Obendrüber da schneit es - Astrid Ruppert - E-Book

Obendrüber da schneit es E-Book

Astrid Ruppert

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Beschreibung

Vom Zauber eines Weihnachtsabends In einem Mietshaus herrschen zu Weihnachten Hektik, Ärger und Einsamkeit. Und alles, was nur schiefgehen kann, geht schief. Doch es ist Heiligabend, und ein kleines Wunder sorgt dafür, dass alle zusammen plötzlich viel weniger allein sind ... Eine berührende Weihnachtsgeschichte über das Glück der Freundschaft. "Astrid Ruppert lässt den Traum von Weihnachten wahr werden - Dickens hätte es nicht besser gekonnt." Rhein-Neckar-Zeitung Von Astrid Ruppert sind bei den Ullstein Buchverlagen bereits erschienen: Ziemlich beste Freundinnen Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn's am schönsten ist

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Seitenzahl: 261

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Die AutorinAstrid Ruppert lebt mit ihrem Mann im Vogelsberg, wo sie Romane und Drehbücher schreibt.

Das Buch

Vom Zauber eines WeihnachtsabendsIn einem Mietshaus herrschen zu Weihnachten Hektik, Ärger und Einsamkeit. Und alles, was nur schiefgehen kann, geht schief. Doch es ist Heiligabend, und ein kleines Wunder sorgt dafür, dass alle zusammen plötzlich viel weniger allein sind ... Eine berührende Weihnachtsgeschichte über das Glück der Freundschaft.

»Astrid Ruppert lässt den Traum von Weihnachten wahr werden - Dickens hätte es nicht besser gekonnt.« Rhein-Neckar-Zeitung

Von Astrid Ruppert sind bei den Ullstein Buchverlagen bereits erschienen:

Ziemlich beste FreundinnenWenn nicht jetzt, wann dann?Wenn’s am schönsten ist

Astrid Ruppert

Obendrüber da schneit es

Ein Weihnachts-Familienroman

Refinery by Ullsteinwww.ullteinbucherlage.de/verlage/refinery

Neuausgabe bei Refinery Refinery ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin November 2017 (1)  © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2008/List Verlag Covergestaltung: © Sabine Wimmer, Berlin  ISBN 978-3-96048-120-1  Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Für meine Lieblingstochter

Noch träumt die Frau, und der Tag kennt keinen ihrer Gedanken. Dunkel locken sich ihre Haare auf dem Kopfkissen, das sie im Schlaf zerknäult hat, denn sie schläft so unruhig, als ob sie bis in ihren Schlaf hinein ahnt, dass der Morgen naht. Sie versucht, wieder hinabzutauchen in die Tiefe ihres Traumes. Sie will noch nicht auftauchen. Sie will lieber weiter tauchen.

Immer weiter, immer tiefer. Bis auf den Grund dieses Schlafes will sie sinken und dort bleiben. An einem Ort, wo es nicht zählt, ob es Tag ist oder Nacht. Oder nichts.

Die Tage vor Weihnachten sind die dunkelsten Tage des Jahres, und vor ihrem Fenster wartet der schwarze Morgen zwischen den Häuserzeilen des Straßengeflechts.

Die Augen der Frau sind fest geschlossen, und so kann sie den Sternschnuppenregen der Ursiden nicht sehen, der im Dezemberdunkel des Himmels kurz aufglimmt. Selbst wenn ihr Blick jetzt gerade zum Fenster ginge, sie würde das Leuchten vermutlich für eine Erscheinung halten, die ihre Netzhaut ihr vorgaukelt. Sie würde dem Himmelslicht nichts glauben. Keineswegs würde sie ihm folgen, wie es die Wanderer aus dem Morgenland vor 2000 Jahren getan haben. Sie glaubt nicht mehr an Zeichen und Wunder. Sie glaubt an den Schlaf.

Noch träumt die Frau. Doch bald wird sie aufwachen und in diesem Tag landen wie in einem fremden Element. Sie wird sich fühlen wie ein Fisch, den eine Welle am Strand vergessen hat und dem das Wasser zum Atmen fehlt, bis eine neue Welle ihn wieder mitnimmt in die erlösende Tiefe des Meeres. Sie träumt.

In ihrem Traum ist sie nicht allein.

Der Tag vor Weihnachten kann ein schöner Tag sein, wenn man nicht allein ist. Ein Tag ganz voll von etwas. Voller Erwartung und geschäftiger Vorbereitung. Wenn noch furchtbar viel zu tun ist, wenn sich schon morgens Gänseduft mit dem Aroma von süßem Zimt und dem harzigen Geruch frischen Tannengrüns verbindet, um in wilden Duftstrudeln gemeinsam durch die Lüfte zu schwirren, dann kann einem geradezu schwindelig davon werden.

So voll kann dieser Tag sein. Und so leer, wenn etwas fehlt. Wenn die schönsten Düfte eine erloschene Liebe umwirbeln, genau dann ist man verloren. Wenn es nach Weihnachten riecht, lauert die Einsamkeit im schön geschmückten Zimmer, direkt neben dem Verlust und dem Schmerz und dem Weihnachtsbaum, vor dessen Funkeln man sich fürchtet, weil es alles noch schlimmer macht.

Es ist noch dunkel, und die Straßen sind leer. Hinter den Fenstern gehen die ersten Lichter an. Der Tag beginnt.

***

Als er aufwachte, war es wie jeden Morgen. Kaum hatte er bemerkt, dass es Tag wurde, mit einem verschwommenen Gefühl, dem das Bewusstsein noch keine Worte verleihen konnte, war der Schmerz schon da. Scharf und unverkennbar, im unteren Rücken. Jeden Morgen wurde er beim Aufwachen von ihm begrüßt. Wortlos wie sein eigenes Erwachen, aber keineswegs so verschwommen. Er hatte die Augen noch nicht geöffnet, sah noch nicht, dass es draußen allmählich dämmerte, da spürte er schon seinen alten, schmerzenden Körper. Manchmal wachte er auch davon auf, dass sein Ischias mit einer scharfen Spitze bis ins Bein strahlte. Als ob die Schärfe des Schmerzes für alles herhalten müsste, was sein Alter verwischte. Er hatte sich im Schlaf wieder auf die Seite gedreht, dann war es immer besonders schlimm. Selbst sein eigenes, mageres Körpergewicht machte seinen Knochen zu schaffen. Er versuchte erst gar nicht die Augen zu öffnen, er tastete sich gleich mit einem Arm bis an den Bettrand und stieß sich nach hinten ab, sodass er ächzend auf dem Rücken zu liegen kam. Das war das Einzige, was immer half. Mühsam sortierte er seine Gliedmaßen. So würde er eine Weile liegen bleiben müssen, und dann konnte er langsam ans Aufstehen denken. Jeden Morgen das Gleiche. Jeden Morgen ärgerte er sich, dass er nicht mehr einfach die Beine aus dem Bett schwingen konnte wie früher. Dass er warten musste, bis seine Knochen sich bequemten, auf ihn zu hören. Er öffnete die Augen und starrte an die Decke, die im kalten Dämmerlicht des Wintermorgens grau und reglos zurückstarrte. Irgendwann würde der Schmerz schwächer werden, und er würde das Bett verlassen können. Doch der Ärger blieb den ganzen Tag.

***

Miriam schaute auf die leere Teetasse, die sie in der Hand hielt. Das Porzellan fühlte sich schon ganz kalt an. Wahrscheinlich hatte sie eine ganze Weile einfach so dagesessen und es wieder einmal gar nicht bemerkt. Kleine Abwesenheit. Das passierte ihr ständig. Dabei hatte sie heute wirklich keine Zeit, abwesend zu sein und einfach nur so herumzusitzen. Sie musste noch so viel erledigen, furchtbar viel erledigen, und dabei so tun, als wäre alles in Ordnung. Als wäre es ganz toll, dass heute der Tag vor Weihnachten war. Und als wäre sie glücklich und geschäftig, und als gäbe es nichts Schöneres in ihrem Leben als diesen glücklichen und geschäftigen Tag. Sie könnte es aber auch genauso gut lassen.

Sie könnte einfach in der Küche sitzen bleiben, ihre Tasse erneut mit heißem Tee füllen und sich daran wärmen. Das würde ihr vollkommen genügen. Das heiße Porzellan in ihrer Hand zu halten und zu spüren, wie es allmählich abkühlte zu einem nichtssagenden Lauwarm. Das wäre gar nicht unangenehm. Manchmal sehnte sie sich richtiggehend nach lauwarm. Aber irgendwann läge die Tasse kalt wie Stein in ihrer Hand, und die Kälte würde durch ihren Körper bis zum Herzen ziehen. Vielleicht wäre aber auch das gar nicht unangenehm.

Heiß oder kalt, Miriam wusste nicht mehr, was gut für sie war. Sie hatte es einmal gewusst, sehr gut sogar, aber seit einigen Monaten hatte sie es vergessen. Manchmal glaubte sie schier zu verglühen an all der brennenden Verzweiflung, die in ihr tobte. Doch wenn sie dann ihre Stirn an das kühle Fensterglas legte, fror sie plötzlich so sehr, dass sie das Gefühl hatte, nichts und niemand auf der Welt könnte sie jemals wieder wärmen. Das stimmte nicht ganz. Sie wusste genau, wer sie wärmen könnte. Aber sie wusste auch, er würde es nie wieder tun.

Miriam erhob sich, um die Tasse in die Spüle zu stellen. Sie würde auch diesen Tag überstehen. Sie hatte vorgestern überstanden und gestern. Gestern war gestern. Heute war heute. Heute war jetzt. Und jetzt war es an der Zeit, die Tasse abzustellen und geschäftig und glücklich zu sein. Was danach kam, darum würde sie sich danach kümmern.

Als sie zu den Briefkästen gehen wollte, um nach Post zu schauen, hörte sie, wie der Alte von oben die Treppe herunterschlurfte. Es war geradezu unverschämt, wie griesgrämig er durch seine missmutigen Falten vor sich hin starrte. Wenn sie ihm jetzt schon am Morgen begegnete, würde sie den halben Tag wieder schlechte Laune haben. Ihre Laune war sowieso nicht sehr stabil. Aber wenigstens strengte sie sich an. Im Gegensatz zu diesem Griesgram da draußen. Als sie ihm nach ihrem Einzug vor einigen Wochen mit Julchen im Treppenhaus begegnet war, hatte sie versucht, sich kurz vorzustellen. Guten Tag, wir wohnen jetzt hier, auf gute Nachbarschaft, was man eben so sagt. Na, hoffentlich, hatte er gebrummt, das hatte ihr für den Rest des Tages die Stimmung verdorben. Eigentlich hatte sie gehofft, dass sie die Nachbarn schnell kennenlernen würden, damit Julchen immer wusste, wo sie im Notfall mal klingeln könnte. Aber an seine Tür würde Julchen bestimmt niemals freiwillig klopfen. »Dann eben nicht!«, hatte sie ihm hinterher gemurmelt. »Dieser Herr Griesgram wird wahrscheinlich nicht unser bester Freund in diesem Haus! Aber es gibt ja noch andere Nachbarn …«

Sie hoffte so, dass sie sich hier wohlfühlten. Sie mussten es schön haben hier. Sie mussten es einfach schön haben. Es war so wichtig für sie und Julchen, ein neues, schönes Zuhause zu haben. Sie hatte es sich ja wirklich nicht ausgesucht, den Umzug nicht, und alles andere auch nicht. Aber sie war gar nicht gefragt worden. Es war einfach so passiert. Es hatte mit ein paar Worten angefangen, von denen sie gedacht hatte, sie würde sie niemals hören, und doch hatte Miriam sie hören müssen. Wort für Wort hatte sie ihm zuhören müssen, während sie immer noch gehofft hatte, das wäre alles ein Witz oder ein Traum, und gleich wäre alles wieder gut. Aber es wurde nicht wieder gut. Es hatte diese Worte gegeben, und dann war das Leben, das sie geführt hatte, vorbei.

Jetzt war sie alleine. Eine dieser alleinerziehenden Mütter, zu denen sie nie hatte gehören wollen. Die sie, wenn sie ehrlich war, immer ein bisschen bemitleidet hatte. Sie lehnte den Kopf an den Türrahmen und hörte, wie die Schritte des alten Mannes langsam an ihrer Tür vorbeischlurften. Sie hatte sich vorgenommen, nie zu schlurfen. Sie hatte sich vorgenommen, sich immer zusammenzureißen und es zu schaffen.

Der Briefkasten war voll. Beim Hinaufgehen blätterte sie einen kleinen Weihnachtskatalog durch, der sich anscheinend ein paar Wochen verspätet hatte. Das Schönste zum Fest. Für die ganze Familie. Für die ganze glückliche Familie unterm Tannenbaum. Apfel, Nuss und Mandelkern. Ein kleines Mädchen mit glänzenden Augen in einem dunkelroten Samtkleid. Eine hübsche Mama, die die Kerzen anzündet. Ein lächelnder Papa. Sie schluckte. Da war wieder dieses Beben in der Magengrube. Konnte das nicht einfach mal aufhören? Sie ging langsam die Treppe nach oben. Sie sollte das Heft zuklappen, das wusste sie, sie sollte es zuklappen und in den Müll werfen, aber stattdessen blätterte sie auch noch um auf die nächste Seite. Auf dieser Seite saß die Mama im rot karierten Flanellschlafanzug mit gemütlich angezogenen Beinen auf dem Sofa und schaute ihren Kindern beim Spielen zu, während der Papa gerade das Frühstück machte. Alle lächelten, die Wangen so rot wie die Äpfel im Korb, die Augen so hell wie die Kerzen am Baum. Alle waren glücklich.

Der gut aussehende Model-Papa hatte sich auch nicht in seine blonde Assistentin verliebt, mit der er Weihnachten in New York verbringt, Eisbahn, Rockefeller Center, Weihnachtslichter überall. Der Model-Papa war zu Hause und machte seiner glücklichen Familie Frühstück.

Das Gefühl in ihrem Magen schoss in Wellen durch ihren ganzen Körper. Fast so, als müsste sie sich übergeben. Wie soll ich das bloß überstehen?, dachte Miriam. Weihnachten. Ihr Herz raste, und es schnürte ihr den Hals zu. Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Wand. Sie sah die Äpfel glänzen und roch das glückliche Tannengrün aus dem Katalog heraus. Wie soll ich das bloß schaffen, dachte sie, wie bloß, wie bloß?, und zwang sich ruhig zu atmen, obwohl das Schluchzen schon im Hals lauerte und herauswollte und ihr die Luft nahm. Jetzt kein Heulkrampf. Bitte. Nur jetzt nicht losschluchzen, dachte sie, während sie spürte, wie die Tränen ihr schon in die Augen stiegen. Weihnachten war doch eine Zumutung in dieser Situation. Fest der Liebe. Fest der Familie. Für alle anderen war es das, nur für sie nicht. Für sie war es ein Fest der gescheiterten Familie, der gescheiterten Liebe, für sie war es ein Fest, das wehtat, wenn man besonders glücklich sein sollte, so verdammt glücklich wie die Familie im Katalog. Von überall her strahlten sie diese glücklichen Familien an. Was für eine gequirlte Scheiße. Sie versuchte tief durchzuatmen. Morgen war Heiligabend, und sie würde es irgendwie schaffen. Sie würde den Tannenbaum schmücken wie immer, mit den roten Schleifen und den Kugeln und all ihrem geliebten Baumschmuck, den sie seit Jahren sammelte, und sie würde lächeln und den Plätzchenteller auffüllen und viel zu viele Geschenke unter den Baum legen, damit die Päckchen unterm Baum sich nicht so verloren fühlten wie sie. Sie putzte sich laut die Nase. Vielleicht würde es ja auch noch schneien. Das wäre doch wundervoll. Wenn sie wenigstens Schnee hätten! Weiße Flocken, die vor dem Fenster tanzten. Schnee würde sie bestimmt beruhigen. Vielleicht würde der Schnee ihren Schmerz dämpfen, so wie er alle Geräusche dämpfte. Vielleicht würde jede Schneeflocke sie ein bisschen zudecken, da, wo sie sich wund fühlte und roh, und vielleicht würde der Schnee sie betäuben und schützen, so wie er Blumen schützen konnte vor dem Erfrieren. Er würde die Nacht etwas heller machen. Plötzlich wünschte sie sich Schnee mit einer Inbrunst, die sie zuletzt als Kind gefühlt hatte. Wenn es schneite, würden sie Schlitten fahren gehen. Sie würden genau dann Schlitten fahren, wenn all die glücklichen Familien mittags die Weihnachtsgans tranchierten. Sie würden einen solchen Spaß haben. Schnee wäre wundervoll.

***

Gerade hatte ihn schon wieder jemand angerempelt. Dunkler Mantel. War von hinten rechts an ihm vorbeigerannt und an seinen Wagen gestoßen, als er überhaupt nicht damit gerechnet hatte. Er schwankte kurz und hielt sich an seinem Einkaufswagen fest. Er hasste diese Menschen, die es immer eilig hatten. Immer mussten sie rennen. Es ärgerte ihn fürchterlich, wenn jemand so unvermittelt an ihm vorbeirannte und ihn dann auch noch anstieß. Was für eine Rücksichtslosigkeit. Hatten die denn alle keine Augen im Kopf? Er hasste das. Er hasste es, wenn Menschen ihm so nahe kamen, dass sie ihn berührten. Genau deshalb ging er ja in der Regel am frühen Vormittag einkaufen, da war es immer ruhig. Doch heute war es voll im Supermarkt. Einen Tag vor Weihnachten hatten die Leute immer das Gefühl, sie müssten Vorräte anlegen, weil sie ja zwei Tage nichts einkaufen konnten. Wie die Hamster rannten sie durch die Gänge und luden ihre Einkaufswagen voll, als würden sie nie wieder etwas bekommen.

Langsam schob Herr Eberling seinen Wagen durch das Gewühl an den Regalen entlang. Wo war denn jetzt wieder der Einkaufszettel? Er musste immer auf seinen Einkaufszettel schauen, sonst vergaß er, was er brauchte. Als er stehen blieb, um in seiner Manteltasche danach zu kramen, stieß ihn schon wieder jemand von hinten an. Meinten die Leute denn, er müsste hinten auch noch Augen haben, konnten sie nicht besser aufpassen? »Können Sie nicht besser aufpassen!«, rief er grimmig, aber niemand schenkte ihm Beachtung. Alle hetzten einfach weiter, an ihm vorbei. Schoben ihre ratternden Wagen mit einem Tempo durch die Gänge, dass es fast an ein Wunder grenzte, wenn es nicht ständig zu Zusammenstößen kam. Er versuchte sich zu orientieren. Der Einkaufszettel. Unwillig kramte er in seinen Taschen, bis er ihn schließlich fand und daraufschaute. Zum Glück hatte er nicht so viel zu besorgen. Schnittbrot, Dosenmilch, das hatte er schon. Mittagessen, zweimal, dazu musste er an die Tiefkühltruhen. Heringssalat. Er steuerte zu den Kühlschränken, an den Regalen vorbei, in denen vor Kurzem noch ganze Armeen von Nikoläusen und Schokoladenengeln aufgebaut gewesen waren. Kaum war der Hochsommer vorbei gewesen, da hatte das Zeug schon in den Supermärkten gestanden. Erdbeeren im Winter. Weihnachtsspekulatius im Sommer. Neuerdings verkaufte sogar die kleine Bäckerei bei ihm um die Ecke das ganze Jahr über bunte Ostereier. Nichts als Geldmacherei. Wenn man ihn fragte. Darum ging es doch. Um sonst nichts. Von Geschenken hielt er nichts. Hatte er noch nie. Das war der reinste Tauschhandel. Ich gebe dir was, du gibst mir was, das war schon früher so gewesen, als er ein kleiner Junge war. Wenn du gute Noten bringst, wenn du der Mutter hilfst, wenn du artig bist. Wenn wenn wenn. Dann! Dann bekommst du vielleicht eine Eisenbahn. Das hatte ihm bereits als Kind Unbehagen bereitet, sodass er selbst damals manchmal gedacht hatte, er wolle nicht mehr mitmachen bei diesem Handel.

Jetzt war er schon dreimal am Kühlregal entlanggegangen. Der Heringssalat war verschwunden. Er stand vor dem Kühlregal und starrte in die Fächer, doch der Heringssalat blieb unauffindbar. Da hatte er sich gerade an die Ordnung gewöhnt und gewusst, wo alles stand, was er brauchte, und jetzt war schon wieder alles anders. Er sah sich nach jemandem um, den er fragen könnte, wohin der Heringssalat verschwunden war. Natürlich war wieder niemand da. Es war niemals jemand da, wenn man mal Hilfe brauchte. Er schob seinen Wagen ein paar Meter weiter und versuchte die laut schimpfende junge Frau zu ignorieren, die an ihm vorbeipreschte. Was er aufschnappte, klang wie etwas mit »Opa« und »nicht ewig Zeit«, und er wünschte, er hätte es nicht gehört.

Neues Kühlregal, lautete die Antwort, nachdem er endlich jemanden entdeckt hatte, den er fragen konnte. Aha. Noch ein neues Kühlregal. Warum, das war ihm ein Rätsel. Man konnte sich doch so schon kaum entscheiden. Für was brauchte denn ein einziger Mensch die Auswahl zwischen acht Sorten Butter und fünf Sorten Frischkäse? Und warum wurde hier ständig umgeräumt?

Einkaufen war ihm eine Qual. Früher war er immer zu dem kleinen Laden um die Ecke gegangen, da hatte es nicht viel Auswahl gegeben. Das war ihm gerade recht gewesen. Da hatte er ohne Suchen stets gleich gefunden, was er brauchte. Aber der Laden hatte schließen müssen.

Endlich hatte er den Heringssalat in dem neuen Kühlregal gefunden. Er nahm eine Packung von dem roten. Den würde er morgen Abend essen. Das war wenigstens nicht so viel Arbeit. Seine Frau hatte an Heiligabend auch immer einen roten Heringssalat gemacht, der natürlich ganz anders geschmeckt hatte. Ihre Mutter hatte ihn auch schon immer gemacht. Es war bei ihr eine Familientradition gewesen. Jetzt führte er die Tradition auf seine Weise fort, mit einer Packung rotem Heringssalat aus der Kühltheke, das war ihm weihnachtlich genug. Besonders viel schmeckte er ja sowieso nicht mehr. Ob seine Tochter die Tradition weiterführte, wusste er nicht. Er wusste nicht viel von seiner Tochter.

Er war froh, als er es endlich bis zu den Kassen geschafft hatte, auch wenn dieses Weihnachtsgedudel nun direkt über seinem Kopf dröhnte. Missmutig beobachtete er, wie die Frau vor ihm Berge von Essen auf das Band lud. Berge. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass man so viel essen konnte. Hatten sie früher auch so viel eingekauft und so viel gegessen? Er konnte sich nicht daran erinnern. Natürlich stand er wieder an der Kasse, an der es am langsamsten voranging. Der Berg von Lebensmitteln auf dem Band wurde und wurde nicht kleiner. Er stützte sich auf seinen Wagen und versuchte sein Gewicht von dem schmerzenden Bein auf das andere zu verlagern. In letzter Zeit strengte ihn selbst das Einkaufen an. Wenn er noch lange hier stand, würde sein Ischias den ganzen Tag keine Ruhe mehr geben. Ein Wagen stieß ihn von hinten an, und eine Welle von Ärger stieg aus seinem schmerzenden Bein in ihm auf. Hatten die Leute denn keine Augen im Kopf! Als er sich erbost umdrehte, schaute er mitten in ein Kindergesicht, das ihn frech angrinste.

»Man sagt Entschuldigung, wenn man jemanden anrempelt!«, schimpfte er das Kind, das immer noch so dumm grinste.

»Jetzt regen Sie sich doch nicht auf, Leo hat das doch nicht mit Absicht gemacht!«, fuhr ihn die junge Frau an. So wie sie ihr Kind gleich in Schutz nahm, war sie wahrscheinlich Leos Mutter. »Das wäre ja noch schöner!«, rief er aufgebracht. »Bringen Sie Ihrem Kind gefälligst bei, dass man sich entschuldigt, wenn man einem alten Herrn den Einkaufswagen in die Knie schubst.«

»Komm, Leoschatz«, sagte die junge Frau, auf deren Hals jetzt hektische rote Flecken wuchsen. »Wir stellen uns an eine andere Kasse an. Nicht hinter so einem Kinderhasser.«

Kinderhasser. Was bildete sich diese Gans denn ein? Die sollte erst einmal lernen, Kinder zu erziehen. Kinderhasser. Das war ja wohl die Höhe. Sie schob ihren Wagen an eine andere Kasse. Der Junge drehte sich triumphierend um und streckte ihm die Zunge raus.

Als er endlich an der Reihe war, seine Sachen auf das Band zu legen, sah er, wie der Leoschatz zwei Kassen weiter seinen Mund aufriss und laut losheulte. Wahrscheinlich wollte seine Mutter ihm keinen Nikolaus kaufen. Heute war alles verkehrt. Alles. Eltern sagten nicht mehr: Wenn du brav bist, dann bekommst du einen Nikolaus. Heute stellten die Kinder die Regeln auf: Wenn du mir keinen Nikolaus kaufst, dann schrei ich den Laden zusammen. Geschenke und Erpressung. Das gehörte einfach zusammen. Zum Glück waren die Zeiten vorbei, in denen er schenken musste, und beschenkt wurde. Dieser ganze Zirkus.

Seine Frau hatte nie verstehen können, dass er keinen Spaß an Weihnachten hatte. Ihr Herz war weich gewesen, viel zu weich, wenn man ihn fragte. Sie war immer sentimental geworden, hatte geglaubt, es ginge um Liebe und um Familie und um Gaben, die von Herzen kamen. Sie hatte Zimtsterne gebacken, einen Tannenkranz mit einer großen roten Schleife an die Wohnungstür gehängt und Engel ins Fenster gestellt. Wo waren eigentlich diese Engel? Er hatte die Weihnachtskiste seit Jahren nicht mehr hervorgeholt. Ihr zuliebe hatte er ja immer so getan, als würde er mitmachen. Sogar bei der Schenkerei hatte er ihr zuliebe mitgemacht. Jedes Jahr war er losgezogen, um eine neue Flasche von ihrem Parfum zu kaufen, was hätte er auch sonst schenken sollen. Nach der Beerdigung hatte seine Tochter den Schrank aufgeräumt und sieben Flaschen davon gefunden. Ganz hinten, hinter den Pullovern im obersten Fach. Sie waren alle noch verschlossen gewesen. Seine Tochter hatte die Flaschen schweigend auf den Nachttisch gestellt und ihn vorwurfsvoll angeschaut. Sieben Flaschen. Anscheinend hatte sie schon jahrelang kein Parfum mehr genommen. Was für eine Verschwendung. Sie hätte ja auch mal etwas sagen können. Schließlich hatte er es ja nur wegen ihr gekauft. Freiwillig wäre er bestimmt niemals in eine dieser Parfümerien gegangen, wo diese viel zu stark geschminkten Frauen einen ansprühten, wenn man nicht aufpasste, mit viel zu stark riechenden Wolken aus bunten Flaschen. Nein, auf diese ganze Sache mit den Geschenken konnte er wirklich verzichten.

Seine Tochter kam auch nicht mehr. Eine Zeit lang hatte sie ihn zusammen mit ihrem Mann besucht. Sonntags waren sie vorbeigekommen, oder sie hatten ihn zum Kaffeetrinken eingeladen. Seine Tochter hatte Kuchen gebacken und viel zu starken Kaffee gekocht, den er kaum trinken konnte. Doch irgendwann hatte sie damit aufgehört, und er war erleichtert gewesen. Wenn er etwas gesagt hatte, am Tisch mit ihr und dem viel zu starken Kaffee, hatte sie ihren Mann immer bedeutungsvoll angeschaut und genervt die Augen gerollt. Vielleicht hatten die beiden gedacht, er würde es nicht merken. Vielleicht war es ihnen auch egal gewesen, ob er etwas merkte oder nicht. Ihm war es jedenfalls mittlerweile egal. Seine Frau hatte die Tochter immer in Schutz genommen. Ihm erklärt, was er wieder nicht verstanden hatte. Warum er sie wieder gekränkt hatte. Was er wieder falsch gemacht hatte. Einmal hatte er gehört, wie sie am Telefon diesen Satz gesagt hatte. »Du weißt doch, wie er ist, nun stell dich doch wenigstens mir zuliebe nicht so an und komm Weihnachten zum Mittagessen.« Hatte es jemals irgendjemanden interessiert, was ihn kränkte?

Die Haustür knarrte, als er sie öffnete. Das tat sie stets, wenn es kälter wurde. Wenigstens wurde es Winter, dachte er. Im Winter sollte man frieren, und im Sommer sollte man schwitzen. Dann war es richtig. Nicht umgekehrt. Nicht dass ihm etwas an Weihnachten lag, aber wenn es an Weihnachten so mild war wie im Frühling, dann war es auch nicht richtig. Er schleppte seine Einkäufe nach oben in den zweiten Stock. Eigentlich hatte er gar nicht so viel eingekauft. Aber es kam ihm schwer genug vor. Er hasste es, schwere Taschen nach oben zu tragen. Als er die Tasche vor seiner Wohnungstür abstellte, um aufzuschließen, war er jedenfalls froh, dass er wieder zu Hause war.

Seine Frau hatte immer gut gerochen. So ein bestimmter Geruch, der sie einfach umgeben hatte. Der Geruch hatte ihn schon begrüßt, sobald er die Wohnungstür öffnete. Jetzt roch es schon lange nicht mehr so, wenn er die Tür aufmachte. Er hatte immer gedacht, es wäre das Parfüm, das er ihr jedes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.

***

Sabrina schaute auf die Uhr. Bald war Mittagspause. Sie würde noch die drei Briefe schreiben, die ihr Chef ihr hingelegt hatte, und dann nichts wie raus. Auf den Weihnachtsmarkt. Den ganzen Morgen schon freute sie sich auf die Kartoffelpuffer. Ach, sie würde nie abnehmen, wenn sie diese fetten Dinger aß. Aber sie schmeckten nun mal so lecker. Und sie machten so richtig schön satt. Dieses ganze leichte Zeug, das spürte sie überhaupt nicht in ihrem Magen, der blieb immer ganz unruhig, und sie fühlte sich nervös und kraftlos, wenn sie das aß. Während so ein paar Kartoffelpuffer einen kräftigen Ball in ihrer Mitte bildeten, der wohlige Wärme in ihr verbreitete. Genau das brauche ich jetzt, dachte sie. Kartoffelpuffer. Es gibt sowieso niemanden, den es interessiert, ob ich dick bin oder schlank. Und wenn du so weiter isst, wird es auch nie jemanden geben, den das interessiert, meldete sich die innere Stimme, die sich an dieser Stelle immer meldete. Doch sie hörte einfach nicht hin. Schließlich war Weihnachten. Wer zählte da schon Kalorien? Und sie hatte noch nicht einmal richtig gefrühstückt.

Direkt neben dem Kartoffelpufferstand war dieser Stand mit den niedlichen, geschnitzten Engeln. Seit der Markt aufgemacht hatte, war sie immer wieder um diese Engel geschlichen und hatte so getan, als könnte sie sich nicht entscheiden, welchen sie nehmen sollte. Dabei hatte sie es von Anfang an gewusst. Sie wollte genau diesen einen mit den richtig großen Flügeln, der ein bisschen links stand. Er sah aus, als könnte er Wunder vollbringen. Als könnte er fliegen und dabei wachsen und ihr all das bringen, was sie glücklich machte. Dieser Engel musste es sein. Aber er war nicht gerade günstig. 58 Euro. Sie hätte ihn sich schon längst gekauft, wenn er nicht so teuer wäre. Es gab auch kleinere, die weniger kosteten, aber die interessierten sie nicht. Und dieser hier schien förmlich auf sie zu warten. Denn ein Engel nach dem anderen wurde verkauft, nur der eine nicht. Sie würde ihn sich einfach selbst zu Weihnachten schenken. Sie könnte ihn sogar richtig schön verpacken lassen und ihn sich unter ihren kleinen Tannenbaum legen, den sie schon seit drei Tagen fertig geschmückt hatte.

Sabrina konnte den Beginn der Mittagspause kaum mehr abwarten. An dem letzten Brief saß sie ewig, wie eine Anfängerin. Ständig vergaß sie etwas, immer wieder musste die Datei geöffnet, ein fehlendes Wort eingefügt und der kleine Drucker angeklickt werden. Das wiederholte sie jetzt schon zum vierten Mal. Hoffentlich merkte ihr Chef das nicht. Der war immer so pingelig mit seinem tollen Geschäftspapier. Nur kein Blatt verschwenden. Verschwendung und Übermaß waren seiner Meinung nach die größten Feinde der Bilanz. »Erbsenzähler!«, dachte sie heimlich, als sie ihm den fertigen Brief zu guter Letzt vorlegte, um dann endlich in die Mittagspause zu verschwinden.

Auf der Straße schlug ihr kalte, nasse Luft entgegen, und sie zog den Schal enger um sich. Es wäre schön, wenn es noch schneien würde zu Weihnachten. Es wäre gemütlich, so wie Weihnachten sein sollte. Sie ging raschen Schrittes Richtung Markt und direkt zu dem Stand mit den Engeln. Zum Glück war ihr Engel noch da. Sie fühlte sich richtig extravagant und verschwenderisch bei dem Gedanken, jetzt gleich so viel Geld für einen kleinen Engel auszugeben. Aber wenn ihr sonst schon keiner etwas schenkte, würde sie es eben selbst tun.

»Den gibt es nur zusammen mit diesem Engel hier, sehen Sie, die sind als Paar gedacht. Für Paare. Jeder bekommt seinen eigenen Schutzengel.«

Der Verkäufer stellte einen weiteren, zierlicheren Engel neben den, den sie sich ausgesucht hatte. Sie passten tatsächlich zueinander.

»Der hier ist für die Frau.« Er zeigte auf ihren Engel. »Das ist die männliche Ergänzung. Und der andere ist die weibliche Ergänzung, für den Mann.«

»Ich hab aber gar keinen Mann«, sagte sie.

»Tut mir leid.« Der Mann in dem Engelstand sah sie bedauernd an. »Die beiden kann ich nicht trennen. Die sind aus einem Holz geschnitzt. Wissen Sie, das wäre so, als ob Sie Zwillinge trennen würden nach der Geburt. Grausam.«

Er betrachtete Sabrina einen Moment, seine Augen funkelten unter der Wollmütze, die er wegen der Kälte tief ins Gesicht gezogen hatte. »Nehmen Sie die zwei zusammen, junge Frau. Ich mach Ihnen einen guten Preis. Weil es der letzte Tag ist. Und wer weiß, vielleicht bringt er Ihnen ja Glück! Vielleicht bringt er Ihnen ja das männliche Prinzip etwas näher!«

Du bist gnadenlos verrückt, sagte sie sich, als sie in der Schlange für die Kartoffelpuffer stand. Fast 100 Euro auszugeben für zwei Holzengel. Ein Engel, der Glück bringt, dass ich nicht lache. Dem Schnitzer hast du Glück gebracht, er ist gleich zwei Holzpuppen losgeworden. Auf einen Schlag! Zum Wucherpreis! Dass sie darauf reingefallen war! Sie könnte sich grün und gelb ärgern. Und jetzt dauerte es auch noch so lange, bis die hier mit ihren Kartoffelpuffern in die Gänge kamen. Lahme Verkäufer, so etwas konnten die sich doch auf dem Weihnachtsmarkt eigentlich gar nicht leisten. Eben war alles noch so fröhlich gewesen, und jetzt war sie auf diesen Schnitzer reingefallen, hatte ihr Geld verschwendet und würde bestimmt obendrein noch durchgeweichte Kartoffelpuffer bekommen. Was für ein Tag.

»Eine doppelte Portion Kartoffelpuffer, bitte. Und extra viel Apfelmus. Extra!« Natürlich, sie hatte es sich schon gedacht. Sie bekam gerade mal die normale Portion Apfelmus und musste ihren Pappteller zweimal hinhalten und nachverlangen, bis sie genug hatte. »Eine doppelte Portion Kartoffelpuffer bedeutet auch eine doppelte Portion Apfelmus, und wenn ich darum bitte, extra viel Apfelmus zu bekommen, dann könnten Sie mir tatsächlich noch einen Löffel extra draufgeben. Ich zahle auch gerne dafür. Was macht das?« Sie erntete genervte Blicke der Verkäuferin. Das war ihr grade egal. Sie war schließlich der Kunde. Und eigentlich sollten diese Verkäufer hier wissen, dass der Kunde der König ist. Sie stellte sich an einen der Tische und begann zu essen.