Nur um geliebt zu werden - Lisa Hering - E-Book

Nur um geliebt zu werden E-Book

Lisa Hering

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Beschreibung

Charlotte eine Frau die von ihrem Mann nicht mehr wahrgenommen wird, die ihre Sehnsucht nach einem Leben mit Liebe und Respekt immer wieder unterdrückt. Ausser Arbeit, Haus bauen nie Urlaub und den kollerischen Anwandlungen ihres Mannes, hat das Jetzige nicht viel zubieten.  Bis eines Tages ein Mann in ihr Leben rauscht und alles auf den Kopf stellt. Charlotte kann sich diesen neuen mächtigen Gefühlen nicht mehr entziehen. Es bricht ihr mühsam erhaltenes Kartenhaus einfach zusammen. Ihr Mann reagiert mit Wut und Verzweiflung als sie ihm nach langem Zögern endlich sagt das sie nicht mehr mit ihm leben kann. Die Zeit der Trennung wird für sie und ihren Sohn durch die Unberechenbarkeit ihres Mannes zur Zereissprobe. Der Mann der dies alles ins Rollen brachte ist für sie da, doch wird es ein Happy End geben? 

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Lisa Hering

Nur um geliebt zu werden

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Wie alles anfing

Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal so ein Herzklopfen – und das nur wegen einer SMS. Gefühlte tausend Minuten, bis endlich das Handy wieder summt. Was passiert da eigentlich? Charlotte ist Anfang vierzig, eine attraktive Frau, verheiratet, Inhaberin eines Fotostudios. Und sie hat einen Sohn, der ihr keinen Kummer macht.

 

Eisigkalt ist es Ende Januar, eingehüllt in einen warmen Wintermantel mit dickem Schal. Die Mütze verdeckt Haare und Gesicht so, dass nur die rote Nasenspitze zu sehen ist. Ihre Hände stecken in echten Lederhandschuhen, chic, aber so was von nutzlos, da diese Dinger zwar farblich zum Schal und zur Mütze passen, aber mehr auch nicht. In einer Hand hält sie einen Aktenkoffer, ihre Finger sind schon so kalt, dass sie Angst hat, den Aktenkoffer abzustellen. Sie befürchtet, dass ihre Finger beim Öffnen der Hand wie Glas zerspringen würden. Schnell geht sie zu dem Hauseingang und schaut auf das Gold glänzende Klingelschild. Die Namensschilder sind graviert. Sehr vornehm, denkt Charlotte. „Network AG“ – da wollte sie hin. Ihr eisiger Finger drückt auf den noch eisigeren Klingelknopf. Dann summt die Tür, schnell schlüpft sie hinein. Im Vorraum des Hauses sieht man die liebevolle Restauration der Stuckdecken und Wände. Charlotte bleibt fasziniert stehen. Wunderschön und die Farben, es wird ihr sofort angenehm warm. Sie geht durch die große Flügeltür und steht in einer Diele. Teppichboden verschluckt ihre Schritte. Auch hier fühlt sie sich sofort wohl, Malereien an den Wänden halten ihr Auge fest.

„Bella Italia” – genau das traf es, so muss es in Italien sein. Pinienwälder, terrakottafarbene Häuser, sie hat den Geruch von Pizza, Knoblauch und Basilikum in der Nase. Obwohl noch nie dort gewesen, fühlt sie sich, als kenne sie das Land in und auswendig. Irgendwann

mache ich dort Urlaub, nimmt sie sich fest vor, und mit einem tiefen Seufzer reißt sie sich von dem Gedanken los. Die Arbeit ruft.

 

Eine sehr hübsche junge Frau kommt auf Charlotte zu und fragt nach ihrem Anliegen. Charlotte stellt sich kurz vor und teilt ihr mit, dass sie einen Termin bei Herrn Rubertus habe. Daraufhin wird sie in einen Raum mit einer riesigen Glastür gebeten. Alles ist farblich auf- einander abgestimmt. Beeindruckend, denkt sie. In der Mitte des Raumes steht ein großer Konferenztisch mit duftenden, frischen Blumen darauf. Acht bequeme Lederstühle umranden ihn. Große, bis zum Boden reichende Fenster, die einen Blick auf die Stadt ermöglichen. Und wieder diese herrlichen Bilder an der Wand. Versunken steht sie, immer noch in voller Montur, vor einem Bild und lächelt vor sich hin. Ein Feld von Sonnenblumen, man spürt die Hitze der Mittagssonne, ein kleines Backsteinhaus mit geschlossenen Fensterläden steht am Ende des Feldes. Fernweh packt Charlottes Herz, wie gern würde sie dort einmal Urlaub machen. Langsam schält sie sich aus ihrer Ummantelung. Die Handschuhe wollen ihre Hände nicht freigeben, mit einem leisen Fluchen zerrt sie daran. „Schere vielleicht?“, fragt jemand neben ihr. „Und einen Mülleimer, damit ich sie gleich hineinwerfen kann“, erwidert Charlotte. Sie schaut sich um und ein Mann, gut gekleidet und mit einem umwerfenden Lachen, steht vor ihr.

Er streckt ihr die Hand entgegen: „Rubertus.“ Charlotte hat endlich eine Hand frei: „Weitner, Charlotte“, erwidert sie seine Begrüßung. „Bitte nehmen Sie doch Platz, möchten Sie etwas Warmes?“, fragt Herr Rubertus. „Ein Fußbad wäre nicht schlecht“, erwidert Charlotte schelmisch. Sie findet ihr Gegenüber nett und für einen Spaß ist sie immer gut aufgelegt. Herr Rubertus lacht und meint: „Ich weiß nicht, ob Ihre Füße in unsere Teegläser passen.“ Der Termin wird sehr angenehm. Sie haben den gleichen Humor und sein verschmitztes Lächeln und seine angenehme Art faszinieren Charlotte. Es ist da irgendetwas in ihr, das sie irritiert. Sie fühlt sich sofort zu ihm hingezogen. Was wird das denn jetzt?, denkt sie nur.

Er hat eine wunderbar ruhige Art. Die nette junge Frau aus der Anmeldung klopft leise und bittet um Entschuldigung, aber ein wichtiger Kunde lasse sich nicht auf später vertrösten und leider sei er auch schon ungehalten. Herr Rubertus nimmt das Telefonat entgegen und bitte Charlotte, doch zu warten. Das Telefonat scheint Probleme mit sich zu bringen, aber dieser Mann sitzt an dem Tisch und ist die Ruhe selber. Er erklärt und beruhigt den aufgeregten Anrufer und zum Schluss verabschiedet er sich, ohne auch nur genervt zu wirken. Charlotte ist fasziniert und überlegt, ob ihr Mann sich ebenso verhalten hätte. Wohl nicht, denkt sie traurig. Dieser Herr Rubertus ist so ganz anders als ihr Ehemann. Wieso fällt mir das eigentlich jetzt ein?, schießt es ihr durch den Kopf. Doch dann muss sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Nach einer Stunde geht sie gut gelaunt aus dem Haus. Feierabend für heute, es ist Freitag und die Familie wartet auf sie. Also ab nach Hause.

 

Als sie endlich zu Hause angekommen ist, summt ihr Handy. Eine SMS, Charlotte kramt in ihrer Tasche. Auch bei ihr ist es nicht viel anders, das leidliche Thema Handtasche. Es will ihr nicht gelingen, schnell und ohne langes Suchen etwas darin zu finden. Obwohl sich keine verborgenen Schätze darin befinden, muss sie lange wühlen. Sie nimmt es heraus und liest. Wie nett, schießt es ihr durch den Kopf, Herr Rubertus hat ihr für alle Fälle seine private Handynummer mitgeteilt. Es könnte ja sein, dass sie etwas sehr Wichtiges wissen wolle, und somit könne sie ihn gern jederzeit fragen. Und dann steht da: „Liebe Grüße, Michael“. Oh, wie aufmerksam, denkt Charlotte und schreibt noch zurück, dass sie sich bedanke und ein schönes Wochenende wünsche. Dann geht sie ins Haus. Sie lebt mit ihrem Sohn und ihrem Mann in einer Siedlung am Rande der Stadt, wo jeder jeden kennt. Ein kleines altes Haus hatten sie gekauft und in mühevoller Arbeit hergerichtet. Doch die Arbeiten am Haus wollten einfach nicht enden. Zehn Jahre lang gab es immer wieder etwas daran zu tun. Mehr und mehr wurde es ihr zur Last, eigentlich sollte es doch einmal für später sein. Aber je länger sie darüber nachdachte, umso irrsinniger fand sie den Gedanken, hier festzusitzen. Eigentum verpflichtet, was um Himmelswillen hat sie geritten, als sie damit einverstanden war, ein altes, marodes Haus zu kaufen. Damals war es eben so und ihr Mann hatte es sich so gewünscht. Sie hatte keine Ahnung, was da auf sie zukam.

 

 

 

Abgesehen von den Schulden, hieß es bauen und erhalten. Wenn sie damals schon gewusst hätte, was das für Ausmaße annimmt, wahrscheinlich hätte sie doch „Nein“ zu dem Kauf gesagt. Wie viele Ehen sind bei dem Projekt „Hausbau” kaputt gegangen. Oder haben zumindest darunter gelitten. Kaum jemand wird es ehrlich zugeben. Aber sie hat ja auch nie etwas gesagt, kein einziges Mal hätte sie daran gedacht, Nein zu sagen, egal was gerade wieder zu tun war. Und sie hatte Träume. Wie gern wäre sie in den Urlaub gefahren. Einfach mal Tür zu und etwas anderes sehen. Die Welt ist riesig und ein Menschenleben reicht nicht aus, um alles zu entdecken, aber wenigstens ein kleines Stück davon. Wie gern hätte sie auch einmal, wie so viele andere, Koffer gepackt und allen mitgeteilt: „Wir fahren in den Urlaub.“ Nur gab es diese Worte in ihrem Sprachgebrauch nicht. Einmal stand sie am Gartenzaun und schaute den Nachbarn wehmütig nach, als diese mit Kind und Kegel in die Ferien fuhren. Ihr Sohn kam angerannt und fragte: „Warum fahren wir eigentlich nie in den Urlaub?“ Verlegen versuchte sie ihm dann zu erklären, dass es zu Hause so schön sei und er ja auch alles hätte, einen Pool zum Beispiel. Und wer soll denn die Tiere die ganze Zeit versorgen? „Aber Daniel hat auch Haustiere und fährt trotzdem immer weg“, kam etwas trotzig die Antwort. „Ich weiß, ich weiß, vielleicht schaffen wir es ja nächstes Jahr, ich rede mit Papa.“ Und wissend, dass es sowieso nichts wird, ging sie dann ins Haus. In Gedanken stellte sie sich dann vor, wie es sein müsste, die Vorfreude auf den Urlaub. Wie sehr würde es ihrem Kind gefallen, einmal das Meer zu sehen. Wie wunderbar müsste es sein, wenn man an seinem Urlaubsort ankommt und es sich in der Unterkunft gemütlich macht. Es würde aufregend sein, alles zu erkunden. Es muss ja nicht gleich ins Ausland gehen, an die Ostsee wäre doch schön. Große Augen würden sie sicherlich machen, wenn sie das Meer in der Realität sehen. Aus dem Fernsehen weiß sie, dass die Luft sehr gut sein muss und dass sie salzig schmeckt. Wie sich wohl der Sand anfühlt? Und Muscheln gibt es in Unmengen. Sie würde dann mit ihrem Sohn am Strand entlangspazieren und Muscheln für zu Hause sammeln. Aber dafür war keine Zeit übrig, weil im Urlaub schon wieder ein Stück an diesen vier Wänden fertig gebaut werden konnte. Und als ob es nicht schon genug damit zu tun gäbe, nein, es mussten auch noch Haustiere sein. Er wollte ja schon immer Ziegen und Schafe oder wenigstens Hasen. Und einen Hund, der gehört doch auf ein Grundstück. Charlottes Mann war auf dem Land groß geworden, genau wie sie, und er wollte immer seine eigenen Tiere. Also baute er einen Hasenstall, groß und mit vielen Buchten. Und natürlich musste sie helfen, er hat ja nur zwei Hände und sie sollte ihn nicht wie so einen Idioten alleine stehen lassen, meinte er dann immer. Und Charlotte widersprach nicht, sondern war zur Stelle. Hier halten, da messen, Nägel und Hammer reichen usw. Ging es nicht zügig voran, dann wurde er zornig und vergaß, dass sie als seine Frau hier stand und half. Es tat ihr weh, wenn er sie beschimpfte und es nicht einmal mehr merkte. Sprach sie ihn darauf an, kam nur ein „Musst dir dann halt einen anderen suchen”. Kein Wort der Entschuldigung. Sie nahm es hin und vergrub es tief in ihrer Seele. Der Tag kam und der Hund auch, eine Schäferhündin. Sie war schon alt und aus dem Tierheim. Natürlich war in der Zwischenzeit auch noch ein Zwinger gebaut worden. Am Anfang gab es Spaziergänge in Wald und Flur. Je weiter die Jahreszeit Richtung Winter rückte, umso weniger wurden die Ausflüge. Irgendwann hatte er nicht einmal mehr die Zeit, ihr Fressen zu geben. Es waren ja inzwischen Hasen in die Buchten eingezogen. Zwei Häsinnen und ein Rammler, der diesem Namen alle Ehre machte, denn nach kurzer Zeit kamen süße Hasenkinder zur Welt. Somit wurden aus drei ganz schnell siebzehn Hasen. Auch die wollten Futter. Im Winter war es Charlottes Aufgabe, den Tierpark nicht verhungern zu lassen. „Ach, ich komm heute später, füttere du die Viecher“, bekam sie dann von ihrem Mann zu hören. Ihr taten die Wesen leid. Besonders die Schäferhündin, die den ganzen Tag im Zwinger verbringen musste, und Charlotte hatte nur abends etwas Zeit für sie, da die Familie neben dem Job auch noch ihr Recht forderte. Manchmal saß sie bei ihr im Zwinger, der Kopf der Hündin lag auf ihrem Schoß und sie kraulte sie in Gedanken versunken und entschuldigte sich bei ihr dafür, dass sie keine Zeit für sie hatte. Eines Tages lag sie im Zwinger und konnte nicht mehr aufstehen. Charlotte holte den Tierarzt und er gab ihr die verdiente Ruhe. Es war traurig, sehr traurig, aber auch beruhigend, dass dieses treuherzige Tier keine Schmerzen mehr erleiden musste. Die Hasen vermehrten sich im Frühjahr und schnell wurden aus siebzehn bald achtunddreißig. Es artete in Arbeit aus, immer wenn neue Hasenkinder kamen, war ihr Mann stundenlang dort. Es war zum Ausreißen, da sich zeitweise alles um diese Wollknäule drehte. Und wenn nicht die Hasen auf dem Programm standen, dann gab es etwas an diesem Haus zu tun. Zeitweise fühlte sie sich, als ob ein riesiges schwarzes Loch sie einsaugen wollte, es gab kein Entrinnen. So vergingen zehn Jahre, immer dasselbe Spiel. Alltag war eingezogen, das hieß alle Tage dasselbe, Routine und fast keine Abwechslung. Charlotte machte sich oft Gedanken darüber, ob sie für ihren Mann noch attraktiv genug war. Sah er sie überhaupt noch als Frau oder eher als Mutter seines Sohnes, Haushälterin und Gehilfin? Sie hatte immer Wert auf ihr Äußeres gelegt und sah dank vererbter Gene immer jünger aus. Komplimente erhielt sie oft, auch des Öfteren ein Angebot für ein Abendessen. Aber sie lehnte immer lachend ab. Es tat ihrer Seele gut, wenn sie Aufmerksamkeit erhielt, dann fühlte sie sich als Frau. Charlotte war nach außen hin eine selbstbewusste, starke Frau, die alles im Griff hatte, zu der jeder kommen konnte und die für sich selber nichts beanspruchte. Sie war glücklich, wenn ihre Lieben um sie herum zufrieden waren. Erst viel zu spät erkannte sie, wie dumm und naiv sie mitunter war. Heute weiß sie, dass sie Angst hatte zu versagen, nicht mehr geliebt zu werden. Es allen und jedem recht zu machen ist unmöglich, aber Charlotte hat es immer wieder versucht. Irgendwann war sie selber an einem Punkt angekommen, der ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Nie hatte sie daran gedacht, nie einen Gedanken daran verschwendet und dann von jetzt auf gleich die Diagnose: „Krebs”. Aus – und nun? Das kann doch nicht sein, wie viele haben das schon gedacht. Ich doch nicht, ist bestimmt eine Fehldiagnose und auch nicht so schlimm. Sie musste alles stehen und liegen lassen, um sich in der Klinik behandeln zu lassen. Ihr Mann fühlte sich mit der Situation vollkommen überfordert. „Wie soll ich das alles ohne dich schaffen?”, klagte er. Selbst da baute Charlotte ihn noch auf und tröstete ihn, dass sie sicher bald wieder zu Hause sein würde. Ihrem Sohn zeigte sie ihre Angst nicht, da er noch zu jung war, um alles zu begreifen. Er blieb bei Oma und Opa, auch wenn er das nicht recht wollte.