Ohne falsche Scham - Caren Adams - E-Book

Ohne falsche Scham E-Book

Caren Adams

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Beschreibung

Die meisten Fälle von sexuellem Missbrauch finden – entgegen einem weitverbreiteten Mythos vom fremden Täter – im Bekannten- und Familienkreis eines Kindes statt. Diesen Realitäten können Eltern angemessen dadurch begegnen, indem sie eigene Hemmungen abbauen und durch offene Gespräche – Ohne falsche Scham – das Selbstbewußtsein und die Fähigkeit, «nein» zu sagen, bei ihren Töchtern und Söhnen stärken. Dieser aufklärende und sensibel geschriebene Ratgeber will Eltern hierbei Hilfestellung leisten und so zum Schutz ihrer Kinder vor sexuellem Missbrauch beitragen. Aus dem Inhalt: • Was bedeutet sexueller Mißbrauch an Kindern? • Wie kann ich mein Kind schützen? • Was sage ich? • Wann ist die richtige Zeit zum Reden? • Prävention durch Spiele? • Wie sagt es mir mein Kind? • Was kann ich tun, wenn mein Kind mißbraucht wurde?

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Seitenzahl: 130

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Caren Adams • Jennifer Fay

Ohne falsche Scham

Wie Sie Ihr Kind vor sexuellem Mißbrauch schützen können

Aus dem Englischen von Sabine Hedinger

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Aus dem Inhalt:

• Was bedeutet sexueller Mißbrauch an Kindern?

• Wie kann ich mein Kind schützen?

• Was sage ich?

• Wann ist die richtige Zeit zum Reden?

• Prävention durch Spiele?

• Wie sagt es mir mein Kind?

• Was kann ich tun, wenn mein Kind mißbraucht wurde?

Über Caren Adams • Jennifer Fay

Die beiden Autorinnen Caren Adams und Jennifer Fay leiteten in Washington Workshops für Eltern, die ihre Kinder vor sexuellem Mißbrauch schützen möchten, und arbeiteten beide in einer amerikanischen Organisation, die dem bundesdeutschen Vergewaltigungsnotruf ähnelt.

Inhaltsübersicht

Kapitel 1 Keine HorrorgeschichtenEinführungEinige Hinweise zur Benutzung dieses BuchesKapitel 2 Was bedeutet sexueller Mißbrauch an Kindern?Fremder kontra Bekannter des KindesGewalttätiger Überfall kontra Bestechungen und DrohungenUrplötzlich kontra allmähliche EntwicklungEinzelner Vorfall kontra mehrere verschiedenartige VorfälleKapitel 3 Wie kann ich mein Kind schützen?Ungewollte BerührungenMögliche AlarmsignaleBabysitter/TagesmütterKapitel 4 Wo fange ich an?Was wissen Kinder schon?Die «richtigen» WorteSexualität kontra sexueller MißbrauchDer erste SchrittKapitel 5 Was sage ich?Kindgerechte Definitionen von sexuellem MißbrauchTäterVorgehensweise des TätersGeheimnisseWas tun?Nein sagenDas Recht auf körperliche SelbstbestimmungHilfe suchen – die Schuld liegt nicht beim KindHilfe suchen – wenn Erwachsenenverhalten Kinder verwirrtKapitel 6 Wann ist die richtige Zeit zum Reden?BerührungenPrivatsphäre und GrenzenVorfälle rund um die SchuleSchüler gegen SchülerSchwachstellenVerhaltensmodelleKapitel 7 Prävention durch Spiele?Was wäre, wenn …Geschichten erzählenMein Platz für mich«Nein»Kapitel 8 Wie sagt es mir mein Kind?Zuhören, hinhörenVerhaltenssignaleKapitel 9 Was kann ich tun, wenn mein Kind mißbraucht wurde?Zuspruch gewährenPolizei?Ärztliche Untersuchung?Kapitel 10 Was kommt nach der Krise?Reden – wann und wieReaktionen in der FamilieWoher weiß ich, wann die Krise überwunden ist?Über TherapienWas geschieht mit dem Täter?Was bringt jemanden dazu, ein Kind zu mißbrauchen?Kapitel 11 Wie geht es weiter?Wenn Eltern selbst mißbraucht worden sindWitze über sexuellen MißbrauchAndere Kinder schützenKriseninterventionNachbarschaftsprojekteMaßnahmen in größerem RahmenAktionsvorschläge für ElternLiteraturAdressen (Eine Auswahl)

Kapitel 1 Keine Horrorgeschichten

Einführung

Meine siebenjährige Tochter Lisa und ihr 25jähriger Onkel Peter sahen zusammen fern. Wir waren ins Kino gegangen; er blieb da, um auf sie aufzupassen. Lisa ist ein lebhaftes Kind, sie rauft sich gern mit Peter. An diesem Abend balgten die beiden miteinander, während im Fernsehen die Werbespots liefen. Irgendwann jedoch geriet das Spiel außer Kontrolle. Peter sagte zu Lisa, sie solle sich ausziehen. Er versprach ihr, dafür dürfe sie dann auch bis elf Uhr fernsehen, aber das Ganze müsse ein Geheimnis bleiben. Lisa dachte an die Sendungen im Spätprogramm, die sie normalerweise nicht ansehen darf – und dachte an das, was er von ihr wollte, bekam ein ‹komisches Gefühl›, wie sie es nannte, antwortete ihm, das wolle sie aber nicht, und ging ins Bett. Am nächsten Morgen sagte sie zu mir: ‹Mami, Onkel Peter wollte, daß ich solche komischen Sachen mache, von denen du mir erzählt hast.› Als ich sie fragte, was sie damit meinte, sagte sie: ‹Ach weißt du – daß ich meine Sachen ausziehe, aber das habe ich nicht gemacht. Redest du mal mit ihm?› – ‹Ja, natürlich›, erwiderte ich, ‹und ich bin sehr froh, daß du mir davon erzählt hast.› Sie umarmte mich und erklärte: ‹Weißt du, Mami, und ich bin froh, daß du gesagt hast: Keine falsche Scham!›

Lisa war imstande zu verhindern, daß sie sexuell mißbraucht wurde. Sie war imstande zu reagieren, bevor Unsicherheit, Scham oder Verwirrung sie davon abhalten konnten. Sie wußte, ihre Mutter würde hören wollen, was passiert war, und ihr glauben. Und da ihre Eltern mit ihr über sexuellen Mißbrauch gesprochen hatten, kam diese Situation auch nicht völlig überraschend für sie. Lisa war vielen anderen Kindern gegenüber im Vorteil. Es gibt nicht viele Eltern, die mit ihren Kindern über sexuellen Mißbrauch sprechen und sie darüber aufklären, was passieren kann und was sie unternehmen können, um sich selbst zu schützen. Diese Zurückhaltung hat verschiedenste Gründe:

Ich will sie nicht mit Informationen verwirren, die sie nicht versteht, weil sie dafür noch zu klein ist.

 

Wenn ich mit meinen Kindern über sexuellen Mißbrauch spreche, entwickeln sie womöglich ein verzerrtes Bild von Sexualität, bekommen den Eindruck, daß Sex etwas Brutales oder Unheimliches ist.

 

Ich weiß nicht, was ich sagen soll – ich will nichts Falsches sagen.

Über sexuellen Mißbrauch zu sprechen ist nicht einfach. Es ist ein Thema, bei dem Heimlichkeiten und Tabus lange Zeit eine große Rolle gespielt haben. Obwohl das öffentliche Interesse an diesem Problem in den letzten Jahren stark zugenommen hat, sind brauchbare Informationen über sexuellen Mißbrauch an Kindern immer noch schwer zu finden – ganz zu schweigen von praktischen Vorschlägen dazu, wie man dieses Thema mit Kindern ansprechen kann.

Was ich bisher darüber erfahren habe, stammt zum größten Teil aus der Zeitung. Mit solchen Horrorgeschichten mag ich meine Kinder wirklich nicht erschrecken.

Viele Eltern fühlen sich hilflos und unfähig zu verhindern, daß Kinder sexuell mißbraucht werden.

Ich weiß nicht, wie ich das machen sollte.

 

Wenn es passiert, dann passiert es. Ich möchte die Schuldgefühle meines Kindes nicht noch dadurch steigern, daß ich so tue, als hätte es so etwas unterbinden können.

 

Meine einzige Hoffnung ist es, daß mein Kind schon Verstand genug hat, um zu erkennen, was Mißbrauch ist.

Dieses Buch soll dazu beitragen, dies zu ändern. Es bietet Informationen und Ideen, um das Gefühl von Hilflosigkeit zu überwinden, und praktische Vorschläge, um das Schweigen zu brechen, das in der Vergangenheit Kinder so verwundbar gemacht hat. Wir wollen, daß Eltern mit ihren Kindern über sexuellen Mißbrauch sprechen. Wenn wir das Schweigen und die Heimlichtuerei um dieses Thema beenden, werden manche Kinder sexuellem Mißbrauch von vornherein entgehen können, einige werden verhindern können, daß der Mißbrauch noch gravierendere Formen annimmt, und einige, die ihm bereits zum Opfer gefallen sind, werden bei ihren Eltern oder anderen Erwachsenen Hilfe finden können.

Die meisten Bücher über sexuellen Mißbrauch basieren auf erschütternden Fallgeschichten. Dieses Buch nicht. Wir vermeiden Bilder, die sich nicht mehr abschütteln lassen. Sie müssen nicht erst zahlreiche Fallgeschichten lesen, um Ihrem Kind helfen zu können, sich vor sexuellem Mißbrauch zu schützen.

Bislang war es üblich, Kinder vor Fremden zu warnen. Man glaubte, sie wären sicher, wenn man sie von Fremden und «Verrückten» fernhielt. Sexualdelikte werden aber nur zu 10 bis 15 Prozent von Fremden begangen. Gewöhnlich kennt der Täter das Opfer und nutzt das kindliche Vertrauen für seine Zwecke aus. Kinder nur vor Fremden zu warnen heißt, sie Risiken auszusetzen, die vermeidbar sind.

Eltern beschränken die Aktivitäten ihrer Kinder, indem sie ihnen verbieten, im Dunkeln nach Hause zu gehen, allein im Park zu spielen, im Kino allein zur Toilette zu gehen oder auf dem Schulweg eine Abkürzung zu nehmen. Darüber hinaus erfahren Kinder jedoch meist nur wenig – oft wissen sie noch nicht einmal, warum sie vor Fremden gewarnt werden.

Das Risiko, daß meiner Tochter etwas Derartiges zustößt, ist meines Erachtens so gering, daß ich nicht einsehe, weshalb ich sie verunsichern soll, indem ich mit ihr darüber rede.

 

Ich muß zugeben, daß ich sexuellen Mißbrauch nie als ein Problem betrachtet habe, das auch meine Kinder angeht. Ich dachte immer, wenn sie nur vorsichtig sind, dann kann ihnen so etwas nie passieren.

Wie hoch ist eigentlich das Risiko für ein Kind, Opfer sexuellen Mißbrauchs zu werden?

Sind manche Kinder stärker gefährdet als andere, oder ist das Risiko gleichmäßig verteilt? Kinder werden zu Opfern, ungeachtet ihres Alters, ihrer Intelligenz, Rasse, Schichtzugehörigkeit, Wohngegend oder des Einkommens ihrer Familie – soviel wissen wir. Welche Faktoren jedoch die Risiken für ein Kind erhöhen, das werden wir in Zukunft sicher genauer bestimmen können – so wie wir mit der Zeit auch immer mehr über die Zusammenhänge zwischen Streß und Krankheiten herausfinden. Nach unserem derzeitigen Informationsstand müssen alle Kinder als potentielle Opfer sexuellen Mißbrauchs gelten – allein deswegen, weil sie Kinder sind.

Überall und jeden Tag werden Kinder zu Opfern, und doch werden sie nur ganz unzureichend über sexuellen Mißbrauch aufgeklärt.

Eine Zeitlang wurden wir täglich mit neuen Zeitungsmeldungen über einen Vergewaltiger in unserer Stadt bombardiert. Alle hatten Angst. Eines seiner Opfer – ein junges Mädchen – lebte in unserer Nachbarschaft. Meine Nachbarn bildeten Fahrgemeinschaften, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Eines Morgens war die Tochter meines Nachbarn unterwegs, um noch vor der Schule Zeitungen auszutragen, als plötzlich neben ihr ein Polizeiauto hielt. Der Polizist erzählte ihr, in dieser Gegend würde sich ein verrückter Vergewaltiger herumtreiben, der es auf junge Mädchen abgesehen habe; sie solle also lieber ganz vorsichtig sein. Daraufhin bekam sie solche Angst, daß sie sofort heimging und das Haus nicht mehr verlassen wollte. Ich finde es traurig, daß ein Polizist – der es sicher nur gut meinte – ihr solche Angst einjagen konnte. Was sie statt dessen gebraucht hätte, wären ein paar nützliche Informationen – etwa darüber, wie dieser Kerl sich an Frauen heranmachte und was sie selbst tun könnte, um sich zu schützen. Sie zu Tode zu erschrecken trug nicht im geringsten zu ihrer Sicherheit bei.

Kinder bekommen von ihren Eltern die verschiedensten Informationen zu ihrer Sicherheit: Sie werden mit Sicherheitsgurten angeschnallt, dazu erzogen, giftige Pflanzen, Medikamente und Haushaltschemikalien zu meiden, und davor gewarnt, mit Fremden zu sprechen.

Seit meine Kinder vier Jahre alt sind, mache ich Feueralarmübungen mit ihnen. Ich habe Angst vor Feuer, ganz besonders, seit es bei uns im Haus einmal brannte, und meinen Kindern geht es wahrscheinlich ähnlich. Ich glaube, sie fühlen sich einfach sicherer, wenn sie wissen, was sie im Notfall zu tun haben. Wenn sie den Feueralarm hören, wissen sie, daß sie sich nicht erst anziehen, sondern gleich aus dem Fenster klettern und draußen am Straßenrand auf uns warten sollen.

Wir hoffen, daß dieses Buch Eltern dabei helfen kann, Informationen zum Thema sexueller Mißbrauch als Erziehung zur Sicherheit ihrer Kinder zu verstehen. Jedes Stück Wissen über sexuellen Mißbrauch kann die Reaktion eines Kindes auf die ersten Annäherungsversuche eines Täters beeinflussen. In manchen Fällen wird sexueller Mißbrauch verhindert werden können, weil sich ein Kind, das mit dem Thema vertraut ist, besser schützen kann. Manch ein betroffenes Kind wird vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt darüber sprechen und Hilfe suchen, bevor aus dem ersten Kontakt massiver sexueller Mißbrauch werden kann.

Wir können unseren Kindern auf verschiedene Weise helfen, sich selbst zu schützen. Oftmals genügt es schon, wenn ein Kind mit lauter Stimme «nein» sagt.

Ich bin Lehrerin, und auf meinem Stundenplan steht unter anderem eine Unterrichtseinheit mit Informationen über sexuellen Mißbrauch und Übungen zum Körperbewußtsein. Eines Tages begegnete ein Mädchen aus meiner Klasse auf dem Schulweg einem Fremden. Er fuhr im Auto neben ihr her und sagte mit lauter Stimme zu ihr: ‹Steig ein!› Sie sagte ‹nein› und rannte zur Schule, so schnell sie konnte. Sie war so stolz auf sich, daß sie gleich dem Schulleiter und einem anderen Lehrer davon erzählte. Gemeinsam riefen sie dann mich, ihre Eltern, die Polizei und den Vergewaltigungs-Notruf an.

Einige Hinweise zur Benutzung dieses Buches

Zunächst ein paar Anmerkungen zum Vokabular: Auf die Verwendung des Wortes «streicheln» haben wir verzichtet. «Streicheln» klingt nach Zärtlichkeit und Herzlichkeit und drückt das Gegenteil dessen aus, was sexueller Mißbrauch bedeutet. Statt dessen sprechen wir von «berühren». Wir verwenden das Pronomen «er», wenn von Tätern die Rede ist, weil es sich bei den Tätern meistens um Männer handelt, und «es» für Kinder, weil Jungen und Mädchen gleichermaßen sexuell mißbraucht werden.

Dieses Buch ist eine Sammlung von Ideen und Vorschlägen, die größtenteils von Eltern stammen und Eltern die Aufgabe erleichtern sollen, mit ihren Kindern über sexuellen Mißbrauch zu sprechen. Sie brauchen dieses Buch nicht von vorne bis hinten durchzulesen, sondern können sich auf die Kapitel konzentrieren, die für Sie von besonderem Interesse sind. Falls Ihr Kind Opfer sexuellen Mißbrauchs geworden ist, werden Sie sich hauptsächlich mit Kapitel 8 und 9 beschäftigen wollen: In diesen Kapiteln wird beschrieben, wie Sie einem betroffenen Kind helfen können. Der Rest des Buches handelt hauptsächlich von Prävention.

Wenn Sie dieses Thema mit Ihrem Kind ansprechen wollen, aber nicht recht wissen, wo Sie anfangen sollen, dann sind die Kapitel 4, 5 und 6 für Sie besonders wichtig. Vielleicht haben Sie mit Ihrem Kind bereits über sexuellen Mißbrauch gesprochen und möchten nun das Thema Prävention vertiefen; dann finden Sie weitere Informationen und Spielideen in Kapitel 7. In Kapitel 8 wird beschrieben, welche Botschaften Kinder aussenden, die Opfer sexuellen Mißbrauchs geworden sind. In Kapitel 11 haben wir Anregungen für Eltern gesammelt, die zu diesem Thema selbst aktiv werden wollen. Unsere «Aktionsvorschläge für Eltern» sind auf Seite 91 abgedruckt. Das Buch schließt mit einer Liste von Organisationen und Einrichtungen, die in diesem Bereich arbeiten, und einem Literaturverzeichnis.

Wir hoffen, daß Sie durch die Lektüre zu weiteren Ideen und Aktionen angeregt werden.

Kapitel 2 Was bedeutet sexueller Mißbrauch an Kindern?

Sexueller Mißbrauch – mit diesem Begriff verbinden sich Bilder vom «schmutzigen alten Mann, der aus den Büschen hervorspringt» oder «der sich mit schmutzigen Fotos auf dem Schulhof herumdrückt, bis er ein Kind zu fassen kriegt». Daß Kinder selbst verhindern können, Opfer solcher Gewalt zu werden, erscheint uns nur schwer vorstellbar. Doch in der Regel ist sexueller Mißbrauch etwas ganz anderes.

Wovor wir Angst haben

Wofür die Wahrscheinlichkeit spricht

Gefährlicher, unberechenbarer Fremder

Bekannter des Kindes (in 85 Prozent der Fälle)

Gewalttätiger Überfall

Eher Bestechungen und Drohungen als extreme körperliche Gewaltanwendung

Urplötzlich, überraschend

Eine Situation, die sich über einen gewissen Zeitraum allmählich entwickelt

Einzelner schwerwiegender Vorfall

Vorfälle, die häufiger auftreten und verschiedene Formen annehmen

Fremder kontra Bekannter des Kindes

In den meisten Fällen von sexuellem Mißbrauch an Kindern ist der Täter jemand, den das Kind kennt und dem es vertraut. Bei fast der Hälfte aller Kinder und Jugendlichen unter sechzehn Jahre, die innerhalb eines Jahres zur Beratung ins «Sexual Assault Center» in Seattle kamen, ging es um sexuellen Mißbrauch in der Familie (Inzest). Bei 17 Prozent der Täter handelte es sich um völlig Fremde, und 31 Prozent waren Bekannte des Kindes (Nachbarn, Babysitter).

In der Schule meiner Tochter hatte es sich herumgesprochen, daß eine der Schülerinnen sexuell mißbraucht worden war, und viele Eltern warnten ihre Kinder vor dem Täter (der noch nicht festgenommen worden war). Diese Kinder waren nun so aufgeputscht, daß sie schon Angst bekamen, sich vom Spielplatz zu entfernen. Viele blieben einfach zusammen hocken, aus lauter Angst vor dem Nachhauseweg. Doch bei aller Angst vor Fremden auf der Straße – dieses eine Kind war von einem Freund der Familie mißbraucht worden.

Gewalttätiger Überfall kontra Bestechungen und Drohungen

Niemand kann erwarten, daß Kinder sich gegen einen gewalttätigen Überfall erfolgreich zur Wehr setzen, doch bei sexuellem Mißbrauch an Kindern kommt es in den meisten Fällen nicht zu körperlicher Gewaltanwendung. Und Kinder können lernen zu erkennen, mit welchen Methoden sexueller Mißbrauch durchgesetzt werden soll. Manchmal sind diese Methoden ganz offensichtlich – etwa bei Drohungen, dem Kind weh zu tun oder es zu bestrafen; Drohungen mit Liebesentzug, Drohungen mit negativen Konsequenzen für den Täter oder Drohungen an die Adresse der Familie:

Wenn du das irgend jemand erzählst, komm ich ins Gefängnis.