Notizen aus der Klapse 2 - Maja Matuschka - E-Book

Notizen aus der Klapse 2 E-Book

Maja Matuschka

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Beschreibung

Wie wird es den jungen russischen Soldaten gedankt werden, dass sie in der Ukraine ihre Gesundheit, ihr Leben und ihre Zukunft aufs Spiel setzen? Belegte historische Ereignisse sollten ihnen zu denken geben. "Walaam" ist mehr als eine historische Dokumentation der unvorstellbaren Grausamkeiten, die russische Kriegsveteranen nach dem Zweiten Weltkrieg zu erleiden hatten. Die wahren Ereignisse werden in die berührende und schockierende Geschichte eines Mannes eingebunden, der als General im Gefecht seine Beine verliert und wie viele andere Invaliden auf die Insel "Walaam" im Ladogasee verschleppt wird. Die aus Russland stammende Autorin lebt seit vielen Jahrzehnten in Deutschland und beschäftigt sich intensiv mit den Widersprüchen im Verhältnis zu ihrer russischen Heimat. Sie nennt sich Maja Matuschka - Mütterchen Russland. "Wer sich einmal auf das Werk einlässt, der wird auf jeden Fall davon gefesselt und zum Nachdenken angeregt. Es ist sicher kein literarischer Leckerbissen, ungwöhnlich aufgebaut und an einigen Stellen auch wirklich verstörend, aber es ist spannend und vor allem authentisch" Henry Berndt

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Notizen aus der Klapse 2

TitelseiteTeil I – WalaamTeil II - Verlorene IllusionenQuellenverzeichnisImpressum

Maja Matuschka

Walaam

„Walaam-Heft“ (E. Kusnezov)

1950 nach dem Erlass des Obersten Rates der Karelo-Finnischen Sowjetrepublik wurde auf der Insel Walaam in den Gebäuden des Klosters ein Haus für die Kriegs- und Arbeiterinvaliden errichtet. Das war eine Einrichtung! Es ist keine müßige Frage: Warum hier, auf der Insel, und nicht irgendwo auf dem Festland? Es wäre doch einfacher und preiswerter zu versorgen. Formale Erklärung: Hier ist viel Wohnraum, Nebengelass, Wirtschaftsgebäude (die Farm allein ist schon so viel Wert), die Felder für Landwirtschaft, Obstgärten, Beerenfelder. Die nicht formale echte Wahrheit: Dem sowjetischen Siegervolk waren diese Hundertausenden Invaliden ein Dorn im Auge: ohne Arme, ohne Beine, ohne Zugehörigkeit. Durch Betteln an Bahnhöfen, in Zügen, auf der Straße und anderswo bestritten sie ihren Lebensunterhalt. Überlegen Sie doch selbst: Die Brust voller Orden, und er bettelt neben dem Bäcker um milde Gaben, das geht gar nicht! Man muss sie loswerden, um jeden Preis, entschied die Regierung. Doch wohin mit ihnen? Ach, ja, in ehemalige Klöster, auf die Inseln! Aus den Augen – aus dem Herzen. Innerhalb von einigen Monaten befreite so das Siegesland ihre Straßen von dieser „Schande“! So entstanden diese Zufluchtsorte in Kirilo-Belosorsk, in Gorizk, in Aleksander-Svirsk, Walaam und anderen Klöstern. Man soll eher sagen, auf den Klosterruinen, auf den von der Sowjetmacht zerstörten Stützen der orthodoxen Kirche. Das Land der Sowjets bestrafte seine Sieger-Invaliden für ihre Körperverletzungen, für den Verlust ihrer Familie, des Heimes, ihrer Nester, zerstört durch den Krieg. Bestraft durch ärmlichen Unterhalt, Einsamkeit, Ausweglosigkeit. Jeder, der sich auf Walaam wiederfand, erkannte sofort: „Das ist alles!“ Weiter – Sackgasse. „Weiter ist Stille“ in einem namenlosen Grab auf einem vergessenen Klosterfriedhof.

Menschen ohne Perspektive von der Insel Walaam (N. Nikonorov):

Nach dem Krieg waren sowjetische Städte überschwemmt von Menschen, die das Glück hatten, an der Front zu überleben, aber im Kampf um ihr Land Beine und Arme verloren haben. Selbstgebastelte Gefährte, mit denen sie sich flink zwischen den Beinen der Passanten bewegten, diese menschlichen Stümpfe, die Krücken und Prothesen der Kriegshelden verdarben das Erscheinungsbild der hellen sozialistischen Gegenwart. Und eines Tages wachten die sowjetischen Bürger auf und hörten keinen gewohnten Lärm der kleinen selbstgebastelten Wagen und das Knarren der Prothesen mehr. Die Invaliden wurden innerhalb von wenigen Stunden aus den Städten verbannt. Einer der Orte der Verbannung wurde die Insel Walaam.

Teil I – Walaam

Es war Ende März 1917. Ich war gerade zehn Jahre alt und wir wohnten in einer kleinen Stadt. Am Rande der Stadt, unweit unseres Hauses, befand sich eine jüdische Siedlung. Meine Mutter war eine liebevolle und stille Frau, die oft unter den Schlägen meines Vaters litt. Sie war Tochter eines Lehrers, und ihre feine Bildung konnte er nicht ertragen. Mit siebzehn verliebte sie sich in einen Offizier, der im Haus ihrer Eltern logierte. Die Hochzeit war bereits geplant, doch die Beziehung brach abrupt ab, als er in einem Duell gegen einen Kameraden, der sich über meine Mutter unverschämt geäußert hatte, getötet wurde.

Unter dem Verlust litt sie sehr. Zu allem Überfluss stellte sich heraus, dass sie mit mir schwanger war. Um die Schande zu verheimlichen, heiratete sie meinen „Vater“, den sie nie geliebt hat. Er, der Vater, arbeitete als Tischler und schimpfte oft über die Juden, die mit ihrer Ware angeblich sein Geschäft kaputt machten. Das alles habe ich damals nicht verstanden. Heimlich war ich befreundet mit Sara, einem kleinen Mädchen von acht Jahren aus der jüdischen Siedlung. Ich lernte sie kennen, als wir mit meiner Mutter unsere Einkäufe auf dem Markt tätigten. Ich sah Sara, als sie sich bemühte, ein von ihren Eltern geflochtenes Tischchen vom Karren zu zerren, um es zu ihrer Mutter zu bringen. Der Tisch war für sie eindeutig zu schwer, und ich fasste mit an. Sie hob ihre dunklen freundlichen Augen und bedankte sich ganz leise, so als ob sie nicht wollte, dass es jemand hörte.

Damals interessierte mich nicht, wer die Juden sind und was es mit ihnen auf sich hat. Doch das Mädchen gefiel mir und ich sprach sie an. Ich wollte wissen, wo sie wohnt und ob wir mal zusammen spielen konnten. Sie schaute zu ihrer Mutter, und als diese zustimmend nickte, sagte sie mir das, was ich wissen wollte. Von diesem Tag an ging ich heimlich zu ihr. Ich war oft bei ihr zu Hause und ihre Eltern waren mir gegenüber immer freundlich und herzlich. Auch wenn sie sehr arm waren, durfte ich häufig an ihren Mahlzeiten teilnehmen. Sie hatten auch nichts dagegen, wenn ich mit Sara spielte. Zu Hause erzählte ich nichts darüber. Nur meine Mutter wusste, wo ich meine Freizeit verbringe. Sie war es auch, die mir geraten hatte, es für mich zu behalten.

Manchmal kam mein Vater betrunken nach Hause und befahl, ihm aus den Augen zu gehen, weil er dann sehr böse war. Oft beschimpfte und schlug er meine Mutter. Eines Tages war es wieder so weit. Er kam besoffen nach Hause. Meine Mutter stellte das Essen auf den Tisch, Kartoffeln mit geschmortem Kraut. Von seinem nicht sehr üppigen Verdienst konnte man nur selten ein Stück Fleisch kaufen. Als mein Vater sah, dass kein Fleisch dabei war, fing er an rumzuschreien, schmiss den Teller vom Tisch, und als meine Mutter anfing, alles vom Boden aufzusammeln, stürzte er sich auf sie. Als sie hinfiel, trat er mit seinen schweren Stiefeln gegen ihren Bauch, den Kopf und das Gesicht. Ich schaute durch den Türspalt und hielt es nicht mehr aus. Ich stürzte mich aus meinem Versteck auf ihn und schrie: „Lass Mama in Ruhe, lass Mama in Ruhe!“ Als ich nach einer halben Stunde zu mir kam, lag ich in meinem Bett und hatte starke Schmerzen. Einen Spiegel hatten wir nicht, aber an meinem Körper sah ich blutunterlaufene Stellen. Als mich am Abend im Dunkeln meine Mama besuchte, hatte sie ein Tuch um den Kopf, sodass man die Augen kaum sehen konnte. Ich ahnte, warum, und ich hasste ihn dafür.

Manchmal besuchte ich Saras Eltern auf dem Markt, die dort die von ihnen geflochtenen Stühle und Tische verkauften. Sie waren immer sehr freundlich zu allen, auch dann, wenn manche Kunden sie als „Juden“ beschimpften und nicht den ganzen verlangten Preis zahlten. Wenn Jette, Saras Mutter, solchen Kunden hinterherschimpfte, redete David, Saras Vater, zärtlich und versöhnend auf sie ein. „Jette, mein Täubchen, gräme Dich nicht. Wir können es nicht ändern. Wir haben unser Stück Brot und eine Ecke zum Wohnen. Moses hat uns hierher verschlagen und wir sind gesund. Was willst Du mehr?“ Sie antwortete: „Ja, David, Du hast Recht, aber diese Ungerechtigkeit, die kann ich nicht ertragen.“

Meine Mutter war Hausfrau und machte viel Handarbeit. Sie strickte und nähte unsere Kleider. Im Winter strickte sie heimlich ein Jäckchen für Sara und eines Tages brachte ich es ihr. Sie und ihre Eltern freuten sich so, als ob ich ihr ein Königreich geschenkt hätte. Sara zog das Jäckchen an und seit diesem Tag trug sie es ständig.

Ihr Zuhause bestand aus einem Zimmer mit einem Bett, einem Tisch, drei Stühlen und einem alten Divan, auf dem Sara schlief. Auf dem Tisch stand ein Petroleumkocher, auf dem Jette die Mahlzeiten zubereitete. Sie war eine wunderbare Köchin und zauberte aus dem Wenigen, was sie hatten, immer etwas sehr Schmackhaftes. Der kleine Ofen heizte das Zimmer unzureichend und der Ruß breitete sich im Raum aus, sodass Jette ständig am Putzen war. Ich besuchte sie gern und beobachtete voller Sehnsucht, wie David und Jette liebevoll miteinander umgingen. So etwas kannte ich von zu Hause nicht. Es war schön, diese noch jungen Menschen zu beobachten. Jette war etwa 28 und David 32 Jahre alt.

Jette war sehr hübsch. Ihre großen, mandelförmigen Augen strahlten Wärme aus ihrem mit schönen, dichten Haaren umrahmten Gesicht. Sie war klein und rundlich, aber nicht dick. Auch nach fast zehn Jahren Ehe sah David sie immer noch mit vor Liebe leuchtenden Augen an. Und sie antwortete ihm mit Gesten und Blicken, die von einer tiefen Zuneigung sprachen.

Mit Sara verband mich eine tiefe Freundschaft. Auch wenn in ihrer Familie kein großer Wohlstand herrschte, sorgten David und Jette für Saras Bildung. Jeden Tag, nach getaner Arbeit, setzte sich Jette mit Sara zusammen und brachte ihr das Lesen, Schreiben und Rechnen bei. Bei diesen Unterrichtsstunden war ich so oft ich konnte dabei, und so hatte auch ich das Glück, diese Dinge zu lernen. Oft las Jette die Geschichten aus dem jüdischen Leben und von der Lehre Moses. Da das die einzelne Quelle des Wissens war, faszinierte mich das alles und regte mein kindliches Hirn an.

Ich erzählte meiner Mutter davon und sie freute sich sehr. Heimlich, mein Vater durfte nicht wissen, dass ich lesen kann, brachte sie, von jemandem abgelegte Zeitungen und Zeitschriften mit. Dann saß sie voller Stolz mit leuchtenden Augen da, und ließ sich von mir vorlesen. Einmal brachte sie ein Buch von Dostojewski mit. Der Kleinwarenhändler mochte meine Mutter und mich und schenkte es ihr. Wir freuten uns über jede Gelegenheit, wenn mein Vater spät nach Hause kam, und wir daraus lesen konnten.

Oft ging ich mit Sara zum Fluss und dort brachte ich ihr das Angeln bei. Unseren Fang lieferten wir bei Jette ab, und sie zauberte daraus eine schöne Mahlzeit. Das war dann immer ein kleines Fest. Meine häufige Abwesenheit von zu Hause interessierte meinen Vater nicht und meine Mutter freute sich, dass ich in Sara eine gute Freundin gefunden hatte, die so positiv auf meine Entwicklung wirkte.

Auch wenn in unserer Stadt öfter Verbrechen begangen wurden, Mord, Raub und Schlägereien waren an der Tagesordnung, wusste sie mich in Sicherheit, da das Haus von Sara vom Fenster unseres Hauses aus zu sehen war. Manchmal saßen wir mit Sara im Wald und träumten vom gemeinsamen Erwachsenwerden und beruflichen Plänen. Sara wollte unbedingt Kinderärztin werden, da sie in der jüdischen Siedlung oft mit dem Tod der Menschen und besonders von Kindern konfrontiert wurde. Ich wollte Marineoffizier werden und in fremde Länder reisen. Sara sollte mich dabei begleiten. Über unsere kindlichen Träume sprach ich mit meiner Mutter, und ich freute mich, in ihren Augen die Freude darüber zu sehen.

Manchmal fragte ich meine Mutter, warum Papa oft so böse ist. Dann wurden ihre Augen traurig und sie versuchte das Thema zu wechseln. Im Frühjahr verschlimmerte sich die wirtschaftliche Situation in unserer Gegend. Oft fehlten die nötigsten Lebensmittel und die Menschen waren aggressiv und aufgebracht. Böse Gerüchte über Juden und ihre angebliche Schuld an der Misere machten die Runde. Bis Ostern blieben gerade noch drei Tage und die Gerüchte, dass ein Pogrom zu erwarten ist, konnte man nicht überhören.

Die Kirchenglocken riefen die russischen Gläubigen zur Predigt und der Pfaffe wetterte von der Kanzel gegen die Juden. Die schlechte Ernte des letzten Jahres sei eine Strafe dafür, dass diese Juden mit ihrer Anwesenheit unsere Erde beschmutzten. Der Jude nähme den Handwerkern ihre Arbeit, weil er seine Arbeitskraft so billig anböte. Er schimpfte über die Mädchen aus der jüdischen Siedlung, die, um zu überleben, ihre Körper verkauften. Das machte insbesondere die Ehefrauen der Kirchgänger wütend. Alles, was schieflief in der Stadt, war die Schuld der Juden. Und es lief vieles schief.

Einige Betriebe gingen pleite und die Arbeiter wurden entlassen. Schlechte Hygieneverhältnisse führten zur Ausbreitung von Kinderkrankheiten und hoher Kindersterblichkeit. Die schlechte Ernte im letzten Jahr bedeutete Hungerleiden für viele Familien. Die nackte Not trieb die Menschen in die Armen von Banditen. Diese marodierenden Banden machten anderen Menschen Angst. Und an all dem waren die Juden Schuld.

Seit kurzem konnte man in der Stadt einige Handwerkergrüppchen beobachten. An ihrem Verhalten und ihrem lauten, derben Gelächter konnte man erkennen, dass sie nichts Gutes planten. An diesem Tag kam mein Vater sehr früh nach Hause. Er war angetrunken und sehr erregt. Ich saß neben meiner Mutter und half ihr, die Kartoffeln zu schälen. Er ging direkt auf mich zu, fasste mich an der Schulter und sprach mit einem hämischen Lachen zu mir: „Heute kommst Du mit. Es wird Zeit, dass Du lernst, wie man mit Juden umgeht und ich mache aus Dir einen echten Kerl.“ „Nein Peter, lass den Jungen in Ruhe“, schrie meine Mutter. Sie kam angestürzt, doch ein Schlag ins Gesicht unterbrach ihre Rede und sie fiel zu Boden.

Von seinem Griff tat mir die Schulter weh, und er schubste mich vor sich hin aus dem Haus. Vor der Tür standen schon etwa fünf Dutzend Männer, teilweise betrunken, grollend, die meisten hielten eiserne Stangen in der Hand. Es waren Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren aus unserer Stadt und die meisten kannte ich. Sie lebten in unserem Viertel. Viele waren Handwerker und kleine Werkstattbesitzer, bei denen auch Menschen aus der jüdischen Siedlung gearbeitet haben. Fast alle waren verheiratet und hatten Kinder. Ich war das einzige Kind, das von seinem Vater mitgeschleppt wurde. Es schien so, als ob mein Vater hier der Anführer wäre und alle warteten, bis er sie in Gruppen aufteilte und ihnen ihr Gebiet zuwies. Er fackelte nicht lange und schon liefen sie wie eine von der Leine gelassene Hundemeute zur jüdischen Siedlung. Ich hörte, wie das Glas klirrte und die ersten entsetzlichen Schreie aus den Häusern nach außen drangen. Das Blut gefror in meinen Adern, doch mein Vater zog mich hinter sich her, und er lief direkt auf Saras Haus zu. „Nein Papa, nein, bitte tu das nicht.“ Doch seine Hand hielt mich fest und jetzt standen fünf Männer und ich vor Saras Tür. Mit einem Fußtritt stieß mein Vater die Tür auf. Dort stand David. Er ahnte schon, dass auch sein Haus nicht verschont bleibt. In seinen Händen hielt er einen Knüppel, doch er schaute fragend auf die Eindringlinge: „Was wollt…“ Seinen Satz konnte er nicht vollenden. Ein heftiger Schlag mit der Eisenstange zwischen die Augen brach seinen Schädel auseinander und er fiel zu Boden. Sein Tod ist die Gnade, die ihm sein Gott gewährt hat. Alles, was danach geschah, blieb ihm erspart. Aus dem Zimmer hörte ich einen entsetzlichen Schrei. Ich wusste, dass es Jette ist. Ich stand vor dem toten David und war wie gelähmt. Ich sah, wie mein Vater zu Sara ging. Sie erschrak und versuchte zu fliehen. Er griff sie an den Haaren, sie fiel hin und er schleifte sie an Haaren durch das Zimmer zum alten Divan. Auf dem Divan versuchte sich Sara verzweifelt zu wehren. Sie schlug mit den Händen gegen seine Brust und sein Gesicht, und mit den Füßen gegen seinen Bauch. Das machte meinen Vater noch wütender. „Du dreckige Jüdin, Dir zeige ich es!“ Er riss ihr Kleidchen auf und der kleine nackte Körper wehrte sich und schrie. Sie erkannte sein Vorhaben und hielt ihre dünnen Beinchen fest zusammen. Mit einem heftigen Ruck riss er ihre Beine auseinander und stieß in diesen armen Körper hinein. Er stieß immer und immer wieder zu. Sara schrie entsetzlich und das störte ihn. Um ihr Schreien zu unterbrechen und sich eine bessere Stellung zu verschaffen, stützte er sich mit seiner großen groben Hand auf des Mädchens Gesicht, sodass ihr Mund und Nase zu waren. Sie kratzte an seinen Armen und versuchte, seine Hand von ihrem Gesicht wegzureißen, doch das gelang ihr nicht. Unaufhörlich griff sie seinen Arm. Ich erwachte aus meiner Lähmung und stürzte mich auf meinen Vater: „Lass sie in Ruhe.“ Ich schlug ihn immer und immer wieder, doch in seiner dreckigen Tat merkte er es nicht einmal. Als ich dann den Knüppel nahm, der aus der Davids Hand gefallen war, und meinen Vater damit schlug, drehte er sich um und versetzte mir einen solchen Schlag, dass ich in einer anderen Ecke landete und kurzeitig das Bewusstsein verlor. Als ich zu mir kam, war mein Vatter schon mit Sara fertig. Sie lag an der Stelle, an der mein Vater sie vergewaltigte und sie rührte sich nicht mehr. Ich sah meinen Vater, wie er dabei war, in aller Ruhe in den Schränken zu wühlen um das, was er Brauchbares fand, mitzunehmen.