerade ablenken lassen dürfte.

Und sie ist nicht mal mein einziges Problem. Scheiße, Mann, das arme Kind wäre fast in mein Waffenlager gerannt.

Reihenweise Koffer mit Pistolen und Gewehren, und ich hatte noch gar nicht die Gelegenheit, alle auszupacken und die Magazine auszuleeren. Das hätte in einer Katastrophe enden können.

Ms. Haley mag ja eine wahnsinnige Nervensäge sein, aber ich könnte nicht damit leben, wenn ihr oder dem Mädchen durch meine Schuld was passiert.

Klar wusste ich, dass es nicht leicht werden würde, wenn ich meine Basis hier zu Hause einrichte. Und Bress in die Ecke zu drängen wird sogar noch schwerer.

Ich habe nur nicht mit dieser Form von Komplikationen gerechnet.

Aber es gibt einen sicheren Weg, sie loszuwerden, und genau deshalb liege ich gerade mitten in der Nacht hier auf dem Betonboden von Flynns schmutziger Garage, in die wir Haleys Mustang mit Hilfe von Flynns Truck abgeschleppt haben.

Ein schönes Auto, das muss man sagen.

Mit Liebe gepflegt, allerdings hat jemand gebrauchte Teile darin eingebaut, die den Wagen zwar noch eine Zeit lang am Laufen halten werden, aber auch schneller kaputtgehen als neue Ersatzteile.

Wie es aussieht, ist der Vergaser defekt, aber ich könnte ein Provisorium einbauen, mit dem sie noch etwa hundertfünfzig Kilometer weit kommt. Zumindest würde es bis in die nächste Großstadt reichen, wo es eine Werkstatt mit Mustang-Ersatzteilen gibt.

Ich muss nicht lange suchen, um herauszufinden, dass ihr Schwimmernadelventil verklemmt ist.

Ein bisschen Klopfen hier, ein bisschen Schütteln da, und ich habe es gelöst.

Allerdings wird es sich wieder verklemmen, der Vergaser ist nicht mehr zu retten, doch ein bis zwei Tage kann sie damit noch herumfahren. Ich muss ihr nur klarmachen, dass sie das Ventil in der nächsten Großstadt ersetzen lassen muss, sobald sie morgen früh ihren Arsch von hier wegbewegt und damit auch aus meinem Leben verschwindet.

»Hey, Warren«, ertönt eine vertraute Stimme am Tor. »Wenn du so weitermachst, bin ich bald arbeitslos.«

Ich rolle mich unter dem Auto hervor, schnappe mir einen Lappen und wische mir die öligen Finger ab.

Stewart Saxbe lehnt am Eingang der Werkstatt und sieht mich aus seinen amüsiert funkelnden braunen Augen an. Wie üblich spannt sein Mechanikeroverall über seinem muskulösen, kantigen Oberkörper.

Genauso wie ich war er in der Army und kann sich nicht von alten Gewohnheiten lösen, wie zum Beispiel immer einsatzbereit und in Form zu bleiben. Wir waren zwar nicht in derselben Einheit – auch wenn wir oft im selben Basislager waren –, trotzdem kann man sagen, dass wir zusammen in Afghanistan gedient haben.

Jenna hatte gemeinsame Einsätze mit Stew und noch einigen anderen, denen ich jederzeit mein Leben anvertrauen würde.

Oder ihres.

Doch Jenna war die Einzige von uns, die nicht zurückgekommen ist.

Für diese Erinnerungen habe ich allerdings gerade keine Zeit.

Ich erwidere Stewarts Lächeln, während ich aufstehe, und schüttle ihm fest die Hand. »Ich kümmere mich nur um ein kleines Problem. Neugierige Nachbarin, die erst wieder verschwindet, wenn ihr Auto repariert ist.«

»Hab schon davon gehört. Flynn hat mich angerufen.« Er hebt die Augenbrauen. »Ich dachte mir, ich schau mir den Wagen auf dem Heimweg an. Was ist denn damit? Hübsches kleines Gerät.«

»Der Vergaser«, sage ich achselzuckend und lehne mich mit der Hüfte gegen einen der Arbeitstische. »Ich hab das Schwimmernadelventil gelöst. Das hält, bis sie es richtig machen lassen kann.«

Stewart nimmt den Wagen kurz von außen unter die Lupe, bevor er die Motorhaube hochklappt und einen prüfenden Blick darunter wirft. »Sieht in Ordnung aus«, sagt er, streckt eine Hand in den Motorraum und fummelt an verschiedenen Teilen herum. »Hm, die Drosselklappe müsste auch neu justiert werden. Bist du sicher, dass du sie damit losschicken willst?«

»Anders geht’s nicht«, antworte ich.

Den wahren Grund, wieso ich Haley so schnell wie möglich loswerden will, kann ich Stewart schlecht nennen.

Ich vertraue ihm zwar, aber er hat zu allen möglichen Leuten im Ort Kontakt, und ich kann nicht riskieren, dass ihm irgendwas rausrutscht. In einer Kleinstadt wie Heart’s Edge verbreiten sich Neuigkeiten wie ein Lauffeuer, und es kann leicht passieren, dass einer von Dennis Bress’ Leuten irgendwas aufschnappt. »Ich nehme nicht an, dass du zufällig einen Vergaser für dieses Ford-Modell auf Lager hast?«

»Nee, aber ich könnte einen bestellen. Der wäre in ein paar Tagen hier, und ich könnte den Wagen richtig fertig machen. Dann ist er so gut wie neu, und die Kleine braucht keine Angst zu haben, dass er mitten auf der Strecke den Geist aufgibt.«

Ich verziehe das Gesicht. In ein paar Tagen.

Aber er hat recht, und mir fällt kein gutes Gegenargument ein, das nicht die Frage aufwerfen würde, wieso ich die Frau so vehement von hier vertreiben will. »Ist das nicht wahnsinnig teuer bei so einem Oldtimer?«

»Dafür gibt’s eBay.« Mit einem leisen Lachen klappt er die Motorhaube wieder zu, richtet sich auf und wirft einen weiteren anerkennenden Blick auf das Auto. »Außerdem solltest du dich über die Gesellschaft einer schönen Frau freuen. So hast du wenigstens was zu tun, während du hier bist – genau das, was du brauchst.«

Genau das, was ich nicht brauche.

Und genau das, wovor ich Angst habe.

Blöd, dass ich keine Ausreden mehr habe. Also finde ich mich damit ab, fürs Erste.

Ist ja auch nicht so, als wäre mein Aufenthalt in Heart’s Edge zeitlich beschränkt. Ich kann die paar Tage abwarten, bis Haley West und dieses süße kleine Mädchen – ihre Tochter, nehme ich an; die junge Dame, die kein Zwerg ist – die Nase voll vom idyllisch-rustikalen Leben in den Bergen haben und wieder verschwinden.

Dennis Bress dagegen geht nirgendwohin.

Und ich auch nicht.

Erst, wenn ich mein Ziel erreicht habe.

Stewart bedenkt mich mit einem langen, abschätzenden Blick. Er ist ein guter Freund, der immer zu wissen scheint, was mir gerade durch den Kopf geht, selbst wenn ich nichts sage – oder vielleicht gerade weil ich nichts sage.

Gedankenversunken lehnt er sich an die Fahrertür des Mustangs, verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich stumm.

»Es geht gar nicht um die Frau«, sagt er schließlich sanft. »Dich beschäftigt was anderes, stimmt’s? Und wenn ich dich tatsächlich so gut kenne, wie ich glaube, Warren, dann ist es das, was dich seit dreizehn Jahren beschäftigt.«

Automatisch spanne ich die Muskeln an und beiße die Zähne zusammen, während ich den Blick abwende. »Ich will nicht darüber reden.«

»Nein, das willst du ja nie. Hör mal, Warren …« Er seufzt. »Ich dachte, du wärst vielleicht nach Heart’s Edge zurückgekommen, um die Sache irgendwie abzuschließen, aber du bist noch genauso dünnhäutig wie vorher und wirkst so, als könntest du jeden Moment explodieren. Also, wieso bist du wirklich hier?«

»Das hier ist mein Zuhause. Ich wusste nicht, dass ich einen Grund brauche, um herzukommen.«

»Wenn das hier dein Zuhause wäre«, stellt er mit ruhiger Stimme fest, »müsstest du dir kein Zimmer mieten.«

Ich deute ein freudloses Lächeln an. »Also echt, Mann, hast du denn die Gerüchte nicht gehört? Ich bin hier, um mir ein Haus zu kaufen und eine Familie zu gründen. Väter, sperrt eure Töchter weg, ich komme.«

Stew lacht leise, bevor er mich wieder besorgt ansieht. »Na ja, geht mich ja auch nichts an. Du könntest dir auch einfach Miss Mustang schnappen und mit ihr woanders neu anfangen. Leichter kannst du’s nicht haben.«

»So ein Quatsch. Denk nicht mal darüber nach, mich zu verkuppeln. Und falls du mich loswerden willst, keine Chance.« Ich stoße mich vom Tisch ab, straffe die Schultern und schleudere den öligen Lappen in seine Richtung. »Du willst dich doch nur um deine Schulden drücken. Bei wie vielen sind wir mittlerweile? Sechs Bier?«

Stew hebt die Augenbrauen und setzt ein betont unwissendes Gesicht auf. »Ich hab nicht die leiseste Ahnung, wovon du redest.«

»Mhm, is klar. Genau wegen diesem beschissenen Pokerface schuldest du mir sechs Bier.« Mit einem belustigten Grummeln stoße ich ihm den Ellbogen in die Rippen. »Jetzt hilf mir mal, den Wagen noch ein letztes Mal durchzuchecken, damit ich das Ganze hier beenden kann.«

Stews Gesellschaft tut mir irgendwie gut.

Vielleicht, weil sie mich an bessere Tage erinnert. Eine kleine Weile lang, während wir den Mustang überprüfen und sicherstellen, dass alles fest sitzt, fühlt es sich fast so an wie in alten Zeiten.

Vor dem verhängnisvollen Tag.

Vor der Nachricht, die dazu geführt hat, dass ich mir die Knöchel blutig geschlagen habe. Vor der zusammengefalteten Flagge, dem Trauersalut und dem verdammten Nachruf.

Vor der Erkenntnis, dass Jenna nie wieder nach Hause kommen wird.

Für diesen kurzen Moment bin ich einfach nur mit Stewart zusammen, tausche alte Geschichten aus und blödele mit ihm herum. Und als er schließlich nach Hause fährt, fühle ich mich ein bisschen geerdeter. Ein bisschen ausgeglichener und bereit, mich in die Arbeit zu stürzen.

Die Leute im Ort mögen zwar schon längst zu Bett gegangen sein, aber ich fange gerade erst an.

Deshalb erlaube ich mir auch nur einen kurzen Blick zu den dunklen Fenstern der anderen Haushälfte hinüber, bevor ich mich in meinem War Room verschanze und mich wieder um meine Spionageangelegenheiten kümmere.

* * *

Es dämmert schon fast, als ich meine Jagd nach Geistern für diese Nacht beende und ins Bett falle.

Ich schaffe es gerade noch, mir T-Shirt und Jeans auszuziehen, bevor ich – nur noch in Boxershorts – den Kopf auf die Matratze sinken lasse und einpenne. Ich bin es gewohnt, die Nacht durchzuarbeiten, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden wurde ich mit so vielen Hindernissen bombardiert, dass ich völlig geschafft bin und hoffe, eine ordentliche Mütze voll Schlaf zu bekommen.

Leider scheint meine neue Nachbarin etwas dagegen zu haben.

Ich habe das Gefühl, gerade mal zehn Minuten geschlafen zu haben, als jemand einen Stepptanz auf meinem Schädel aufführt.

Oder zumindest träume ich das. Irgendjemand steht vor meinem Bett und schlägt mit einem dieser Hämmerchen auf meinen Kopf ein, mit denen Ärzte immer die Reflexe testen. In meinem Schlafmodus klingt das Geräusch blechern, mehr so, als wäre mein Schädel eine Glasschüssel, auf die jemand in einem gleichmäßigen Rhythmus eintrommelt.

Tatsächlich ist es ein durchgedrehter Hitzkopf, der vor meiner Tür steht und an die Glasscheibe klopft.

Stöhnend rolle ich mich auf die andere Seite und lasse einen Arm auf den Boden fallen, während ich durch die Schlafzimmertür luge und den Flur hinunterblicke. Scheiße.

Von hier aus kann ich nur ein Stück von der Haustür erkennen, und das Sonnenlicht, das durch die Scheibe hereinscheint, ist so grell, dass die schmale, kurvige Gestalt auf der anderen Seite ziemlich verschwimmt.

Aber ich muss sie auch gar nicht so genau sehen, um zu wissen, dass sie extrem angepisst ist. Das merke ich an ihrer Haltung; der zur Seite gestreckten Hüfte und ihren Armen, die sie jedes Mal vor der Brust verschränkt, wenn sie eine Pause zwischen ihren ungeduldigen Klopfattacken einlegt, mit denen sie jedem Specht Konkurrenz machen würde.

Grummelnd vergrabe ich das Gesicht im Kopfkissen und stoße einen durch die Federn gedämpften Fluch aus.

Was zur Hölle soll ich jetzt machen?

Vielleicht hautt sie ja von alleine wieder ab, wenn ich mich nicht rühre. Steigt einfach in ihr hübsches, wieder funktionstüchtiges kleines Auto und fährt.

»Ich weiß, dass Sie da sind!«, ruft Haley. Durch die Glasscheibe klingt ihre Stimme ganz hohl. »Ich kann Ihren Hintern sehen.«

Dann kannst du ihn direkt lecken, Süße!, hätte ich fast zurückgeschrien, zwinge mich jedoch dazu, die Klappe zu halten und mich mit beiden Armen hochzuhieven, bevor ich mich mühsam zur Tür schleppe.

Wahrscheinlich denkt sie, ich hätte einen Kater, wenn ich mit trüben Augen, abstehenden Haaren und nur in Unterhose vor ihr stehe, aber das ist mir egal.

Wer mich aus dem Bett klopft, muss nehmen, was er kriegen kann. Stolpernd komme ich an der Tür an, reiße sie auf und lehne mich mit einem Arm gegen den Rahmen oberhalb meines Kopfes, während ich sie finster anstarre.

»Was!«

Das war nicht als Frage formuliert.

Sie sagt gar nichts, blinzelt nur und sieht mich ausdruckslos an, bevor ihr Blick von meinem Kopf zu meinen Füßen schießt und dann abrupt wieder nach oben huscht, als würde jemand ihre Augen an einem durchsichtigen Faden bewegen. Ihre ziemlich hohen Wangen verfärben sich – und ich glaube nicht, dass sie Rouge aufgetragen hat.