Nutzfische und Krebse - Werner H. Baur - E-Book

Nutzfische und Krebse E-Book

Werner H. Baur

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  • Herausgeber: Enke
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Fischkrankheiten schnell erkennen, vorläufige Diagnosen stellen und sachgerechte Maßnahmen ergreifen: ein übersichtlicher Leitfaden für Praktiker. o Allgemeine Grundlagen (z.B. Informationen zur Gewässergüte) o Krankheiten aller heimischen Süßwasserfische und Krebse o Bekämpfung von Fischseuchen Neu in der 3. Auflage o Aktualisierung/Ergänzung der Gesetze und Richtlinien. o Vollständige Überarbeitung des gesamten Inhalts.

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Seitenzahl: 520

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Werner H. BaurGrit BräuerJörg Rapp

Nutzfische und Krebse

Lebensraum, Erkrankungen und Therapie

3., vollständig überarbeitete Auflage

mit 147 Abbildungen

Vorwort zur 3. Auflage

Seit der zweiten Auflage von „Gesunde Fische“ sind inzwischen 8 Jahre vergangen. Nun halten Sie die 3., überarbeitete Auflage in neuem Layout und mit verändertem Titel in den Händen.

Durch das Zusammentragen von neuen Erkenntnissen und Fakten aus Publikationen in Fachzeitschriften haben wir die Themen aus dem Inhalt des Buches auf aktuellem Stand behandelt und den Stoff in Verbindung mit eigenen Erfahrungen und Untersuchungsergebnissen verarbeitet. Es war der ausdrückliche Wunsch des Verlags, den Text mit vielen farbigen Bildern zu versehen. Krankheiten der Süßwasserfische und Krebse, die nur außerhalb des mitteleuropäischen Raumes vorkommen, wurden nur dann berücksichtigt, wenn zu befürchten ist, dass sie kurz- oder mittelfristig in unsere Breiten vordringen könnten.

Seit dem Erscheinen der 2. Auflage im Jahr 2002 hat die Europäische Union 12 neue Mitgliedsstaaten aufgenommen. Der globale und der innergemeinschaftliche Handel mit lebenden Fischen und befruchteten Fischeiern, mit nicht heimischen Fischarten und Krebsen hat der Fischerei viele Probleme beschert. Mehrere neue Richtlinien, die von zahlreichen Verordnungen und Kommissionsentscheidungen begleitet und ergänzt wurden, sowie die in nationales Recht umgesetzten Bestimmungen sind seither zu beachten. Wir haben uns bemüht, die wichtigsten rechtlichen Aspekte und ihre Auswirkungen kurz, sachlich und verständlich zu formulieren.

Wie bei den ersten Auflagen war es unsere Absicht, ein breites Spektrum von interessierten Lesern zu erreichen, insbesondere praktizierende Fischzüchter und Gewässerwarte. Dem Amtstierarzt kann und soll dieses Buch eine schnelle Information bieten. Dem Angler, den Studenten der Tiermedizin und anderen interessierten Zielgruppen soll es ein verständliches Buch zur Einführung in das Fachgebiet und zum Nachschlagen sein. So haben wir bewusst darauf geachtet, dass spezielle medizinische und naturwissenschaftliche Kenntnisse zum Verständnis der Texte nicht notwendig sind. Unverzichtbare Fachausdrücke werden erklärt.

Es ist uns ein Anliegen, all denen Dank zu sagen, die mit Informationen und Bildern zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben. In diesen Dank schließen wir vor allem die Mitarbeiterinnen des Verlags ein, insbesondere Frau Gesina Cramer, Frau Yvonne Neubauer, Frau Dr. Christina Lauer und Frau Dr. Ulrike Arnold.

Herbst 2010

Werner H. Baur, Fronreute Grit Bräuer, Dresden

Inhalt

Vorwort zur 3. Auflage

1 Gesunde Umwelt für gesunde Fische

1.1 Die wichtigsten Vorgaben der Europäischen Union (und des Bundes)

1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten der WRRL

1.1.2 Hydromorphologische Qualitätskomponenten der WRRL

1.1.3 Physikalisch-chemische Qualitätskomponenten der WRRL

1.1.4 Arten- und Biotopschutz der Flora-Fauna-Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie

1.2 Verbesserung der aquatischen Ökosysteme

1.2.1 Verbesserung von Fließgewässern

1.2.2 Verbesserung von stehenden Gewässern

1.3 Die wichtigsten chemisch-physikalischen Wasserparameter

1.3.1 Wasserparameter der Fischgewässerrichtlinie

1.3.2 Weitere wichtige Wasserparameter

1.3.3 Die wichtigsten Parameter im Überblick

2 Gute fachliche Praxis für gesunde Bestände

2.1 Gefahren unsachgemäßen Beangelns

2.1.1 Auswirkungen selektiven Befischens

2.1.2 Gefahr durch Köderfische

2.1.3 Rückbesatz von unerwünschten Fischen

2.1.4 Rückbesatz untermaßiger und geschonter Fische

2.1.5 Hältern von geangelten Fischen

2.2 Ausgewogener Fischbestand durch Besatz?

2.2.1 Gerechtfertigter und ungerechtfertiger Besatz

2.2.2 Besatz als Problem

2.2.3 Besatz mit gebietsfremden Arten

2.3 Gesundheitsrelevante Aspekte der Bewirtschaftung

2.3.1 Besatzdichte

2.3.2 Gestörte Atmung und ihre Folgen

2.3.3 Teil- oder Sättigungsfütterung?

2.3.4 Gute Kondition kann wirkungsvoll schützen

2.3.5 Überfischung der Bestände

2.3.6 Raubfische als Regulativ

2.3.7 Schädigungen durch elektrischen Strom

2.3.8 Sachgemäßer Fischtransport

2.3.9 Der Fischeinsatz

2.4 Die Gefahren durch fischfressende Vögel

2.4.1 Die Bestandsentwicklung der Kormorane

2.4.2 Die Gefährdung der genetischen Ressourcen

2.4.3 Die ökonomischen Schäden

2.4.4 Das Infektionsrisiko

2.4.5 Der Einstieg in das Kormoranmanagement

2.5 Umweltbedingte Erkrankungen

2.5.1 Schädigung der Fischeier

2.5.2 Gasblasenerkrankung

2.5.3 Kiemenschwellung

2.5.4 Kiemennekrose (KN)

2.5.5 Nephrokalzinose

2.5.6 Säure- und Laugenkrankheit

2.5.7 Sonnenbrand und Frostschäden

2.5.8 Gesundheitsrelevante Folgen der Klimaveränderung

2.5.9 Das gesundheitsrelevante Potenzial von Neozoen

3 Parasitenbefall bei Nutzfischen

3.1 Erkrankungen durch Außenparasiten (Ektoparasiten

3.1.1 Bexfall mit Apiosoma (Glossatella) und Epistylis

3.1.2 Befall mit Cryptobia branchialis

3.1.3 Befall mit Ichthyobodo (Costia necatrix)

3.1.4 Befall mit Chilodonella

3.1.5 Befall mit Trichodina/Trichodinella

3.1.6 Amöbose der Kiemen bei Salmoniden (Amoebic Gill Disease, AGD

3.1.7 Grießkörnchen- oder Weißpünktchenkrankheit (White Spot Disease) durch Ichthyophthirius multifiliis

3.1.8 Befall mit Haut- und Kiemensaugwürmern (monogene Trematoden)

3.1.9 Befall mit Fischegeln (Hirudinea)

3.1.10 Befall mit parasitischen Krebsen (Crustacea)

3.1.11 Befall mit Fisch- oder Karpfenläusen (Branchiura)

3.2 Erkrankungen durch Innenparasiten (Endoparasiten)

3.2.1 Befall mit Blutflagellaten (Geißeltierchen)

3.2.2 Kokzidiose

3.2.3 Befall mit Hexamita (Hexamitose, syn. Octomitus-Befall)

3.2.4 Drehkrankheit der Salmoniden (Whirling Disease)

3.2.5 Schwimmblasenentzündung (SBE) der Karpfenbrut

3.2.6 Proliferative Nierenerkrankung der Salmoniden

3.2.7 Weitere durch Myxosporidien verursachte Erkrankungen

3.2.8 Befall mit digenen Trematoden

3.2.9 Befall mit Bandwürmern (Cestoden)

3.2.10 Kratzerbefall (Acanthocephala)

3.2.11 Befall mit Rundwürmern (Nematoden)

4 Bakterielle Erkrankungen der Nutzfische

4.1 Bakterielle Erkrankungen der Forellen und Salmoniden

4.1.1 Furunkulose

4.1.2 Infektion mit Flavobacterium psychrophilum

4.1.3 Kaltwasserkrankheit (Cold Water Disease) und Flossenfäule (Peduncle Disease)

4.1.4 Flossenschäden bei Forellenbrütlingen und -setzlingen

4.1.5 Bakterielle Kiemenschwellung (Bacterial Gill Disease, BGD)

4.1.6 Rotmaulkrankheit (Enteric Redmouth Disease, ERM)

4.1.7 Bakterielle Nierenerkrankung (Bacterial Kidney Disease, BKD)

4.1.8 Infektion mit Streptokokken

4.1.9 Botulismus

4.2 Bakterielle Erkrankungen der Karpfenartigen (Cypriniden)

4.2.1 Erythrodermatitis (ED) des Karpfens (Carp Erythrodermatitis, CE)

4.3 Bakterielle Erkrankungen des Aales

4.3.1 Süßwasseraalseuche, Rotseuche

4.4 Bakterielle Erkrankungen der Welse

4.4.1 Edwardsiellosis

4.5 Weitere bakterielle Erkrankungen bei verschiedenen Fischarten

4.5.1 Motile Aeromonaden-Septikämie (MAS)

4.5.2 Fleckenseuche der Weißfische, Barsche, Aale und Hechte

4.5.3 Vibriose

4.5.4 Fischtuberkulose

5 Pilzerkrankungen der Nutzfische (Mykosen)

5.1 Pilzerkrankungen der Haut (Ektomykosen)

5.1.1 Saprolegnienbefall (Saprolegniasis)

5.2 Innere Pilzerkrankungen (Endomykosen)

5.2.1 Taumelkrankheit, Ichthyosporidium-(Ichthyophonus-)Krankheit

5.2.2 Kiemenfäule (Branchiomykose)

5.2.3 Epizootisches ulzeratives Syndrom (EUS)

6 Viruskrankheiten der Nutzfische

6.1 Viruskrankheiten der Salmoniden

6.1.1 Infektiöse Lachsanämie (Infectious Salmon Anemia, ISA)

6.1.2 Forellenseuche (virale hämorrhagische Septikämie, VHS)

6.1.3 Infektiöse hämatopoetische Nekrose (IHN)

6.1.4 Infektiöse Pankreasnekrose (IPN)

6.1.5 Schlafkrankheit der Salmoniden (Sleeping Disease of Salmonids, SD)

6.1.6 Epizootische hämatopoetische Nekrose (Epizootic Haematopoietic Necrosis, EHN)

6.2 Viruskrankheiten der Cypriniden

6.2.1 Frühlingsvirämie des Karpfens (Spring Viremia of Carp, SVC)

6.2.2 Rhabdovirus-Infektion des Grasfisches

6.2.3 Koi-Herpesvirus-Infektion der Karpfen (KHV-I, Koi-Seuche)

6.2.4 Karpfenepitheliom, Pockenerkrankung des Karpfen (Epithelioma papulosum)

6.3 Viruskrankheiten der Aale

6.3.1 Herpesvirus-Infektion des Aals (HVAI)

6.3.2 Blumenkohlkrankheit des Aals

6.3.3 Eel-Virus-America (EVA)

6.3.4 Eel-Virus-European X (EVEX)

6.3.5 Eel Virus European (EVE)

6.4 Viruskrankheiten anderer Fischarten

6.4.1 Rotfleckenkrankheit der Hechtbrut (Pike Fry Rhabdovirus Disease, PFRD)

6.4.2 Iridovirus-Infektion des europäischen Welses (ESV)

6.4.3 Lymphocystiskrankheit

7 Krankheiten ohne bekannte Ursache

7.1 Ulzerative Dermalnekrose (UDN)

7.2 Bachforellensterben im nördlichen Alpenvorland aus nicht geklärter Ursache

8 Krankheiten und Parasiten heimischer Krebse

8.1 Gesundheitsrelevante Aspekte der Bewirtschaftung

8.1.1 Zur Überlegenheit amerikanischer Krebse

8.1.2 Zur Veränderung der Biozönosen durch Krebse

8.1.3 Besatz mit Krebsen

8.2 Pilzkrankheiten der Krebse (Mykosen)

8.2.1 Krebspest

8.2.2 Saprolegniose

8.2.3 Brandfleckenkrankheit

8.3 Parasitäre Krankheiten der Krebse

8.3.1 Porzellankrankheit

8.3.2 Krebsegel

9 Behandlung von Nutzfischen

9.1 Arten der Arzneimittelanwendung

9.1.1 Äußere Behandlungen, Bäder

9.1.2 Behandlung über das Futter

9.1.3 Behandlung durch Injektion

9.2 Wichtige gesetzliche Vorschriften

9.2.1 Arzneimittelgesetz (AMG) und weitere Verordnungen

9.2.2 Tierarzneimittel-Höchstmengenverordnung der EU

9.2.3 Tierhalter-Arzneimittel-Nachweisverordnung

9.3 Rechtliche Möglichkeiten zur Umwidmung von Arzneimitteln

9.4 Einfuhr von Arzneimitteln

9.5 Arzneimittel mit Standardzulassung

9.5.1 Formaldehyd

9.5.2 Kochsalz

9.5.3 Branntkalk und Hydratkalk

10 Impfung von Fischen

10.1 Allgemeines zur Impfung

10.2 Abwehrmechanismen der Fische

10.2.1 Unspezifisches Abwehrsystem

10.2.2 Spezifisches Abwehrsystem

10.3 Impfstoffe (Vakzine)

10.3.1 Totimpfstoffe

10.3.2 Lebendimpfstoffe

10.3.3 Rekombinante Impfstoffe

10.3.4 Mehrfachimpfstoffe (polyvalente Vakzine)

10.4 Impfmethoden und praktische Erfahrungen

10.4.1 Injektion

10.4.2 Sprühverfahren

10.4.3 Impfung im Tauchbad oder Kurzzeitbad

10.4.4 Impfbad oder Impfung im Langzeitbad

10.4.5 Orale Impfung

10.4.6 Praktische Erfahrungen mit der Impfung von Fischen

10.5 Gesetzliche Bestimmungen in Deutschland

11 Desinfektion in der Fischzucht

11.1 Reinigung

11.2 Desinfektionsmethoden

11.2.1 Physikalische Methoden

11.2.2 Chemische Methoden

11.3 Strategie der Desinfektion und Desinfektionsmittel

11.3.1 Desinfektionskonzept

11.3.2 Desinfektionsmittel

11.4 Herstellung einer Lösung mit einer bestimmten Konzentration

12 Bekämpfung von Fischseuchen in der EU

12.1 Bedeutung der Fischseuchenbekämpfung

12.2 Konzept der EU zur Verhütung (Prophylaxe) und Bekämpfung von Fischseuchen

12.2.1 Fischkrankheiten, welche in der EU gezielt zu bekämpfen sind

12.2.2 Maßnahmen zur Seuchenabwehr

12.3 Praktische Hinweise zur Vermeidung der Ansteckung und zur Sanierung infizierter Betriebe

12.3.1 Prophylaktische Maßnahmen

12.3.2 Sanierungsmaßnahmen nach einer Infektion

12.3.3 Tipps für Gewässerwarte

13 Fischsterben und seine Regulierung

13.1 Ursachen und Folgen

13.1.1 Umweltbedingte Fischsterben

13.1.2 Krankheitsbedingte Fischsterben

13.2 Sofortmaßnahmen bei Fischsterben

13.2.1 Rettung des Restbestandes

13.2.2 Weitere Maßnahmen

13.3 Die Schadensregulierung

13.3.1 Ökonomische Schäden

13.3.2 Ökologische Schäden

13.3.3 Sonstige Kosten

14 Bundesforschungsinstitute, Hochschulinstitute, Ländereigene Fischereiinstitute, Fischgesundheitsdienste, Untersuchungsstellen und Landeslabore

15 Glossar

16 Literatur

1 Gesunde Umwelt für gesunde Fische

Werner H. Baur

1.1 Die wichtigsten Vorgaben der Europäischen Union (und des Bundes)

Die Richtlinie 2000/60/EG der EU vom 23.10.2000 „zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“, kurz „Wasserrahmenrichtlinie“ (WRRL), ist für die Gesundheit der Fischbestände von wesentlicher Bedeutung; ihre Umsetzung bringt für die Oberflächengewässer den „guten ökologischen Zustand“ – eine wesentliche Voraussetzung für gesunde Fischbestände als Ergebnis einer integrierten Wasserpolitik. Im Rahmen der Umsetzung der WRRL in nationales Recht wurden das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes, die Landeswasser- und andere Gesetze entsprechend geändert und neue Verordnungen erlassen (z. B. die Gewässerbeurteilungsverordnung Baden-Württemberg vom 30.08.2004).

Folgende Ziele sind vorgegeben:

der „gute ökologische“ und der „gute chemische Zustand“ der Oberflächenwasserkörper

das „gute ökologische Potenzial“ und der „gute chemische Zustand“ der künstlichen oder erheblich veränderten Oberflächenwasserkörper

die Reduzierung der Belastung durch Schadstoffe

der „gute mengenmäßige“ und der „gute chemische Zustand“ des Grundwassers

ein Verschlechterungsverbot für alle Oberflächenwasserkörper und das Grundwasser

Bis Dezember 2009 waren für die jeweiligen Einzugsgebiete Bewirtschaftungspläne zu erstellen und zu veröffentlichen, ebenso Maßnahmenprogramme, deren Umsetzung auf Dezember 2012 terminiert ist, sodass der mindestens „gute ökologische Zustand“ der Oberflächengewässer bis Ende 2015 erreicht wird (Zielwert). Ausnahmeregelungen lassen Fristverlängerungen bis zu zweimal 6 Jahren zu.

Für jeden Oberflächenwasserkörpertyp sind unter Berücksichtigung der Ökoregion typspezifische biologische (vorrangig), hydromorphologische (unterstützend) und physikalisch-chemische Bedingungen (unterstützend) festzulegen, die die Qualitätskomponenten abbilden, die dem „sehr guten ökologischen Zustand“ entsprechen (typspezifische Referenzbedingungen gem. Anhang II). Das ergibt die Messlatte für die Bewertung der jeweiligen Wasserkörper, für die 5 Einstufungen vorgegeben sind (Anhang V). Für jede Flussgebietseinheit werden amtliche Karten erstellt, in die mit Farbkennungen die Einstufung des ökologischen Zustandes erfolgt (▶Tab. 1.1).

1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten der WRRL

Der „sehr gute ökologische Zustand“ (Referenz) wird definiert als der Zustand, bei dem keine oder nur sehr geringfügige, von Menschen verursachte (anthropogene) Änderungen der Werte für die physikalisch-chemischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten zu verzeichnen sind. Die Werte für die biologischen Qualitätskomponenten entsprechen denen, die bei Abwesenheit störender Einflüsse mit dem betreffenden Gewässertyp einhergehen, und zeigen keine oder nur sehr geringfügige Abweichungen.

Der „gute ökologische Zustand“ ist gegeben, wenn die Werte der biologischen Qualitätskomponenten lediglich „geringe anthropogene Abweichungen“ anzeigen, nur in geringem Maße von den Werten abweichen, die ohne störende Einflüsse mit dem jeweiligen Gewässertyp einhergehen. Gewässer werden als „gut“ beurteilt, wenn außerdem keine Überschreitungen der Umweltqualitätsnormen für spezifische Schadstoffe auftreten. Werden diese Normen aber überschritten, erfolgt die Einstufung des Gewässers als (mindestens) „mäßig“, auch wenn die biologischen Bedingungen als „gut“ beurteilt würden.

▶ Tab. 1.1 Einstufung der Gewässer und ihre Farbkennung gemäß WRRL.

Einstufung des ökologischen Zustandes

Farbkennung auf amtlichen Karten

sehr gut

blau

gut

grün

mäßig

gelb

unbefriedigend

orange

schlecht

rot

Die Einstufung von Oberflächenwasserkörpern als „mäßig“, „unbefriedigend“ oder „schlecht“ erfolgt über die biologischen Qualitätskomponenten; wenn die Abweichungen „mäßig“ und „signifikant“ sind (mäßiger Zustand), die Biozönosen „erheblich“ von den typspezifischen Erwartungen abweichen (unbefriedigender Zustand) oder ganz fehlen (schlechter Zustand), besteht Handlungsbedarf.

Phytoplankton

Das Phytoplankton (Algen) reagiert sehr empfindlich auf Störungen, der Eintrag von Nährstoffen (wie Phosphor und Stickstoff) mag dafür als ein Beispiel genügen. In ▶Tab. 1.2 sind die wichtigsten Vorgaben stichpunktartig zusammengefasst.

Makrophyten und Phytobenthos

Makrophyten (höhere Wasserpflanzen wie Schilf, Rohr, Binsen, Hornkräuter, Laichkräuter usw.) und Phytobenthos (niedere pflanzliche Besiedelung des Gewässergrundes) sind nicht nur von den physikalisch-chemischen Bedingungen abhängig, sondern können diese (ebenso wie die frei schwebenden Algen, das Phytoplankton) selbst massiv beeinflussen. Beides wird in den Vorgaben der WRRL berücksichtigt (▶Tab. 1.3).

▶ Tab. 1.2 Einstufung der Gewässer nach der Qualitätskomponente „Phytoplankton“.

Sehr guter Zustand

Guter Zustand

Mäßiger Zustand

Zusammensetzung entspricht (nahezu) vollständig dem ungestörten Zustand

Sichttiefe wird nicht signifikant verändert

Häufigkeit der Planktonblüten entspricht den gewässertypspezifischen Bedingungen

Zusammensetzung weicht geringfügig von typspezifischen Gemeinschaften ab

kein beschleunigtes Wachstum von Algen

biologisches Gleichgewicht wird nicht gestört

leichter Anstieg der Häufigkeit und Intensität der Planktonblüten möglich

Zusammensetzung weicht mäßig von typspezifischen Gemeinschaften ab

gesteigerte Häufigkeit kann zu Störungen bei anderen Qualität komponenten führen

mäßiger Anstieg der Häufigkeit und Intensität der Planktonblüten möglich (im Sommer auch anhaltend)

▶ Tab. 1.3 Einstufung der Gewässer nach der Qualitätskomponente „Makrophyten und Phytobenthos“.

Sehr guter Zustand

Guter Zustand

Mäßiger Zustand

die Artenzusammensetzung entspricht (nahezu) vollständig dem ungestörten Zustand

Artenzusammensetzung und Häufigkeit weichen geringfügig vom ungestörten Zustand ab

noch kein beschleunigtes Wachstum, noch keine Störung des Gleichgewichts oder der Qualität des Wassers und Sediments

Phytobenthos wird nicht durch anthropogene Bakerienzotten oder -beläge beeinträchtigt

Artenzusammensetzung weicht mäßig vom ungestörten Zustand ab

es sind mäßige Änderungen der Häufigkeiten erkennbar

Phytobenthos kann durch anthropogene Bakerienzotten oder -beläge beeinträchtigt und verdrängt werden

Benthische wirbellose Fauna

Die WRRL greift auch auf die klassische Gewässergütebestimmung mittels Makrozoobenthos (benthische, also auf/im Boden lebende wirbellose Tiere, im allgemeinen Sprachgebrauch oft als „Fischnährtiere“ bezeichnet) zurück (▶Tab. 1.4).

Fischfauna

Die Fischfauna wird in der WRRL erstmals als Indikator für den Zustand der Oberflächengewässer und deren Überwachung zum nachhaltigen Gewässermanagement verwendet. Da viele Fischarten sehr empfindlich auf anthropogene Einflüsse reagieren, sind sie gute Indikatoren für den ökologischen Zustand von Oberflächenwasserkörpern. Die WRRL macht die in ▶Tab. 1.5 aufgelisteten Vorgaben.

Um die ökologische Zustandsbewertung von Fließgewässern anhand der Fischfauna leisten zu können, wurde von Mai 2001 bis Oktober 2003 das fischbasierte Bewertungssystem (fiBS) entwickelt und im Mai 2004 den Nutzern als Excelbasierte Softwareanwendung im Internet zur Verfügung gestellt. Das fiBS wird aufgrund praktischer Erfahrungen immer wieder aktualisiert [81].

1.1.2 Hydromorphologische Qualitätskomponenten der WRRL

Die WRRL benennt als Qualitätskomponenten für die Einstufung der Fließgewässer nicht nur primär die biologischen und (unterstützend) chemisch/physikalischen, sondern (ebenfalls unterstützend) auch hydromorphologische Komponenten. Dazu zählen neben dem „Wasserhaushalt“ (Abfluss und Abflussdynamik, Verbindung zum Grundwasser) auch die „Durchgängigkeit“ und „morphologische Bedingungen“ (Tiefen- und Breitenvariation, Struktur und Substrat des Flussbettes, Struktur der Uferzone). Bei den Seen werden (ebenfalls unterstützend) der „Wasserhaushalt“ (Wasserstandsdynamik, Erneuerungszeit, Verbindung zum Grundwasser) und „morphologische Bedingungen“ (Tiefenvariation, Menge, Struktur und Substrat des Gewässerbodens, Struktur der Uferzone) aufgelistet.

▶ Tab. 1.4 Einstufung des Gewässers nach der Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“.

Sehr guter Zustand

Guter Zustand

Mäßiger Zustand

Häufigkeit und Artenzusammensetzung entsprechen (nahezu) vollständig dem ungestörten Zustand

Artenvielfalt und der Anteil störungsempfindlicher Arten entsprechen dem ungestörten Zustand

Artenzusammensetzung und Häufigkeit weichen geringfügig von gewässertypspezifischen Gemeinschaften ab

Artenvielfalt und die störungsempfindlichen Arten zeigen geringfügige Abweichungen von gewässertypspezifischen Werten

Artenzusammensetzung und Häufigkeit weichen mäßig von gewässertypspezifischen Gemeinschaften ab

wichtige Arten der gewässertypspezifischen Gemeinschaften fehlen

störungsempfindliche Arten gehen zugunsten unempfindlicher Arten beträchtlich zurück

▶ Tab. 1.5 Einstufung der Gewässer nach der Qualitätskomponente „Fischfauna“.

Sehr guter Zustand

Guter Zustand

Mäßiger Zustand

Zusammensetzung und Häufigkeit der Arten entsprechen (nahezu) vollständig dem ungestörten Zustand

Altersstrukturen ungestört

alle typspezifischen störungsempfindlichen Arten sind vorhanden

geringe bzw. mäßige anthropogene Einflüsse auf physikalisch-chemische und hydromorphologische Komponenten

geringfügige Abweichungen von typspezifischen Gemeinschaften (Artenhäufigkeit und -zahl)

Altersstrukturen mit Störungen, Altersstufen können fehlen

mäßige Abweichungen von typspezifischen Gemeinschaften (Artenhäufigkeit und -zahl)

Altersstruktur mit größeren Störungen, mäßiger Teil der typspezifischen Arten fehlt oder ist selten

Am Beispiel der Fließgewässer wird im Folgenden näher auf die einzelnen Komponenten eingegangen.

Wasserhaushalt

Fließgewässer werden bezüglich ihres Wasserhaushaltes als in einem „sehr guten ökologischen Zustand“ befindlich eingestuft, wenn

die Wassermenge,

die Dynamik und

die Verbindung zum Grundwasser

vollständig (oder nahezu vollständig) den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse entsprechen. Die Verbauung zahlloser Fließgewässer beeinflusst derzeit massiv die Dynamik der Strömung und selbst die Verbindung zum Grundwasser ist in zahllosen Gewässern gestört (Kolmation).

Durchgängigkeit

Große Wasserkraftanlagen, z. B. Iffezheim am Rhein, sind zunehmend durchgängig gemacht worden, während kleine Kraftwerke häufig immer noch unpassierbar sind. 300 Anlagen von insgesamt 7300 in Deutschland erzeugen 96 % der elektrischen Energie, sodass 7000 Kleinkraftwerke zusammen noch 4 % produzieren (Resolution VHF, Juni 2008, S. 10). Angesichts dieser Zahlen müssen die ökologischen Schäden als unverantwortbar eingestuft werden.

In der Öffentlichkeit wird das Problem „Durchgängigkeit“ (Längsdurchgängigkeit, „lineare Durchgängigkeit“) meist auf Fische fokussiert: Zerstückelte Aale sorgen für Schlagzeilen und schockierende Bilder. Doch die WRRL greift weiter: „Durchgängigkeit“ meint eine „ungestörte Migration (aller) aquatischer Organismen“ ebenso wie den „Transport von Sedimenten“. Nur dann, wenn die Bedingungen es zulassen, dass die (mindestens „guten“) Werte der biologischen Qualitätskomponenten erreicht werden, kann eine Einstufung dieser hydromorphologischen Qualitätskomponente als „gut“ erfolgen: Wenn von 100 Aalen, die im Oberlauf des Neckar starten, bestenfalls einer unverletzt im Rhein ankommt, kann der Fluss nicht im „guten ökologischen Zustand“ sein. Maßnahmenprogramme, die im Rahmen der Vergrößerung der Schleusen in 2009 auf den Weg gebracht wurden, sollen dort Abhilfe schaffen.

Langdistanzwanderer, also die „Langstreckenschwimmer“ unter den Fischen, sind von den Querbauwerken massiv betroffen; deshalb sind auch diese Arten am meisten gefährdet. Einen Überblick gibt ▶Abb. 1.1 am Beispiel Baden-Württembergs.

Aber auch Stauwehre, die über Fischwanderhilfen verfügen, können problematisch sein, denn sie sind oft nur in eine Richtung voll passierbar, sodass diese für Laichwanderung, Nahrungswanderung, Wanderung zum Winterlager, zu Ausweichbewegungen, zum Bestandsdichteausgleich oder zur Neu- bzw. Wiederbesiedlung nur bedingt taugen. Eine „ungestörte Migration“ ist darüber hinaus vielen Wasserorganismen über die im Staubereich oft kilometerlang meterdick abgelagerten Schlammschichten nicht möglich, sodass eine Fischwanderhilfe, auch wenn sie gut funktioniert, noch keine „ungestörte Migration“ aller aquatischen Organismen begründet.

Dass die Strömungsgeschwindigkeit in Aufstiegshilfen den zu erwartenden Fischarten angepasst sein muss, zeigten neuere Versuche: Bei Strömungsgeschwindigkeiten von > 100 cm/s ging die Zahl der erfolgreichen Aufstiegsversuche von Hecht (▶Abb. 1.2) und Zander (▶Abb. 1.3) drastisch zurück.

Bei der Beurteilung einer Barriere darf grundsätzlich nicht die Sprungleistung von adulten sprungstarken Arten wie Forellen oder Elritzen die Messlatte sein, sondern die verschiedenen Lebensstadien und die schwächsten Springer sind das (verbindliche!) Maß und solche Arten, die überhaupt nicht springen (Äsche, Groppen, Gründlinge).

Versuche im Fließkanal belegten, dass Abstürze mit einer Fallhöhe über 5 cm (!) für viele Arten schon eine starke Barrierewirkung haben (▶Tab. 1.6).

Aus ökologischer Sicht rücken die Umgehungsgerinne immer mehr in den Blickpunkt des Interesses: In durch Stauhaltungen zerstückelten Fließgewässern sind sie „Rückzugsgebiete“ für strömungsliebende (rheophile) Arten, die sie nicht einfach nur durchwandern, sondern als Lebensraum annehmen [293]. So werden Umgehungsgerinne zu „ökologischen Leistungsgebieten“,von denen aus auch entfernt liegende defizitäre Gebiete mit Nachwuchs von strömungsliebenden Arten versorgt werden können [113]. Umgehungsgerinne werden so zu Ersatzbiotopen für Bachforellen, Schmerlen, Äschen, Hasel, Döbel, Gründling, Barbe und Co. [293].

▶Abb. 1.1 Gefährdung der Fischarten in Baden-Württemberg in Bezug zu ihrer Wanderleistung (Stand 2001) (aus: Schramm M. Können Fische Treppen steigen? Stuttgart: VFG; 2005 [291]).

▶Abb. 1.2 Häufigkeit der Aufstiegsversuche und der erfolgreichen Aufstiege bei Hechten von durchschnittlich 58,6 cm Länge bei 13,9 °C (nach: Knösche R. Verhalten und Leistungen von Hechten und Zandern an Fischpässen. Fischer & Teichwirt 2008 [183]).

▶Abb. 1.3 Häufigkeit der Aufstiegsversuche und der erfolgreichen Aufstiege bei Zandern von durchschnittlich 40 cm Länge bei 15,4 °C (nach: Knösche R. Verhalten und Leistungen von Hechten und Zandern an Fischpässen. Fischer & Teichwirt 2008 [183]).

▶ Tab. 1.6 Überblick zur quantitativen Barrierewirkung verschiedener Migrationshindernisse auf Kleinfischarten [45].

Das neue Wasserhaushaltsgesetz (WHG) schreibt fest, dass die Errichtung, die wesentliche Änderung und der Betrieb von Stauanlagen nur zugelassen werden dürfen, wenn durch geeignete Einrichtungen und Betriebsweisen die Durchgängigkeit erhalten oder wiederhergestellt wird (§ 34 (1)). Das Ableiten von Wasser ist nur zulässig, wenn eine Mindestwassermenge erhalten bleibt, die die ökologische Funktionsfähigkeit sichert (§ 33 WHG). Die Nutzung von Wasserkraft darf nur zugelassen werden, „wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden“ (§ 35). Entsprechen vorhandene Anlagen nicht den ökologischen Anforderungen, so sind die erforderlichen Maßnahmen „innerhalb angemessener Fristen“ durchzuführen (Abs. 2).

Morphologie

Ein „sehr guter ökologischer Zustand“ verlangt, dass die Laufentwicklung, die Variation von Breite und Tiefe, die Strömungsgeschwindigkeiten, die Substratbedingungen sowie die Struktur und die Bedingungen der Uferbereiche vollständig oder nahezu vollständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse entsprechen. Nur dann, wenn diese Bedingungen so gestaltet sind, dass der gute ökologische Zustand der biologischen Qualitätskomponenten erreicht wird, kann die Morphologie als „gut“ eingestuft werden.

Die Roten Listen aquatischer Organismen waren ursprünglich primär von der Abwasserbelastung begründet; heute sind es die Defizite im hydromorphologisch/strukturellen Bereich, die die Arten gefährden: Die veränderten Sedimente und das fehlende Geschiebe in Stauhaltungen vernichten Lebensgrundlagen vieler Arten, fehlende Unterstände bedeuten Stress für Fische, Förderung von Abwanderungstendenzen, fehlende Kiesbänke verhindern bei vielen Arten (Kieslaicher) erfolgreiche Fortpflanzung.

1.1.3 Physikalisch-chemische Qualitätskomponenten der WRRL

„Sehr guter“ ökologischer Zustand

Die physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten haben ebenso wie die hydromorphologischen nur unterstützende, ergänzende Funktion bei der Beurteilung der Gewässer anhand der (vorrangigen) biologischen Qualitätskomponenten. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass in der WRRL selbst keine konkreten Zahlen oder Höchstwerte bestimmter (Schad-)Stoffe angegeben sind. Es wird aber auf andere Richtlinien verwiesen, in denen solche aufgelistet sind, so z. B. auf die Richtlinien 91/414/EG (Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln) und 98/8/EG (Inverkehrbringen von Biozidprodukten).

Die WRRL macht (Beispiel Fließgewässer) folgende Vorgaben:

Für Fließgewässer wird geregelt, dass die Werte für die physikalisch-chemischen Komponenten nur dann einen „sehr guten Zustand“ signalisieren, wenn sie vollständig oder nahezu vollständig den Werten entsprechen, die bei Abwesenheit störender Einflüsse zu verzeichnen sind; das gilt auch für die Nährstoffkonzentrationen. Salzgehalt, pH-Wert, Säureneutralisierungsvermögen und Temperatur zeigen keine Anzeichen anthropogener Störungen.

Bezüglich der spezifischen synthetischen Schadstoffe wird vorgegeben, dass sie, wenn der sehr gute ökologische Zustand erreicht werden soll, nahe null oder zumindest unter der Nachweisgrenze der Analysetechnik liegen müssen.

„Guter“ ökologischer Zustand

Wenn Temperatur, Sauerstoffhaushalt, pH-Wert, Säureneutralisierungsvermögen und Salzgehalt nicht über den Bereich hinausgehen, innerhalb dessen die Funktionsfähigkeit des typspezifischen Ökosystems und die Einhaltung der Werte für die biologischen Qualitätskomponenten gewährleistet sind, kann die Bewertung „gut“ (Zielwert) erfolgen. Prinzipiell das Gleiche gilt für die Nährstoffkonzentrationen.

Die Konzentrationen der spezifischen synthetischen und nichtsynthetischen Schadstoffe dürfen nicht höher liegen als die Qualitätsnormen, die nach einem bestimmten Verfahren festgelegt werden, unbeschadet der Vorgaben der Richtlinien 91/414/EG und 98/8/EG (s. oben).

Nach einer ersten bundesweiten Erhebung (2000–2004) werden 61 % der untersuchten Fließgewässer ohne weitere Maßnahmen den guten ökologischen Zustand bis 2015 nicht erreichen, weitere 24 % werden als „unsicher“ eingestuft und lediglich bei 15 % wird die Zielvorstellung sicher erreicht werden. Bei Stillgewässern sieht es etwas besser aus, denn 38 % werden voraussichtlich den Zielwert „guter ökologischer Zustand“ bis 2015 erreichen [206].

„Mäßiger“ (und schlechterer) ökologischer Zustand

Ergeben die biologischen Qualitätskomponenten einen nur „mäßigen“ oder schlechteren Zustand, ist der Zielwert, der „gute“ ökologische Zustand, verfehlt, es besteht Handlungsbedarf. Dieser ist auch dann gegeben, wenn die biologischen Kriterien zwar einen „guten“, die physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten aber einen „mäßigen“ ökologischen Zustand ergeben.

1.1.4 Arten- und Biotopschutz der Flora-Fauna-Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie

Bereits 1992 haben die Mitgliedsstaaten der EU zur Sicherung (und Wiederherstellung) der biologischen Vielfalt die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, RL 92/43/EWG, ABl EG 1992, L 206/7) beschlossen, gefolgt von der Vogelschutzrichtlinie (RL 79/409/EWG, 1979). Es wurden Lebensräume von europäischer Bedeutung identifiziert und miteinander zum Schutzgebietssystem Natura 2000 verknüpft. Beide Richtlinien sind verbindlich umzusetzendes EU-Recht; die Normen sind längst in nationales Recht eingegangen (z. B. Bundesnaturschutzgesetz, BNatSchG), viele gelten aber auch unmittelbar.

Der Schutz der FFH-Richtlinie zielt auf besonders schutzwürdige Arten und auf schutzwürdige Lebensräume. In Anhang I sind besonders schutzwürdige natürliche und naturnahe Lebensraumtypen aufgelistet, in Anhang II die Pflanzen- und Tierarten, die als stark gefährdet gelten und für die deshalb besondere Schutzgebiete eingerichtet werden müssen. Für die in Anhang IV aufgelisteten Arten gelten strengere Vorgaben; sie sind gleichzeitig besonders „streng geschützt“.

Zu schützende Lebensräume

In Anhang I der FFH-RL sind natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse aufgelistet, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.

Je nach Schutzstatus gelten in den Schutzgebieten unterschiedlich strenge Vorgaben. So dürfen nach § 42 BNatSchG Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders geschützten Arten nicht beschädigt oder zerstört werden. Bei allen Eingriffen (Baurecht, Naturschutzrecht usw.) ist der Maßstab immer die ökologische Funktion, die es zu erhalten gilt.

Zu schützende Arten

In Anhang II der FFH-RL sind Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Dies gilt z. B. für Bachneunaugen, Flussneunaugen, Meerneunaugen, Huchen, Lachs, Rapfen, Strömer, Bitterling, Steinbeißer, Schlammpeitzger, Streber, Maifisch, Groppe und Dohlenkrebs. In Anhang IV sind streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten aufgelistet, so z.B. der Zingel und der Stör.

Je nach Schutzstatus gelten in den Schutzgebieten unterschiedliche Schutzregime: § 41 BNatSchG beinhaltet einen allgemeinen Grundschutz, § 42 ein erhöhtes Schutzniveau für „besonders“ und „streng“ geschützte Arten. Das geht über das Nachstellungs-, Besitz- und weit gefasste Tötungsverbot bis hin zu Zugriffs- und Störungsverbot, was z.B. durch Kanuverkehr über den Laichplätzen von Zingel (in der Donau), Strömer und Groppen relevant werden kann.

1.2 Verbesserung der aquatischen Ökosysteme

1.2.1 Verbesserung von Fließgewässern

Grundprinzip: Eliminierung von Bruchpunkten

Meist ist es hilfreich, zur Beurteilung von Ist-Zuständen und zur Planung von Verbesserungsmaßnahmen bei Handlungsbedarf eine Art Leitfaden zur Hand zu haben. Einen solchen will dieses Kapitel (auf gesunde Fische bezogen) skizzieren.

Die erste Frage lautet: Was ist das für ein Gewässer?

Im Rahmen der Umsetzung der WRRL wurden die Fließgewässer einem bestimmten Typ zugeordnet, dem Typ nämlich, der sich unter den gegebenen natürlichen Bedingungen (Höhenlage, Untergrund usw.) natürlicherweise ausbilden würde. An diesem Idealbild sollten wir unsere Gewässer vor Ort messen.

Beispiel: Ein Mittelgebirgsbach der Forellenregion im Allgäu oder in Oberschwaben ist charakterisiert durch vielfältige Mäander, hohe Breiten- und Tiefenvariation, abwechslungsreiche Ufer mit Erlen-, Hasel- und Eschenbepflanzung, abwechslungsreiche Sedimente (vom feinsten Sand in Ruhezonen an Gleithängen bis zu Schotterbänken), geringe sommerliche Erwärmung und hohen Sauerstoffgehalt.

Die zweite Frage lautet: Welche Fische leben in diesem Gewässer?

Angler wissen meist sehr genau, welche Arten in ihrem Gewässer leben. Ein Vergleich zwischen Referenzzustand und Ist-Wert bringt dann gegebenenfalls Defizite zutage. „Leben“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur, zu erfassen, welche Fischarten tatsächlich darin leben, sondern bezieht sich auf die natürlicherweise darin vorkommenden (also grundsätzlich ohne Besatz) und solche, die darin leben könnten. Wenn sich bestimmte Arten nur durch Besatz halten oder ganz fehlen, dann gibt es mindestens einen Faktor, der selektiv wirkt. Solche Faktoren, „Bruchpunkte“ in der Entwicklung einzelner Arten, gilt es zu identifizieren.

Die dritte Frage lautet: Welche Faktoren wirken selektiv?

Um diese identifizieren zu können, ist es zweckmäßig, die Lebensansprüche von

Eiern,

Larven,

Jungfischen (juvenilen) und

erwachsenen (adulten) Fischen

zusammenzustellen und dann zu prüfen, ob die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort bruchstellenfrei abgedeckt sind.

Um beim obigen Beispiel des Forellenbaches in Oberschwaben zu bleiben:

Eier können nur dort abgelegt werden, wo das richtige Laichsubstrat unter der richtigen Strömung in der richtigen Tiefe vorhanden ist.

Die Fischlarven können nur dort gedeihen, wo sie in den ersten Lebenstagen noch Schutz im sauberen, durchströmten Lückensystem des Bachbettes und dort dann später auch die richtige Nahrung finden.

Setzlinge brauchen Nahrungstiere in der richtigen Größe, und diese gibt es nur, wenn das Bachbett so reich strukturiert ist, dass sich immer die richtigen Futtertiere (Art und Größe) in ausreichender Menge darin entwickeln können, und dann müssen sich die Setzlinge auch noch verstecken können, um nicht selbst zu Nahrung zu werden.

Erwachsene (adulte) Forellen brauchen Versteckmöglichkeiten und Deckung, das richtige Futter in ausreichender Menge, Rauschen und strömungsberuhigte Zonen, in denen sie jagen und laichen können usw.

Es wird klar: Nur wenn die Bedürfnisse eines jeden Lebensabschnittes erfüllt sind, kann sich ein natürlicher Bestand entwickeln. Ist im Zyklus ein einziger wichtiger Punkt defizitär, kann er zum Bruchpunk werden, tritt Selektion ein.

Verbesserung der Sohle

Viele unserer Fließgewässer sind durch wasserbauliche Maßnahmen heute lebensfeindlich kanalartig ausgebaute Abflussgerinne; die Sohle ist häufig eben, ohne Struktur, geschaffen, um möglichst viel Wasser möglichst schnell abzuleiten (▶Abb. 1.4).

Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten, Strukturarmut als „Bruchpunkt“ zu vermeiden:

1. Strukturvielfalt schaffen. Wenn die aufsteigenden Huchen im Lech, Lachse und Maifische im Rheinsystem und die Forellen im Schwarzwald an potenziellen Laichplätzen kein geeignetes Laichsubstrat vorfinden, kann man dieses einbringen [205]. Das schafft sofort, leider aber meist nur vorübergehend Besserung.

In betonierten Kästen (▶Abb. 1.4) können einzelne größere Steine und/oder Steingruppen eingebracht (ggf. gesichert) schon eine Verbesserung bringen. Es gibt zumindest ansatzweise Ruhezonen, Versteckmöglichkeiten, andere Bruchpunkte aber bleiben. Wer massiv mit Wasserpflanzen besetzte Bäche so ausmäht, dass in der Mitte eine (geschwungene) Rinne entsteht, sorgt gleichzeitig dafür, dass sich dort die Strömungsgeschwindigkeit erhöht, Feinsediment abtransportiert und Kies freigelegt wird.

▶Abb. 1.4 Die Scherzach in Weingarten (Kreis Ravensburg): naturfern gestalteter Vorfluter, mit monotoner, befestigter Sohle und betonierter „Böschung“.

2. Strukturvielfalt initiieren. Auf längere Frist angelegt sind Maßnahmen, die Strukturvielfalt initiieren, sodass die Veränderungsdynamik, die jedes Fließgewässer hat, zur Ausbildung von Strukturvielfalt und damit zu naturnahen Zuständen führt, allen anderen Maßnahmen vorzuziehen.

Am einfachsten geht das Initiieren von Strukturvielfalt in kleineren Fließgewässern durch einzelne (Stör-)Steine oder Steingruppen, die den monotonen Bachlauf unterbrechen: Der Querschnitt wird verengt, das Wasser fließt dort schneller mit der Folge, dass es etwas erodiert und Kies freispült. Und wenn das Ufer etwas angeknabbert wird, ist die Strömung umgelenkt, es entstehen Turbulenzen, neue Sand- und/oder Kiesbänke (Laichsubstrat), kurz: Lebensmöglichkeiten (z. B. für Wirbellose) werden geschaffen, Bruchpunkte eliminiert. Auch Totholz kann mit dem gleichen Erfolg eingebracht werden (▶S. 16).

Buhnen/Bermen, von einer Uferseite aus als Steingruppen eingebracht, lenken die Strömung um, sichern das Ufer und können ebenfalls ein Element zur Initiierung von Strukturvielfalt sein.

Holzpfähle, einzeln oder in Gruppen eingeschlagen, können wie Steine wirken, insbesondere dann, wenn sich an ihnen abgetriebene Wasserpflanzen (oder auch Müll, Gehölz) fangen und sie so zu einem strömungswirksamen Hindernis, einem gestaltenden Element werden.

Neuralgische Punkte sind an Fließgewässern häufig an Brücken, Verrohrungen und Weiden (Viehtränken). Auch hier sind mit geringem Aufwand Verbesserungen möglich. Dazu einige Beispiele:

Brücken Zur Sicherung des Bauwerkes ist häufig die Sohle unter, vor und nach Brücken befestigt/betoniert (▶Abb. 1.5). Das schafft Probleme, weil das häufig mit Abstürzen verbunden ist, die weder für alle Fischarten noch für Wirbellose überwindbar sind; und unter der Brücke ist das Wasser häufig sehr flach und breit, was wiederum ein Wanderhindernis für Fische und Wirbellose bedeutet.

Zunächst müssen die Abstürze beseitigt werden. Das geschieht am einfachsten dadurch, dass man die Bruchkante unterhalb der Brücke auflöst, indem man den Wasserspiegel darunter anhebt. Eine anschießende Raue Rampe oder Sohlgleite arbeitet dann das Gefälle ab. Oft wird es zweckmäßig sein, den Bach durch Bermen seitlich einzuengen, möglicherweise sogar unter der Brücke, um dort einen höheren Wasserstand zu erreichen, und nach dem Bauwerk die Seitenerosion zu begrenzen.

▶Abb. 1.5 Nicht optimal realisiert, aber ansatzweise richtig: Auflösung der Bruchkante unterhalb von Sohlbefestigungen an/unter Brücken durch Raue Rampe.

Verrohrungen Zu den schlimmsten Eingriffen in kleine Fließgewässer gehören die Verrohrungen. Sie sollten, wann immer möglich, beseitigt werden. Häufig enden Verrohrungen in Abstürzen, ähnlich denen, wie sie oben bei Brücken beschrieben sind. Oft schließen sich Gumpen an, die zwar Lebensräume für Fische sein können, die aber für all die wandernden Wirbellosen häufig zur Endstation werden. Anhebungen des Wasserspiegels, wie bei Brücken, können das Problem lösen. Wenn dann das Rohr fast waagrecht verlegt ist, im Rohr die gleichen Sedimente wie im Bachbett ober- und unterhalb liegen, ist es „durchgängig“ (▶Abb. 1.6, Abb. 1.7). Als Faustregel kann gelten, dass etwa ¼ des Rohrquerschnittes unter dem Gewässerboden liegen soll.

▶Abb. 1.6 So ist es richtig: Wenn im Rohr die gleichen Sedimente liegen wie ober- und unterhalb, ist es für Wirbellose in beiden Richtungen durchgängig.

▶Abb. 1.7 Solche, auch kleine Abstürze sind für Kleinfischarten unüberwindbar.

Viehtränken Auf stark genutzten Viehweiden ist meist nicht nur die Ufervegetation massiv geschädigt, sondern auch die Ufer sind durch Trittschäden erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Der Eintrag von Kot, Urin, Humus und Sand (Erosion) ist meist die Folge. Und wenn die Weidezäune so geschlagen sind, dass das Vieh im Bach herumlaufen kann, wird es gegebenenfalls auch Schäden an Wasserpflanzen, Wirbellosen, Fischlaich, Fischbrut und Krebsen geben (▶Abb. 1.8).

Sandfänge Sandfänge in Bächen können sinnvoll sein, weil sie ökonomische und ökologische Schäden durch übermäßigen Sandeintrag verhindern. Das Grundprinzip besteht darin, dass durch Aufweitung des Bettes die Fließgeschwindigkeit gesenkt wird, sodass sich die mitgeführten Partikel absetzen können.

Am einfachsten werden sie angelegt, indem das Bett je nach örtlichen Gegebenheiten (Hochwasserabfluss) auf das 3- bis 5-fache des Querschnittes verbreitert und die Sohle etwa 1 m tief ausgebaggert wird. Etwa die 10-fache Breite gilt als optimale Länge der Grube. Wird der Sandfang aber seitlich ans Gewässer angelegt, kann am verbleibenden ungestörten Ufer eine Art Niedrigwasserrinne eine bessere Durchgängigkeit für Wirbellose sichern und auch die Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern kann ungestört bleiben.

Verbesserung der Ufer

Intakte Ufer sind für den guten ökologischen Zustand des Gewässers genau so unverzichtbar wie eine intakte Sohle.

Am überwiegenden Teil unserer kleineren Fließgewässer wurden durch behördliche Maßnahmen, aber auch durch Anlieger, legal und illegal, Ufer durch Befestigungen denaturiert, geschädigt und entwertet. Wenn aus höherrangigen Gründen (etwa innerhalb von Städten) auch Ufer gelegentlich gesichert werden müssen, so ist doch den naturnahen Methoden wenn möglich Vorrang einzuräumen. Diese haben den Vorteil, kostengünstig und meist auch langlebiger als Betonbauwerke zu sein. Dazu einige Anregungen:

Flussbausteine, häufig selbst bei neuesten Baumaßnahmen perlschnurartig verlegt, sichern zumindest vorübergehend naturfern Ufer; sie werden aber häufig unterspült, rutschen ins Bett und werden fortgeschwemmt. Der Hang rutscht nach, aufwendige Unterhaltungsmaßnahmen werden erforderlich, wenn Infrastruktur/Bauten geschützt werden müssen.

Bäume, insbesondere Schwarzerlen, sichern mit ihrem Wurzelwerk nicht nur das Ufer, sondern können selbst an Prallhängen oft jahrzehntelang der Strömung widerstehen, diese umlenken und so die reich strukturierten Forellenbäche der Mittelgebirge initiieren und sichern. Nur: Sie müssen am richtigen Platz stehen, um wirkungsvoll Ufer zu sichern (

Abb. 1.9

,

Abb. 1.10

).

Auch Weiden können zur Ufersicherung geeignet sein; sie legen sich bei Hochwasser um, sodass der Wasserabfluss kaum behindert wird. Weidenpfähle, am Ufer eingeschlagen, treiben aus und bilden im Lauf von einigen Jahren naturnahe und dauerhafte Ufersicherung aus (

Abb. 1.11

).

▶Abb. 1.8 Rechts: vor Jahren unsachgemäß angelegte Viehtränke, vom Hochwasser ausgespült, aufgegeben. Links: neu angelegte Viehtränke.

Als Renaturierungsmaßnahme wird häufig die trapezförmige Aufweitung praktiziert. Das kann zwar Uferabbrüche verhindern, ist aber meist kritisch zu bewerten: Aufgeweitete Gewässer sind länger besonnt, können sich also stärker erwärmen, wenn sie nicht durch Bäume/Sträucher beschattet werden. Und wenn auch das Bett aufgeweitet wird, entsteht meist ein flacher, eintöniger, strukturarmer und somit lebensfeindlicher Kanal (▶Abb. 1.12), in dem sich schnell große Mengen an Wasserpflanzen bilden und der dann auch meist schnell verschlammt (und oft ausgebaggert werden muss). Uferabbrüche, die wertvolle Lebensräume sein können, verschwinden und mit ihnen all die Organismen, die auf solche Abbrüche angewiesen sind (z. B. Eisvögel).

Schließlich können Bäume und Sträucher, die ins Wasser ragen oder gar hineinfallen, ganz massiv zur Initiierung von Strukturvielfalt beitragen. Wegen der großen Bedeutung dieses „Totholzes“ ist ihm ein extra Kapitel gewidmet (▶S. 16).

▶Abb. 1.9 Seit über einem halben Jahrhundert sogar am Prallhang stabile und ökologisch wertvolle Ufersicherung.

▶Abb. 1.10 Ufersicherung durch Bäume muss an der Mittelwasserlinie erfolgen; zu hoch stehende Bäume werden unterspült und stürzen ins Gewässer: Die Weide links sichert dauerhaft. Die Fichte als Flachwurzler ist wertlos, unterspült und wird bald einstürzen.

▶Abb. 1.11 Am Prallhang eingeschlagene Weidenpfähle treiben aus und sichern so dauerhaft und ökologisch das Ufer.

▶Abb. 1.12 Solch begradigte, aufgeweitet ins Trapezprofil gezwängte, baumlose naturferne Gewässer sind artenarm, unterhaltungsintensiv und sie sterben den Wärmetod.

Ökologische Funktion von Gewässerrandstreifen

Gewässerrandstreifen dienen der „Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktion oberirdischer Gewässer“ (§ 38 WHG). Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Ausnahme: Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemittel) „ist verboten“, ebenso „die Umwandlung von Grünland in Ackerland“, um so eine naturnahe Entwicklung wenigstens eines schmalen Streifens an Gewässern zu sichern. Sie schützen häufig wirkungsvoll vor Eintrag von Nährstoffen angrenzender Flächen.

Das WHG schreibt grundsätzlich eine Breite von 5 m fest, gemessen ab der Linie des Mittelwasserstandes (Außenbereich) oder, wenn eine ausgeprägte Böschungsoberkante vorhanden ist, ab dieser. Davon abweichend haben die Länder völlig unterschiedliche, uneinheitliche Vorgaben für die Mindestbreite von Gewässerrandstreifen (meist 5–10 m); deshalb ist es notwendig, dass die Fischereirechtsinhaber, Pächter usw. gegebenenfalls die jeweiligen Landesbestimmungen befragen.

Gewässerrandstreifen sind wichtige Elemente von Verbundsystemen, die die verschiedenen Lebensräume vernetzen, um standortgebundenen Pflanzen und Tieren einen Lebensraum zu sichern und den Genaustausch zu ermöglichen. Für die Gewässer selbst sind sie unverzichtbar, weil sie auf die Wechselwirkung angewiesen sind, etwa bei der Beschattung der ufernahen Wasserflächen; außerdem spielen sie in der Versorgung mit unverzichtbaren Funktionen eine große Rolle, so etwa für Köcherfliegen. Die Unterhaltspflichtigen müssen die Ufer pflegen, „insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation“ (§ 39 [1] Nr. 2 WHG), um die ökologische Funktionsfähigkeit des Gewässers als Lebensraum für wild lebende Pflanzen und Tiere zu sichern.

Holz: Essenzieller Bestanteil intakter Ökosysteme

Lebendverbau schafft Funktionsräume

Fließgewässer haben das natürliche Bestreben, sich fortwährend zu verändern (Veränderungsdynamik). Dies kollidiert mit den Interessen verschiedener Nutzer von Gewässern oft so sehr, dass bis in die heutigen Tage Uferbefestigung, Sohlsicherung und Kanalisierung von Fließgewässern praktiziert werden. Selbst fernab von Siedlungen werden Gewässer noch gesteinigt oder kanalisiert, auch wenn genügend Raum für eigendynamische Entwicklung vorhanden ist (▶Abb. 1.13).

Wo heute immer noch Ufer durch „Steinigung“ naturfern gesichert werden, könnte Lebendverbau wesentlich billiger, haltbarer und ökologischer realisiert werden. Lebendverbau, z. B. durch Weidenpflöcke initiiert, kann Variationen in der Laufentwicklung, Breite und Tiefe bringen (▶Abb. 1.14).

Lebendverbau ist essenzieller Bestandteil intakter Flussläufe: Erlen, Weiden usw. sichern nicht nur dauerhaft und kostengünstig Ufer, sondern bilden durch überhängende Äste Rückzugs- und Ruheräume für all die Fischarten, die gerne zumindest zuweilen ein „Dach“ überm Kopf haben (Forellen, Hechte). Er sichert auch ein breiteres Nahrungsspektrum, weil Insekten oder deren Larven von überhängenden Ästen aus ins Wasser fallen. Und in den Wurzeln, die ins Wasser ragen, finden viele Arten (vom Flohkrebs über Kleinfische bis zu Schnecken und Fliegenlarven) ihre „ökologische Nische“.

▶Abb. 1.13 Flussneubau (Verlegung der Schussen) im Jahre 2007. Rechtes Ufer (oben): perlschnurartig verlegte Flussbausteine, Sohlsicherung mit Querriegeln aus Schotter. Linkes Ufer (unten): durch Flussbausteine und Steinwurf gesichert, naturfern, monoton, strukturarm, aber „sicher“.

▶Abb. 1.14 Natürliche Ufersicherung: kostengünstig, langlebig und artenreich. Eingeschlagene Weidenpfähle und Weidengeflecht treiben aus, sichern nachhaltig naturnah Ufer und Böschung.

Totholz: Schlüssel zu Gesundheit, Artenvielfalt und Ertrag

Die Gewässerstruktur rückt zunehmend ins Blickfeld der Ökologen; das Totholz spielt dabei eine herausragende Rolle. Totholz selbst ist Lebensraum für viele Arten, es verhilft dem Fließgewässer aber auch zu neuen Strukturen, die wiederum Bedingung für artenreiche Gewässer sind.

Insbesondere an naturfern ausgebauten Gewässern, auch an künstlich geschaffenen Wasserkörpern, kann Totholz als strukturbildendes Element eingebracht und so ein Stück ökologischen Potenzials realisiert werden. Einige Fischereivereine Süddeutschlands führten Totholzprojekte durch, um über Strukturvielfalt wieder Artenvielfalt ins Gewässer zu bekommen, so z. B. der SFV Sigmaringen an der Lauchert (▶Abb. 1.15).

Nach heutigem Wissensstand sind ca. 100 verschiedene Tierarten an das Vorhandensein von Totholz gebunden. Köcherfliegenlarven leben im Totholz, Fangnetze und Puppen werden daran befestigt. Im Laub, das sich in Totholz gefangen hat, finden sich oft massenhaft Flohkrebse und Insektenlarven, sodass Fische in oder nahe an ihrem Unterstand reichlich verschiedene Nahrung finden, auch wenn das Gewässer sonst nahrungsarm ist.

Wie bedeutsam Totholz für die Fischpopulationen ist, wurde an einem Schadensereignis deutlich: Eine Stadt hatte in Süddeutschland einen Fluss in einem weitgehend naturnahen Abschnitt „gesäubert“, d. h., alles Totholz mit dem Bagger herausgenommen. Zur Erfassung des Restbestandes an Fischen in der betroffenen Strecke hat der Autor im Rahmen der Erstellung eines Sachverständigengutachtens eine Elektrobefischung durchgeführt und das Ergebnis mit dem Bestand auf der angrenzenden, ungeschädigten (Referenz-) Strecke verglichen; das Ergebnis war erschütternd (▶Tab. 1.7).

Setzt man die Besiedlung der nicht geschädigten Strecken mit 100 %, so liegt der Bestand auf den geschädigten, totholzfreien Strecken

▶Abb. 1.15 Totholzprojekt des SFV Sigmaringen (VFG) an der Lauchert: So wird Strukturarmut überwunden, Strukturvielfalt und Artenvielfalt und damit verbunden höherer fischereilicher Ertrag initiiert.

▶ Tab. 1.7 Erfassung des Restbestandes an Fischen nach der Entfernung von Totholz.

Strecken-Nr.

Nichtgeschädigte Strecke mit natürlichem Totholzbestand

Geschädigte Strecken ohne Totholz (entfernt)

<15cm

<25cm

>25cm

<15cm

<25cm

>25cm

Bachforellen pro 100 m

1

31,64

49,15

20,90

2

6,00

0,00

2,00

3

2,00

9,00

6,00

4

4,00

6,67

3,33

Schnitt

31,64

49,15

20,90

4,00

5,22

3,78

Döbel und Barben zusammen pro 100 m

1

16,38

2

0

3

6

4

2,67

Schnitt

16,38

2,89

Damit war mit dem Entfernen von Totholz innerhalb weniger Tage ein Bestandsverlust in Höhe von rund 85 % verbunden. Weil Totholz aber ganz entscheidend zur Strukturbildung in einem Gewässer beiträgt und somit die Besiedlungskapazität erhöht, ist damit zu rechnen (weil sich im Verlauf von Wochen und Monaten nach der Entfernung von Totholz ein gleichförmigeres Bachbett einstellt), dass noch mehr Fische abwandern werden. Das bedeutet eine massive Ertragseinbuße, einen Rückgang der Arten- und Individuenzahlen. Dass auch beispielsweise Muscheln, Krebse und Insekten betroffen sind, ist leicht einsichtig. Totholz wird so zu einem wesentlichen Bestandteil des „guten ökologischen Zustandes“.

Wegen der durch Totholz initiierten Artenfülle ist es auch ein geeignetes Mittel zur ökologischen Verbesserung von Bächen [159]. Direkt von Totholz profitieren insbesondere Forellen, Äschen, Lachse, Hechte, Groppen, Elritzen, Barben und Neunaugen. Wegen der dynamisierenden Effekte profitieren auch Kieslaicher durch das Einbringen von Totholz.

Totholz in stehenden Gewässern ist gegen Kormoranfraß weitgehend wirkungslos, wie Beobachtungen am Knielinger See ergeben haben. Die Fische nehmen Totholz zwar gerne als Deckung an, werden aber dort bevorzugt von Kormoranen abgeweidet [114].

Zur rechtlichen Situation

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gibt vor, dass Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen Zustandes vermieden, ein guter ökologischer Zustand aber erhalten oder erreicht wird (§ 27 WHG). Der „gute ökologische Zustand“ der WRRL zielte schon in diese Richtung. Totholz fördert eine solche Entwicklung. Sein Einbringen ist gestattungsfrei, wenn es sich im Rahmen der „Unterhaltung“ (§ 39 WHG) bewegt, z. B. dann, wenn lediglich der natürliche Sturz eines Uferbaumes simuliert wird. Es kann jedoch auch genehmigungspflichtig sein, wenn eine wesentliche Umgestaltung damit verbunden ist.

Wie im Einzelnen geplante Maßnahmen einzustufen sind, das wird am besten mit den zuständigen Behörden bei der Planung abgestimmt. Die Entfernung von Totholz zerstört nicht nur ökologische Funktionen, sondern kann zur (neu: verbotenen!) Beschleunigung des Wasserabflusses führen. Dies ist zu vermeiden, weil es den Zielen der §§ 27–31 WHG entgegensteht.

Kraftwerksbetreiber wehren sich oft gegen das Belassen oder Neueinbringen von Totholz mit dem Argument, dass es im Ausleitungskanal, am Wehr oder am Rechen Probleme machen könne, wenn es sich löst und angetrieben wird. Unter Juristen ist aber unstrittig, dass die Kraftwerksbetreiber keinen Rechtsanspruch auf von Totholz freies Wasser haben, weil Totholz ein natürliches Element in Gewässern ist und sie selbst erst durch den Bau ihrer Anlage eine möglicherweise kritische Situation geschaffen haben.

1.2.2 Verbesserung von stehenden Gewässern

Viele stehende Gewässer befinden sich derzeit aufgrund natürlicher oder anthropogen beschleunigter Alterung in einem kritischen bis schlechten Zustand. Die Zahl der in und an ihnen lebenden Pflanzen- und Tierarten geht zurück, die fischereiliche Produktion geht oft gegen null, die angelfischereiliche Nutzung lebt häufig vom wiederkehrenden Besatz.

Im Bemühen, ein Gewässer zu verbessern, kann nur eine ganzheitliche Betrachtung von Gewässer und Einzugsgebiet erfolgreich sein, und Ursachenbehandlung kommt vor Symptomtherapie. Die Maßnahmen zur Verbesserung zielen dabei in zwei Richtungen: Sanierung meint all die Bemühungen, die negativen Einwirkungen von außen zu minimieren (Therapiemaßnahmen im Einzugsgebiet), Restaurierung meint Eingriffe in das innere Geschehen des Gewässers selbst. Grundsätzlich geht man davon aus, dass Sanierung vor Restaurierung zu erfolgen hat (Ursachenbekämpfung).

Soll der Zustand eines stehenden Gewässers verbessert werden, sollte ein Fachmann hinzugezogen werden, der die einzelnen Schritte plant, das Projekt leitet und die Maßnahmen begleitet (▶Tab. 1.8).

▶ Tab. 1.8 Schritte zur Verbesserung stehender Gewässer.

1.

Beschreibung des Referenzzustandes (potenziell natürlicher Zustand)

2.

Beschreibung des Soll-Zustandes (Entwicklungsziel)

3.

Analyse des Ist-Zustandes

4.

Beschreibung der Defizite durch Vergleich Ist-/Sollzustand

5.

Festlegung der Therapiemaßnahmen

6.

Erstellung des Finanzierungsplanes, Kosten-Nutzen-Analyse

7.

Planung und Genehmigung

8.

Ausführung

9.

Erfolgskontrolle mit Dokumentation

Maßnahmen der Sanierung

Beitrag der Kläranlagen

Schon gegen Ende des letzten Jahrhunderts war das große Problem der 1960er, 1970er und 1980er Jahre, die Abwasserbelastung der Fließgewässer, soweit gelöst, dass fast überall der Zielwert, Gewässergüte 2, erreicht werden konnte. Nur punktuell gibt es damit heute noch Probleme, der Anschlussgrad lieg bei nahe 100 %. Kläranlagen verfügen heute meist über eine technische, biologische und chemische Stufe, sodass die Vorfluter erheblich entlastet sind. Dennoch: In stehende Gewässer sollten (wenn immer möglich) auch gereinigte Abwässer (wegen ihrer „Restlast“) möglichst nicht direkt eingeleitet werden. Kommunale Kläranlagen gelten heute als wichtige Eintragswege für Pflanzenschutzmittel und Arzneimittelrückstände: Manche Arzneimittel und Röntgenkontrastmittel passieren die Kläranlagen nahezu unverändert (andere werden vollständig oder auch nur teilweise abgebaut) und können so die Populationen insgesamt und die Gesundheit der Fische gefährden.

Beitrag der Regenbehandlungsanlagen

Häufig sind Regenbehandlungsanlagen, auch wenn sie dem Stand der Technik entsprechen, unterdimensioniert, sodass ihr Betrieb zu nennenswerten Belastungen der Vorfluter führt. Regenüberlaufbecken (RÜB), die den ersten Spülstoß auffangen, speichern und der Kläranlage dosiert zuleiten, werden in vielen Bereichen im Zuge der Klimaveränderung mit häufigeren Starkregenereignissen vermehrt „ansprechen“ und den Vorflutern erhebliche Mengen an ungereinigtem Abwasser zuleiten. Münden so belastete Vorfluter in stehende Gewässer, können sie ganz entscheidend zur Eutrophierung mit all ihren negativen Folgen beitragen. Für den Bodensee z.B. sind Abwässer aus Regenbehandlungsanlagen ein ernsthaftes Problem, sie führen zu erheblicher Verkeimung, wegen der sich sogar große Städte (Anlieger) erheblich streiten!

Ackerbauliche Maßnahmen

Fruchtbarer Ackerboden ist eine endliche Ressource. Es gehört deshalb zur guten fachlichen Praxis, die Erosion durch Wasser und Wind (und damit den Eintrag in Gewässer) möglichst gering zu halten. Da die obersten Schichten gedüngter Böden die höchsten Phosphorkonzentrationen aufweisen (partikulär gebundener Phosphor), begründet der Eintrag erodierter Böden in Gewässer immer ein großes Problem. Maßnahmen zur Verbesserung können sein:

Ackerfurchen an Hängen quer zur Falllinie anlegen

Winterbegrünung

keine Hackfrüchte auf erosionsgefährdeten Flächen

Verzicht auf Problemkulturen (Kartoffeln, Mais, Rüben)

Fahrspuren vermeiden, die sich zu Abflussrinnen auswachsen können

Abflussrinnen durch Sedimentfallen unterbrechen

Abflusswege begrünen und somit Schwebstoffanteile zurückhalten

Eine effiziente Maßnahmenplanung identifiziert die Flächen, von denen aus die höchsten Einträge erfolgen; diese werden bevorzugt therapiert.

Phosphorabschwemmungen von Grasflächen

Durch Drainageverluste und Abschwemmung sind gedüngte Grasflächen häufig bedeutende diffuse Belastungsquellen.

Abschwemmungen sind dann erheblich, wenn auf wassergesättigte oder gefrorene Böden gedüngt wird; beides ist deshalb verboten (Düngeverordnungen). Auch bei intensiver Beweidung muss gegebenenfalls mit erhöhter Abschwemmung bei Starkregenereignissen oder Dauerregen gerechnet werden. Dies kann auch dann zutreffen, wenn aktuell gar nicht gedüngt wurde, der Boden aber durch früheres übermäßiges Düngen hoch mit Nährstoffen (vor allem Phosphor, P) belastet ist. Selbst die Art der Ausbringung entscheidet über die Höhe der P-Austräge über Drainagen unter Wirtschaftsgrünland: Wird Gülle großflächig über Prallteller (auf den Boden) ausgebracht, ist der P-Austrag durch ein folgendes Starkregenereignis auch ohne oberflächliche Abschwemmung etwa dreimal höher, als wenn die Gülle in Streifen flach in den Boden injiziert wird (ca. 1– 2cm tief).

Sinnvoll erscheinen Vorgaben, die die Zahl der gehaltenen Tiere von der Größe der Düngeflächen abhängig macht (s. BNatSchG). Entschädigungszahlungen erleichtern das Einrichten von Pufferzonen (z. B. als erweiterte Gewässerrandstreifen), Brachflächen, Begrünung von Ackerflächen, Verzicht (ggf. Einschränkung) auf Verwendung von eingekauften zusätzlichen Futtermitteln usw.

Bedeutung von Sedimentationsbecken

In vorgeschalteten Sedimentationsbecken erfolgt der Entzug von Phosphor, der zum größten Teil an die Feststoffe gebunden ist, proportional zur Feststoffeliminierung und kann so mehr als 50 % betragen. Die Funktionssicherheit von vorgeschalteten Sedimentationsbecken muss aber durch deren regelmäßiges Räumen gesichert werden.

Nachgeschaltete Sedimentationsbecken, unmittelbar hinter den Auslauf eines stehenden Gewässers installiert, können beim Ablassen dieser verhindern, dass die Vorfluter übermäßig belastet werden.

Maßnahmen der Restaurierung

Tiefenwasserbelüftung

Sammelt sich am Grund eines stehenden Gewässers mehr abgestorbene Biomasse (Plankton usw.), als von den Bakterien abgebaut werden kann, wird der Sauerstoff dort meist gänzlich aufgebraucht und es entstehen anaerobe Verhältnisse, unter denen sich immer mehr Schlamm ansammelt. Der mikrobielle Abbau erfolgt unter O2-Mangel (anaerob) wesentlich langsamer als unter aeroben Bedingungen und es entstehen giftige Abbau-Zwischenprodukte (Schwefelwasserstoff H2S, Methan CH4). Um dies zu verhindern und den Abbau anzukurbeln, wird dem Tiefenwasser Sauerstoff zugeführt. Dies kann durch flüssigen Sauerstoff geschehen (kostenintensiv) oder durch feinblasiges Einbringen von Luft, die um die 21 % Sauerstoff enthält.

Steigen die Bläschen in großer Zahl vom Grund zur Oberfläche auf, so wird eine Zwangszirkulation initiiert, die eine möglicherweise vorhandene Schichtung zerstört. Das ist aus ökologischer Sicht oft unerwünscht und kann zum Problem werden. Deshalb wurden Systeme entwickelt, die eine Belüftung ermöglichen, ohne die Schichtung zu zerstören [20].

In intakten Gewässern wird ein Großteil des Phosphors an Eisen gebunden im Sediment deponiert (als unlösliches Eisen-III-Phosphat). Fehlt aber am Grund des Gewässers Sauerstoff, geht Phosphat wieder in Lösung, es kommt zu einer Anreicherung im Wasser durch Rücklösung aus dem Sediment (Gewässer „kippt um“). Das kann durch Belüftung des Tiefenwassers verhindert werden.

Tiefenwasserableitung

Durch abgestorbenes und abgesunkenes Plankton und Ausfällungsprozesse in oberen Wasserschichten ist das Tiefenwasser (Hypolimnion) meist höher belastet als die oberen Wasserschichten. Abbauprozesse können zusätzliche Nährstoffe freisetzen, sodass es sinnvoll sein kann, durch die Ableitung von Tiefenwasser mit dem sauerstoffarmen Wasser gleichzeitig Nährstoffe zu entziehen (Nährstoffexport). Das kann im einfachsten Fall über entsprechend gesteckte Staubrettreihen im Mönch oder über Rohrleitungen geschehen [20] und ist eine oft sehr wirksame Maßnahme, die im Dauerbetrieb eine deutliche Verbesserung bringen kann. Allerdings können mit der Tiefenwasserableitung Geruchsbelästigungen und eine erhebliche Störung des ökologischen Zustandes des Vorfluters verbunden sein, weshalb die Entscheidung für oder gegen eine solche Maßnahme vor Ort unter sorgsamer Abwägung getroffen werden muss.

Sömmern und Wintern

In früheren Jahrhunderten war das Sömmern und das Wintern (Trockenlegung der Teichflächen im Sommer bzw. Winter) eine selbstverständliche Praxis, der wir heute noch die Existenz vieler Wasserflächen verdanken: Ohne regelmäßiges Sömmern und/oder Wintern wären viele Gewässer sonst längst verlandet! Regelmäßiges Sömmern und Wintern zielt also auf die Erhaltung der Teiche und die höhere Produktionskraft gesömmerter und gewinterter Teiche ist ein willkommener Nebeneffekt.

Im trockengelegten Teich sackt zunächst der Schlamm aufgrund seines Gewichtes zusammen, das Wasser wird ausgepresst und/oder sickert aus und der Schlamm verringert sein Gesamtvolumen. Dann trocknet er aus, was zur Rissebildung führt (▶Abb. 1.16).

Über diese Risse kann Sauerstoff aus der Luft in den Schlamm eindringen, was die bakterielle Abbautätigkeit massiv fördert; organisches Material wird zersetzt, Nährstoffe werden mineralisiert und stehen im dann wieder bespannten Teich zur Produktion zur Verfügung. Das nachfolgende Keimen der im Schlamm befindlichen Samen führt dazu, dass die Pflanzen die tief im Schlamm befindlichen Mineralstoffe nach oben verfrachten, für die nachfolgende Produktionsphase verfügbar machen und somit die höhere Produktivität trockengelegter Wasserflächen sichern.

Regelmäßige Trockenlegung ist somit aus produktionsbiologischer Sicht dringend anzuraten.

Wie förderlich sich Wintern und/oder Sömmern auf die Produktivität eines Gewässers auswirken kann, zeigt sich im Frühjahr nach der Bespannung: Innerhalb weniger Tage „explodiert“ das Zooplanktons zu riesigen Populationen, die von den Karpfen genüsslich abgeweidet werden können (▶Abb. 1.17). Bespannt man je nach Temperatur Vorstreckteiche (für Ko)2–4 Tage, Brutstreckteiche (für Kv) ca. 14 Tage und Streckteiche (für K≥1) ca. 4 Wochen vor dem Besatz, so hat man meist ideale Bedingungen, d. h, reichlich gedeckten Tisch, der so ohne Trockenlegung nicht vorhanden wäre.

▶Abb. 1.16 Rissebildung im trockengelegten Teichboden.

Aber auch aus der Sicht des Natur- und Artenschutzes ist regelmäßiges Trockenlegen dringend geboten [26] [27]: Über Jahrzehnte bespannte Wasserflächen reichern ihre Schlammschicht zunehmend an. Irgendwann ist der Punkt erreicht, zu dem über dem Grund der Sauerstoff im Wasser fehlt. In den betroffenen Zonen, erfahrungsgemäß meist der überwiegende Teil der gesamten Teichfläche, gibt es dann keine Zuckmückenlarven (Hauptnahrung der Karpfen) mehr, und Schleien, Brachsen und andere Fischarten gründeln ebenfalls vergeblich, weil nicht nur Mückenlarven aussterben, sondern auch Muscheln, Eintags- und Köcherfliegenlarven, Krebse und Schnecken usw. fehlen. Solch ein Gewässer verarmt, das Artensterben beginnt.

Auch Pflanzen profitieren vom Trockenlegen, insbesondere vom Sömmern der Teiche: Spezialisten, meist bestandsbedrohte Arten, überdauern jahrelang als Samen im Schlamm. Wird ein Stillgewässer dann gesömmert, keimen sie, blühen, fruchten und deponieren so im Schlamm für weitere (oft viele) Jahre ihr genetisches Potenzial erneut (▶Abb. 1.18, Abb. 1.19, Abb. 1.20).

Im Sommer 2003 wurden über 20 oberschwäbische Stillgewässer untersucht, deren Schlammböden wegen niedriger Wasserstände, Winterung, Sömmerung oder Teilsömmerung wenigstens teilweise trocken lagen. Überall hatte sich eine meist üppige Vegetation eingestellt, die teilweise sehr artenreich war und oftmals viele, zum Teil hochgradig gefährdete Arten aufwies. Bei einem Großteil der Funde handelte es sich um Neufunde; andere sind Wiederfunde, von denen seit über 30 Jahren, teilweise sogar seit über 100 Jahren keine Nachweise mehr vorlagen. Daraus kann man ermessen, wie wertvoll das genetische Archiv in/auf den Teichböden ist, und wie wichtig es ist, Stillgewässer regelmäßig zu sömmern, um die Arten zu erhalten (▶Tab. 1.9).

▶Abb. 1.17 Entwicklung der Anzahl der Daphnien in Karpfenteichen nach winterlicher Trockenlegung bei verschiedenen Besatzdichten bzw. unterschiedlichen Altersgruppen von Karpfen (aus: Füllner G, Pfeifer M, Langner N. Karpfenteichwirtschaft, Bewirtschaftung von Karpfenteichen – gute fachliche Praxis. Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft [Hrsg.]; 2007 [95]).

▶Abb. 1.18 Teich nach dem Ablassen.

▶Abb. 1.19 Teich mit den ersten zart keimenden Pflanzen im Frühling.

▶Abb. 1.20 Herbst: Da lacht jedem Naturfreund das Herz angesichts der Fülle der seltenen Pflanzen!

So werden Sömmern und Wintern zur Pflichtübung einer guten fachlichen Praxis. Wichtig ist, dass gesömmerte/gewinterte Teiche auch wirklich trocken liegen: Nur trocknender Schlamm bildet Risse, in die der Luftsauerstoff eindringen kann, der zum aeroben Abbau dringend erforderlich ist. Und weil dieser Prozess bei höheren Temperaturen auf höherem Niveau abläuft, ist Sömmern erfolgreicher als Wintern; ersatzweise kann versucht werden, möglichst früh abzulassen und möglichst spät wieder anzustauen, um so wenigstens einen Teil der Trockenlegungszeit in die Warmphase (von Herbst und Frühjahr) zu verlagern.

Entschlammung

Eine dünne Schlammschicht auf dem Grund von stehenden Gewässern ist nicht nur akzeptabel, sondern sogar wünschenswert, weil sie Biomasse (Futter) für viele bodenlebende Organismen bereitstellt, die als Fischfutter unentbehrlich sind (z. B. Tubificiden, Zuckmückenlarven). Schlamm wird dann zum Problem, wenn er so mächtig ist, dass anaerobe Verhältnisse eintreten: Dann gehen im Sediment gebundene Nährstoffe wieder in Lösung (Rücklösung ins Wasser) und viele Nährtiere können nicht mehr überleben, weil der Sauerstoff in der Kontaktzone Wasser/Schlamm fehlt. Wenn nicht regelmäßig gesömmert und/oder gewintert wurde oder wurde aus anderen Gründen die Schlammschicht zu mächtig, muss entschlammt werden, um die fischereiliche Produktivität und die ökologische Funktion wieder herzustellen.

Zur Entschlammung von Gewässern stehen grundsätzlich 2 Methoden zur Verfügung: Zum einen kann der Schlamm mechanisch entfernt werden (Bagger, Saugbagger), zum anderen gibt es neuerdings biologische Verfahren, die recht erfolgreich sind. Das Grundprinzip besteht darin, dass dem Sediment zum aeroben Abbau Luftsauerstoff zugeführt wird, der aus feinstperligen Luftbläschen, aus Schläuchen ausgepresst, aus- und ins Sediment/Wasser eintritt (▶Abb. 1.21), ohne die oben beschriebene unerwünschte Zirkulation zu erzeugen. Bakterien (v. a. Nitrosomonas und Nitrobacter) bauen somit unter aeroben Verhältnissen den organischen Schlamm ab, soweit die Temperaturen ihren Ansprüchen entsprechen (> 10 °C, optimal 18–27 °C). In unseren Breiten sind etwa 240 Belüftungstage pro Jahr Erfolg versprechend. Der Abbau von organischem Schlamm erfolgt entlang der Schläuche in einem wenige Meter breiten Band. Durch den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Schläuche oder durch deren Verlegen kann nach und nach auch eine große Fläche (mehrere ha) bearbeitet werden.

▶ Tab. 1.9 Bemerkenswerte floristische Funde auf Schlammböden trocken gefallener Stillgewässer und Uferstreifen in Oberschwaben und am Bodensee [118].

Lateinische Bezeichnung

Deutsche Bezeichnung

Alopecurus aequalis

Roter Fuchsschwanz

Bidens cernuus

Nickender Zweizahn

Bidens radiatus

Strahlen-Zweizahn

Carex bohemica

Zypergras-Segge

Catabrosa aquatica

Quellgras

Cyperus fuscus

Braunes Zypergras

Elatine hexandra

SechsmännigerTännel

Elatine triandra

DreimännigerTännel

Eleocharis acicularis

Nadel-Sumpfbinse

Eleocharis ovata

Eiköpfige Sumpfbinse

Gypsophila muralis

Mauer-Gipskraut

Isolepis setacea

Borsten-Moorbinse

Juncus bulbosus

Zwiebel-Binse

Leersia oryzoides

Wilder Reis

Lemna gibba

Bucklige Wasserlinse

Lemna trisulca

Dreifurchige Wasserlinse

Lythrum portula

Sumpfquendel

Oenanthe aquatica

Großer Wasserfenchel

Persicaria lapathifolia subsp.brittingeri

Fluss-Ampferknöterich

Potamogeton gramineus

Gras-Laichkraut

Ranunculus sceleratus

Gift-Hahnenfuß

Rumex aquaticus

Wasser-Ampfer

Rumex maritimus

Strand-Ampfer

Scirpus radicans

Wurzelnde Simse

Veronica scutellata

Schild-Ehrenpreis

Die Firma TWS, Umwelttechnik Karlsruhe, bietet das weiterentwickelte biologische SBR-Verfahren (sequencing batch reactor) „FlexAir“ an, das im Prinzip auf dem Belebtschlammverfahren aus der Kläranlagentechnik beruht. Während in einer Kläranlage die verschiedenen Reinigungsprozesse in unterschiedlichen Stufen und Reaktionsräumen erfolgen (technische, biologische und chemische Stufe), laufen sie im Teich gleichzeitig im gleichen Wasserkörper nebeneinander ab.

▶Abb. 1.21 An die Oberfläche aufsteigende Luftbläschen markieren die am Grund liegenden Schläuche, über die (Luft-) Sauerstoff eingetragen wird (© Peter Gelmar).

Möglichkeiten der Biomanipulation

Sind die Ursachen einer Eutrophierung durch (externe) Maßnahmen der Sanierung abgestellt, kann es Sinn machen, durch Biomanipulation (Eingriffe in die Fischbestände mit dem Ziel, die Gesamtsituation des Gewässers zu verbessern) die weitere Entwicklung günstig zu beeinflussen (interne Maßnahme): Meist verbuttete Bestände von Rotaugen, Brachsen und Barschen erzeugen erheblichen Fraßdruck, weiden im Übermaß das Zooplankton ab, das eigentlich das Phytoplankton kurz halten sollte. Die Folge ist eine übermäßige Produktion der Algenbiomasse, verbunden mit all den negativen Folgen wie geringer Sichttiefe, Sauerstoffschwankungen in den oberen Schichten, Sauerstoffmangel am Grund, übermäßiger Schlammproduktion, massiven pH-Wert-Schwankungen usw.

Wird durch die Reduzierung der Zooplankton fressenden Fische im Zuge der Biomanipulation der Fraßdruck auf das Zooplankton reduziert, können sich insbesondere die größeren Zooplankter gut entwickeln und ihre Filtriertätigkeit führt dazu, dass die Algenpopulationen kurzgehalten werden und so all die negativen Erscheinungen, die mit einer Massenproduktion an Phytoplankton verbunden sind, ausbleiben.

Im Zuge der Biomanipulation werden häufig von Anglern auch Raubfische in größeren Stückzahlen und Stückgrößen eingesetzt. Das ist oft erfolglos, weil eingesetzte Hechte von den Revierinhabern weggefressen werden, bis sich so wieder die vorher schon vorhandene „Hechtsättigung“ einstellt. Der Besatz mit Hechtbrut allerdings kann Erfolg versprechend sein [20].

Nach neueren Erkenntnissen, gewonnen an oberschwäbischen Seen, sollte der Raubfischanteil zur erfolgreichen Biomanipulation bei ca. 25 % der gesamten Fischbiomasse liegen, immer ergänzt durch intensive Befischung der Zooplankton fressenden Friedfische.

1.3 Die wichtigsten chemisch-physikalischen Wasserparameter

1.3.1 Wasserparameter der Fischgewässerrichtlinie

Die „Richtlinie über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungswürdig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten“, kurz „Fischgewässerrichtlinie“ (FischGewRL) der EU (RL 2006/44/EG) geht davon aus, dass es notwendig ist, „zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt“ konkrete Maßnahmen zu ergreifen, „um die Gewässer … vor Verunreinigung zu bewahren“: Fischpopulationen sollen vor den „unheilvollen Folgen des Einleitens von Schadstoffen“ und damit vor allem vor der „zahlenmäßigen Verringerung und bisweilen sogar vor der Auslöschung bestimmter Arten“ bewahrt werden. Diese Richtlinie gilt für „freie“ Gewässer, nicht für solche, die für intensive Fischzucht genutzt werden.

Die Richtlinie zielt auf die Erhaltung

einheimischer Arten, die eine natürliche Vielfalt aufweisen, und

Arten, deren Vorkommen als wünschenswert erachtet werden.

Die Fischgewässer werden in 2 Typen eingeteilt:

1. Typ: Salmonidengewässer Das sind Gewässer, in denen das Leben solcher Arten wie Lachse, Forellen, Äschen und Renken erhalten wird oder erhalten werden könnte.

2. Typ: Cyprinidengewässer Das sind Gewässer, in denen das Leben von Fischarten wie Cypriniden, Hechten, Barschen und Aalen erhalten wird oder erhalten werden könnte.

Die FischGewRL der EU gibt imperative, verbindliche Werte (I-Wert) und Richtwerte (G-Wert) vor.

Wassertemperatur

Unsere heimischen Fischarten haben sich im Laufe ihrer Entwicklung den natürlicherweise auftretenden Temperaturen bzw. deren Schwankungen angepasst. Die Wassertemperaturen werden aber zum Problem, wenn wir Menschen Lebensräume und damit Lebensmöglichkeiten verändern, etwa durch Folgendes:

das Abholzen von Ufergehölz (erhöhte Sonneneinstrahlung)

die Einleitung von Kühlwasser

das Einleiten von Oberflächenwassern, die im Sommer auf Dächern, Straßen und befestigten Plätzen stark erwärmt und kurzfristig (etwa bei Gewittern) in großen Mengen anfallen

Aufstau von Fließgewässern

Aufweitung von Gewässern (Hochwasserabfluss)

Wer im Bruthaus durch die Absenkung der Wassertemperatur einen späteren Schlupftermin erreichen will, der muss mit größeren Ausfällen rechnen als der, der mit artspezifisch „natürlichen“ Temperaturen arbeitet.

Um für die Fische belastende Temperatursprünge zu vermeiden, schreibt die FischGewRL vor, dass die unterhalb einer Abwärmeinleitungsstelle gemessene Temperatur die Werte der nicht beeinträchtigten Temperatur (an der Grenze der Mischungszone) um nicht mehr als die in ▶Tab. 1.10 genannten Werte überschreiten darf.

Dabei sind zu plötzliche Temperaturerhöhungen zu vermeiden. Die Mitgliedsstaaten können aber Ausnahmeregelungen beschließen, sofern sich daraus keine nachteiligen Folgen für die Entwicklung des Fischbestandes ergeben.

▶ Tab. 1.10 Maximal zulässige Temperaturerhöhung unterhalb einer Wärmeeinleitungsstelle.

▶ Tab. 1.11 Temperatur-Höchstwerte der FischGewRL für Salmoniden- und Cyprinidengewässer.

Die FischGewRL gibt weiter vor, dass eingeleitete Abwärme auch nicht dazu führen darf, dass die Wassertemperatur die in ▶Tab. 1.11 genannten Werte überschreitet.

Die in der unteren Zeile genannten Werte (10 ° C) gelten nur für die Laichzeit solcher Arten, die für die Fortpflanzung kaltes Wasser benötigen, und nur für Gewässer, welche sich für solche Arten eignen. Eine Ausnahmeregelung gestattet, dass die Temperaturgrenzwerte in 2 % der Fälle zeitlich überschritten werden dürfen.

Salmoniden (und mit ihnen eine ganze Reihe weiterer Fischarten, z. B. Groppen) können nur in kühlem, sauerstoffreichem Wasser leben. Welche Temperaturfenster für Salmoniden als optimal, einschränkend oder kritisch gelten, zeigt ▶Abb. 1.22.

Karpfenartige Fische, Cypriniden, bevorzugen höhere Temperaturen; eine Übersicht gibt ▶Abb. 1.23.

Die Reproduktion mancher Arten wird vom Klimawandel und der damit einhergehenden Erhöhung der Wassertemperaturen möglicherweise betroffen sein. Eine Übersicht über die betroffenen Arten und die häufig beobachteten Ablaichtemperaturen gibt ▶Abb. 1.24.

Infektionen und Krankheitsausbrüche erfolgen häufig temperaturabhängig (▶Tab. 1.12). Extremtemperaturen können die Entwicklung der Krankheitserreger hemmen bzw. verhindern.

Grundsätzlich gilt, dass Fische bei niedrigen Temperaturen ihren Stoffwechsel