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Ein Kind zu verlieren ist das Traurigste, was Eltern passieren kann und macht am Anfang vor allem einem eines: ohnmächtig. Eine derartige Herausforderung als Paar meistern zu müssen, kann hilflos machen und überfordern. Wie schaffen Eltern es, ihrer Trauer Raum zu geben und mit Schuldgefühlen umzugehen? Marga Bielesch schenkt trauernden Eltern Orientierung und ermutigt sie, ihren ganz eigenen Trauerweg zu finden. Sie zeigt, was dabei helfen kann, das Geschehene zu begreifen, über Gefühle im Gespräch zu bleiben, Verständnis füreinander zu haben und gemeinsam gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Die Welt steht still
Wie ihr das Traurigste, was Eltern passieren kann, gemeinsam bewältigt
Mitteilung und Schock
Begreifen müssen
Warum ist das passiert?
Das sagt der Kopf
Das sagt die Medizin
Schuldgefühle verstehen
Wie ihr aushalten könnt, dass sich die Welt einfach weiterdreht
Im freien Fall
Ohnmachtsgefühle erkennen
Eure Trauergefühle besser verstehen
Wenn die Trauerwellen kommen, lernt mit ihnen zu schwimmen
Inneres Erleben
Wie ihr Traueraufgaben bewältigt
Das Kaleidoskop des Trauerns
Das Farbenspiel der Trauer
Nebel im Kopf
Männer trauern anders als Frauen
Zusammen trauern
Ungesunde Trauer
Wie ihr mit der Unsicherheit der anderen besser umgehen könnt
Euer Umfeld fühlt sich hilflos
Verletzende Worte
Missverständnisse in eurer Paarbeziehung vermeiden
Wie ihr euch bei emotionaler Überforderung unterstützt
Ohnmacht und Hilflosigkeit auf beiden Seiten
Vorwürfe schaffen Distanz
Wenn es zu eng wird
So findet ihr Wege aus der Ohnmachtsspirale
Das Zauberwort heißt „Resilienz“
Nutzt eure Kraftquellen
Jeder schaut, was er braucht
Im Gespräch bleiben
Wenn euch die Worte fehlen, nutzt Strategien
Einer muss beginnen
Die Strategie heißt „verbindender Dialog“
Gemeinsam schweigen
Wenn jeder für sich sorgt, ist beiden geholfen
Dünnhäutigkeit und was dagegen hilft
Eigene Bedürfnisse und Grenzen im Blick haben
Verständnis verbindet
Jeder Konflikt ist auch immer eine Chance
So findet ihr eure neue Paar-Identität
Ein neues Fundament legen
Veränderung braucht Zeit
Was eure Paarbeziehung jetzt braucht
Was eurer Paarbeziehung nicht guttut
Vermissen – wie ihr die Trauer der Geschwister halten könnt
Kinder in Trauer benötigen Leuchttürme
Wie Kinder trauern
Die richtigen Worte finden
Lasst euer Kind seinen eigenen Trauerweg gehen
Wie Jugendliche trauern
Stärkende Familienrituale
Die Großeltern-Trauer
Kinderwunsch, Folgeschwangerschaft & Regenbogenbaby
Mut tut der Paarbeziehung gut
Das sagt der Kopf
So findet ihr zurück ins Vertrauen
Das sagt die Medizin
Wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt
Eure Paarbeziehung ist einzigartig
Was für ein Paar seid ihr gewesen?
Eure Beziehungsgeschichte
Wie ihr Krisen gemeistert habt
Was für ein Paar möchtet ihr werden?
Eine neue gemeinsame Vision finden
Achtet auf das Positive – die Schatzkiste eurer Paarbeziehung
Schritt für Schritt, nicht gleich der ganze Weg
Nachwort: Zusammen durch den Schmerz
Danksagung
Literaturverzeichnis
Über mich
Hinweis: Die im Buch verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer auf alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.
Für Lila
Da saßen wir, dein Papa und ich, mit viel Liebe im Herzen und Angst im Verstand. Weit weg von deinen großen Schwestern und doch so liebevoll verbunden mit dir, in unseren Armen.
Wir haben in den Tagen im Kinderhospiz nur wenig geredet. Für diese Situation gab es auch keine passenden Worte. Am Ende hast du, mein geliebtes Kind, entschieden, wann du gehst. Die einzige Entscheidung, die du in deinem kurzen Leben treffen durftest.
An einem Dienstagnachmittag bist du für immer eingeschlafen. Ganz nah an unseren Herzen und mit ein paar liebevollen Worten von uns in deinen Ohren. Die Luft im Garten, in dem wir mit dir saßen, war warm und klar, es war ganz ruhig um uns herum.
Wir haben dein ganzes Leben mit dir verbringen dürfen und wir hoffen, dass du all unsere Liebe bis in jede Faser deines Körpers gespürt hast. Dein Papa und ich, wir haben alles gegeben.
In unsagbar tiefer Liebe.
Für deine Schwestern
Meine geliebten Kinder, noch wisst ihr nicht, was ihr geleistet habt und wie stark ihr seid. Wir sind unglaublich stolz, dass wir eure Eltern sein dürfen. Ihr habt euch so liebevoll von eurer Schwester verabschiedet und ihr habt ihr einen festen Platz in eurem Leben geschenkt. Dafür sind wir euch sehr dankbar.
Auch für euch blieb die Welt stehen und auch eure Träume sind zerplatzt. Für uns war es schwer, euch so traurig zu sehen.
Lacht, tanzt und seid wieder frei. Eure kleine Schwester schaut euch ganz gewiss dabei zu.
Liebe muss nicht perfekt sein, sondern echt. Wer kennt ihn nicht, diesen eindrucksvollen Spruch. So wahr und ehrlich, wer braucht schon „perfekt“. Liebe soll besonders, einzigartig, herausfordernd und beständig sein. Wie ein Diamant mit Ecken und Kanten, der im Inneren kraftvoll funkelt.
Haben Paare einen Kinderwunsch, ist da vor allem eines: ganz viel Liebe, Freude und Hoffnung. Wer ahnt schon, dass so ein liebevolles Ereignis auch schlimm ausgehen kann. Der Tod eines Kindes trifft Eltern meist unvorbereitet und nimmt ihnen all das, auf was sie sich so sehr gefreut haben.
Manchmal ist das Leben verdammt unfair und schreibt seine eigenen Geschichten. Die Welt bleibt für einen Moment stehen und wenn sie sich weiterdreht, ist nichts mehr, wie es war.
Ihr habt euer Kind verloren und es gibt nichts Schlimmeres, was Eltern widerfahren kann. Diesen Verlust gemeinsam zu verarbeiten, braucht Zeit und eine gehörige Portion Mut, weil trauern gar nicht so ohne ist.
Männer und Frauen sind verschieden. Es liegt in der Natur der Sache, dass ihr unterschiedliche Strategien nutzen werdet, um mit der Ausnahmesituation zurechtzukommen. Das kann manchmal zu Missverständnissen führen, die es zwischen euch beiden schwierig werden lassen.
Vielleicht geht ihr beide völlig unterschiedlich mit eurer Trauer um und könnt das Verhalten des anderen nicht verstehen, geschweige denn richtig einordnen. Vielleicht denkt ihr auch, dass ihr euren individuellen und persönlichen Trauerweg nicht gehen dürft, damit ihr den anderen nicht verletzt. Missverständnisse können zu Paarkonflikten führen und nicht selten ist auf einmal jeder in eine andere Richtung unterwegs.
Die meisten Verletzungen, die sich Partner*innen zufügen, entstehen nicht, weil sie sich nicht lieben, sondern aus Unwissenheit und Unachtsamkeit. Fühlt ihr euch von einer Situation überrumpelt, reagiert ihr mit Sicherheit ganz oft impulsgesteuert und ohne darüber nachzudenken. Und schon ist es passiert: Einer ist verletzt.
Um das eigene Kind zu trauern ist ein Ausnahmezustand, und zwar für beide Seiten. Deshalb ist es entscheidend, wie ihr euch in dieser herausfordernden Zeit begegnet.
Schafft ihr es gemeinsam, so eine große Aufgabe, die euch das Leben gestellt hat, zu bewältigen, dann werdet ihr persönlich, aber auch als Paar daran wachsen. Keiner hat euch vorher gefragt, ob ihr überhaupt wachsen wolltet, ihr müsst die Situation annehmen und versuchen damit zurechtzukommen. Entscheidend ist, dass eure Beziehung daran nicht zerbricht, denn das hätte euer Kind nicht gewollt.
Wachsen tut weh und ist doch so entscheidend für alles Weitere, was kommt. Also seid mutig und mutet euch zu, denn nur so könnt ihr wirklich füreinander da sein.
Aus meiner beruflichen Erfahrung als Paartherapeutin und durch den Verlust meines dritten Kindes weiß ich, was es heißt als Paar zu trauern. Dass Trauer überwältigend ist und einen mit voller Wucht aus dem Leben wirft. Trauer ist ein starkes und mächtiges Gefühl.
Noch viel mehr weiß ich aber, dass Trauer sich verändert, wenn man die Augen vor ihr nicht verschließt. Darf sie kommen, wird sie irgendwann sanfter und möchte weiterziehen. Sie behält jedoch immer einen besonderen Platz in eurem Leben, weil die Liebe zu eurem Kind nie enden wird, da könnt ihr euch sicher sein.
Trauern ist Liebe und somit wird sie auch immer ein Teil von euch sein. Dieser Teil tut am Anfang unsagbar weh, er verwandelt sich aber irgendwann und mit der Zeit in tiefe Liebe zu eurem Kind.
Da ihr beide immer nur kurze Strecken auf eurem Trauerweg gemeinsam gehen werdet, ist es hilfreich, wenn ihr das Verhalten des anderen besser versteht. Das kann dazu führen, dass es zu weniger Missverständnissen zwischen euch kommt und ihr es schafft, ein tiefergehendes Verständnis füreinander zu entwickeln, welches ihr für euren Trauerweg benötigt.
Wie viele Eltern, die ein Kind verloren haben, möchte auch ich nicht, dass meine Lila in Vergessenheit gerät. Aus diesem Grund und weil ich euch in der schwersten Zeit eures Lebens Mut machen und bestärken möchte, habe ich dieses Buch geschrieben.
Unsere Kinder gab es, auch wenn sie vielleicht nur sehr kurz bei uns waren. Sie waren auf einer Reise, haben uns besucht und sind viel zu früh weitergezogen. Ich möchte durch den Titel meines Buches „Nur zu Besuch“ dem Tod ein liebevolleres Gewand geben. Ein Bild vom Tod, welches tragen darf und nicht zusätzlich schwächt.
Unsere Kinder waren da. Manche von ihnen etwas kürzer, andere länger, eben nur zu Besuch.
Ein Kind zu verlieren ist das Traurigste, was Eltern passieren kann, und macht am Anfang vor allem eines: ohnmächtig. Eine derartige Krise als Paar meistern zu müssen, macht außerdem hilflos und überfordert.
Dieses Buch möchte euch als Paar darin bestärken und ermutigen, euren ganz individuellen und vor allem persönlichen Trauerweg zu gehen. Es möchte euch als trauernden Eltern Orientierung schenken, damit ihr gestärkt aus der Krise hervorgehen könnt. Eine solche Krise zu meistern ist schwer, aber möglich.
Trauern ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Ich möchte euch mit diesem Buch Handwerkszeug, Übungen und Strategien an die Hand geben, damit ihr die Krise gemeinsam als Paar bewältigt. Die Angebote sind mit einem Diamanten gekennzeichnet und können Schritt für Schritt nachvollzogen werden. Seht diese bitte immer als eine Möglichkeit von mehreren. Gut wäre, wenn ihr Verschiedenes ausprobiert und danach entscheidet, was zu euch passt.
Fühlt euch bitte bei den Übungen ganz frei. Ihr könnt sie entweder Schritt für Schritt durchführen und ausprobieren oder ihr geht die Übungen gedanklich durch. Gut wäre, wenn jeder für sich entscheidet, was sich für ihn bzw. sie richtig anfühlt. Ihr müsst auch nicht alle Übungen zwangsläufig zusammen durchführen. Nur eines ist wichtig, und zwar dass ihr euch mit den verschiedenen Themen auseinandersetzt. Wie ihr das machen wollt, das entscheidet ihr.
Resilienz ist innere Stärke, die uns durch schwere Zeiten trägt. Die uns durch den Sturm hilft, wenn der Wind am härtesten weht. In diesem Buch findet ihr Übungen und Impulse, mit denen ihr eure Resilienz stärken könnt.
Im Buch verteilt findet ihr außerdem in Kästen die Erfahrungsberichte von anderen betroffenen Eltern. Sie erzählen euch ihre Geschichten, wie sie den Verlust erlebt haben und was ihnen geholfen hat, die Krise zu bewältigen. Meine eigene Geschichte, aber auch die Erfahrungen aus meiner täglichen Arbeit fließen in dieses Buch mit ein. Wie ihr merkt, seid ihr nicht allein.
Während der Trauer fällt es nicht immer leicht, längere Texte zu lesen oder sich zu konzentrieren. Am besten ihr benutzt das Buch so, dass es gut in euren Alltag passt. Ihr könnt es Stück für Stück lesen und auch mal zu Seite legen. Dieses Buch wurde nicht dafür geschrieben, dass es in einem Ritt gelesen werden muss. Vielmehr dürft ihr die Kapitel lesen, die für euch in einer bestimmten Phase gerade wichtig und vor allem dran sind.
Für verstorbene Kinder gibt es umgangssprachlich verschiedene Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel Sternen-, Schmetterlings- oder Himmelskinder. Auch die Eltern finden sich in unterschiedlichen Bezeichnungen wieder, wie zum Beispiel Sternenkindeltern oder verwaiste Eltern. Doch nicht jeder Mensch fühlt sich mit diesen Begriffen wohl und das muss auch nicht sein. An dieser Stelle wäre es gut, wenn ihr für euch eine Bezeichnung wählt, mit der ihr euch identifizieren könnt.
Trauern ist ein individueller Prozess und dieses Buch könnt ihr auch als einen Prozess ansehen. Integriert es in euren ganz persönlichen Trauerweg. Nur Mut. Ihr macht das gut! Eure Liebe ist kostbar.
Ihr habt euer Kind verloren und das ist das Traurigste, was Eltern passieren kann. Nichts ist mehr, wie es war und die Trauer erscheint grenzenlos. Und doch ist es möglich, dass ihr beide zusammen als Paar wieder in euer Leben zurückfindet. Dieses Kapitel hilft euch dabei, die Verarbeitung einzuleiten.
Vielleicht fragt ihr euch, ob man so einen schweren Schicksalsschlag jemals verarbeiten wird. Einfach weiterleben ohne das eigene Kind, wie soll das gehen? Wie jemals wieder glücklich werden, wenn doch jemand ganz Wichtiges fehlt? Wie kann unsere Beziehung so etwas Schlimmes aushalten? Wie können wir den Schmerz je ertragen?
Den Tod des eigenen Kindes zu verarbeiten, ist eine enorm große Aufgabe, der man eigentlich nicht gewachsen sein kann. Stirbt ein Kind, haben einige Eltern das Gefühl, dass auch ihr Leben vorbei sei.
Nein, Zeit heilt nicht alle Wunden. Nicht, wenn das eigene Kind stirbt. Aber ihr könnt lernen, mit dem Unfassbaren zu leben.
Die Vorfreude auf ein gemeinsames Leben mit eurem Kind war groß und plötzlich musstet ihr viel zu früh Abschied nehmen. Euer Kind ist ein Geschenk eurer Liebe und ihr hattet euch die Zukunft anders ausgemalt. Eigentlich wollen doch alle Eltern das eigene Kind beim Aufwachsen beobachten, ihm die Welt zeigen und gemeinsam Meilensteine feiern. Und all das könnt ihr nicht mehr tun, denn euer Kind ist nicht mehr da.
Viele Eltern spüren, nachdem sie vom Tod ihres Kindes erfahren haben, eine innere Lähmung. Es fühlt sich so an, als könne man sich selbst nicht mehr richtig spüren.
Für Außenstehende ist es nur schwer nachvollziehbar, dass eine Fehlgeburt auch schon im Frühstadium der Schwangerschaft als großer Verlust erlebt werden kann. Die Bindung an ein Kind beginnt jedoch ab dem Tag, an dem sich die Eltern für ein Kind entschieden haben. Ab diesem Tag ist das Kind in den Gedanken der Eltern und auch, wenn es noch nicht geboren ist, einfach immer da.
Vielleicht unterscheidet sich die Trauer etwas von der Trauer der Eltern, die ihr Kind zu einem späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft oder danach verloren haben. Es macht jedoch keinen Unterschied, denn sie ist trotzdem da.
„‚Wenn die Nächte am dunkelsten sind, ist der Morgen nicht weit‘ – wie oft ging mir diese Strophe durch den Kopf, als ich im Krankenhaus neben dem Bett von meinem Kind saß. Ich berührte und streichelte es von früh bis abends und immer mit der großen Hoffnung im Herzen, dass doch noch alles irgendwie gut ausgeht.
Mit einem Bild vor Augen, wie wir beide vom Krankenhaus abgeholt werden. Ich wollte mir etwas Schönes anziehen und überall waren Luftballons.
Mir wurde mal gesagt, dass Zukunftsbilder über schlimme Zeiten hinweghelfen, und das tun sie, aber sie werden nicht immer Realität.
Wie gerne hätte ich mich hübsch gemacht und mein zauberhaftes Baby voller Stolz aus der Klinik getragen. Dieses Zukunftsbild wurde aber nicht wahr.“
Eine Mutter
Erhalten Eltern vom Arzt die niederschmetternde Mitteilung vom Tod ihres Kindes, dann erleben die meisten von ihnen einen Schock. Vielleicht habt ihr das Gefühl, es läuft ein Film ab, mit dem ihr aber selbst nichts zu tun habt. Die Umwelt wie durch einen Schleier wahrzunehmen, ist ein Schutz eurer Psyche vor totaler Überforderung.
Der Schock kann abhängig von der Situation ein paar Stunden, Tage oder Wochen andauern. Er kann in euch das Bedürfnis nach Rückzug hervorrufen.
Im Schockzustand steigt der Adrenalinspiegel, welcher die Denkfähigkeit herabsetzt. Menschen, die einen Schock erleben, fühlen sich wie in einer Erstarrung und erleben innerlichen Stress.
Grundsätzlich dürft ihr den für euch besten Weg finden, um mit der Nachricht und dem Schock umzugehen. Vielleicht möchtet ihr mit anderen über euren Verlust reden, vielleicht aber auch nicht. Wenn ihr weinen wollt, dann weint und es ist ganz egal, ob euch jemand dabei zusieht. Möchtet ihr schreien, dann lasst euren Schmerz raus, aber achtet darauf, dass ihr dabei niemanden durch eure Worte oder körperlich verletzt.
Um das eigene Kind zu trauern oder Trauerbewältigung heißt nicht, dass ihr euer Kind loslassen oder es gar vergessen sollt. Es kann auch sein, dass euch am Tag der Fehlgeburt, des Entbindungstermins, am Himmelsgeburtstag oder am Todestag in jedem Jahr wieder tiefe Traurigkeit überkommt.
Trauern ist Liebe und die Liebe zu eurem Kind wird nie vergehen.
„Bei unserer fünften Fehlgeburt war es ein riesiger Schock, denn wir haben schon das Herzchen schlagen gesehen und es hat sich jede Woche weiterentwickelt. Auch die Ärzte gaben uns allen Anlass zum Hoffen, nur um dann wieder den Satz zu hören ‚Ich kann keinen Herzschlag mehr finden‘. Dieser Satz hat uns regelrecht den Boden unter unseren Füßen weggezogen.
Wieder mal mussten wir eine Hoffnung und eine Zukunft begraben, ohne zu wissen, ob jemals eine Zukunft mit Kind möglich sein würde. Darauf folgte eine sehr lange Zeit der Trauer mit vielen Tränen und vielen Gesprächen zwischen uns.
Mein Mann konnte wochenlang keinen Ton mehr singen und seitdem ist er auch viel näher am Wasser gebaut. Was wir gerade bei diesem Verlust realisieren mussten, ist, dass wir nichts unter Kontrolle haben, egal wie sehr wir versuchen, es zu kontrollieren.
Leben und Tod liegen niemals in unseren Händen, sondern werden gegeben und genommen. Wünsche und Pläne gehen nicht in Erfüllung, nur weil man fest genug dran glaubt oder daran arbeitet.“
Eltern
Der Tod eines Kindes trifft Eltern meist unerwartet. Umso schwerer ist es, die Wirklichkeit des Verlustes, den Tod, zu verstehen und zu begreifen. Mit der Zeit zu erkennen: Unser Kind ist wirklich nicht mehr da. Wir träumen nicht.
Die Tatsache, dass ihr den Tod eures Kindes erstmal realisieren müsst, ist die erste und gleichzeitig eine unendlich schwere Aufgabe. Vielleicht kommen euch immer wieder die gleichen Gedanken in den Sinn, in denen ihr euch fragt: „Ist das wirklich wahr?“ oder „Ist das wirklich passiert?“
Wenn ihr euch nicht verabschieden konntet, dann fällt das Begreifen besonders schwer. Wie auch begreifen können, wenn man vor der Narkose noch schwanger war und auf einmal nicht mehr. Vielleicht hattet ihr auch ganz viel Angst, euer totes Kind zu sehen, weshalb ihr das Kennenlernen abgelehnt habt. Und vielleicht wünscht ihr euch jetzt, dass ihr diese Entscheidung rückgängig machen könntet, aber es geht nicht.