Nordpol, Südpol, Denkpol - Karin Jody Parkhof - E-Book

Nordpol, Südpol, Denkpol E-Book

Karin Jody Parkhof

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Beschreibung

Die wichtigste Reise, die Sie antreten können, ist die Expedition zu Bewusstsein und Lebensfreude. In diesem Buch stelle ich Ihnen einen Generalschlüssel für Lebensfreude und Erfolg vor. Sie kennen ihn möglicherweise noch nicht und doch besitzen Sie ihn. Sie setzen ihn oft unbewusst ein, doch damit ereignet sich Erfolg nur per Zufall. Der Schlüssel ist die Fähigkeit des Menschen, die unterschiedlichen Qualitäten seines Denkens (Denkpole) bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Er ist verantwortlich für die gute Balance im Leben sowie den beruflichen und privaten Erfolg. Mit diesem Schlüssel können Sie Ihr Leben nach Ihren Wünschen und Zielen gestalten.

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Seitenzahl: 371

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Karin Jody Parkhof

Nordpol, Südpol, Denkpol

Eine Expedition zu Bewusstsein

und Lebensfreude

Impressum

Ausgaben:

eBook und Taschenbuch

© 2023 Karin Jody Parkhof

Gestaltung Umschlag: Rouven Haas

Foto Credits:

Frank Cone/Pexels

Michael Owen/Unsplash

Pawel Czerwinski/Unsplash

Sam Deng/Unsplash

Lektorat: Sigrid Wohlgemuth

Korrektorat und Buchsatz: Elsa Rieger

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN: 9783741298073

Wir sind wie Inseln im Meer,

an der Oberfläche getrennt

aber in der Tiefe verbunden.1

William James2

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Zurück an den Anfang

Reisevorbereitung Schritte zur bewussten Lebensgestaltung

Verantwortung für das eigene Leben

Wie Wünsche zur Realität werden

Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer bin ich?

Die Königsdisziplin: Dem Leben Sinn geben

Mein Leben - meine Verantwortung

Die Denkpole

Der Denkpol Zwang

Der Denkpol Zwang und seine Auswirkungen

Gesellschaftsspiel Nr. 1: Bewerten und verurteilen

Ich habe recht

Zwingend gedacht, zwingend kommuniziert

Der Spaltkeil, der Konflikte entstehen lässt

Gefährlicher Mut

Fake News

Autoritäres Denken bedingt autoritäres Führen

Angst vor Fehlern

Misserfolg im Vertrieb

Sinn und Unsinn von Meetings

Individualziele toppen Unternehmensziele

Seilschaften und falsche Loyalität

Interner Wettbewerb

Pillepalle, der alltägliche Kleinmist

Reagieren statt Agieren

Die Angst vor Veränderungen

Mehr senden als empfangen

Nicht ohne mein Handy

Höflichkeit ist eine Tugend

Wie ich mich selbst fertigmache

Erwartungshaltung an andere

Achtung: Problemlöser im Einsatz

Vorurteile & Co KG

Streit und Unfrieden stiften

Die Schwierigkeit, Probleme zu lösen

Der Denkpol Offenheit

Eichstriche statt individueller Kriterien

Eichstriche für eine Partnerschaft

Eichstriche für unternehmerisches Denken und Handeln

Der Denkpol Offenheit und seine Auswirkungen

Intuition

Persönlicher Ersteindruck

Ursachen beheben, statt Symptome bekämpfen

Verantwortlich für soziale Kompetenz

Frieden in mir und mit meinen Mitmenschen

Kommunikation im Erfolgskreislauf

Erfolgreiche Problemlösungen

Nachhaltige Konfliktlösungen

Geduld

Paradigmenwechsel, Innovation versus Fortschritt

Erfolgreich im Vertrieb

Grundlage für Führungskompetenz

Netzwerke, die den Unternehmenszielen dienen

Loslassen, gelassen sein

Persönliches Zufriedenheitsmanagement

Annehmen, was bereits ist

Achtsamkeit im Alltag

Voraussetzung für die Meditation

Die Denkpole in der Zusammenfassung

Denkpolwechsel

Die Denksysteme

Wie lerne ich, die Denkpole zu wechseln

Nordpol, Südpol, Denkpol: Die Expedition beginnt

Willkommen im Opferland

Das Leben in der Zeit, oder wie das Leben verpasst wird

Alles unter Kontrolle

Ehrgeizige Ziele

Das Hamsterrad-Syndrom

Alles meins

Mitleiden, nein danke!

Geben ist seliger denn Nehmen

Verzeihen und Vergeben

Die Jagd nach Lob und Anerkennung

Kritisches Feedback, eine psychologische Waffe

Macht über andere

Lebenslanges Lernen

Liebe ein Duett oder ein Chor?

Frauen ticken anders

Einstellung zu Ehe und Partnerschaft

Familie und Karriere

Die Welt des Fühlens

Stimmungen

Die Macht der Emotionen

Das Rabattmarkenbuch der Emotionen

Emotionale Erpressung

Wenn der Zorn hochsteigt

Wenn belastende Emotionen nicht gehen wollen

Mein Denken beeinflusst meinen Körper und meine Gesundheit

Epilog

Zusammenfassende Darstellung von Amundsen und Scott vor dem Hintergrund der beiden Denkpole

Der Kreis schließt sich

Auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal

Danke

Dank an Verlage und Autoren

Über die Autorin

Quellenverzeichnis

Prolog

Biografien und Dokumentationen haben mich von jeher fasziniert. Ein besonders spannendes, leider auch tragisches Beispiel ist die Eroberung des Südpols vor mehr als 100 Jahren. Ich möchte diese Expedition als Analogie nutzen, um Inhalte des Buches zu veranschaulichen.

Die Eroberung des Südpols war ein Wettlauf zwischen Amundsen und Scott unter unmenschlichen Bedingungen. Extreme Wetterverhältnisse mit Temperaturen bis minus 40 Grad, die Teams kämpften sich durch Schnee und Eis auf Skiern und sogar zu Fuß, zudem mussten viele Tonnen an Lasten gezogen werden. Beide Polarforscher brachen 1910 auf und lieferten sich ein Wettrennen in der Antarktis. Worin lagen die Gründe für den Erfolg von Amundsen und leider für das dramatische Scheitern der Expedition von Scott?

Roald Amundsen3 und Robert Falcon Scott4, 2 herausragende Persönlichkeiten, beide extrem ehrgeizig, gleichermaßen beseelt davon, als erster den Südpol zu erreichen, und doch vom Charakter her sehr verschieden. Auch Vorbereitung und Herangehensweise wichen stark voneinander ab. Amundsen war ein norwegischer Seefahrer und Polarforscher, ihm ging es um sportlichen Ehrgeiz. Er wollte Ruhm und Ehre für sich selbst. Als er am 9. August 19105 mit der Fram6 in See stach, verheimlichte er zunächst sein wirkliches Ziel, gab an, Kurs auf den Nordpol zu nehmen. An Bord mit ihm waren 19 Mann, 97 grönländische Schlittenhunde, Baumaterial für eine Hütte und Proviant für zwei Jahre. Erst Wochen später, in Höhe von Madeira, informierte er seine Mannschaft darüber, dass es zum Südpol ging. Scott setzte er über ein Telegramm in Kenntnis. Damit war der Wettlauf eröffnet. Sechs Monate später erreichte die Fram das Ross-Schelfeis, die Bucht der Wale, und die Männer begannen mit den Vorbereitungen, bauten ein Basislager, errichteten Depots. Die Ausgangsposition lag 111 km näher zum Pol als die von Scott gewählte Position. Damit hatte Amundsen sich für die Poleposition entschieden.

Robert F. Scott war ein britischer Marineoffizier, der die Polarforschung revolutionieren wollte, ein moderner Mann geprägt von der Marine und technologischen Innovationen. Mit Unterstützung der britischen Marine bereitete er sich auf die Expedition vor. Am 1. Juni 1910 verließ die Terra Nova7 mit Scotts Expedition an Bord London in Richtung Port Chalmers (Neuseeland). Zu diesem Zeitpunkt wussten weder Scott noch seine Männer, dass auch Amundsen sich auf den Weg zur Antarktis machen würde. Von Port Chalmers aus nahm die Terra Nova am 29. November 1910 schwer beladen Kurs Richtung Süden. An Bord befanden sich Scotts 64-köpfige Mannschaft 8, 19 mandschurische Ponys, 33 Hunde, 3 Motorschlitten, 5000 Kilo Futter für die Ponys, 5 Tonnen Hundekuchen, Holz, um das Basislager zu bauen, Ausrüstungsgegenstände sowie eine riesige Anzahl von Kohlensäcken, denn die Dampfmaschine verschlang 8 Tonnen Kohle pro Tag. Die Fahrt war für Mensch und Tier äußerst beschwerlich. Die Pumpe versagte, Wasser drang in den Maschinenraum ein, und alle Mann schöpften Wasser bis zur Erschöpfung, bis die Pumpe wieder repariert werden konnte. Zudem waren sie über viele Tage im Packeis eingeschlossen. Anfang Januar endlich ging die Terra Nova im McMurdo-Sund vor Anker. Die Mannschaft baute das Basislager und legte „1-Tonnen-Depots“ an.

Für das Buchthema ist diese dramatische und spannende Expedition eine treffende Analogie, auch wenn es in unserem Alltag selten um derartige Extremsituationen geht. Nachvollziehbar lassen sich die Denkpole der beiden Polarforscher mit ihren Auswirkungen auf die verschiedenen Situationen veranschaulichen. In einigen Kapiteln sowie auch im Epilog komme ich auf Amundsen und Scott noch einmal zurück, um mögliche Ursachen für Erfolg und das tragische Scheitern zu analysieren.

Zurück an den Anfang

Ich bin ein freiheitsliebender Mensch, und solange ich zurückdenken kann, will ich ein selbstbestimmtes Leben führen. Das bedeutet für mich: Ich gestalte mein Leben bewusst. Ich bin Akteur und nicht Opfer. Das ist mitunter unbequem, da ich auch dann noch nach meinem aktiven Part suche, wenn Dinge sich völlig anders als geplant entwickeln und es scheinbar leichter wäre, einem anderen Menschen oder den Umständen die Schuld zu geben. Ich weiß: Nur da, wo ich meinen Anteil der Verantwortung erkenne und übernehme, kann ich etwas ändern, ansonsten bin ich Opfer und habe mit dieser Einstellung meinen Gestaltungsraum verspielt. Für mich ist dies die schlechteste Option. Doch mit diesem Wissen wurde ich nicht geboren.

So beginnt meine Geschichte: Ich war Anfang 30 und gerade zur Außendienstleiterin Deutschland bei einem internationalen US-amerikanischen Unternehmen befördert worden. Hoch motiviert freute ich mich darauf, meine beruflichen Aufgaben zu meistern. Von Jahr zu Jahr hatte ich höhere Umsatz- und Gewinnziele, die ich nur mit einem vertriebsstarken Team erreichen konnte. Also war es wichtig, dass jeder Mitarbeiter gut verkaufen konnte. Ich selbst war erfolgreich im Vertrieb und hatte zudem zwei besonders talentierte Verkäufer im Team. Meine Überlegung war: Wenn ich weiß, was uns erfolgreich macht, kann ich die anderen Kollegen so unterstützen, dass auch sie die Vertriebsziele erreichen. Doch das Verhalten von uns dreien war so unterschiedlich, dass ich den gemeinsamen roten Faden für unseren vertrieblichen Erfolg nicht finden konnte. Die beiden Top-Verkäufer verfügten über ein exzellentes Fachwissen, waren sympathisch, engagiert und zuverlässig. Doch ihr Verkaufsstil war so unterschiedlich wie ihr Privatleben. Der eine war frisch verheiratet, glücklich und gelassen, der andere Single, ehrgeizig und ambitioniert. Wenn der Preis für Erfolg ein einsames Singleleben ist, wäre dieser Preis zu hoch, sagte ich mir damals. Denn dann hätte der Ehrgeizige - und ich zählte mich auch dazu - dringend noch eine wichtige Aufgabe zu lösen.

Die übliche Toolbox für Verkaufsleitungen, zum Beispiel Produktschulungen, gemeinsam absolvierte Außentermine mit den Vertriebsmitarbeitern, Verkaufs- und Abschlusstrainings haben zwar meine Arbeitstage gefüllt, jedoch nicht Umsatz und Gewinn der vertriebsschwächeren Mitarbeiter erhöht. Welches Wissen fehlte mir? Mein Interesse war geweckt. Das war genau der richtige Moment, Neues zu lernen. Obwohl ich zur Unit-Leiterin befördert werden sollte, nahm ich die Chance wahr, in einem anderen großen, international tätigen Technologieunternehmen eine Ausbildung zur Managementtrainerin zu absolvieren, um anschließend Führungskräfte weiterzubilden. Ein Managementtrainer - so dachte ich - musste doch am besten wissen, was Menschen beruflich erfolgreich, privat glücklich und zufrieden macht. So begann meine neue Laufbahn.

Sie ahnen es schon: Illusionen bergen bereits den Keim der Desillusionierung in sich. Als unternehmensinterne Trainerin konnte ich die Seminarteilnehmer - Führungskräfte und deren Mitarbeiter - über einen Zeitraum von mehreren Jahren begleiten, trainieren und deren Entwicklungsprozess beobachten. Ich erkannte damals, dass die Teilnehmer, die bereits vor dem Seminar beruflich erfolgreich waren, die Seminarinhalte gut umsetzen konnten, sich weiterentwickelten und noch erfolgreicher wurden. Die anderen Teilnehmer jedoch - also die weniger erfolgreichen - konnten die Seminarinhalte nur eingeschränkt für ihren Beruf und ihre persönliche Entwicklung nutzen. Damit hatte ich mein Ziel nicht erreicht, denn ich wollte ja wissen, wie diese Zielgruppe erfolgreicher werden könnte. Diese Erfahrung machten auch andere Trainerkollegen. Auf meine gezielten Nachfragen antworteten sie in etwa so: „In jedem Seminar sind 2 bis 3 Teilnehmer, die von dem Training profitieren und genau für diese Leute arbeite ich.“ Das machte mich nachdenklich. Welchen Wert hatten dann verhaltensorientierte Seminare? Die Teilnehmer gaben mir die Antwort: Netzwerkbildung, abends das Bierchen an der Theke mit den Kollegen.9 Mehr Incentive als Fortbildung, ist dies der Grund, warum Unternehmen immer weniger Geld in die Weiterbildung von Mitarbeitern investieren? Inzwischen gehört Präsenztraining sogar zu den alten Hüten. Weiterbildung findet online statt - spart Geld und ist COVID-sicher.

Meine Fragen blieben auch als Managementtrainerin unbeantwortet: Gibt es einen universellen Schlüssel für Erfolg? Einen Schlüssel, um Beruf und Privatleben gleichermaßen erfolgreich zu gestalten, und zwar im Einklang mit den eigenen Zielen, der Gesundheit und den Menschen, die ich liebe? Einen Schlüssel, der für jeden Menschen gleich ist? Dieser Schlüssel müsste dann - so meine Überlegung - Teil der menschlichen Natur sein. Ich bin von Grund auf ein wissensdurstiger Mensch, interessiere mich für vieles, lerne gerne und liebe das Neue. Was ich höre und lese, überprüfe ich genau. Modelle oder Theorien untersuche ich auf ihre Praxisrelevanz. Wenn etwas nur logisch klingt, sich jedoch im Alltag nicht bewährt, sortiere ich es aus mit dem Vermerk: Unbrauchbar. Damals wie heute beschreibt das meine Art zu lernen. Einige Jahre später, im Rahmen einer persönlichen Weiterbildung, bekam ich erste Denkanstöße dazu, was die Ursache für Balance und Erfolg im Leben ist. Diese Impulse entwickelte ich weiter und probierte sie im Alltag aus - mit Erfolg. Ich fand den Schlüssel, nach dem ich so lange gesucht hatte, den Schlüssel für universelles Gelingen im Leben, der Misserfolg und Scheitern in Erfolg verwandelt. Das veränderte mein Leben vollkommen - beruflich und persönlich. Durch die Anwendung dieses Schlüssels bekam mein Leben eine selbstbestimmte und erfüllende Qualität. Für mich war das ein großes Geschenk. In Summe kommen heute über 25 Jahre Erfahrung in der Anwendung dieses Schlüssels zusammen.

Ich freue mich, meine Erkenntnisse und Erfahrungen an Sie weiterzugeben. Dieses Wissen mit anderen zu teilen war meine Motivation, dieses Buch zu schreiben. Damit meine Erkenntnisse für Sie lebendig und nachvollziehbar werden, beschreibe ich vieles anhand von Beispielen, die ich oder Klienten erlebt haben, sowie aus der Zeitgeschichte.

ReisevorbereitungSchritte zur bewussten Lebensgestaltung

Mit der Geburt beginnt das Abenteuer Leben - eine Expedition zu Bewusstsein und Lebensfreude. Der Start erfolgt ohne Vorbereitung, es ist wie ein Sprung ins kalte Wasser. Doch früher oder später kommt der Moment, an dem wir Menschen darüber nachdenken: Führe ich das Leben, das ich leben möchten?

Jede Pilgerreise und jede Expedition braucht Zeit für Planung und Vorbereitung. Auch Amundsen und Scott haben sich auf ihre Polarexpeditionen vorbereitet, allerdings jeder auf seine Art und Weise. So mussten sie üben, auf Skiern zu fahren, sich für geeignete Transportmittel entscheiden, lernen, wie sie bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad überleben und beispielsweise Erfrierungen behandeln konnten. Planung und Vorbereitung waren wichtig, um das Ziel zu erreichen, und dazu zählte vor allem das Überleben.

In diesem Teil des Buches geht es um Grundlagen zur bewussten Lebensgestaltung, damit die Expedition Leben gelingt. Ich stelle eine Reihe von Aspekten vor, die wichtig sind, um das Leben gemäß den eigenen Zielen und Wünschen zu gestalten.

Verantwortung für das eigene Leben

Wenn ich die Verantwortung für mein Leben, für mein Handeln und Nichthandeln sowie für alle Konsequenzen nicht übernehme, gibt es keine Entwicklung und keine bewusste Lebensplanung für mich. Denn dies würde bedeuten: Was ich erlebe, hat nichts mir zu tun. Mit dieser Haltung verlasse ich die Bühne meines Lebens, sitze in der Loge oder auf einem Sperrsitz hinter den Zuschauern. Beide Plätze haben eines gemeinsam: Mein Leben lässt sich von diesen Positionen aus nicht gestalten. Auf der Bühne stehen andere. Das Thema Selbstverantwortung hat daher eine besondere Bedeutung und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Selbstverantwortung im Leben setzt die Fähigkeit voraus, sich selbst reflektieren zu können. Selbstreflexion bedeutet, dass ich mich selbst wahrnehmen kann, über mein Denken, Fühlen und Handeln nachdenke, Zusammenhänge in meinem Leben erkenne und daraus Schlüsse ziehe. Diese Fähigkeit eröffnet mir zudem neue Potenziale, die ich für meine bewusste Lebensgestaltung brauche. Selbstreflexion führt zur Selbsterkenntnis. So komme ich nach und nach mit mir in Kontakt. Diese Fähigkeit schützt mich beispielsweise davor, Ziele zu verfolgen, die nicht meine eigenen oder überzogen ehrgeizig sind oder die ich nur für einen unverhältnismäßig hohen Preis erreichen kann. Selbstreflexion hilft mir, die Verhältnismäßigkeit wiederherzustellen und in einer kraftvollen Balance zu bleiben.

Selbstreflexion wird inzwischen in vielen Unternehmen als wichtig angesehen und daher häufig in Einstellungsgesprächen abgefragt. Eine der Standardfragen lautet: „Wie gehen Sie mit Misserfolg um?“

Was dann der Personalreferent oder die zukünftige Führungskraft zu hören bekommt, klingt beispielsweise so: „Aus dem Misserfolg XY habe ich gelernt. In Zukunft werde ich noch mehr Aufmerksamkeit und Engagement auf die gesetzten Ziele legen oder ich werde mich noch besser vorbereiten und noch mehr engagieren.“ Mit Selbstreflexion hat das wenig zu tun. Interessant ist, dass dem zukünftigen Arbeitgeber oft solche oberflächlichen Sätze ausreichen, um dem Bewerber Selbstreflexion zu attestieren. Seitens der Bewerber werden derartige Fragen inzwischen erwartet, und so sind die wohlformulierten Antworten (Floskeln) brav einstudiert.

Eine Führungskraft, die sich selbst nicht reflektieren kann, wird diese Fähigkeit - ob vorhanden oder nicht - bei Bewerbern kaum verlässlich erkennen können. Deshalb reichen die schlappen Antworten der Kandidaten oftmals aus. Daher gilt: Wer sich als Führungskraft nicht wahrnehmen kann, der kann sich selbst nicht führen, und wer sich selbst nicht führen kann, der kann auch andere Menschen nicht führen. Vor allem auf der Ebene des Top-Managements erweist sich dieses Manko als fatal für Unternehmenssteuerung und -führung.

In meiner Position als Verkaufsleiterin habe ich unzählige Gespräche mit Bewerbern geführt. Auf die Frage, warum jemand seine Verkaufsziele nicht erreicht, hörte ich häufig folgende Sätze: „Das war Pech, der Wettbewerb hat die günstigeren Preise, das Produkt ist nicht ausgereift oder der Innendienst macht einen schlechten Job. Kurzum, ich konnte nicht verkaufen, weil …“ Diese Kandidaten wurden von mir nicht eingestellt, weil sie sich für ihren Misserfolg nicht verantwortlich fühlten und stattdessen lieber Schuldige suchten. Damit waren 2 wichtige Grundvoraussetzungen für die Einstellung nicht gegeben: Selbstreflexion und Selbstverantwortung. Zur Selbstreflexion gehört auch gesunde Selbstkritik, die Fähigkeit, sich kritisch im Denken und Verhalten zu hinterfragen. Obwohl Selbstkritik eine positive Fähigkeit ist, setzen Menschen sie gerne gegen sich selbst ein. Habe ich beispielsweise ein schwaches Selbstwertgefühl, werde ich zu kritisch mit mir umgehen. Jeder eingestandene Fehler beweist mir dann meine Unzulänglichkeit. Den Fehler nehme ich zum Anlass, an mir zu zweifeln, mit mir zu hadern und ihn mir über einen langen Zeitraum nicht zu verzeihen. Das Motto heißt: Wie kann ich mich selbst fertigmachen? Indem ich hadere und mir den Fehler nicht verzeihe, schaffe ich zudem den Nährboden, auf dem neue Fehler entstehen können, wie eine Saat, die irgendwann aufgeht. Es kann also nicht das Ziel sein, die eigene Energie lange an bereits begangene Fehler zu binden.

Wenn du verlierst, verliere nie die Lektion.10

Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama11

Stimmt, denn jeder Fehler beinhaltet eine Lernaufgabe. Habe ich die Lektion gelernt, kann ich diesen Fehler in Zukunft vermeiden - schließlich ist die Auswahl an Fehlern, die ich machen kann, groß genug.

Aus der buddhistischen Literatur 12 kenne ich eine 4-Schritte-Methode, die eine gute Anleitung darstellt, um sich selbst zu reflektieren. Dabei wird die Ursache von einer schwierigen Situation erkannt, es wird deutlich, für welchen Part die Verantwortung zu übernehmen ist, um dann im letzten Schritt neue Lösungen zu entwickeln.

Schritt 1: Das Problem erkennen

Die eigene Situation und die daraus resultierenden Konsequenzen reflektieren. Dazu möchte ich Ihnen folgende Geschichte erzählen:

Katharina, 52 Jahre alt (Name geändert), kaufmännische Leitung in einem mittelständischen Unternehmen, verheiratet, 3 fast erwachsene Töchter, ist frustriert und verärgert über ihren Chef. Sie leidet unter seiner Dominanz und Ungerechtigkeit ihr gegenüber. Obwohl sie hoch qualifiziert, erfahren und erfolgreich ist, hebelt er z.B. ihre Personalentscheidungen aus, und bei Gehaltserhöhungen geht sie leer aus. Sie kann die Situation für sich reflektieren.

Doch nicht alle Menschen sind dazu bereit, schwierige Situationen bewusst anzugehen, manche arrangieren sich nur, andere geben auf und resignieren. Das Motto heißt: Bloß nicht hinsehen, lieber den Kopf in den Sand stecken. Der Volksmund sagt dazu: „Wer den Kopf in den Sand steckt, knirscht irgendwann mit den Zähnen.“ Eine Situation, die bereits Realität ist, nicht anzusehen - also zu reflektieren - ist kein Erfolgsrezept. Mich erinnert es an die Illusion aus Kindertagen: Wenn ich mir die Augen zugehalten habe, war ich fest davon überzeugt, dass die anderen Kinder mich nicht sehen konnten, weil ich sie nicht sah. Das funktionierte damals schon nicht und es funktioniert auch heute nicht. So hockt der Mensch gemeinsam mit dem Problem in seiner vermeintlichen Komfortzone - bloß nicht hinsehen, nicht bewegen, nichts ändern - und mit dieser Einstellung wird die Komfortzone zur Hölle auf Erden.

Schritt 2: Die Ursache des Problems erkennen

Die Geschichte von Katharina geht so weiter: Sie weiß, dass solche Situationen sich einige Male in ihrem Berufsleben wiederholt haben,sie ziehen sich wie ein roter Faden durch ihr Leben.Die Ursache liegt, so das Ergebnis ihrer Selbstreflexion, in der Beziehung zu ihrem Vater. Auch ihr Vater war dominant, unterstützte und förderte sie nicht. Sie erkennt, dass es zwischen ihrem Vater und dem Chef auffällige Parallelen gibt, auch in ihrem Verhalten den beiden gegenüber. Das möchte sie sich näher ansehen, um die Problematik besser zu verstehen.

Wer fliegen will, muss den Mist ablegen, der ihn hinabzieht.13

Toni Morrison14

Schritt 3: Ursache beheben

Dieser Schritt ist entscheidend. Nur wer die Ursache für sein Problem erkennt und die Verantwortung für den eigenen Part übernimmt, kann die Situation grundlegend verändern und neugestalten. Für diesen Schritt ist es mitunter sinnvoll, die Unterstützung von einem neutralen Dritten - Coach oder Therapeut - zu suchen. Was in den USA bereits selbstverständlich ist, scheint in Westeuropa immer noch mit einer erheblichen Hemmschwelle verbunden zu sein. Deshalb mein Tipp: Springen Sie. Holen Sie sich Unterstützung, es lohnt sich. Schwierige Situationen lassen sich so leichter und in der Regel auch schneller analysieren und aufarbeiten. Das Leben ist zu wertvoll, um in einer schwierigen Situation auszuharren.

Zurück zu Katharina: Wird sie die Ursache heilen? Was wird sie tun? Folgende Antworten sind möglich:

Lösung A

Katharina erkennt, dass die Ursache in der Beziehung zu ihrem Vater liegt und dass sie mit Verhaltensmustern aus der Kindheit auf die heutige Situation reagiert. Für ihren Teil übernimmt sie die Verantwortung und beschließt, Einstellungen und Verhaltensmuster zu verändern.

Lösung B

Katharina möchte sich die Beziehung zum Vater nicht näher ansehen, denn das Thema bereitet ihr Unbehagen. Sie entscheidet sich, ihr Repertoire an Handlungsoptionen gegenüber dominanten, missachtenden Führungskräften zu erweitern. Sie möchte lernen, sich richtig zu verhalten. Damit geht es ihr um die Behebung der Symptome, nicht um die Behebung der Ursachen. Doch Symptombehandlung ist oft zu kurz gedacht, und so bleibt alles beim Alten.

Lösung C

Katharina ist davon überzeugt, dass die Ursache für ihre Probleme ausschließlich bei ihrem Chef - also im Außen - liegen. Er ist das Problem und nicht sie. Schwierige Chefs sind ihr Schicksal. Sie ist frustriert, die Freude an der Arbeit hat sie verloren. Und mit dieser Einstellung ist ihr der Zugang zur wirklichen Lösung versperrt: Sie ist und bleibt Opfer. Die Chance, die Situation nachhaltig zu verbessern, hat sie nicht wahrgenommen. Auch hier bleibt alles beim Alten.

Lösung D

Katharina ist davon überzeugt, dass das, was sie erlebt, nichts mit ihr zu tun hat. Es ist Schicksal und dagegen fühlt sie sich ohnmächtig. Auch andere Menschen haben unangenehme Chefs - so ist das nun mal im Leben. Sie beschließt, das Schicksal als hartes Los anzunehmen und in der schwierigen Situation auszuharren. Auch bei Lösung D bleibt alles beim Alten.

Schritt 4: Den neuen Weg konsequent gehen

Hier kommt nur der an, der sich für die Lösung A entschieden hat. Wer für seinen Part die Verantwortung übernimmt, kann die Ursache für sein Problem beheben und so die Situation grundlegend verbessern. Manche nehmen einen Umweg, andere brauchen einen zweiten Anlauf. Doch wer hier ankommt, hat sich für einen neuen Weg entschieden, und den gilt es jetzt konsequent zu gehen.

Leben ist Entwicklung. Entwicklung verträgt sich nicht

mit festhalten, aussitzen oder wegsehen.

Katharina entschied sich nach einem Umweg für die Lösung A. Sie arbeitete ihre Vaterbeziehung auf, gewann an Selbstbewusstsein, wurde konfliktfähiger und lernte sich besser abzugrenzen. Nach und nach veränderte sich damit die Beziehung zu ihrem Chef. Sie wurde von ihm respektiert, bekam für ihre Arbeit Anerkennung und als Katharina dann ein Jahr später eine Gehaltserhöhung erhielt, die erste nach 5 Jahren, war das für sie ein wichtiges und schönes Feedback.

Wie Wünsche zur Realität werden

Kennen Sie folgendes Phänomen? Schon lange träumen Sie beispielsweise von einem Segeltörn übers Mittelmeer, jetzt wollen Sie den Traum wahr werden lassen. Auf dem Weg zum Büro entdecken Sie plötzlich einen Bootsshop. Hier gibt es alles, was ein Seglerherz begehrt, und im Zeitungskiosk finden Sie eine Reihe von interessanten Jachtjournalen. So geht es weiter. Zufall? Nein. Jeder Gedanke, jedes Gefühl zieht ähnliche oder gleichartige Gedanken und Gefühle an. Es reicht schon aus, dass Sie etwas aufmerksam betrachten oder sich wünschen, um den Fokus darauf auszurichten.

Dies wird als das Gesetz der Anziehung15 bezeichnet, Gleiches zieht Gleiches an. Es gilt generell für alles und alle. Das Gesetz der Anziehung beruht auf Schwingungen. Ihre Gedanken, Gefühle, Befürchtungen, Ängste und Wünsche erzeugen Schwingungen. Die so entstandenen Schwingungsmuster ziehen ähnliche Muster an. Es ist, als wäre in Ihnen ein starker Magnet, der Ähnliches anzieht und Unbekanntes abstößt. Wer dieses Gesetz kennt und nutzt, kann Wünsche wahr werden lassen, gestaltet bewusst sein Leben und erhöht damit wesentlich seine Lebensqualität. Ich habe die Formulierung „Wunsch“ gewählt, weil ein Wunsch eine andere Qualität hat als ein Ziel. Ziele werden in unserer Gesellschaft gerne hartnäckig verfolgt. Damit ist per se eine Blockade im Spiel. Auch positives Denken und positive Affirmationen reichen nicht aus, um das Gesetz der Anziehung wirksam werden zu lassen.

Meine Welt entsteht zuerst in meinem Kopf und formt sich dann zu meiner Realität. Ich male mein Leben von innen heraus. Mit meinen Gedanken, Gefühlen und Emotionen wähle ich Pinsel und Farben aus. So entsteht mein Bild, meine Realität. Mal traurig, mal lustig, mal schön, doch stets selbst gestaltet. Das macht deutlich: Im Außen kann ich nichts verändern. Die Macht, etwas zu ändern und damit zu gestalten, ist in mir. Wenn mir das Bild nicht gefällt, sollte ich lernen, anders zu denken. Geist gestaltet Materie. Die Verantwortung dafür habe ich selbst.

Die Gedanken, die wir uns auswählen, sind die Werkzeuge,

mit denen wir die Leinwand unseres Lebens anmalen.16

Louise L. Hay17

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das eigene Gestaltungspotenzial oft blockiert wird durch schwierige Einstellungen, belastende Erlebnisse sowie fehlende Selbstakzeptanz.

Ein Beispiel:

Gabi wünscht sich einen Lebenspartner. Ohne einen Partner fühlt sich für sie alles leer und einsam an. Mangel und Bedürftigkeit beherrschen ihr Fühlen und damit ihr Leben. Sie sehnt sich nach Liebe, jedoch ohne sich selbst zu lieben. Auf ihrer bewussten Wunschliste steht: Ich wünsche mir einen liebevollen Lebenspartner. Im Kleingedruckten, in den sogenannten AGB ihrer Wunschliste steht jedoch: Ich bin es nicht wert, von einem anderen Menschen geliebt zu werden, und so werde ich ein einsames Leben haben. Das Kleingedruckte sabotiert hier den Wunsch nach Liebe und Partnerschaft. Warum? Weil die fehlende Selbstliebe und der gefühlte Mangel den Wunsch nach Partnerschaft blockieren. Diese Emotionen sind stärker als der bewusste Wunsch, und so geht sie mit ihrer Blockade in Resonanz.

Jede Wunschliste hat 2 Teile: einen bewussten und einen verborgenen, oft unbewussten Teil. Für mich sind das die AGB, das Kleingedruckte, ähnlich wie bei einem Vertrag. Der gedankliche Wunsch steht auf der bewussten Seite, doch der reicht nicht aus, um das anzuziehen, was ich mir wünsche. Entscheidend für die Wunscherfüllung ist das Kleingedruckte im verborgenen Teil. Das ist die „hidden agenda“ (verborgene Agenda) im Leben. Hier haben sich nach und nach traurige Erfahrungen, fehlende Selbstliebe und Emotionen angesammelt, wie zum Beispiel die Angst, enttäuscht zu werden oder zu versagen. Alles, was mit einer starken Emotion besetzt ist, ist wirksamer als der bewusste Wunsch.

Bad is stronger than good.18

So hat es Roy Baumeister19 ausgedrückt. Starke Emotionen sind Angst, Ärger, Zorn oder auch Scham. Sie blockieren jeden noch so gut formulierten Wunsch.

Damit läuft ein mächtiges Wunschvermeidungsprogramm im Hintergrund ab. Die sich entwickelnden Realitäten stehen nur im Einklang mit dem Kleingedruckten, nicht jedoch mit den bewusst formulierten Wünschen. Trotz der festen Absicht, das Leben aktiv, gemäß den eigenen Wünschen und Talenten zu gestalten, bewahrt und verwaltet so mancher Leid und Pech in seinem Leben.

Kann ich das Kleingedruckte nicht lesen, komme ich mit meiner Wunschliste nicht zurande. Wenn ich beispielsweise denke, dass andere Menschen nicht ehrlich zu mir sind und ich besser keinem vertrauen sollte, werde ich genau das erleben. Geliefert wie bestellt.

Erlebe ich, dass immer andere befördert werden, immer andere die interessanten Projekte bekommen und ich leer ausgehe, dann sollte ich darüber nachdenken, welchen Stellenwert ich mir selbst gebe und wie ich über Erfolg denke. Traue ich mir beruflichen Erfolg zu? Möglicherweise ist es mir nicht bewusst, dass mein Licht immer noch unter meinem Scheffel steht und es an der Zeit ist, dass ich anderen zeige, was ich kann. Wenn ich das nicht tue, sollte ich mich auch nicht beklagen, dass andere Personen mein Licht nicht erkennen. Geliefert wie bestellt.

Immer wieder die gleichen Zutaten verwenden,

in der Hoffnung, dass sich die Speise verändert,

ist ein hoffnungsloses Unterfangen

und wird nicht funktionieren.

Rouven Haas20

Genau genommen sind die Lieferungen, die ich erhalte, das Feedback auf das, was ich wirklich bestellt habe. Bin ich mit der Lieferung nicht einverstanden, lohnt es sich, dass ich mir die Bestellung genauer ansehe. So erhalte ich Informationen darüber, was im Kleingedruckten, somit im verborgenen Teil meiner Wunschliste steht. Ich gewinne Kenntnisse über meine Parallelprogramme, die im Hintergrund wirken und meine Realität aus dem Verborgenen heraus wesentlich mitgestalten.

Zusammenfassend: Jede Lieferung habe ich bestellt. Übernehme ich die Verantwortung, bleibe ich im Spiel. Übernehme ich sie nicht, sondern gebe den Umständen oder anderen Menschen die Schuld, hat das für mich Konsequenzen. Denn jetzt sollen die (vermeintlich) Schuldigen mein Lieferergebnis verbessern. Das funktioniert jedoch nicht. Entscheide ich mich dennoch für diese Einstellung, verzichte ich darauf, mein Leben bewusst zu gestalten - für mich ein Preis, der nicht akzeptabel ist. Ziel ist es also, das Kleingedruckte nach und nach zu erkennen und so zu ändern, dass es im Einklang mit meinen bewussten Wünschen und Zielen steht.

Ich bin Schöpfer meiner Realität. Es ist meine Aufgabe zu wünschen, und es liegt in meiner Macht, dass meine Wünsche sich erfüllen. Das ist mit der Haltung verbunden: Heute ist Freitag, und ich weiß, dass morgen Samstag ist. Ich bitte also nicht um die Erfüllung meiner Wünsche, denn eine Bitte hat mit Gewissheit nichts zu tun. Stattdessen habe ich Vertrauen und bin überzeugt, dass sich mein Wunsch erfüllen wird, wenn die Zeit dazu reif ist. Ich freue mich darüber und bin dankbar, dass sich der Wunsch erfüllt hat. Noch etwas ist wichtig: Damit meine Wünsche in Erfüllung gehen, sollte ich auf dem Spielfeld stehen und mein Spiel gestalten. Ich habe festgestellt, dass nicht jeder auf dem Spielfeld des Lebens steht. Einige sitzen auf der Zuschauertribüne, andere haben sich zum Schiedsrichter oder Linienrichter befördert, um die Mitspieler besser kritisieren zu können, und dann gibt es noch die, die zwar auf dem Spielfeld sind, aber aus irgendwelchen Gründen nicht mitspielen.

Sind Sie auf dem Spielfeld? Woran erkennen Sie, dass Sie wirklich mitspielen? Kennen Sie Ihr Kleingedrucktes? Wissen Sie, wie Sie über Gesundheit, Liebe, Geld, Erfolg und Fülle im Leben denken?

Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind,

entsteht mit unseren Gedanken.

Mit unseren Gedanken machen wir die Welt.21

Buddha

Für mich ist das Leben hier auf der Erde eine Art Bühne, und der Mensch spielt das Spiel seines Lebens. Im Theater oder beim Film gibt es ein Drehbuch, und auf Basis dessen spielen die Akteure ihre Rollen.

In meinem Leben bin ich für mein Drehbuch verantwortlich,

ich schreibe es selbst, Tag für Tag und Jahr für Jahr.

Bin ich mir dieser Aufgabe und Verantwortung nicht bewusst, bekomme ich möglicherweise den Eindruck, dass mein Leben abläuft wie in einem Film, der mir fremd ist, der mir nicht gefällt, den ich weder verändern noch anhalten kann. Habe ich beispielsweise eine Rolle in dem Film meines Partners übernommen, hat das Konsequenzen für mich. Damit habe ich die Verantwortung für meinen Part abgegeben und lebe nach dem Drehbuch meines Partners. Das beschreibt für mich „ein Leben aus zweiter Hand zu führen“. Ich bin gefangen in meinem selbst gewählten Drama.

Einmal gewählt bedeutet jedoch nicht, dass ich nicht neu wählen kann. Der Volksmund sagt: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Doch das stimmt nicht. Wenn ich A gewählt habe und sich A als falsch für mich herausstellt, sollte ich nicht B sagen.22 Wähle ich nicht neu, läuft der Film wie bestellt (gewählt) ab.

Der Mensch hat die Gestaltungsmacht über sein Leben,

er hat nur manchmal vergessen, dass das seine Aufgabe

und Verantwortung ist.

Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer bin ich?

Das Gehirn ist für mich eine Art Festplatte: Hier sind Erfahrungen, Erlebnisse, Werte, Glaubenssysteme, Normen, Verhaltensmuster und vieles mehr gespeichert. Das, was der Mensch von klein auf von seinen Eltern und seinem Umfeld erfahren hat, was ihm vorgelebt wurde und er dann oft unreflektiert übernommen hat - alles ist hier festgehalten. Manfred Spitzer23 schrieb dazu, jedes Gehirn sei nur ein Protokoll von dessen Benutzung.24

Alles, was im Protokoll steht, ist jedoch Vergangenheit. Neue Lösungen können aus dem Bekannten heraus nicht entstehen. Es ist, als würde der Mensch auf den Spuren von gestern wandeln und erwarten, dass diese Spuren ihn woanders hinführen. Das tun sie aber nicht. Wann immer ich meine Zukunft aus alten, oft überholten Verhaltensmustern und Einstellungen heraus gestalte, trägt das Neue bereits den Keim der Vergangenheit in sich. So entstehen lauter kleine Vergangenheiten.

Daniel Kahneman25 schrieb, dass das Leben von dem erinnernden Ich bestimmt sei.26 Als Metapher für die angenommene Identität bzw. für das Ego habe ich den Begriff der beschriebenen Leinwand27 gewählt. Für mich macht dieser Begriff deutlich: Alles, was hier festgehalten wird, ist angenommen und identitätsbildend. So wird der Mensch zu seiner eigenen Geschichte und sagt: „Das bin ich!“ Doch das stimmt nicht, der Mensch ist mehr als seine Geschichte, mehr als seine angenommene Identität.

Mensch: Ein Lebewesen, so angetan von Illusionen über sich,

dass es völlig vergisst, was es eigentlich sein sollte.28

Ambrose Bierce29

Ich habe es als sehr heilsam erfahren, meine vielen kleinen Geschichten, die nach und nach zu meinem Gewordensein geführt haben, zu hinterfragen: Das bin ich und das bin ich nicht, doch wer bin ich dann wirklich? Im Laufe meines Lebens habe ich vieles von dem Angenommenen wieder aufgegeben oder verändert. Auf diese Weise aktualisiere ich die Einträge auf meiner Leinwand, und dieser Prozess ist eine fortwährende Aufgabe.

Ein Beispiel dafür ist mein Harmoniestreben, das ich aus dem Elternhaus übernommen habe. Das hat mich in meinem Leben immer wieder in ungute Situationen gebracht. Irgendwann habe ich begonnen, mich mit diesem Muster auseinanderzusetzen. Ich habe gelernt, den Mut aufzubringen, Konflikte aktiv anzusprechen und Disharmonie auszuhalten. Wichtig war für mich zu begreifen: Ich habe keine Verantwortung für die Emotionen anderer Menschen. Jeder ist für seine Emotionen selbst verantwortlich.

Das Ego strebt danach, im Einklang mit der eigenen Geschichte zu sein, und zieht ähnliche Erlebnisse immer wieder aufs Neue an. Dies entspricht dem Gesetz der Resonanz. Damit erhält das Ego die Nahrung, die es braucht: Bestätigung und Stärkung. Die eigene Geschichte wird vom Ego vehement verteidigt, als hinge sein Leben davon ab, weil es einen Identitätsverlust nur schwer hinnehmen kann.

Beobachtet habe ich zudem, dass ein Leben aus der angenommenen Identität heraus unfrei ist und unfreie Handlungen und Situationen mit sich bringen. Was bedeutet das konkret?

Ich habe ein Beispiel dazu:

Peter ist 58 Jahre alt, Vertriebsleiter in einem Pharmaunternehmen. Aufgrund von Umsatz- und Gewinnrückgängen wird er entlassen. Führungskraft zu sein war ein wesentlicher Bestandteil seiner Identität - daraus hat er Selbstbewusstsein, Status und Ansehen bezogen, nicht nur in der Familie, sondern auch im Freundes- und Bekanntenkreis. Nun bricht dieses große Stück Identität weg. Er ist in den eigenen Augen nicht mehr der, der er war. Finanziell ist er abgesichert, das Haus ist abgezahlt, die Abfindung reicht aus, bis die Rentenzahlungen und die Lebensversicherung greifen.

Doch der Identitätsverlust, den er erlitten hat, schmerzt sehr. Für ihn war das zerbrochen, was er über viele Jahre aufgebaut hatte. Und was zerbrochen ist, lässt sich ohne weiteres nicht wieder reparieren.

Im Leben können Wege nicht rückwärts beschritten werden,

es gibt nur neue Wege und die liegen vor einem.

Studium oder Berufsausbildung reichen heute für ein langes Berufsleben nicht mehr aus. Es wird in hohem Maße Flexibilität und Lernbereitschaft gefordert sowie die Fähigkeit, sich ständig auf neue Themen einzulassen - und das nicht nur in der sogenannten Gig Economy.30

Mein Leben forderte mich öfters auf, mich neu zu erfinden. Eigentlich wollte ich Humanmedizin studieren, doch als Kind konnte ich kein Blut sehen - also entschloss ich mich zunächst, eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester zu machen. Meine damalige Überlegung war, dass ich mit diesem Beruf später mein Studium finanzieren könnte. Kaum war meine Lehre abgeschlossen, verliebte ich mich in den Inhaber eines Hotel-Restaurants. Gefragt waren damit völlig andere Fähigkeiten. In den Wintermonaten ging ich auf eine Hotelfachschule und lernte, wie ich Speisen vorlegte, ein Chateaubriand flambierte, Pasteten und Parfaits herstellte. Es bereitete mir viel Freude.

Doch ich war in dieser Ehe sehr unglücklich und es war an der Zeit, mich wieder auf meine eigenen Beine zu stellen. Ich zog in eine andere Stadt und bewarb mich bei einem US-amerikanischen Unternehmen als Krankenschwester im Außendienst für medizintechnische Produkte. Nach der Probezeit wechselte ich in den vertrieblichen Außendienst, und nach einem Jahr wurde ich zur Außendienstleiterin befördert. Insbesondere Themen rund um Mitarbeiterführung, Vertrieb und Persönlichkeitsentwicklung faszinierten mich. So lag es auf der Hand, genau das zu machen. Als Managementtrainer, Mediator und Coach habe ich viele Jahre in einem internationalen Elektronikkonzern gearbeitet und mich dementsprechend aus- und weitergebildet. Zurzeit entsteht wieder etwas vollkommen Neues.

In Wien gehen wir gerne in ein kleines Michelin-Stern-Restaurant. Der Chef war ursprünglich Unternehmensberater in einer namhaften Beratungsfirma. Diesen Job gab er auf und folgte damit einer Profession aus Leidenschaft. Ähnlich sein Sommelier, der inzwischen die Schauspielschule absolviert hat und Schauspieler wurde - das war seine Leidenschaft. Diese Beispiele zeigen: Angenommene Identitäten können losgelassen werden.

Bei der angenommenen Identität unterscheide ich 2 Ebenen: Struktur und Inhalt. Die Struktur lässt sich vergleichen mit den tragenden Wänden eines Hauses, die sich nicht ohne weiteres versetzen oder herausnehmen lassen. Die Innenwände dagegen können leicht entfernt, umgesetzt oder verschönert werden. Die tragenden Wände sind meine Metapher für die oft hartnäckigen Egostrukturen, zum Beispiel Mangel an Liebe, Selbstvertrauen oder Mangel an finanziellen Möglichkeiten. Diese Mangelstrukturen sind tief eingebrannt, nicht leicht zu heilen und prägen die „hidden agenda“ bei einem Menschen.

Das Ego versucht zwar, einen empfundenen Mangel auszugleichen, indem es beispielsweise sagt: „Schaut her, das alles ist meins: Führungsposition, schickes Firmenauto, großes Haus am Stadtrand.“ Je mehr das Ego auf seinem Konto verbuchen kann, desto besser und stärker fühlt es sich. Doch genau betrachtet ist die Mangelstruktur geblieben, nur die Innenwände wurden mit Tapete und Anstrich aufgehübscht. Alles ist beim Alten geblieben. Der Volksmund sagt dazu: „Alter Wein in neuen Schläuchen.“

Erleidet ein Mensch einen schweren Schicksalsschlag, reagiert das Ego oft mit Verzweiflung, Wut oder Schuldzuweisung. So versucht es, die Verluste zu kompensieren, doch dies macht das Leben nicht leichter, ganz im Gegenteil. Wut und Enttäuschung färben jetzt die Lebensgeschichte. Das Wasser im Glas ist noch ein wenig trüber geworden. Doch manchmal gibt das Ego für einen Moment auf und trennt sich von seiner Geschichte - zu erschöpft, um weiterzukämpfen. Mit einem Mal leert sich das Glas, und der Mensch ist offen für eine Erkenntnis, offen für das Leben und für etwas wirklich Neues.

Mascha Kaléko31 hat das so formuliert:

Wer von uns weiß es denn noch, dass auch die düsteren,

engen Gassen ins Offene führen, in die unendliche Welt.32

Besonders in dunklen Momenten vergessen die Menschen das mitunter. Selbst in schwierigen Situationen ist ein nächster Schritt immer möglich - nur der nächste Schritt, das kann beispielsweise sein, dass ich einen guten Freund anrufe und um Unterstützung bitte. Martin Walser33 fand hierfür die wunderbare Formulierung, dass sich dem der geht, der Weg unter die Füße schiebt.34

Ich habe ein Beispiel für Sie:

Ein Geschäftsführer, 45 Jahre, wurde überraschend entlassen. Der Grund waren finanzielle Unregelmäßigkeiten in einer Auslandsdependance, dafür musste ein vermeintlich Schuldiger herhalten. Einen Sündenbock zu finden war wichtiger, als zu klären, wer wirklich die Verantwortung dafür trug und wie es dazu gekommen war. Der Vorstand wollte zeigen, dass er schnell handelt und Konsequenzen zieht. Der Geschäftsführer war erst seit einem Jahr an Bord und somit der „Moses“35 im Vorstandsteam. Die Entlassung war für den Geschäftsführer traumatisch. Drei Jahre lang versuchte er, eine adäquate Position zu bekommen. Er schrieb an die 1000 Bewerbungen und bekam nur Absagen. Erst als er ernsthaft erkrankte, wurde die Gesundheit wichtiger als die neue Position, und er ließ seine zwanghafte Jobsuche los. Und dann geschah es: Er bekam sein ersehntes Arbeitsangebot, nahm es an und ist bis heute in diesem Unternehmen tätig.

Wer Unhaltbares aufgibt, gewinnt Neues.

Versetzt in die nächste Klasse, heißt es in der Schule.

Bleibt die Frage: Was ist die wahre Identität des Menschen? Für mich ist der Mensch ein duales Wesen. Er hat einen Körper mit einem Ich, das ich als Ego bezeichne, und er hat ein immaterielles Ich - die Seele, die für mich die wahre Autorität in mir ist. Der Körper mit seinem Ich (Ego) stellt die äußere Begrenzung zu den Mitmenschen und der Umwelt dar. Das Ego hält den Ich-Gedanken aufrecht und trennt in Ich und Du. Indem ich mich unterscheide, anders bin, trenne ich mich von dem anderen. So entsteht die Illusion der Trennung.

Ein Ego kann keine Brücken bauen, es teilt auf in Freunde, Feinde und neutrale Personen. Wenn mehr Menschen diese Verbundenheit mit allem fühlen und leben würden, könnten sie Brücken statt Mauern bauen. Dann würde mehr Frieden auf dieser Welt entstehen, es gäbe Momente jenseits von Abgrenzung und Trennung. In diesem Augenblick fühlt der Mensch die Liebe zu allem, was ist. Letztendlich kann das jeder Mensch nur für sich selbst erfahren, vorher ist es nur eine esoterisch anmutende Vorstellung.

Kenne und lebe ich meine wahre Autorität, bin ich frei.

Die Königsdisziplin: Dem Leben Sinn geben

Der Zehnkampf, Königsdisziplin in der Leichtathletik, ist besonders anspruchsvoll. Von den Sportlern wird ein großes Maß an leichtathletischer Vielseitigkeit und Ausdauer gefordert, denn für sie gilt es, verschiedene Disziplinen erfolgreich zu meistern: 100-Meter, 400-Meter und 1500-Meter-Lauf, Kugelstoßen, Hochsprung, Diskuswurf, Weitsprung, Speerwerfen, Stabhochsprung und ein 110-Meter-Hürdenlauf - fantastisch. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass schon die Bundesjugendspiele zur Schulzeit für mich eine Herausforderung waren. Dem Leben Sinn geben ist für mich ähnlich ambitioniert im Sinne von anspruchsvoll wie der Mehrkampf36 in der Leichtathletik - daher die Analogie. Es geht nicht um eine einzelne Fähigkeit, sondern um eine Komposition aus vielen Einzeldisziplinen.

Das Leben ist nicht ein Sein, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber.es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.37

Martin Luther38

Als Kind habe ich mir oft die Fragen gestellt: Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich, warum bin ich auf dieser Welt, und wie kommt durch mich Sinn in die Welt? Diese Fragen haben mich in meinem Leben begleitet. Die Antworten habe ich inzwischen gefunden. Wenn ich heute zurückblicke, sind sie Teil eines Entwicklungsprozesses, der mein Leben entscheidend prägt.

Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen in der Kindheit war, in Gedanken meine Wohnung einzurichten. Ein Puppenhaus hatte ich nicht und Playmobil gab es noch nicht. Ich habe es geliebt, Versandhauskataloge anzusehen, und alles auszuschneiden, was ich für meine imaginäre Wohnung brauchte. Eines war für mich besonders wichtig: Bücherregale - und das, obwohl ich im Vorschulalter nur Bilder- und Märchenbücher besaß. Inzwischen bin ich 15-mal umgezogen, und die Liebe zu meinen Büchern sowie den Regalen ist geblieben. Lesen bedeutet für mich, Zugang zu den Gedanken anderer Menschen zu bekommen - das übt eine besondere Faszination auf mich aus. Lernen ist ein Lebenselixier für mich. Ich glaube weder an Schicksal noch an Zufall. Es ist mein Leben und von daher ist es meine Aufgabe, meinem Leben Sinn zu geben. Es liegt in meiner Verantwortung.

Die folgenden Fragen von Viktor E. Frankl39 bringen es auf den Punkt, wenn er rät, nicht zu fragen, was jemand von seinem Leben noch zu erwarten hat, sondern lieber zu fragen, was sein Leben von ihm erwarten könne.40 Die erste Frage ist resignativ und passiv, und auf diese gibt es keine Antwort. Sie geht davon aus, dass nicht ich mein Leben gestalte, sondern irgendeine Macht. Ich muss warten, was auf mich zukommt und annehmen, was mir zugedacht ist. Im Sinne dieser Frage fühle ich mich abhängig und unfrei, mehr Opfer als Akteur. Es ist vergleichbar mit einem Lotteriespiel. Die zweite Frage ist eine Aufforderung, mich aktiv in mein Leben einzubringen und es zu gestalten. Sie beinhaltet Wachstum und Entwicklung, und genau darum geht es für mich im Leben: Ich will gestalten und nicht gestaltet werden. Das bedeutet für mich Selbstbestimmung.

Ich unterscheide zwischen sinnvollen Aufgaben im Leben und Lebenssinn. Es gibt eine Reihe von sinnvollen und wichtigen Aufgaben im Leben. Einen Beruf zu haben, der meinen Talenten entspricht und den ich gerne ausübe, ist sinnstiftend. Es ist sinnvoll, einem Kind das Leben zu schenken, und es ist sinnvoll, sich um die pflegebedürftigen Eltern zu kümmern. Was bleibt jedoch, wenn die sinnvollen Aufgaben sich erfüllt haben? Sinnvolle Aufgaben sind oft an eine bestimmte Zeit gebunden und stark identitätsbildend. Wer sich also nur darüber definiert, fällt oft in eine Leere, sobald diese Aufgabe nicht mehr vorhanden ist. Das ist beispielsweise dann gegeben, wenn jemand in den Ruhestand geht oder wenn die Kinder erwachsen sind und ausziehen. Möglicherweise hat ein Mensch trotz einer sinnvollen Aufgabe den eigentlichen Sinn in seinem Leben noch nicht gefunden. Mark Twain41 hat das so formuliert: Die beiden wichtigsten Tage deines Lebens sind der Tag, an dem du geboren wurdest, und der Tag, an dem du herausfindest, WARUM!42

Ist der Lebenssinn bekannt, hält dieser den Menschen auch in stürmischen Zeiten auf Kurs und gibt seinem Leben eine Grundrichtung und eine Bedeutung.

Hat man sein Warum? des Lebens,

so verträgt man sich fast mit jedem Wie?43

Friedrich Wilhelm Nietzsche44

Der Lebenssinn ist nicht an ein Außen gebunden. Er ist unabhängig von wechselnden Rahmenbedingungen und von bestimmten Lebensabschnitten. Manchmal beschreibt er nur eine gewisse Qualität, die es in das Leben einzubringen gilt. In diesem Fall ist dann nicht die Aufgabe an sich sinnstiftend, sondern die Qualität, mit der jemand diese Aufgabe erfüllt.